Dusk & Dawn [Asuna & Nico]

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    • Nachdem Ember sich von dannen begeben hatte, war August in seinen Arbeitsmodus verfallen, wie es Rem immer gesagt hatte. Noch ein paar Minuten hatte er an dem Tisch gesessen, ehe er ihn verschwinden ließ und sich in die unteren Geschosse begeben. Die Chimäre war ausnahmsweise ruhig in seinem Ansinnen und schien nach dem eifrigen Mahl eine satte Runde Siesta zu halten, wenn er sich das schlafende Ungetüm ansah. Die Geräusche des Feenwaldes hatten sich mit dem leisen Schnarren von Dutzenden betrunkenen Feennasen verschmolzen. Von der Feier, die die Feen begangen hatten, war lediglich eine Spur verblieben: Eine Flasche goldenen Mets, die auf einem kleinen Beistelltisch stand. Der Pfand für den Schutz, den August ihnen gewährte.
      Doch all das wirkte ein wenig fehl am Platze, waren seine Gedanken doch eine ganze Weile bereits abgeschweift und nicht mehr Herr des Ganzen. Schweigend wand er sich an den Ungetieren des Kerkers vorbei an eine Wand, die beinahe leblos steinern erschien. Die groben Steine waren ebenfalls grob gemörtelt, so als müssten sie nur das Mindestmaß an Haltbarkeit besitzen. Schwiegend legte er seine Hand an die Steine und sogleich begannen diese sich zu bewegen, als die Hand des Arcana sich veränderte. Statt einer normalen Hautfarbe verfärbten sie sich graulich weiß. Die Finger wurden länger, als bahnte sich ein weiteres Fingerglied seinen Weg in die Knochen und die Fingernägel wuchsen weiß zu klauenartigen Gebilden heran, die genau in eine Aussparung passten. Miteinem rasselnden und schiebenden Geräusch schoben sich die Steine auseinander und gaben den Weg frei in einen wesentlich älteren Teil des Koffers, der bislang vor Blicken verschont blieb. Die Wände standen vor Spinnenweben und der grobe Stein setzte sich hier fort. In der Mitte des Raumes stand ein gewaltiges Rednerpult, an dessen Scheitelpunkt ein gewaltiges Buch lag, dessen Innenleben mit schwarzen Seiten gefüllt war. Seiten, die bei Berührung der weißen Hand des Zauberers mit ebenso gräulich weißen Runen erstrahlte.
      "Alsdann...Beginnen wir erneut!", sagte er mit fester Stimme und im gleichen Moment begannen Kerzen in den Kerzenleuchtern aufzuflammen und die Seiten des rechteckigen Raumes zu erhellen. In der Mitte war derselbe weiße Kreis abgezeichnet wie er sich oben fand, nur hier waren die Linien sichtbar und durchgezogen. IN den äußeren Ringen fanden sich zudem Runen.
      Als er zu seiner Rechten in einen Spiegel sah, erblickte er dort das Gesicht einer jungen Frau, die er kannte. Ein freudnliches Lächeln rann über seine Lippen, als er die Flasche Met abstellte, die er aus einem merkwürdigen Grund mitgenommen hatte. Ehe er sich versah, blätterte er bereits in dem Buch, und die Frau zu seiner Rechten begann zu sprechen.
      "Du hast dich nicht verändert", murmelte die frau, die von wunderschönem platinblonden Haar war. Lediglich eine hässliche Narbe entstellte ihr ebenmäßiges Gesicht. Die Haut um ihr linkes Auge war wie ein Spiegel zersprungen und zeichnete sich als finstere Gebilde ab, während das Auge schneeweiß war. Es erinnerte ihn an seine eigenen Augen, wenn er...
      "Du auch nicht", sagte er. "Schön, dass du da bist, Rem..."
      "Habe ich eine Wahl?"
      Hatte sie nicht. Sie befand sich im Spiegel und selbst wenn sie wollte, konnte sie nicht hinfort.


      22:45

      Immer und immer wieder hatte er es versucht und war jedes Mal gescheitert. Als laste ein Fluch auf dem Vorhaben und selbst wenn er die Zeilen vor und zurück las, wurde er nicht schlauer.
      Die Haare des Rogues hingen in verschwitzten Strähnen herab und Schweiß tropfte ihm von der Nase. Die Flasche mit dem Feenmet war zu zwei Dritteln geleert und erneut hatte das Getränk seine vernichtende Wirkung mehr als bewiesen. Der Raum vor seiner Nase schien sich mehr und mehr zu verzerren und zu schwanken. Und selbst wenn er es wollte, er hätte nicht mehr nach oben gehen können. Er hatte sich sein Hemd nach dem achten Fehlversuch vom Leibe gerissen und seinen hageren Leib der rauen stickigen Luft des mittelalterlich anmutenden Raumes überlassen. Selbst auf diesem stand der Schweiß wie ein Teppich auf der blassen Haut. Mittlerweile waren beide Unterarme verwandelt und hatten sich in weiße, klauenartige Gebilde mit drei Fingergliedern verwandelt.
      "Vielleicht solltest du es für heute gut sein lassen", bemerkte Rem und sah besorgt aus.
      August winkte mit den abartigen Händen ab und torkelte zu einem Bücherregal, wo er das Weinglas herausfischte, dass er bisher genutzt hatte. Ein letzter Rest hatte sich darin gesammelt und er trank ihn wie einen kurzen. Der wohlige Rausch des Alkohols flutete seinen Körper und ließ ihn beinahe grunzend an dem Regal zusammensacken und auf den Hosenboden setzen.
      "Ich schaffe es nicht", flüsterte er. "Egal, wie mächtig und egal wie hoch der Preis...Ich schaffe es nicht, dieses vermaledeite TOr zu kontrollieren..."
      "Vielleicht ist es nicht dazu gedacht..."
      "Ach halt den MUnd!", keifte er. "Welche Ahnung hast du von meinem Leid?"
      Er erhob sich zu schnell und fing sich am Rednerpult ab und brüllte gen Spiegel.
      "Du hast keine Ahnung,w as ich durchmache, Rem! Du hattest nie eine Ahnung! Ständig dieses Bessergewisse, ständig die Vorwürfe und ständig die altklugen Ideen...Was weißt du schon..."
      Seine Sprache war für die Tatsache des vernichteten Alkohols beinahe klar. Nur sein Blick wurde fahrig, als er eine Stimme leise rufen hörte.
      Zum Teufel mit diesem Ganzen!
      "Ich bin unten!", rief er lautstark hinauf und hoffte, dass es ausreichte. Er hatte keine Lust, Ulysses zu erklären wo der Keller war. Zumindest klang es nach dem kleinen Rabauken.




      Spoiler anzeigen
      rem.jpg: Ember sieht sie jedoch nicht und hört sie nicht.

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    • Es waren drei unglaublich leise Worte, die Ember aus den Untiefen des Koffers wahrnehmen konnte. Aber es war das erste Mal, dass sie diese Betonung in Augusts Worten gehört hatte. War sie eben noch ein bisschen müde und mental kaputt, gingen jetzt schon wieder ein paar Sirenen in ihrem Kopf los. Möglicherweise hatte sie sich verhört oder interpretierte Dinge, die gar nicht da waren in drei lächerliche Worte.
      Stillschweigend kletterte Ember in den Koffer und bahnte sich sockfuß einen Weg über die Treppenstufen nach unten. Wie erwartet war das Foyer menschenleer - selbst der Tisch samt Stühlen war verschwunden. Der Spiegel noch immer abgehängt, nichts auf den ersten Blick verrückt. Wäre da nicht die offenstehende Falltür gewesen, die zu Augusts Zoo führte. Weder sah sie Ulysses, noch hörte sie irgendetwas verdächtiges außer den Tiergeräuschen, die sie aus dem Stockwerk tiefer bereits kannte.
      Trotzdem wurde die Detective ein ungutes Gefühl nicht los.
      Innerhalb weniger Schritte stand die Frau am Rande der Falltür und lugte hinab. Dann erstarrte sie. Ihr Blick wanderte zu ihrem rechten Fußknöchel, wo die Socke ein feingliedriges Fußkettchen verbarg. Dieses vibrierte mit einer Intensität, die sogar den Tatort des Angelusangriffes überstieg. Ein Frühwarnsystem für außerordentliche starke Magie, die nicht passiver Natur war. Viele beim Met besaßen solche Indikatoren, aber ihres hatte einen kleinen Twist. Sicherheitshalber hatte sie es abgelegt, als sie in den Untergrund aufgebrochen waren, um instinktive Reaktionen zu vermeiden, ausgelöst durch die Vibration des Kettchens.
      Nun hingegen hatte Ember ernsthaft Sorgen. Zu keinem anderen Zeitpunkt hatte das Schmuckstück reagiert seitdem sie mit dem Arcana verkehrte. Dass es das nun tat, schürte etliche Regungen in seiner Trägerin. Sorge, dass es zu unvorhersehbaren Schwierigkeiten kam. Frust darüber, dass da vielleicht etwas passiert sein mochte, kaum hatte sie den Rogue aus den Augen gelassen.
      "Ist unten hier unten?", fragte sie in etwa dergleichen Lautstärke wie vorhin in den Raum und kletterte bereits abwärts.
      Mit jeder Stufe schien das Kettchen stärker zu vibrieren. Also näherte sie sich dem Ursprung. Und da sie wusste, warum das Kettchen so gut in seinem Job war, ahnte sie, dass unten definitiv hier unten war.
      "Alles okay?", setzte sie nach, wobei sie sich noch immer an der Treppe hielt.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • August lehnte ich nach seinem Rufen gegen die raue Steinwand und machte sich nicht die Mühe, seine Arme zurückzuverwandeln. Was sollte es schon. Jahrzehntelanger Forschung und wofür? Für einen lausigen Bannkreis aus weißer Kreide auf dem Boden. Rem indes sah ihn mitleidig an und schüttelte den Kopf.
      "Du gibst auf", stellte sie fest und wirkte beinahe eingeschnappt, wärhend sie die Arme vor der Brust verschränkte.
      "Ich gebe einen Scheiß!", sagte August und funkelte sie böse an. "Ich habe Jahrzehnte meines Lebens damit zugebracht, diesen Mist zu erforschen und die ganze Zeit erfahre ich nur Rückschläge."
      "Du hättest uns gebraucht..."
      "Hätte ich! Aber ihr seid nicht mehr da!", rief er beinahe erbost, während er sich an dem Regal hinauf zog, in der rechten Hand eine Flasche MEt, die beinahe darin zu verschwinden glaubte.
      Langsam und mit grausiger Zeitlupe wurde die Haut wieder rosig und die Hand verwandelte sich in eine menschliche.
      "Ihr seid nicht mehr da...", flüsterte er, ehe er Hitze auf seiner Wange bemerkte.
      Fahrig fuhren seine Hände zu seinen Wangen und er stellte eine Feuchtigkeit fest. Er musste schwer geschwitzt haben, schließlich war es auch anstrengend. Aber wieso zerrte es dann an seinem Herzen? Erst nach einer kurzen Zeit wurde im klar, dass es Tränen waren.
      "Ist unten hier unten?", ertönte die stimme erneut.
      Das Rauschen in seinen Ohren erstickte die Hälfte, aber er seufzte lautstark.
      "Ulysses, bei den verfluchten Klöten des Fälnisgottes: Ja, ich bin hier unten! Im Keller! Kennst du den Koffer nicht mehr?"
      Genervt ließ er sich auf einen Stuhl fallen und wischte sich die Tränen vom Gesicht, während er die Flasche Met leerte und verloren vor sich hin starrte.
      Was hatte das alles noch für einen Zweck? Sein ganzes Leben schien er einer Illusion erlegen zu sein, die nicht wirklich das war, was sie versprach. Oh bittere Ironie. Der Täuscher wird getäuscht.
      "Du solltest das Trinken aufhören", sagte Rem und sah ihn wieder so an. Diese mitleidigen Augen, die alles gesehen hatten. Und dieses eine Auge, was durch ihn stach wie ein Speer.
      "Hör auf mir zu sagen, was ich zu tun habe", murmelte er und seufzte. "Das hat schon früher nicht geklappt."
      "Ich weiß...Und seitdem versuchst du, dich mit Alkohol und diesem blinden Streben selbst zu töten, August. Ich weiß nicht, ob du bemerkt hast, aber es gibt doch Dinge, für die es sich zu leben lohnt..."
      "Ach ja?", fragte er spöttisch und sah das Spiegelbild an. "Und welche? Eine Frau vielleicht? Dass ich nicht lache. Geld? Macht? Eigentum? All das besitze ich bereits. Aber was ich nicht besitze, ist eine Zukunft, Rem. Eine Zukunft, die euch hätte gehören sollen..."

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    • Bei genauerem Hinhören konnte Ember Stimmfetzen aufschnappen, die eindeutig von keinem Wesen hier unten stammen konnte. Vermutlich hätte sie Augusts Stimme unter Hunderten erkannt was allerdings nicht bedeutete, dass es ihre Alarmbereitschaft minderte. Als sich seine Stimme hob und somit deutlicher vom restlichen Wirrwarr abhob, stockte Ember. Sollte der Arcana im vollen Besitze seiner geistigen Kräfte sein hätte er niemals ihre Stimme mit der des Goblins verwechselt. Was bedeutete, dass er es nicht war.
      Noch immer mit einem unguten Gefühl behaftet, löste sich die Detective von der Treppe und schob sich den Gang zwischen den Gattern entlang. Ihre Augenbrauen waren in solch einer Konzentration zusammengezogen, das sie fast eine geschlossene Einheit bildeten. Dann entdeckte sie den seichten Schein von Kerzenflammen, die das letzte Mal hier unten noch nicht da gewesen war. Auf genau diese Richtung bewegte sie sich nun zu, noch immer angestrengt lauschend. Mit jedem Meter wurden die Stimmfetzen lauter, deutlich, bis sie sich schließlich definitiv als die Stimme des Rogues herausstellte. Allerdings erhielt er nie eine Antwort - führte er einen Monolog?
      Als Ember um einen weiteren Käfig bog, sah sie die ehemals gemauerte Wand, die sich wie ein Schlund völlig deplatziert vor ihr auftat.
      "Ach ja? Und welche? Eine Frau vielleicht? Dass ich nicht lache. Geld? Macht? Eigentum? All das besitze ich bereits. Aber was ich nicht besitze, ist eine Zukunft, Rem. Eine Zukunft, die euch hätte gehören sollen..."
      Augenblicklich gefror Ember zu einer Salzsäule. Es war nicht der Inhalt, der die Detective beinahe in Schockstarre verfallen ließ. Es war der Frauenname, den sie bereits mehrfach gehört hatte und ziemlich sicher war, ihn auch einmal geschrieben gesehen zu haben. Wenn sie sich nicht verhört hatte, und das hatte sie nicht, dann sprach August entweder mit einer Toten oder halluzinierte bitterlich. Das stark vibrierende Kettchen an ihrem Fuß machte ihr mehrmals deutlich, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht halluzinieren würde.
      Tatsächlich schaffte Ember es nur bis zu dem Rand der Öffnung, wo sich der Kerker in einen neuen Raum öffnete. Die Einrichtung allein hätte schon Stunden ihrer wertvollen Lebenszeit gekostet, um ihn zu untersuchen. Sie brauchte aber nur zwei Sekunden, um August auf einem Stuhl ausfindig zu machen. Und eine weitere, um die verunstaltete Hand zu sehen. Langsam folgte ihr Blick der Richtung, in die er zwischendurch blickte und erkannte, dass er mit einem Spiegel sprach, der auf der anderen Seite an der Wand angebracht war.
      Es gab nur eine Sache, der sich Ember absolut sicher war. Dass der Arcana diesen Raum ihr nie freiwillig und so schnell gezeigt hätte. Und noch weniger, was er da mit seinem Körper angestellt hatte.
      Es bedurfte vier Anläufen bis die Frau ihre Sitmme wiederfand. Die Finger an den kühlen Stein gepresst wagte sie es nicht, einen weiteren Schritt ohne Erlaubnis in den Raum zu setzen. Selbst als Nichtmagische schien die reine Präsenz im Raum sie zu erdrücken.
      "August, was tust du da?", war alles, was sie trockenen Mundes formulieren konnte während das Fußkettchen ihren Knöchel bereits betäubt hatte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • für eine kurze Weile hatte der Rogue einfach nur dagesessen und sich bemitleidet, wenn man es ehrlich nahm. Hatte den Spiegel angestarrt, wo Rem ihn kopfschüttelnd und ihrer Art gemäß betrachtete und sich gefragt, wie zum Teufel es alles soweit kommen konnte?
      Der Met schmeckte fad, als er ihn ansetzte, um diese vermaledeite Flasche zu leeren und sie achtlos in die Ecke zu feuern, wo sie mit einem Hölleninferno zersprang. Verfluchte Flasche.
      August erhob sich schwerfällig aus dem Stuhl und wollte sich gerade wieder ans Pult begeben, um das Buch zu schließen, als er eine Stimme hörte, die nicht hier sein sollte.
      Eine weibliche Stimme, die nicht aus dem Spiegel kam, um es genau zu sagen.
      Mitten in der Bewegung erstarrte der Rogue und blickte sich mit einem fahrigen, beinahe gehetzten Blick um, der einem gefangenen Tier glich. Durchdringend und eisig blickte er die Polizistin an, die im Türrahmen stand und gleichsam fragte er sich wie sie hinuntergekommen war, ohne dass er es bemerkte.
      Ulysses.
      Die Stimme.
      AUch im trunkenen Zustand schaltete sein Verstand zu schnell und er schlug sich mit de rmenschlichen Hand vor die Stirn.
      Seufzend klappte er das schwarze Buch zu, ehe er bemerkte, dass seine Hand noch immer verwandelt war.
      Als würde er eine lästige Fliege verscheuchen schüttelte Foremar diese aus und schlagartig schien sie wieder rosig zu werden und menschliche Züge anzunehmen, ehe er sich erneut umdrehte und zwei Schritte auf sie zukam, ihr beinahe den Blick in den Raum versperrte. Seine Züge wirkten angepannt, ja trotz der Trunkenheit beinahe wütend und er sah leicht zu ihr hinab, ehe er durchatmete und sich zu entspannen versuchte.
      "Was tust du hier unten?", fragte er kalt. "Ich dachte, du wolltest deinen Abend oben verbringen?"
      Schweigsam betrachtete er die Polizistin und ihm fiel auf, wie dumm er sich verhielt. Das Kind war in den Brunnen gefallen, also trat er einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

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    • In einer atemberaubenden Geschwindigkeit markierte die Detective gedanklich wichtige Punkte im Raum, die sich als Anhaltspunkte heraustellen mochte. Das Pult in der Mitte, der Spiegel, das seltsame Buch mit den schwarzen Seiten und der weiße Kreis auf dem Boden, der dem ein Stockwerk höher zu sehr ähnelte. Die Glasscherben an der Wand. Augusts verwandelte Hand, die unlängst damit begonnen hatte, ihre ursprüngliche Gestalt wieder anzunehmen. Das Fehlen seines Hemdes, der Galnz auf seiner Haut und schlussendlich die geröteten Augen, die stumme Zeugen heißer Tränen waren.
      Ember wurde schwer ums Herz. Allein die Tatsache, wie sich die Haltung des Arcana innerhalb einer Minute verändert hatte bewies ihr, dass sie ihn bei etwas höchst Persönlichem gestört hatte. Das in Verbindung mit den Worten, die sie gehört hatte, ließ nur einen Schluss übrig. Wie er es allerdings versuchte und warum sich seine Gestalt dabei wandelte, erschloss sich ihr nicht. Dafür verstand sie einfach zu wenig von dem, was er da trieb.
      "Das war vor etlichen Stunden, ja", antwortete sie wahrheitsgemäß. "Eigentlich hatte ich nur fragen wollen, ob wir noch ein Glas Wein... hm... trinken und dann hast du mich hinab gerufen. Hab zu spät erst gemerkt, dass du mich für Ulysses gehalten hast."
      Das Thema Wein war offensichtlich vom Tisch wenn sie die Glasscherben an der Wand in Betracht zog. Angenommen, dass er die ganze Flasche selbst gekippt hatte, gab er noch eine erstaunlich gefasste Version seiner Selbst ab. Allerdings kam sie nicht drum herum zu merken, wie sich der Ton in seinen Worten verändert hatte und wie er die Arme vor der Brust verschränkte, was er noch nie zuvor getan hatte.
      Zwar trat er einen Schritt von ihr zurück, trotzdem fiel Ember deutlicher als üblich auf, dass der Zauberer sie um ein gutes Stück überragte. Noch immer hielt sie an den Steinen fest, die eine kühle Sicherheit unter ihren Händen vortäuschten. Alles, was sie mit ihren Augen gerade sah, würde später eins zu eins in ihrem Notizbuch landen.
      "Du siehst furchtbar aus." Ember würde jetzt keine Fragen stellen, was und wie hier unten geschehen war. Stattdessen war ihre Stimme sanft, beinahe verständnisvoll für eine Lage, von der sie eigentlich nichts wissen sollte. "Vielleicht solltest du Schluss für heute machen."
      Rein aus Reflex hob sich ihr rechter Arm, der die ganze Zeit über leblos an ihrer Seite gehangen hatte. Ember streckte August ihre Hand entgegen in einer Geste, um ihn aus dem Raum zu bekommen. Aus seiner vielleicht festgefahrenen Gedankenwelt zu holen.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Eine dargebotene Hand.
      Lange schon hatte ihm keiner mehr eine Hand dargeboten, geschweige denn versucht, ihn aus dem Moloch zu ziehen. Hinzu kam, dass noch immer die Magie in dem Raum flirrte, obgleich sie wirkungslos geblieben war. Innerlich kämpfte der Rogue mit der Tatsache, sie eiligst herauszuwerfen und mit den Versuchen fortzufahren, ein anderer Teil von ihm, wollte nach der Hand greifen, die sich ihm darbot.
      Kurz blickte August über die Schulter zurück in den Raum und sah Rem, die lächelnd zu nicken begann. Als wollte sie ihm erneut sagen, dass es genug war für heute.
      Seufzend wandte er sich wieder Ember zu und nickte.
      "In Ordnung", murmelte er und ergiff die federleichte, warme Hand, die sich ihm darbot.
      es war ein merkwürdiges Gefühl, eine so zarte und umgängliche Hand zu halten. Mit der anderen Hand machte er eine wegwerfende, beinahe beiläufige Bewegung und schlagartig klappte das Buch zu, die KErzen erloschen und hinter dem Spiegel erhob sich eine Plane, die ihn rasch verdeckte. Als er hinaus ging und Ember mit sich zog, rückten die Steine unter grausig Geknarre und Geschabe wieder an ihre ursprüngliche Position und verschlossen den Gang wie einst.
      Erst dann fiel ihm das Glas Wein wieder ein, während er gar nicht merkte, dass er sie überholte und sie trotzdem an der Hand hiner sich herführte. Es fühlte sich beinahe unwirklich an, dass ernoch gerade laufen konnte, aber sein Kopf wirkte wie in einem eisigen Rausch. Nebel erfüllte seine Gedanken und betäubte den Schmerz, der sich in ihn ergoss.
      Als sie an dem Feengehege vorbei kamen, klopfte er sachte ean einen schmalen Stamm einer Planze.
      "Noch einen...", murmelte August und wie durch Zauberhand erschien eine weitere Flasche Met auf dem kleinen Tischchen neben dem Gehege.
      "Wir sollten den Wein lieber oben trinken..Ich...Ich kann das hier alles nicht mehr sehen..."
      Seine Zunge wirkte schwer, aber dennoch artikulierte der Zauberer die Worte klarer als gedacht. Nur schwer schaffte er die schmalen Stufen hinauf, um sich gleich darauf im Foyer wiederzufinden und auch diese Stufen mit Erschwernis und halbnackt wie er war, zu erklimmen. Immer sicher gehend, dass Ember ihm folgte, hatte er ihre Hand bereits losgelassen und sah nur zu, dass sie dort war. Und nicht dort unten.
      Als sie wieder im Wohnzimmer angelangt waren, seufzte er und setzte sich behutsam auf das Sofa, wähernd er den Koffer schloss.
      "Tut mir Leid, dass ich dich für Ulysses gehalten hab...", murmelte er. "War eine schlechte Zeit und ich habe nicht gut gehört..."
      Anschließend sah er sie an, so aus der Tiefe des Sitzens und seufzte erneut. Als wäre das alles was er noch könnte.
      "Hast du Gläser? Ich würde gerne noch einen mit dir trinken."
      Trinken, um zu vergessen. Großes Kino, August. Großes Kino.

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    • Es war eine verzwickte Situation, in der sich Ember gerade befand. Nachdem August ihre Hand tatsächlich ergriffen hatte, war er an ihr vorbeigeschritten und zog sie leicht hinter sich er. Es war nicht so, dass sie sich dagegen wehren wollte. Immerhin fühlte sie, wie klamm sich schon seine Hand allein anfühlte.
      Allerdings erschloss sich ihr erst ein weiterer Zusammenhang, als der Rogue mit eindeutigen Worten eine neue Flasche aus dem Feenhain einsammelte. Da erinnerte sich die Detective an seine Worte. Dass allein schon eine Flasche einem aus dem Leben bugsieren konnte. Das waren die Scherben gewesen, die sie in dem Raum hinter sich an der Wand entdecken konnte. Umso erstaunlicher die Tatsache, dass er noch gerade ging und Treppen steigen konnte.
      Wäre der Umstand anders, hätte die Frau dem offensichtlich geschlagenen Mann wortwörtlich unter die Arme gegriffen. Doch so folgte sie ihm stillschweigend während er eigenständig die Treppenstufen erklomm. Auch wenn sie nur seinen Rücken direkt sah erhaschte sie hin und wieder einen fadenscheinigen Blick seinerseits in der ständigen Kontrolle, dass sie ihm wirklich noch folgte.
      Etwas erleichtert seufzte Ember als sie schlussendlich aus dem Koffer stiegen, ihn schlossen und August sich auf ihre Couch sinken ließ. Noch immer stand sie neben dem Beistelltisch und sah auf den Arcana hinab.
      "Kein Problem. Man kann sich gern mal verhören", sagte sie leise und ließ dabei ihren Blick nochmals über seinen Oberkörper wandern. "Warte einen Moment."
      Nicht, dass er jetzt noch aufstehen und gehen würde.
      Anstatt in die Küche zu gehen und Gläser zu holen schlug Ember die gegensätzliche Richtung ein. Sie verschwand im Badezimmer, dann ertönte das Geräusch von aufgedrehtem Wasser. Nach ein paar Minuten wurde ein Wasserhahn geschlossen und sie kam mit einem feuchten, warmen Handtuch zu August zurück.
      "Hier. Ich fürchte, eine Dusche packst du nicht mehr." Mit diesen Worten reichte sie ihm das Handtuch und entfernte sich erst, nachdem er es angenommen hatte.
      Abermals verschwand sie aus dem Wohnzimmer, dieses Mal hingegen in die Küche. Zurück kam sie mit zwei Weingläsern und einem mit Leitungswasser gefüllten Glas. Jeweils eines davon stellte sie auf den Beistelltisch vor August, das zweite Weinglas stellte sie an ihre Seite. Ember murrte kaum hörbar, als sie sich auf den Teppich am Boden setzte und den Feenwein an sich nahm. Ein kurzer Blick in Augusts Richtung, dann füllte sie ihre Gläser, jedoch nur zu einem Viertel. Die Geste zählte schließlich.
      "Hast du die ganze Zeit seitdem wir uns getrennt haben in diesem Raum verbracht?", fragte sie letztenendes doch nach und hielt dabei das Wasserglas in Augusts Richtung.
      Das Fußkettchen hatte derweil aufgehört mit Lichtgeschwindigkeit an ihrem Knöchel zu vibrieren.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Es war schon lustig. Der Rausch, der sich eben noch wie ein beflügelndes Schimmern ins einem Kopf anfühlte, wirkte jetzt wie ein beiernder Hammer, der ihn niederstreckte.
      Während Ember sich von dannen machte, stützte er die Unterarme auf seine Knie und blickte zwischen seine Beine. Die FLasche Met, den die Feen bereit gestellt hatten, schwitzte leicht in der wärmeren Luft und ein Tropfen fing seine Aufmerksamkeit. Er sehnte sich nach kühlendem Nass. Erst jetzt bemerkte er, dass er außer seiner Hose und seinen Schuhen praktisch nichts mehr trug und der träge Verstand des Zauberers wirkte angekettet, als er sich fragte, wann er sich seiner Habe entledigt hatte.
      Er kratzte sich über die Nase und seufzte als Ember mit einem Tuch zurückkam und es ihm in knappen Worten reichte.
      "Danke", murmelte er hinterher, obgleich sie bereits wieder Hummeln im Hintern zu haben schien und verschwand. Diese Frau kannte wirklich keine ruhige Minute.
      Ausdauernd wusch er sich mit dem weichen, warmen Handtuch und wusch sich den Schweiß und die Tränen vom Gesicht und den Schultern, während er auch nicht die Brust, Achseln und seinen Bauch ausließ. Als er fertig war, legte August sich das warme Tuch aufs Gesicht und genoß die wärmende Feuchte auf seiner Haut, die seinen Verstand beinahe wieder tauglich werden ließ.
      Erst nach dem Gluckern des Weines nahm er es ab und sah in die GLäser. Ein Viertel. Diese Frau konnte nichts anderes als bevormunden, nicht wahr?
      Schweigsam nahm er das Glas und leerte es nach einem kurzen Zuprosten in einem schnellen Zug. Es würde nicht helfen, aber das konnte sie nicht wissen. Feenwein war nicht zu unterschätzen und er hatte ihn nicht unterschätzt. Er wollte nicht mehr fühlen und sich betäuben. Und das gelang mit jedem Schluck.
      Schweigsam nahm er das gefüllte Weinglas an sich und prostete ihr zu.
      "Habe ich. Ich habe meine Forschungen wieder aufgenommen und bin zu meinem Leidwesen ein weiteres Mal gescheitert. Aber das war abzusehen, weißt du...Denn ich bin dumm, hihi...Strunzendämlich, um genau zu sein...Denn ich versuche immer noch, diesen vermaledeiten Mist zu erforschen...Was hast du so gemacht?"
      Und warum sitzt du nicht hier?, dachte er sich im zweiten Zuge, als er das Glas ansetzte. Der Duft des Mets stieg ihm in die Nase und das Glas ward so schnell geleert, dass man sich fragen musste, wohin es gegangen war. Verschleierten Blcikes sah er sie an und seufzte.
      "Was hast du so gemacht, den ganzen Abend über? Sag mir nicht, dich hat die Sehnsucht gepackt..."
      Wer sollte sich nach ihm sehnen? Tote vielleicht. Aber nein, er sehnte sich. Nach ihnen.
      "Weißt du, was ich mich seit unserem Gespräch frage", fragte er mit schwerer Zunge. "Ich frage mich...Und das meine ich ehrlich...Warum zum Teufel du keinen Mann oder keine Frau hast. Ich meine,..Du bist nett, du bist hübsch, hast einen wirlklich ansehnlichen Allerwertesten...", red keinen Unsinn, August! "Und dass die Arbeit dazwischen steht...ich weiß ja nicht...Das erscheint mir irgendwie komisch...Meine, ich hab viele Polizi...Polizo...Poliziostiten kennen gelernt, weißt du...Und die waren knallhart...Bis sie starben...versteh ich nicht..."

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    • "Wärst du so dumm wie du dich beschreibst, würdest du nicht als einer der Arcana gelten. Dann hättest du auch nie die Freunde gefunden gehabt und mit ihnen diesen Koffer fertiggestellt."
      Ember angelte nach ihrem Weinglas, prostete August zu und hielt ihre Nase in das Glas. Ihre Reaktion auf den Geruch war ein anerkennendes Geräusch und ein Hochzucken ihrer Augenbrauen.
      "Was ich gemacht hab? Nachforschungen angestellt und Notizen gemacht", klärte sie ihn auf und sah dabei zu, wie er den Met in einem Zug seine Kehle hinab stürzte. Okay, der Mann war defintiv fertig mit dem Abend. "Oh komm, gib das her..."
      Ember beugte sich zu dem Mann auf der Couch um ihm das Glas abzunehmen und allen Ernstes wieder aufzufüllen. Dieses Mal jedoch bis zur Hälfte, und reichte es es ihm wieder.
      "Folglich trifft's Sehnsucht nicht ganz", murmelte sie halb in ihr eigenes Weinglas und nahm einen Schluck.
      Der kleine Schluck reihte schon aus, damit sie ungläubig den Kopf schüttelte. August hatte nicht untertrieben. Das Zeug knallte einen wirklich aus dem Leben. Und er hatte davon eine ganze Flasche allein gekillt?
      In der Zwischenzeit hatte Ember ihre Beine angewinkelt, damit sie einen Ellbogen auf ihrem Knie abstützen und das Kinn auf ihrer Handfläche ablegen konnte. So blinzelte sie August einfach nur an während seine Worte langsam etwas undeutlicher wurden.
      "Das ist ja schön und gut, wenn sie knallhart waren. Aber das schützt leider nicht vor Dummheit". Sie zuckte kaum merklich mit den Schultern. "Ich kann niemanden gebrauchen, der mich entweder ständig in Schutz nehmen will oder sich für etwas Besseres hält. Das Mittelmaß scheint... rar zu sein. Ganz ehrlich? Da käme ich besser mit dir zurecht als allen anderen bei Met."
      Das war sicherlich einer der Gründe. Ein anderer war schlicht und ergreifend, dass sie in ihrem Kopf einfach einen Platz dafür geschaffen hatte, jemand anderen zu lieben. Es war manchmal schon schwierig genug, Tarah nicht noch näher an sie heranzulassen, als es für sie beide vielleicht gut war.
      "Wenn ich's nicht besser wüsste würde ich fast behaupten, du hast 'ne Schwäche für mich", grinste sie plötzlich nachdem auch ihr Glas leer war und sie sich ein weiteres Viertel einschenkte. Mühsam ernährte sich Eichhörnchen. "Ich hab' mir Sorgen gemacht als ich nach Stunden nichts gehört hab. Darf ich mir keine Gedanken über Andere machen?"
      Wenn Ember die Lage richtig einschätzte, würde sich August morgen vielleicht nicht mehr an alle Detail erinnern. Vielleicht war seine Hemmschwelle nun auch dermaßen abgesenkt, dass sie einen Blick hinter die Fassade erhaschen konnte. Zumindest schien er betrunken ein wenig offener zu sprechen.
      "Sag mal, wenn du dir jetzt gerade einen Wunsch erfüllen könntest, was wäre es? Was käme dir als Erstes in den Sinn, was du möchtest?"

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • August begann heiser aufzulachen, als sie zu sprechen begann.
      "Arcana...", murmelte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. "Arcana bin ich geworden, weil meine MAgie einzigartig ist. Weil ich etwas konnte, was andere nicht konnten, so einfach is' das..Das hatte nichts mit Dummheit oder Inteli...Intello...Intelloginenz zu tun,.."
      Als sie ihm das Weinglas erneut füllte, dies mal zu einer guten Portion, grinste er und nickte. "Endlich sprechen wir dieselbe Sprache...", flüsterte er und nahm es wieder an sich.
      "Klingt nach Arbeit, dein Abend", murmelte er und hielt es einen Moment lang nur fest. Es stimmte schon, Wein trinken machte mehr Spaß, wenn man es nicht alleine tat. Ein typisches Gesellschaftsgetränk. Widerlich. "Wann machst du eigentlich mal Feierabend und lebst etwas?"
      Wie zum Beweis hielt er kichernd das Weinglas hinauf und trank einen gehörigen Schluck. Etikette war nicht mehr sein Steckenpferd, soviel stand fest.
      "Nein, das ist wahr. Härte schützt nicht vor Dummheit...Aber wer würde dich in Schutz nehmen wollen? Du hast ner Sp-Spi-Spinne im Unnergrund ein Auge rausgeschossen, hihi. Meine, das is' doch schon was, oder nich'?"
      Die zwei folgenden Bemerkungen erregten doch mehr Aufmerksamkeit seines betrunkenen Hirns als er es viellicht wollte. Lächelnd sah er zu ihr hinab und beugte sich leicht vor, sodass ihre Köpfe zwar auf der gleichen Höhe, aber genügend Abstand dazwischen war.
      "Ich glaube auch, du würdest mit mir...besser zurecht kommen...", murmelte er grinsend. "Und natürlich habe ich eine Schwäche für dich! Andernfalls wäre ich nicht hier, nicht oder? ODer würde dich komplementieren! Ich meine, mehr kann ich fast nicht machen, außer ein Schild schreiben und es mir umhängen, hihi..."
      August kicherte in sein Weinglas und leerte es erneut. Der Wein stieg ihm eindeutig zu Kopf, auch wenn seine Sprache halbwegs klar verblieb. Aber das Rauschen in seinen Ohren wurde stärker und der Nebel hintet seiner Stirn dichter. Es war ein wunderbares Gefühl nach diesen Jahren der Geißelung.
      "Ist das erste Mal, dass ich seit Jahren trinke...", flüsterte er. "Und ich bin froh, dass ich...Na egal. Unwichtig. Papperlapapp. Huuuhumbug, hihi."
      Auf ihre letzte Frage hin verdunkelte sich seine Miene urplötzlich und trotz der lähmenden Wirkung des Alkohols fühlte er sich unsicher und wolle sich am liebsten zurückziehen. Doch nicht mit Captain Honigwein, so erschien es. Er setzte das Glas sorgsam ab und blickte Ember durchdringend an, während er den Kopf auf seine Hände abstützte, die sich wiederum auf den Knien abstützten.
      "Einen Wunsch...", murmelte er. "Ich möchte...Ich will...Ich würde meine liebsten Menschen wieder lebendig machen..."
      Ein Wunsch, der so unmöglich wie die Zeit war, soviel stand fest.
      "Ich möchte wieder etwas fühlen, wenn ich Menschen ansehe...Möchte mein schlagendes Herz spüren...Ja, ich denke, das is' gut...Und was ist mit dir?", fragte er wähernd er sich neuen Wein einschenkte.

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    • "Japp, Arbeit wie jeden Abend. Aber das hier", Ember schwenkte das Weinglas in der Hand, "ist definitiv mein Feierabend."
      Noch nie hatte Ember Menschen dafür verurteilt wenn sie mithilfe von Mittelchen versuchten, Dinge zu vergessen, die ihnen viel zu tief in der Seele saßen. Sie selbst hatte sich von dem Versuch auch nicht losschreiben können und deswegen war die Arbeit von Noland auch so essenziell beir der Met.
      "Wow, ich hab' einem magischen Kontrukt ein Auge ausgeschossen. Wahnsinn. Hat das Vieh trotzdem nicht davon abgehalten, die Leute da unten zu fressen glaube ich." Ein weiterer dedizierter Schwenker des Glases. Natürlich machte sie sich nicht für den Tod der Leute da unten verantwortlich. Es gab nichts in ihrer Macht stehende, was sie zu dem Zeutpunkt hätte tun können. Dieses Wissen war Gold für die Seele und hatte sich erst über Jahre etabliert.
      Als sich August mit einem Lächeln zu ihr auf Augenhöhe begab, kam sie um ein amüsiertes Prusten nicht herum. Man sah in seinen Augen, wie sehr ihm der Alkohol schon zu Kopf gestiegen war. Vielleicht erinnerte er sich morgen nicht mal an ihre Unterhaltung. Also sprang sie auf den rasanten Zug einfach auf.
      "Hey, wäre ich an deiner Stelle und ein gutaussehender Mann hätte mich aus dem Loch geholt, dann würde ich mich dem auch an den Hals werfen. Aber der müsste größer sein als ich.... sooo ungefähr." Sie gestikulierte mit der flachen Hand ein gutes Stück über ihrem Kopf und zeigte eine imaginäre Kopfhöhe an.
      Doch dann antwortete August auf ihre Frage nach dem Wunsch hin dermaßen ehrlich und direkt, dass es die Detective etwas straucheln ließ. Er verbarg seine Reaktionen nicht vor ihr, sodass sie ihn wie ein offenes Buch lesen konnte. Seitdem sie das erste Mal das Thema mit seinen ehemaligen Freunden angerissen hatte, war ihr die Tragweite dessen bewusst. Dass er nie über den Verlust hinweg gekommen war und es feinsäuberlich maskierte. In diesem Aspekt konnte man sie Beide nebeneinander stellen und bekam das gleiche Bild, die gleiche Geschichte.
      Ember ließ einen Moment der Stille einkehren während sich der Rogue nachschenkte und sie selbst noch immer an ihrem zweiten Glas nippte. Realistisch betrachtet sollte sie für diesen Mann innerhalb dieser kurzen Zeit keine große Sympathie entwickeln. Aber wie konnte man es nicht, wenn sie manchmal den Eindruck hatte in einen Spiegel zu sehen?
      "Weißt du, was richtig belastend bei deinem Wunsch aus meiner Sichtweise ist?", fragte Ember leise und ließ damit erste Mal wirklich einen Einblick darüber zu, was sie wirklich an der Magie störte. "Für uns ist es wirklich das Ende, wenn jemand stirbt. Wir müssen es akzeptieren, es gibt keinen anderen Weg. Aber ihr, ihr habt zumindest eine kleine Hoffnung, das Unmögliche möglich zu machen. Auch wenn man es vielleicht nicht sollte. Wäre ich an deiner Stelle würde ich genau das Gleiche tun."
      Früher hätte Ember alles in die Wege geleitet, um Emily zurückzuholen. Dem kleinen Mädchen das Leben zurückzugeben, dass ihr eigentlich noch bevorstand. Wohl oder übel hatte sich die Frau damit abfinden müssen, dass sie es nie wahr werden lassen konnte. Trotzdem... ständig waberte in ihren Gedanken, dass sie als Magische vielleicht doch einen Weg hätte finden können. Und dieser Gedanke war es, der sie im Kern die Magie verurteilen ließ.
      Bei diesen Gedanken nahm auch Ember einen ordentlichen Schluck ehe sie das Glas zur Seite stellte und August musterte. Dann streckte sie die freie Hand nach ihm aus und zupfte an einer seiner grauen Strähnen.
      "Willst du mir damit sagen, du fühlst nichts wenn du mich ansiehst? Gar nichts? Egal was?", fragte Ember ohne tiefere Hintergedanken. "Wenn ich mir 'n Wunsch erfüllen könnte, dann dass ich nicht mehr für so hart kämpfen muss, das ich haben will."
      Ein Wunsch, der sich kaleidoskopartig aufzufächern begann. Innerhalb eines Satzes konnte sie nicht beschreiben, was sie sich eigentlich genau wünschte. Es waren zu viele Aspekte, die sie in diesen Satz versuchte, unterzubringen. Sie hatte es satt, sich ständig vor anderen beweisen zu müssen. Immer wieder ihre eigene Unfähigkeit vorgeführt zu bekommen. Unfähig zu sein, jemanden zu vertrauen und soweit an sich heranzulassen wie niemanden zuvor.

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    • August kicherte, nachdem sie geendet hatte und lehnte sich wieder auf das Sofa zurück, da ihm leicht schwindelte.
      "Du hast einem magischen Konstrukt ein Auge ausgeschossen...", resümierte er. "Einem Konstrukt, dass acht Augen besitzt, sich schneller bewegt als so manches Tier und zudem noch ein angsterfüllender Alptraum war. Und das, meine Liebe, ist eine bestechende Leistung, zu der ich nur applaudieren kann..."
      Gut, er hätte das Wesen vermutlich in zwei Teile gerissen, aber das konnte er ihr selbst im besoffenen Kopf nicht antun. Sie wirkte verloren, wenn er sich das recht betrachtete. Und ihre Leidensgeschichten wiesen nicht abweisbare Parallelen auf. er sah dasselbe Leid, dieselbe Schuld, dieselben Masken in ihren Augen wie er in seinen sah. Das Gebrochene, das wieder zusammengesezt worden war. Feinsäuberlich und mit Rissen an den Kanten. Aber dennoch nur teilweise intakt.
      Am liebsten hätte er nach ihr gegriffen, weil sein Körper es ihm regelrecht befahl,a ber was sollte er machen. Seine Hände fühlten sich an wie Bleigewichte.
      "Groß also...", murmelte er und lachte kurz auf. "Es hat nichts damit zu tun, dass du mich aus dem KNast geholt hast. Dafür verkaufe ich nicht meinen Körper, ich bin doch keine Hu- Halt. Ich bin doch eine Hure. Aber nur wenn es um Magie geht. Nein, es war etwas anderes...Du bist wie ich...Ich sehe dasselbe Sehnen in deinen Augen, das selbe Verlorensein."
      Als sie über Magie sprach richtete er sich wieder zu ihr hin und stüttze sich wieder auf seine Knie auf und sah sie an. Und auch wenn sie sich irrte, mochte er die Ehrlichkeit, die sie gerade ihre Fassade sprengen ließ.
      "Magie...", begann er und seufzte, während er einen Schluck asu dem Glas trank. "Magie ist nicht allmächtig...Tote wiederzubeleben ist nicht möglich. Die Zeit zurückzudrehen ist nicht möglich. Und Unmögliches zu shaffen, ist auch nicht möglich. Wir haben Grenzen, auch wenn diese weiter von euren weg sind, als ihr glaubt. Aber selbst Arcana können keine Götter sein..."
      Zumindest nicht auf legalem Wege, fügte er finster hinzu.
      Als sie seine Haare anfasste, wirkte Foremar für einen Moment verstört, aber ließ die Berührung zu. Es fühlte sich merkwürdig an, eine fremde Hand in seinen Haaren zu spüren und dennoch gab es ihm eine wohlige Wärme. Und wie ein Junge, der ein scheues Tier beobachtete, beschloss er, gar nichts zu tun, damit es anhalten möge. Wie lange war ihm kein körperlicher Kontakt zu einem Menschen erlaubt gewesen? Er konnte die Jahre nicht mehr zählen..
      "Ist'n großer Wunsch", murmelte er mit tiefer, heiser Stimme. "Nicht mehr so hart zu kämpfen, für das was du haben willst. Nichts, was du haben willst, fällt dir in den Schoß, Ember Sallow. Für alles wirst du kämpfen müssen, aber eine Sache kann ich dir aus Erfahrung sagen: Du kannst mehr als du glaubst. Du bist mehr als du glaubst. UNd manchmal muss man seine Zurückhaltung diesbezüglich aufgeben und die Menschen um einen herum simpel und ergreifend daran erinnern...Hab ich auch gemacht...Habe bei einer Inauguration in die Arcana mich mit einem der Größten dort angelegt. UNd habe ihn in seine Schranken verwiesen. Seitdem war ich akzeptiert... Es ist wie -"
      Er hatte nicht gemerkt, wie er seinen Kopf immer näher zu ihr geschoben hatte, damit sie es leichter hatte, ihn zu berühren. Es war beinahe mechanisch.
      "Wie Tiere...", murmelte er und sah sie an. "Und ich empfinde...Ich weiß nicht, was ich empfinde..."
      Gar nichts stimmte nicht. Aber was war es?

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    • Ein dezentes Lächel umspielte Embers Lippen. Vermutlich lag es an seinem vernebelten Geisteszustand, aber jetzt gerade war es leicht, August ein wenig zu lenken. Der Fakt, dass er keinen Namen für das besaß, was er empfand, war besser als gar nichts. Sogleich ließ sie von seiner Haarsträhne ab wobei ihre Hand auf ihrem Rückzug seine Wange streifte.
      "Na bitte. Nicht wissen, was es ist ist immer noch besser als gar nichts fühlen", merkte die Detective, griff zur Seite nach ihrem Glas und nahm einen Schluck, der eine Spur zu hektisch aussah.
      Dann bedachte sie den Rogue, der sich ihr unterbewusst ein wenig angenähert hatte, mit einem nachdenklichen Blick.
      "Wenn du so reagierst, wenn ich nur deine Haare anfasse, wie willst du morgen bitte im Freudenhaus absteigen?"
      Ember war sich nicht sicher, wo dieser Mann die Grenze zog. Stellte er sich bei ihr nur so an eben weil er nicht wusste, wie er seine Empfindungen benennen sollte oder war es ein generelles Ding? Sollte der 'Termin' morgen dafür sorgen, dass er eben nicht mehr diese Reaktion zeigte, wenn man ihn berührte?
      "Vorhin hattest du kein Problem damit, als du mich aus dem Keller gezogen hast", stellte sie fest, leerte ihr Glas in einem weiteren Zug und stellte es beiseite. Das Brennen in ihrer Kehle trieb ihr die Tränen in die Augen. Mehr als das war definitiv nicht drin.
      "Pass auf. Ich hab' dir gesagt, dass du mich über dich urteilen lassen sollst. Kann natürlich nur über das urteilen, was du mir erzählt hast", sie zuckte ein wenig mit den Schultern weil sie wusste, dass er ihr unglaublich viel noch nicht erzählt hatte, "aber so wie ich das sehe gehst du an diesem Schmerz zugrunde."
      Ember lehnte sich vor, um August mit dem Zeigefinger leicht an die Brust zu tippen. Bei der Bewegung kam sie ihm so nah, dass sie den Met in seinem Atem riechen konnte. Sie sprach erst weiter, als sie sich wieder zurückgelehnt hatte.
      "In diesen paar Tagen hab' ich mehr über dich erfahren als dir vermutlich lieb ist. Nicht ein einziges Mal hab' ich dich seitdem verteufelt, oder? Schenk' mir ein bisschen deines Vertrauens und schau, was passiert. Was hast du noch zu verlieren?"
      Unter normales Umständen hätte Ember nun laut gelacht. Dass gerade sie über Vertrauen sprach war das Sahnehäubchen auf dem Törtchen. Die Kirsche war lediglich die Tatsache, dass sie ihm ihres bereits zu einem gewissen Teil zukommen ließ. Sonst wäre sie niemals mit Sorge um ihn als Person in den Koffer zu ihm hinabgestiegen.
      Oder ertränkte mit ihm die gemeinsamen Sorgen.

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    • August mochte betrunken sein und den Nebel vor seinem Sichtfeld nicht mehr ignorieren können, aber niemand konnte ihm glaubhaft versichern, dass das Streifen seiner Wange auf dem Rückzug von seinen Haaren Zufall gewesen war. Beinahe hätte er sich zu einer Bemerkung herabgelassen, aber wie konnte diese Frau es nachvollziehen? Sie hatte ja nicht jahrelang in einem drei mal drei Meter großem Scheißhaus von Behausung gelebt. Dennoch trank sie zu hektisch. Konnte es also sein, dass sie selbst ein wenig nervös war? Beinahe merkwürdig, wenn man ihre sonst kühle Art betrachtete.
      Auch dies ließ der Rogue unkommentiert, sondern schwenkte sein Glas ein wenig.
      "Mag sein. Trotzdem mag ich Gefühle lieber, die man benennen kann...", murmelte er und sah sie anschließend an. "Habe ich das getan? dich aus dem Keller gezogen? Ha, ich hatte schon bessere Anmachen auf dem Kasten. Aber was soll man machen, nich wahr? Und zum Thema Besuch: Mach dir mal keine Sorgen. Ich bin ein großer Junge, ich glaube, bisher konnte sich nie Jemand über meine PErformances jedweder Art beschweren, wenn du verstehst."
      Auch wenn sie keine Ahnung hatte, was ihm dieser besuch bedeutete. Es war viel zu lange her, dass er die Wärme und Nähe von Jemandem gespürt hatte. Und was war dafür besser, als ein Hurenhaus voller williger Damen, die sich nur für ein wenig Geld zu allem überreden ließen?
      Anschließend blickte er grinsend und leicht überrascht auf seine Brust, wo ihr Finger eine Zeit lang verweilte und begann anschließend zu kichern.
      "Tihihihi, vermutlich hast du Recht, nicht wahr?", seufzte er. "Irgendwann werde ich daran zugrunde gehen, aber wenn es soweit ist, werde ich den Tod wie einen alten Freund willkommen heißen."
      Anschließend blickte er sie eine Weile ziem eindringlich an und dachte über das nach,w as sie gesagt hatte. Freilich hatte sie ihn nie verteufelt, das war zutreffend. Zutreffend war aber auch, dass sie nur die Hälfte von allem wusste. Und dies konnte vieles verändern.
      "Nein, das ist wahr. Du hast mich nie verteufelt. es ist auf eine bestimmte Art lustig, dass gerade Jemand wie du von Vertrauen spricht, wenn beinahe alles von MIsstrauen nur so strotzt. Selbst das hier", sagte er und wies auf sie beide und wie sie wieder hastig Abstand von ihm nahm. "Slebst dies zeugt nicht von vollem Vertrauen nicht wahr? Auf beiden Seiten...Die Frage ist nur: Was tun wir dagegen? Oder tun wir nicht sdagegen?"
      Er lehnte sich auf dem Sofa zurück und schlug die Beine übereinander, ehe er sein Glas erneut leerte und langsam einen schwirrenden Kopf davon erhielt. Worauf wollte diese Frau eigentlich hinaus?

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    • "Du glaubst doch nicht im Ernst, dass es auch nur einen Menschen auf Erden gibt, der nach drei Tagen einer wildfremden Person sein vollstes Vertrauen schenkt", lachte Ember leise.
      Zumindest glaubte sie selbst nicht daran. Sicher, sie zählte zu denjenigen, die sparsam mit ihrem Vertrauen umgingen. Jedoch konnte sie nicht leugnen, dass sie ihre ursprünglich so feindselige Einstellung ihm gegenüber abgelegt hatte. Spätestens seit der Aktion im Untergrund konnte sie ihm beim besten Willen nicht mehr freindselig gegenüber stehen. August hätte sie dort mit Leichtigkeit ins Gras beißen lassen können. Tatsächlich war er stets darauf bedacht, sie vor allem zu warnen. Wenn auch auf seine ganz spezielle Art und Weise. Er saß also vermutlich im gleichen Boot wie sie selbst. Wie Sand war ihnen ein wenig Vertrauen durch die Finger geronnen, doch der größte Brocken blieb fest in ihren Fäusten zurück.
      Mit einem Seufzen kam Ember schließlich wieder auf die Beine. Von oben herab musterte sie den Mann auf ihrer Couch kurz, dann rollte sie einmal den Kopf im Nacken so als müsse sie sich entspannen.
      "Wir sollten was dagegen unternehmen", eröffnete sie ihm langsam und überlegte kurz, ob sie ihm das Glas aus den Fingern winden sollte. "Wenn diese Zusammenarbeit funktionieren soll, dann geht's nicht ohne ein bisschen Vertrauen. Du findest, mein Zurückweichen zeugt von mangelndem Vertrauen?" Sie machte ein schnalzendes, ungehaltenes Geräusch mit ihrer Zunge. "Das liegt eher daran, dass du mich irritierst, wie es schon lange nicht mehr vorgekommen ist."
      Einen Moment lang entstand ein Schweigen, in dem die Detective August einfach nur ansah. Ohne irgendwelche Rückschlüsse in den Augen, keine Wertung lag in ihrem Blick. Das Einzige, was man vielleicht aus ihren Augen lesen konnte, war eine Prise Unsicherheit und Zweifel sich selbst gegenüber.
      "Eigentlich baut sich das Vertrauen, was du gerne hättest, nur über Zeit auf. Aber schön, ziehen wir das anders auf. Ich würde dir gerne helfen. Wenn du mich lässt. Dafür musst du mir aber sagen, wie. Sag mir, wie kann ich dafür sorgen, dass du etwas mehr vertraust ohne die Zeit für mich arbeiten zu lassen?"
      Es lag eine erstaunliche nüchterne Ehrlichkeit in ihrer Stimme. Gänzlich hatte Ember ihre Stimme nicht mehr unter Kontrolle, sodass eine Nuance Zerbrechlichkeit in ihr mitschwang, die sie sonst sorgsam unter Verschluss hielt. Vielleicht gerade weil sie ihn so gut verstand wollte sie ihm helfen, sich von seiner alten Schale zu lösen. Denn alles, was sie bisher von ihm gesehen hatte, unterschied sich nicht im Geringsten von allen anderen Menschen auf diesem Planeten.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • August begann erneut zu kichern und schüttelte den Kopf.
      "Nein, das denke ich nicht. Kenne Jemanden, der mir bis heute nicht wirklicj vetraut und wir kennen uns bereits seit zwanzig Jahren. Aber was soll man machen? Es ist ein kostbares Gut, nicht wahr?"
      Für einen Moment hing er seinen Gedanken nach und blickte zu Boden, ehe er einen Schatten aus dem Augenwinkel wahrnahm, der sich urplötzlich erhob. Na Respekt dafür, dachte er. Er würde sich vermutlich auf sein GEsicht lege würde er das versuchen. Ob sie eigentlich wusste, welche Wirkung sie auf einen Mann haben konnte, wenn sie sich derart herrisch vor ihm aufbaute. Er musste beinahe an sich halten, nicht gleichsam aufzustehen und...
      Wein!
      Er leerte das Glas in einem Zug und genoß wieder den Nebel der in ihm aufstieg. Sie sprach von Irritation und er horchte auf wie ein Schuljunge. Sprich von Irritation, dachte er und grinste verhalten während er sich durch die Haare fuhr.
      "Weshalb sollte ich dich irritieren?", fragte er. "Aber ich stimme dir zu. Ohne Vertrauen wird es nicht gehen und ich fürchte, einen Weg zu finden, wie wir es schnell aufbauen können, gibt es nicht. Man kann nichts, was Jahre braucht, in zwei Stunden erzwingen, auch wenn man es manchmal gerne so hätte. Also bleibt nur eine Sache..."
      Er sah sie von unten herab an und zuckte die Achseln beinahe gleichgültig, obgleich das erste Mal wahre Ehrlichkeit aus ihrer Stimme las. Seufzend atmete er durch, ehe er sich selbst erhob und zu ihr kam.
      Kurz vor ihr blieb er stehen und sah zu ihr hinab, ehe er eine Hand in ihren Nacken legte (vorsichtiger diesmal) und sie sachte zu sich heranzog. Ihre Gesichter blieben zwei ganze Sekunden lang auf Kollisionskurs und wären beinahe an den Mündern zusammen gestoßen, ehe er ihr Kinn mit der Hand im Nacken leicht daneben steuerte und seine Lippen an ihrem Ohr platzierte.
      "Zeig mir wer du bist und versprich mir, mich nach dem Fall nicht ins Evenstar zurückzubringen. Udn ich will glauben und vertrauen, wie ich es schon einmal tat", flüsterte er und entließ sie anschließend wieder.
      Es war das einzige, was ihr Vertrauen behinderte und das Wachsen blockierte. Und wenn sie in der Lage war ihm dies zu versprechen, konnte er vielleicht auch mehr als derselbe Rogue sein.

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    • Irritation ließ sich leicht erzeugen. Widersprüchliche Aussagen, gänzlich anderes Verhalten als gewohnt oder auch nur ein völlig neuer Anblick von etwas Altbekanntem. August erfüllte zeitweise alle drei dieser Kriterien und sorgte somit dafür, dass sich die Detective gefühlt jedes Mal neu einstellen musste.
      Folglich blinzelte Ember August auch nur irritiert an, als dieser seufzte und sich selbst erhob. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er ihr irgendwelche unwirklichen Aufgaben stellen mochte. Das alles mit Witz und spitzen Bemerkungen kaschieren würde oder sogar in Selbstmitleid versinken würde. Aber ganz bestimmt nicht, dass sich seine größere Gestalt vor sie schob. Als er zu allem Überfluss auch noch seine Hand an ihren Nacken legte, stellten sich sämtliche Härchen an ihrem Körper auf. Liebend gern hätte sie später behauptet, sich nicht aus seinem Griff hätte befreien zu können, aber das war glatt gelogen.
      Instinktiv hielt sie den Atem an während ihr Geist schon vor ihrem inneren Augen projezierte, wohin dies hier führen mochte. Die Erwartungshaltung machte einer Enttäuschung Platz, als August den vorherbestimmten Weg einfach ablenkte, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Prompt überrollte sie die nächste Gänsehaut während sie seine Stimme viel zu deutlich hörte, zu aufdringlich das Gemisch von seinem Körpergeruch und ihrem Waschmittel roch und seine Körperwärme vage spürte. Hätte er diesen Moment länger hinausgezögert, wären Dämme gebrochen von denen Ember behauptet hätte, sie würden nie auch nur Risse bekommen.
      Dann gab August Ember frei. Alles, was sie gerade zustande brachte, war den halbnackten Mann vor sich anzustarren. Offensichtlich im Zwiespalt darüber, ob sie ihre Enttäuschung verteufeln oder unterstützen sollte. Als endlich wieder ein wenig Leben in ihren stocksteifen Körper zurückkehrte, machte sie auf dem Absatz kehrt, ging fünf Schritte und kam wieder zur genau der gleichen Stelle auf dem Teppich zurück. Sie musste ihren Körper bewegen wenn ihr Geist festgefahren war.
      "Okay. Ich bring dich nicht ins Evenstar zurück." Konnte sie sowieso nicht. "Und was das andere betrifft..." Sie runzelte leicht die Stirn. "Du wirst es im Laufe des Falles sehen, denke ich. Zumindest werd' ich's versuchen, ein bisschen aus meiner Nussschale zu klettern."
      Ein bisschen. Mit ein bisschen konnte sie anfangen. Wenn sich unter ihnen wirklich eine Vertrauensbasis aufbauen sollte, dann würde er so oder so jegliche Facetten ihrer Selbst erleben. Er hatte schon zu viele Knöpfchen gedrückt, zu viele Risse im Damm verursacht als dass er nur die professionelle Detective zu kennen glaubte.
      August wollte Offenheit von ihr? Konnte er bekommen. Quasi ein direktes Zeichen von guten Willen für ihr Versprechen. Demonstatriv verschränkte Ember die Arme vor der Brust und fokussierte ihren Blick auf das Gesicht des Rogues. Kein Abdriften, kein Ablenken.
      "Du willst wissen, warum du mich irritierst. Ein Beispiel? Das gerade", sie löste einen Zeigefinger und deutete aufwärts zu ihren Lippen, "hätten die meisten anderen Männer eiskalt ausgenutzt. Du stattdessen flüsterst mir was ins Ohr. Das nicht mal Dirty-Talk war." Es folgte ein sehr kurzes, spöttisches Kichern. "Sowas irritiert."
      Und die Tatsache, dass Ember es vermutlich zugelassen hätte. Wenn auch nur im Eifer des Gefechts, versteht sich.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • [Ich lösche dein Licht, Herz!
      Ich lösche dein Lichtherz
      Wenn mein Welt danach auch in den Schatten fällt
      Ich lösche dein Lichtherz
      Ich lösche dein Licht, Herz!
      Selbst wenn dann nichts mehr unsren dunklen Pfad erhellt]



      Beinahe amüsiert betrachtete August ihr Herumlaufen und verkniff sich im benebelten Kopf ein Grinsen. Sieh an, sieh an...Was für einfache Gesten eine derartige Frau um den Verstand zu bringen drohten. Nun, es war nicht so, als würde er nichts empfinden, wenn er sie ansah. Er war ein Mann, jedwedes Nichtinteresse an ihrem Körper oder ihrer Schönheit wäre mehr Lüge denn Wahrheit.
      Aber immerhin gab sie ihm das Versprechen, das er hörten wollte und ein breites Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Die freiheit, nach der er sich sehnte, war näher als gedacht, wenn er ehrlichw ar. Sicherlich hätte er keinen Widerstand der es taugte zu erwarten, aber letztlich hätte er sich mit Ember anlegen müssen. Und verletzen konnte er sie noch nicht.
      "Ein bisschen ist in Ordnung", nickte er und sah sie gespannt an.
      Ein bisschen aus der Nusschale zu kommen war schon mehr als er erwarten konnte, nicht wahr?
      Das Lächeln setzte sich fort, nachdem er sich über die Lippen leckte und die letzten Tropfen des Feenweins von ihnen nahm. Eins üßlicher Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, als er die Geste von Ember bewusst imitierte und die Arme vor der Brust verschränkte. BEide standen sie sich gegenüber wie zwei Kämpfende vor einem großen Gongschlag. Im Grunde erwartete man einen Showdown, wenn derartiges geschah, aber das Gesagte brachte ihn eher zum Schmunzeln.
      Und er hatte wahrlich Mühe, sich zusammen zu reißen und nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Während sie sprach biss er sich auf die Lippe, um sich kurz darauf wieder zu entspannen und sie durchdringend und ohne umschweife anzusehen.
      "Ich bin ncith wie die meisten Männer", bemerkte er spitzfindig und tat einen Schritt auf sie zu. Drei Schritte entfernt.
      "Ich bin anders, fürchte ich. Und Dirty-Talk..."
      Ein weiterer Schritt. Zwei Schritte entfernt.
      "Ich wusste nicht, dass du darauf stehst. Sonst hätte ich bereits ganz anders und viel direkter mit dir kommuniziert. Sowas musst du doch sagen, Liebes..."
      Seine Stimme war nicht mehr als ein heiseres, tiefes Grollen, das einem Rumpeln in einer tiefen Höhle glich, während er den letzten Schritt vor tat und direkt vor ihr stand.
      "Die Frage ist nur: Was ist schlimmer? Dass ich es nicht tat, oder du es zugelassen hättest?"
      Ein feixendes Grinsen stand auf seinem Gesicht während er durch die Brillengläser in ihre Augen spähte. Nase an Nase mit einer Frau zu stehen hatte etwas, auch wenn es nicht im streit war, musste er zugeben.


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    • DIe paar Sekunden Ruhe reichten der Detective, um sich zu erden und neu auf den Mann vor sich einzustellen. Als wäre ein blankes Tuch durch ihren Geist gewischt betrachtete sie August so beiläufig wie zurvor. Oder redete es sich zumindest ein. Denn sie kam nicht drumherum zu merken, wie er sie gezielt spiegelte. Und das ärgerte sie in einer Art, die sie nicht benennen konnte.
      Jetzt hatte Ember keine Schwierigkeiten mehr, seinem durchdringenden Blick standzuhalten. Wie angekündigt hatte sie sich auf den neuen Umstand eingestellt, die Lage neu bewertet und bereits vermutet, dass er sich nun einen Spaß daraus machen würde, das Distanzspielchen auszupacken. Allerdings klang das in ihren Ohren mehr nach einer Herausforderung als Sticheleien.
      Ihr Blick huschte nur für den Bruchteil einer Sekunde auf seine Füße während der Rogue einen Schritt auf sie zutrat. Selbstredend warf sie ihn nicht mit all den anderen Männern, die sie kannte, in einen gemeinsamen Topf. Auch bei seinem zweiten Schritt blieb Ember eisern in ihrer Haltung und bewegte sich keinen Zentimeter. Stattdessen strahlte sie eine Selbstsicherheit aus, die mit jeder verstrichenen Sekunde zunahm.
      "Liebes? Seit wann nennst du mich bitte Liebes?"
      Bewusst ging Ember nicht auf den Rest seiner Wörter ein. Ihre Worte hingegen waren fern jeglicher Unsicherheit, jeglichen Angriffpunktes. Dieses Spielchen beherrschte sie solange man sie nicht aus dem Hinterhalt angriff. Ein weiterer Grund, warum einige Liebeleien auch nur dabei geblieben waren. Ihr Typus war schlicht und ergreifend nicht für jedermann etwas.
      Ganz leicht kippte die Detective ihren Kopf, um einen Hauch in seine Richtung aufzublicken. Sie war sich nicht ganz sicher, aber es erschien ihr plötzlich als reizvoll, sein feixendes Gesicht im Teppich zu ihren Füßen zu sehen. Sicher, sie könnte jegliche Raison einfach über Bord verwerfen und für eine Stunde vergessen, wie sie beide hießen und woher sie eigentlich stammten. Leider war das nur nicht ihr Stil.
      Schließlich löste sich Ember aus ihrer Abwehrhaltung. Demonstrativ stemmte sie ihre linke Hand in ihre Hüfte. Die Fingerspitzen ihren rechten Hand hingegen legten sich knapp unterhalb der Stelle, wo die Schlüsselbeine zusammenliefen. Sie hielt den Kontakt nur gerade so aufrecht während sie mit ihren Fingern kaum merkliche Kreise zog.
      "Vermutlich, dass ich es zugelassen hätte. Immerhin hast du morgen deinen Termin", sie zog das Wort absichtlich in den Dreck, "und die Damen dort erfüllen dir jeden Wunsch für das richtige Kleingeld. Ich... leider nicht."
      Noch nie hatte Ember alles mitgemacht, was von ihr gewünscht worden war. Sie hatte immer die Kontrolle gehabt, war diejenige gewesen, die den Ton angab. Deshalb reizte der Arcana sie ein ganz kleines bisschen. Sie schätzte ihn so ein, dass er genauso wenig kleinbei geben würde wie sie selbst.

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