Dusk & Dawn [Asuna & Nico]

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    • Ein wenig Stirnrunzeln konnte Ember nicht unterdrücken. Ihr war es bisher noch nicht so sehr aufgefallen, aber jetzt gerade war es offensichtlich gewesen. Die Art, wie Hawthornes Blick umher wanderte war nicht jene, die von Langeweile oder Ablenkung zeugte. Er hatte irgendetwas im Gespür, suchte vielleicht sogar etwas. Was genau es war, konnte sie allerdings nicht bestimmen.
      „Allerdings rauchen Sie mittlerweile wie ein Schlot. Schachtel nach Schachtel ist selbst für Sie schon viel“, bemerkte sie und dadurch war klar, dass ihm merklich Stress im Nacken saß. Nicht nur seine Haarfarbe bezeugte dies.
      Sie wog den Kopf leicht hin und her. „Das ist mir auch schon aufgefallen. Das mit den Gefühlen, meine ich. Aber gut, was sollen wir erwarten wenn er in jungen Jahren ins Tor gezogen worden war und dann eher mit dem Überleben als allem anderen zu kämpfen hatte. Sein Leben läuft länger, aber das Tor hat ihm effektiv auch Lebenserfahrung genommen. Noland ist ja auch im DnD untergekommen und ich schätze mal, er wird den Teufel tun und bei August nachforschen. Zumal der sehr eindrucksvoll klar gemacht hat, dass das kein gutes Ende nehmen würde.“
      Ember hatte gerade den Mantel über ihre Schultern abgestreift und hinter sich über den Stuhl gehängt, da hielt auch sie kurz inne. Nur ganz kurz, aber es schien, als wäre da ein Flüstern gewesen. Sachte schüttelte sie den Kopf und konzentrierte sich wieder auf Hawthorne, der sich gerade an der Nase kratzte.
      „Noch so ein Forscher? Wo haben Sie denn noch einen Forscher gesehen?“, fragte sie erstaunt. August hatte nie ein Wort über jemand anderen verloren... oder? Oder hatte er einfach in der aktuellen Zeit wieder neue Bekanntschaften geschlossen? „Soweit ich weiß, hat sich August immer mit Hakim auseinander gesetzt und nach einer Lösung gesucht. Zwar ohne Erfolg, aber...“
      Ember brach ab und verengte die Augen. Da. Da war es doch schon wieder gewesen. Er guckte sich schon wieder so seltsam um und das lag ganz sicherlich nicht nur an dem Schnaps. Diese nervöse Geste war die Kirsche auf der Sahne. „Was ist los?“
      Keine Frage nach dem Was stimmt nicht. Etwas gefiel ihm nicht und das war überdeutlich. Und je länger sie sein Argwohn aufsaugte, umso mehr bekam auch sie den Eindruck, dass sie nicht allein waren. Es stellten sich ihr nun nicht die Nackenhaare auf, aber auch sie ließ einen prüfenden Blick durch das Haus schweifen.
      „Sie haben vorhin gesagt, Sie fühlen sich hier heimisch. Was durchaus seltsam ist. Sie gucken schon seit Minuten hin und wieder argwöhnisch umher. Der Ort hier ist seit – wie lange? - verlassen und trotzdem haben wir beide das Gefühl, es sei hier drinnen besser als draußen. Ich wette doch, dass Sie beim Eintreffen das Haus erkundet haben. Wenigstens der Talismane wegen. Nichts auffälliges?“
      Sie hatte sich gänzlich auf das Urteil Hawthornes verlassen. Dass es sicher war, zumal sie wegen der Warnung weder sich umsehen noch die Umgebung überprüfen wollte. Sie saßen an dem Ort, der garantiert Geheimnisse verbarg und sie setzte sich gerade Scheuklappen auf. Bewusst, sicherlich, aber so ein seltsames Gefühl ließ sich nicht dauerhaft ignorieren.
    • James fuhr sich mit der massigen Hand durch das markante Gesicht und schüttelte den Kopf.
      Ember hatte Recht. Er verhielt sich wie ein pubertierender Jung-Cop. Ein Rekrut! Die Schlimmste aller Arten. Seufzend ließ er den Blick zu dem Aschenbecher schweifen und schüttelte den Kopf.
      "Ja, ich weiß", murmelte er. "Es wird schwerer, es vor Nance geheim zu halten. UNd dem Stress geschuldet. Glauben Sie mir, arbeiten Sie erst mal hinter den Kulissen für Foremar und Sie würden ihn auch wahnsinnig nennen. Also Butter bei die Fische, Sallow. Die ganze Fragerei ist ja nun doch offensichtlich: Haben SIe was mit Foremar gehabt oder aktiv? Keine Sorge, ich bin nicht im Dienst."
      Hawthorne kicherte über seinen eigenen Witz, ehe er wieder den Nacken streckte als Reaktion auf das Gefühl, das man ihn beobachtete. Eigentlich sollte der Kübel hier doch leer sein? Es sollte sich Niemand hier befinden.
      Auf den Forscher angesprochen musste er grinsen.
      "Ach, das ist auch so eine Wahnsinnige. Völlig meschugge, wenn Sie mich fragen. Ist so eine kleine Frau mit wirrem Haar. Laut August ist sie ein Spezialistin in der magischen Irgendwas-Strukturierung. Keine Ahnung, was genau. Da war dieser merkwürdige Arzt, der mir mehr Angst als alles andere gemacht hat und dann dieser kleine Kerl. Hab versucht herauszukriegen, was die drei dort treiben, aber ich habe nicht mal ein Drittel davon verstanden. Was ich kapiert habe, war jedoch, dass August irgendeinen Weg sucht. Eine Art Schlüssel zum Rätsel. Ich meine, was will man auch machen, wenn man den Tod betrügen will..."
      Schulterzuckend lehnte er sich wieder zurück und zog an der Zigarette, ehe er die Augenbraue anhob.
      "Ich weiß nicht, was los ist"; gab er schließlich zu. "Und selbstverständlich habe ich den Ort untersucht, halten Sie mich für einen Anfänger?! Es ist einfach komisch. Ich kam hierher und fühlte mich eigentlich recht heimisch. Jetzt habe ich irgendwie das Gefühl, dass wir beobachtet werden. Aber nicht feindselig irgendwie..."
      Er sah nochmals demonstrativ in alle Richtungen und seufzte.
      "Es ist als würde uns der Hausherr beobachten, obschon er nichts dagegen hat, dass wir hier sind, verstehen Sie? Was ist mit Ihnen? Perley sagte, dass SIe zwischenzeitlich Auren spüren können. Meinte, Sie hätten sich nicht halb so dämlich angestellt wie gedacht. Sein Ton, nicht meiner."
      Unauffällig stand er auf und wanderte zu dem Campingkocher hinüber. An einer kleinen Hakenvorrichtung hing eine Tasche mit Ingredienzien, wie es erschien. Nicht zu erwarten war die Tatsache, dass er eine Dose Ravioli hervor zog und sie kalt auf die kochende Platte stellte. Es musste reichen, in Anbretracht der Umstände.
      "Sagen Sie...", begann er erneut. "Was war das eigentlich für ein Typ, der sich in der Schwarzen Stadt mit August angelegt hat? Der Polizist?!"

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    • Ein Schnauben war alles, womit Ember Hawthornes Aussagen abtat. „Ich hab mit ihm auch hinter den Kulissen des Pds gearbeitet, das am Rande.“
      Bei seiner Nachfrage zum Thema Verhältnis rollte sie jedoch theatralisch mit den Augen. „Sie werden nachlässig mein Guter. Hinweis darauf gab es vorhin doch schon.... Ich sagte ja, es sei wie ein Lauffeuer. Und das war es am Anfang auch. Wir sind recht schnell aneinander geraten, wobei das wohl eher eine Entladung von angestauten Emotionen war. Sie haben gesehen, was mit mir passiert ist, als ich ihn erschossen habe. Und Sie kennen mich gut genug als dass Sie wissen, dass ich nicht für Bekannte oder Kollegen so brechen würden.“
      Seinen Witz hatte sie eiskalt übergangen. Stattdessen beobachtete sie ihn dabei, wie er seinen Nacken streckte und sich immer noch seltsam steif bewegte. „Aktuell ist es so, dass wir nicht leugnen können, dass wir uns zueinander hingezogen fühlen. Was seltsam ist, da da noch ein paar andere... Faktoren mit reinschlagen. Ich glaube, er hat es schon länger für sich gewusst und nur nie ausgesprochen.“
      Oder hinterfragt. Also wechselten sie auf das Thema dieses anderen Forschers. Leider bekam sie anhand der Beschreibung auch kein besseres Bild zusammen. Oder vielleicht lag es auch daran, dass ihr mittlerweile warm wurde. Auch gedanklich. Dank eines gewissen Gesöffs.
      „Sie haben den Eindruck, wir werden beobachtet?“ Was für eine paranoide Eigenart Hawthrone manchmal doch an den Tag legte. Währenddessen zog Ember die Augenbrauen zusammen und horchte in sich hinein. Nein, für sie fühlte es nicht ganz so an als würden sie beobachtet. „Wenn's feindselig gewesen wäre, dann säßen wir hier nicht. Ist mir schon klar, dass Sie Ihre Aufgabe für meinen Schutz ernst nehmen und deshalb wären wir beim kleinsten Anzeichen hier raus.“
      Sie deutete mit dem Daumen ohne hinzusehen hinter sich zur Tür. Auf Perley angesprochen verzog sie fast schon angewidert das Gesicht. „Oh, dieser Butler. Tarnt sich als Butler, ist aber 'n Jäger und dann auch noch entfernt mit mir verwand. Völlig absurd, aber August hat ihn dazu genötigt, mich unter die Lupe zu nehmen und zack; so untalentiert bin ich nicht. Ich kann ein bisschen Auren spüren, aber bei Weitem nicht perfekt.“ Ihr Perfektionismus hätte es gern noch viel besser hinbekommen, aber wenigstens war sie nicht mehr komplett taub für Magie.
      Was allerdings nicht bedeutete, dass es hier auch funktionierte. Während Hawthorne sich von seinem Stuhl erhob und zum Campingkocher schlenderte, schloss Ember die Augen und ging noch tiefer in sich. Vielleicht vernebelte ihr der Alkohol noch nicht so den Verstand, als dass sie gar nichts spüren konnte. Denn so, wie es hier wirkte,musste es doch irgendetwas geben. Und sei es nur das kleinste Frösteln ihrer Haut.
      Als er jedoch in einem etwas anderen Tonfall wieder zu sprechen anfing, zuckte Embers Mundwinkel verräterisch, doch ihre Augen blieben geschlossen. „Der Typ, der sich mit August angelegt hat, war der S-Klasse Caster Ruairi MacAllister. Der Cunninghams Platz eingenommen hatte und mit mir die Leitung übernommen hat, damit ich keinen Scheiß anstelle. Was im Übrigen sehr gut geklappt hat. S-Klasse Caster, der ein Auge auf mich geworfen hat, mir den Hof gemacht hat und sich deswegen wohl auch mit August in die Haare kriegt. Können wir vielleicht lieber über gruselige alte Herrenhäuser reden?“
      Sie öffnete ein Auge einen Spalt breit und warf Hawthorne einen vielsagenden Blick zu.
    • James musste lachen, als sie seine Neugierde als Nachlässigkeit abtat.
      Eben Ember, wie sie war. Die Hauptsache war, aus allem kein großes Ding und eine selbstredend sehr logische Verkettung von Umständen zu machen. Und nichts davon sprach von Emotionen oder dergleichen. Gut, wenn sie nicht mal bemerkte, dass Foremar in ihrer Nähe sein wollte, obwohl es einem Blinden mit Krückstock mit dem nackten Arsch voran ins Gesicht sprang, wusste er auch nicht weiter. Er war einfach nicht für dieses Dating Gequatsche geeignet. Hier sollte Nance sitzen. Oder...Irgendwer anders!
      Schnell kippte er weiter Alkohol in seinen Becher und räusperte sich.
      "Sie wollen mir also sagen, Sie haben schon damals herum gevögelt?!", grinste er. "Ja, Anzeichen gab es, aber ich handelte im Zweifel für den Angeklagten. Früher hätte es Ihren Job gekostet, wenn man das herausgefunden hätte. Aber heute..."
      Er hob sein Glas wortlos und dankte dem Herrn für die langsam einsetzende Benebelung. "Heute bin ich nicht mehr Ihr Boss."
      Sie machte nicht den Eindruck als dass sie über die weiteren Faktoren sprechen wollte und James dankte dem Herrn dafür. Er wollte nicht durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen auf einmal über Schwanzlängen und Befriedigung reden. Nicht heute. Eigentlich niemals! Alkohol!
      Sachte schüttete er den Becher leer und nickte, nachdem er seufzend ausgeatmet hatte.
      "Ja, irgendwie schon", murmelte er und sah sich nochmals um. Da war nichts in der dräuenden Nacht um sie herum. "Am verdammten Arsch der Welt...Da rette ich ihm verflucht nochmal das Leben und zum Dank sitzen wir am Arsch der Welt in einem kalten Haus und warten auf das Erscheinen des Retters. Na Mahlzeit."
      Vor allem saß er hier, gefangen in einer Woge von Beziehungsgesprächen, die ihm langsam die Seele zerpflückten.
      "Was heißt tarnt?", lachte James plötzlich. "Perley hat einen ausgeprägten Ordnungsfimmel. Ich glaube, er ist nicht mal auf Augusts Bitten hin sein Butler geworden, sondern hat sich selbst dazu gemacht, nachdem er August nicht töten konnte. Ach, die Sallows und Caulson sind verwandt? Die Nummer kannte ich noch nicht. Nahe Verwandte wie das Inzestdorf in Birkshire oder normale Verwandte?!"
      Was fragte er da eigentlich?!
      "Naja, Auren spüren ist doch schon was. Ich wette, wenn Sie dem alten Griesgram etwas Zeit geben, macht er noch die perfekte Jägerin aus Ihnen."
      Als sie von MacAllister berichtete, sah James erst interessiert zu. Mit der Zeit jedoch wurde sein Gesicht weiß, dann rot und schließlich violett. Erst danach raufte er sich seufzend die Haare und schüttelte den Kopf.
      "Ich sagte damals, gehen Sie in eine Bar und reißen Sie sich ein paar Typen auf. Und nicht gehen Sie ins PD und vögeln Sie den Mörder Nummer 1 und den Top-Polizisten! Gute Güte, warum habe ich nur gefragt..."
      Seufzend schlug er seinen Kopf auf den Tisch, um dem Gedanken Einhalt zu gebieten, als es gebieterisch in der Küche krachte.
      Mit einem "HUI" und einem "RUMMS" flog die Haustür regelrecht auf und kalte Luft blökte wie ein lahmer Ziegenbock in den Raum. Sacht überzog er die Trümmer mit einem bereits einsetzenden Raureif und pfiff bedrohlich durch die Ritzen, sodass die Flammenfinger der Kerzen zu flackern begannen.
      Situationsbewusst schoss Hawthorne von seinem Stuhl hinauf und griff an sein Rückenholster, um eine kurze Schusswaffe herauszubefördern.
      Mit einem kurzen Blick zu Sallow und schließlich zum Foyer, durchmaß er den kleinen Raum und postierte sich in Sicherungsweite an der Schwelle der Tür. Die Pistole hielt er im Anschlag auf das Foyer gerichtet und wirbelte herum.
      Es folgte, geneigter Leser, ein Schrei.
      Ein unmännlicher, hoher, beinahe perfekt getimter Schrei, der in einem Rumpeln endete und eine Frau in den Dreißigern, die im Foyer stand und gerade die Tür zugedrückt hatte, stand mit erhobenen Händen vor Hawthorne und verdrehte just in dem Moment die Augen nach hinten.
      "Hände da wo ich SIe sehe-...Hallo?", Hawthorne war perplex. Die Frau rührte sich nicht.
      Stand einfach nur da in ihrem merkwürdigen grauen Kittel und den verwuschelten dunklen Haaren. Trotz des Beschlags verbarg die Brille nicht die feinen Züge und die hohen Wangenknochen der Frau, sodass es beinahe unmöglich war, ihr Alter zu schätzen. Unter ihrem Kittel trug sie artgerecht eine Art Hoodie mit einer "YES; SCIENCE BITCH!" Aufschrift, der es unmöglich machte, sie als Bedrohung zu sehen.
      "Hallo?!", donnerte James nochmals und ließ die Waffe etwas sinken.
      Mit einem donnernden Atemzug, der dem eines Ertrinkenden glich, der die rettende Luft erhaschte, erwachte die Frau wieder zum Leben und blickte erneut in die Mündung einer Waffe.
      Und erneut, geneigter Leser, was soll ich sagen?
      "HIIIIIIIYAAAAAAAAAAAAH, HEILIGE MARIA MUTTER GOTTES, ICH WEIß DOCH NICHTS, ICH-"
      Erneut drehte sie die dunklen Augen nach hinten und der Kopf sackte vor. Und sie blieb aufrecht stehen!!! James schüttelte den Kopf in Unglauben und sah nochmals hin. Erst dann legte er den Kopf schief und senkte die Waffe ganz.
      Erneut erwachte die Frau zum Leben und sah diesmal nur in zwei fragende Gesichter.
      "Verzeihung", begann sie nickend. "Ich bin ohnmächtig geworden..."
      "ACH NEIN!!!"; schrie Hawthorne in einem Aufkeimen von Wut. "NICHT WAHR; WIRKLICH, SHERLOCK?!"
      "Bitte schreien Sie doch nicht so. Ich höre sehr gut", sagte die Frau mit einem breiten Hackney Akzent. "Sie müssen demnach Mr Hawthorne sein. Man warnte mich vor Ihrem Temperament."
      "TEMPERA-WAS?!"
      "Wie dem auch sei. Und Sie sind demnach Miss Sallow. Es freut mich. Mein Name ist Dr. Eliza Hawkins, nennen Sie mich Liz. Ich bin die Forschungsassistentin von August Foremar."



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    • „Damals herum gevögelt klingt so, als wäre ich eine Bordsteinschwalbe, James. Wir sind exakt einmal aneinander geraten und dann war erst mal Ruhe weil wir beide wohl gedacht haben, wir hätten einen an der Klatsche.“
      In der Tat, Ember hätte darüber nicht so frei gesprochen, wenn sie mit Hawthorne noch in einem Dienstverhältnis stünde. Aber dies war gefallen und so waren sie beide nichts anderes als... Bekannte? Kollegen anderer Art? Was eigentlich?
      Hinter ihnen machte sich langsam der Duft von Ravioli breit und erstmalig meldete sich Embers Magen zu Wort. Die Pampe in der Schüssel war längst vergessen, davor schmeckte sie nun bereits Nudeln und Tomatensauce auf ihrer Zunge.
      „Perley tarnt sich für alle anderen als Butler, aber August hat ihn nicht dazu gemacht. Es stimmt, dass er nie darüber hinweg gekommen ist, August nicht umbringen zu können und darüber hinaus steht er sogar in seiner Schuld. Oder stand.“ Sie zuckte mit geschlossenen Augen mit den Schultern. „Aber so, wie sich Perley aufgespielt hat als August verschwunden war.... Meine Güte, das kam ja einem Liebhaber schon verdammt nah.“
      Ihre Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. Wäre Perleys Auftritt im PD nicht so spektakulär gewesen, hätte sie ihn damit vielleicht sogar aufgezogen. Aber so ging es leider nicht. Als Hawthorne allerdings weitersprach und plötzlich von Inzest anfing, war es mit ihrer Konzentration dahin. Sie riss ungläubig die Augen auf und bedachte den Mann mit einem empörten Blick.
      „Birkshire?? Ernsthaft? Normale Verwandte des keine Ahnung wievielten Grades, James! Gott!“ Es war so lächerlich, dass die Empörung in pure Erheiterung umschwang und Ember noch mehr von dem Schnaps nachsetzte. Schaden würde das nun auch nicht mehr. Also fügte sie ihre Erklärung von Ruairi mit an, wobei sie da schon nicht mehr so genau darauf achtete, welche Informationen sie da gerade breittrat und welche lieber nicht. Als Resultat änderte sich Hawthornes Gesichtsfarbe mehrfach und bevor er sich die Haare raufen konnte, war Ember auf die Füße gesprungen. Sie hatte ein Knie auf dem Stuhl abgestützt und lehnte gefährlich nah über dem Tisch, einen Finger anklagend auf Hawthorne gerichtet.
      „Moment mal! Ruairi hat mich wenn schon verführt, ja?! Der hat darauf gewartet, dass die Abteilung einen trinken geht und sich dann nur an meine Fersen geheftet! Bar! Trinken! Abschleppen! Ist doch genau die Reihenfolge, nur eben von ihm und nicht von mir! James, jetzt stellen Sie mich nicht hin wie eine Bordsteinsch-“
      Es krachte. Heftig. Kalte Luft strömte in das Haus, das sie gerade halbwegs aufgeheizt hatten und jagte Hawthorne noch schneller auf die Beine als es Ember gekonnt hätte. Sie beide fixierten sofort in alten Mustern den Eingang, wobei allerdings nur er bewaffnet war. Also ließ sich Ember zurückfallen und den Mann seinen Job erledigen.
      Der Schrei schien sie beide zu überraschen. Ember war Hawthorne dicht auf den Fersen, der die Frau im Foyer als erstes im Sichtfeld hatte. Ungefähr zeitgleich stellten sie fest, dass die Unbekannte sich nicht mehr bewegte. Als sei sie zu Stein erstarrt. In der Zeit konnte Ember an Hawthornes Seite hinweg die Frau mustern. Der Kittel, den sie trug, war schäbig, sowohl Stoff als Farbe. Der Hoodie, den sie darunter trug mit einer sehr plakativen Aufschrift, wirkte irgendwie fehlplatziert. Normal, wenn man es so nennen wollte. Unscheinbar. So unscheinbar wie ihr Gesicht vielleicht hinter der gut ausgewählten Brille hätte verschwinden sollen, es aber nicht tat. Die Gesichtszüge waren feiner als Embers, definierter, und machten es unglaublich schwer, dieser Person ein Alter anzuraten. So wie es aussah, dürfte sich in Embers Altersspanne bewegen. Dürfte.
      Dann begann sie erneut zu schreien und Ember verzog gequält das Gesicht. Eine hohe Stimmfarbe hatte sie durchaus. Dann sackte ihr Kopf nach vorn und es sah aus, als wäre sie in Trance. Ohne Stütze stand sie einfach da ehe sie plötzlich wieder zu sich kam und vernünftige Worte formulieren konnte.
      Dann war Hawthorne an de Reihe zu schreien. Mit ihm kam Ember jedoch besser klar, die den Mann beherzt von hinten stieß und ihn anfuhr, doch endlich mit dem lästigen Schreien aufzuhören. Erst dann widmete sie sich der Frau, die sich als Liz vorstellte. Embers Blick wusch einmal über ihre Gestalt hinweg, dann verschränkte sie den pochenden Arm vor der Brust.
      „Ember Sallow, angenehm. Augusts Forschungsassistentin also, ja? Seit wann denn? Oder eher, wo hat er Sie denn ausgegraben? Man sollte meinen, dass ich weiß, wenn er noch eine Assistentin hat. Wo bleibt er eigentlich?“
    • Hawthorne war in eine ewigen Feuer gefangen und brannte innerlich aus!
      So oder so ähnlich musste sich seiner Meinung nach die verdammte Hölle anfühlen, wie er gerade bewohnte. Es reichte nicht Sallow, die mit ihren Beziehungsgeschichten jede halbwegs gute Seifenoper im Fernsehen toppte. Nein, es musste noch eine weitere Frau sein, die vom Schlag weg in Ohnmacht fiel und die Bude zusammenschrie wie ein Poltergeist auf einem Metal-Konzert. Seufzend steckte er die Waffe nach dem Knuff wieder in das Rückenholster und stemmte die Hände in die breiten Hüften. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Wenn er diesem Irren von Zauberer nicht etwas schulden würde, wäre James auf dem Absatz herum gedreht und hätte diese Bruchbude verlassen. Stattdessen war er gefangen in diesem Stare-Off für Arme, wo sich beide Frauen taxierten, als wären sie Löwinnen.
      Wobei erneut Ember Sallow es war, die in ihr altes Muster verfiel und die Arroganz übernehmen ließ.
      Kopfschüttelnd ließ er den Moment verstreichen, ehe sich Liz (Welche Eltern gaben einen solchen Namen?!) wieder sammelte und räusperte.
      "Weshalb sollten Sie das wissen? Sind Sie seine Mutter?", fragte Liz nach einem ebenso kurzen, wie unscheinbaren Blick auf Embers Gestalt. Innerlich verbuchte sie einen Sieg, war sie immerhin die einzige im Raum, die geduscht zu haben schien. "Und ich bin bereits seit geraumer Zeit seine Assistentin, keine Sorge. Ausgraben musste man mich nicht, auch wenn man das der Leichenblässe Ihres Gesichts eher zuschreiben müsste. Mit Verlaub, Ms Sallow, Sie sind ziemlich unhöflich. "
      "Könntet ihr vielleicht...", begann James, besann sich doch eines Besseren und schüttelte resignierend den Kopf. "Meine verkackten Ravioli brennen an. Kommen Sie rein. Hunger?"
      Schweigsam marschierte der Mann in Richtung der Küche, um die Dose vom Herd zu nehmen und den Inhalt auf zwei Schüssel zu verteilen. Er selbst war nicht hungrig. Nicht nach diesem erschreckenden Einbruch.
      Eliza nahm den Blick von Sallow an und lächelte schmallippig, während sie nach dem schweren Koffer griff, den sie hinter sich her zog. Da drin klapperte es wie in einem Geschirrsalon und es wirkte gespenstig, wie ruhig es auf einmal in der Eingangshalle war. Schwerfällig ließ Liz ihr Hab und Gut in der Halle zurück und fuhr sich einmal mehr durch die wirren Haare. Freilich hätte sich Gus etwas besseres aussuchen können für eine kurze Rückzugsmöglichkeit.
      "Ich nehme die Frage von Sallow wieder auf", grunzte Hawthorne und stellte ihr und Ember eine Schüssel Ravioli und Löffel vor die Nase. "Wann kommt August?"
      Liz zuckte die Achseln und ließ sich an der rechten Seite des Tisches nieder, ehe sie zu löffeln begann. Sie war wirklich hungrig und aß beinahe gierig die vermaledeiten Teigtaschen, die schmeckten wie ein alter Hintern. Konnte dieser Mann eigentlich kochen? Seufzend lehnte sie sich nach ein paar Löffeln zurück und wischte sich undamenhaft über den Mund.
      "Ehrlich keine Ahnung", gab sie zu und seufzte. "Gus sagte mir, ich sollte herkommen und mich bereit machen für seine Ankunft. Er sagte, es würde nicht lange dauern."
      "Gus?"
      "Ja, und?", fragte sie. "Ist besser als ihn ständig beim vollen Namen zu nennen. Ich nenne ihn auch manchmal Schlaugust, wenn er mal wieder klugscheißt, aber immerhin besser als ständig ewige Namen. Wie nennen Sie ihn?"
      "Äh...", murmelte James und überlegte. "Meistens "Hey du" oder "Idiot"."
      "Charmant."

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    • Es waren die folgenden beiden Sätze aus Liz's Mund, die dafür sorgten, dass Embers soeben noch argwöhnisches Gesicht tiefste Abgründe aufwarf. Ganz offensichtlich kannte diese Schabracke lediglich ihre Namen und sonst nichts. Was darauf schließen ließ, dass sie mit August wohl noch nicht so lange verkehrte oder er sie einfach nicht vollumfänglich einweihte. Oder es sie einfach nicht interessierte. Trotzdem, die Art, wie sie ihre Worte wählte, stieß Ember ungewohnt arg auf. Stress, vermutlich.
      „Ziemlich unhöflich empfinde ich es eher, einfach hier reinzuplatzen und Leute anzukreischen. Vielleicht würde Ihnen ja auch ein bisschen mehr Farbe abhanden kommen, wenn Sie von einem Arkana angegriffen wurden, nachdem sich die Justiz und Rogues an den Hals gegangen sind“, gab sie überraschend ruhig, dafür aber eiskalt zurück und nur Hawthornes beherzter Einwurf schien die Frauen vor weiteren Ausbrüchen zu bewahren.
      Ember löste ihre Haltung nicht, gab aber den Weg in die Küche frei. Sie würden den Teufel tun und der Frau auch nur ansatzweise helfen, den Koffer ein Stückchen zu bewegen. Konnte ihre Sachen selbst von A nach B bringen. Dass Liz es nicht einmal für nötig hielt auch nur eine einzige Frage anzunehmen, missfiel ihr. Offensichtlich.
      Im Gegensatz zu Liz setzte sich Ember nicht. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die brüchig wirkende Wand, deren Kälte sich an ihrem Rücken ausbreitete. Von der aufkeimenden Wärme war nichts mehr zu spüren. Stattdessen beobachtete sie die ominöse Assistentin, wie sie die dargebotene Schüssel Ravioli verspeiste.
      Zeitgleich mit Hawthorne hinterfragten sie den Spitznamen, den Liz für August besaß. Die Verwunderung zeigte sich in Embers Gesicht nur anhand ihrer Augenbrauen, die ein bisschen nach oben zuckten. Scheinbar war die Frau sehr von sich überzeugt, dass sie ihn einfach mit Spitznamen nannte. Nicht einmal Perley kürzte ihn ab. Irgendwie, nur rein aus der Art wie Liz über August sprach, bekam die Ermittlerin den Eindruck, dass sie sich näher stehen mochten, als zuerst angenommen. Und je länger sie diese Möglichkeit in Betracht zog, umso unwohler fühlte sie sich. Was weder an der Lokalität noch an dem Alkohol lag.
      „Zurück zum Thema“, lenkte sie das Gespräch wieder in die Richtung, die hier wohl bedeutsamer als Spitznamen waren. „Seine Assistentin. Schön. Vielleicht haben Sie später ja die Muße und erzählen, wie sie sich kennengelernt haben. Hawthorne und ich sind ein wenig angespannt, angesichts der Umstände. Sehen Sie uns also nach, dass wir Sie direkt mit einer Waffe empfangen haben.“ Ember stieß sich von der Wand ab, um zu Tisch zu treten, jedoch noch immer nicht Platz zu nehmen. Sie brauchte jetzt doch den Becher mit dem Schnaps. Damit sie nicht doch wieder ihre mühsam erkämpften Manieren vergaß. „Sie forschen also mit ihm zusammen. Tor-Theorie?“
      Sie nahm einen ausgiebigen Schluck und musterte Liz weitergehend. Wenn sie sich konzentrierte, spürte Ember ein leichtes Kribbeln an der Hand, die Liz am nächsten war. Also war sie höchstwahrscheinlich auch magisch begabt. Was beherrschte sie?
      „Ich bin erst seit kurzem hier und hab mich noch nicht umsehen können.“ Oder wollen. „Sie arbeiten mit ihm an einer Lösung für sein Zeitproblem, richtig? Irgendwelche Anhaltspunkte? Etwas, das wir tun können?“
    • Genüsslich aß sie ihre Schüssel leer und beklagte sich nicht über die Behandlung, die ihr zuteil wurde.
      Wenn sie ehrlich war, hatte sie von zwei Polizisten (gut, einem Ex-Polizisten) nicht viel anders erwartet. Zumeist erging man sich nicht in Geplänkel, kam recht schnell zum Punkt und am Ende wurde es ein Verhör. Ähnlich wie jetzt.
      Während Sallow unhöflich stehen blieb, hatte sich Hawthorne ihr gegenüber platziert und an seiner Zigarette weiter gezogen. Auch unhöflich, aber zumindest wurde sie nicht betrachtet wie ein Tier beim Fressen. Selbst als sie den Becher mit dem merkwürdigen Zeugs anrührte, setzte sie sich nicht.
      Unhöflich. Und Eliza hasste Unhöflichkeit.
      Kopfschüttelnd laborierte sie noch weiter an dem Essen in ihrem Mund, ehe sie leicht missbilligend zu Ember herüber sah.
      "Fürs Erste möchte ich betonen, dass dies hier weder Ihre Domäne, noch ein Verhör ist, Ms Sallow", begann sie ruhig und erstaunlich gefasst, betrachtete man das Ausmaß der Unhöflichkeit in diesem Raum. Normalerweise wäre sie über jeden einzelnen hier wie ein Raubtier hergefallen. Nur Gus lag es zugrunde, dass sie sich zusammen riss. "Eine Muße, Ihnen etwas zu erzählen, besteht mitnichten."
      Hawthorne seufzte lautstark und sah genervt von der einen zur anderen Frau. Warum strafte ihn der Himmel so? Hatte er Kinder getötet in seinem vorherigen Leben?
      "Könnten Sie beide mal für einen Moment dieses Platzhirschgehabe sein lassen?", knurrte er und schüttelte den Kopf. "Wie Sallow schon sagte, sind wir die Typen mit der Knarre. Und ehe ich Sie in Augusts Nähe lasse ohne zu verifizieren wer sie sind, passieren Sie gar nichts. Also. Frage 1: Mit was assistieren Sie?"
      Süffisant seufzend schüttelte Liz den Kopf und lächelte.
      "Ich assistiere August Foremar bereits seit einiger Zeit. Seit ungefähr 10 Jahren brutto."
      "Brutto?"
      "Nun, er war 7 Jahre im Gefängnis, nicht wahr?", grinste sie und legte den Löffel fort. "Wie wir uns kennen gelernt haben, Ms Sallow, da es Sie so interessiert: Er hat mich aufgesucht in der Universität von London. Wir kamen ins Gespräch und er bot mir aufgrund meiner Fähigkeiten einen Job an. Das wars mit der Geschichtsstunde."
      "Nicht ganz", murmelte James und nickte zu Sallow. "Woran forschen Sie?"
      "Wir forschten über Jahre an dem Sieben-Wege-Tor und seit neuestem an einer Möglichkeit, den Tod zu betrügen. Und wenn Sie etwas tun können, hätte es Gus Ihnen gesagt. Ich glaube eher, dass hierbei lediglich magische Hilfe von Nöten sein wird. Anhaltspunkte gibt es, aber leider nicht viele. Zumal diese, wie Sie sich vorstellen können, eher mythischer Natur sind."
      "Und welche sind das?!"
      "Sind Sie beide mit der mythischen Gestaltung des Todes vertraut?!"
      "Dem Sensenmann?", fragte James und nickte.
      "Genau. Das ist die Anthropomorphisierung des Todes. Freilich geht es also nicht darum, einen Sensenmann aufzugreifen und ihn an etwas zu hindern. Es ist viel eher die Natur des Todes zu ergründen. Der Tod macht uns alle gleich und ist das gerechteste Urteil der Natur und damit etwas göttliches. Viel wichtiger aber ist etwas anderes..."
      "Na und was?!"
      Langsam wurde es nervig.
      "Der Tod ist das Gleichgewicht. Kommen Sie, Hawthorne, denken Sie mit. Ein Gleichgewicht ist in manchen Augen ein Zustand. Tatsächlich jedoch ist aber der Zeitpunkt entscheidend! Sogar sehr entscheidend!"

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    • Entgegen ihrer üblichen Handlungsweise reagierte Ember dieses Mal nicht auf die Sticheleien. Sie trug immerhin den Namen der Familie, dem einst dieses Anwesen gehört hatte und machte sie am ehesten zu einem berechtigten Anwesenden hier. Was dieses Haus doch zu ihrer Domäne machte.
      „Das ist kein Verhör, das ist lediglich eine Nachfrage, wer Sie sind“, korrigierte Ember das vorlaute Weibsbild, doch sie fasste den Becher merklich fester je mehr Worte sie von sich gab.
      Bevor sie sich noch weiter angiften konnten, unterbrach Hawthorne sie erneut und Ember zog sich willentlich aus der Unterhaltung zurück. Ganz offensichtlich hatte das Weib Probleme mit ihr, da sie auf Hawthorne wesentlich zugänglicher wirkte. Musste an der Waffe gelegen haben. Oder einfach daran, wie er seine Fragen rechtfertigte. Ohne ein weiteres Geräusch zirkelte Ember um den Tisch herum zu seiner Seite, machte jedoch keine Anstalten, sich zu setzen. Die Entspannung war ihr wieder vollkommen aus den Gliedern gewichen.
      Das Seufzen, das ein wenig einschlägig klang, erwischte Ember jedoch auf dem falschen Fuß. Ihr Gesicht entglitt nur für den Bruchteil einer Sekunde und sie war froh, keinen Schnaps im Mund zu haben. Dass so etwas einfaches ausreichte, um sie derart zu triggern machte deutlich, wie fertig sie eigentlich war. Keine Ruhe, kein Essen, fast zwischen Arkana geraten. Das war einfach zu viel für einen Abend.
      Also kannten sie sich, bevor Ember ihn im Evenstar aufgesucht hatte. Kein Wunder, damals war August auch noch frei und mit anderen Motiven unterwegs gewesen. Irgendwie keimte in ihr die Hoffnung hoch, dass er sich geändert hatte. Nicht mehr der war, der diese Liz ausfindig gemacht und zu seiner Assistentin gemacht hatte. Sicherlich hatte sie Vorzüge, die Ember nicht besaß. Das galt allerdings auch andersherum.
      Trotzdem wollte sich Ember schütteln, ein jedes Mal, wenn diese Liz diesen Spitznamen benutzte.
      Sie hörte weiter den Erklärungen zu und merkte, wie ihre lahmen Hirnzellen zu arbeiten begannen. Dass der Tod ein Gleichgewicht bedeutete, war offensichtlich. Jeder, der lebte, endete schließlich mit dem Tod. Sie war nicht davon ausgegangen, dass man etwas nicht greifbares wirklich attackieren können würde. Es musste einen Weg drum herum geben, etwas, das...
      Ember stellte geräuschvoll den fast leeren Becher ab. Ihre Augen, die zwar müde aber nicht weniger aktiv wirkten, fixierten Liz. „Halten Sie es für möglich, sinnvoll und machbar, dass man eben jenen Zeitpunkt... verschiebt? Oder besser gesagt, die betreffende Person austauscht?“
    • Amüsiert stellte Liz fest, dass das Gesicht der anderen Frau entglitt, als sie einen Spitznamen benutzte.
      Interessante Wendung, dachte sie und lächelte bittersüß, ehe sie sich kurz zurücklehnte und einen Arm locker über die Lehne ihres Stuhl hängen ließ. Sie konnte sich nicht erklären, wie August sich zu dieser Frau hingezogen fühlte. Offenkundig umgab sie eine Aura von Unsicherheit und letztlich auch Gefahrensucht, wie ihr schien. Also eine Frau, die August sicherlich mögen könnte, aber zumeist endete es alles nun einmal in Chaos.
      Ruhig sah sie zu Ember hinauf, als diese ihre Theorie benannte.
      Innerlich schüttelte sich Liz bei dem Gedanken, das Jemand Unkundiges versuchte, eine komplizierte Theorie derart vereinfacht aufzublasen. Es war kein schlechter Gedanke, aber die Einfachheit dieser Lösung hätte sie beinahe laut auflachen lassen. Austauschen, natürlich. Klar, sie versuchten auch den Tod zu betrügen, aber eine Naturgewalt regelrecht belügen?
      "Nein, nicht verschiebt", schüttelte sie diplomatisch den Kopf. "Auch nicht austauschen. Den Tod zu täuschen ist sicherlich ein Frevel, aber eine Naturgewalt, die ein Gleichgewicht herstellt, das angestrebte Ziel zu nehmen, würde eine Katastrophe auslösen. Aber es ist ein ähnlicher Gedanke, den wir verfolgt haben..."
      James schüttelte den Kopf in ungläubiger Natur. Er verstand mal wieder nur die Hälfte und eigentlich war ihm auch egal, welche Naturgewalten es zu besiegen oder bezwingen galt.
      "Der Zustand des Gleichgewichts wird mit dem Tod von Gus hergestellt. Einen Entzug würde einer Katastrophe gleich kommen. Aber bedenkt man die Tatsache, dass der Zeitpunkt des Gleichgewichts und die Natur des Todes entscheidend ist, ergibt sich eine Möglichkeit. Wäre es möglich, den genauen Zeitpunkt der Gleichgewichtserstellung zu ermitteln und würde man das Gleichgewicht durch einen bestimmten herbeigeführten Umstand früher herbei führen, würde man den Tod als Naturgewalt dazu bringen, sich selbst zu betrügen. Denn ein Gleichgewicht muss zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehen. Besteht es früher oder später, betrügt der Tod sich selbst und wird daher nichtig."
      James sah die junge Frau eine Weile lang an und leerte sodann sein Glas erneut.
      "WAS?!"
      Seufzend schüttelte Liz den Kopf.
      "Vielleicht sollten wir uns alle etwas Ruhe gönnen, bis Gus kommt", murmelte sie.
      "Wartewartewarte!", murmelte James und hob die Hand. "Ihr versucht, den leibhaftigen Tod zu betrügen?!"
      "Genau das", grinste Liz und sah demonstrativ über die Schulter. "Also...Sie sagten, dass Sie sich noch nicht haben umsehen können. Wie wäre es wenn wir das täten und Schlafzimmer beziehen?! Mir scheint, es wird hier länger dauern und mich dürstet, dieses Haus zu erforschen."

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    • Gemächlich richtete Ember sich wieder auf. Der Becher war aus dem Feld ihrer Aufmerksamkeit verschwunden und stattdessen betrachtete sie augenscheinlich noch immer Liz, die einen Teil ihrer bisherigen Erkenntnisse zu Tage förderte. Schließlich legte sich ihre Stirn in Falten während sie das Gehörte verarbeitete. Oder zumindest so weit, wie es ihr angeheitertes Hirn konnte.
      Die Theorie war also, dass der Zeitpunkt relevant war. Mit anderen Worten dann, wenn die Uhr von August ablief und die geliehene Zeit versiegte. Als sie ihn aus dem Reich der Toten zurückgeholt hatten, brachte er das Ungleichgewicht mit und das musste nun revidiert werden. Änderte man den festgelegten Zeitpunkt, dass er nicht nach der geliehenen Zeit endete, warf es das Gleichgewicht wieder durcheinander. Den Zeitpunkt nach hinten verschieben konnten sie scheinbar nicht – dafür hätten sie den Tod austricksen müssen. Also schob man den Zeitpunkt wissentlich nach vorn.
      Bedeutete das, August müsste... eher sterben? Das war alles? Aber dann stünden sie ja wieder vor dem gleichen Problem... Außer...
      Ember rieb sich die Stirn und seufzte. Sie schoss einen Seitenblick zu Hawthorne. „Natürlich versuchen sie das. Hat August doch nie ein Hehl draus gemacht. Was wundert Sie's denn jetzt?“
      Aus dem Stirn reiben wurde das gesamte Gesicht reiben. Vielleicht hätte sie doch keinen Alkohol trinken und damit die schleichende Müdigkeit abwehren sollen. Dann kam doch der Zeitpunkt, wo sie sich auf den nächsten Stuhl sinken ließ und ihre Haltung wieder an Spannung verlor.
      „Ignorieren Sie Hawthorne. Der hat die Schnapsflasche fast allein geleert. Ich habe mich noch nicht umgesehen, er hingegen hat das Haus wohl kurz auf Gefahren untersucht. Mehr aber nicht. Suchen Sie sich meinetwegen ein Zimmer aus, ich werde warten.“
      Mit langen Fingern angelte sie sich die Schüssel mit den Ravioli, die schon merklich an Temperatur verloren hatten. Aber das war ihr mittlerweile egal, sofern sie etwas im Magen hatte, das nicht so widerwärtig wie das Zeug davor war.
      „Schauen Sie sich gern um. Ich mein, das Haus läd ja praktisch dazu ein, es auf den Kopf zu stellen.“ Nur nicht für mich. „Sagen Sie, wenn sie einfach nur dort sitzen, spüren Sie etwas? Fällt Ihnen etwas auf oder wirkt etwas nicht normal?“
      Natürlich suggerierte Ember Liz nicht, was konkret sie bemerken sollte. Sie wollte wissen, ob auch Liz sich beobachtet fühlte. Oder eine seltsame Heimeligkeit in dieser Bruchbude empfand.
    • Eine Weile lang betrachtete Liz Ember und James recht neugierig. Menschliche Kontakte dieser Art machten es ihr wirklich schwer. Der eine, der nicht verstehen wollte und die andere, die verstehen könnte, aber sich nicht dazu ausersah.
      Ruhig erhob sie sich vom Tisch und strich unerklärlicherweise Krümel von ihrer Hose, während sie einen missbilligenden Blick zu Hawthorne warf.
      "Hm, ja, das ist mir wohl aufgefallen. Mr Hawthorne, Sie sollten vielleicht weniger trinken, wenn Sie zum Schutz abgestellt sind."
      Hawthorne grunzte und machte eine wegwerfende Handbewegung.
      "Wissen Sie...", begann er und seufzte. "Wenn Sie scih durch die Scheiße gequält haben, die ich durch habe, würden Sie auch trinken. Also sparen Sie sich Ihren Moralapostel, ja?"
      Liz zuckte die Achseln und stemmte die Hände in die Hüften, die sich erstaunlich prägnant hervor hoben, wenn sie den Pullover an ihren Körper drückte. Sorgsam sah sie sich in der Küche um und lauschte Embers Frage offenkundig halbherzig.
      "Nein, an sich spüre ich nichts", murmelte sie. "Ich bin nicht gut in magischer Detektion, muss ich dazu sagen. Mir liegen andere Sachen. Es wirkt alles recht normal, wenngleich abgewohnt und zerfallen. Gott wie lange hat Niemand mehr in diesem Haus gelebt?"
      Hawthorne schnaubte und erhob sich ebenfalls.
      "Den Unterlagen nach seit etwa den 1890ern. Seither liegt es still und der Besitzer ist unbekannt. Habe bei den Verwaltungsbehörden keine Info dazu erhalten, wer genau dieses Anwesen besitzt. Ich weiß nur, dass rund herum um das Gebäude Magie herrscht."
      "Das ist anzunehmen", flüsterte Liz und legte ihre schmale, beinahe grazile Hand an die Tapete und schloss die Augen.
      "Es ist erstaunlich..."
      "Was genau?"
      "Meine Spezialität ist das Erkennen von magischen Strukturen und deren Schaffung. Und wenn ich hier so berühre...", sagte sie und legte die Hand wieder an die Wand.
      Ein kribbelndes Gefühl nagte an ihrer Handfläche und schoss in die Finger. Ihre Hand wurde in der Sekunde taub.
      "Egal, wer hier lebte...Er oder sie war sehr mächtig. Die Wände strotzen noch immer von Magie als sei gerade erst eine Entladung geschehen...Es ist erstaunlich, dass diese Kraft sich so lange gehalten hat."
      Hawthorne vergrub die Hände in den Taschen.
      "Vielleicht sollten wir uns wirklich hier mal umschauen...Ich meine, das Haus ist groß und irgendwo müssen wir schlafen..."
      "Ich hab mein Feldbett dabei."
      "Pardon", grunzte James und schüttelte den Kopf. "Dann müssen nur Sallow und ich irgendwo schlafen."
      Just in diesem Augenblick öffnete sich erneut die Tür und eisige Luft schoss durch den Raum. Erneut flackerten die Kerzen und das Holz begann zu knacken und zu knarzen, als sich die Tür wieder schwerfällig ins Schloss schob.
      Liz, Ember und James tauschten einen kurzen Blick ehe zumindest Hawthorne mit der Hand an der Waffe um die Ecke lugte.
      "Wurde auch Zeit...", grunzte er.
      Im Foyer stand ein etwas zerfledderter August Foremar. Seine Hose war verschmutzt, sein Hemd regelrecht zerfetzt, sodass sein tätowierter Oberkörper mehr denn je hervor lugte. An der Brust und den Armen trug er Schnittverletzungen und Prellungen, die sich auch auf seinem Gesicht zeigten.
      Das Haar stach vor getrocknetem Blut und eine Wange war von einem Schnitt durchzogen. Generell stach der Zauberer vor Dreck, als wäre er eine Ewigkeit durch die Hölle geritten.
      Grinsend hob er die Hand zum Gruß und freute sich, dass Ember und Liz es geschafft hatten.
      "Entschuldigt, es hat lange gedauert. Man hat noch ein Einsatzteam nach mir gesandt, ich konnte es erst mit Aslaugh abschütteln."
      Zielstrebig wanderte er auf die wartenden zu und grinste Hawthorne an. Sachte berührte er Ember und Liz an der Schulter, wissend, dass er vor Schweiß stand und schüttelte Hawthornes Hand.
      "Ich hoffe, es gab keinen Ärger."
      "Nur den üblichen", grinste James.
      "Und dir?", fragte er zu Ember geneigt. "Wie geht es dir? Bist du verletzt? Was macht die Schulter?"

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    • Ember konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen, als Hawthorne auf seinen Alkoholkonsum angesprochen wurde. Sie versteckte es so gut es ging in ihrer Schüssel Ravioli, die sie noch immer löffelte.
      Jedoch blitzten ihren Augen kurz auf. Liz bemerkte nichts, dafür aber sie selbst und auch James. Entweder war es wirklich nur Zufall oder ihre Theorie bestätigte sich gerade. Dass nur Menschen dieses seltsame Gefühl hier verspürten, Zauberer hingegen nicht. Seltsam...
      „Seit 1890? Das ist ja noch gar nicht so lange her“, murmelte Ember zwischen zwei Teigtaschen. Dann war es gar nicht so abwegig, dass ihr Urgroßvater diese Geschichten erzählt hatte. Wie wahrscheinlich war es, dass er vielleicht tatsächlich dieses Haus noch mit Einwohnern erlebt hatte? Wer von ihrer Familie war hier gewesen und wer nicht?
      Die Theorie von magischer Standzeit war Ember nur am Rande geläufig. Allerdings war auch ihr klar, dass über einhundert Jahre eine verdammt lange Zeit war, um Nachwirkungen zu erzielen. Der Anwender musste unlängst tot oder verschwunden sein. Genauso wenig abwegig war es, dass es ein Sallow gewesen war. Oder eben jemand, der mit ihnen bekannt war.
      Geräuschvoll stellte Ember die Schale ab. „James, Sie können gerne was suchen, wo Sie schlafen. Ich hab doch gesagt, dass ich warten werde. Geben Sie mir zur Not einfach Ihre Waffe, dann pass ich schon auf.“
      Gut, den empörten Blick von ihm brauchte sie kein zweites Mal. Öfter kam es wohl auch erst mal nicht dazu, denn da öffnete sich wieder die Tür und ein kalter Windstoß brachte erneut die Kerzenflammen zum zittern. Sofort war James wieder an der Biegung der Tür und lugte herum ehe seine Anspannung abfiel und seine Worte verkündeten, wer eingetroffen war.
      Ember hätte die Worte nicht gebraucht, denn ein prickelnder Schauer war ihr von Kopf bis Fuß über den Körper gefahren, kaum war die Tür geöffnet worden.
      Sie war die Einzige, die noch am Tisch saß als August um die Ecke trat und in die Runde blickte, um sie kurz zu grüßen. Wenn er schon vor Stunden in der Schwarzen Stadt komplett lädiert ausgesehen hatte, so hatte er nun dem Ganzen noch ein Krönchen aufgesetzt. Sein Haar war von der Kopfverletzung verkrustet, die damals noch frisch gewesen war. Sein Hemd war praktisch nicht mehr vorhanden und zeigte die Prellungen und Schnitte auf seiner Haut. Er sah aus, als hätte man ihn Hunden vorgeworfen, die ihn zerrissen und anschließend durch Morast geschleift hatten. Noch während er zuerst Liz und dann kurz Ember an der Schulter berührte, erhob sich Ember von ihrem Stuhl. Die Erleichterung, dass er es in einem Stück hergeschafft hatte, war unverkennbar in ihrem Gesicht niedergeschrieben. Nachdem er James die Hand geschüttelte hatte, wandte er sich Ember zu, die die Hände auf den rauen Tisch gelegt hatte und den Arkana betrachtete.
      „Alles gut“, beantwortete sie seine Frage, ungewohnt diplomatisch und ohne die schnippische Antwort, wie sie sie sonst gegeben hätte. „Die Schulter wird schon wieder... Kann ich dir irgendwas Gutes tun?“
      Irgendetwas stimmte nicht ganz. Das konnte nicht nur an dem Schnaps liegen, den James ihr angeboten hatte. Sicher, sie fühlte sich abgeschlagen und müde, das Pochen war noch immer da und die Erleichterung hätte ihr beinahe die Füße unter den Beinen weggerissen. Aber sie hatte das Gefühl, festgefroren zu sein. Unter den Blicken Hawthornes und Liz'traute sie sich einfach nicht recht, August so in die Arme zu schließen, wie sie es gerne getan hätte. Ein flüchtiger Blick in Liz' Richtung verwirrte Ember nur noch mehr. So selbstverständlich, wie seine Assistentin da stand, ihn mit Spitznamen betitelte und so tat als kannte sie ihn in und auswendig.... Es knirschte in Embers Innerem, weil sie dieser Bemerkung nichts entgegenzusetzen hatte. Dann sah sie wieder zu August, der sie unverholen anschaute und die vorher gegangenen Worte der Unterhaltung mit Hawthorne schossen ihr wieder in den Sinn.
      Ember sackte wieder auf ihrem Stuhl zusammen und fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht. „Entschuldige, ich bin... einfach nur müde.“
      Müde, geschafft, verwirrt und alkoholisiert.
    • August sah sie einen Moment lang verwirrt an. Und das war gut sichtbar auf seinem Gesicht erkennbar.
      Das verwuschelte Haar wippte einen Moment, ehe er mit einem Schmunzeln Embers Antwort entgegen nahm. War es verwunderlich, dass ihm nach einem Tag voller Kämpfe gerade das Schweinische in den Sinn kam?
      Mühsam nur unterdrückte er die Antwort, die ihm in den Sinn kam und lächelte sie nur schwach an.
      "Ich hatte irgendwie..:Wut erwartet", grinste er. "Nein, ich...Ich komme klar. Liz, hast du..."
      "Jep, Ersatzkleidung ist im Koffer", nickte sie.
      "Danke! Und habt ihr schon Zimmer bezogen?"
      James schüttelte den Kopf und reichte August die restliche Flasche des schlechten Alkohols. Der Zauberer schraubte diese auf und nahm einen gewaltigen Schluck davon, was Liz missbilligend zur Kenntnis nahm.
      "Gott, was ist das für ein Fusel, James?!"; keuchte August und wischte sich über den Mund. Es brannte höllisch, von der Kehle bis zum Darm schien alles von ihm in Brand zu stehen.
      Schwerfällig lehnte er sich an die Tür und seufzte.
      "Das ist guter alter Schnaps, Junge", knurrte Hawthorne. "Und nein, die Zimmer sind noch nicht bezogen. Es gab ein wenig...Vorbehalte..."
      August sah ihn fragend an und dann zu Ember, ehe er zu verstehen glaubte. Eigentlich verstand August nicht wirklich etwas. Das Haus war bestens gesichert, hier gab es doch nichts...
      Ehe er das Wort an Ember richten konnte, kam ihm Liz zuvor.
      "Gus, wir sollten reden", eröffnete sie ihm und kratzte sich spielerisch am Arm. "Ich habe einige Ansätze, die ich noch mit dir durchgehen will, bevor wir uns in die Arbeit stürzen. Und ich habe mit Hakim gesprochen, damit er herkommt und-"
      August hob nur müde den Arm und grinste.
      "Danke, Liz...Aber sei mir nicht böse, ich bin erschöpft. Und ich brauche ein wenig Ruhe. Oben ist ein Schlafzimmer, wie wäre es, wenn du es dir bequem machst und dich einrichtest. Wir...Wir kommen gleich nach."
      Schweigsam sah er zu, wie Liz einen Moment lang zögerte und schließlich nickte. Mit einer kurzen Berührung an Augusts Schulter (, die er mit seiner Hand kurz drückend erwiderte), verschwand die Assistentin nach draußen ins Foyer, um ihren schweren Koffer die Treppen hinauf zu schleifen.
      Eine ganze Weile lang war das "plonk" des Koffers vernehmbar, wenn er gegen die schweren Treppen stieß. Der Widerhall klang beinahe wie eine Trommel, die zur Ruhe gemahnte.
      Hawthorne indes fuhr sich durchs Gesicht und nickte.
      "Alles klar, ich trete auch mal in den Eimer", murmelte er. "Den Fusel nehm ich mit, damit ich diese Beziehungsgespräche aus dem Kopf bekomme. Und sucht euch endlich ein Zimmer! Ich hasse es, Augen und Ohren auf halten zu müssen."
      Grummelnd und murmelnd verschwand auch er aus der Küche.
      August fuhr sich über die Brust und entfernte die Kleidungsreste von seinem geschundenen Leib, ehe er Ember ansah.
      "Also...", begann er. "Willst du mir sagen, was hier vorgeht? Du bist glaube ich, die neugierigste Person, die ich kenne. Ich hatte erwartet, dass die Hälfte dieses Gebäudes schon durchgeschnüffelt ist, wenn ich ankomme. Ich habe beinahe überlegt, ein Räumungskommando zu bestellen, weil ich fürchtete, dass du die Wände aufreißt. Was ist los mit dir?"

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    • Ersatzkleidung. Die Alte hatte sogar Ersatzkleidung dabei.
      Fast hätte Ember laut aufgestöhnt. Stattdessen hielt sie ihr Gesicht lieber in den Händen vergraben und hielt die Situation aus bis sie vorüber war. Wenigstens teilte August ihre Meinung, dass der Schnaps, den James Gott wusste wo ausgegraben hatte, einfach nur fürchterlich war. Lag aber vielleicht auch einfach nur daran, dass süß besser gewesen wäre als brennend bitter.
      Als Liz August wieder mit diesem verteufelten Spitznamen ansprach, zuckte sie merklich zusammen und tauchte aus den Untiefen ihrer Hände auf. Selbstredend hätte sie es nicht gewollt, dass man an ihrem Gesicht ablesen konnte, was sie dachte, und dennoch starrte sie Liz mit solch einer Intensität an, dass man meinen konnte, ihre Augen brannten sich gleich hindurch. Es war einzig Augusts Einwand geschuldet, dass sich ihr Blick umgehend entschärfte und sie noch tiefer in den Stuhl zu sinken schien. Folglich entging ihr das Zögern der anderen Frau nicht. Oder die Berührung an der Schulter des Rogues, die so harmlos war und doch Unbehagen in Ember schürte.
      Dankbar schenkte sie jedoch Hawthorne ein Lächeln, als dieser auch die Segel strich und diesen gottverdammten Schnaps aus ihrer Reichweite entfernte. Sonst hätte sie ihren Becher vermutlich noch mal nachgefüllt, ob sie wollte oder nicht. So stand nun nur noch die leere Schale vor ihr und die abertausend Kerzen, die die einzige Lichtquelle waren.
      Und dann waren Ember und August endlich allein. Hörbar tief seufzte Ember und sah ihm dabei zu, wie er sich die letzten Fetzen seines Hemdes abfriemelte und leider genau zu dem Punkt sprang, über den sie eigentlich gar nicht reden wollte.
      „Ich hätte nicht gedacht, dass du ausgerechnet das Anwesen der Sallows ausfindig machst. Dann ist einfach der Richter im PD aufgelaufen, hat mich weg teleportiert und dann stand ich plötzlich inmitten des Nichts im Dunkeln vor diesem Anwesen und hatte schon so eine Ahnung. August, du hast die Warnung von dem Zaren gehört. Wenn er meine Familie meinte, dann übertrete ich Grenzen, wenn ich hier nur einen einzigen Raum untersuche.“
      Sie deutete mit einem Finger auf den Stuhl neben sich, damit sich der Arkana setzte. Er folgte ihrer Aufforderung, sodass sie einen seiner Arme greifen und auf den Tisch legen konnte. Mit kalten Fingerspitzen untersuchte sie die Schnitte und Prellungen. „Ich hab damals bei dem Sharokh schon nicht auf Warnungen gehört. Ich will das nicht wiederholen und dann endgültig verlieren, was mir lieb ist. Es kann nicht angehen, dass ich ständig mit meinem Dickkopf überall durch will.“
      Sie gab seinen Arm frei und sah ihm das erste Mal in diesem Haus wahrlich ins Gesicht. Da stand keine Wut in ihren Augen, die müder erschienen als üblich. „Liz also. Ich wusste gar nicht, dass du eine Assistentin hast. Die... dir fachlich auch helfen kann. James hat mir gesagt... Oder eher klargemacht... argh.“ Sie wollte sich am liebsten einfach irgendwo in eine Ecke legen und gar nichts mehr sagen. „Sorry, ich hab's nicht verstanden, warum du mich wirklich gefragt hattest, ob ich dir mit den Toren helfen will. Was ich ja gar nicht kann. Weil ich keine Ahnung von der Materie hab, wie LIZsie hat... Dieser Platzhirsch...“
      Sie fing an zu reden, sinnlos vielleicht sogar. Doch während der ganzen Zeit spielten ihre Finger mit seiner Hand. „Ich bin froh, dass du heil da raus gekommen bist.... Das wollte ich eigentlich nur sagen. James hat mich ein bisschen.... überfallen mit dem Schnaps.“
    • August war erschöpft.
      Das konnte man seinem Sein, seiner Art und seinem Körper sichtbar ansehen. Die Prellungen gingen tief und glichen beinahe tiefroten Seen unter der Haut. Die Schnitte waren feiner als ein Messer sie reißen könnte und es erschien doch merkwürdig vertraut, diese Szene, als er seine Arme auf den Tisch legte und sie von Ember untersuchen ließ. Hatte sie medizinische Kenntnisse? Er wusste es nicht.
      Grinsend lauschte er ihrem kleinen Monolog und stützte den Kopf erschöpft auf den aufgerichteten Unterarm.
      "Ja, er hat dich wohl wirklich überfallen", lachte er. "Habe dich selten so viel am Stück reden hören, wenn ich ehrlich bin."
      Ruhig zog er die Augenbrauen in die Höhe und fuhr sich durch das verkrustete Haar. Eine Dusche war bitter nötig, wenn er wieder wie ein Mensch aussehen wollte. Zumindest war er einmal seinem Monster-Image gleich gekommen. August wollte es nicht zugeben, aber der Kampf gegen Ruairi und den anderen Arkana war ihm nicht bekommen und hatte viel seiner Kraft verschlungen. Wie eine hungrige Bestie hatte sich der Kampf an seiner Aura gelabt und er musste darauf achten, sie wieder halbwegs herzustellen.
      "Ich hätte es auch nicht gedacht", sagte er schließlich. "Ich suche bereits seit einiger Zeit danach, doch es war Zufall, dass wir eine Spur erhielten, just bevor der Sitzung mit den Arkana. Und das mit dem Richter tut mir Leid. Ich dachte eigentlich, er würde das ganze ein wenig weniger medienwirksam tun, aber ich habe wohl nicht mit Kjetils Eitelkeit gerechnet. Ich bin nur froh, dass es nicht noch weitere Ausschreitungen gab."
      Hinsichtlich ihrer Befürchtungen musste er etwas kundtun. Er konnte es nicht schon wieder so stehen lassen.
      "Ember...", begann er. "Damals mit dem Sharokh war es ähnlich, ja. Aber ich sage es dir nochmals: Das alles hängt zusammen. Es gibt ein größeres Ganzes, das wir noch vollends verstehen müssen und dazu gehört auch dieses Haus hier. Du kannst dich gerne verkriechen wenn du das möchtest, aber reden wir einmal Klartext!"
      Er sah sie ernst und doch gleichsam liebevoll geduldig an. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
      "Sollte ich es nicht schaffen, meine eigene Zeit zu verlängern, werde ich gehen. Endgültig. Sollte das geschehen, bist du und die hier versammelt die Einzigen, die von dem ganzen Scheiß wissen und etwas dagegen tun können. Auch wenn es Angst macht, Ember, wir alle müssen die uns zugedachten Rollen einnehmen. Die Warnungen des Wesens sind ernst zu nehmen und ich wiederhole mein Angebot von neulich: Sag mir wo deine Familie und alle die du liebst sind und ich werde sie mit allen meinen Kräften zu schützen wissen..."
      Als das Thema auf Liz kam, musste er nochmals lachen.
      "Ich muss ehrlich sagen, dass ich es süß finde, wenn du ein wenig eifersüchtig zu sein scheinst", kicherte er. "Liz ist schon Jahre meine Assistentin und hilft mir bei Forschungen ja. Aber Platzhirsch? Das meinte James also mit Beziehungsgesprächen..."
      Erneut schüttelte ihn ein Lachen.
      "Ach, manchmal braucht man nicht immer fachliche Hilfe. Manchmal möchte ich auch einfach nur Zeit mit dir verbringen, wenn ich ehrlich bin. Und da du schwerer zu halten als ein Sack Flöhe bist, nehme ich was ich kriegen kann..."

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    • „Entschuldigung?! Du hast den Fusel da probiert, den James angeschleppt hat und ich hatte die Wahl zwischen widerlicher Pampe und widerlichem Schnaps. Ich hab den Alkohol gewählt.“
      Ember merkte selbst, dass ihr Mundwerk lose wurde, wenn sie trank. Vielleicht war das aber endlich einfach der notwendige Schlag gewesen, damit sie ehrlich aussprach, was sie dachte.
      „Ganz im Ernst, was hätte ich denn denken sollen, als plötzlich der Richter im PD auftaucht mit dieser Riesin im Schlepptau? Ich wusste nicht, dass er mich hierher bringen sollte.“ Sie gestikulierte flüchtig umher, so als wäre nicht offensichtlich, wo sie waren. „Als er reinmarschiert kam und verkündete, dass er mich verlange, hab ich kurz gedacht, er will doch das zu ende bringen, was er im Saal angefangen hat. Ich hab nicht mal Waffen an mir.“
      Sie breitete die Arme aus und offenbarte das verdreckte Outfit ohne ihre Ausrüstung. Man hatte ihr natürlich alles abgenommen, bevor man sie und Ruairi ins Verhörzimmer gesteckt hatte und so saß sie mit leerem Waffengurt in ihrem hochgeschlossenen Pullover und der praktisch angedachten Jeans vor August. Schlaff sackten ihre Arme einen Moment später wieder in ihren Schoß. Denn froh war sie ebenfalls, dass die Szene nicht noch pompöser ausgefallen war.
      Ihr fielen allerdings ein paar Wörter ihres Redeflusses aus, als sie Augusts Blick sah. Da war wieder diese Ernsthaftigkeit, die nahezu wie in sein Gesicht fest getackert erschien. Diesen Ausdruck kannte sie so gut, dass sie ihn schon als sein Standardausdruck deklariert hätte. Aber nun mischte sich mehr in diesen Ausdruck, weichte ihn auf, machte ihn wärmer. Doch die folgenden Worte bewirkten bei Ember das genaue Gegenteil. Er würde gehen, endgültig. Die Hoffnung, die sie vorhin bei James angesprochen hatte, würde wie Glasscherben ihr Herz verletzen und sie hätte es mit offenen Armen empfangen. Schon mit bloßem Auge sah man, wie sie merklich in sich zusammen sackte und auch die Liebkosungen an seinen Händen einstellte. Ihr Blick verlor sich und senkte sich leicht. Betreten.
      „Okay“, sagte sie kleinlaut. „Morgen. Ich sag dir morgen, wo sich wer aufhält.“ Sie durfte es annehmen. Es war okay, wenn sie das Angebot annahm. Sie hatte es nicht gefordert, nicht erzwungen und manchmal durfte man Hilfe annehmen. Selbst von ihm.
      Ein wenig Feuer kam in ihre Augen zurück, als August sie als eifersüchtig bezeichnete. Oder süß. So recht, wusste sie es nicht, aber es reichte, um seine Hand fester zu drücken. „Nein, der meinte eher was anderes mit den Gesprächen. Aber deine Assistentin kam hier reingeschneit und hat sich erst mal breit gemacht, ohne sich recht zu erkennen zu geben. Gut, vielleicht haben wir uns auch einfach ein bisschen über ihren Spatznamen für dich mukiert...“ Ihre Worte gingen in seinem Lachen unter, was sie hingegen nur noch weiter aus ihrem müden Moloch zerrte.
      „Und was soll das heißen, ich bin schwierig zu halten?“ Provokanter Tonfall, geschuldet den Nachwirkungen des Alkohols. „Frag mich nett, ob ich bleiben kann und dann lässt sich da was einrichten.“
      Sie ließ ihre Finger zwischen seine gleiten.
      „Oft versteh ich nicht ganz, was du über mich denkst. Oder wie du denkst. Manchmal beides. Deswegen musst du mit mir reden, August. James hat mir gesagt, dass ich vergesse zu leben. Mich nur noch in meiner Arbeit verstricke. Aber mit dir könnte das anders sein. In der kurzen Zeit, die wir miteinander verbracht haben, habe ich mich unglaublich weiterentwickelt. Ich will nicht, dass es schon vorbei ist. Nicht, wenn ich nicht einmal weiß, was deine Lieblingsfarbe oder dein Lieblingsbaum ist.“
      Sie sah den fragenden Ausdruck in seinem Blick.
      „Der Baum, oder? Frag nicht, James ist schuld.“ Sie lächelte zurückhaltend.
    • August brauchte einen Moment um die für ihn neue Ember ein wenig zu verarbeiten. Sicherlich lockerte der Alkohol so manche Zunge und machte sie schwer und unausstehlich. Aber diese Ember hier wirkte beinahe erstaunlich frisch und einfach in seinen Augen. Als würde sie sich ein wenig menschlicher zeigen als sie es bisher getan hatte.
      Ruhig nahm er ihre Finger zwischen seine und drückte sie leicht, während er sie anlächelte. Es waren seltene Momente wie dieser, wo sich selbst August mit all seinem Sein und dem langen Leben menschlich und angreifbar fühlte. Und es nicht als schlecht bezeichnete.
      "Das mit den Waffen können wir noch regeln", murmelte er langsam und streichelte mit seiner zweiten Hand über ihre. "Ich sorge dafür, dass man dich ordentlich bewaffnet, für den Fall der Fälle. Und ich kann verstehen, dass Kjetil dich erschreckt hat. Ich hatte nicht viel Zeit als ich den Plan geschmiedet habe. Ich wusste, dass man dich ins PD bringen würde und ich selbst konnte nicht folgen. Ich musste damit rechnen, dass sie mir diverse Teams hinterher senden. Dass es nur eines war, hat mich selbst überrascht, wenn ich ehrlich bin. NUr war selbst das stark genug..."
      Er kratzte sich über einen verschorften Schnitt und seufzte schwer. Natürlich entging ihm das betretene Gesicht der Ermittlerin nicht und er fühlte sich schlecht, es ausgesprochen zu haben. Doch was hätte er sagen können? Nichts, um die Situation auch nur ansatzweise besser zu machen.
      "Morgen", nickte er. "In Ordnung. Hör zu, ich weiß, der Plan klingt aberwitzig und dumm, aber...Aber ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen. Wir haben es bisher immer geschafft. Ich meine, ich bin noch hier! UNd gehe nicht freiwillig."
      Über ihre weiteren Auslassungen begann er lautlos zu lachen. Nur das Zucken seiner Schultern verriet das Amusement, das ihn ereilte. Erst nach einer Weile sah er auf und offenbarte sogar leichte Tränen in seinen Augenwinkeln.
      "Liz ist schon ein sehr...einnehmender Mensch?", begann er und wischte sich eine Träne weg, ohne die Verbindung ihrer Hände zu lösen. "Ich mag es wirklich, wenn du eifersüchtig bist. Und der Spitzname hat sich einfach so ergeben. Ich fand ihn eigentlich ganz lustig. Ich hatte noch nie einen Spitznamen außer Beleidigungen von James."
      Grinsend sah er Ember an und schüttelte den Kopf.
      "Was ich denke...", murmelte er und sah sie wieder offen an. In seinen Augen stand einfach nichts. Als wäre die Last der Kämpfe endlich von ihm abgefallen. "Oder wie ich denke...Ember, ich verstehe es selbst nicht ganz, wenn ich ehrlich bin. Ich weiß nur, dass ich gerne mit dir zusammen bin, auf die eine oder andere Weise. Ich weiß, dass ich deine Suche und irgendwie zu brauchen scheine. Ich mache mir selten Gedanken um Bezeichnungen und Labels. Ich weiß nur, dass es mich wütend machte, zu sehen, dass Ruairi offenbar ähnliche Gefühle für dich hat. Es brachte mich dazu, ihm ins Gesicht schlagen zu wollen..."
      Und nur die Himmel wussten, dass dieser Schlag mehr als nur einen Knochen gebrochen hätte.
      Bei ihrer letzten Anmerkung konnte er nur erstaunt schauen udn den Kopf lachend schief legen.
      "LIeblingsbaum?!", lachte er und schüttelte den Kopf. "Also...Meine Lieblingsfarbe ist Violett und mein Lieblingsbaum ist eine Weide. Das nur dem Protokoll nach. Und es würde mich freuen, wenn es mit mir anders wäre...Ich...Ich habe das damals mit dem verschissenen Berwick ernst gemeint und meine es nach wie vor so...Ich will nicht ewig kämpfen und Teil verschwörerischer VEreinigungen sein..."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Ein klitzekleines Bisschen. Nur so wenig war es, das Ember etwas zuversichtlicher stimmte. Ja, August war noch hier, saß mit ihr an einem Tisch und streichelte gerade ihre Hände, sodass sie hoffte, er würde damit einfach nicht mehr aufhören. Es war leicht, sich nicht auszumalen, wie schwierig ihr Unterfangen eigentlich war. Nur war leicht nicht gleichbedeutend mit völlig vergessen.
      „Ich glaub, ich hab dich noch nie weinen sehen“, sagte Ember mit einer Trockenheit, die noch einmal betonte, wie kurz sie sich eigentlich kannten. So wie August in ihr gerade eine neue Version entdeckte, galt das auch andersherum für sie. „Außerdem möchte ich kurz klarstellen, dass ich nicht eifersüchtig bin, sondern empört über ihre Art, ja?“
      Nebenbei krümmte sie die Finger etwas, die noch immer zwischen seinen Händen gefangen waren, wobei ihre Nägel über seine Haut kraulten. „Dass du sauer warst hat man sehen können. Spätestens dann, als ihr euch fast die Köpfe eingeschlagen habt. Weißt du, er ist aufgetaucht, als du fort warst und ich dachte, du hättest mich nur benutzt. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass er sich für mich interessieren könnte und dann war er einfach immer da. Tagtäglich nebenan im Büro, und er hat ohne es zu wollen dafür gesorgt, dass ich durch diese Phase durchkam. Aber wie du selbst gemerkt hast...“ Ihre Augen glitten über Augusts Gestalt hinweg, die in dem schummrigen Licht noch mehr schwarze Schatten warf als üblich. „Fühlt er immer noch was für mich und es gefällt ihm nicht, dass wir beide zusammen hängen.“
      Träge zuckte sie mit den Schultern. Verständlich war es ja, immerhin war ihr ja auch der Gedanke gekommen, dass Liz und August etwas hatten...
      „Ja, ein Baum. Manchmal hat James auch ganz gute Ideen, jedenfalls wird Smalltalk mit ihm nicht langweilig. Also eine Weide. Das waren doch die Bäume, aus denen man Körbe flechten konnte, oder? So ein Korb aus Weidenästen mit einem lila Band daran...“, sie sponn schon wieder weiter und achtete einfach nicht darauf, ob sie Schwachsinn erzählte oder nicht. Was auch immer August gerade mit ihr anstellte sorgte dafür, dass sie einmal ihren Starrsinn losließ und sich nicht mehr darum scherte, ob ihre Sätze Sinn ergaben oder nicht.
      „Ich weiß. Das mit Berwick. Du hast da dieses Funkeln in deinen Augen, wenn du davon sprichst. Ob du willst oder nicht.“ Mit ihrer freien Hand zeigte sie mittels ihres Zeigefingers auf sein Gesicht und lächelte. „Ich bin natürlich nicht so alt wie du, aber ich kann mir schon vorstellen, dass man irgendwann des Kampfes einfach müde wird. Du hast einmal gesagt, du hättest gern so ein richtig kitschiges, langweiliges Date mit mir haben wollen. Allein daran hab ich schon gehört, dass du eigentlich in den Ruhestand gehörst. Sei dir mit deinen über einhundert Jahren auch gegönnt.“
      Schließlich entzog Ember August ihre Hand vollständig. Aber nur ein paar Sekunden blieb er ohne eine direkte Verbindung zu ihr. „Ist dir nicht kalt?“, fragte sie sanft und strich seinen Arm hinauf bis zur Schulter, wobei sie die schlimmen Verletzungen ausließ. „Meinst du nicht, wir sollten mal schauen, dass wir deine Verletzungen und allgemeinen Zustand in den Griff bekommen? Immerhin wollte LIZ ja noch mit dir was besprechen.... Miss Assistentin. Pah.
    • So you can throw me to the wolves
      Tomorrow I will come back, leader of the whole pack
      Beat me black and blue
      Every wound will shape me, every scar will build my throne

      [BMTH - Throne]

      Etwas war dort.
      Eine Finsternis, die selbst August in sich immer wieder fand und deren Grund es zu finden galt. Wie tief konnte ein Mensch sinken und aus wie vielen Trümmern ließ sich ein Thron errichten. August genoß das raue Kratzen ihrer Nägel auf seiner Haut, die mehr unter den Schmerzen schrie als alles andere. Sein Leib war geschunden und stand kurz vor dem Zusammenbruch, so viel ließ sich sagen.
      Nickend und grinsend sah er Ember an.
      "Empört, natürlich", flüsterte er. "Liz ist nicht gut mit menschlichen Kontakten und es braucht eine Weile, bis sie mit Jemandem warm wird. Also gib ihr eine Chance, okay? Sie kann von großem Nutzen sein. Und ich darf dich beruhigen..."
      Er kicherte.
      "Ich glaube, Ruairi hat mir nicht nur deinetwegen den Schädel versucht einzuschlagen. Ich glaube, er hat einfach seinen Job gemacht und darin ist er erschreckend gut. Vielleicht gibt es doch Hoffnung für einen Krieg gegen Siobhan...Und du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, Ember. Es war eine schwere Zeit und du hast dich nach etwas gesehnt, was ich dir nicht geben konnte."
      Und vielleicht niemals geben kann, dachte August.
      Ruhig lehnte er sich zurück in dem Stuhl und wirkte für einen Moment der Welt entrückt. Eine Finsternis, die er lange nicht mehr gespürt hatte, griff nach seinem Inneren und ließ ihn frösteln.
      "Du hast mich übrigens auch nie weinen sehen, weil ich die Fähigkeit vor einigen Jahrzehnten verloren habe. An dem Tag als meine Familie und meine Freunde verschwanden habe ich geweint. Und danach nie wieder. Zumindest nicht, dass ich mich erinnern könnte. Und Berwick ist mein voller Ernst, wie gesagt! Da ist kein Leuchten, es ist Gewissheit. Ich wollte, bevor die Welt sich eingemischt hat, eigentlich meinen Posten bereits vor sieben Jahren abtreten und mich endlich zur Ruhe setzen. Ich wollte nur forschen und mein Leben leben. Und nicht mehr in Kriegen oder Schlachten kämpfen...Und nun weiß ich nicht wo es enden soll..."
      Ein trauriges, schmerzhaftes Grinsen huschte über sein Gesicht und er sah auf seine Hände, die noch immer die Risse und Prellungen des Abends enthielten. Wie lange wollte er schon nicht mehr? Eigentlich war es doch lange her, dass er sich dazu bereit erklärt hatte...
      Beinahe schmerzhaft kam ihm der Verlust ihrer Hand vor und in seinem Hinterkopf regte sich ein Jucken, das er ignorierte. Ein Gefühl, das er kannte. Oder kennen würde. Auch wenn das Gefühl ihrer Hand auf seinem Arm und seiner Schulter schön war und ihm eine kurze Gänsehaut über den Rücken schickte. Sanfte Berührungen nach Kämpfen waren eine merkwürdige Sache.
      "Ja, ich denke, du hast Recht", murmelte er grinsend und nickte. Sachte und schwerfällig erhob er sich und seufzte. "Also...Wie wäre es, wenn wir dir ein Zimmer suchen? Es ist keine Erforschung, wenn du einfach schläfst. Außerdem habe ich James gebeten, ein Zimmer so herzurichten, das man darin schlafen kann. Ich komme gleich nach, wenn ich mich ein wenig verarztet habe. Und das Gespräch mit Liz, ja...Ja, ich gehe schnell zu ihr. Geh schon vor. Ruh dich aus. Ich komme nach."

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      sallow_sleeping.jpg

      so sieht das Schlafzimmer aus. Nur etwas herunter gekommener. Aber das Bett ist relativ neu bezogen.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell

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