Dusk & Dawn [Asuna & Nico]

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    • Solomon Knight beobachtete ihre Reaktion haargenau.
      Es war kein Geheimnis, dass die Detective unter den Kollegen als versiert und fähig galt. Mindestens genauso wie man sie als kratzbürstig oder gar kalt beschrieb. Nichts von alledem erschien ihm jedoch passend, als er ihr ins Gesicht starrte und ihre Worte zur Kenntnis nahm. Immerhin hatte sie genügend Mumm, um nicht zu kuschen. Das hätte ihn weitaus mehr aufgeregt als eine Kaffeetasse mit zu kaltem Gebräu.
      Er fuhr sich mit den schmierigen Fingern durch das Barthaar und seufzte schwer, ehe er den Kopf schüttelte.
      "Mitnichten ist es ein Zufall, Ms Sallow", sagte er mit fester Stimme. "James Cunningham war der Neffe Ihrer vorherigen Leitung. Der Bruder der verstorbenen Julia Cunningham ist unser derzeitiger Premier wie Sie wissen sollten. Ein Umstand, den ich nicht mag, aber wir werden ihn nehmen müssen. James fiel über seine bisherige Zeit zumeist mit kleineren Alkohol- und Drogenexzessen auf, aber ebenso waren diese zumeist nicht wirklich erheblich. Kleinere Gefängnisstrafen, die vertuscht wurden. Dieses jedoch..."
      Er wies mit dem Kinn auf die Fotos und atmete durch. Das Gesicht des Jungen stand ihm noch immer vor dem inneren Auge. "Dieses hier ist eine Nummer größer."
      Er hatte gewusst, dass ihre Frage MacAllister beinhalten würde. Es war nicht verwunderlich, dass sie nach ihm fragte und auch wissen wollte, weshalb er nicht involviert werden sollte. Und freilich, wenn Knight die Wahl gehabt hätte, so wäre er diesen Weg gegangen. Doch manchmal zwangen einen die Umstände zu etwas anderen Pfaden.
      Solomon nickte und überlegte seine nächsten Worte wohl.
      "Ich möchte, dass das Folgende hier in diesem Zimmer bleibt", begann er verräterisch und sah sich sogar nach beiden Seiten um. Als erwarte er Augen in den Räumen.
      "Wir haben Ruairi MacAllister gestern beschatten lassen von unseren besten Tarnungszauberern. Gestern morgen bekam ich einen anonymen Hinweis, dass Mr MacAllister offenbar einer Art Guerillatruppe der Rogues angehören soll. Vielmehr gab der Tippgeber zu erkennen, dass MacAllister selbst mit hinter den Anschlägen von vor zwei Tagen steckt. Sie erinnern sich? Die Roguefamilie des Richters?"
      Knight blickte in ihre AUgen. Blicken traf es nicht ganz, er fraß sich regelrecht fest mit seinem einen Auge. ALs würde er alles aus ihr herauspressen wollen, was er fand.
      "Ich habe daraufhin eine Art Überwachung veranlasst, jedoch vermochte sich Mr MacAllister aus allen Überwachungsmaßnahmen herauszuwinden, wie es mir scheint. Gestern jedoch..."
      Ein weiteres Foto wanderte über den Tisch.
      Es zeigte Ruairi mit einer Frau, die Ember gut kennen mochte. Sie glichen sich beide wie ein Ei dem Anderen.
      "Wurde er mit Siobhan MacAllister in Kensington gesehen", fuhr Knight fort. "Passanten berichteten, sie hätten gestritten, wären aber dann zusammen in einer Gasse verschwunden. Ms MacAllister steht ebenso im Verdacht wie leider auch Ruairi. Daher geht der Fall an Sie. Es gilt hier einen Kollegen von seiner Schuld zu befreien oder aber zu verifizieren."

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    • Auf den ersten Hörer hin konnte Ember keinen triftigen Grund nennen, dass es speziell ein Angehöriger der Cunninghams sein musste, der sein Leben zu lassen hatte. Eher ging sie mit der Theorie, dass es schlichtweg ein Opfer sein musste, das Verbindung zu hohen Tieren der Politik hatte. Ein Mahnmal. Ein Zeichen. So wie vielleicht auch Tallburn ein Zeichen hätte sein können. Ein weiteres Mal begutachtete Ember das Tatortbild und das Gesicht des Jungen. Dass der Horror auf dem Gesicht der Leiche noch zu sehen war, sprach in der Regel für die Brutalität des Täters. Was auch immer der Junge gesehen hatte, würde ihn bis in sein Nachleben verfolgen. Er war stummer Zeuge von Etwas, dem sie alle wohl nicht begegnen wollten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen empfand Ember kein Mitgefühl für die Opfer. Das ließ sie erst zu, wenn der Fall abgeschlossen war. Zu früh Empathie zu beweisen behinderte ihre Arbeit nur, das hatte sie damals überdeutlich bei Emily zu spüren bekommen.
      Dann verlangte Knight nach Vertraulichkeit. In der Regel war dies nichts ungewöhnliches, dass er sie aber in Bezug auf ihre Frage nach Ruairi verlangte bedeutete, dass er in diesen Fall bereits stärker involviert war, als es gut wäre. Allerdings hätte sie einen anderen Ansatz verfolgt als jener, den Knight ihr nun vorlegte. Sofort trafen ihre Augen aufeinander und es entbrannte ein Blickduell zwischen der Ermittlerin und dem Commissioner.
      Ember war nicht allzu naiv. Vielmehr misstraute sie allem mehr als manchmal gut war. Allerdings besaß sie offenbar Hintergrundwissen, das dem Commissioner fehlte. Sie war sich mit jeder einzelnen Zelle sicher, dass Ruairi nicht hinter dem Anschlag steckte. Dagegen sprach die Art, die er ihr gezeigt hatte als der Vorfall ans Licht kam. Und was noch viel wichtiger war: Sie waren die betreffende Nacht davor zusammen gewesen. Er hatte durch sie ein Alibi und das wusste Knight scheinbar nicht. Also nickte Ember langsam während der Commissioner sie niederstarrte und ganz offensichtlich nach etwas in ihrem Blick suchte, das mehr verriet. Diese Genugtuung würde sie ihm sicherlich nicht geben und so ließ sie die Kälte und Entschlossenheit, die sie am Vorabend bei Perley zur Schau gestellt hatte, die Farbe ihrer Augen bestimmen.
      „Sie lassen Ihren eigenen besten Mann überwachen, den Sie selbst in dieses Präsidium auf diese Stelle gesetzt haben?“, fasste sie kurzerhand noch einmal zusammen, was bisher aus den Worten zu filtern gewesen war. Wie war es möglich, dass noch nicht zur Sprache gekommen war, dass sie Beide eine Affäre hatten? Hatte Ruairi permanent dafür gesorgt, dass sie aus der Realität entschwanden? War er ständig auf Alarmstellung gewesen, wenn er mit ihr zusammen gewesen war?
      Unaufgefordert wanderte ein neues Foto über den Tisch und wechselte den Besitzer. Dieses Mal jedoch musste Ember härter darum kämpfen, dass man rein gar nichts in ihrer Mimik ablesen konnte, als sie zweifellos Siobhan mit ihrem Bruder auf dem Foto erkannte. Es war erstaunlich gut aufgenommen und es müsste schon jemand sehr talentiertes dran gewesen sein, um es zu faken.
      Kontrolliert atmete Ember einmal tief durch. „Normalerweise würde ich behaupten, dass es rein gar nichts Schlimmes hat, wenn sich zwei Geschwister auf offener Straße treffen. Und ehrlich gesagt finde ich Streit zwischen Geschwistern auch nicht unnormal. Mein Bruder und ich kriegen uns auch regelmäßig in die Haare.“ Allerdings waren die Sallows auch nur Menschen und keine S-Klasse Zauberer. „Sie vermuten also, dass sich die Beiden zusammen auf die Jagd gemacht haben und James getötet haben? Soweit ich weiß dürfte James als Caster registriert sein, wenn er wie Julia magisch befähigt war. Ich glaube nicht, dass eine ominöse Gruppierung hinter einem Caster her sind, der noch nicht einmal ein Amt bekleidet. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, direkt nach einer Führungsperson zu trachten? Gerade wenn man in Betracht zieht, zu was die MacAllister Zwillinge fähig sind?“
      Knight würde nicht einen kleinen Fitzel von ihr bekommen, der darauf deutete, dass Siobhan die Welt war. Dass Ruairi sich deswegen mit ihr in den Haaren hatte. Aber das war deutlich vor dem gestrigen Vorfall gewesen. Ergo hatte Ruairi den Kontakt zu seiner Schwester ein weiteres Mal gesucht und Ember nichts davon gesagt. Und dann war da noch die Frage mit dem Tippgeber. Irgendwer hatte den Caster scheinbar auf dem Schirm.
      „Ich sehe, was ich tun kann“, konkludierte sie schließlich und ließ die Mappe in ihrem Schreibtisch verschwinden. „Nachdem ich meinen Täter gefunden habe.“

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Knight sah sie eine Weile an und seufzte schgwer, ehe er sich zurücklehnte, sodass der Stuhl leicht knarzte.
      Auf seinem Gesicht stand eine süffisante Note, konnte man meinen, ehe sich seine Augenbraue ernst zusammenzog und er den Kopf schüttelte, sodass das längere Haar leicht im Gegenwind wehte. Dem schmal geschnittenen Anzug, den er trug wirkte beinahe unter Spannung als er einatmete, um auf ihre Fragen zu antworten.
      "Ich lasse den Mann bewachen, der mit seinen Fähigkeiten eine nationale Gefahr sein könnte, ja", nickte er und brach den Blickkontakt mit der Detective. "Und glauben Sie nicht, dass ich mich wohl dabei fühle. Aber die Indizienlast ist beinahe erdrückend."
      Hinsichtlich ihrer Ausführung musste er sie kurz unterbrechen.
      "Sie missverstehen da etwas, Ms Sallow", begann er. "Das Problem an diesem Mord ist nicht die Tatsache der Identität des Opfers. Mit Sicherheit ist es kritisch, den Sohn eines Staatenführers zu töten, aber dies ist nur ein Opfer unter Vielen, wenn ich es einmal so sagen darf. Das Problem ist die simple Tatsache, dass Mr Cunningham kein Zauberer war. Weder Rogue noch Caster. Er war ein einfacher Mensch, der offenbar von einem Zauberer getötet wurde und selbst Sie müssten erkennen, dass dies eine beängstigende Parallele zu den bisherigen Morden an der Roguefamilie trägt."
      Knight erhob sich mit einem kurzen Schlag auf die Knie und schob den Stuhl geräuschvoll zurück.
      "Das Problem an dieser ganzen Sache ist die Tragweite dieses Mordes. Mr Cunningham ist einer von Vielen, aber nun ist es ein Mord von einem Zauberer an einem Menschen. Einem hilflosen Mann, der offenbar grausam verstümmelt wurde. Ich kann die Presse noch eine, vielleicht zwei Wochen hinhalten, aber sobald es öffentlich wird, werden sich auch die Feindesparteien bewegen und ihre Schritte planen. Und wenn wir bis dahin nicht Handfestes haben, fürchte ich, dass wir auf einen Bürgerkrieg zu laufen", verkündete der Commissioner und stopfte die Hände in die Hosentaschen.
      "Glauben Sie nicht, dass es mir gefällt, MacAllister überwachen zu lassen", sagte er schlussendlich. "Ich finde es zum Kotzen, dass ich das tun muss. Aber es ist die einzige Chance, diesem Chaos Herr zu werden."
      Mit diesen Worten ließ er sie grübeln und nahm ihre Zusage an.
      Als Knight die Tür hinter sich schloss, atmete er durch und sah den Korridor hinauf. Er wirkte beinahe erleichtert, endlich aus dem Büro heraus zu sein und war dankbar, dass man die silberne Pistole nicht gesehen hatte, die er unter der Jacke trug. Wer konnte denn schon wissen, wann man sie brauchte.

      Weitere 2 Stunden später - PD

      Ruairi freute sich.
      Es hatte länger gedauert als gedacht, Oliver Brown in all dem Chaos zu finden, dass er zu hinterlassen wusste. Doch mit ein paar Passanteninformationen und Nachbarschaftsfeindschaften wurden sie recht schnell auf eine Wohnung in der Stadt aufmerksam. Beim Betreten des Treppenhauses hatte seine Eingriffstruppe recht schnell verifizieren können, dass es sich um Browns Wohnung handelte. Alleine anhand der Aura, die emittiert wurde.
      Der Zugriff selbst gestaltete sich als recht unspektakulär, sodass sie zeitig zum PD zurückkehren konnten. Während Piper und ein weiterer Mitarbeiter den Verdächtigen in die Verhörräume brachte, war Ruairi nach oben geflizt und hatte an Embers Büro geklopft.
      "Hey!"; sagte er fröhlich und grinste breit. "Alles in Ordnung? Ich hab deinen Verdächtigen unten!"

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    • Embers Blick blieb starr auf ihren Vorgesetzten gerichtet. Es gab ab diesem Zeitpunkt zwei Möglichkeiten. Entweder hatte Knight Ruairi erst beschatten lassen, nachdem diese Vorfälle geschehen waren und ein gewisses Misstrauen geweckt worden war oder er hatte es schon länger getan und niemanden etwas darüber verraten. Träfe Ersteres zu, widerspräche es direkt seinem Argument, eine potenzielle Gefahr von nationalem Level zu überwachen. Denn dann müsste er auch längst Siobhan beschatten lassen und das stand nun völligst außer Frage. Viel spannender war da dann der Punkt, dass der Commissioner nicht nur bei Ruairi, sondern auch bei seiner Schwester von einer Verbindung zu Rogues wissen wollte. Einer Verbindung, von der nicht mal ihr eigener Bruder etwas wusste. Auch hier war die Frage: Wahrheit oder Lüge? Der Mann war schwieriger zu lesen als alle anderen.
      Als Knight Ember jedoch unterbrach und klarstellte, worin das eigentliche Problem lag, wanderten ihre Augenbrauen unweigerlich in die Höhe. Ein Mensch war James Cunnigham gewesen. Kein Zauberer und somit genau das, was es brauchte, damit die Menschen auf die Barrikaden gingen. Es war eine Sache, wenn Rogues starben. Eine andere, wenn Menschen es durch Zaubererhände taten. Was allerdings wirklich die Farbe aus ihrem Gesicht trieb war die Erkenntnis, dass sie beinahe die gleiche Rolle eingenommen hatte. Und die Tatsache, dass das erste Opfer in ihrem Fall auch ein Mensch gewesen war, getötet durch die Hände eines Rogues. Wieso war der Fall nicht dermaßen zerrissen worden? Die Bevölkerung war zu diesem Zeitpunkt längst alarmiert gewesen...
      Was jedoch noch schlimmer war, war der Punkt, dass ein Vorgesetzter, der seinen Mitarbeitern misstraute, auch ihr misstrauen würde. Knight würde keine umfassenden Vorsichtsmaßnahmen ihr gegenüber treffen so wie er es bei Ruairi, einer echten Gefahr, tat. Aber wer konnte ihr versichern, dass Knight nicht auch sie überwachen ließ? Sie als etwas einstufte, das man als Gefahr für was auch immer einordnen konnte?
      Als sich Knight verabschiedete, war Embers Blick mehr als nur unterkühlt auf die sich schließende Tür gerichtet. Plötzlich ergab es umso mehr Sinn, dass man sie vor diesem Mann gewarnt hatte und ihr Misstrauen ihm gegenüber erreichte neue Höhen. Wie sie vermutet hatte würde sie ihm nichts anvertrauen, was auch nur in irgendeiner Weise pikant sein könnte. Wie beispielsweise Jasper oder den Aufenthaltsort von Noland oder das Wissen um die Welt. Wenn Knight also wusste, was sie des Nachts so trieb – welchen Grund hatte er, um sie unbehelligt laufen zu lassen?

      Weitere zwei Stunden später

      Zwei Stunden hatten nicht ausgereicht, als dass Ember sich aus ihren Gedanken losreißen konnte. Ohne es zu wollen hatte sie damit begonnen, jede Ecke ihres Büros schief anzusehen, so als befände sich dort eine versteckte Kamera. Paranoid konnte man leicht werden und da war es eine willkommene Abwechslung Ruairis frohlockendes Gesicht in der Tür zu entdecken, die er strahlend aufzog. Auf seine Nachfrage hin verbog sich Ember, um so zumindest ein bisschen hinter Ruairi in den Flur zu spähen. Sie nutzte keine Worte, dafür aber ihre Mimik um ihm zu bedeuten, dass etwas vorgefallen war.
      „Würde ich dir in einer ruhigen Minute mal erzählen. Ihr habt ihn tatsächlich in einem Stück? Und er lebt noch?“
      Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass es ein größerer Akt würde, den Kerl zu fassen. Solch ein Terrorist sollte doch entsprechen aufbegehren. Doch während Ember zusammen mit Ruairi die Treppen ins Erdgeschoss zu den Verhörräumen nahm und er ihr berichtete, wie es vonstatten gegangen war, staunte sie nicht schlecht. Oliver Brown war ein völlig durchschnittlicher Mann Mitte Vierzig. Er hatte nicht einen Funken Widerstand geleistet, als man ihn abführen wollte und hatte nicht einmal besonders viel gesagt. Völlig entgegen dem, was sie angenommen hatte.
      Als sie beide das Verhörzimmer 2 betraten, fanden sie Oliver Brown mit einem Pappbecher mit Wasser in der Hand am Tisch vor. Man hatte ihm antimagische Fesseln angelegt, die seinen Aurenfluss störten. Trotzdem kam Ember nicht drum herum, den Mann sprachlos anzustarren. Er war eine hagere Gestalt, das Gesicht eingefallen und die dunklen, langen Haare hingen ihm fettig ums Gesicht, so als habe er sie tagelang nicht mehr gewaschen. Die Augen waren gerötet, die Brille mit den großen Gläsern vergrößerten sie nur noch weiter. Ein Stoppelbart krönte den Abschluss und sein Blick wirkte seltsam starr als er zuerst Ruairi feindselig anstarrte und dann zu Ember sah. Als sich ihre Blicke trafen, weitete sich sein Blick und er stellte in Zeitlupe den Becher ab.
      Indes verschränkte Ember die Arme vor der Brust. Hinsetzen stand nun außer Frage. Dieses Würmchen hatte versucht, sie umzubringen? War der Mörder von zwei unschuldigen Menschen?
      „Wie Sie sehen hat Ihr Versuch nicht geklappt“, brach Ember die Stille nach einem Moment, als Ruairi die Tür geschlossen hatte. „Kein schlechter Versuch. Leider kenne ich nur die richtigen Leute.“
      „Es gibt niemanden bei der Polizei, der es hätte lösen können. Wie?“ Seine Stimme war leise und wirkte brüchig, wenn auch entschlossen. Eine seltsame Kombination. „Ich habe es vorher geprüft.“
      „Offensichtlich kann man nicht immer alles prüfen. Aber immerhin geben Sie damit zu, dass der Brief von Ihnen ist.“
      „Wieso sollte ich es leugnen? Ich stehe zu meiner Überzeugung und Fähigkeiten. Ich habe Ihren Kollegen schon gesagt, dass ich ungefährlich bin solange sie nichts von mir lesen.“ Er schob den Becher mit einem Finger von sich weg und wirkte fast ein wenig beleidigt.
      „Ungefährlich würde ich nicht nennen, was Sie können“, meinte Ember nüchtern und tippte sich an ihre Schläfe. „Sie haben geschafft, dass sich Tallburn selbst richtet und ein Zivilist sich erhängt. Wie genau haben Sie das angestellt?“ Embers Blick fiel auf einen Zipbeutel auf dem Tisch. Darin befanden sich Briefpapiere und ein seltsam wirkender Füller aus mattschwarzem Material. „Damit haben Sie's geschrieben?“
      Oliver nickte. „Das Artefakt habe ich vor Jahren auf dem Schwarzmarkt besorgt. Meine Magie lässt die Ängste und Befürchtungen von Menschen beinahe real werden. Das geht allerdings nur über entsprechend aufgesetzte Schriftstücke. Sie haben den Brief komplett gelesen, richtig? Hätten Sie den Abschluss nicht gelesen, dann wäre Ihnen rein gar nichts widerfahren. Aber in der Regel lesen Menschen ihre Briefe von Anfang bis Ende, wenn es keine Werbung ist. Muss man nur ausnutzen.“
      Ein abfälliges Geräusch entkam Ember bevor sie es zurückhalten konnte. Er berichtete so banal davon, wie er Menschen systematisch und gezielt tötete. Wohl bewusst, dass es nur wenige gab, die diesen Einfluss lösen konnten. „Wonach haben Sie ihre Ziele ausgewählt?“
      Da sah er einen kurzen Moment zu Ruairi hinüber ehe er seinen Blick auf Ember richtete. Seine Augen wanderten über ihren Körper hinweg und sie hätte ihn beinahe ermahnt, es zu unterlassen. „Der Erste war bloß eine Übung. Er hat sie nach ihrer Trennung gestalked und das nicht zu wenig. Sie hat im Netz ein paar persönliche Daten zu ihm preisgegeben und dann war es ein leichtes, ihn auszuschalten. Als es funktioniert hat und ich die Todesanzeige gelesen habe, konnte ich zu größeren Zielen wechseln. Und ganz ehrlich, was hat sich diese Tallburn eigentlich eingebildet? Wie kann sie darauf plädieren, die Arkana wegen einer Aktion enger in die Gesellschaft zu etablieren? Das ist völliger Wahnsinn! Wir gehören einfach nicht in eine gleichberechtigte Gesellschaft, ihr Nichtmagischen und wir sind von der Evolution auf eine völlig andere Stufe gestellt worden! Es hätte nie -“
      „Ihnen ist klar, was Sie mit Ihrer Aktion bewirken?“, schnitt Ember ihm hart das Wort ab und die Kälte war aus ihrer Stimme nicht mehr wegzuhören. Sie hasste diesen Mann nicht, aber die Abneigung gegenüber dem, was er getan hatte, war unübersehbar. Eine gewisse mentale Einstellung legte sich an den Tag und ähnelte frappierend dem, mit dem sie Perley beim Training begegnet war. „Sie haben nicht nur eine hochrangige Politikerin getötet, Sie haben auch noch einen Menschen als Rogue umgebracht. Sie hätten beinahe mich umgebracht nachdem die Bevölkerung weiß, dass ich am Fall ermittle. Wenn rauskommt, dass ein Rogue einen Menschen und dazu noch eine Polizistin auf dem Gewissen hat, haben Sie einen Aufstand provoziert.“
      Da zuckte Oliver einfach nur träge mit den Schultern, als sei dies nicht die Welt. Lässig lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete das ungleiche Paar. „Schon spannend, wie Sie hier einfach so zusammen arbeiten können. Sind Sie beide noch nicht an dem Punkt angekommen, dass Sie dem jeweils anderen einmal misstraut haben und nicht wussten, wieso das so ist? Haben Sie einen Augenblick lang einen Gedanken daran verschwendet?“
      Embers Kiefermuskeln mahlten. Vor sich hatte sie einen ausgewachsenen Psychopathen sitzen, unfähig auch nur irgendwelche Empathie zu empfinden. Er hatte gestanden, die Morde begangen zu haben. Ihnen erklärt, wie es funktionierte. Das Tonband, das die ganze zeit mitgelaufen war, hatte dieses Geständnis lückenlos aufgezeichnet. Sie hatten alles, was sie brauchten, um eine Anklage problemlos durchzubekommen.
      „Immerhin sind Sie geständig und können den Rest Ihres Lebens im Knast verbringen“, murrte Ember und nickte zu Ruairi als Zeichen, dass sie gehen würden. Mehr gab es hier nicht zu holen. Damit war die Akte geschlossen.
      Draußen vor dem Zimmer holte Ember einmal tief Luft. Sachte schüttelte sie den Kopf ehe sie zu Ruairi blickte. „Ich glaube, ich brauch darauf erst mal einen Kaffee. Und dann sollten wir in unserer Freizeit über eine Kleinigkeit reden, die mir Kopfschmerzen bereitet. Später.“
      Damit setzten sich die beiden Leiter in Bewegung auf die Jagd nach dem Koffeinkick und um die Unterlagen für die Anklage einzureichen.

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      Ember wird Ruairi erzählen, dass Knight ihn überwacht. Wenn sie sicher ist, dass sie nicht überhört werden können. Sie erwähnt nichts von der Verdächtigung wegen eines Roguekreises oder den Tod James Cunninghams. Sie erklärt es damit, dass er ihn als potenzielle Gefahr ansieht angesichts der aktuellen Entwicklungen mit den Aufständen. Außerdem, dass er ihr einen Besuch in ihrem Büro abgestattet hatte und sie den Rat zu Herzen genommen hat, ihm zu misstrauen. Außerdem fragt sie ihn, ob er in der letzten Nacht wirklich mit Siobhan zusammen war oder ob das vorgelegte Foto ein Fake war.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Ruairi lächelte kurz und verfolgte das Verhör in dem Raum beinahe teilnahmslos passiv.
      Wie sollte er auch anders reagieren? Es war Embers Fall und es fühlte sich falsch an, dort einzugreifen, wo sie selbst am Sichersten erschien.
      Schweigsam lauschte er dem Geständnis des merkwürdigen Mannes, den er unvoreingenommen als Psychopathen einschätzen konnte. Es stand keinerlei Empathie dem entgegen, womit Ember ihn konfrontierte und würde vermutlich nicht mal auftauchen, wenn man es ihm ins Gesicht prügelte.
      Schweigsam lauschte er der letzten Frage des Psychopathen und schüttelte umgehend den Kopf. "Nicht einmal", murmelte Ruairi und lächelte den Mann entschieden an.
      Auch wenn er sich wunderte, dass Ember nicht bestätigte, was er getan hatte. Wieso? War sie vielleicht anderer Meinung?
      Eine kurze Zeit später sollte Ruairi MacAllister erfahren, weshalb sie derartig reagiert hatte. Als sie den Raum verließen und Embers Trieb nach Koffein befriedigt hatten, hatten sie das PD verlassen. Auf besonderen Wunsch nach Ruhe hin, hatten sie den Weg in den nahen Park eingeschlagen und Ruairi hatte sich vergewissert, dass sie unbeobachtet und unbelauscht waren.
      Erst danach lauschte er Embers Worten mit wachsender Sorge und gleichsamer Gefühlsaufwallung seinerseits. Die Tatsache, dass der Commissioner ihm offenbar nicht traute, war eine Sache. Aber eine ganz andere, dass er Ember mit hinein gezogen hatte und sie nun an ihm zu zweifeln schien.
      Das hieß: Tat sie das eigentlich? Sie fragte ihn doch nur...War eine Frage ein Misstrauen? Eindeutig ja, dachte Ruairi und seufzte, als sie ihren Bericht geendet hatte.
      "Das ist...Also ich meine...Das ist der Hammer, Ember", murmelte Ruairi. "Weshalb sollte ich eine Gefahr sein? Ich meine, ich kläre Verbrechen auf und ich-"
      Bei der Vorlage des Fotos musste er stutzen und endete seinen Satz mit einem kurzen Schnappatmer. Und mit einem Mal stand eine Erkenntnis in seinem Gesicht, die ihn schmerzte. Es war tatsächlich Misstrauen, oder?. Auch wenn der Rat von Knight kam, hatte sie ihn zu Herzen genommen und all das schmerzte Ruairi, auch wenn sie die Fragen stellen musste. Selbst um ihn reinzuwaschen. Schweigsam atmete er zweimal durch und erhob sich von der Bank, auf der sie Platz genommen hatten.
      "Weißt du...", begann er. "Ja, ich habe meine Schwester getroffen. Nach den Dingen, die du mir erzählt hast, musste ich wissen, was da dran war und habe sie aufgesucht. Wir haben gestritten, ja! Das tun Geschwister nun einmal ab und an. Aber ich habe keinen Anschlag oder dergleichen geplant. Wir haben über ihre Beteiligung bei den verfluchten Arkana gesprochen und dass ich enttäuscht von ihr bin. Anschließend sind wir in einer Seitengasse verschwunden und haben in einer kleinen Bar ein Bier getrunken. Ich habe mit diesen Morden nicht das Geringste zu tun."
      Er konnte den wütenden Unterton nicht heraus lassen, auch wenn es eher nach Schmerz klang, der sich hinauf arbeitete. Erneut wurde er verdächtigt, nur weil er Kräfte jenseits des Vorstellbaren besaß. Erneut gehetzt...in Zweifel gezogen...
      "Du weißt hoffentlich, dass ich niemals einem Menschen willentlich etwas antun würde. NUr ist es leider allzu leicht, einen S-Klasse Zauberer zu verdächtigen. Ja, wenn ich wollte, könnte ich dieses Gebäude da zu Klump schlagen und es wieder aufbauen. Und das alles in unter fünf Minuten. Aber warum muss man sofort unter Verdacht stehen, sobald man etwas kann? Ich verstehe es wirklich nicht. Ich habe nie willentlich einem Menschen Schaden zugefügt und denselben Eid wie ihr alle geschworen. Und dennoch verdächtigt er mich?"
      Er ließ es und Ember so stehen wie die Dinge nun mal waren. Es blieb dabei, dass er enttäuscht und gleichzeitig erschüttert war. Als würden Indizien ausreichen!
      "Wir sollten zurück gehen. Es warten noch ein paar Mörder auf mich", murmelte er.

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      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von NicolasDarkwood ()

    • - Sorry für den Doppelpost, aber so war es übersichtlicher -

      ARC III
      Kapitel 1: Die Löcher in der Menge


      Fünf Tage später
      Metropolitan PD


      Der Fernseher in der Lobby des PDs flackerte verräterisch. Vermutlich hatte Jones erneut die Wartung verpennt, aber Ruairi MacAllister war sich nicht sicher, ob dem so war. Genau wie drei weitere Kollegen stand er vor dem flackernden Gerät, das an einem Standbein in der Ecke hing und lauschte den Nachrichten, die sie seit anderthalb Wochen beschäftigten.
      Eine attraktive junge Frau nahm einen Stapel Papier vor ihrem Seidenkostüm auf und sah starr in die Kamera.
      "Großbrittanien - Die Berichte um weitere Todesfälle, die in Verbindung mit dem viralen Spiel "Dices" steht, häufen sich. Zwischenzeitlich wurden von der Metropolitan Police in London nahezu 25 Todesfälle von Jugendlichen im Alter von 12 - 22 Jahren gemeldet. Die Polizeistationen in Manchester und Birmingham melden nahezu dieselben Zahlen. Es ist den Experten noch immer ein Rätsel, wie die Jugendlichen an das Spiel herankommen. Über diverse Social Media Accounts wird derzeit versucht, eine Kontaktmöglichkeit herzustellen, jedoch bislang ohne Erfolg. Sachdienliche Hinweise bittet die Polizei, an die unten stehende Nummer weiterzuleiten und sich möglichst von dem Spiel fern zu halten.
      Von Seiten der Regierung wird empfohlen, die eingerichteten Schutzstellen für Eltern aufzusuchen, sobald Ihr Kind mit dem Spiel in Berührung kommt. Sollten Sie einen rötlichen oder gelblichen Würfel in dieser Form sehen, bittet die Polizei um umgehende Meldung. "


      Die Frau unterbrach sich kurz und atmete durch.
      Es folgte der Wetterbericht.




      Spoiler anzeigen
      Es sind 5 Tage vergangen. Ember hat den Tatort des Mordes an Cunningham besichtigt, jedoch nicht viele Hinweise gefunden. Einziger Hinweis war die gekrümmte Fingerstellung des Opfers, die einen Würfel oder kleines Objekt impliziert. VOn den 25 Toten des Spiels hat Ember beinahe 10 gesehen. Sie alle trugen keine Spuren an sich und den gleichen Horror im Gesicht wie Cunningham. Von den 25 Opfern waren etwa 12 Kinder bis 16 Jahre. Ember ist mit der Ermittlung betraut worden. Ruairi wurde mitbeteiligt, jedoch unter ihrer BEfehlsgewalt. Er hat es hingenommen, auch wenn er sich merkwürdig vorkommt. Ruairi hat sich auch etwas beruhigt. Knight hat Ember seitdem nicht mehr kontaktiert.
      Ember hat heute Abend eine Trainingseinheit mit Perley zur Vertiefung. (Kann auch schon um sein)

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    • Wie erwartet war der Fall um Embers Briefmörder, wie man ihn nun in den Akten nannte, gelöst. Die Anklage war lupenrein gewesen und anhand seines Geständnisses musste es keine weiteren Aussagen von Oliver Brown geben. Es fehlte also nur noch das Gerichtsverfahren, in dem er höchstwahrscheinlich schuldig gesprochen und im Gefängnis eingebuchtet werden würde. Alles gut gelaufen, wenn man es nüchtern betrachtete.
      Danach hatte sich Ember wie aufgetragen mit dem Cunningham-Fall beschäftigt. Wie befürchtet hatte es am Tatort selbst nicht sonderlich viele Hinweise gegeben. Lediglich eine Hand, die die Finger seltsam verkrümmt aufwies, war verdächtig. Und während sie noch so überlegt hatte, was der Junge wohl gehalten haben mochte, kam die Lösung dafür wenige Tage später, als sich immer mehr Todesfälle häuften. Das Ding, was sich womöglich in seinen Händen befunden hatte, war einer dieser ominösen Würfel gewesen. Die Berichte begannen sich zu häufen und innerhalb der nächsten drei Tage war das Präsidium regelrecht überlaufen mit Meldungen und verunsicherten Eltern. Man hatte – entgegen ihrer Vermutung – doch Ruairi mit in den Fall gezogen, allerdings ihr direkt unterstellt. Was seltsam war, für das Image aber vielleicht genau richtig. Deswegen sagte Ember auch nicht dagegen, obwohl es ihr zuwider war, dermaßen missbraucht zu werden.
      Und ob sie es wollte oder nicht, sie wurde mehrmals an die drei Caster erinnert, die sie befragt hatte zu dem Unfall mit der Familie des Richters. Ihre Zeit wurde langsam aber sicher knapp und mehr als die mögliche Verbindung mit dem Würfel, der vielleicht gar keiner gewesen war, hatte sie nicht. Und natürlich die Worte Bei neun und drei ist der Nächste an der Reih'. Was damals wenig Sinn ergeben hatte, schien jetzt mit den Würfeln plötzlich gefährlich nah dran zu sein an dem, was geschehen war. Wie jedoch ein Onlinegame mit der Realität korrelieren sollte, war ihr nicht ganz klar. Selbst wenn sie das Wort Realität in einem Atemzug nannte, mit dem sie Ruairis Fähigkeiten betitelte.

      Ember war im Fall des Richters nicht weitergekommen. Stattdessen hatte sie nur noch eine Woche ehe die Versammlung wieder aufgenommen wurde und sie Beweise präsentieren müsste. Die Zeit drängte in zu vielen Aspekten und langsam fasste sie den Plan, die drei Caster wirklich zu verschleppen und der Versammlung vorzuwerfen. Einfach nur, damit Prestegard sie nicht auch noch einen Kopf kürzte.
      Apropos kürzen – während der verstrichenen anderthalb Wochen kam Ember nicht dazu, dem Dusk and Dawn einen Besuch abzustatten. Einerseits weil sie fürchtete, doch beschattet zu werden und anderseits weil sich die Berichte regelrecht überschlugen. An diesem Mittwochabend, gerade nach Feierabend, fand sie endlich die notwendige Zeit und Überwindung, doch der Detektei einen Besuch abzustatten. Erst recht, nachdem sie einen ungehaltenen Perley an der Strippe gehabt hatte, der scheinbar wie auch immer an ihre Nummer durch August gelangt war.
      Also traf sie gegen 20 Uhr am Dusk and Dawn ein in ihrer unauffälligen Freizeitmontur, bestehend aus einer Blue Jeans sowie einem einfachen Pullover, den sie wie immer unter ihrem Mantel versteckt hatte. Dieses Mal klopfte sie nicht an sondern verschwand möglichst schnell im Gebäude, weg von der neugierigen Straße. Noch während sie ihren Mantel aufhängte erspähte sie Jasper in einem der Sessel, den Blick auf sein Smartphone gerichtet. „Hey Jasper, alles gut?“
      Der junge Rogue reagierte zunächst nicht. Erst einen Moment später sperrte er sein Handy und ließ es in seine Tasche gleiten. Er lümmelte halb über den Sessel, um zu der Detective sehen zu können. Er wirkte entspannt, weniger gestresst und vor allem weniger unwillig. „Klar. Bis auf die Nachrichten, die dafür sorgen, dass ich mein Handy kaum noch angucken will.“
      Ein schmallippiges Lächeln glitt über Embers Gesicht hinweg. Jasper fiel genau in die kritische Schiene, aber wenn es irgendetwas mit Magie zu tun haben musste, dann wäre er derjenige, der es als erstes im Kontakt bemerken würde. Vielleicht war er ja sogar immun – wer konnte das schon sagen.
      „Wie geht’s dir eigentlich? Hast du dich hier halbwegs eingelebt?“, fragte sie und schlenderte langsam zu den Sesseln hinüber. Noch war nirgends eine Spur von Perley oder sonst wem zu sehen.
      Jasper zuckte mit den Schultern. „Ich werde ja genötigt, doch zur Schule zu gehen. Aber wenigstens meidet man mich als creepigen Kerl ohne Eltern.“ Es sollte locker klingen, doch er verfehlte den Tonfall dafür.
      „Also noch keine Freunde gefunden?“
      Ein leichtes Kopfschütteln war die Antwort und selbst wenn es so wirkte, als wäre es ihm egal, traf es Jasper doch ein bisschen. Jugendliche in seinem Alter brauchten den Kontakt mit Gleichaltrigen und keine hochrangigen, gesuchten Zauberer jeglicher Kaste. „Das wird schon noch. Du musst nur ein bisschen auftauen und dann passt das schon.“

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Dusk and Dawn - 20:03 Uhr

      August Foremar war ungehalten.
      Ja, geneigter Leser, man konnte beinahe sagen, dass er wütend war. Da er Embers Hereinkommen nicht vernommen hatte und es seit ihrer nächtlichen Begegnung vor einigen Tagen keinen weiteren Kontakt gab, hatte er auch nicht mit ihrem Kommen gerechnet, zumal Perley in seiner Geistesgegenwart sein Handy geplündert hatte.
      Doch dieses Mal war er ungehalten über den kleinen Gnom, der jetzt fauchend vor ihm stand und die Tür zum Gemeinschaftsraum öffnete.
      "Ich finde, du stellst dich wirklich an!", schimpfte Ulysses von Stratenwalde zur Erzsteinhöhle. Der bullige, kleine Gnom war in ein merkwürdig violettes Frack gehüllt und trug einen grässlich gelben Zylinder, der stark an die Farbe von Urin erinnerte.
      "Ach, ich stelle mich an?", donnerte August hinterher und betrat ebenso das Zimmer.
      An ihm waren deutliche Veränderungen sichtbar. Die Augen trugen schwere Schatten und sein Gesicht war merklich abgemagert. Das mittellange Haar war zerzaust und wirkte ein wenig farbloser als sonst und die Brille saß schief auf seiner Nase. Erneut trug er nur ein T-Shirt und eine eng anliegende Hose, die beinahe nicht um Ensemble passen wollte.
      "Ja! Ich meine, wir versuchen, den Tod auszutricksen und du kommst mir mit moralischen Bedenken? Bei den Knollen am Eierbaum, du hast sie nicht mehr alle!"
      "Babyblut, Ulysses!", knurrte August und schüttelte den Kopf. "Du wolltest Blut eines Kleinkindes! Für wen hältst du mich? Für ein Monstrum?"
      "Ja!"
      Schnaubend trat August nach dem Gnom, der jedoch gekonnt zur Seite hüpfte. Spielerisch kichernd versteckte er sich hinter einem Beistelltisch und rückte den Zylinder gerade.
      "Ich kann deine Bedenken nicht verstehen. Wir haben alles andere versucht. Was bleibt ist nur, das T-"
      "Ember!"
      Beide unterbrachen ihren Streit und blickten erstaunt in den Raum, in welchem sich Ember Sallow mit Jasper aufhielt. Für einen Moment verspannte sich Augusts Haltung, ehe er wieder normale Spannung annahm und sie anlächelte. Warum war es so merkwürdig, sie anzusehen und nicht auf sie loszustürmen? Was hielt ihn eigentlich davon ab? Sie waren doch Freunde oder?
      Und warum tat das Wort "Freunde" so weh, wenn er es in ihrem Zusammenhang ansprach?
      Wütend über sich selbst tappste er auf der Stelle, während Ulysses hinter dem Regal hervor kam.
      "Ach sieh an! Die neugierige Detective", begrüßte er sie grinsend. "Hast dich gemacht! Bist du verliebt? Du strahlst richtig!"
      "Ulysses!"
      "Was denn? Man wird ja wohl nochmal fragen dürfen. Ich finde sie sieht toll aus, findet ihr nicht auch?"
      Der Gnom sah zu Jasper und August und während der Junge noch etwas Zeit zu bekommen schien, räusperte sich August und tippelte auf der Stelle. Gezielt versuchte er, nicht Ember in die Augen zu sehen, sondern einen Punkt hinter ihr zu fixieren.
      "Ja, sie sieht toll aus, aber trotzdem muss das nicht so-"
      "Nur weil du nicht flirten kannst, muss ich nicht drauf verzichten. Also, meine Liebe. Setz dich, setz dich! Dieser Idiot hier würde dir einen Platz erst anbieten, wenn er ihm aus dem Arsch wächst!"
      "Bodenlose Frechheit!", keifte August und wurde leicht rot. "Ich hätte ihr definitiv noch einen angeb-"
      "Ja, ja, Bla bla!", äffte der Gnom und sah zu Ember und Jasper. "Was ist los, Junge? Du siehst aus, als würdest du deine Zeit nur mit alten Männern und Verrückten verbringen, hähö!"

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    • Was eigentlich eine leichte Unterhaltung hatte werden sollen wurde jäh in seinem Keime erstickt als eine Tür aufgestoßen wurde und zwei laute Stimmen herein polterten. Sowohl Embers als auch Jaspers Blick rasten sofort in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Jaspers Augen wurden groß, als der Gnom um die Ecke hüpfte und sich hinter einem Beistelltisch in Sicherheit brachte. Ember hingegen war eher mit dem Wortlaut überfordert und hoffte, dass sie sich einfach nur verhört hatte. Und dann kam August ins Sichtfeld, der sofort wie angewurzelt stehen bleib als seine Augen sie erspähten. Was bei Ember als Freude hätte herauskommen sollen, verpuffte als sie den Arkana genauer betrachtete. Wo sie ihn vor Tagen noch in guter Verfassung gesehen hatte, schien dies alles und noch mehr einfach wieder verloren zu haben. So als hätte er sich selbst aufgeopfert, um einer Lösung des Problems näher zu kommen. Beziehungsweise schneller näher zu kommen als es gut für seinen Körper war. Ihr war natürlich nicht entgangen, dass er wieder eines dieser verboten jung machenden Shirts trug, aber es war sein Gesicht, das sie sofort fesselte. Die Schatten waren neu, sein Gesicht war eingefallen wie ihres nach dutzenden Nachtschichten und irgendwie hatte er die Farbe aus seinem Haar verloren. So wie Embers Gesicht an Blässe gewann.
      „Was zum Geier bist du ?“, kam es entgeistert von Jasper, der Ulysses anstarrte wie eine Abnormität. Die er, gelinde ausgedrückt, mit diesem Outfit auch war.
      „Nicht was, sondern wer“, ermahnte Ember den Jungen ohne den Blick von August zu nehmen. Der zwar in ihre Richtung sah aber ihren Blick irgendwie verfehlte. „Er heißt Ulysses und ist ein Gnom. Pass auf, die sind giftig.“
      „Wie, giftig? Darf man die nicht anfassen oder was?“ Seine Antwort bekam er als sich die Unterhaltung entfaltete und ihn dazu nötigte, die Augenbrauen in Erstaunen anzuheben. Jasper war mehr als nur fasziniert von dem Gnom, ob er es nun wollte oder nicht. Vielleicht lag das auch einfach nur an dem verstörenden Zylinder.
      Eilig winkte Ember Ulysses ab und hatte sich schon in Bewegung gesetzt, direkt auf August zu. Dieser tippelte sogar auf der Stelle, ein Verhalten, dass sie eher einem Teenie oder vielleicht noch Ruairi zugeschrieben hätte. Und dann kam da noch die Röte in sein Gesicht, die ihr beinahe den Todesstoß versetzte. In ihren Augen lag nur Sorge, die Miene war gespannt als sie sein Gesicht in ihre Hände nahm und es nach links sowie rechts drehte, um es zu begutachten. „August, was zum Teufel hast du getan? So beschissen sahst du vor Tagen noch nicht aus.“
      „Das trifft so ziemlich den Nagel auf den Kopf“, bestätigte Jasper derweil Ulysses Frage, der eiskalt von Ember ignoriert wurde. „Aber wie kommt das, dass ich dich noch nie hier gesehen habe? Gehörst du auch zu Augusts Freunden?“ Er begann zu grinsen als er von seinem Sessel rutschte, um sich auf Augenhöhe mit dem Gnom zu begeben.
      August wurde starr unter Embers Berührung und sie wusste genau wieso. Früher hätte sie vermutlich schuldbewusst ihre Hände zurückgezogen, jetzt allerdings zog sie ihn in eine Umarmung und hielt ihn dort. „Ich weiß, dass die Zeit rennt. Aber mach dich nicht noch eher kaputt als ohnehin schon. Und was heißt hier, ihr braucht noch Kinderblut?“ Ihre Worte waren leise und sanft gesprochen während ihr Blick diffus im Raume stand. Er wirkte in ihren Armen sogar schmächtiger als noch zuvor. In dem Moment fasste sie den Entschluss, dass sie für ihn sogar an das Blut käme, sollte er sie danach fragen.
      Indes hatte Jasper den Zylinder von Ulysses erbeutet und ihn sich selbst auf den Kopf gesetzt. Er grinste den Gnom an und seine braunen Haare bildeten einen lebhaften Kontrast zum Farbton des Hutes. Mit ein bisschen Fantasie konnte man noch mehr da rein interpretieren. „Ich versteh gar nicht, wieso August dich ständig aussperrt. Rauslassen muss man jemanden wie dich!“

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    • "Augusts Freunden?", fragte Ulysses ein wenig provokant und wurde sich durchaus bewusst, dass Ember ihn geflissentlich ignorierte. Er schrieb es seinem unwiederbringlichen Charme zu, dass sie ihn nicht beachtete, aber verletzt war er dennoch. Vor allem wegen des Vorwurfs der Giftigkeit. Wie konnte sie es wagen?
      "Was soll das, Junge?", fragte der Gnom als Jasper sich auf die Knie lies und zog eine Augenbraue hoch. "Missbilligst du meine Größe? Denkst du, dass ich nicht in deiner vollen Größe mit dir reden kann? Und davon abgesehen, bin ich nicht Augusts Freund. Eher sein Hofhund, sein Kammerdiener oder was auch immer dieser Sklaventreiber von mir will. Eigentlich, musst du wissen, bin ich nämlich ein Adeliger."
      Ulysses holte Luft und breitete die Arme aus, um dem neugierigen Jungen seine Lebensgeschichte darzubieten, da stahl dieses Mistbalg einfach seinen Hut! Seinen wunderbaren Zylinder Farbe von Gold (Urin!). Und es sah auf seinem Kopf aus wie Dünnschiss mit Uri-äh Gold!
      "Also wirklich!", schnaubte der Gnom. "Du gibst mir aber augenblicklich meinen Hut zurück junger Mann! Los los! Ich kam mit einem Hut hier rein und ich gehe mit einem hier hinaus. Und rauslassen muss man mich nciht, ich bin kein Gefangener. Ich lebe nur in einem Koffer. Den man nicht aufkriegt. Aber ich lebe dort aus freien Stücken!"

      August fand sich schneller als er wollte inmitten einer Umarmung wieder, deren Ausgang er unsicher betrachtete. Zuvor hatten sich weiche, zarte Finger um sein Gesicht gelegt und es gedreht, sodass Ember ihn von allen Seiten betrachten konnte. Und sie war so nah. Ob sie gut roch, vermochte er gar nicht zu sagen, da er jeden Geruch als gut befunden hätte, wenn man stundenlang nur Blut in der Nase hatte. Doch ihrer heftete sich regelrecht an seine Nase und die Röte in seinem Gesicht nahm noch zu.
      "Ja, ich weiß, ich..:Ich habe experimentiert und geforscht und darüber wohl ein wenig an Schlaf eingebüßt, wenn ich ehrlich bin"; murmelte er und kratzte sich verlegen die Nase ehe er seine Arme auch um sie legte. Zumindest auf ihrer Hüfte waren sie unverfänglich. Eine Schwäche, die er immer mit sich getragen hatte.
      Schweigsam genoß er die geschlossenen Auges die Umarmung und seufzte schwer, als sie sich langsam lösten, um ihr ins Gesicht zu blicken.
      "Nichts bedeutet das", murmelte er. "Ulysses hat von einer Legende gehört, die absoluter Schwachsinn ist. Sie glauben auch, dass ein Ochsenschädel die Potenz wieder herstellt und ich werde bestimmt nicht auf das Gewäsch von Gnomen hören, wenn ich dafür Kinder töten muss."
      Energisch schüttelte er den Kopf und grinste Ember an. DAs Lächeln zumindest war ehrlich und offen, als hatte es die lettzen Tage nicht gegeben.
      "Sieht schlimmer aus als es ist. Wie geht es dir?", fragte er. "Habe gehört, dass die Met ziemlich zu tun hat mit diesem merkwürdigen Spiel, oder? Konntest du wenigstens schlafen?"
      Sie musste schlafen können. Oder sie hatte den Jungbrunnen gefunden. Eins von beidem.

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    • „Also mir ist ja beigebracht worden, dass man allen Leuten auf Augenhöhe begegnen soll“, antwortete Jasper sogar noch breiter grinsend während sich Ulysses scheinbar immer mehr aufregte. Noch nie hatte Jasper einen Gnom gesehen oder war generell in Kontakt mit magischen Dingen gekommen.
      „Wie, du bist adelig? Ich dachte, das sei ausgestorben. Wie kann das denn sein, dass einadeliger Gnom als – wie hast du das genannt? - Kammerdiener arbeitet? Das ist ja wohl völlig daneben.“
      Jasper war sich nicht sicher, ob dieses Geschöpf einen Knall weg hatte oder tatsächlich die Wahrheit sprach. Wie auch immer es sein mochte, er ergötzte sich köstlich an dieser kleinen Witzfigur. Als er die Arme ausbreitete, konnte sich der junge Mann den Zylinder stibitzen und brachte Ulysses damit auf Hochtouren. Grinsend stand Jasper auf, so wie der Gnom es wollte, und brachte damit den Hut in unerreichbare Weiten.
      „Bitte sehr, ich bin wieder auf den Beinen. Vielleicht kriegste deinen Hut nachher wieder, aber zeig mir mal erst den Koffer. Den will ich sehen. Wenn der doch zu ist und man den von außen öffnen muss, damit du rauskommst... dann lässt man dich ja dochraus, oder nicht?“

      „Lass mich raten, du hast nicht eine Minute in deinem Bett verbracht seitdem ich weg bin“, stellte Ember nüchtern fest und bemerkte die Arme auf ihrer Hüfte und nicht anderswo um ihren Torso. Seltsam, wie sie dachte, allerdings nicht weiter darauf einging.
      „Hey, es gibt Mittel und Wege, wie man dran käme ohne ein Kind direkt zu töten“, gab Ember zu bedenken als sie die Umarmung lösten und sie erneut die Farbe in Augusts Gesicht bestaunen durfte. Wie kam es, dass er jetzt erst Farbe bekam und nicht ein einziges Mal, als sie sich zuvor an die Wäsche gegangen waren? Einfach nur, weil sie beide jeweils getrunken hatten? Unwahrscheinlich. „In deiner Lage würde ich ja fast alles ausprobieren. Ich kann mich umhören, wenn du willst...“
      Auf sein energisches Kopfschütteln hin verwarf sie diesen Gedanken und musterte ihn weiterhin. „Ja, die Sache mit diesem Onlinegame... So richtig weiß ich noch nicht, wo da die Verbindung ist. Es sterben nur viel zu viele Jugendliche. Du solltest auch Jasper im Blick behalten, er fällt in die kritische Zielgruppe und hängt bestimmt lang genug am Handy.“
      Sie seufzte und strich sich lose Haare aus dem Gesicht hinter die Ohren. „Ja, sicher. Ich muss keine drei Kilo Foundation mehr auftragen damit ich nicht mehr aussehe wie eine Wasserleiche. Vielleicht muss ich ja auch nur weniger schlafen weil ich weiß, dass meineDeadline näher rückt.“ Sie zuckte mit den Schultern und sah sich um. „Eine Ahnung wo Perley abgeblieben ist? Wir haben heute eigentlich Vertiefung. Die ich wohl dringend brauche wenn ich zumindest vor Kjetil abhauen will.“

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    • Ulysses schnaubte verächtlich, während er zu Jasper hinauf sah.
      Wenigstens besaß der Junge den Anstand, seiner Bitte nachzukommen. Er war schon mal besser erzogen als August, wenn man es so bedachte. Mit wehendem Haar und stolzem Gang trat er näher an den Jungen und schüttelte den Kopf, auf dem Gesicht die komplette Missbilligung dieser Dummheit behaftet.
      "Papperlapapp!", kommandierte er. "Natürlich sind Adelige nicht ausgestorben. Wenn dieser Sklaventreiber dort drüben mich nicht fortgesperrt hätte, hätte ich meinen Clan angeführt. Es gibt freilich Adelige unter den Gnomen. 12 Clans gibt es alleine in England und die Familie Stratenwalde kommt wohl eher aus dem Deutschen Reich. Gibt es das eigentlich noch?."
      Dass er nach seinem Hut angeln musste wie ein Diener widerstrebte dem Gnom zunehmend und er schmiedete bereits Mordpläne gegen diesen kleinen Taugenichts.
      "Wohlan denn", verkündete Ulysses. "Ich will die Ungeheuerlichkeit, die du mir angedeihen lässt, großzügig ignorieren! ICh zeige dir den Koffer und erhalte meinen Hut. Das ist der Deal und nichts anderes. Betrügst du mich, hexe ich dir die Hoden zusammen. Ich hoffe, das ist dir klar, du kleiner Schwerenöter!"
      Mit einem Wink ging der kleine Gnom voran und wies auf die Tür, welche schon wieder Farbe und Form verändert hatte und nun einer schweren Kerkertür glich.
      "Er lässt mich ja eben nicht heraus, Herrgott!"

      Während die beiden anderen hinter der Tür verschwanden (was August mit einem Kopfschütteln zur Kenntnis nahm), sah er Ember weiterhin an und versuchte gleichzeitig, seine Temperatur ein wenig zu senken. Sein Körper fühlte sich schwer und kraftlos an und es wirkte beinahe wie ein Traum, dass sie wieder in seinen Armen lag. Er ertappte sich dabei, beinahe das Gesicht zu verziehen, als sie die Umarmung lösten obgleich er alle Möglichkeit der Verlängerung gehabt hätte.
      "Naja, nicht keine Minute"; gab er zu und grinste schief. "Vielleicht nur ein wenig Schlafdefizit, aber es hält sich noch in Grenzen. Und ich bin dir dankbar für deinen Input, aber ich denke nicht, dass es sinnig ist, einer Gnomenlegende zu folgen. Ember, sie beten teilweise eine Gottheit an, die eine schreckliche Ähnlichkeit mit einem Hodensack hat."
      Das war eine erschreckende Tatsache, wie August befand. Sicherlich konnte man den ein oder anderen merkwürdigen Gott haben, aber einen Hoden? Als wäre den Gnomen nichts besseres eingefallen.
      "Ich achte auf Jasper, danke", nickte er und wirkte einen Moment lang ernster als gedacht, als sie über den Fall berichtete. "Ich habe leider keine wirklichen Neuigkeiten für dich. Ich weiß auch nur, dass dieses "Dices" über das Handy geladen werden kann. Ich habe versucht, an das Spiel heran zu kommen,a ber offenbar erhält man es aus dem Darknet mit einem entsprechenden Passwort. Es bedarf also der Einladung eines Spielenden..."
      Wie ein Virus, dachte August, während er an ihr vorbei schlüpfte und auf die Sessel wies.
      "Du siehst nie aus wie eine Wasserleiche"; lachte er. "Du siehst perf..."
      Ja, nun!
      "Perfekt aus", schloss August schließlich und trat an die Bar, wo er sich ein Glas einer undefinierbaren Flüssigkeit einschenkte. "Möchtest du einen Drink? Oder lieber erst Perleys Training überleben? Er müsste gleich runter kommen, er wollte nur etwas nachlesen."
      Schweigsam sah er Ember aus der Ferne an und seufzte.
      "Was ist mit Noland? Hast du mal überlegt, diese Caster ihm vorzuführen? ICh denke, wenn du ihn fragen würdest, würde er es tun?

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      Der Eingang zum Koffer ist hinter der Tür. Es ist wieder die alte Wendeltreppe mit dem kleinen Foyer wie aus dem ersten Arc. Es gibt den Kräuterraum noch immer, das merkwürdige Symbol auf dem Boden und den Spiegel. Der Gang zu den Tieren ist ebenfalls gekennzeichnet und der Weg nach Oben mit Flatterband versperrt.

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    • „Ganze 12 Clans allein in England? Ich bin erschüttert.“
      Jasper konnte seinen Spaß nicht aus seiner Stimme fernhalten während er hinter dem Gnom her trottete und scheinbar endlich etwas gefunden hatte, das ihm Freude bereitete. „Also Deutschland gibt es. Vermutlich meinst du das.“
      Ganz offensichtlich nahm er die Drohung des abgebrochenen Meters nicht wirklich ernst. Wie auch, immerhin kannte er keine Gnome und wusste nicht, ob sie überhaupt magisch begabt waren oder nur darin ihren Ursprung fanden. Sicherheitshalber zog er sich den ekeligen Hut noch etwas fester auf den Kopf als er auf eine Tür zu ging, deren Farbe und Form ihm nicht bekannt vor kam. Das war ihm bereits öfter aufgefallen. Türen schienen hier ihre Form und Farbe nach gutdünken zu ändern. Ein einziges Mal hatte August ihn eine Treppe hinab geführt, von der er immer noch mehr fasziniert als schockiert war. Er hätte viel dafür gegeben, noch mehr der Räume zu erkunden. Sofern man es als sicher betiteln konnte.
      „Wunderbar. Zeig mir dein Reich und du erhältst deine Zierde zurück“, sprang Jasper auf den Zug der gestarksten Sprache auf und schüttelte leicht den Kopf. Wie schaffte August es immer nur, noch seltsamere Figuren ans Licht zu befördern?
      Die Tür ging auf und Jasper erkannte zu seiner Freude genau die gleiche Wendeltreppe. „Hey, die kenn ich doch“, platzte er direkt raus und starkste die Stufen runter. „Das hat mir August schon mal gezeigt. Wo soll das hier denn bitte ein Koffer sein?“
      Auf dem Weg nach unten wirkte fast alles unverändert. Nur das Flatterband, das irgendwie falsch platziert aussah, war neu. Unten angekommen zeigte Jasper auf die nächste Tür. „Da hinter war ein Garten. Also, mehr oder weniger Garten. Ein ziemlich... tödlich wirkender Garten“, erinnerte er sich und grinste. Auch die Falltür weiter hinten kam ihm noch bekannt vor.
      „Beim letzten Mal ist mir schon aufgefallen, dass hier mehrere Auren am Werk waren. Wieso? August hatte mir nur gesagt, dass er es nicht allein aufgebaut hat. Wo sind die anderen?“

      Embers Augenbrauen schossen zur Decke. „Sie beten was an? Ihnen ist klar, dass da eine frappierende Ähnlichkeit besteht?“
      Damit hatte sie nun wahrlich nicht gerechnet. Das wiederum konnte aber erklären, warum Ulysses ständig mit einem schlechten Geschmack für Garderobe anzutreffen war. Wer fragwürdige Gottheiten anbetete hatte mehr als nur einen Dachschaden. Und dann drohte Ulysses auch noch damit, die von Jasper zu verhexen? War das dann in einer verquerten Ansicht nicht sogar eine Ehre? Wie auch immer, sie wollte nicht länger einen Gedanken daran verschwenden und schüttelte energisch den Kopf, um etwaige Bilder zu verwischen.
      „Zugegeben, Wasserleichen sind immer sehr aufgequollen. War ein schlechter Vergleich. Mein Gesicht ist immer noch erkennbar, nur verdammt schwarz untermalt. Aber wenn du das hier als perfekt beschreibst“, sie gestikulierte mit einer Hand im Kreis vor ihrem Gesicht, „dann hast du mich echt noch nie richtig entspannt gesehen. Wobei. Ich fand mich schon sehr hinreißend als wir in den Zwielichtsaal gegangen waren.“
      Sie ging bewusst nicht auf das Kompliment ein. Es würde ihn vermutlich nur noch mehr beschämen, wenn sie direkt darauf einging, wenn August bereits jetzt schon stockte. Also folgte sie ihm, nachdem er ihr quasi entwischt war, und driftete zuletzt doch vom Weg ab, um sich in den Sessel zu setzen, der eben noch von Jasper belagert worden war.
      „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Je nachdem darfst du mich dann auch verarzten. Ich glaube, heute werden wir uns nicht nur böse anstarren“, grinste Ember beinahe diabolisch und wusste nicht, ob sie sich darauf freuen sollte oder nicht. „Ich hab auch schon gedacht, die drei mal herzuholen. Wenn Noland mitmacht. Was ich nicht weiß nachdem wir nicht ein weiteres Wörtchen mehr gewechselt haben.“ Sie seufzte gedehnt und legte den Kopf in den Nacken. „Er könnte ihr Gedächtnis manipulieren, damit sie nicht mehr wissen, dass sie hier waren. Aber ich schätze, dass er vermutlich der Einzige sein wird, der uns ein bisschen erhellen kann. Weißt du, ich hab schon mit dem Gedanken gespielt, die drei Kerle einfach mit zur Versammlung zu schleppen, damit Prestegard von mir absieht. Grausam, oder?...“

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    • Ulysses schnaubte und schüttelte den Kopf.
      "Deutschland...Nie gehört. Widerliches Stückchen Erde, wenn du mich fragst", murmelte er vor sich her, während er die Wendeltreppe hinab wackelte. "Überall Autobahnen und Smog. Richtig ekelhaft. Und die wenigen grünen Haine, die noch verblieben sind, sind von diesen lächerlichen Feendingern besetzt. Wie Toiletten. Die Besten sind immer besetzt."
      Als Jasper seine Erkenntnis geradezu hinausposaunte, vibrierte der Raum und ein Brüllen schien aus dem Keller zu kommen. Ulysses sprang vor und gestikulierte wild herum.
      "Sei still, du Knastvogel!", zischte er. "Die Chimäre ist wach und ziemlich ungehalten, weil...Jemand...vergessen hat, sie zu füttern. Nun, komm herab und stell dich nicht an wie ein zweitklassiger Tourist."
      Als er auf die Tür zur Kräuterabteilung verwies nickte der Gnom nur und verzog das Gesicht. Er mochte diesen Naturtand nicht wirklich. Pflanzen. Bah. Da konnte man ja gleich anfangen, auf Milch und Fleisch zu verzichten. Widerlich.
      "Ja, dahinter ist der Kräutergarten. Die Hälfte der Pflanzen werden versuchen, dich umzubringen und die andere holen dich vermutlich asu dem Trauma zurück, aber dennoch ist ein Betreten nur mit Begleitschutz zu empfehlen. Da vorne ist die Alchemieecke", sagte er und wies auf eine kleine Nische, in der diverse Phiolen und Ballonflashcen zu einem kleinen Labyrinth aus Glas aufgebaut waren. Ein Brenner erhitzte eine gräuliche Flüssigkeit, die sich merkwürdig bewegte und blubberte.
      "Das alles hier ist der Koffer", murmelte Ulysses und machte eine umfassende Geste. "August beherrscht eine Art von Raummagie, wenn man es so nennen kann. Dimensionsmagie oder so. Er kann Räume in Räumen erschaffen und diese beliebig komprimieren und expandieren, wenn du verstehst. Und mehrere Auren,...Ja, macht Sinn. Er beherrscht ja auch sechs Arten von Magie, daher müssen es auch sechs Auren sein, nicht wahr? Warum? Hast du versucht, gegen ihn zu kämpfen?"
      Meckernd kicherte der Gnom und stakste in Richtung der Raummitte.

      August indes ließ sich auf dem freien Sessel nieder und betrachtete Ember eine Sekunde lang ohne Scheu oder Verlegenheit.
      Gott, sie war wunderschön. War es die Melancholie vor dem beinahe sicheren Tode oder war sie wirklich noch schöner geworden in der letzten Zeit? Sicherlich bemerkte der Zauberer, dass sie nicht auf sein Kompliment einging und wunderte sich ein wenig darüber. Eigentlich hatte er gedacht, dass es ihr eine Freude machen würde, wenn er sie lobte, aber offenbar war dem nicht so. Sallow war durchaus schwierig wenn es um Komplimente ging, zumal August selbst nicht viel vom Dating (war es das überhaupt? Eigentlich nicht, oder?) verstand. Er hatte noch nie eine Frau wirklich umworben. Die wenigen, die seiner Nähe nicht überdrüssig geworden waren, hatten ihrerseits das Heft in die Hand genommen.
      Sachte trank er einen kleinen Schluck und nickte grinsend. Der Zwielichtsaal...Es erschien wie eine Ewigkeit...
      "Ja, das warst du", nickte er und sah träumend in die Flammen, die der Kamin in den Raum spie. Eine wohlige Wärme breitete sich aus und er atmete durch.
      Sein Leib schmerzte ein wenig und er fühlte sich komisch. Vielleicht mochte es am Puls liegen, der in die Höhe geschnellt war, aber irgendwie war ihm nicht wohl.
      "Ich hoffe nicht, dass ich dich verarzten muss", sagte er lachend. "Mir wäre lieber, ich könnte einfach nur mit dir etwas trinken und Zeit verbringen, wenn ich ehrlich bin. Aber sofern Wunden entstehen bin ich gern zur Stelle. Ich hätte vielleicht noch eine Idee...Du erinnerst dich an den rumänischen Arkana? Den Mentalmagier? Ich könnte ihn ebenso fragen, wenn dir Noland zui unsicher ist...Aber ich denke, er ist die Beste Option..."
      Als sie das letzte sagte, musste August lachen und hielt sich dabei eine Rippe.
      "Ich halte das für legitim. Kjetil ist ohnehin schon wütend genug, nachdem man diesen Jungen getötet hat und es den Rogues anhängen will."
      August wollte Luft holen um noch etwas zu sagen, als Perley Caulson zur Tür hereinspazierte und einen Hauch von kalter Luft mit sich führte. Der Mantel, den er trug, dampfe und dem Gesichtsausdruck nach war er genervt.
      "Hey Perls", murmelte August und winkte ihm, ehe er ihn ansah. "Ach du heilige Knolle..."
      "Da sagst du was", grunzte der Butler und hing seinen Mantel an die Garderobe. "Bibliotheken sind auch nicht mehr, was sie waren. Hab einen Feuermagier dort getroffen wie er gerade das Buch verbrennen wollte, was ich brauchte. Jämmerlicher Idiot. Nun. Ms Sallow, ausnahmsweise pünktlich. Ich bin begeistert."
      Das Lächeln des Butlers erschien eine Sekunde lang echt, ehe es wieder versteifte.
      "Du hast nichts dagegen, wenn ich Ms Sallow entführe, oder?"
      August schüttelte den Kopf und wies auf die Tür, die sich bereits in Form und Farbe verändert hatte. Dieses Mal war sie eine wunderschöne Ebenholztür mit herrlich feinen Ornamenten in Elfenschrift.
      Perley ging forschen Schrittes hinzu und öffnete diese.
      "Nach Ihnen, Ember", murmelte er und neigte leicht den Kopf.


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      Diesmal ist der Raum vor Ember eine Art Wald. Es liegt ein Nebelfilm auf dem Areal und die Luft riecht nach Amber und Regen. Die Lichtung ist gesäumt von Büschen mit merkwürdigen Pflanzen, deren goldene Beeren nach Ember zu greifen scheinen. In der Mitte ist ein See mit silbernem Wasser.

      SMS von Ruairi: Hey du! Ich wollte nachher noch vorbei schauen! Bist du zuhause? xo

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    • Ein vibrierender Raum war mehr als beeindruckend. Jaspers Augen wurden groß als er das dazugehörige Brüllen hörte und verfiel in ein angespanntes Schweigen. Sein Blick driftete zu der Falltür, von der er wusste, dass die magischen Wesen da unten hausen sollten. Auf der einen Seite wollte er sie zumindest einmal in seinem Leben sehen. Auf der anderen Seite gewann aktuell noch der Respekt, erst recht nach diesem eindrucksvollen Gebrüll. „Wie kann man vergessen, so was zu füttern? Seid ihr lebensmüde?“
      Er würde sich hüten vorzuschlagen, die Beste selbst zu füttern. Dafür war er nicht gemacht, wenn ihn jetzt noch alle möglichen Dinge überraschten. Sichtlich interessiert begutachtete er die Phiolen und Fläschchen mit dem unbestimmbaren Inhalt, die vor sich hin blubberten.
      „Soll ein Zauberer nicht eigentlich nur eine einzige Magie beherrschen können?“, fragte er weiterhin und zuckte vor einem Gefäß zurück, wo sich die Flüssigkeit plötzlich in seine Richtung zu konzentrieren schien. „Wie soll ich denn gegen August kämpfen? Weder will ich allgemein kämpfen noch bin ich dazu wirklich in der Lage. Ich wusste nur nicht, dass das alles hier sein Konstrukt ist.“
      Jasper entfernte sich von der Alchemieecke und ging in die Hocke. Seine Hand lag flach auf dem Boden und seine Augen begannen sachte zu glühen als er sich konzentrierte. Und tatsächlich feststellen musste, dass der Boden unter seinen Füßen aus Aurawebungen bestand. Er verengte die Augen als er eine einzige Melodie hörte, die unglaublich delikat und komplex war. Erstaunlich schön, wie er fand und ihn unverrichteter Dinge wieder aufstehen ließ. Ob er wohl irgendwann dazu fähig war, das alles hier in Einzelteile zu zerlegen? Und was passierte dann wohl mit den Lebewesen, die sich in diesen Räumen befanden?
      „Wie habt ihr euch eigentlich gefunden?“


      „Hm, wenn du Glück hast, dann bin ich so platt, dass ich erst noch ein bisschen brauche bis ich mich wieder ins Auto setzen kann. Hängt alles von deinem Haushälter da ab“, entgegnete Ember schmunzelnd. „Aber ich bin eigentlich abgeneigt, mit noch mehr Arkana als nötig zu interagieren. Vor allem der Rumäne ist mir nicht geheuer.“
      Sie erinnerte sich lebhaft daran, wie er im Saal gewirkt hatte und eine erstaunliche Wirkung auf die anderen Anwesenden nur mit einer leichten Demonstration gehabt hatte. Vielleicht war das der Grund, warum man nur einen Mentalmagier im Kreise hatte. Damit sie sich nicht bekriegten oder verbündeten. Beides wäre nicht unbedingt erstrebenswert gewesen.
      Als August lachte und seine Rippe befühlte, war Embers aufmerksamer Blick fast sofort zur Stelle. In den paar Tagen war noch etwas vorgefallen. Hatte er sich wieder mit irgendwem angelegt, dass er sich jetzt eine Rippen halte musste? Auch Ember hatte bereits ihren Mund geöffnet, kam jedoch zu keinem Wort als Perley die Detektei betrat samt dampfenden Mantel. Skepsis zeigte sich in ihrem Gesicht während der Haushälter seinen Mantel weg hängte als sei rein gar nichts geschehen. Aus ihren bisherigen Interaktionen hatte sie gelernt, besser nicht nachzufragen, was mit dem Zauberer passiert war. Es bestand nur noch die Frage, ob es morgen ebenfalls in den Nachrichten stand oder sie einen neuen Fall auf dem Tisch hatte.
      „Ich gebe mir äußerste Mühe, meinen Job und mein Überleben in Einklang zu bringen, ja?“
      Mit einem Klaps ihrer Hände auf ihren Oberschenkeln schwang sich Ember auf ihre Füße und folgte Perley, der ihr die neue Tür aufhielt. Bereits durch die geöffnete Tür kam ihr eine andersartige Luft entgegen. Ein bisschen feucht, kühler und frischer. Etwas, das sie definitiv nicht abschreckte und eine angenehme Abwechselung zum Stadtleben oder ihrer letzten Übung darstellte. Sie hörte und fühlte den Waldboden unter ihren Füßen, als sie tunlichst von den Büschen weg ging, die sich eindeutig nach ihr ausstreckten. Allein das war ihr schon nicht mehr ganz geheuer.
      „Das ist ein echt schöner Ort“, gestand Ember, die nicht den Fehler beging und das Silberwasser auch nur anrührte. Sie guckte lieber nur mit ihren Augen. „Wo ist das hier? Also, ist das ein realer Ort, wo August mal gewesen war?“

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    • "Hey was soll ich machen? Das passiert nun einmal, verdammt noch eins", knurrte der Gnom und trat mit einem ausgewählten Stampfer auf die Falltür. "Dämliche Kreatur...Ständig Hunger...Also wirklich...Ah vorsicht!"
      Zu spät. Die Flüssigkeit in dem Glas waberte in Richtung des Jungen und bildete mit erstaunlicher Präzision eine kleine Faust aus, die an das Glas der Ballonflasche klopfte. Anschließend - und dies zur Belustigung des Gnoms - zeigte sie dem Jungen den Finger.
      "Das ist Mobilium", kicherte der Gnom und zog Jasper an seinem Hosenbund einen Schritt aus der Ecke fern. Freiwillig verließ er die Ecke und Ulysses starrte grantig zu der Flüssigkeit. "Mobilium ist ein mit Leben infiziertes Metall. August hat es für Rüstungsforschung verwendet. War grausig. Er hat sich einen Helm daraus gemacht und er hat ihn fast erwürgt."
      Ulysses betrachtete den Jungen wie er den Boden berührte und nach etwas zu suchen schien. Etwas war anders an diesem jungen Mann und Ulysses wusste nicht, ob das gut war, was er dort spürte. Auch wenn es nur für einen kurzen Moment spürbar war, so war die Kraft doch ungewöhnlich.
      "Alles was du hier siehst, ist ein Konstrukt", murmelte Ulysses ein wenig geistesabwesend, ehe er auf die Frage zurück kam. "Wie man sich eben so findet in den Zeiten magischen Aufruhrs. August ist durch das Reich gereist und hat versehentlich einen Aufstand angezettelt. In den folgenden Kämpfen mit den Castern des Reiches - Dort heißen sie übrigens "Reiniger", erstaunlich nicht wahr? - hat er mir drei mal das Leben gerettet und mir eine Schuld aufgebürdet. Und hier sind wir. Und was bist du für ein Kerlchen? Was kannst du?"

      Als Perley die Tür schloss, erhaschte er noch einen schnellen Blick auf August, der sich unter Ächzen aus dem Stuhl erhob, den er gerade noch so besetzt hatte. Es schritt fort. VIel zu eilig und zu schnell. Caulson seufzte schwer, als er die Tür ins Schloss fallen ließ und sich der unliebsamen Aufgabe des Trainings für eine junge Frau widmete.
      "Schön ist er, ja", nickte Perley und betrat das Areal nun selbst. "Dies ist Sherwood Forest wie ich ihn in der Erinnerung habe. Der Ort, an dem ich August das erste Mal traf und an dem er mein Leben schonte obwohl er es nicht musste. Der Ort, an dem ich beschlossen habe, stärker als jeder Arkana zu werden, damit ich mir nicht jedes Mal in die Hose mache, wenn ich einen sehe. Und dies...Wird heute Ihr Training, Ms Sallow."
      Ruhigen Schrittes wanderte der Butler an den See und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
      "Wir haben in den ersten Stunden gelernt, dass sie Auren spüren können. Ich hoffe, SIe haben geübt. Denn das Erspüren der Auren wird heute ungemein wichtig werden. Zudem haben Sie erlernt,die Aufmerksamkeit eines Zauberers zu binden, um damit beinahe unsichtbar für sein Sichtfeld zu werden. Heute..."
      Er hielt am See inne und blickte in das Silberbecken.
      "Heute werden wir dieses Wissen unter Druck vertiefen. Hier wird gleich ein Duplikat entstehen. Dieses Silberwasser wurde eigens von August für diese Trainingseinheit erschaffen. Es handelt sich um eine Art flüssigen Spiegel. Ehe wir Ihnen die Waffen an die Hand geben, um einen Arkana zu töten, sollten sie sich erstmal bewusst werden, wie lange sie gegen die Aura eines Arkanas bestehen können, wenn er sie nur ansieht."
      Mit einem Schnips seiner Finger begann das Wasser sich zu regen und zu geistern. Strudelartig verfiel es in Bewegung und bildete im Zentrum des Sees einen schwarzen Mahlstrom, der in die Tiefe zu ragen schien. Wind kam auf und zerstob den lieblichen Geruch nach Amber und Regen zu einem Nichts. Mit einem plätschernden, widerlich anmutenden Geräusch schälte sich nach einer Minute des Wartens eine Gestalt aus dem See. Schritt um Schritt kam sie dem Ufer näher und manifestierte mehr und mehr menschliche Züge, je mehr sie dem Ufer nahe kam.
      "Wie Sie wissen, ist August eher ein Forscher unter den Zauberern. Daher ist es eine besondere Leistung, wie ich finde, dass wir nicht nur ein Abbild eines bekannten Zauberers hier haben, sondern dass es August gelungen ist, mittels eines Spiegelzaubers die Aura des Zauberers zu replizieren. So können wir mit einem authentischen Beispiel trainieren."
      Perley betrachtete wie sich mehr und mehr Züge der Gestalt manifestierten, ehe vor ihnen beiden ein lebensgroßer Mann aufragte. Er war gut und gerne anderthalb Köpfe größer als Perley und besaß breite Schultern und eine breite Brust. Bekleidet war die Gestalt nicht, aber ab der Hüfte hatte sich nichts mehr manifestiert was Anstoß erregen würde. Doch das Gesicht war eindeutig.
      Kjetil Prestegaard starrte mit kalten, farblosen Augen zu Ember Sallow hinab und wartete.
      "Er wird nun etwa die Hälfte seiner Aura freisetzen. Halten Sie stand. Erspüren sie die Aurastrukturen so gut sie können. Versuchen Sie mittels Ihres Spürens zu verstehen wie eine Aura aussieht! Wie sie sich verhält!"
      Mit einem Wink begann der Silberne Mann.
      Erst änderte sich gar nichts. Der Wind wehte, die Vöglein sangen. Doch dann...Mit einem Aufwind sondergleichen drehte der Wind und schlug die Gräser des Bodens in Embers Richtung um. Als würde eine kalte Hand nach dem Raum greifen, schien die Temperatur um beinahe zehn Grad zu sinken und die Bäume begannen zu knarzen, als versuchten sie, reißaus zu nehmen vor der dräuenden Gefahr. Der Silberne bewegte sich nicht, sondern starrte Ember nur an.
      Zu seinen Füßen begann das Gras eine Art von Tau anzusetzen, der langsam glitzernd gefror. Oder fror er nicht?

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      Lasse dir die Wahl wie sich E schlägt. Aura sieht diamantförmig aus und breitet sich auch demnach radial um ihn herum aus.

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    • „Mh... Ich habe mir schon gedacht, dass August mehr Typ verrückter Forscher als Serienkiller ist. Obwohl das eine mit dem anderen ja auch funktionieren kann.“
      Jasper beäugte das flüssige Metall noch immer mir Argusaugen, gerade nachdem es ihm den Mittelfinger gezeigt hatte. Irgendwie war hier unten vieles wirklich garstig. Ember hatte gar nicht so unrecht gehabt mit dem Tipp, dass der Gnom giftig sei. Das galt scheinbar auch noch für andere Dinge hier in Augusts Besitz.
      Dann glitt Jaspers Blick hinüber zu Ulysses. Was hatte August davon gehabt, diesen abgebrochenen Meter mehrmals zu retten? Ihm kam er bisher nicht so vor wie der gönnerhafte Retter in der Not. Aber woher sollte Jasper das schon wissen, er lebte immerhin in seiner eigenes erklärten Miniweltanschauung. „Wieso bist denn nur du hier? Du warst doch bestimmt nicht allein. Was ist mit deiner Familie? Angehörige? Sag mir nicht, du warst der Einzige, den er hatte retten können.“
      Denn das wäre verdammt traurig gewesen. Niemand sollte dazu verdammt sein, sein Leben allein zu fristen wenn er es nicht wollte. Selbst Jasper selbst war nicht darauf erpicht, völlig allein in einer kleinen Wohnung vor sich hin zu leben. Hätte sein Plan funktioniert und er hätte sich wie ein Mensch untermischen können, dann hätte er dennoch einen Freundeskreis gesucht. Das Alleinsein stand ihm nicht.
      „Tja, was bin ich für ein Kerlchen...“, murmelte Jasper und hatte derweil damit begonnen, durch die offene Fläche zu spazieren. Ihm fiel der abgehangene Spiegel auf, den er nur so kannte. Ob Kleinteile verschwunden waren, konnte er nicht mit Sicherheit bestimmen. „Ich bin entführt worden, glaube ich. So halb. Mein Onkel hat mich von meiner Mutter abgeholt, die scheinbar das Gefühl hatte, ich bin nicht mehr sicher. Keine Ahnung. Keiner von Beiden hat's mir so richtig erklärt.“ Er zuckte mit den Schultern während des Gehens. „August meint, meine Fähigkeit sei gefährlich. Ist sie scheinbar auch weil ich in der Schwarzen Stadt einen Gedankenleser frittiert habe. Glaube ich. Oh, kennst du die Schwarze Stadt?“
      Als er sich Ulysses zuwandte streifte Jaspers Fuß eine der weißen Linien im Boden. Fast augenblicklich strahlten seine Augen auf und er ging in die Knie. Der gelbe Zylinder rollte ihm vom Kopf über den Boden während er schnaufend nach Atem rang. Es hatte ganz kurz in seinen Ohren geklingelt, jetzt spielte eine ganze Symphonie in seinem Kopf. Er stützte sich mit einer Hand ab, die frontal auf der Linie zum liegen kam. Doch entgegen der üblichen Male flippte Jasper nicht aus oder wurde ohnmächtig. Seitdem er in Kontakt mit Hakim getreten war, hatte sich seine Beziehung zu seiner Gabe irgendwie verändert. Es war immer noch laut und bescherte ihm Kopfschmerzen, zeitgleich gelang es ihm aber, ungetrübter dem Klang zu lauschen. Und der sagte ihm: „Das ist unglaublich stark... Was hat er hier gemacht?“
      Einen Moment lang lauschte er noch der Symphonie, dann löste er den Kontakt zu den Kreisen am Boden, woraufhin das Glühen seiner Augen erstarb. Grob schüttelte er seine Hände aus, die immer noch kribbelten. „Ich kann Auren auflösen. Oder auseinander nehmen. Wie man's nennen will.“

      Ember war noch nie im Sherwood gewesen. Aber wenn das hier der Realität entspach, dann wäre es definitiv einen Ausflug wert. Noch während sie so mit Staunen beschäftigt war, summte es in ihrer Hosentasche. Geistesgegenwärtig holte sie ihr Handy hervor und sah, dass Ruairi ihr eine Nachricht geschrieben hatte. Mit XO am Ende. Eine ihrer Augenbrauen wanderte gen Himmel und ein amüsiertes Lächeln kräuselte ihre Lippen.
      Kommt drauf an, wie spät du noch wach bist.
      Bin beim Selbstverteidigungstraining.
      Könnte was später werden.
      Dann tippte sie selbst das XO, befand es als seltsam und löschte es wieder. Tippte ein GLGein, und löschte auch das wieder. Sie brummte und beließ es bei einem Fühl dich gedrückt. Prompt schüttelte sie nur den Kopf und ließ das Handy wieder in ihrer Tasche verschwinden. Steifer ging es wirklich nicht...
      „Ich muss gestehen, dass ich bisher noch keine Panikattacken bekommen hatte, wenn mir ein Arkana gegenüber steht“, meinte Ember nur laut, wobei sie sich definitiv nicht als besser erachtete, sondern lediglich resümierte, wie sie bisher reagiert hatte. Sicher, es hatte noch keiner seinen Zorn ausschließlich auf sie gerichtet. Wobei die Verrückte Bones schon recht nah dran gewesen war. Aber bislang konnte sich nichts mit dem Sharokh messen, als er ihr auf der Parkbank erschienen war.
      Sie ließ Perley an sich vorbei zum See schreiten und folgte ihm gut fünf Fußlängen entfernt. Als er anhielt, tat sie es ihm gleich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was erwarten Sie? Mich hat ein Verrückter mit einem Brief angegriffen, das nächste Mal fühl ich schneller, was ich vielleicht nicht anfassen sollte.“
      Embers Blick glitt zu der spiegelglatten Oberfläche. Rein gar nichts schien die Flüssigkeit darin in Bewegung zu versetzen und so sah sie als Brechung den Himmel über ihren Köpfen, der vermutlich gar nicht echt war. Ein Spiegel also, im wahrsten Sinne des Wortes. Das erklärte so einiges. Trotzdem war es faszinierend zu zusehen, wie sich ein Strudel im Zentrum bildete und der Wind auffrischte. Es dauerte gut eine Minute, dann erhob sich etwas aus dem Silber und näherte sich dem Ufer. Was aussah wie eine Szene aus einem schlechten Film stakste geradewegs auf sie beide zu und nahm immer mehr Konturen an. Es dauerte nicht lange, da erkannte Ember die Gesichtszüge, auch wenn sie noch nicht komplett waren. Ihre Augen verschmälerten sich ein wenig und ein herausforderndes Grinsen trat auf ihre Lippen.
      „Fantastisch. Ich bin begeistert. Jetzt hat er sogar denjenigen gespiegelt, der mir wirklich den Kopf abreißen will.“
      Ob sie es wollte oder nicht, Ember musste den Kopf heben um dem Richter-Duplikat ins Gesicht zu sehen. Jäh musste sie feststellen, dass sie ein Gesicht mit lebendigen Augen besser bekämpfen könnte als ein silbriges Gesicht ohne lebendige Augen. „Ohne Witz, das spielt in der Skala der Unheimlichkeiten schon verdammt weit oben mit“, bemerkte sie und war sich nicht sicher, ob sie beruhigt sein sollte oder nicht. Ihre Vermutung, dass sie heute nicht nur mit Starren beschäftigt seien traf unvermittelt voll ins Schwarze. Doch bevor sie noch etwas weiteres sagen konnte, bekam das Duplikat den Befehl anzufangen und Ember verschluckte ihre eigene Stimme.
      Und dann kam plötzlich eine Windwand auf sie zu und hätte sie beinahe umgeworfen. Trotz und Training allein war es geschuldet, dass sie lediglich einen Schritt nach hinten machte, dann aber wieder verdrießlich zu dem Duplikat sah. Es hatte sich nicht bewegt, gar nichts. Und doch war alles, was jetzt gerade geschah, sein Verschulden. Der echte Richter wäre nicht dort stehen geblieben und erst recht nicht mit der Hälfte seiner Fähigkeiten auf sie losgegangen. Dieser Mann hatte seinen Titel, weil er seine Ziele nicht unterschätzte und sie alle mit der gleichen Kraft – nämlich seiner ganzen – anging. Das hier glich einer Naturgewalt, und das bereits bei 50 Prozent. Gedanklich lachte Ember frustriert auf. Wie sollte man als Nichtmagier so was im offenen Zweikampf besiegen?
      Die fallende Temperatur schien ihr ins Gesicht zu schneiden und schenkte ihr damit endlich wieder den Fokus, den sie brauchte. Sie drehte ihren Fuß in die Erde ein, damit sie nicht wieder auswich und starrte das silbrige Duplikat an. Sie hatte die Tage unter anderem auch in ihrem Büro geübt und irgendwann festgestellt, dass siefühlen konnte, wenn Ruairi nebenan war. Er bescherte ihr ein besonders prickelndes Kribbeln, das sich bis in ihre Körpermitte zog. Hier im freien Wald war das anders. Schnell spürte sie ein Stechen auf ihrer Haut, wie tausende Nadelstiche auf einmal. Anfangs schienen sie willkürlich aufzutauchen, je länger sie sich drauf konzentrierte, umso deutlicher wurden gleichmäßige Wellen, die über sie hinweg schwappten. Ruairi war einer undefinierten Kraft gleich gewesen, aber das hier besaß eine klare Richtung.
      „Es ist kreisförmig!“, rief sie Perley zu und erst da fiel ihr der Boden zu den Füßen des Duplikates auf. Embers Augen blinzelten. Was aussah wie gefrorener Tau war keiner. Das wusste sie. Schließlich hatte sie Prestegard bereits kämpfen gesehen und das auch nicht aus allzu großer Entfernung. Er hatte es über seinen kompletten Körper gezogen, unter dem Tageslicht hatte er geglänzt wie...
      Diamanten!
      Er komprimierte also vermutlich Kohlenstoff so sehr, dass er Diamanthärte bekam. Deswegen war er auch Pugilist und war von Treffern nie so sehr geschockt gewesen, wie es hätte sein soll. Er war ein wandelnder Panzer. Deswegen spürte sie seine Aura in Wellen. Sie sah es nicht, aber fühlte genug, sodass sich ein Bild vor ihrem geistigen Augen fügte.
      „Er ist das Zentrum und es geht kreisförmig von ihm aus. Er verdichtet.... Kohlenstoff?“, rief sie erneut und war selbst erstaunt, dass sie noch nicht längst Reißaus genommen hatte. Vielleicht waren die letzten Wochen und Monate schon so übel gewesen, dass ihr Selbsterhaltungstrieb maßgeblich gelitten hatte. Aber das hier hielt sie aus. Wobei sie doch argwöhnisch dabei zusehen musste, wie sich die glitzernde Decke immer weiter ausbreitete.

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    • Perley Caulson war nicht mit überrascht.
      Freilich hatte er beim ersten Mal bereits erkannt, dass Ember einen recht festen Willen hatte, sofern sie sich konzentrierte. Doch zumeist geriet dieser ins Wanken, wenn sie taumelte oder zu viel auf einmal in ihrem Kopf hatte. Jetzt, wo sie sich auf das fokussierte, was vor ihr lag, war sie durchaus in der Lage standzuhalten.
      Gut, er musste dem Trugbild zu Gute halten, dass dies nur die Hälfte der möglichen Aura war, aber dennoch erkannte sie recht schnell, was dieses Wesen tat.
      "Sehr gut"; nickte Perley. "Was noch?"
      Der Kohlenstoff auf der Haut und um ihn herum wurde verdichtet und legte sich wie ein schimmernder Panzer auf die Hände und Körperteile des Silbermannes. Beinahe ungläubig sah dieser auf seine Hände und trat einen Schritt näher an Ember heran. Die Aura wurde dichter, veränderte die Wellen und legte sich wie ein Panzer um den Diamantenmann selbst, als wolle er sich doppelt und dreifach schützen. Das Stechen auf Embers Haut würde nachlassen und durch etwas ersetzt, was wesentlich grausamer in diesem Moment erschien: Druck. Als würde man einen Kopf kilometerweit unter Wasser tauchen. Und das in unter zwei Sekunden. Wenn man nicht aufpasste würde man diesem Druck nicht standhalten und an simplen Blutungen sterben. Selbst bei der Hälfte der Aura und nicht unmittelbarer Nähe spürte selbst Perley die Auswirkung dieser gefräßigen Aura und war dem Himmel dankbar, dass er diesem Monstrum noch niemals gegenüber stehen musste.
      Es war gruselig zu spüren, wie sich der Bereich der Wirkung immer weiter ausdehnte. Die Wurzeln der Bäume waren mittlerweile mit Glitzerstaub übersäht.
      "Achtung!", rief Perley grinsend und gab das Signal.
      Der Silbermann bewegte sich. Und das schneller als gedacht. Dachte man doch, dass die Diamantenschale ihn zumindest behindern würde, so war dem nicht so. Er bewegte sich grazil und schneller als gedacht für sein Alter vorwärts und war mit drei schnellen Schritten bei Ember. Der erste Schlag kam von Rechts und er verfehlte die Frau mit Absicht. Auch wenn sie es vielleicht nicht merkte, aber der Schlag war zu hoch geführt. Stattdessen fuhren die Diamantbesetzten Finger in den nächsten Baum und hielten das Holz wie in einem Schraubstock. Erst danach setzte das Knirschen und Knarzen ein, als er ein gutes Stück sauber aus dem Holz brach.
      Die Risskanten glitzerten merkwürdig und es sah aus als habe man präzise eine Säge angesetzt, um das Holz zu teilen.
      Der nächste Schlag würde nicht so einfach zu blocken sein.
      "Nutzen Sie das gelernte! Und Spüren Sie weiter! Was tut er?!"
      Das Ungetüm schlug zu, nachdem es das Holz achtlos hatte fallen lassen. Diesmal kam der Schlag von links auf halber Höhe.


      Indes sah Ulysses den jungen Mann aufmerksam in dem kleinen Kofferraum an und grinste breit über seine rötlichen Wangen. Hach, die Jugend. Es war immer wieder erstaunlich, wie unbedarft man Fragen stellte ohne zu ahnen, dass man vielleicht Wunden aufriss. Er konnte es Jasper jedoch nicht verdenken. Wer hätte nicht nachgefragt, wenn er in einem Koffer stünde und derartige Fähigkeiten besaß? Der Junge dürstete danach, die Kräfte zu erproben und hatte gleichsam Angst davor. Auch wenn die Angst spürbar war, mit jedem Wort das er sagte, so war es erstaunlich wie einfach er auf sie zugriff und der Magie zu lauschen schien, die um ihn herum war.
      "Deine Fähigkeit ist gefährlich", nickte Ulysses und ging langsam zu ihm hinüber. "Eine Fähigkeit, die Auren zersetzt, ist durchaus nicht zu verachten und für jeden großen Zauberer eine Waffe. Es ist immer dasselbe Lied, Junge. Ein Zauberer kommt, ein anderer ist mächtiger. Der SChwächere neidet den Stärkeren. Schlussendlich überschreitet der Schwächere Grenzen die keiner kannte und wird selbst zum Stärkeren, bis ihn ein Schwächerer besiegt. Du hingegen bist nicht der Stärkere für all diese Zauberer...Du bist eine Gefahr."
      Ulysses sagte es ungern und strich sich über das Frack, ehe er den Jungen ein wenig vom Kreis wegzog, nachdem dieser sich beinahe darin verloren hatte.
      "So, genug der Besichtigung", murmelte er und platzierte ihn auf einem Stuhl. "Ja, das ist mächtig. Und nein, ich werde es dir nicht sagen. Das ist etwas, was der große Meister dir selbst sagen kann, wenn er wieder klare Worte findet und bis dahin lass dir eines gesagt sein: Lass die Finger von allem, was mit den Arkana zusammenhängt, verstanden? Es bringt dir kein Glück! Wenn du leben willst, lebe dein Leben so normal wie möglich und jetzt schau nicht wie sieben Tage Sonnenschein, du Hosenmatz! Es ist auch mit einem schrecklichen Erbe möglich Freunde zu finden!"
      Ulysses nahm etwas Abstand und räusperte sich, ehe er sich geschickt vor dem Siegel auf dem Boden platzierte. In seinem Gesicht stand eine Erkenntnis und gleichzeitig ein unendlich wirkendes Alter, das er nicht verstecken konnte, ehe er seufzte und fortfuhr.
      "Um deine Frage zu beantworten. Es gibt Niemanden mehr, den ich meine Angehörigen nennen könnte. Wir Gnome sind von Natur aus nicht zwingend Magiebegabt. Die meisten von uns erlernen Handwerksberufe und einfache Verzauberungen, aber keiner erlernt die magischen Künste. Wenn es jedoch einer tut, dann erfolgt das, was wir in meiner Heimat die "Schandtat" nennen. Man wird geächtet und verbannt. Denn Zauberei ist menschlich. Und wer darin forscht, ist sogar nochmehr ein Ungeheuer als die verfluchte Chimäre da unten. So viel also dazu."

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    • Wenn sich Jasper so richtig zurück besann, dann mochte es wohl stimmen. Dann war er wohl eine Gefahr, primär für sein Umfeld als für sich selbst. Er hatte jetzt schon zwei Menschen getötet, einen, der ihm ebenbürtig gewesen wäre und einen Zauberer, der ihn um Klassen überragt hatte. Beinahe hätte sich noch eine Polizistin dazu gesellt und spätestens hier hätte er wissen müssen, dass es kein Spaß war, wenn er seine Fähigkeiten in Bezug auf andere nutzte. Jetzt war seine Gabe für ihn gefühlt ein bisschen weniger unberechenbar – aber selbst August hatte ihn das ein oder andere Mal mit einem Blick bedacht, der nicht ganz Ohne gewesen war.
      Bereitwillig ließ sich Jasper von Ulysses auf einen Stuhl setzen. Unterwegs hatte er den Zylinder aufgesammelt und dem Gnom wieder auf den Kopf gesetzt. „Ich wollte eigentlich als Mensch unter den Anderen leben und nichts mit Zauberern und dem allen zu tun haben. Mein Onkel wusste scheinbar niemand besseren, wo er mich hätte unterbringen können und wenn du sagst, dass ich so gefährlich sei, dann kann es ja eigentlich nur ein Arkana sein, der drüber schaut was ich tue. Oder nicht?“
      Er hatte sich ja nicht selbst ausgesucht, wo er am Ende gelandet war. Hier hatte er lediglich das Gefühl, nicht völlig aus den Bahnen zu geraten. Und gerade nach den Ereignissen hatte er eindrucksvoll gesehen was geschah, wenn er sich nicht damit beschäftigte, wozu er Fähigkeiten besaß. Er besah sich seiner eigenen Hände, die er flach auf seine Oberschenkel gelegt hatte.
      „Ich seh das gar nicht als schreckliches Erbe. Nur... ist es einfach an die falsche Person geraten, glaube ich. Es hätte jemand sein sollen, der sich wirklich damit beschäftigt. Der sie gebrauchen kann. Ich hab damit fast nur Schaden angerichtet bis auf dieses eine Mal.“ Er dachte an Ember zurück und wie August ausgerechnet ihn um Hilfe gebeten hatte. „Das macht sie aber noch lange nicht schrecklich. Aber ich brauche jemanden, der mir zeigt, wie ich damit umgehe. Damit sie nicht doch schrecklich wird.“
      Es entstand kurz Pause, in der sich Ulysses vor dem Spiegel aufbaute. Sichtlich interessiert beobachtete Jasper den Gnom, der ihm tatsächlich eine Antwort auf seine so unbedarft gestellte Frage gab.
      „WiesoSchandtat? Wenn es etwas ist, das man nutzen kann ohne große Kosten oder Rückschläge, warum nicht davon Gebrauch machen? Das heißt, du wirst doch auch deine Gründe gehabt haben, dich dem Thema zu widmen. Und ich glaube nicht, dass die schlecht waren.“ Er lächelte ein weiches, schiefes Lächeln. „Ich finde, du bist zwar etwas klein und schrumpelig, aber ganz bestimmt kein Ungeheuer. Da hab ich schon schlimmeres gesehen.“
      Zum Beispiel mich selbst.


      Wie bereits damals konnte Ember sehen, wie sich der Panzer auch auf dem Silberwesen bildete und formte. Eigentlich hätte das schon das Signal sein müssen, sich in Sicherheit zu bringen. Doch irgendwie ging sie davon aus, dass sich das Wesen schon nicht bewegen würde und sie einfach nur beobachten sollte. Als er jedoch einen Schritt auf sie zutrat, weiteten sich ihre Augen trotz des peitschenden Windes. Und dann aufeinmal verschlug es ihr im wahrsten Sinne des Wortes den Atem. Die Millionen kleiner Nadeln ließen nach und ein Druck machte sich breit. So stark, dass sie das Gefühl hatte, ihr Brustkorb würde eingedrückt werden und die Trommelfelle reißen. Etwas änderte sich, das Wesen veränderte die Aura und demnach auch, was es damit anstellen würde. Das Achtung!Seitens Perleys half ihr nicht eine Millisekunde dabei, kommen zu sehen, was nun geschah. Gerade noch bestaunte Ember die Glitzerwüste, die er um sie herum auslöste, dann ging alles sehr schnell. Sie wusste, dass Prestegard alles andere als langsam gewesen war und verließ sich nicht auf die trügerische Annahme, der Panzer würde ihn beschränken. Aber so schnell hatte sie ihn dann doch nicht eingeschätzt. Binnen drei weiten Schritten war er ihr so nah, dass er sie mit einem Schlag erreichen konnte. Das war dermaßen unerwartet, dass sie den Schlag nur halb hatte kommen sehen. Ihre Reflexe ließen sie leicht weg zucken, doch das Knirschen des nächstgelegenen Baumes ließ auf sich warten. Gerade noch sah sie, wie sich seine Finger in den Stamm gebohrt hatten, da setzte das Knirschen ein und er riss ein beträchtliches Stück Holz heraus.
      Das hätte ich sein können.
      Ein einziger Gedanke schoss ihr durch den Verstand, dann schmerzten plötzlich ihre Augen und etwas Warmes lief ihr über die Lippen. Sie presste die Augen zu Schlitzen zusammen und ließ das jahrelange Training wirken, das ihr in Mark und Bein steckte. Und das sagte ihr: Hau ab. Dieses Mal sah sie, wie er den Schlag ansetzte. Blitzschnell hatte sie sich fallen lassen und war nach hinten gehechtet, um wenigstens einen Baum zwischen sich und das Monster zu bringen. Natürlich sah sie nicht, dass ihre Augen blutunterlaufen waren, weil die feinen Äderchen durch den Druck geplatzt waren. Dafür bemerkte sie aber das Nasenbluten, als sie sich über die Lippen mit der Hand fuhr und das Blut darauf sah. Also war der Druck tatsächlich nicht nur eine Einbildung gewesen.
      „Der bringt mich um, wenn der mich einmal kriegt!“, brüllte Ember hinter dem Baum, erstaunlicherweise ohne Panik in der Stimme, dafür mit umso mehr Entrüstung. Wieder verstärkte sich der Druck und sie rollte sich hastig nach vorne weiter ehe es erneut krachte und der nächste Baum ein empfindliches Loch aufwies. Eigentlich hätte das Holz eingedrückt oder weggeschleudert werden müssen. Stattdessen glich es eher eine Stanzung, als das Wesen seine Hand aus dem Baum zurückzog. Also war es keine stumpfe Gewalt, mit der er zuschlug. Er zertrümmerte nicht – er schnitt. Und jedes Mal, wenn er das tat, zog er seine Aura an sich heran, verdichtete sie um sich herum und nahm dadurch das Stechen von Embers Haut.
      „Er fügt kein Trauma zu, es sind scharfe Verletzungen!“, rief sie und mit jedem Wort spuckte sie ihr eigenes Blut von den Lippen. Ein weiteres Mal musste sie vor ihm abhauen und achtete dieses Mal darauf, sich langsam Perley anzunähern. Eigentlich war Ember sehr versiert im Nahkampf, aber gegen dieses Ungetüm hatte sie keine Chance. Sie konnte ihn nicht einmal blocken oder ablenken, der Kontakt würde schon ausreichen, damit sie ernsthaften Schaden erlitt. Wie sollte man so was aufhalten?

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Ulysses nahm den Hut nickend in Empfang und richtete ihn schief auf seinem Kopf aus, während er sich vor dem Jungen aufbaute. Die Hände stemmte er in die kleinen Hüften und das Haar, was noch herausschaute, wackelte beim Sprechen deutlich hin und her.
      "Jetzt hör mal zu", begann er und seufzte, während er sich mit knubbeligen Fingern über die Nasenwurzel rieb. "Ein Erbe ist ein Erbe, Jasper. Ob man will oder nicht. Es gibt hernach kein richtig und kein Falsch. DU hast diese Fähigkeit erhalten, weil du derjenige bist, der sie meistern kann und wird. Ich denke, wenn du August um Unterricht bittest, wird er diesen erteilen. Auch wenn der Arzt beileibe der bessere Meister wäre, wenn du mich fragst. Eure Auren ähneln sich. Er setzt zusammen was du trennen kannst. Und zum Thema normal Leben:"
      Der Gnom grinste schief und knuffte den Jungen gegen die Schulter.
      "Dann leb normal. Du bist'n gut aussehender Junge! Geh in die Schule, sprich mit den Menschen dort. Musst ihnen ja nicht auf die Nase binden, dass du ein Monstrum bist, kekekekeke. Was ich damit sagen will: Sie werden dich mögen. Gib ihnen die Chance dazu, wa?"
      Ulysses nickte und nahm etwas Abstand von dem Jungen und seufzte. Die Fragen die er stellte, waren so herrlich unbedarft, dass er kurz davor war in Gelächter auszubrechen. Wenn es doch so einfach wäre...
      "Weißt du, Junge"; begann der Gnom und lehnte sich an einen anderen Stuhl. "Manchmal ist ein gutes Motiv nicht ausreichend, damit dich die Welt nicht als Monster sieht. Ich hatte meine Gründe und die sind deiner Argumentation nicht unähnlich. Aber Gnome sind...eigen, was Magie angeht. Wenn es dich interessiert, recherchier mal zu den Gnomenkriegen von 1687. Da wirst du wohl alles finden, was du brauchst. Aber danke. Du bist auch nur halb so sehr Monstrum, wie ich dachte. Bist in Ordnung, Kleiner."



      Perley beobachtete das Schauspiel einer Form des Amusements, wenn man es genau nahm. Ember Sallow stellte scih nicht schlecht an. Alleine durch ihre bisherigen Übungen und den Willen, den sie in sich trug, hielt sie der Aura stand, auch wenn es nicht einfach war. So manch anderer wäre bereits in Ohnmacht gefallen oder innerlich verblutet, wenn Prestegaard ihn nur ansah. Und sie schaffte es sogar noch, einem geschwächten Prestegaard auszuweichen.
      Anerkennend hob er die Augenbrauen und nickte vor sich hin, während die beiden ihren merkwürdigen Tanz aufführen. WIeder und wieder versuchte der Silbermann nach ihr zu langen und doch schaffte sie zumindest das Ausweichen in einer zielgerichteten Art.
      "Ja, das wird er tun!", rief er Ember amüsiert zu als sie ihn auf die Tödlichkeit dieses Unterfangens hinwies. Es war offenkundig. Der Silbermann besaß zwar nur die Hälfte der Kraft, aber durchaus die Wucht, dieser Ausdruck zu verleihen. Wenn Ember falsch stand, würde es sie einen Körperteil kosten.
      "Sie halten sich gut, nur weiter!"; rief er amüsiert und sah auf seine Armbanduhr. Zehn Minuten waren sie bereits in der Simulation und dennoch hielt sie sich gut. Erstaunlich. Wirklich erstaunlich. Vielleicht, und nur vielleicht, war sie bereits bereit für das nächste Level.
      Als sie ihre Erkenntnisse herausschrie, nickte Perley und hob die Hand. Mitten im Schlag hielt die Figur an und der Druck verschwand wie auf sein Signal.
      Erst langsam kehrten die Laute der Vögel an den Ort zurück und das Gras begann wieder im seichten Wind zu wehen.
      "Das war gut!", sagte er und applaudierte dreimal ehe er sich Ember zuwandte und die paar Schritte nahm,d ie sie noch trennten. "Das war ausgesprochen gut, Ms Sallow. Sie haben der Aura standgehalten und gleichzeitig die Fähigkeiten Prestegaards erkannt und erspürt. Korrekterweise bestehen seine FÄhigkeiten aus Härtung und Schärfe. Beides kann er jedoch nicht zeitgleich verwenden, sondern muss das eine für das andere aufgeben. Wenn sie hier schauen..."
      Er wies auf den Silbermann, der gerade im Begriff war, seine Aura zu manifestieren und mittendrin unterbrochen wurde. Die Faust hatte er bereits ausgeholt und wirkte verärgert, beinahe rasend vor Wut, während er mit leblosen Augen in die Ferne starrte.
      "Sehen Sie sich die Struktur an", orderte Perley und wies auf den Körper. "Wenn er seinen "Modus" wechselt, sozusagen, muss er seine Aura einmal kurz auflösen und neu strukturieren. Sie sehen diesen Moment gerade. Ich weiß, dass Sie sich fragen, wie man ein Monstrum wie ihn aufhalten kann. Hier ist Ihre Lösung. Er ist ein klassischer "Wenn ich Angreife, bin ich verletzbar"-Typ. Wenn Sie ihn in dieser Sekunde angreifen, würde er selbst durch ihre nichtmagischen Waffen Schaden nehmen."
      Perley achtete einen Moment auf Ember und nickte sich selbst zu.
      "Alsdann. Zum Abschluss möchte ich, dass sie eine halbe Stunde meditieren und mir drei magische Objekte benennen, die sie hier erspüren. Dann ist Ihr Training für heute beendet."


      Spoiler anzeigen
      Überlasse dir wo die Objekte sind und ob sie sie findet. Es sind kleine metallische Kugeln.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell