Dusk & Dawn [Asuna & Nico]

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    • Wo Wut und Trauer keine Wege kannten und sich die Hände reichen, verbleibt nur die Träne der Verzweiflung.
      Der Schrei, den die beiden Männer hörten, die alarmiert in den Raum geschossen haben, brach sich so oft in dem Raum, dass es beinahe so erschien, als weinte eine ganze Welt.
      Emmett White und James Hawthorne blieben kurz hinter der schmalen Tür stehen, durch die sie gekommen waren und blickten Ember und August an. Einen August, der keinen fiesen Spruch mehr brachte oder selbstherrlich durch den Raum gockelte. Die erschlaffte Realität seiner Glieder erreichte Emmett zuerst, als dieser - wie in Trance - auf den Leichnam zuging und sich vor Ember hockte. Er beachtete die Detective nicht wirklich, sondern starrte nur unwirklich in die starren Augen des Zauberers.
      Und auch wenn sie alle geahnt hatten, dass es irgendwann passieren würde, war die Erkenntnis, seinen Freund vor sich zu sehen, erschreckend.
      Wie friedlich er aussah.
      Entspannt. Beinahe stoisch ruhig. War das dort ein Lächeln? Oder der Anflug von dessen?
      James Hawthorne quittierte die Szene mit einem Grunzen (oder war es ein Seufzen?) und steckte seine eigene Pistole wieder in das Holster unter seiner Achsel. Schweigsam kam er zu Ember und beugte sich kurz zu den beiden hinab.
      "Ember...", flüsterte er mit rauchiger, tiefer Stimme und legte ihr seine Hand auf die Schulter. "Kommen Sie...Kommen Sie hoch..."
      Sachte, aber mit deutlichem Nachdruck zog er die junge Frau auf die Beine und entwendete ihr die Waffe aus den eisernen Fingern. Mit erstaunlich wenig Widerstand.
      "Ich weiß...", flüsterte er und drehte ihren Körper sachte hin um. "Ich weiß, Ember..."
      Er wusste nichts gescheites zu sagen. Mit einem kurzen Blick zu Emmett versicherte sich James, dass er das Richtige tat und erntete ein kraftloses Nicken.
      "Kommen Sie...Kommen Sie, wir gehen...Wir müssen gehen, Ember..."
      Diesen Ort durfte niemand sehen. NIcht mehr als notwendig. Wenn die Arkana erführen, dass August verstorben war, würde eine Revolution losbrechen...
      Langsam wand er seinen Mantel über ihre Schultern und führte sie ohne eines Blickes hinaus zu ihrem Auto. Er nahm ihr beinahe vaterschaftlich die Schlüssel ab und packte sie auf den Beifahrersitz. Es war nur eine kurze Fahrt bis zu ihm. Aber Ember Sallow war mit diesem, Mord die Gesuchte Nummer 1. Sie musste fort.


      Als James und Ember die Halle verlassen hatten, saß Emmett noch immer auf dem Boden neben dem Leichnam und sah in das starre Gesicht.
      Er wusste, dass es eilte, sollten sie eine Chance haben wollen. Aber weshalb sah er so friedlich aus?
      "Gott, August...", murmelte er und stützte die Stirn auf die Hand.
      Wie sehr musste der Mann unter dem gelitten haben, was ihm widerfahren war, wenn er den Tod wie einen alten Freund willkommen hieß? Schweigsam sah er dem Toten ins Gesicht und seufzte schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit.
      Mit seiner Hand kramte er nach seinem Telefon, einem alten Smartphone-Modell, dass seine Liebste einmal aussortiert hatte. Mit zwei schnellen Klicks wählte er eine Nummer.
      Nach dreimaligem Klingeln wurde klickend abgenommen und er lächelte.
      "Bist du es?"
      "Was willst du Emmett?"
      Die Stimme am anderen Ende kannte er nur zu gut. Was war dies für eine Nacht in Paris gewesen...
      "Eva, ich...Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass es geschehen ist."
      "Was, geschehen?"
      "Es."
      Das Schweigen war beinahe zu viel in der Situation.
      "Verstehe"; murmelte Eva und ein Zittern war in der Stimme zu hören. Die Unsicherheit nagte an ihnen allen.
      "Aktiviere bitte Plan Lazarus. Den Standort der Halle habe ich dir gesendet."
      "Ich bringe den Gehängten mit. Rühr dich nicht vom Fleck und bereite alles vor. Hast du das Blut?"
      "Alles vorrätig, meine Liebe. Bitte beeil dich."
      "Emmett?"
      "Ja?"
      Ein kurzes Zögern, wie ein zäher Atemzug.
      "Denkst du, es funktioniert?", fragte Eva.
      Und nichts, geneigter Leser, ist trügerischer als Hoffnung. Selbst das wusste Emmett White nur zu gut. Für einen Moment seufzte er erneut und rieb sich über die Stirn, während seine Hose sich mit Augusts Blut vollsog.
      "Beeil dich einfach", sagte er schließlich und beendete das Gespräch.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Was hätte die junge Frau dafür gegeben, die Zeit zurückdrehen zu können. Seien es auch nur fünf Minuten, die sie von diesem Desaster erlösen und einem anderen, naiveren Ausweg hätten wählen lassen können. Stattdessen wurde sie erschlagen von den Konsequenzen, die sie wissentlich mit ihrer Tat in Kauf genommen hatte und sich ewig die Frage stellen würde, ob die Wahl die richtige gewesen war.
      Hawthornes Stimme erkannte Ember zunächst gar nicht. Auch seine große Hand, die er ihr auf die Schulter legte, nahm sie nur peripher am Rande wahr. Ihr Hals brannte, der Brustkorb schmerzte und sie hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu können. Erst als er sie an den Armen packte und auf die schwankenden Beine zog, hob sie den Kopf und schien sich wieder mehr im Hier und Jetzt zu befinden. Wie ihr Howthorne die Waffe aus den klammen Fingern nahm, konnte sie später nicht mehr beschreiben.
      Unweigerlich hefteten sich Embers Augen auf Augusts Leichnahm.
      "Ich weiß... Ich weiß, Ember..."
      Da hatte er sie wegdreht, dem Schrecken den Rücken gekehrt und begleitete sie nach draußen. Weg von dem Ort des Geschehens, weg von dem Anblick. Doch sie würde sich ewig daran erinnern, wie steif sich ihre Beine angefühlt hatten. Wie weich der Asphalt unter ihren Füßen war und wie schnell sich der Planet um die eigene Achse drehte. Der Mantel des suspendierten Commissioners lag so schwer auf ihren Schultern, dass sie das Gefühl bekam, so schwer müsse sich die sprichwörtliche Schuld auf ihren Schultern anfühlen.
      Völlig neben der Spur ließ sie sich auf den Beifahrersitz drücken. Das Zuschlagen der Tür ließ sie so heftig zusammenzucken, dass sie sich die Knie an der Armatur anschlug. Doch mehr als den Stoß fühlte sie nicht. Als wäre sie von innen heraus völlig ausgebrannt. Einzig die heißen Tränen, die sich noch immer ihren Weg über ihre Wangen suchten, waren das Mahnmal des vorangegangenen Ereignisses.

      Während der kurzen Fahrt über sprach Ember nicht ein einziges Wort. Ein grausames Zittern hatte ihren Körper erfasst, als die Tränen schließlich versiegt waren und eine eiserne Kälte ihr Herz in Besitz nahm. Ihre Psyche zog einen klaren Trennstrich, um sie nicht völlig zu verlieren.
      Was hätte die junge Frau dafür gegeben, doch noch einmal einen Blick in die Augen jenes Mannes zu werfen, der für sie kein Monster gewesen war.
      Als Shawns Wagen mit einem sanften Ruck zum Stehen kam, kehrte Leben in den Körper der Detective zurück. Sie sah aus dem Fenster, als müsse sie sich orientieren wo Hawthorne sie hingefahren hatte, um dann hart die Tür aufzustoßen und mit steifen Beinen auszusteigen. Ihre krampfhafte Atmung hatte sich auf ein flaches Minimun zurückgezogen als sie versuchte einen ordentlichen Atemzug zu tun, schließlich jedoch aufgab. Ungelenk schlug sie die Tür hinter sich zu und starkste auf die Eingangstür zu. Ihr Miene war nicht mehr ein ausdrucksloses Gebilde - sie war so kalt und zerrüttet wie von jemandem, der auf dem Todestrakt wandelte.
      Vor der Tür blieb sie stehen bis Hawthorne zu ihr aufgeschlossen und die Tür geöffnet hatte. Noch immer schwieg sie, als sie in die Küche ging, den nächstenbesten Stuhl heranzog und sich schwer darauf fallen ließ. Es kostete sie mehrere Versuche, ihre Stimme wiederzufinden, die sich unwahrscheinlich fremd in ihren eigenen Ohren anhörte.
      "Ich hab' Dolores versprochen auf ihn aufzupassen."
      Du hast das einzig Logische getan. Du hast die Seiten abgewogen, deine Chance eingeschätzt und selbst Emmett hat dir gesagt, er wäre der gleichen Meinung bezüglich der Wahl.
      "Er hat es gar nicht erwartet. Er hat nicht damit gerechnet, dass ich diese Wahl jetzt schon treffe. Wer schießt denn jemanden feige von hinten in den Rücken?"
      Du weißt, dass du keine Chance gehabt hättest. Hätte er auch nur eine Sekunde lang vorausgesehen was du planst, hättest du ihn niemals töten können.
      Ember legte den Kopf in den Nacken, um die Decke anzustarren. Die schöne, unaufregende weiße Decke ohne Muster, die sie davor bewahrten, wieder in Tränen auszubrechen.
      "James, ich habe gerade einen Menschen umgebracht. Nur wegen meiner Dummheit."
      Ihre Hände falteten sich kalt in ihrem Schoß, als sich langsam ihr Verstand wieder einzuschalten drohte und die stillgelegten Zahnräder mit Gewalt wieder in Bewegung versetzte. Nicht nur hatte sie einen Arkana erschossen, der als einer der wenigen die Ankerpunkte des Sharokhs entfernen konnte. Sie hatte darüber hinaus eine Lawine losgetreten, die einen Ruck durch die Gesellschaft gehen lassen könnte. Embers Augen weiteten sich marginal während sie ohne zu blinzeln die Decke anstarrte.
      "Er wollte Gleichberechtigung für Zauberer erreichen. Wenn die restlichen Arkana erfahren, dass er tot ist, wird das eine Revolte auslösen. Das, was er schon immer gewollt hatte. Deswegen hat er sie hier vor Ort versammelt. Ein Haufen, der sich nie hatte organisieren lassen."
      Es war schon immer faszinierend, zu was der menschliche Verstand in Extremsituationen imstande war. Während sie sturr die Decke anstarrte und sorgsam darauf achtete, jedes aufkeimende Gefühl im Kern zu ersticken, griffen Zahnräder rigoros ineinander.
      "Sie machen sich zum Komplizen wenn Sie mich hier verstecken und es herauskommt, dass ich ihn erschossen habe."
      Sie werden die Kugel auf Heyden zurückführen können. Und dann finden sie dich. Cunningham wird ihre Rache an dir auslassen.
      "Sie erinnern sich an den fast fertigen Kreis auf der Karte im Lagerhaus?", fragte Ember plötzlich monoton aus dem Blauen heraus nachdem sie sich schwerfällig wieder auf die Beine begeben hatte. "Emmett White sagte, er habe seine Abbilder auf Augusts Geheiß dorthin geschickt. Genau den gleichen Kreis hab ich in Augusts Reisekoffer gesehen. Wo er seine Freunde verloren hat. Sie selbst haben ein wenig Ahnung von dem Sieben-Wege-Tor. Er hat die Doppelgänger benutzt, um einen großen Kreis in ganz London zu ziehen."
      Wieso war ihr das erst jetzt so wirklich aufgefallen? Am liebsten wäre sie nun in ein hysterisches Lachen ausgebrochen bei dem Gedanken daran, sich Detective nennen zu dürfen. Die Geschwindigkeit, mit der ihr Verstand gerade vorauseilte und der noch immer zitternde Körper verlangten ihren Tribut, wodurch sich die Welt vor Embers Augen zu drehen begann und ihr die Beine versagten. Unschön brach sie auf dem Stuhl hinter ihr zusammen, eine eisige Hand über ihre Augen gelegt. Kaum tauchte die Schwärze vor ihren geschlossenen Augen auf, kehrte auch das Bild aus dem Lagerhaus zurück.
      Ember schluckte schwer die altbekannte Übelkeit hinunter.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Hawthorne House - 17:30 Uhr

      James Hawthorne machte Kaffee.
      Nicht, dass er das besonders gut konnte, aber vielerlei Organismen lebten erst durch die belebende Kraft des Abfallsuds erneut auf. Und auch wenn es in der SItuation sicherlich andere Getränke gab, die man bevorzugte, erschien ihm Kaffee das rechte zu sein. Nach dem Vorbild seiner Frau, Nancy, goss er den Kaffee auf und wartete geduldig auf die kleine Maschine, während er seine Jacke achtlos auf das Sofa im angrenzenden Wohnzimmer warf.
      Ember redete und redete. Auch wenn Vieles davon sicherlich Hand und Fuß hatte und einer Antwort wie Rechtfertigung bedarf, so ließ Hawthorne sie reden. Es war ohnehin besser, in derlei Situationen nicht zu forsch zu sein.
      Sachte ließ er sich ihr gegenüber auf einem Stuhl nieder und schob eine Tasse Kaffee in ihre Richtung, während er in seinem gefühlte sieben Stücke Zucker verrührte.
      "Ihr Erster, hm?", murmelte er und legte den Löffel beiseite. "Es ist niemals leicht, einen Menschen zu erschießen. Sei er Zauberer oder Mensch. Sie befanden sich die letzten Tage in einer absoluten Ausnahmesituation, Ember. Ihre Familie, Freunde und alle die sie lieben, wurden von einem metaphysischen Wesen bedroht. Und da ist es absolut verständlich, dass sie Entscheidungen am Rande der psychischen Belastbarkeit treffen. Und wie hätten Sie sonst eine Möglichkeit erhaschen können, als ihm in den Rücken zu schießen? Er hätte sie gnadenlos getötet..."
      Hawthorne trank geräuschvoll einen Schluck und winkte dann ab.
      "Machen Sie sich nicht lächerlich. Mittäter oder nicht, sei es drum. Wir sind ohnehin schon zu tief drin. Und wissen Sie was? Zu verlieren habe ich auch nichts mehr. Also...Ihre Entscheidung war nicht dumm, nur verzweifelt. Und sicherlich könnten wir Tage darüber streiten, ob es recht war oder nicht. Ja, August war ein Lügner und Manipulator in diesem Falle. Aber dennoch war die Entscheidung deshalb nicht falsch."
      Als sie von dem Kreis berichtete, seufzte er bereits und schob sein Smartphone über den Tisch. Darauf war die Abbildung einer Karte Londons mit blauen Energiepunkten, die gerade im Herald veröffentlicht wurde. Darüber thronte die Schlagzeile "SIE KOMMEN!".
      "ICh weiß...", sagte er schließlich. "Und ich kann verstehen, wenn Sie aufgeben möchten, Ember. Aber wenn Sie noch einen Funken Polizei in sich haben, müssen wir helfen, dieses Chaos beseitigen. Mit Augusts Tod ist einer der letzten Energiebarrieren gefallen, wie es scheint. Das Positive: Cunningham wird einen Arsch voll Arbeit haben und sich nicht um uns scheren. Trinken Sie den Kaffee, laden Sie Ihre Waffe durch und kommen Sie mit. Oder trinken Sie und verschwinden Sie in ein anderes Leben. So lange Sie es können."
      Hawthornes Blick war undeutbar, als er sie fixierte und erstaunlicherweise ein Lächeln produzierte. Während er sich langsam erhob und zum Wohnzimmerfenster ging, war ein deutliches Rumpeln und DOnnern aus dem Boden zu hören. Als rebelliere selbst die Erde gegen die Invasion der Fremdlinge.
      Mit einem Ruck riss er die Vorhänge zurück, wo selbst hier deutliche blaue Lichtstreifen zu sehen waren, die wie Speere in den Himmel stachen.
      "Also ich weiß nicht wie Sie denken..."; murmelte er und grinste versonnen. "Aber ich will meine Rente hier erleben. Also werde ich gleich da raus gehen. Nehmen Sie sich Zeit. Ich warte am Auto. Machen Sie Anrufe, sammeln Sie sich. Aber seien Sie sicher: Ihre Entschiedung war gut! Ein Leben für Viele. Und diese Vielen müssen wir jetzt schützen."


      Das Lagerhaus - 17:15 Uhr

      Es hatte beinahe eine halbe Stunde gedauert, ehe Eva Beauregard ihren schlanken Körper durch das Tor presste. In ihrem Schlepptau fand sich ein Mann, der die römische Zahl "12" auf den Nacken tätowiert hatte.
      Alane Zekulu Armah war ein Riese von einem Mann. Er überragte die zwei Meter Grenze beinahe spielend und wirkte unendlich stark, als er sich in seinem traditionellen Flattergewand präsentierte und auf einen schweren Hirtenstab stützte. Seine Augen waren leer. Es hieß, er sei blind, jedoch bewegte er sich sicher durch den Raum, um den Leichnam von August zu inspizieren, während Eva an Emmett heran trat.
      "Bist du sicher, dass...", begann sie direkt ehe sie durch Whites Blick zum Schweigen gebracht wurde.
      "Egal ob sicher oder nicht. Wenn es nicht klappt, ist August tot und wir haben kaum eine Chance gegen die Massen. Wir müssen die Arkana mobilisieren wenn wir können und ich weiß noch nicht wie."
      "Ich brauche Hilfe!"
      Armah richtete sich kurz auf und sah zu Emmett. Sein Akzent war schwer und die Worte undeutlich, die er sprach. Der Kongo und England waren nun mal zwei Welten.
      "Was können wir tun?"
      "Ich brauche Blut. Blut des Mörders und Blut des Unschuldigen."
      Emmett nickte.
      Mit drei Schnellen Schritten durchmaß er den Raum bis zu dem Schreibtisch und dankte dem HErrn dafür, dass Ember niemals in die Schubladen gesehen hatte. Aus der Lade zog er ein Reagenzglas voller Blut, dessen Aufschrift "Ember Sallow" auswies. Gestohlen aus dem Krankenhaus, als sie dort gelegen hatte und eine Infusion bei der OP brauchte. Wie einfach es war, sich dort einzuschleichen, ließ er ausser Acht.
      "Und das Blut eines Unschuldigen", sagte Emmett und zog eine weitere Phiole hervor. Darauf stand "James Hawthorne".
      Armah nahm beide Reagenzien in Empfand und blickte da rauf. Die leeren AUgen fixierten die Aufschrift nund beinahe achtlos öffnete er beide Korken udn sah zu Augusts erstarrtem Leib hinunter.
      "Er ist schon lange tot", bemerkte der Gehängte und legte den Kopf schief. "Es schlagen fünf Herzen in einer Brust."
      "Bekannt. Kannst du ihn zurückholen? Hast du so etwas wie eine Zeitmaschine oder so was?"
      Evas Fragen waren verzweifelt aber gleichsam klug, wenn man das Zittern wegdachte.
      Armah schüttelte den Kopf.
      "Nein...", grinste er plötzlich, eine Reihe von schneeweißen Zähnen bleckend. "Es ist nicht mehr als ein Deal mit dem Tod selbst. Ein Leben für ein Leben...Also...Wer möchte das Leben sein?"
      Er legte eine kleine Puppe auf den Boden. SIe war aus Stroh gefertigt und beinahe zerbrechlich anzusehen. Sorgsam platzierte er ein Haar von Augusts Schopf auf dieser und beträufelte sie mit dem Blut. Mit dem Donnern des Bodens setzte auch die Aura des Arkana ein und nahm den Raum völlig ein. Eva zuckte zusammen udn Emmett spürte einen Druck auf seiner Seele, dass es ihn fast in die Knie zwang.
      Ein silberner Ritualkreis erschien auf der Puppe und auf Augusts Leib.
      LEben für Leben...
      "Nun? Welches Leben gebt ihr mir?", fragte Armah und sah sie dämonisch an, während ihm Hörner aus der Stirn wuchsen.
      "Gemäß..."; keuchte Emmett und sah ihn an. "Gemäß den Wünschen des Verstorbenen....Wünschte er, sein Leben zu geben...."
      Das Gelächter des schwarzen Mannes war ohrenbetäubend laut und kurz vibrierte die Luft danach. Ein Leben für ein Leben...Und man gab das Gerettete her. Gegen ein wenig mehr Zeit...Wie clever...
      "So sei es!"

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    • Der gewohnte angenehme Geruch von Kaffee drang als erster Geruch wahrlich zu Ember durch, sodass sie ihre Hand sinken ließ und einen verstohlenen Blick zum Tisch und der dampfenden Tasse warf. Sicher, sie hatte sich einer Außnahmesituation befunden. Aber diese wurde rein dadurch ausgelöst, dass sie sturköpfig wie sie war im Alleingang hatte arbeiten wollen. Und nun mit den damit verbundenen Konsequenzen nicht klarkam.
      Ihr Blick war ein wenig apathisch während sie Hawthornes Worten lauschte und das Bildmaterial sowie die Aussicht aus dem Fenster betrachten durfte. Es ergab keinerlei Sinn zu behaupten, das hier wäre allein ihre Schuld gewesen. Dass August nun kalt und starr auf dem dreckigen Boden einer Lagerhalle lag war ihr verschulden. Dass der Rogue jedoch diesen Kreis geplant hatte stand schon fest lange bevor sie sich kannten. Dessen war sich Ember absolut sicher. Und diese Sicherheit sorgte dafür, dass das Schuldgefühl auf ein ertragbares Level rutschte.
      Nachdem Hawthorne aus dem Haus gegangen war, wie angekündigt sich eine Zigarette vor seinem Wagen ansteckte und wartete griff Ember zu der Kaffeetasse. Während sie den viel zu heißen Kaffee regelrecht hinunter stürzte, wälzte sie ihre Gedanken. Seit dem Moment, wo August Foremar durch ihre Kugel getroffen auf den Boden aufgeschlagen war, fühlte es sich an, als hätte man der Detective den Sand aus den Augen gepustet. Wie ein vages Kontrukt längst vergangener Tage spielten sich manche Unterhaltungen vor ihrem geistigen Auge nochmal ab, Dinge, die sie gesehen hatte und es eigentlich nicht sollte. Sie wusste eine Menge über diesen Rogue, und doch war es nur ein Bruchteil, wie die blauen Säulen draußen ihr eindrucksvoll bewiesen. Wie der Kreis in der ganzen Stadt es ihr eindeutig bewies. Vielleicht hatten die findigen außenstehenden Betrachter recht gehabt mit der Annahme, dass er sie von Anfang an doch manipuliert hatte. Und sie ihm eiskalt auf den Leim gegangen war.
      Sie erinnerte sich an das erste Aufeinandertreffen mit August zurück. Wie schnell er auf den Einfall gekommen war, dass es ein Sharokh gewesen sein musste. Eigentlich hätte sie dort schon stutzig werden müssen und nicht glauben sollen, der hochintelligente Mann besaß einfach nur ein immenses Wissen.
      Mit einem lauten Klack stellte Ember die Tasse zurück auf den Tisch. Wie geheißen nahm sie ihre Waffe, überprüfte das Magazin und lud die Spitzgeschosse nach.
      "Du hast was zu verlieren, James." Die Worte waren leise, bedacht gewählt, als ein Seitenblick zum Kühlschrank ging. "Du hast Frau und Kind, mein Lieber."
      Und in einem weiteren Punkt irrte sich der Commissioner. Ember war nicht der Typus der aufgab, wenn es hart auf hart kam. Sie hatte eine Wahl getroffen, doch das Ziel blieb im Endeffekt dasselbe. Ob sie auf diesem Weg eine Person Namens August Foremar getroffen hatte oder nicht war nicht mehr von Belang. Vielmehr zeigten ihr die ganzen vermaledeiten Zauberer erneut, wie leicht man einfache Menschen an der Nase herumführen konnte. Da fehlte es eigentlich nur noch, dass August plötzlich wieder auf den Straßen ihr über den Weg lief.

      Die besagten Telefonate fielen unglaublich kurz aus. Tarah bekam eine kurze Nachricht, da sie schon Ewigkeiten nichts mehr von ihr gehört hatte. Das Telefonat mit Shawn dauerte etwas länger als sie ihm den Fall schilderte und ihn dennoch anwies, sich bedeckt zu halten. Das altbekannte Misstrauen in allem Magischen war mit einem Schlag zurückgekehrt.
      "Wieso hast du das getan, Emmi?"
      "Shawn, ich stand als Einzige mitten im Chaos und fast alle anderen sind einfach um mich herum getanzt. Ich habe mich blenden lassen. Ihr hattet recht, okay?"
      "Wie?"
      "Rückendurchschuss."
      "Schlaue Frau. Er hätte dich einfach -"
      "Ich weiß. Shawn." Scharf unterbrach Ember ihren Bruder ehe sie sich räusperte und einen sanfteren Ton anschlug. "Sag Dolores nichts davon. Sag niemanden etwas davon und warte einfach ab. Ich traue der ganzen Geschichte nicht. Wenn die Stadt eine Evakurierung anordnet, folgst du ihr. Klar?"
      "...Sicher.... Ember? Lass uns darüber sprechen, wenn's vorbei ist, ja?"
      "Mhm. Hab dich lieb."
      "Ich dich auch."
      Damit ließ Ember Sallow, neuerdings Mörderin eines Arkana, das Handy in der Tasche verschwinden und erhob sich geräuschvoll vom Stuhl. Noch immer waren ihre Glieder steif, doch ihr Geist war nicht mehr so vernebelt. Oder zumindest kam es ihr so vor. Vielleicht war er aber auch einfach nur dermaßen losgelöst von ihr, dass sie den Unterschied gar nicht merkte.
      Als Ember über die Türschwelle nach draußen trat sah es fast so aus, als hätte sie nie auch nur einen Hauch ihrer Entschlusskraft eingebüßt. Sie setzte ihre Schritte wieder mit der Selbstsicherheit, wie sie es immer getan hatte, und doch war etwas anders an ihr. Wo sonst eine Prise Argwohn und Vorsicht dem findigen Auge aufgefallen war, trat nun etwas Anderes auf den Plan.
      "Alles klar, Hawthorne. Dann wollen wir mal."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • St. Pauls Cathedral - 17.58 Uhr

      Die Fahrt durch London war ein heilloses Chaos.
      Das Donnern und Rumpeln hatte sich mittlerweile verstärkt und die Boden aufreißen lassen wie Papiersalven. Als wäre die Steindecke beinahe nicht existent. Mit einem nicht unerheblichen Tempo brausten sie durch den beinahe stillgelegten Verkehr, während sich am Himmel ein schwarzes Loch einzubrennen schien. Augengleich beäugte es die Straßen der Welt unter sich und wirkte fremd und vertraut zugleich, wenn man es ehrlich nahm.
      Im Himmel zogen sich die Wolken wie in einer Spirale um das schwarze Gebilde zusammen und ergaben einen immerwährenden Puls, während das Zentrum auf die St Pauls Cathedral strahlte.
      Hawthorne wirkte auf der Fahrt seltsam ruhig, auch wenn er selbst den Druck in der Luft merkte. Dieses Wesen war dort. Im Park um die St. Pauls. Er spürte es bereits einige Hundert Meter vorher wie ein dräuender Schatten, der sich ihm entgegenstreckte und seine widrigen Hände ausfuhr.
      Mit schlitternden Reifen kam er zum Stehen und betrachtete das Schlachtfeld um den Park um die Kirche.
      Polizeiautos lagen aufgetürmt wie Spielzeug am Rande der Straße. Wenige Überreste hatten Feuer gefangen. Dutzende von Polizisten drangen hinter ihren Trümmern von Autos in Sicherheit, während die Caster Schilde spannten. Gerade wurde ein Caster von einer unsichtbaren Attacke wie nichts nach hinten geschleudert und schlug auf Hawthorns Auto ein.
      "Heilige!", schrie er auf und lsöte den Gurt. "Raus hier und Deckung Sallow!"
      Als wäre das vonj Nöten. Er schwang sich aus dem Auto und duckte sich gerade noch rechtzeitig unter einem Stein weg, wärhend er den Angreifer ausmachte.
      Da stand er!
      Inmitten des Parks, im Zentrum des Wirbels am Himmel, stand der Angelus in seiner gesamten schaurigen Pracht und breitete die Flügel lachend aus. Schwarze Dornen schossen daraus hervor und hätten Hawthorne und Sallow beinahe erwischt, wenn er zumindest nicht hinter einem Trümmerteil Schutz gesucht hätte.
      "Gottverfluchte Scheiße!", wisperte er und lud seine Waffe durch. Würden diese Kugeln etwas ausmachen?
      Das Wesen blickte in viele Richtungen gleichzeitig und nahm es mit einer ganzen Einheit Castern auf. War diesem beizukommen ohne die Arkana?
      "Sallow!", rief er und machte eine Geste mit der Hand. Sie sollte vorrücken.
      Langsam schälte er sich aus der Deckung heraus und machte sich auf den Weg, ehe ein Körper schwer neben ihm einschlug, gepfählt von einem Ungetüm von Dorn.
      Ein schweres Ächzen durchzog die Luft und Julia Cunningham hielt sich die Schulter, die an den Boden gepinnt war.
      "Julia!?"
      "James?!"
      "Was zum Teufel ist hier los?"
      (ein fliegendes Auto krachte in einen Baum)
      "Keine Ahnung...VErfluchte Scheiße!"


      Das Lagerhaus

      Die Luft um den Leichnam schien sich zu verdichten und einem zähen Teppich zu gleichen. Der verrückte Afrikaner (so erschien es Emmett) beugte sich gruselig lachend über den Leichnam seines Freundes und wirkte mit einem Mal nicht mehr Menschlich. Hörner stießen aus seiner Stirn und verwandelten ihn mehr in das Antlitz eines Dämons, der sich gierig über Beute beugte.
      Das Blut aus den Reagenzien kreiste eine Weile über dem Körper ehe es sich mit ihm erneut verband und die Wunde auf seiner BRust mit einer sternförmigen Narbe verschloss.
      "Ich gebe dir ein Leben. Für ein Leben", rief der Zauberer und schlug mit dem Stab einmal auf den Boden, sodass sich zum Donnern ein Pulsschlag gesellte.
      Ein Pulsschlag der sich alsbald als Herzschlag entpuppte, denn August riss die Augen auf und zog die Luft gierig ein. Kalt und unbarmherzig strömte sie in seine Lungen und brannte sich ihren Weg durch die Widrigkeiten seines ungleich schlagenden Herzens. Schwerfällig fiel der Körper wieder zu Boden, nachdem er sich kurz über den Boden erhoben hatte und das bläuliche Leuchten seiner Augen ließ nach.
      Emmett und Eva stürzten zu ihm.
      "August! Geht es dir gutr?!"
      Der Rogue sah mit einer Mischung aus Überraschung und Zufriedenheit zu ihnen hoch und grinste breit, ehe er einen Daumen aufwärts zeigte.
      "Helf...Helft mir hoch...", flüsterte er mit rauer, gurgelnder Stimme.
      Nur unter gemeinsamer ANstrenung schafften sie es, ihn auf wackelige Beine zu stellen, währennd der Afrikaner seine Puppe in seinem Mantel verschwinden ließ.
      "Danke...DAnke euch allen...", flüsterte er und keuchte schwer, als er seine Brust abtastete.
      "Hat der PLan funktioniert?", fragte Eva.
      August nickte.
      "Ja...Ja, er scheint funktioniert zu haben. Ich bin nicht tot und ich fühle das Siegel des Handels mit dem Sharokh nicht mehr..."
      "Du hattest auch einen?", fragte Alane beinahe erstaunt.
      "Ja...Ja, ich hatte einen Handel mit einem Sharokh. Zum Preis dessen, dass ich ihrem großen Masterplan zu DIensten sein musste, schützte man mich und hielt mich am Leben. Aber das..."
      "Ist vorbei", schloss Emmett und beide grinsten sich an. "Deswegen meintest du, dass sie dich töten müsste..."
      "Ja. Der Handel war nur gültig solange ich am Leben gehalten wurde. Aber da mein Sharokh seinen Handel nicht halten konnte, ist er hinfällig und ich bin endlich nach über 100 Jahren frei."
      "Und was jetzt?", fragte Eva und verschränkte die Arme. Auch auf ihre Züge war ein erleichtertes Grinsen eingekehrt.
      "Jetzt, meine Liebe...Gehen wir Ember Sallow retten", grinste August beinahe bösartig während seine Augen wieder eine weißliche Färbung annahmen.
      "Du meinst die Welt."
      "Habe ich doch gesagt", sagte er und lachte meckernd. "Alarmiere den Richter und Bones. Ich will sie beide dabei haben. Halte die Liebenden in der Hinterhand falls wir Heilung brauchen. Und sag mir, wo dieses verfluchte Scheusal ist, damit ich ihm endlich die Eingeweide herausreißen kann..."

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    • St. Pauls Cathedral - 17.58 Uhr

      Das Bild auf der Straße kam schon einem Untergang gleich. Es glich einem Auszug aus einem Weltkrieg, wie die Erde um sie herum aufbrach und der Himmel ein Auge auf sie herabblicken ließ, als würde Gott persönlich sie richten wollen. Als sich dann noch dieser Druck dazugesellte, erinnerte sich Ember lebhaft an ihre Begegnung mit dem Sharokh. Mit dem Wesen, vor dem sie dieses Mal kein Wort unausgeprochen lassen würde. Noch während sie fuhren schrieb sie wortlos eine Nachricht an ihren besten Mann. Klappte der bisherige Plan, würden die paar Schuss ganz bestimmt nicht ausreichen.
      Die Spielzeugautos, die freilich keine waren, lagen in allen Himmelsrichtungen verteilt um die Kathedrale. Dahinter suchten Polizisten jeglicher Ränge Schutz und Caster versuchten ihr Bestmöglichstes zu tun. Als einer der Caster mit einem Höllenlärm wie ein Geschoss in Hawthornes Auto prallte, hatte der Commissioner gerade mal ein Wort ausgesprochen, da war die Detective bereits aus dem Wagen regelrecht geflogen, kaum hatte sie ihren Gut von sich gerissen.
      Zeitgleich orteten sie den Angelus, der inmitten des Parks stand und sich offensichtlich köstlich amüsierte. Jegliche Ehrfurcht, die Ember bei dem ersten Aufeinandertreffen mit dem Sharokh gehabt hatte, war wie weggeblasen. Sämtliche Gedanken, die jetzt gerade unnütz waren, wirkten wie weggeblasen, als sie hinter dem umgekippten Polizeiwagen verschwand und sich zur Seite warf, als ein riesiger Dorn das Wrack durchbohrte als sei es aus Pappe.
      Umgehend suchten ihre Augen nach Hawthorne, um dessen Lebendigkeit zu überprüfen. Sie machte ihn hinter einem Trümmerteil aus als er ihr gerade ein Zeichen gab zum Vorrücken.
      "Schießen Sie nicht sondern warten!", rief sie ihm herüber bevor sie sich von Deckung zu Deckung stahl, immer darauf bedacht, den Commissioner nicht aus den Augen zu verlieren.
      Normale Munition würde gegen das Metawesen nichts bringen. Man müsste es vorerst schwächen und dafür war sie jetzt der richtige Ansprechpartner. Mit geübten Griffen tauschte sie das Magazin ihrer Glock gegen jenes mit der blauen Munition. Sie wusste nicht, wieviele sie brauchen würde um überhaupt einen Effekt zu erzielen. Aber zwei Treffer sollte sie spielend hinbekommen. Gerade, wenn man sie noch unterschätzte.
      Ein Schatten, vermutlich eine Person, flog über ihren Kopf hinweg und schlug bei Hawthorne ein, wodurch sie kurz einen Blick zurück warf und feststellte, dass es scheinbar jemand gewesen war, den er kannte. Er hielt ein in seinem Vorstoß, seine Worte drangen in dem heillosen Chaos jedoch nicht bis an ihre Ohren.
      "HAWTHORNE", brüllte Ember, nicht gewillt, allein weiter zu pirschen.
      Ein paar Meter brauchte sie noch, dann war sie sich sicher, nah genug dran zu sein. Immer wieder lugte sie nur knapp um die Bruchkanten herum und pirschte sich weiter bis sie das Gefühl hatte, jeder weitere Meter würde ihr endgültig die Luft zum atmen nehmen. Sie wusste nicht, wie viel Effekt das Armband von Heyden wirklich hatte, aber der kleine Anzeiger an ihrem Knöchel würde ihr bald den Knochen durchtrennen, sollte er weiter so vibrieren.
      Als etwas weiteres, undefinierbares an ihr vorbeigeflogen war, lugte sie wieder über die Kante hinweg. Es war schlichtweg unmöglich zu sagen, wo das Wesen seine Augen nicht hatte, aber selbst wenn es sie sehen sollte, war sie nichts anderes als ein Pappmännchen mit Gummikugeln.
      Nur dass ihre Munition nicht legal und getestet im Umlauf war.
      Mit einer absoluten Konzentration ging sie halb hinter der Deckung mit der Glock in Anschlag, zielte auf den wabernden Körper des Angelus und drückte zweimal schnell hintereinander ab. Umgehend tauchte sie hinter ihrer Deckung ab, den Rücken zu Hawthorne gewandt, für den sie jetzt gerade keine Augen mehr hatte. Stattdessen spitzte sie die Ohren, versuchte mehr zu fühlen als es physisch überhaupt möglich war, ob Heydens tolle aura- oder energieauflösende Patronen auch bei einem Angelus eine Wirkung erzielten.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Die erste Kugel schlug in einen Dorn ein, der just in diesem Moment aus dem Nichts manifestiert wurde. Mit einem klirrenden Geräusch, als würde Panzerglas zerbersten, zersprang der Dorn in tausend kleine Teile, die qualmend zu Boden fielen. Als das Geräusch ertönte, riss der Angelus seinen Kopf herum und blickte zielsicher und wütend in die Richtung des geplatzten Dorns, nur um im gleichen Moment in der Brust getroffen zu werden.
      Ein Schrei, gellend wie ein Blitzschlag auf Schiefer, durchriss das Tuch des Krieges und ließ die Caster in unmittelbarer Nähe die Hände an die Ohren legen. Die ersten fielen um und hielten sich ebenso schreiend die Ohren während Blut darunter hervorquoll. EIn Pulsschlag einer Aura, mächtiger als ein Bombeneinschlag, warf etwa zehn Polizisten der Nichtmagischen Einheit wie Pappfigürchen um und sie schwer auf ihren Hintern landen.
      "Formation! Formation!"; brüllte Hawthorne über seine Deckung hinweg, doch das Wesen scherte sich einen Teufel um diese Männer und Frauen.
      Die Kugeln hagelten regelrecht auf das Vieh ein und wurden von einem Auraschild oder dessen FLügeln regelrecht absorbiert. Der flammende Kreis um seinen Kopf herum loderte hellorange auf, als es noch einmal schrie und ein weiterer Puls durch die Menge ging.
      "WO BIST DU?!", donnerte es und schlug einen Caster achtlos beiseite.
      Dessen Kopf schlug mitsamt seinem Oberkörper einige Meter weiter gegen den Stein der Kirche und verharrte wie ein Pfeil darin.
      "KOMM RAUS, KOMM RAUS!", kreischte der Angelus und rieb sich die Brust, an dessen Einschlagstelle ein Schimmer weißlicher Haut sichtbar war.
      Wie das Wesen Feigheit hasste.
      Die Caster nutzten diese Gelegenheit. Vier von ihnen postierten sich hinter dem Wesen und manifestierten Feuer- und Erdpfeile, die wie Speere auf das Engelswesen zielten.
      Auf ein gerufenes Kommando hin schossen die Pfeile auf den Angelus, der nicht einmal die Dreistigkeit besaß, sich herum zu drehen. Mit einem seiner Schattenflüggeln wischte er darüber und die Pfeile einfach weg, als seien es Spielzeugstäbchen.
      "WO BIST DU?! SALLOOOOOOOOOW!"
      Der letzte Laut glich einem gurgelnden Schrei, ehe es sich nun doch umdrehte. Die Caster erblickten ihr Ende, ehe sie es realisierten. Vier schwere Dornen bohrten sich in die Körper der Polizisten und pfählten diese nach kurzer Flugzeit in die Mauern der Kathedrale.
      Hawthorne indes schaffte Julia aus der Schussbahn und sah zu Sallow. SIe mussten näher ran.
      Mit zwei kurzen Zeichen wies er auf die Autos anderen Trümmer vor ihnen. Es war ein Parkour, den sie zu durchleben hatten. Schweigsam wuchtete er sich hinauf, um in geduckter Haltung auf das Wesen zuzulaufen, in vorsichtiger Deckung verharrend.
      Und gerade, als Hawthorne seine Waffe in den Anschlag legte und über die Deckung hinaus sah, wurde ihm übel.
      Sehr übel.
      Denn aus dem Wirbel über ihnen, das sich als Loch im Himmel manifestierte, stoben nunmehr zig Wesen. Vielleicht waren es 50, vielleicht waren es 100. Es konnten auch Tausende sein, waren sie noch kleine Punkte am Himmel. Allesamt beflügelt, in merkwürdige Schatten gehüllt und mit weißlich bleicher Haut, die Fallschirmjägern gleich aus dem Himmel tanzten und in Richtung Erdboden segelten.
      Eine Invasion, dachte er. Wahrlich eine Invasion.
      "Bereitmachen!", rief er schließlich allen Einheiten zu, die wieder Konzentration fanden.
      Gott, wo blieben diese Idioten von Arkana nur?!

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      The more you drag me to hell
    • Der abartige Schrei war selbst aus dieser Distanz ein absolutes Grauen. Ember kniff die Augen hinter ihrer Deckung zusammen während sie hörte, dass zumindest eine Kugel getroffen und eine Wirkung erzielt haben musste. Was wutentbrannt schreien konnte, fühlte auch Schmerz. Von etwas weiter weg sah sie Hawthornes Oberkörper hinter einem Wrack auftauchen und etwas rufen, auf das niemand wirklich hören wollte, es aber schlussendlich doch tat. Auch Ember lugte seitlich um ihren Trümmerberg herum und sah den Aurapuls, der etliche ihrer Kollegen einfach von den Füßen fegte. Als der Angelus dann auch noch ihren Namen in den Mund nahm, konnte sie ein wirr anmutendes Grinsen nicht mehr verkneifen.
      Wow, es kennt meinen Namen. Sollte ich mich geehrt fühlen?
      Trotzdem war der Abstand zu groß, die Distanz zu weit, als dass sie ruhige Schüsse setzen konnte ohne dass sich das Wesen wehren konnte. In angewiderter Faszination sah Ember dabei zu, wie das Metawesen die Reihe an Castern zu neuen Mahnmalen an der Wand der Kathedrale kürte.
      Ein schneller Blick zurück zu Hawthorne, der ihr just in diesem Moment zwei Handzeichen gab und selbst direkt vorrückte. Ember folgte mit ihrem Blick der Richtung und erkannte den Weg, den der Commissioner einschlagen wollte. Sie ließ ihn als erstes die Lage sichten, doch die Detective hielt inne, als ihr Partner verharrte und etwas anstarrte. Ember wirbelte herum und sah mit gleichem Schrecken, dass der Himmel seine Tore geöffnet hatte und es Metawesen regnen ließ.
      Das war es, was August gewollt hatte? Wie krank war dieser Mensch wirklich gewesen?
      Verzweifeln brachte nun niemanden weiter. Zunächst einmal musste das Ding vor ihnen eingedämmt werden und wenn sie dann noch Köpfe und Leben besitzen sollten, würde der Rest folgen. Musste der Rest folgen.
      In diesem Chaos nutzte die Frau die Gunst der Stunde und bestritt den lebensgefährlichen Parkour, den niemand freiwillig hätte wählen sollen. Immer in dem Moment, wenn der Angelus Unschuldige vom Angesicht der Erde tilgte, rückte sie weiter vor und fragte sich ernsthaft, wie sie sich es eigentlich vorgestellt hatte, so einem Vieh allein gegenüber zu treten. Ihr Vorstoß jetzt war einzig und allein den Männern und Frauen zu verdanken, die wie Streichhölzer abgeknickt wurden und ihr somit eine Chance ließen. So wütend, wie das Metawesen sich gerade allerdings gebärdete, hatte Ember einen Vorteil.
      Hinter ihrer nächsten Deckung, die eine abstruse Mischung aus Trümmern, Metallteilen und Körpern darstellte, atmete Ember tief durch. Die Glock fest in der Hand wusste sie, dass sie viel näher vermutlich nicht an den Angelus herankommen würde. Ergo wartete sie einen weiteren gesammelten Aufschrei ab ehe sie aus ihrer Deckung auftauchte, sich gerade postierte und die Waffe in Ruhe, soweit sie sie denn aufbringen konnte, auf das Metawesen richtete. Sollte es sie ruhig sehen - vielleicht half ihr die Rage weiter.
      Dieses Mal drückte Ember dreimal ab. Etwas weniger schnell als die Salve zurvor, um kleine Abweichungen noch zu korrigieren ehe sie wieder hinter ihrer Deckung verschwand und dieses Mal direkt den Standort wechselte. Sie hechtete hinter den nächstbesten Brocken, etwas näher zu Hawthorne bevor der Angelus auf die Idee kam, einfach ihren Trümmerschutz in Gänze zu pulverisieren.

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    • Während Ember Sallow den Last-Action-Hero in sich entdeckte, blickte Hawthorne mehr denn je auf die einfallenden Massen. Es blieb nichts anderes, als das Chaos zu bändigen. Und Cunningham kauerte noch immer am Boden und zog sich den Dorn aus der Schulter. In der Hitze des Gefechts riss er ihr das Funkgerät von der Schulter und schaltete es ein.
      "Hier spricht Chief Hawthorne. Zuhören, ihr idiotischen Affen!", bellte er und duckte sich unter einem Baum fort, den der Angelus in seiner Wut schmiss. Herrgott...Dieses Vieh war wirklich mehr als man ertragen konnte.
      "Die verbliebenen Einheiten, sammeln an der St. Paul und gleichsam in Abstand. Abstand zwischen den Einheiten: 2 Meter. Die Magische schützt die Nichtmagische. Nichtmagische verwendet antimagische Munition. Alles was nördlich des Scheitelpunkts des Gartens steht ist fortan die nördliche Kompanie unter meiner Leitung.
      Alles was darunter steht ist die südliche Kompanie unter Leitung von Ember Sallow."
      Er drehte sich zu Sallow um, die dummerweise immer noch auf das Vieh schoss.
      "Reihen schließen und auf Befehle warten! Richten Sie ihre Blicke nach oben. Da kommen die Fallschirmjäger des Feindes!"
      Wütend schmiss er das Funkgerät weg, just als Ember hervorkam. Und der Angelus sie erblickte.
      Heilige Maria, dachte Hawthorne und seufzte, ehe er sich hinter seiner Deckung hervor schob. Ember hatte etwas vergessen. Bisher konnte das Vieh sie scheinbar nicht sehen. Just als sie in sein Blickfeld geriet, grinste es bestialisch und blickte mit seinen brennenden Augen zu ihr.
      Die Geschwindigkeit, die es an den Tag legte, war beinahe tödlich. Es durchmaß den gesamten Garten mit drei langen Schritten und schoss pfeilartig auf Ember zu, bereit zum Absprung, um den Kugeln, deren drei Schüsse zeitlich mit Hawthornes Schuss erklangen, auszuweichen.
      Die erste Kugel durchschlug den Auraschild des Wesens, was es nicht wirklich zu kümmern schien. Es schoss noch immer vor und drückte die Knie ein um abzuspringen, als Hawthornes Kugel zeitgleich mit Embers zweiter Kugel traf. Ein Flügel wurde nach hinten gerissen und mit einem weiteren Schrei begleitet, während Hawthornes Kugel in den Knöchel des Wesens einschlug.
      Und natürlich sah das Vieh wie angezogen zu ihm.
      "Na Mahlzeit...", murmelte er und sah zu Julia.
      Das war ein Dilemma.
      Die dritte Kugel verfehlte ihr Ziel leicht, streifte aber die Wange des Wesens, ehe dieses innehielt und wütend in die Gegend starrte.
      "Feiglinge...", murmelte der Angelus. "ALLES FEIGLINGEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!"
      Mit dem Schrei kam das Donnern zurück und eine hastige Bewegung zum Boden hin. Seine Finger glitten wie heiße Messer in die Erde und hoben mittels der Aura, die es um einen gewaltigen Teil des Gartens schlang, den Boden an. Gleich einem Teppich den man vom Boden hob, riss der Angelus die halbe Gartenfläche aus der Erde und warf diese wie einen gewaltigen Tisch auf Ember und Hawthorne zu. Einige hundert Tonnen Erde befanden sich im freien Fall, während Hawthorne nach oben sah.
      "Ach du dickes Ei...", murmelte er.

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    • Ember, die mittlerweile fast bei Hawthorne angekommen war, warf den Kopf in den Nacken und starrte die Wand aus Erde an, die sich unaufhaltsam in ihre Richtung bewegte. Tonnenschwer würde der Boden auf sie hinabbrechen und sie vollständig begraben, wenn nicht sogar direkt erschlagen. Fahrig ging ihr Blick in die Richtung, in der der Commissioner das Funkgerät geschleudert hatte. Zu wenig Zeit, um ihren Trupp zu befehligen. Der Blick ging weiter am Angelus vorbei zu den Castern, die viel zu weit weg standen und nicht wussten, dass sie hier gleich begraben werden würden. Selbst nicht befähigt genug, um sich selbst aus dem drohenden Übel zu retten. Sie hatten quasi die Arschkarte gezogen.
      Wäre da nicht der Lichtball gewesen, der plötzlich wie eine Signalrakete über ihre Köpfe hinweg segelte und sich zwischen der Erdwand und den zu erschlagenden Personen schob. Perplex starrte Ember den Lichtball an ehe es blitzte und ein unfassbar lauter Knall die Luft erschütterte. Eine Druckwelle presste Ember und Hawthrone auf den Boden als es kurz strahlend weiß wurde und es dann zu regnen begann.
      Es regnete Gras, Erde und Steine.
      Schützend hielt sich die Detective die Arme über den Kopf während es in ihren Ohren fiepte und Dreck auf sie hinabrieselte. Mühsam richtete sie sich wieder auf und verfolgte die Richtung, aus der der Lichtball gekommen war. Ihr Blick ging zur Hauptstraße zu den Schaulustigen, unter denen sich eine kleine Gruppe abgeteilt hatte. Inmitten dieser Gruppe stand ein Mann mittleren Alters, im schön gepflegten Anzug, so als käme er gerade aus einem Bürogebäude um die Ecke. Er hatte seine Hand ausgestreckt, die Aktentasche lag neben seinen Füßen. Ein nicht registrierter Zauberer. Nach einem kurzen Augenblick bewegte er wieder seine Hände und ein weiterer Lichtball flog aus seiner Richtung herüber in die Luft, wo er mit einem weiteren lauten Krachen hochging und einen der Fallschirmjäger aus dem Himmel riss.
      Die übrigens schon verdammt nah am Boden waren.
      In dem ganzen Getümmel wirbelte Ember herum, um Hawthorne in Cunninghams direktem Umfeld zu sehen. Wann war die Frau denn bitte aufgetaucht? Allerdings störte sie sich nicht weiter daran, sondern hastete in die Richtung, in der das Funkgerät liegen musste. Unter den Castern war kein Übertragender zu sehen gewesen und bis Mundpropaganda weitergegangen war, hatten die Fallschirmjäger schon längst Boden unter den Füßen und Unheil angerichtet.
      Noch immer rieselte es Erde als Ember hinter Trümmern umhertauchte und endlich verstanden hatte, dass der fette Angelus sie wohl besser nicht erspähen sollte. Ihre Munition zeigte Wirkung, die Zauberer hingegen hatten ihre Schwierigkeiten mit ihm. Doch die kleinen Einheiten am Himmel zeigten andere Schwächen.
      Wie Ember in dem Chaos das Funkgerät hatte ausmachen können, war ihr nie wirklich klar gewesen. Man mochte es Fügung nennen als sie das Gerät auf ihre Funktionalität überprüfte und kurz nach Luft rang, kaum hörte sie ein Rauschen aus dem Lautsprecher. Mit doch nicht ganz ruhigen Fingern erteilte Ember die ersten Befehle an ihre Einheit.
      "Hier spricht Ember Sallow. Südliche Kompanie Fokus auf die Fallschirmjäger. Abstand untereinander wahren, mindestens ein Caster je Jäger. Die Jäger sind verwundbarer als der Angelus im Zentrum. Ich erteile die Erlaubnis, tödliche und aggressive Magie gegen die Jäger zu nutzen!"

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    • Die Befehlskette wirkte.
      Als die Caster den Funkspruch an ihren Schultern hörten, wurden auch auf dieser Seite Befehle gebellt und Formationen bezogen. Mit der linken Hand sprachen die Caster einen Schildzauber, mit der Rechten ihre jeweiligen Angriffszauber. Beinahe zehn Sekunden nach Embers Befehl riss es die ersten der Angeli aus dem Himmel, als Feuerbälle und -speere, Blitzschläge oder gar gewaltige Felsen sie umrissen und gegen Hinternisse schleuderten.
      Der Sharokh im Zentrum indes wirkte verwirrt unter dem Regen aus Staub, ehe er seinen Blick wieder erneut zur vorrückenden Menge richtete.
      "Nein, nein...", murmelte er deutlich hörbar. "Es muss ein gerechter Kampf sein. Ein fairer Kampf sein...Das...DAS IST NICHT FAIR!"
      Mit den letzten Worten entließ er einen Großteil seiner Aura und warf die vorrückende Masse einer Eliteeinheit zurück. Richardson, die treudumme Seele, stand inmitten einer Sandbank im Schlossgarten und sah mit großen Augen zu dem Sharokh, der ihn fixierte.
      "Ach du je...", murmelte Richardson. "DAS IST AUCH NICHT FAIR!"
      Der Schrei zeigte Wirkung, denn der Sharokh hielt inne, während zu seiner Rechten und Linken die Angeli vom Himmel stürzten.
      "SIE WAR ES! SIE HAT GESCHOSSEN!", schrie Richardson und zeigte mit seiner Waffe auf Ember, die er gerade so im Ascheregen ausmachen konnte. Gleichzeitig zuckte er entschuldigend mit den Schultern.
      "Sallow...", murmelte der Sharokh und lächelte bösartig. Da war es wieder. Gerechtigkeit.
      "Ja, Sie war es! Nimm sie! Nimm sie di-"
      Mit einem sachten Schmatzen war der Sharokh herangeeilt und hatte dem Polizisten ohne ein Wort der Warnung den Kopf von den Schultern gerissen.
      "Schnappt sie euch!"
      DIe Angeli, welche den Boden im Zentrum des Gartens erreicht hatten, starteten nun mit dem Angriff. Dem letzten Angriff, wenn es nach dem Sharokh ging...


      Wie geifernde Hunde preschten die Angeli vor, nicht mehr HErren ihrer selbst und blutdurstig. Schreiend breiteten sie die Flügel aus und schossen wie Pfeile auf Embers Verteidigungswall an, der sich schnellstmöglich schloss. Als der Aufprall der Körper deutlich anhand des vielerorten hörbaren Ächzens und Schreiens vernommen werden konnte, wollte sich der Anführer der Einheit noch nach hinten drehen.
      Doch da glitt bereits eines dieser Viecher über ihn. Sie überrannten sie einfach.
      "EIner ist durch!"; schrie der Caster und wollte ihm einen Zauber hinterher werfen, befand sich aber sogleich in tödlichem Ringen mit einem weiteren Angelus.
      Schnell wie ein Speer und filigran wie eine Elfe schoss der Angelus auf Ember zu und fletschte die spitzen, raubtierhaften Zähne. Kurz vor ihr sprang er ab um sie wie eine Katze auf seine Beute zu stürzen.
      Und hielt doch inmitten der Luft in der Bewegung inne.
      Die Flügel waren verschwunden, so erschien es auf den ersten Blick. Doch erst genaueren Blickes konnte wahrgenommen werden, dass sie an den Wurzeln gepackt wurden und den Angelus zurückrissen.
      Ein Mann in einem feinen Anzug und einer glitzernen Hand stand neben Ember und warf den Angelus wie ein Spielzeug von sich. Sein Gesicht war auf allen Plakaten dieser Welt gewesen.
      Kjetil Prestegard kannte die Welt nur als den "Richter". Er war ein groß gewachsener Mann, größer noch als August und kräftig gebaut. Sein Kinn zierte ein neuer Vollbart und das silbergraue Haar war artig nach hinten gekämmt. Seine rechte Hand glich einem Edelstein, so sehr brach sich das Licht in Regenbogenfarben darin, als er zu Ember sah.
      Das hieß, nicht direkt zu ihr.
      Sondern an das Konstrukt dahinter.
      Denn bereits hinter Ember und an einigen Orten des Gartens hatten sich Dimensionsrisse gebildet, durch die jetzt nach und nach Menschen stiegen.
      Zauberer um genau zu sein. Und die Auradichte dieses Ortes nahm ein beängstigendes Muster an. Drückende, beiernde Schwere legte sich über den Garten, als die größten Schwerverbrecher dieser Welt aus dem Nichts heraustraten und die hereinfallende Meute betrachteten.
      Susannah Bones trat hinter Hawthorne aus einem Portal, welches sich nicht schloss. Gleich dahinter stieg ein Wesen unendlicher Grausamkeit aus dem Loch, das einem Teufel ähnelte: Ein Glücksdämon. Das Hornbesetzte Haupt war bereits gewaltig und der Körper der hinter ihr herausstieg hätte das Haus beinahe überragt. Gleich neben Prestegard stieg Eva Beauregard aus einem Portal und eilte zu Ember, auf der Stirn ein drittes Auge geöffnet.
      Nach und nach traten weitere Gestalten aus den Toren, einer merkwürdiger und gleichsam schrecklicher als der andere. Bis sie beinahe alle versammelt waren.
      Erst nachdem der Ritualzauberer Amrah aus dem Portal gestiegen war, stieg auch August Foremar selbst durch das Portal links in einiger Entfernung neben Ember.
      "Sorry", rief er und winkte dem Sharokh. "Wir sind zu spät. Haben noch Erinnerungen ausgetauscht. Ist so, bei einem Klassentreffen dieser Art. Mein Name ist August Foremar...!"
      Der Sharokh blicktte zu August und lachte.
      "Mein Name ist - "
      "Uninteressant und überflüssig, Flattermann. Das einzige, was du wissen musst, ist, dass du im Arsch bist."

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    • Hin und her gerissen zwischen Abscheu und Faszination hatte Ember zum Himmel geblickt, als es kleine Angeli zu regnen begann. Nach ein paar Sekunden löste sie ihre Augen von dem Schauwerk und kehrte zu dem Hauptproblem zurück, das sich offensichtlich verwirrt im Schuttregen umsah. Dann schien er auf etwas zu reagieren, das zu entdecken die Detective einen Augenblick kostete.
      Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte sie zu Richardson hinüber, der dem Sharokh seine eigenen Worte entgegenschlug, nur um dann auf Ember zu zeigen. Er konnte so viel mit seinen Schultern zucken wie er wollte - er bekam keinerlei Verständnis für diese Aktion. Allerdings hatte selbst sie nicht damit gerechnet, dass im nächsten Augenblick sein Kopf rollte anstelle ihres. Zu einem stummen Schrei öffnete sich ihr Mund, doch kein Laut verließ sie. Richardson hätte es eh nicht mehr hören können. Stattdessen hatte der Sharokh nun seine Horde auf sie angesetzt.
      Die beiden Fronten prallten nicht allzu weit entfernt von Embers Standpunkt aufeinander während sie das Funkgerät an ihren Gürtel pinnte und ihre Waffe nachlud. Es musste schon ein Wunder geschehen damit sie die Horde aufhalten konnten und selbst dann wäre da noch immer der Sharokh, der irgendwo in dem Chaos untergegangen war. Sie musste sich etwas einfallen, doch da überflügelte ein Angelus den menschlichen Schutzwall einfach und raste auf sie zu. Ember war noch nie der Typ gewesen, der sich eher an der Flucht als am Kampf versuchte. So zogen sich nur ihre Augenbrauen zusammen, als sie die Waffe hob und dem Vieh wenigstens eine Kugel durch die hässliche Fratze jagen würde, bevor es auch nur einen Zahn in ihr versenken können würde.
      So weit kam es allerdings nicht, als der Angelus regelrecht in der Luft gefror und anschließend beiläufig zur Seite geworfen wurde. Erst dann merkte Ember, dass jemand neben ihr stand, und zuckte von der Person zurück. Ihr Blick glitt aufwärts zu dem Mann, den man als Richter kannte, und der geradezu in ihre Richtung sah. Seine Aufmerksamkeit galt jedoch nur dem, was sich hinter ihr im Rücken abspielte. Sie wandte sich herum, um Dimensionsrisse ausmachen zu können, die sie nur einer Person zuzuschreiben wusste. Doch alle Stimmen ihres Verstandes sagten ihr, dass es unmöglich war.
      Ungläubig starrte Ember die Personen an, die aus den Rissen traten und fasste den Griff ihrer Pistole nur noch fester. Er hatte es geschafft. Er hatte sie alle an einen Ort versammelt bekommen und nun würde die Welt sehen, was diese Ansammlung an Macht bewirken konnte.
      Ember zuckte abermals zusammen, als eine Hand sie an der Schulter berührte. Eva Beauregard stand plötzlich neben ihr mit einem unwirklich erscheinenden dritten Augen inmitten ihrer Stirn. Irgendwie hatte die Detective damit gerechnet, dass die Arkana sie als erstes aus dem Leben befördern würden weil sie August auf dem Gewissen hatte. Folglich war sie schlichtweg völlig überrumpelt, dass die Arkana anscheinend auf ihrer Seite standen.
      Spätestens als eine ihr sehr bekannte Stimme erklang, gefror ihr Blut in den Adern. Die Überraschung fiel augenblick aus ihrem Gesicht, als Ember nach dem Ursprung der Stimme suchte und ihn dann tatsächlich in nur einigen Metern Entfernung unter dem Himmer stehen sah.
      "Du!", fauchte Ember leise während sie sich ungehalten aufrappelte und dabei Schutt und Erde von den Schultern und Haaren verlor.
      Starr heftete sich ihr Blick an August Foremar, der gerade den Sharokh reizte als sei es das Natürlichste der Welt. Zu keinem Zeitpunkt hätte Ember August als ein Monster beschrieben, doch diese Einstellung geriet heftig ins Wanken.
      Der Mann hätte tot sein sollen. Sie hatte es gesehen, wusste, dass ihr Schuss richtig gesessen hatte. Was einmal tot war, kann nicht wiederbelebt werden. Seine Worte von einst.
      In dem Versuch, nicht vollständig zu zerbrechen, suchte sich ihr Verstand die nächstbeste Ausrede aus. Dieser Mann dort war nicht echt, ein Trugbild, eine Täuschung. Es wimmelte von Arkana von denen sie teilweise nicht mal wusste, wie sie hießen geschweige denn was genau sie konnten.
      Er war nicht echt!
      Mühsam riss Ember ihren Blick von dem Trugbild los und richtete das Wort an Eva zu ihrer Seite. "Die Caster können etwas gegen die Angeli ausrichten, wenn man die Masse etwas reduzieren würde. Aber gegen den Sharokh kommen sie nicht an. Meine Kugeln machen ihn wenigstens wütend. Wie schließen wir am besten das Tor um die Nachhut zu stoppen?"

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    • Kapitel 6:
      Wir haben Kuchen mitgebracht


      August Foremar hatte bereits in merklich beschissenen Situationen gesteckt.
      Dies ließ sich bei einem Leben, das mehr als 100 Jahre ausmachte, nicht wirklich verhindern. Doch dies hier war ein ausgesprochenes Desaster! Menschenleiber kreuzten sich mit Angeli, die herab fielen und immer wieder neue nach kamen. Als würde man einer dimensionalen Hydra einen Kopf abhacken. Dies hier würde nicht weniger als seine ganze Kraft benötigen.
      Seufzend begann er mit der Transformation und sammelte seine Kräfte, während die Arkana in alle Richtungen ausschwärmten und die Caster zu unterstützen begannen. Es war nicht mehr als der Kampf gegen ein gottgleiches Wesen. Und er würde Kräfte brauchen, die selbst seine überstiegen.
      Unterdessen hatte Eva ihre Einsicht beendet und sah Ember an.
      Es wäre übertrieben gewesen, eine Freundlichkeit in ihrem Blick zu vermuten. Immerhin war sie es gewesen, die August in die schändliche Situation gebracht hatte, einen Handel mit dem Tod einzugehen. Und jetzt schien sie es nicht einmal zu glauben...Aber woher auch, nicht wahr?
      "Kjetil, sieben Grad nach links!", rief sie dem Richter zu, der sogleich einem Dorn auswich, der aus dem Nichts angeschossen kam. Erst danach wandte sich Eva wieder zu Ember.
      "Das Tor wird dursch die Kraft des Sharokh gespeist. Es wird nischts anderes übrig bleiben, als ihn zu vernischten, ehe wir das Tor schließen können!"
      Mehr musste sie nicht wissen. Mehr sollte sie nicht wissen. Eva erhob sich aus der Deckung und wich elegant einem kleinen Geschoss aus.
      "Die Caster sollen töten, was sie töten können, oui? Wir tun dasselbe!"
      Der Kampf nahm an Fahrt auf, als die Arkana die Fläche betraten. SIcherlich hatten sie eine recht große Zerstörungsfläche, aber gleichsam zeigte sich auch in den folgenden Minuten, dass nicht Arkana dieselben Kräftelevel besaßen. DIe meisten konnten als Zauberer der A oder S-Klasse eingeordnet werden. Doch mit einer derartigen Masse an Feinden waren selbst die Arkana mit den Castern gemeinsam überfordert. Hier sah man Amrah, der sich neben einem Caster in eine gigantische Form seiner Selbst verwandelte. Jedoch war seine Haut aus Strohbinden gefertigt und er ähnelte einer monströsen oder dämonischen Art von Voodoo-Puppe, während er gigantische Nägel auf die Feinde feuerte.
      August indes sammelte seine Kraft und wurde von Bones und dem Richter gedeckt.
      Es war anstrengend, die Verwandlung vollständig durchzuführen.
      Mit einem Ruck begann sich die Haut seines Körpers weißlich zu verfärben und er wuchs ein Stück, ehe er die Zwei-Meter-Marke beinahe erreichte. Die Kleidung verschmolz regelrecht mit der Haut um ihn herum und wirkte wie ein seltsamer Frack der sich in die Länge zog und zu weißen Platten mutierte. Aus seinem Kopf stachen zwei hornartige Fortsätze, die sich leicht nach hinten schwangen, während seine Augen gänzlich weiß wurden und sich in das Bleiche der Haut einfärbten.

      Alles an diesem Antlitz wirkte fremd für die Arkana, obgleich sie es kannten. Doch jedes Mal, wenn dieses diabolische Grinsen sämtliche Zähne des MAnnes enthüllte, lief es auch dem Richter kalt den Rücken runter.
      Erst nach einer Weile des Sammelns und nachdem der Druck übermenschlich wurde beruhigte sich August und sah mit schiefgelegten Kopf und dauerhaftem Grinsen in Richtung des Sharokh.
      "Willkommen!", meckerte er lachend. "Zum letzten Akt dieses Spiels!"
      Einladend wie ein Priester breitete er die Arme aus und eine Aura hüllte das Theater ein. Der Richter und Bones widerstanden der Aura, aber einige der Caster fielen mit schäumendem Mund vornüber.
      "Sieben Speere!", rief er und grinste breit als aus dem Nichts gewaltige Aurawirbel entstanden, die tatsächlich Speere formten. Diese bestanden aus unterschiedlichsten Elementen, aber waren durchaus erkennbar. Mit einem Schwung seines Armes flogen sie auf den Sharokh zu, der sich brüllend in sie hinein warf.
      Die langen Finger des Teufels formten noch zwei weitere Zeichen und neben Ember begann sich eine Waffe zu materialisieren.
      Ein langes, schweres Gewehr mit einem Einzellauf. Es ähnelte einer Scharfschützenwaffe und war mit einem Visier ausgerüstet, um zumindest großflächig Schaden anzurichten.
      Auf der einen Seite der Waffe war das Wort "HELLO" und auf der anderen Seite das Wort "GOODBYE" eingeritzt.
      Der Kampf begann erst richtig, als auch August das SIgnal zum Angriff gab!
      Bones hielt sich im Hintergrund aber der Richter hüllte sein Äußeres gänzlich in schweren Diamant und raste glitzernd auf den Sharokh zu. Das erste Aufeinanderprallen glich einem Kanonenschuss. MIt einem schweren Donnern prallten die Parteien aufeinander und teilten kurze Schläge miteinander aus. Einem Schlag, den der Richter versetzte. GLeichsam wurde er anschließend wie eine Puppe fortgeschleudert und kam schwer in Embers Nähe auf.
      Während der Sharokh die Speere abwehrte schlug August ins Leere. Seine Hand verschwand im Nichts und tauchte im Hinterkopf des Sharokhs wieder auf, um ihm einen Klaps zu versetzen.
      Sogleich schossen die beiden Kämpfenden aufeinander zu und verschränkten die Finger ihrer Hände zu einem Wettdrücken ineinander.
      "Tihihihi, du bist ganz schön hässlich!", meckerte August und fing sich dafür eine Kopfnuss.
      Das würde ein hässlicher Kampf...

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    • Es waren nur einige Sekunden in denen Ember beobachten konnte, wie Eva den Richter vorzeitig warnte und dieser somit einem tödlichen Dorn ausweichen konnte. Nur Sekunden, die sie ihn im Voraus gewarnt hatte. Was allerdings dafür sorgte, dass Ember die Lage neu bewertete.
      "Also den Sharokh als Erstes", bestätigte sie Evas Hinweis während sie bereits das Funkgerät erneut zückte. "Sallow nocheinmal. Der Strom der Angeli wird nicht so schnell abbrechen. Versucht den Feind zu sammeln und auszuschalten. Einzelsituationen sind abzuraten. Arbeitet mit den Arkana zusammen!"
      Dann spürte die Detective die typische Veränderung im Gefüge der Luft, den Druckaufbau, wenn mächtige Magie gewirkt wurde. Es war ein Leichtes, den mittlerweile fast 2 Meter großen August ausfindig zu machen, der so gar nichts mehr von der Erscheinung hatte, die sie kannte. Jedoch sah sie ihn nur versetzt von hinten, eine Wirkung verfehlte dies dennoch nicht. In einer kranken Faszination sah sie dabei zu, wie sich elementare Speere bildeten und auf den Sharokh zuflogen, der sich ihnen regelrecht entgegenwarf.
      Aus dem Augenwinkel sah sie etwas Glänzendes zu ihrer Seite.
      Die Langwaffe war so fehl am Platze, dass Ember einen Moment lang zögerte, dann jedoch ihre Hand nach der Waffe ausstreckte. Das kalte Metall fühlte sich bekannt und vertraut unter ihren Fingerspitzen an während sie zu allem Überfluss auch noch passende Munition daneben auf dem Boden vorfand. Sich darüber jetzt großartig Gedanken machen wäre reine Zeitverschwendung. Insbesondere, als ein durch die Luft geschleuderter Richter in ihrer unmittelbaren Nähe aufschlug.
      "Alles okay?!", rief sie zu ihm hinüber nachdem sie gesehen hatte, dass er sich sofort wieder bewegte.
      Indes hatte Ember das Gewehr mangels fehlenden Zweibeins auf dem Trümmerrest vor ihr aufgebockt. Es war erstaunlich schwer gewesen, ein Hinweis darauf, dass die Waffe eher dem stationären Fernkampf ausgerichtet war. Immerhin schien die restliche Handhabung altbekannt zu sein als sie die Munitionspackung in ihrer Greifweite aufstellte und die erste Patrone lud.
      Einzelschusslangwaffe. Musste also sitzen.
      Als sich Ember hinter das Fernglas lehnte fühlte sie sich extrem an frühere Zeiten zurückversetzt. Wie man ihr nachgesagt hatte, dass Frauen sich gefälligst nicht so in Schusswaffen hineinzuknien hatten. Wie gerne sie diesen Menschen den Mittelfinger gezeigt hatte und großspurig davon geredet hatte, irgendwann würde es nützlich sein. Manchmal waren Zufälle schon witzige Ereignisse.
      Sie atmete mehrmals tief ein uns aus und richtete den Lauf gen Himmel. In die Menge konnte sie nicht schießen, das Gewehr hatte vermutlich solch eine Durchschlagskraft, dass sie Verbündete direkt mit treffen würde. Außerdem musste sie erst einmal sehen, wie sich die Waffe überhaupt verhielt. Folglich visierte sie einen Angelus an, der sich noch im Sinkflug befand. Sie folgte seiner Bahn, gewann ein Gefühl dafür wie schnell er sank und zog dann vor.
      Der Knall des Schusses hob sich sogar vom restlichen Lärm des Schlachtfeldes ab. Der Schaft des Gewehres schlug hart gegen Embers Schulter als sich der Schuss löste und die Kugel zielsicher den Angelus auf Brusthöhe traf und ihn wie einen Stein aus dem Himmel riss. Wie vermutet. Das Ding besaß ordentliche Durchschlagskraft.
      Sofort repetierte Ember das Gewehr durch, legte die nächste Patrone nach und schwenkte hinüber zu August, der sich gerade im Duell mit dem Sharokh befand. Sie visierte den Sharokh an wobei sie primär auf dessen Extremitäten achtete. Diese Patronen waren zwar antimagisch, würden das Metawesen aber vielleicht ablenken können. Doch dieses Mal versuchte sie es gar nicht erst aufs Blaue heraus.
      Immerhin hatte sie noch Eva Beauregard in unmittelbarer Nähe stehen.
      "Eva, kannst du mir sagen, wann ich den Sharokh treffen würde oder sowas?", fragte sie die andere Frau mit einer Ruhe in der Stimme, die von absoluter Konzentration herrührte.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Alles klar, Männer! Ihr habt Sallow gehört!", rief der Kommandant der Caster lautstark zu der Reihe von Castern, die noch immer mit Schildzaubern das Gros der Feinde abzuschirmen versuchte. "Treibt die Barstarde zusammen!"
      Mit gezielten Magiestößen und schweren Schildzaubern drückten sie hereinpreschende Masse der unmenschlich schreienden Wesenheiten einem Schildwall gleich zurück in Richtung des Sharokh, der August nunmehr fixierte und beschäftigte.
      "Auf mein Kommando! Dann Wall öffnen, zwei durchfallen lassen, zweite Reihe: Termination bei Sicht", bellte Williamson, ein Zauberer der Klasse A. Er hatte vor ihrer Beförderung als direkter Untergebener von Cunningham gedient, die er zumindest bei einem kurzen Seitenblick an Hawthornes Seite ausmachte.
      Mit einem Dorn in der Schulter. Na bestens.
      "Drei! Zwei! EINS!", schrie er und wusste in dem Moment, als er die Silbe anlegte, dass sie es versaut hatten. "JETZT!"
      Die Reihen der Caster leideten an Abstimmungsproblemen, die sie nicht erkannten. Anstatt dass ein Schild abgelassen wurde, wurden drei abgelassen und die Meute preschte wie eine Horde Ameisen zum Honig, die Lücke erkennend. Es dauerte keine Sekunde, da rissen sie einen der Caster regelrecht auseinander und nochw ährend die Todesschreie zum Himmel gellten nahm der Rest Abstand und verließ die Formation.
      Ein Bruch war selten, kam aber vor, wenn Jemanden Zombie-Engel angriffen.
      "Gottverfluchte...RÜCKZUG!"; schrie Williamson und spießte einen Angelus mit einem Feuerspeer auf, der ihm rasant aus der Hand wuchs. Sein Kollege hatte nicht dieses Glück. Mit einem gurgelnden Geräusch und dem Kreischen eines unirdischen Wesens ging dieser zu Boden und selbst Williamson konnte den Schwall der Angeli nicht aufhalten.
      "Hier Williamson!", bellte er in das Funkgerät. "Blockade gefallen. Wiederhole: Blockade gefallen. Befehle, Captain?!"
      Die Meute an Angeli brach durch den Ring und verteilte sich etwas. Ein guter Teil begann die anderen Caster von hinten anzugreifen während einige auch auf Ember, Eva und auch Hawthorne und Cunningham losgingen.
      "Ach du dickes Ei!", murmelte Hawthorne und sah zu EMber. "WIR MÜSSEN SIE AUFHALTEN!", schrie er ihr zu. "SIE DÜRFEN DEN PARK NICHT VERLASSEN!"
      Der Glücksdämon von Bones riss einige dieser unsäglichen Wesen mit sich als er eine gewaltige Feuerwalze auf die Feinde prasseln ließ. An anderer Stellte rammte Eva Beauregard einem Angelus ein Messer zwischen die Augen, ehe sie zu Ember sah, die sie anrufen würde.
      Schweigsam und eilig huschte sie zwischen Leibern und Fetzen davon zu ihr, als sie Prestegard ansprach.
      "SChon schlimeres erlebt", murmelte dieser mit einem harten Akzent und erhob sich. Der Diamant seiner Haut glänzte im Gegenlicht und der Angelus, der ihn regelrecht anfiel, schlug die Zähne in seine Schulter.
      Mit einem Schlag, der einem Kanonenschuss gleich kam, riss Prestegard ihm den Kopf von den Schultern und schüttelte die Reste von Hirn und vermeindlichen Knochen von sich während er zurück aufs Schlachtfeld kehrte.

      Der Hauptbereich lag jedoch woanders.
      August taumelte und fing sich gerade so, um sich in einer unbarmherzigen Schraubzwinge von Griff wieder zu finden. Seine Hände wurden überdehnt und nach unten gedreht, sodass er zu schreien begann, während er noch lachte. Gott, er hasste diese Welt so sehr...
      Er wechselte zu William und seiner Magie. Seine Aura verschob sich in die Hände und die Hände des Angelus begannen zu faulen und regelrecht zu qualmen. Mit einem Urschrei sprang dieser zurück und schlug mit den Schattenflügeln auf die Erde. Dort, wo Staub aufwirbelte, wandelte er sich sogleich in tausende von kleinen Nadeln, die auf August zuflogen.
      Mit einer grazilen Bewegung, die einem Tänzer gleich kam, der einen Umhang über sich zieht, verschwanden die Nadeln im Nichts, um hinter dem Angelus wieder hervor zu kommen. Mit einem lästigen Wischen seiner Flügel verschwanden sie erneut.
      Ein großer Dorn brach aus der Erde zu Augusts Füßen und hätte ihn beinahe touchiert, wenn er nicht, bedingt durch seinen eigenen Zauber, nach hinten hätte fallen müssen. Er pustete in die Luft und dort, wo der Atem verrauchte, bildeteten sich erneut kleine Wirbel aus Licht, das mit Schatten rang.
      "Sieben Pfeile", flüsterte er und ballte die Faust um sie loszuschicken. Die Aura an die Augen geheftet steuerte er ihren Flug und die Pfeile bohrten sich unbarmherzig in den Flügel des Angelus, der nach seiner Schulter griff und zusammen zuckte.
      Im gleichen riss der Sharokh die Hand hinauf und August damit wie eine Puppe von den Füßen. Von unsichtbaren Fäden gezogen, riss es den Rogue schreiend nach oben, bis er gegen Bäumäste und andere Hindernisse schlug und diese mit einriss.
      Eva hatte sich indes bei Ember positioniert und betrachtete den Kampf.
      "Wenn du jetzt schießt, triffst du. Aber er sieht disch!", murmelte sie. "Sonst warte bis er angreift. Einen wirklich anstrengenden Angriff...DIESEN!"
      zwei Sekunden später breitete der Sharokh die Arme aus und sammelte Energien zu seinen Händen, die schwarz im Gegenlicht funkelten. Mit einem irren Heulen schoss er die gewaltige MEnge von fäulniserregender Energie auf August ab, der sich gerade erhob und seinen Nacken streckte.
      "Ach du dickes Ei...", murmelte er und grinste breit, als er die schwarze MAsse auf sich zurollen sah.

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    • Natürlich hatte Ember den Funkspruch gehört, der aus dem Gerät an ihrem Gürtel ertönte. Bei diesem Chaos und der mangelnden Absprache war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Barrikaden fielen und die Masse an Angeli über sie hinwegrollten. Sie brauchten Schutzmaßnahmen, die diesen Ort einkreisten.
      Allerdings konnte sie jetzt den Blick nicht abwenden, ihrer Konzentration keinen Nachlass gewähren. Wie erhofft hatte sich Eva zu ihrer Seite gestellt und gab ihr genau die Informationen, die sie benötigte. Die Aufmerksamkeit des Sharokhs auf sich zu ziehen während sich August wieder berappelte, war eine schlechte Überlegung weshalb sie eiskalt dabei zusah, wie das Metawesen den Arkana empor riss und von sich schleuderte. Dies war der Moment, in dem Ember sogar von den Extremitäten abweichen und den Körper des Sharokhs anvisieren konnte. Denn mit der voran gegangenen Aktion hatte er den Rouge aus der potenziellen Schussbahn geworfen.
      Als sich der Schuss löste hatte der Sharokh Ember und Eva den Rücken zugewandt. Seine Aufmerksamkeit lag gerechtfertigter Weise auf August, wodurch sie ihr Ziel verschieben und die Schulter des Wesens anpeilen konnte. Wenn sie richtig lag, dann würde die Kugel das Schultergelenk zertrümmern und dem Wesen zumindest einen Arm rauben. Und wenn nicht - dann hatte sie ihn wenigstens unvorbereitet getroffen.
      Prompt war der Schuss gefallen fiel Ember auf ihre Knie hinter der Deckung und riss das Gewehr mit sich. Noch während sie hinter sich sah und feststellen musste, dass die Angeli mittlerweile auch nah an sie herangerückt waren, repetierte sie die Waffe durch. Ein Blick glitt hoch zu Eva, die hoffentlich etwas sagen würde, sollte der Sharokh sein Ziel wechseln.
      Mit kalten Fingern riss sich Ember das Funkgerät von der Hüfte. "Schadensbegrenzung! Wir brauchen Wälle um den kompletten Grünstreifen. Lasst die Viecher nicht raus! Zieht Feuerwände oder dergleichen. Alles, was die Angeli eingrenzt."
      Dann steckte sie das Gerät wieder an ihren Gürtel und eilte mit dem Gewehr unterm Arm herüber zu Hawthorne und Cunningham, deren Dorn in der Schulter Ember erst jetzt richtig auffiel. Dem sollte allerdings schnell beigekommen sein. Sie legte die Langwaffe ab und zückte ihre Glock als sie sich seitlich neben Cunningham stellte.
      "Moment."
      Sie schoss direkt gegen den Dorn, der splitternd in sich zerfiel und die angepinnte Zauberin endlich freigab. Eine vermutlich sehr angepisste, aber üblicherweise war Zorn ein fantastisches Triebmittel. Noch bevor sie ihre Glock wieder zurückstecken konnte, sah sie eine Bewegung. Einer der Angeli hatte sich durch die Massen geschlagen und kam direkt auf sie zu. Ohne Umschweife feuerte Ember auf den Angelus, nur um anschließend direkt seitlich abzudriften und einen weiteren Schuss hinterher zu setzen. Der Erste verfehlte den ausweichenden Angelus, der dadurch aber unmittelbar in den Zweiten lief und mit einem Loch in der Brust zu Boden ging.
      Ein Atemzug, dann steckte Ember die Waffe weg.
      "Wie großflächig können Sie ein Vakuum erzeugen?", richtete sie das Wort an Cunningham, als sie vor ihr in die Hocke ging. "Wenn wir die Angeli auf dem Grundstück einpferchen versuchen sie vielleicht zu fliegen. Können Sie eine Kuppel erzeugen, durch die die Angeli nicht mehr fliegen können?"
      Hawthrone hatte recht. Die Masse durfte nicht auf die restliche Stadt losgelassen werden, sonst würden die Kollateralschäden immens ausfallen. Sie mussten so viel Zeit schinden bis der Sharokh fiel. Folglich pflückte sie das Funkgerät von ihrer Hüfte und warf es Hawthorne zu. Dann stand sie mit dem Gewehr auf und suchte sich die nächstbeste Stelle zum Aufbocken.

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    • Das Geräusch, wenn Knochen splittern war bei allen Rassen gleich.
      Zumindest in der Theorie. DIe schwarze Masse riss August regelrecht von den Füßen, nachdem er sich eine Weile wie gegen eine hereinbrechende Welle gegen die schwarze Masse gestemmt hatte. Seine Hände krachten unter der Last der magischen Kraft und der Rogue wurde in den nächsten Steinbogen geschleudert, die zu einigen in den Gärten der Kathedrale standen. Ächzend krachte der Rogue zu Boden und wurde direkt von Bones und Amrah ersetzt, die sich auf den Sharokh stürzten.
      Aus Bones Rücken brachen gigantische Spinnenbeine heraus und stellten sie einige Meter in die Luft, ehe sie versuchte, mit den stachelbewährten Füßen nach dem Sharokh zu stechen. Doch auch dieses wehrte er beinahe spielerisch ab.
      Bis zu dem Moment, wo die Kugel einschlug.
      Ein Ruck ging durch den Körper des Wesens und er schlug nach vorne aus.
      Dort, wo ein Knochen hätte splittern sollen, hatte lediglich der Schuss ein Stück bleiche, weiße Haut freigelegt, die blutete. Die schwarze Nebelrüstung schichtete sich nur mühsam wieder um die Schusswunde, ehe der Sharokh wütend und schreiend herum fuhr. Und wieder war dort dieses Nagende Gefühl an ihm, dass er diese Menschenfrau spürte, aber nicht sah.
      Oh wenn er sie kriegen würde...
      Schreiend stürzte sich der gigantische Voodoopuppenmann auf den Sharokh, wurde aber beinahe mit einer beiläufigen Bewegung der Flügel wütend in zwei Teile gespalten. Stroh und stinkende Füllmasse verteilten sich auf dem Boden während die Spinnenbeine an den MAssen an Angeli scheiterten, auf die sie mittlerweile traten.


      Cunningham nickte dankbar und rieb sich die Schulter, die schwer zu bluten begann.
      "Verfluchte Scheiße...", flüsterte sie und erhob sich unter Schmerzen. Anschließend sah sie zu Ember und schnalzte mit der Zunge. "Ich kann selbstverständlich kein gigantisches Vakuum erzeugen, Sallow. Aber ich kann sicherlich eine gewisse Masse mitnehme-"
      "RUNTER!"
      Mit einem wütenden Schrei wirbelte der Sharokh erneut um sich und schoss eine Salve violetter Kristalldornen ab, die sich wie Speere in die Umgebung bohrten.
      Gerade rechtzeitig zog Hawthorne den Kopf ein und drückte sich an das Trümmerauto, während er sich keuchend umdrehte.
      "Gut, wir müssen sehen, dass wir - "
      Doch Cunningham antwortete nicht einmal mehr. Ein gewaltiger Dorn ragte aus ihrer Brust hervor und nagelte sie regelrecht an den nächsten Baum. Man konnte beinahe das herablassende Grinsen noch sehen, mit dem sie Ember entgegen gestarrt hatte. Festgefroren auf ihrem Gesicht.
      Gerade als Hawthorne reagieren wollte, warf einer der Angeli das Auto zur Seite und starrte grinsend auf Hawthorne hinab. Normalerweise hätte sein Reflex kicken sollen. Er hätte abdrücken müssen. Aber nichts dergleichen konnte er, bei dem hungernden Blick des Wesens.
      "Mistvieh!", zischte Hawthorne.

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    • Das lautgeschriene Runter kam nicht zu spät. Durch das Visier sah Ember, wie sich der Sharokh drehte, aber ihr erschloss sich diese Bewegung nicht. Trotzdem reagierte sie gänzlich automatisch bei dem Wort, ließ die Langwaffe los und duckte sich hinter der Deckung. Sie hörte die Dornen durch die Luft zischen noch bevor sie irgendwo einschlugen. Schützend hielt sie sich die Arme über den Kopf und kniff die Augen zusammen. Hawthornes Stimme holte sie aus ihrer defensiven Haltung und sie entdeckten beide zeitgleich Julias aufgespießten Körper am nächsten Baum. Dieser Anblick ließ die altbekannte Übelkeit in Embers Magengrube wieder empor steigen. Ihre Verbündeten fielen wie die Fliegen. Mächtige Zauberer fielen dem Ganzen zum Opfer und sie konnte rein gar nichts dagegen tun.
      Im nächsten Moment kam Bewegung in die Szene. Das Auto, hinter dem Hawthorne Schutz gesucht hatte, wurde grob zur Seite geworfen. Dahinter tauchte die Gestalt eines Angelus auf, der unheilsschwanger über dem Commissioner aufragte.
      Embers Augen hatten das Vieh nicht mal eine Sekunde lang fixiert, da schoss ihr Arm nach oben und riss das Gewehr zu sich herunter. Die Entfernung war viel zu nah, die Position beschissen, aber für mehr hatte sie keine Zeit. Fahrig ging sie noch im Sitzen in den Anschlag und richtete die Mündung blind auf den Angelus. Prompt löste sich ein Schuss, der oberhalb des Kopfes des Angelus ins Nichts segelte, allerdings dafür sorgte, dass er kurzzeitig Hawthorne außer Acht ließ. Mit einem dumpfen Geräusch ließ Ember das Gewehr fallen, riss ihre Glock wieder heraus und zielte dieses Mal vernünftig. Der erste Schuss ging direkt an die Schulter des Angelus, ließ ihn zurücktaumeln und gewährte Ember Zeit, auf die Füße zu kommen. Die Ruhe war aus ihrem Blick vollkommen verschwunden und der Hass dominierte ihren Ausdruck. Der zweite Schuss fiel, zwängte das Wesen weiter zurück.
      "BEWEG DICH!", schrie sie Hawthorne an, der daraufhin endlich aus seiner Starre erwachte und selbst tätig wurde.
      Dieses Zeitfenster nutzte Ember, um das Magazin ihrer Glock gegen die Sitzgeschosse zu tauschen. Sie brauchte nur einen einzigen weiteren Schuss, um die Kugel zielsicher zwischen die Augen des Angelus zu bringen, der daraufhin zusammensackte.
      Dann wirbelte Ember herum, zurück zu dem Sharokh. Von hier sah sie die Massen an Angeli, die wie Ameisen an den dürren Spinnenbeinen von Bones klebten. Es waren zu viele, sie brauchten etwas, das wie eine Flutwelle das Fußvolk wegwischten. Langsam begann alles im Chaos zu versinken. Wo war eigentlich Eva hin verschwunden?
      Nachdem sie sich versichert hatte, dass der Commissioner wieder halbwegs bei Sinne war und kein Angelus direkt im Umkreis war, setzte Ember mit weichen Knien das Gewehr neu auf. Sie konnte nicht noch einmal nach hinten sehen, um dort eine leer starrende Julia zu entdecken. Oder irgendwo den abgetrennten Kopf von Richardson zu finden.
      "Sie haben das Funkgerät! Wir brauchen desaströse Flächenmagie, sonst werden wir überrannt. Ich kann nicht kommandieren und zeitgleich hier helfen. Haben wir Verzauberer unter den Einheiten? Ich könnte einen grbauchen", sagte sie während sie nachlud und durch das Visier blickte.
      Ohne Eva würde sich Ember auf ihr Gefühl verlassen müssen und hoffen, dass sie den richtigen Zeitpunkt erwischte. Nun doch angespannt ließ sie den Blick über das Schlachtfeld wandern und konnte August nicht mehr finden. Allerdings hatte sie den Angelus inmitten der Meute ausfindig machen können, der sich noch immer mit anderen Zauberern befasste.
      Ember hielt sich flach mit dem Gewehr an ihrer Deckung und versuchte, sie so wenig es ging zu überragen. Nach dem ersten Schuss hatte der Sharokh sie nicht gesehen, vielleicht klappte dies auch nach einem weiteren. Mit notgedrungener Konzentration wartete die Detective ab bis sie ein Fenster ausmachen konnte und exakt die gleiche Stelle an der Schulter des Angelus anvisierte wie schon davor. Abermals knallte es als sie den Abzug betätigte, abermals tauchte sie ab um die Waffe durchzurepetieren.

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    • Ein Krachen ging durch die Welt, als Foremar wieder aus den Trümmern hervorbrach und sich mit übermenschlicher Geschwindigkeit auf den Sharokh zubewegte.
      Der Voodoo-Mann erhob sich wieder und die Fäden des Strohs zogen sich erneut zusammen, ehe er den Kopf schüttelte. Gerade rechtzeitig zog er den verlängerten Arm fort damit August an ihm vorbei stürmen konnte und begann einen heftigen Schlafabtausch mit dem Angelus.
      Seine rechte Faust, geladen mit Zerfallsmagie, prallte auf ein kristallenes Schild, das darunter wie Eisen schmolz, während die Linke Wurfmesser erstehen ließ, die sich grausam in die Seite des Wesens bohrten.
      Ein fieser Schrei ließ August und die Umstehenden zusammenzucken, ehe er sich im nächsten Moment unter einem gewaltigen Schwinger des Angelus wegducken musste. Nur um in der nächsten Sekunde in eine offene Handfläche mit sechs Fingern zu sehen.-
      "Oh je", murmelte August kichernd und wurde von einer Energiewelle schwarzer Masse getroffen.
      Wie ein Gummiball flog er über zwei Hindernisse, ehe er schwer auf dem Boden aufkam.

      Hawthorne indes hatte sich endlich in Bewegung gesetzt und sich zu Ember hinter die Deckung begeben.
      "Seit wann duzen wir uns?", fragte er verstört weil es der einzige sinnige Gedanke war, der ihm durch den Kopf ging. "Und nein, einen Verzauberer haben wir nicht!"
      Mittlerweile mussten sie über die Menge schreien, da die Kampfgeräusche zu laut waren. Und wieder kündigte sich das meckernde Geifern der Angeli an, die wie ein Wolfsrudel durch das Schlachtfeld zogen. Hin und wieder hörten sie die Geräusche von fallenden Kollegen wie aber auch Angeli, die mit gurgelnden oder schreienden Geräuschen zu Boden gingen. Das hier war ein Desaster. Ein Desaster sondergleichen.
      Er wollte gerade noch ein Wort an Sallow richten, da erhob sie sich schon wieder und schoss auf den Sharokh, der sich geifernd auf August zuwandte.
      Mit einem Schrei, den er so noch die gehört hatte, quittierte das Wesen die Tatsache, dass seine Schulter regelrecht in bläulichen Blut explodierte. Wie mechanisch, als hätte er gewusst, wer schoss, riss der Sharokh den Kopf herum und öffnete den Mund.
      Wenig überraschend folgte dem Schrei ein Energiestrahl reinsten Lichts, der Hawthorne selbst in der Deckung blendete. Als dieser auf die Trümmerteile traf, schmolzen diese wie heißes Eisen hinfort und hätten sich vermutlich in ihre Schultern gebrannt, wenn der Strahl nicht beinahe abrupt abriss.
      August hatte sich dem Ungetüm an den Rücken geworfen und riss dessen Kopf nach oben
      "Mueller, jetzt!"
      Die bekannte Stimme gehörte zu Beauregard. Sie hatte sich hinter einem Auto verschanzt und gab einem Mann Signale, der beinahe gelassen über das Schlachtfeld ging. Gekleidet in einen eleganten, schwarzen Anzug und einem adrett gestutzten Schnauzbart wirkte er älter, als er vermutlich war.
      Klaus Mueller, die Nummer 14 der Arkana, war bekannt als "die Mäßigung". Dementsprechend setzte der Deutsche in aller Ruhe einen Fuß vor den Anderen und marschierte auf eine tosende Meute Angeli zu, die ihn hundsgleich erblickte.
      "Ah ich bitte Sie", sagte der Mann in einem gebrochenen Englisch und die Angeli stießen auf ihn zu.
      "MUELLER!"
      "Ja, ja", kommentierte der Mann und berührte den ersten der Angeli mit einer übersinnlich schnellen Bewegung an der Stirn. Ein FIngertips sozusagen.
      Sogleich ging der Angelus zu Boden und rang nach Atem, wie es schein. Dasselbe geschah mit den vier weiteren dieser Horde.
      Eva schoss zu Ember und James und setzte sich zu ihnen,.
      "Sie brauchen einen Verzauberer. Das 'aben wir nischt. Aber wenn Sie mit die Kanone in den Boden schießen, kann Klaus 'elfen."
      "Wie denn?", keuchte JAmes und schoss über die Brüstung.
      "Indem er Ihnen verbietet zu atmen..."
      "WAS?!"
      "Klaus ist ein Siegelmagier. Er kann seine Siegel an alles 'eften, was er möchte. Und sei es ein Sandkorn."
      Hawthorne zog sich zurück und sah zu Ember.
      "Können Sie so schießen, dass es Sand regnet?", fragte er sie. "Wenn ja, los!"

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    • "Sorry, aber an Höflichkeiten habe ich nicht gedacht", gab Ember grummelnd zurück kaum war Hawthorne an ihrer Seite.
      Kaum hatte sich der Schuss gelöst mussten sie beide direkt abtauchen. Der Sharokh hatte schneller reagiert als es ihr lieb gewesen war. Der Lichtstrahl, der relativ schön sogar aussah, trug eine dermaßen Hitze mit sich, dass sich die Spitzen von Embers Haar zu kräuseln und verschmoren begann. Sie spürte bereits, wie sich die Trümmer in ihrem Rücken erhitzten und sie beide gleich von tropfendem Metall verbrannt werden würden. Das Gewehr fiel erst einen Moment später von der Kante und strahlte eine Hitze aus, die es unmöglich machte, es zu berühren. Doch mit einem Mal brach der Lichtstrahl ab und eine Frauenstimme schallte über das Chaos hinweg.
      Prompt fielen Embers Augen auf Eva, die einem sehr löblich gekleideten Mann Anweisungen zurief. Sie verstand nicht, was der Mann dort hinten gerade gesagt hatte, doch sie sah durchaus, was für eine Wirkung seine so einfach anmutende Berührung hatte. Als Eva dann zu ihnen aufschloss, rasten Embers Gedanken querfeld ein.
      Sie sollte so schießen, dass es Sand regnete? Wohl kaum. Allerdings gab es da eine andere Möglichkeit.
      "Geben Sie mir das Funkgerät", forderte sie den Commissioner auf, der ihr das Gerät reichte, um anschließend selbst wieder in eine notdürftige Verteidigung überging.
      "An die Caster mit Wasseraffinität: Erzeugt eine möglichst große Ansammlung von Wasser und lasst es über den Kampfplatz schweben. Möglichst viel, hoch und die stärkste Kompression, die erreicht werden kann!"
      Ember reichte das Funkgerät wieder zurück und tastete nach dem Gewehr. Wie erwartet war es immer noch viel zu heiß, als dass man es gedankenlos anlegen konnte. Sie klickte mit der Zunge während sie einen Blick über ihre geschmolzene Deckung warf und August entdeckte, der dem Sharokh im wahrsten Sinne am Rücken klebte.
      Dann bemerkte Ember ein Glitzern in der Luft, als die ersten Ansammlungen von Wasser gen Himmel stoben. Viel zu wenig, also brauchten sie mehr Zeit. Embers Blick ging in die Richtung, aus der Eva vorhin kam und in der sich der Arkana mit der Nummer 14 aufhielt. Der Sharokh kannte ihre Position, ihre Deckung war halb geschmolzen.
      "Wir müssen den Standort wechseln. Näher zu dem Kerl dahinten", sagte Ember und deutete auf Klaus.
      Sie zog sich den Ärmel des Mantels über ihre Hand und griff nach der Langwaffe, die sich nach ein paar Sekunden schon warm durch den Stoff anfühlte. Dann pirschte sie sich zwischen den Trümmern und Teilen hindurch bis sie an der nächstbesten Deckung angekommen war. Wie erhofft folgten ihr Hawthorne und Eva. Wieder glitt Embers Blick nach oben. Es hatte sich mittlerweile eine unstete Blase gebildet. Immer noch nicht genug.
      "Sagen Sie Ihrem Mann da vorne, dass er seine Magie auf die Wasseransammlung da oben wirken soll. Spätestens, wenn sie eine gleichmäßige Form erreicht hat", richtete Ember das Wort an Eva und bockte das Gewehr wieder auf.
      Ihr Blick überflog den Platz vor ihr, wo sich die deutlich in der Überzahl befindlichen Angeli mit den Menschen auseinander setzte. Mittlerweile glich es eher einem Schlachtfest als allem anderen und von Sekunde zu Sekunde wurde es schlimmer. So schlimm, dass Ember das noch immer zu heiße Gewehr ignorierte und in den Anschlag ging.
      "Ms Beauregard, geben Sie Bescheid, falls ein Angriff auf uns ansteht. Hawthorne, bitte um Deckung bis ich fertig bin."
      Die Metallteile färbten die Hautstellen in Kontakt bereits leicht rot während Ember angestrengt durch das Visier nach oben schaute. Die Wassermasse hatte an erstaunlichem Volumen zugelegt was nur daher rühren konnte, dass noch andere unregistrierte Zauberer außerhalb mithalfen. Dann nahm die Blase eine scharfe Außenkontur an.
      "Fertig?!"
      Als Eva ihr auf die Schulter als Bestätigung tippte, drückte Ember den Abzug durch. Die Kugel traf auf die riesige Wasseransammlung, die dank des hohen Drucks im Inneren und der Durchschlagskraft der Waffe regelrecht platzte. Das Wasser sprengte in alle Himmelsrichtungen, um schließlich als Regenschauer auf dem Platz niederzugehen. Umgehend ließ Ember von der Waffe ab und lugte über die Deckung hinweg, ob der Plan funktionierte.

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