Vessels [Asuna & Winterhauch]

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Man sieht nichts.
      Man hört nichts.
      Man fühlt kaum etwas.
      Wie in einem luftleeren Raum, dennoch schwebend in einem weißen Raum des Nichts.
      Man friert nicht, man schwitzt nicht. Wie in einer wohligen Kugel schwebst du hier im Nichts.
      Du fühlst nichts, du denkst nichts. Du befindest dich in einem unendlichen Zustand des Seins, darauf wartend, dass jemand das Glas zerbricht.

      Anifuris polterte regelrecht in einem ihm unbekannten Raum. Er spürte deutlich den Wechsel der Realitäte, die ihn unweigerlich ins Straucheln brachte, kaum hatte er die Schwärze wieder verlassen und sich in einem fremden Raum wiedergefunden. Es dauerte ein paar Sekunden bis er den Raum als kleines Büro ausmachte, das allerdings verlassen war. Bei seinem Auftauchen war er gegen den Schreibtisch geprallt, weshalb er leise fluchte und sich den Beckenknochen rieb.
      Er sandte einen kleinen Aurapuls aus, eine Art Echolot, mit dem er zumindest feststellen konnte, dass er nicht allein war. Und dass diese grünliche Aura, die nach Weihrauch duftete, dem Babylonier in einem Raum hinter diesem Büro gehörte. Ein prüfender Blick, ob sich die Memoiren noch unter seinem Arm befanden, dann steuerte er die Tür an, hinter der er den Babylonier vermutete.
      Ganz wie es die Höflichkeit gebar klopfte er und wartete ab, bis er eine Bestätigung hörte. Erst dann öffnete er die Tür und schob die schweren Vorhänge zur Seite, um aufrichtig überrascht den Blick schweifen zu lassen. Die Luft surrte quasi voll Magie und wirkte so schwer und geladen wie zu jender Zeit, als er Höchstriten zu seinen Lebzeiten durchgeführt hatte. Der Raum war fensterlos und wurde nur durch Flammenscheine erhellt, die größtenteils ungebunden an den Wänden flackerten. Sämtliche Einrichtungen, Stoffe und Gerüche zeugten von einer längst vergangen Kultur und Zeitalter, die so ziemlich jeden Forscherdrang des Seelendiebs ansprachen.
      "Wenn die mir die Kathedrale auch so hergerichtet hätten, wäre ein Ausbruch ja hinfällig gewesen", bewunderte Anifuris den Raum nachdem er sich vorsichtig hineinschob und erst einmal klarkommen musste, dass die Magie im Raum ihn beinahe zu erdrücken schien. "Ich nehme an, man hat mein Eintreffen nicht so früh erwartet. Zugegeben, nach einer kleinen Planänderung hätte ich das auch nicht gedacht."
      Er blieb angemessenerweise in der Nähe der Tür stehen weil es ihm nicht wirklich behagte. Dies hier waren höchst eigene Privatbereiche einer EInheit, die vermutlich zumindest seiner Hülle gefährlich werden konnte. So unscheinbar Mortimer auch wirken mochte, wie er mit seinen bunten Wollsocken in unauffälligen Aufzug im Sessel lungerte, so schnell konnte die Stimmung kippen.
      "Ich dachte mir, ich frage mal vorsichtig nach, ob du vielleicht Interesse an einem kleinen Ausflug hättest? Wir sind auf der Suche nach jemanden und wie es der Zufall so will, befindet er sich im Hellgate. Sagt dir soch bestimmt etwas. Oh, sind das authentische Abhandlungen über babylonische Riten?", fragte er sichtlich interessiert nach als er Schriften auf dem Schreibtisch entdeckte, wo die autake Feder bereits ihren Dienst wieder aufgenommen hatte.

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Über das jugendliche Gesicht des Babyloniers zog sich ein breites, erfreutes Lächeln.
      Durch die Tür stolperte wie vermutet die flüchtige aber äußerst willkommene Gestalt einer jungen Vessel. Eine Gestalt, die nicht recht zu dem wissbegierigen und zielstrebigen Geist im Inneren passte. Eine anderes Gefäß wäre sicherlich passender für eine Seele wie Anifuris, aber manchmal musste ein jeder mit dem arbeiten, das zur Verfügung stand. Offensichtlich, wie Mortimer wusste, hatte Anifuris bei der Wahl seiner aktuellen Hülle kein Mitspracherecht gehabt. Ein Luxus, den nur wenige von ihnen besaßen. Vor allem jene, die einen gewissen Nutzen für den Rat hatten.
      "Willkommen in meinem bescheidenen Heim, mein Freund.", begrüßte Mortimer den Neuankömmling.
      Fragend und auf kindliche Art legte der Archivar den Kopf schief, während das Grinsen auf seinem Gesicht beinahe von einem Ohr bis zum anderen reichte.
      "Der Rat hat damit nichts zu tun. Bitte tritt näher. Ich versichere dir, du verletzt keine persönlichen Grenzen. Das hier...," lächelte der Babylonier mit der angebrachten Höflichkeit und vollführte eine elegante, ausschweifende Bewegung mit der Hand. "...ist lediglich eine konstruierte Illusion, die durch meine Erinnerungen gespeist wird. Nichts davon ist stammt wirklich aus dem alten Babylon. Bedauerlicherweise erfasst mich von Zeit zu Zeit ein lästiges Gefühl von Sehnsucht nach der Heimat. Sei mein Gast, Anifuris. Tee?"
      Mit einem Schnippen seiner Finger erhob sich eine filigrane Kanne aus reinstem Silber mit allerlei orientalischen Verzierungen, dazu der passende Silberbecher traditionell ohne Henkel. Der Duft nach frischem Jasmin stammte eindeutig aus der edlen Kanne. Beides schwebte wie ein stummes Angebot direkt vor der Nase seines Gastes, ehe die Kanne durch unsichtbare Hand geneigt wurde und sich die dampfende Flüssigkeit in den Becher ergoss.
      Mortimer hob seinen eigenen Tee an die Lippen und nippte an dem wohlduftenden Inhalt. Es hatte wirklich etwas Beruhigendes.
      "Hellgate? Selbstredend. Woran die Menschen auch glauben, wissen sie nicht, dass es tatsächlich Koordinaten für die leibhaftige Hölle gibt. Zumindest für Unsereins. Eingepfercht in winzige Zellen, jeder Stimulation und Aktivität beraut und beschränkt in unserer Entfaltung. Welcher von den bemitleidenswerten Teufeln erweckt dein Interesse?", murmelte er gedankenverloren, als spräche er mit sich selbst. Der überraschte Ausruf seines Besuchers schien ihn aus der Trance zu reißen.
      "Oh ja, tatsächlich verfasse ich gerade ein bescheidenes, persönliches Manifest über meine Forschung zur Umwandlung lebendiger Materie.", sprach er enthusiastisch und schwang die langen Beine vom Hocker. "Gegenstände zu manipulieren ist eine Sache, Lebendiges zu wandeln, fordert etwas mehr Fingerspitzengefühl. Altbabylonische Runen sind ein wunderbarer Stabilisator. Die neumodische Körperkunst ist da überaus hilfreich, um Symbole dauerhaft zu verewigen und ihre Wirkung über Jahrzehnte aufrecht zu erhalten."
      Mortimer schlenderte gelassen zum Schreibtisch herüber und begutachtete die fleißige Feder.
      "Ich muss dich dennoch freundlich an unsere Abmachung erinnern. Konntest du bereits einen Blick in das Manifets werfen?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Die Erklärung, dass all das hier nicht real war, ließ sogar den alten Seelendieb einen Moment andächtig schweigen. Über die Jahrhunderte hatte er viel gesehen, stand in Kontakt mit viel mächtigeren Wesen als er selbst es war, aber es erstaunte ihn jedes Mal aufs Neue, wenn er hochmagische Konstrukte sah. Erst recht, wenn er sich absolut sicher war, dass die Vorhänge sich in seinen Händen wahrlich real angefühlt hatten.
      "Was für ein Gast wäre ich, wenn ich ein Getränk ausschlage?", fragte Anifuris und sah dabei zu, wie eine Silberkanne samt Becher zu ihm schwebten und das Gefäß mit duftendem Tee auffüllte, kaum hatte er den henkellosen Becher in die Hand genommen.
      Selbst dieser einfache Becher wirkte genauso real wie alles andere hier im Raum. Nur mit dem Unterschied, dass die alte Seele spürte, dass dieses Gefäß einst mit Magie erzeugt worden war und demnach in seiner Realität angekommen war.
      "Ich muss gestehen, ich war viel zu lange nicht auf Erden als dass ich wirklich weiß, was die Menschheit dort fabriziert hat", gestand Anifuris während er langsam mit dem Becher in der Hand seine Runde zog. "Vor Ewigkeiten war ich mal dort, als es nur unterirdische Höhlen gab, wo der Rat einfacher zu haltene Gefäße verstaut hatte. Oder es zumindest versucht hatte. Dass es heutzutage ein Hochsicherheitstrakt ist, war mir nicht bewusst. Vorallem ist das grob fahrlässig. Angenommen, es befreit sich nur eine Seele, reißt sie die gesamte Anlage nieder und lässt einen Haufen an durchgedrehten Einheiten auf die Welt los. Wir suchen Scintilla."
      Auf Anifuris Nachfrage hin schien der Archivar endlich aus seiner gemächlichen Haltung zu erwachen und hob seine Füße von dem Hocker. Noch immer mit einer gewissen Vorsicht beobachtete der Seelendieb wie der Babylonier zu seinem Schreibtisch ging und einen Blick auf die Feder warf, die wie von Geisterhand über das Papier flog. Schweigend schloss er zu dem viel zu jung aussehenden Mann auf, der schließlich doch ein etwas heikleres Thema wieder ansprach.
      "Einen Blick habe ich hineingeworfen, ja", bestätigte Anifuris, "aber weiter als den Prolog bin ich noch nicht gekommen. Es gab da einen... hm... Zwischenfall mit dem kleinen Seeker, würde ich sagen. War nicht sehr erfreut darüber, dass ich ihm quasi Hausarrest verpasst habe und nun eigenständig einen Freund besuchen gegangen bin."
      Oh, und wie er sich vorstellen konnte, wie der gefrustete Cain in der Wohnung wie ein gefanges Tier umhertigerte.
      "Ich weiß, dass es eine gänzlich andere Sache ist, Lebendiges zu wandeln. Ich war mitunter der Erste, dem es gelungen war eine Seele im Körper eines anderen zu bannen. Der Rat hat sich dieses Wissen angeeignet und nutzt es nun in nicht perfektionierter Form. Weshalb mich brennend interessieren würde, wie er es schafft, durchgedrehte Gefäße im Untergrund zu halten. Sicher, man kann den Körper unter Drogen setzen wenn die Assimilation noch nicht vollständig erfolgt ist. Aber wie kriegen die Menschen erwachte Seelen wieder unter Kontrolle?"
      Er sah dabei seine eigene, kleine Hand an. Dieser Zustand hier war selbst für ihn neu. Ein anderes Bewusstsein wie ein Dämmerschlaf in sich zu wissen erschien ihm wie eine tickende Zeitbombe, die er nicht zu streicheln wagte.
      "Babylonische Runen hatte ich zur Zeiten meiner Forschung nicht. Darf ich da mal ein paar von sehen? Ich hatte mein eigenes System mit den Blutrunen entwickelt, die sich anhand der Aurenfarbe verhielten. Im Übrigen ist die Kette im Archiv da hinten auch von mir. Das war das erste Mal, dass ich etwas Lebendiges erfolgreich in etwas Totes fesseln konnte. Ich glaube, sie nimmt mir das immer noch übel..."

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Beiläufig überflog der gewissenhafte Archivar die fleißige Feder.
      Der Schreibtisch stellte sich als ein heilloses Chaos heraus, denn kreuz und quer über das edle Holz waren Papiere mit Notizen verstreut. Das Durcheinander passte einerseits nicht zu der peniblen Ordnungsliebe des Babyloniers, andererseits spiegelte es allzu gut die sprunghaften Gedankenwechsel des Mannes an, der in diesem Augenblick unzufrieden mit der Zunge schnalzte. Die Schreibfeder, die offensichtlich aus der Schwungfeder eines Raubvogel gefertigt wurde, hielt zitternd mitten im Wort still, als erwartete sie voller Spannung, was ihren Herrn und Meister verstimmt hatte. Ruckartig setzte sich die Feder erneut in Bewegung und strich laut kratzend den kompletten ersten Absatz der neuen Seite durch um von Neuem zu beginnen. Jede Silbe entsprang einer uralten Sprache, die längst in Vergessenheit geraten war.
      "Scintilla?", fragte Mortimer und zog dabei eine Augenbraue sachte in die Höhe. Das Grinsen auf seinen Lippen erinnerte an eine Katze kurz vor dem Sprung auf ihre Beute. "Das verrückte Weibsbild besitzt keinerlei Selbstbeherrschung. Der Bezug zur Realität ist unserem kleinen Feuerteufel schon vor Jahrhunderten abhandengekommen. Sie ist nicht kontrollierbar. Welches Interesse haben du und dein zahnloser Schoßhund an ihr?"
      Scintilla war durchaus in der Lage ganze Landstriche in Folge eines frustrierten Ausbruches auszuradieren. Eine Wahnsinnige, die eine ganze Stadt in Schutt und Asche legte, wenn sie nicht ihren Willen bekam. Die Charakteristik erinnerte an einen Teenager, der das Wort 'Nein' nicht akzeptierte. Grob gesagt, war sie das auch. Mortimer kannte die Geschichte hinter Scintilla und ihres grausamen Ablebens. Wie ein rachsüchtiger Poltergeist klammerte sich die leicht reizbare Seele an vorzugsweise junge Mädchen als Gefäße.
      "Der kleine Seeker besitzt also tatsächlich Temperament?", schmunzelte der Babylonier und beschäftigte seine Hände damit, die verstreute Papiere auf einem sauberen Stapel abzulegen. Es war nicht ersichtlich ob er dabei ein System verfolgte oder alles wahllos aufeinander schichtete. "Ein Zwischenfall, soso...Ich nehme nicht an, dass du vorhast mich dahingehend zu erleuchten, mein Freund?"
      Die Neugierde in den Augen, die zu alt für sein jugendliches Gesicht waren, ließ sich kaum übersehen.
      "Der Rat geht, gelinde gesagt, äußerst laienhaft vor. Die Gefäße sind minderwertig und zu schwach.", murmelte Mortimer und setztes ich kurzerhand auf die freigeräumte Fläche des Schreibtisches, um elegant ein Bein über das andere zu schlagen. "Eine erzwungene Verbindung zwischen uns und einem Gefäß, dass kaum mehr Fassungsvermögen besitzt als eine dieser hübschen Teetassen, kann nicht von Erfolg gekrönt sein. Ihnen fehlt das entscheidende Puzzleteil. Jemand, der dazu in der Lage ist, eine Verknüpfung zu weben. Deine bedauernswerte Gastgeberin besäße eventuell das notwendige Talent dafür. Mit der richtigen Ausbildung und Anleitung, versteht sich. Aber das möchte doch niemand..."
      Das Grinsen verdunkelte sich ein paar Nuancen. Es war schwer zu sagen, welche Gedanken Mortimer durch den Kopf wirbelten. Generell schienen seine Stimmungsschwankungen von unberechenbarer Natur.
      Plötzlich klatschte der Babylonier begleitet von einem erfreuten Lachen in die Hände, wobei die Teetasse zwischen seinen Handflächen im Nichts verschwand, als wäre sie in einem winzigen, schwarzen Loch in seiner Hand verschwunden. Ein ausgeprägtes Gehör hörte vielleicht sogar ein leises 'Plop'.
      "Es ist wahr. Sie stellen die Körper ruhig.", bestätigte Mortimer. "Im Prinzip kontrollieren wir unsere geliehenen Körper, wie ein Fahrzeug. Funktionieren notwendige Teile nicht, haben wir keine Möglichkeit ihn zu nutzen. Sie versetzen die Körper in einen komatösen Zustand und berauben sie jeder Sinnesstimulation. Nicht sehen, nicht hören, nicht sprechen. Völlige Bewegungsunfähigkeit. Nur der Geist bleibt wach. Wenige Seelen besitzen dein begnadetes Talent zur Manipulation. Kannst du dir vorstellen, was das mit einer Seele anrichtet? Und mit der Seele des unfreiwilligen Wirts, sofern noch existent?"
      Für eine solche Ausführung wirkte der Mann auf dem Tisch besorgniserregend gut gelaunt. Mit einer ausschweifenden Armbewegung deutete er auf die Schriftstücke hinter sich.
      "Bitte, sei mein Gast und sieh dir an, was dein Interesse weckt.", nickte er. "Ja, die Kette ist ein faszinierendes Objekt und ich versichere dir, mein Freund, sie ist stinksauer. Vor ein paar Jahren hat der Anhänger so stark vibriert, dass ihre Schwingungen mehrere meiner Schaukästen sprengten. Ich finde heute noch Glasscherben in den kleinsten Winkel. Äußerst ärgerlich und sehr unhöflich."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • "Ich muss gestehen, dass ich Scintilla lediglich vom Weitem habe einmal beobachten dürfen. In direkten Kontakt mit ihr stand ich noch nicht, allerdings scheint das gute Weib schon viel zu lange sämtliche Rationalität verloren zu haben. Der kleine Seeker hat leider das Pech, dass man das Weib in seine Schwester versucht hat zu pflanzen. Ihr Körper existiert noch, aber ich spüre praktisch keine Menschlichkeit mehr wenn ich nach ihr suche. Ich denke, seine Schwester existiert schon lange nicht mehr."
      Anifuris hatte sich neben dem wüst wirkenden Schreibtisch platziert, der Silberbecher noch immer dampfend in seiner Hand während er dabei zusah, wie die Schreibfeder regelrecht eskalierte und einen ganzen Absatz einfach strich. Nachdenklich nippte er an dem Tee und musste seine Gedankengänge für einen Augenblick unterbrechen, in dem er anerkennend einen Blick in den Becher warf.
      Als er seinen Blick wieder auf Mortimer richtete, sah er gerade noch, wie eben jener ihn mit unverholener Neugier beäugte. Für den Babylonier war der Seelendieb eine willkommene Abwechslung in seinem sonst so tristen, scheinbar unendlichen Leben. Wie viele Hüllen hatte man ihm wohl gestellt in der unvorstellbaren Zeit seiner Existenz? Was hielt ihn davon ab, durchzudrehen wie sie alle anderen?
      "Zwischenfall in einer anderen Hinsicht. Ich habe dem kleinen Seeker seine Neutralität zurückgegeben", offenbarte er leise, nicht gerade schlüssig darüber, ob es klug war zu zeigen, was er konnte. Allerdings hatte Mortimer bereits gesehen, wie einfach er eine andere Seele absorbiert hatte. Da sollte der Rest nicht tragischer sein...
      "Ich habe ihm die Fähigkeit genommen, zu lieben. Diese Uremotion fehlt ihm nun, damit er objektivere Entscheidungen treffen kann. Und da bekanntlich nichts einfach ausgelöst werden kann, schläft dieser Teil nun in mir."
      Er führte seine freie Hand an seine eigene Brust und wusste, dass der Archivar nicht sehen können würde, dass es ein Seelenfragment war, was er tief in seiner eigenen vergraben hatte und dort nur auf seinen Einsatz wartete. Es störte die Ureigene Turbulenz seiner eigenen Seele nicht und lag wie ein Schatz vor den neugierigen Blicken der anderen verborgen.
      Anifuris kam nicht drum herum zu bemerken, dass er Mortimer ein wenig irritiert betrachtete. Viel zu elegant setzte er sich auf die freie Fläche am Schreibtisch während neben ihm die Feder unaufhaltsam weiter unaussprechliche Worte niederschrieb. Tatsächlich fühlte er sich in diesem Moment etwas fehlplatziert in diesem Raum, der aus einem Erinnerungskonstrukt bestand, tief unter der Erde. Seine Miene wurde undeutlich als er hörte, dass der Archivar das gleiche vermutete, zu dem Sylea imstande sein konnte.
      "Ich fürchte, sie brauch nicht einmal die Anleitung dafür. Unwissentlich hat sie es mit uns bereits getan weil sie hoffte, mich damit unterbrechen zu können. Ich habe noch nie gesehen, dass man Auren so delikat ineinander weben kann. Wenn sie jetzt noch herausfindet, wie man die Farben in Relation zur Seele betrachten muss, dann kann sie für jede Seele das passende Gefäß bestimmen. Ihre Affinität kommt einzig von ihrer silbernen Aura und gepaart mit dem Gold des Seekers könnte sie vermutlich sogar dich aus deinem jetzigen Körper ziehen und in einen anderen stecken", ließ er den Archivar weiterhin an seinen Gedanken teilhaben und ertappte sich dabei, wie er sich schon fast freute, einen Gleichgesinnten gefunden zu haben.
      Nachdem er die Erlaubnis von Mortimer bekommen hatte, ließ Anifuris seine aufmerksamen Augen über alles gleiten, das auch nur ansatzweise von Wert für ihn sein mochte. Er hatte schon lange nicht mehr an seinen Forschungen und Erkenntnissen gearbeitet, zumal er satte zehn Jahre einfach weggesperrt worden war. Bei diesem Gedanken drehte er sich ein wenig im Kreis, als er urplötzlich innehielt und wie gebannt ein paar Schriftzeichen anstarrte, die scheinbar willkürlich auf irgendwelchen Papieren niedergeschrieben waren.
      Sie ähnelten den Zeichen im Kreis an der Kathedrale.
      "Ich brauche mir nicht vorstellen, was es mit der Seele macht. Ich sehe es." Seine Stimme war abgelenkt als seine Fingerspitzen über die Zeichen glitten und eine böse Vermutung in ihm wachwerden ließ. "Der Seelenspiegel sieht anders aus als die Aurenfarbe, die der ein oder andere von uns noch sehen kann. Aber ich kenne niemanden, der sich durch die Aura graben kann und den Kern, die Seele, sieht. Deswegen konnte ich Inola in die Kette bannen weil ich jede einzelne Facette ihrer Seele bestimmen konnte. Jede Regung, jeden Winkel, jede Farbe und jeder Ton. Ich konnte diese Bausteine nach meinen Wünschen ändern, verdrehen, bis ich sie an den Tonus der Kette, einem toten Objekt, anpassen konnte. Weil ich mit ihrer Seele gespielt habe hat sie sich verändert, wurde jähzornig, von Rache zerfressen. Ursprünglich war sie allerdings eine zuvorkommende, liebenswürdige Person gewesen."
      Anifuris zuckte mit den Schultern als er sich von den Aufzeichnungen losriss und den Tee in einem hinunterstürzte. Unverwandt ließ er den Becher einfach los und sah verzückt dabei zu, wie er sich noch im Fall auslöste und einfach verschwand.
      "Und da es mich in den Fingern juckt zu sehen, wen der Rat noch eingesperrt hat, bin ich geneigt, mir dieses Höllentor einmal anzusehen. Da ich allerdings nicht weiß, was mich erwartet wäre etwas Unterstützung vielleicht nicht verkehrt. Ein kleiner Spaziergang in deinen Augen, wenn ich mal so sagen darf."

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Bedauerlicherweise trügt dich dein Gespür nicht. Die Existenz der Gesuchten dürfte bereits im Augenblick der Besetzung buchstäblich in Flammen aufgegangen sein. Scintilla merzt das Bewusstsein des Wirts vollständig aus. Sie ist getrieben von Zorn und Rachsucht, obwohl ihre Mörder bereits seit Ewigkeiten unter der Erde verfaulen. Das Feuer übte schon immer eine gewisse Faszination auf sie aus. Ein Unglück führte zur weiterem Unglück. Letztendlich erging es Scintilla wie vielen bemitleidenswerten Menschen, die in dieser dunklen Zeit der Menschheitsgeschichte aus der Menge hervorstachen."
      Mortimer sprach sachlich als rezitiere er aus einer angestaubten, historischen Chronik. Sein Blick wanderte über die zuckenden Flammen im Kamin, die sich lechzend und hungrig am Sauerstoff labten. Der Ausdruck auf seinem Gesicht erschien entrückt, als blickte er durch das flackernde Feuer in eine längst vergangene Zeit. Der Babylonier mochte mächtig sein, aber die Gabe die Zeit zu durchschreiten, war auch ihm nicht gegeben. Dafür besaß er ein hervorragendes Erinnerungsvermögen.
      "Scintilla, in ihren ersten Leben Susannah Martin, wurde bei den Hexenprozessen von Salem verurteilt und erhängt. Eine Erleuchtung für die Gute, die noch am Strick aus unerklärlichen Gründen in Flammen aufging. Seitdem wütete sie unkontrolliert durch die Weltgeschichte. Ich frage mich, wie dein kleiner Seeker auf die Neuigkeiten reagiert. Ein Blick auf ihn reichte, um zu erkennen, dass er von Schuld geradezu zerfressen ist. Du magst ihm die Fähigkeit zu lieben genommen haben, aber ich frage dich, was geschieht mit Menschen die an ihrer Schuld ersticken und nichts mehr haben, dass ihnen Hoffnung gibt?"
      Obgleich der grausamen Worte verzerrte ein wölfisches Grinsen sein Gesicht, als amüsierte ihn der Gedanke an das Ausmaß der Katastrophe. Wozu war der Seeker mit der goldfarbenen Aura imstande, wenn die Dunkelheit über ihn hereinbrach? Ein Schauspiel, dass in den Augen des Archivars durchaus sehenswert war. Finsternis machte vor niemandem halt, auch nicht vor einer guten Seele, die stehts alle anderen über sich stellte.
      Überrascht hob Mortimer eine Augenbraue und betrachtete Anifuris mit einem Mal wie ein überaus seltenes Exponat.
      "Tatsächlich?", fragte er und lehnte sich etwas auf dem Tisch zurück, den Oberkörper mit den Armen auf der Tischplatte abgestützt. "Leider muss ich zugeben, dass ich diesen Umstand nicht vorausgesehen habe. Rein instinktiv, sagst du? Das ist ebenso faszinierend wie gefährlich. Ich zweifle nicht an deinen Fähigkeiten, die sicherlich ihres Gleichen suchen, aber du hockst auf einem Pulverfass, mein Freund. Die Kleine und der Seeker sind eine explosive Mischung. Du magst die Verschmelzung unterbunden haben, aber das relativiert nicht die enge Verbindung. Der Seeker mag vergessen haben, wie sich Liebe anfühlt, aber deine Begleiterin wird es noch wissen. Sag mir, ist sie dem Zorn zugeneigt? Wie wird sie reagieren, wenn sie erfährt, dass der Mann der sie eigentlich lieben sollte, das Schicksal seiner Schwester über ihres stellt?"
      Der Babylonier verfiel in langes Schweigen.
      Die Ausführungen über die Kette erweckten einen neuen Funken der Begeisterung. Die Fingerfertigkeit, mit der die Seele in das Kleinod gebannt war, war bewundernswert. Und dennoch brachte ihn die Kette bei seinen eigenen Forschungen nicht weiter. Anifuris manipulierte die Seelen selbst, Mortimer manipulierte feste Materie nach seinem Willen. Seele und Körper. Nur der Teufel persönlich wusste, wozu die beiden in der Lage sein konnten, wenn sie ihre Kräfte kombinierten.
      "Ich beneide dich um deine Aurasicht, mein Freund. Den Dingen auf diese Art auf den Grund zugehen...Beneidenswert.", grinste er. Es war eine außergewöhnliche Freunde, sich mit einem Gleichgesinnten zu unterhalten. Das hatte es seit über tausend Jahren nicht mehr gegeben. Mortimer hatte viele Dinge vergessen oder kümmerte sich nicht darum, aber eines hatte er nie verdrängen können. Einsamkeit.
      "Ein Ausflug in die Highlands?"
      In einer geschmeidigen Bewegung glitt der Archivar von dem kostbaren Tisch und schob sich eine Strähne dunklen Haares zurück.
      "Ein wenig frische Luft wäre angebracht."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • "Teil dem Seeker nicht mit, dass seine Schwester nicht mehr ist. Er wird ansonsten zu früh einen Zusammenbruch kriegen, den ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeplant habe", teilte Anifuris Mortimer mit während er bereits wieder nach dem Schlüssel fischte.
      "Mir persönlich ist es eigentlich egal, ob er an seiner Schuld erstickt oder sonst was. Im Notfall verwandel ich ihn in einen sabbernden Haufen Zellen solange er mir goldene Aura nachproduziert. Er ist ein Verstärker sondergleichen. Ich konnte mit ihm viel zu leicht die Barrieren einer Seele durchdringen, die viel älter war als ich. Es hätte Wochen gedauert, wenn ich es auf die übliche Art und Weise versucht hätte."
      Wie ein kalter Windzug schob sich die einstige Aura von Helyon über sein Gemüt, ein letzter Gruß der Seele, die nun in seiner verschmolzen war und das Purpur bildete, das nun seine neue Aura war. Dann warf Anifuris einen Blick zum Archivar, der nicht weniger ernst sein konnte.
      "SIcher, das Mädchen ist ein Pulverfass. Aber sie ist und bleibt ein Kind, das keine Ahnung von der Außenwelt hat. Ich weiß nicht, ob du es noch nicht gemerkt hast, aber sie ist dormant. Seit der Aktion in der Wohnung ist sie einfach weg und doch da. Ihr Bewusstsein hat sich in Staub aufgelöst, ungerichtet und konfus, der noch immer durch mein Selbst driftet. Das ist ein Zustand, den selbst ich noch nicht so kannte. Ich weiß nicht, ob sie jemals wieder zurückkommt. Folglich weiß ich auch nicht, ob sie sonderlich zornig sein würde. Ja, sie hegte schon mal Rachegelüste, aber nichts außergewöhnliches."
      Schlussendlich zuckte er nur mit den Schultern und pilgerte zurück zu der Tür, die ins das Büro führte. Er zog die Tür zu, steckte den Schlüssel noch mal rein, drehte und öffnete die gähnende Leere dahinter. Wirklich praktisches kleines Spielzeug, das der Babylonier ihm gemacht hatte.
      "Dann würde ich mal sagen, wir sammeln unseren kleinen Seeker einmal zum Spielen ein", grinste Anifuris und trat zusammen mit Mortimer durch das schwarze Nichts.

      Der Seelendieb stolperte genauso ungeschickt wie zuvor durch das Nichts und in die Wohnung Cains. Hinter ihm folgte der Archivar sichtlich eleganter und schloss die Tür hinter sich während Anifuris die Ohren spitzte. Wo steckte der kleine Seeker?
      "Ich hab Besuch mitgebracht!", frohlockte Anifuris und legte sorgsam die Memoiren zur Seite, die er noch immer unter seinen Arm geklemmt hatte. "Wir können einen Ausflug zu dritt machen, was hältst du davon?"

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Verschwiegenheit.
      Mortimer verzog missbilligend das Gesicht angesichts des aufregenden Chaos, das ihm dabei durch die Finger glitt.
      "Dann tust du gut daran, deinen Goldesel bei Laune zu halten.", riet der Babylonier.
      Einem Menschen ohne Liebe, fehlte die Balance. Es war nur eine Frage der Zeit bis der Seeker zu schwanken begann.
      Andererseits überwog der Mehrwert seinen neuen Freund nicht allzu früh zu vergraulen, ein kurzes und amüsantes Scharmützel. Zustimmend nickte der Archivar und erhob einen Zeigefinger, um Anifuris kurz zu bedeuten etwas Geduld zu haben. Wenn Mortimer etwas besaß, dann war es Zeit und er sah keinen Grund, der ihn zu überschwänglicher Eile drängte.
      Mit sichtlicher Ruhe schlenderte der Babylonier durch den Raum und verschwand kurzzeitig hinter einem der luxuriösen Vorhänge. Als er nach wenigen Augenblicke zurückkehrte, trug er vernünftige Schuhe aus dunklem Leder an den Füßen. Passen ausgewählt zu dem eleganten Dreiteiler aus Anzughose, Wese und Jackett. Niemand, der ihn ansah, würde das Outfit als geeignet finden um in einen Hochsicherheitsgefängnis unter der Erde einzubrechen. Aber Mortimer war offensichtlich sehr zufrieden mit der Auswahl des edlen Anzuges, der von einer teuren und namenhafte Marke war. Einer gewissen Modernität konnte sich auch eine uralte Seele nicht entziehen. Er verzichtete für diesen kleine Ausflug auf den altertümlichen Touch. Und auf eine störende Krawatte. Das Hemd war bis tief unter das Schlüsselbein aufgeknüpft und gab den Blick auf das Medaillon frei, das in derselben Farbe seiner Augen schimmerte und eindeutig Lichtreflexe und Schatten beinhaltete, die nicht von der Beleuchtung herrührten. Er hatte es schon bei der ersten Begegnung getragen.
      Die plötzliche Schwankung der Aura veranlasste Mortimer kurz inne zu halten.
      Die glühende, zornige Art, die ihm entgegenschlug, ordnete er dem armseligen Tropf Helyon zu. Erstaunlich wie Anifuris es schaffte eine derart dominante Aura zu assimilieren. Ein wirklich begnadetes Talent.
      "Wenn Sie noch existent ist, kann sie auch zurückkehren. Es benötigt lediglich den richtigen Anreiz.", sprach Mortimer und machte eine beiläufige, fast wegwerfende Bewegung mit der Hand. Der Katalysator saß vermutlich direkt vor Nase seines ungewöhnlichen Freundes sobald sie zurückkehrten. Und er schäumt ohne Zweifel vor Wut.

      Bevor Anifuris seinen Satz beendet hatte, stand der Seeker bereits auf den Füßen.
      Cain sprang förmlich von der bequemen Couch. So ungern er es auch zugab, hatte Anifuris Recht behalten. Eine kleine Verschnaufpause hatte Wunder gewirkt. Lediglich das gelegentliche Ziepen seines Beines zerrte an den eh bereits zu dünnen Nerven. Wie ein überreiztes Raubtier, dessen Beute ihm zwischen den Pfoten hindurch geschlüpft war, führte seine eiligen Schritte Cain in den Flur.
      Es kochte unter der glatten Hülle aus Gold, als er Anstalten machte Anifuris am Kragen zu packen. Dabei schien es ihn wenig zu kümmern, dass es Syleas Körper war, den er mit mehr Kraft als nötig gegen die nächste Flurwand drückte.
      "Was sollte das?", knurrte er ungehalten und bemerkte erst in diesem Augenblick aus dem Augenwinkel den merkwürdigen Archivar, der gerade mehr Ähnlichkeit mit einem Banker hatte, bis auf die rebellische und zerzauste Frisur auf seinem Kopf.
      Der Griff um den Kragen der alten Seele löste sich wie in Zeitlupe.
      "Professor Langdon.", sagte er ruhig.
      "Ja, das ist mein derzeitiger Titel, in der Tat. Sehr gut. Wie geht es dem Bein, mein Lieber?", erkundigte sich Mortimer und hätte dabei nicht gelangweilter aussehen können.
      Es war absurd. Die ganze Situation war völlig verrückt.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Anifuris Augen leuchteten für einen Moment deutlich zu freudig als er sah, wie Cain um die Ecke kam und ihn direkt fixierte. Eine Welle Zinnober schlug der alten Seele entgegen, so triefend, dass es sogar ihn einen Schritt rückwärts trieb. Und dann war der Seeker plötzlich vor ihm, spielte seine größere Körpergröße gegen ihn aus und packte ihn am Kragen. Unsanft fühlte sich Anifuris an die nächstbeste Wand gedrückt, die Freunde war teilweise aus seinen Augen gewichen.
      "Ich glaube, du vergisst mit wem du redest", erwiderte Anifuris äußerst gelassen, wobei eine subtile Note mitschwang, die ein wenig ungehalten klang.
      Der junge Mann vergaß ganz offensichtlich, dass der Seelendieb ihn spielend wieder ins Land der Träume oder noch weiter weg schicken konnte. Seine fehlende Liebe für Sylea rechtfertigte noch lange nicht das absolut wahnwitzige Verhalten, das er gerade an den Tag legte.
      Doch es war das Auftreten Mortimers, das den Seeker scheinbar am meisten aus der Bahn warf. Jedenfalls lockerte sich sein Griff an Anifuris' Kragen bis er ihn schlussendlich freigab.
      Und dann passierte etwas, das typisch für eine frische Assimilation einer Seele war. Anifuris Purpur schlug plötzlich Wellen, als sich Seelenfragmente aus seiner eigenen lösten, die noch zu frisch eingebettet worden waren. Cains Angriff auf ihn hatte Helyons Seele gereizt, die sich ungeahnt vehement ihre Daseinsberechtigung erkämpfte und den sonst so kühlen Kopf des Seelendiebes zu vernebeln begann.
      "Fass mich noch einmal so unbedarft an und deine fehlende Emotion wird dein geringstes Problem sein", entfuhr es Anifuris in einem scharfen Ton und er spürte, wie sich seine Präsenz schlagartig verfünffachte.
      Es ähnelte einem Vulkan, der glühend heiße Lava spuckte, die sich nun in alle Richtungen der Wohnung ausbreitete. Wie erwartet blieb der Archivar hiervon unbeeindruckt, aber die pure Druckwelle reichte aus, um den Seeker zurückweichen zu lassen bis er mit dem Rücken an die Wand stieß.
      "Im Gegensatz zu dir mache ich mich nützlich und sorge dafür, dass wir nicht im Alleingang dieses wahnwitzige Unterfangen beginnen", knurrte Anifuris und hörte sich auf abstruse Art ähnlich wie Helyon an, ehe er sich räusperte und der Druck sich wieder normalisierte.
      Der eingeschüchterte Seeker reichte aus, damit Anifuris die wildgewordenen Seelenfragmente wieder sorgsam einpflegen konnte. Wie ein paar lose Mosaiksteinchen.
      "Also. Wenn du dich in der Lage zu fühlst, kannst du uns in die Nähe des Hellgates fahren. Wir hören uns ein bisschen um bevor wir die Einrichtung stürmen und dann sehen wir, ob wir deine Schwester da heil herausbekommen."

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Der Babylonier verschränkte mit neugierigem Blick die Arme.
      Gedanklich zählte er bereits von Zehn bis Eins herunter, während sich das ungleiche Paar noch mit zornigen Blicken durchlöcherte. Offensichtlich war es lediglich eine Frage der Zeit, bis die Gemüter vollständig überkochten. Mortimer stellte sich noch stumm die Frage, wann Anifuris wohl der Kragen platzte, das erfüllte den winzigen Flur eine erdrückende Aura aus überschäumender Wut. Mit aller Seelenruhe verweilte der Archivar mitten in der unmittelbaren Schusslinie, um ja keine wichtige Sekunde zu verpassen.
      Die erdrückende Aura stieg mit jeder verstreichenden Sekunde weiter an und füllte schon bald den gesamten Flur vollständig aus.
      Schlagartig vernebelte der übermächtige Geruch alten Blutes die Sinne des Seekers. Der süßliche Geruch drohender Verwesung gepaart mit dem typischen und stechenden Geruch nach Kupfer. Der metallische Geschmack lag ihm bleischwer auf der Zunge. Eine Empfindung, die er bisher nur in der fragwürdigen Gegenwart eines Mannes gespürt hatte. Helyon.
      Der Alpha hatte mit jeder einigen Pore pure Dominanz verströmt und selbst Cain ohne eine Berührung in die Defensive gezwungen. Die Druckwelle löste den klammernden Griff des Seekers und trieb ihn mit dem Rücken an die gegenüberliegende Wand. In den goldschimmernden Augen blitzte neben dem funkelnden Zorn eine zweite Emotion auf: Erkenntnis.
      Cain hatte zuvor die seltsame Veränderung in der Aura der alten Seele gespürt und gerade jetzt war es überdeutlich in jedem Winkel der Wohnung zu spüren. Den Brechreiz schluckte er mühevoll herunter, da er den Eindruck hatte, dabei den Geschmack von Blut bis in die Kehle zu verteilen. Anifuris hatte Helyon nicht freigesetzt. Er hatte etwas viel Schlimmeres getan und so den Alpha der Höllenhunde um seine Existenz erleichtert. Cain drückte die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und hielt den Ansturm der aufbegehrenden Aura einfach aus.
      Erst als der Druck auf seinen Schultern, der ihn fast in die Knie gezwungen hatte, nachließ, erlaubte sich Cain einen zitternden Atemzug. Ekelhafte Geruch hielt noch eine Weile an, wie ein verhallendes Echo. Selbst die letzten Worte hatten ein wenig nach Helyon geklungen.
      Der Seeker zwang sich dazu die verkrampften Hände an seinen Seiten zu lockern, bis die Knochen nicht mehr weiß hervortraten.
      Fahrig strich er sich durch das schwarze Haar und funkelte Anifuris aus goldenen Augen an. Schließlich hob er in einer beschwichtigenden Geste beide Hände, wobei seine Miene alles andere als versöhnlich aussah. Er hatte es geschafft Anifuris für einen kleinen Moment um seiner kostbare Selbstbeherrschung zubringen. Dabei war es nicht einmal Absicht gewesen, aber was er gespürt hatte, war umso aufschlussreicher.
      "Verstanden.", gab er nur bissig zurück.
      Das er Anifuris auf die Idee gebracht hatte, den seltsamen Bibliothekar dazu zu holen, ließ er gänzlich unkommentiert.
      Stattdessen schob er seine Hand in die Jackentasche und zog einen Autoschlüssel hervor.
      "Wie es der Zufall will, habe ich uns bereits ein Fahrzeug organisiert, während anscheinend nutzlos und faul auf dem Sofa herum gehangen habe.", sagte er.
      Neben der Wohnungstür lehnten bereits zwei größere Umhängetaschen in denen sich die nötigsten Utensilien befanden, neben Kleidung, medizinischen Vorräten und zwei alten Mobiltelefonen, die mit Prepaidkarten ausgestattet waren. Leicht zu entsorgen und schlecht nachzuverfolgen.
      Der Gedanke auf kleinstem Raum mit Anifuris und dem Babylonier eingesperrt zu sein, förderte nicht gerade seine Laune. Er war sich ziemlich sicher, dass ihre Reiseunterhaltung nicht aus Ich-Sehe-Was-Was-Du-Nicht-Siehst bestehen würde.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Anifuris Audruck war neutral. So neutral, dass es für seine Verhältnisse schon verdächtig war. Noch immer stand er im Flur und stierte den Seeker genauso nieder wie umgekehrt. Er sah den winzigen Augenblick, in dem Erkennis in den goldenen Augen blitzte, doch es kümmerte ihn nicht sonderlich. Sollte der junge Mann ruhig denken, er wüsste Bescheid. Dass die alte Seele kurz die Ruhe verloren hatte und nicht von einer nicht gänzlich eingefügten Seele übermannt worden war.
      "Sehr gütig", gab Anifuris nur knapp zurück während er mit den zarten Schultern rollte.
      Alles hier war nur eine Frage der Zeit. Die Konstellation, unter der sie standen, war so fragil als hätten sie auf Glasstäben ihr Fundament errichtet. Noch fühlte er den in sich abgesperrten Teil von Cains Seele nicht, aber irgendwann würde er sich melden. Würde gegen sein Gefängnis rebellieren und zu seinem Ursprungsort zurück wollen.
      Der Dieb deutete mit einer Geste zur Tür und zusammen mit Mortimer folgte er dem jungen Mann. Doch die losgelöste Miene war völlig aus seinem Gesicht verschwunden. Irgendetwas hatte sich geändert, nur konnte noch niemand sagen, was es war.

      Anifuris saß schon geraume Zeit lang still und anteilnahmslos auf der Rückbank des scheinbar geliehenen Wagens. Neben ihm hatte sich der Babylonier seinen Platz ausgesucht damit niemand von ihnen Cain während der Fahrt störte. Obwohl sie beide wussten, dass der Seeker mit jedem Härrchen seines Gehörganges mitanhören würde, was die beiden besprachen.
      Eigentlich wollte Anifuris gar nicht zum Hellgate. Es glich dem Fakt, mit offenen Armen ins Messer zu laufen. Doch wenn er anfing unter diesem Aspekt sein Dasein zu beleuchten, würde ihm viel zu schnell auffallen, dass es rein gar nichts mehr gab. Er hatte die Fähigkeiten erlangt, nach denen er sich gesehnt hatte. Die Memoiren gefunden, die ihn seiner verstorbenen Geliebten etwas näher bringen mochten. Aber nichts von alledem machte ihn wahrlich glücklich. Er war so nah dran an dem Zustand, den er sich über Jahrhunderte herbeigesehnt hatte, dass die Ermöglichung dieser Pläne fast schon schrecklich langweilig erschien. Vielleicht fuhr er genau deswegen zum Hellgate. Damit er etwas Neues fand, das ihm Antrieb verlieh.
      Bei diesem Gedanken huschte sein Blick hinüber zu dem Babylonier. Er war um längen älter und schien immer noch nicht den Verstand verloren zu haben. Gelangweilt war er, das stand außer Frage, aber von Wahnsinn war er weit entfernt. Was hielt diesen Geist bei Sinnen obwohl man ihn in einen Archivar verwandelt hatte?
      "Wie hat man dich eigentlich als Archivar bekommen? Und wie sieht das mit deinem Vessel aus? Verleihst du ihm Unsterblichkeit oder musst du es wechseln?", fragte er unverwandt Mortimer und brach damit die Stille im Wagen, der leise über die Straße brummte.

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Eigentlich grenzte es an Wahnsinn, dachte Mortimer.
      Ein zum Zerreißen angespannter Seeker mit dem wohl kürzesten Geduldsfaden ganz Großbritanniens saß hinter dem Steuer und auf der Rückbank lümmelten wie zwei Schuljungen zwei alte und gefährliche Seelen, die für ihre Unberechenbarkeit bekannt waren.
      Gelangweilt glitt sein Blick über die geheimnisvolle Schönheit der Highlands, wo sich hinter Hügeln und Wälder die wundersamsten Geschichten versteckten. Fantasie besaß die Menschen ohne Zweifel, wie sie aus dem Alltäglichen unzählige magische Legenden erschufen. Für den Babylonier, der unzähliger Zeitalter hatte kommen und gehen sehen, hatte sich der Vorhang des Mystischen vor langer Zeit gehoben. Übrig blieb ein kalter Realismus und die Gewissheit, dass alles irgendwann ein Ende fand. Eines Tages vielleicht auch er selbst, wenn er seiner Existenz überdrüssig wurde. Dennoch...Im Kern blieb auch sein Geist, der eines Menschen.
      Und wohnte nicht jedem von Ihnen die Angst vor dem Ende und dem Danach?
      Der Archivar löste den Blick von der grünen Landschaft und legte den Kopf etwas nachdenklich zur Seite, als Anifuris sich dazu entschied ein Gespräch zu suchen.
      "Niemand hat mich dazu genötigt. Fall es da ist, was du wissen wolltest. Kein Haken, keine bindende Klausel im Kleingedruckten.", widersprach Mortimer und betrachtete dabei die gepflegten Nägel seiner linken Hand. "Ich habe es angeboten. Zunächst aus dem simplen Grund, dass ich nichts Besseres zu tun hatte. Du hast sicherlich bemerkt, dass das unterirdische Archiv älter ist, als das Gebäude darauf. Die Gemäuer dort gehorchen ganz eigenen Regel."
      Der Babylonier berührte den kostbaren aber auch kitschig wirkenden Anhänger um seinen Hals. Den Stein legte er niemals ab. Nie.
      "Ursprünglich befand sich an dortiger Stelle ein verzweigtes Höhlensystem. Ein perfekter Platz, um mich vor der Welt zurückzuziehen. Mit den Jahren und der Entwicklung der Zivilisation habe ich gewisse Modernisierungen vorgenommen. Technik hat durchaus seine Vorzüge. Sei's drum, als der Rat stetig mehr Macht in der Welt erlangte und unsereins vom Jäger zum Gejagten wurden, wurde es hässlich."
      Der Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, als er die Augen schloss und offensichtlich in alten Erinnerungen herum wühlte.
      "Wir alles wissen, dass es kein Geheimnis ist, dass unser nobler Rat ziemlich Dreck am Stecken hat. Verzeih mir die Ausdrucksweise, mein Freund.", fuhr er fort. "Die auftauchenden Artefakte und rebellierenden Seelen verlangten ihnen alles ab, bis sie mit ihrem hochgepriesenen Wissen am Ende waren. Letztendlich kamen sie zu mir. Ein Pakt mit dem Teufel, wenn du es so nennen willst. Mein Wissen über die Materia und Begabung als Konstrukteur gegen Immunität. Und ein geeignetes Gefäß."
      Ein Grinsen kräuselte sich auf seinen Lippen. Ein Zucken der Mundwinkel, das Cain im Rückspiegel betrachtete und einen eiskalten Schauer fühlte.
      "Die braven Bürger dieser Welt wären zutiefst erschüttert, sollten sie erfahren, dass der Rat der sie alle beschützen sollte, alle 50 Jahre ein Gefäß als Preis an mich ausliefert. Um deine Frage damit zu beantworten: Nein, ich kann einen Körper nicht ewig am Leben erhalten. Außerdem, genieße ich die Abwechslung. Ist das Mädchen dein erstes Gefäß?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Anifuris lauschte dem Babylonier aufmerksam während sich seine Aura gleichmäßig im Wagen wie eine subtile Duftnote ausbreitete. Auch wenn es augenscheinlich danach aussah, dass sie auf einer Seite standen und sich verstünden, traute der Seelendieb dank seiner Erfahrung dem Anschein nicht. Er wollte früh genug spüren, wenn sich etwas im Gefüge änderte und ihn nötigte, aktiv zu werden. Zumal er noch immer nicht gänzlich umfassen konnte, wo die Grenze eines Kontrukteurs lag.
      Dass Seelen Handel abschlossen, war rein gar nicht ungewöhnlich. Auch, dass man sie mit den notwenigen Gefäßen ausstattete nicht. Sylea hätte sich sicherlich gefragt, wie man an die geneigneten Personen kam und woher sie wohl stammen mochten. Doch die alte Seele scherte sich nicht sonderlich darum. Egal, wie lange Mortimeter schon in dieser Hülle steckte, es gab rein gar keinen Hinweis auf das ursprüngliche Bewusstsein dieses Körpers.
      "Ist ein Leben für fünfzig Jahre Ruhe nicht durchaus den Preis wert?", erwiderte Anifuris trocken und ihm entging nicht der Blick im Rückspiegel, den Cain ihnen zuwarf. "Nein, sie ist nicht mein erstes. Ich war bisweilen in drei anderen Körpern, mal länger, mal kürzer. Es gab hier und da Berichte über mich, aber eine konkrete Beschreibung gab es nie. Deswegen konnte mich der Rat auch nicht kategorisieren weil sie schlichtweg nicht wissen, wer ich bin. Obwohl ich gerne die Gesichter der Ranghöchsten sehen würde wenn sie erfuhren, dass ich den Menschen erst diese ganze Seelensache ermöglicht habe."
      Er verlor sich selbst in einem schwachen Lächeln, das ein bisschen von der Melancholie trug, die Sylea üblicherweise zeigte. Er sah nach vorn durch die Windschutzscheibe und sah dabei zu, wie der Asphalt und die Umgebung vor ihnen vorbeiflog. Er war Schuld an so viel Leid und Unglück von Tausenden, wenn nicht sogar Millionen, aber Reue war etwas, das er vor Ewigkeiten größenteils abgelegt hatte. Den Umstand konnte und wollte er sowieso nicht mehr ändern und nun war er gar nicht mehr so weit entfernt von dem Zustand, in dem sich der Archivar neben ihm befand. Er würde wohl das komplette System sprengen müssen, sämtliche Menschen ausradieren müssen, die das Wissen um das Binden von Seelen besaßen, sei es auch noch so gering. Es würde Jahrzehnte dauern bis er alle Wurzeln erfolgreich aus der Erde gerissen hätte. Vielleicht wäre er dann aber erst wirklich frei.
      "Weißt du, was mich wirklich ein wenig überrascht hat? Es gab bisher nichts, was mein Bewusstsein an einen Ort fesseln konnte, aber die Kathedrale, wo die Rubras ihre seltsame Feier abhielten, war von einem Bannkreis umzogen, dessen Urpsrung niemand kennt. Ich selbst kannte die Zeichen nicht, aber sie ähneln jenen, die ich in deiner Kammer gesehen habe. Gibt es außer dir noch jemanden, der noch auf Erden wandelt und sich dieser Art der Forschung verschrieben hat? Zu gern würde ich den Ersteller dieses Kreises treffen."

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Du hast dich geschickt vor der Welt verborgen, Anifuris.", antwortete Mortimer.
      "Und es gibt nicht Vieles, das mir entgeht. Über Jahhunderte begleitete ich die Entwicklung der Menschheit und saugte wie ein Besessener jeden Tropfen ihres Wissens begierig auf. Die Ewigkeit lässt einem viel Freiraum für Entfaltung und die Erlernung neuer Fähigkeiten. Fremde Sprache aus fernen Ländern, Gebräusche und Geschichten und nicht zuletzt die Industrialisierung und den Aufschwung der Technik. Bedauerlicherweise ist selbst das Fassungsvermögen meines Verstandes nicht unendlich. Also erweiterte ich ihn. Buch für Buch. Raum für Raum."
      Der Babylonier sprach zweifelsohne von dem unterirdischen Archiv, voll gestopft mit historischen Manifesten, der Weltgeschichte und allem, was die Welt ihm zu bieten hatte.
      In der Spiegelung des Rückspiegels zog Cain nachdenklich die Augenbrauen zusammen ohne dabei den aufmerksamen Blick von der Straße zu nehmen. Etwas an dem Wortlaut des Archivars hatte sein Intresse geweckt und das allgegenwärtige Misstrauen räumte den Platz für einen eher grübelnden Ausdruck Platz. Das Gefühl ein entscheidendes Puzzelteil gefunden zuhaben ohne zu wissen an welche Stelle dieses gehörte, nagte an den Innenseite seines Schädels.
      Ein schwerer Regenschauer prasselte auf das Fahrzeugdach und tröpfelte in seinem ganz eigenen Rhythmus vor sich hin.
      "Reib ihnen dieses Tatsache unter die Nase und ich verspreche dir zumindest ein paar Herzinfarkte.", schmunzelte Mortimer in ungewohnter Manier und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe.
      "Angesichts des Durchschnittsalters in den obersten Reihen einer machthungrigen und verstaubten Organisation ist das längst überfällig.", fügte er noch hinzu, ehe der Blick wieder aus dem Fenster wandte.
      Die letzte Frage des Manipulators sorgte dafür, dass der Babylonier den Kopf etwas schief legte und etwas aus seiner Tasche hervorzog.
      Als er die gekrümmten Finger öffnete und den Blick auf die Handfläche freigab, befanden sich darin drei silberne Kugeln. Das Erz war glatt poliert und schimmerte in denselben Nuancen wie das Metall im Bein des Seekers.
      "Konstrukteure sind selten. Vielleicht nicht so selten, wie du, mein neugieriger Freund, aber nicht häufig zu finden.", erzählte Mortimer, während die Kugeln über seiner Hand zu schweben begannen und sich dabei in gleichmäßigen Kreisen umeinander bewegten. Hin und wider änderten sie ohne erkennbares Muster die Richtung, drehten sich um sich selbst, brachen aus und kehrten in den Kreislauf zurück. Das Ganze wirkte wie eine abstruse Entspannungsübung.
      "Es ist nicht auszuschließen, dass die Rubras sich der Fähigkeiten eines Konstrukteurs bedient haben um die Kathedrale zu erbauen. Ich muss gestehen, dass es mich reizt einen Blick auf dieses Bauwerk zu riskieren. Bisher bot sich diese Gelegenheit nicht.".
      Die Antwort erschien für den eifrig plaudernden Archivar etwas zu unbefriedigend. Es wirkte beinahe, als wolle er das Thema nicht weiter ausführen.

      "Noch ungefähr 10 Minuten, dann haben wir Aviemore erreicht.", mischte sich Cain nach einem Augenblick des Schweigens ein.
      Flüchtig warf der Seeker einen prüfenden Blick auf das Navi des Wagens.
      Der Zielort war bereits einprogrammiert gewesen, als sie die unauffällige und schwarze Limousine entgegen genommen hatten.
      Der Hacker hatte sich bereits um alle notwendigen Formularien gekümmert und wie angekündigt, brachte Cain den Wagen nach besagten 10 Minuten auf einem dem ausgewiesenen Parkplätze einesHotels zum Stehen.
      Das Cairngorm Hotel wirkte mit seinen hübschen Giebeln, der hellen Steinfassade und dem verspielten Türmchen an der Nordseite wie die blasse aber dennoch ansehnliche Miniatur einer Burg. Der Parklatz stellte sich als weitegehend leer heraus. Mittlerweile war es dunkel geworden und ohne Zweifel hatte Jace eine Reservierung hinterlegt. Der Archivar war kein Teil der Planung, aber es dürfte nicht schwierig werden seine Anwesenheit zu erklären.
      Wie auf Kommando vibrierte das Mobiltelefon in seiner Jackentasche mit einer Nachricht die weitere Details enthielt, unter derem der Reservierungsname. Natürlich unter einem falschen Pseudonym, bezahlt im Voraus mit falschen Kreditkarten und unsauber verdienten Geld.
      "Glenmore ist von hier aus gute 20 Minuten entfernt. Dort muss sich irgendwo der Zugang zum Hellgate befinden.", murmelte Cain.
      Obwohl die angespannte Haltung des Seekers veriet, dass er am liebsten das Gaspedal bis ins Bodenbleck getreten hätte um auf der Stelle die unterirdische Einrichtung zu stürmen, stellte Cain den Motor aus und zog den Schlüssel ab.
      Das Bein schmerzte vom Fahren und er wirkte etwas blass um die Nase.
      Mortimer und Anifuris mochten die Bedürfnisse ihrer gestohlenen Körper ignorieren können, aber Cain die seines Körpers nicht.
      "Gehen wir rein...?"

      Spoiler anzeigen
      Unbenannt.PNG
      (Bei uns ist es allerdings bereits dunkel und bestes, englisches Regenwetter. :D)


      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Anifuris' Gedanken schweiften ab. Er hatte sich nur deswegen den Fühlern von etlichen Seelen entziehen können weil sein Bewusstsein über Jahrzehnte im Nichts geschwebt hatte. Keinen Körper zu haben und unfähig zu sein, wahrlich in den Kreislauf eintauchen zu können machte ihn zu einem wandelnden Toten, einem Geist wenn man so wollte. Folglich war sein Verstand noch nicht so arg überlastet, als dass er sich Ausweichmedien suchen musste. Ganz davon zu schweigen, dass das Assimilieren von Seelen seinen gedanklichen Speicher zu erweitern schien. Trotzdem änderte es nichts daran, dass er wirklich gerne den vollen Umfang von Mortimers Archiv mal begutachten wollte. Sofern im Hellgate nichts Spektakuläres geschah, war es vielleicht sogar eine Überlegung wert. Kammern voller Wissen waren für schlaue Menschen schon immer der heilige Gral gewesen.
      Sinnbildlich ging der Blick des Diebes zum Himmel als der Regen einsetzte. Das Geräusch hatte ihn schon immer beruhigt und der Fakt, ihn ohne eine weitere Stimme in seinem Kopf genießen zu können, war Gold wert.
      "Ich habe nie darum gebeten, rar zu sein. Aber gäbe es mehrere Begabte mit meinem Talent wäre die Welt kein sicherer Ort mehr. Weder für deinesgleichen noch für die Erde an sich. Gerne gebe ich das Kompliment zurück - einem Konstrukteur bin ich derweil auch noch nie über den Weg gelaufen."
      Sein Blick floss regelrecht zu dem Babylonier, der sich mit seltsamen Erzkugeln zu beschäftigen suchte.
      "Wenn du magst zeige ich dir die Kathedrale gerne mal. Sofern ich dann einen ausgiebigen Blick in dein Archiv werfen darf."
      Nichts in dieser Welt kam ohne einen Preis.

      Anifuris lehnte sich nach vorne, um über die Mittelkonsole einen Blick ins Navi zu erhaschen. Es bestätigte Cains Ansage und sorgte dafür, dass sich die alte Seele stillschweigend wieder zurücklehnte und aus dem Fenster sah. Die Dämmerung war bereits durch als sie auf den Parkplatz eines Hotels vorfuhren. Ein hübsches Hotel, das Sylea sicherlich gefallen hätte.
      "Meine Güte, entspann dich doch erst einmal", seufzte Anifuris als er sich aus dem Wagen schwang und die Schultern ordentlich kreisen ließ. "Wir werden sicherlich nicht während der Dunkelheit in potenziell tödliches Terretorium eindringen ohne zu wissen, was uns erwartet. Wir werden es vielleicht kommen sehen, du vermutlich nicht."
      Er ging bereits zum Kofferraum und pflückte seine achtlos gepackte Tasche heraus, um sie zu Schultern. Dann stapfte er einfach drauf los, vorbei an Mortimer und auch Cain. Ihm gefiel es absolut nicht, dass die Reise bis jetzt so problemlos verlaufen war. Nach den ganzen Anzeichen, die ganzer Sucher, die auf ihn angesetzt worden waren, hätte ab dem Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung die Hölle losbrechen müssen. Sie auf der Fahrt in Unfälle verwickelt werden müssen. Doch keine dieser Befürchtungen war eingetreten. Zur Hölle, er fühlte nicht einmal eine fremdartige verdächtige Aura in der Nähe.
      Als gehöre ihm jeder Zentimeter in diesem Hotel marschierte Anifuris in das Hotel ein, Cain und Mortimer im Schlepptau. Sie mussten ein unfassbar verdächtiges Bild abgeben; ein junger Mann, der offensichtlich irgendwie aus der Zeit gefallen war. Ein weiterer junger Mann, der aussah, als wäre er auf irgendeiner Droge und vorweg ein dürres Mädchen mit der Präsenz eines Heerführers. So winkte das Mädchen den erschöpft wirkenden Schwarzhaarigen an der Rezeption heran, damit er für sie eincheckte und den Weg in ihre Räume einschlagen konnte.
      Man hatte ihnen ein Doppelzimmer mit Sitzgarnitur gegeben. Getrennte Betten und eine Sitzgarnitur, auf der Mortimer vermutlich im schlimmsten Falle sein Lager beziehen konnte. Allerdings ging Anifuris davon aus, dass der Babylonier als Konstrukteur sich einfach ein passendes Bett kreieren würde.
      Leise seufzte er, als er seine Tasche auf seinem Bett ablegte und sich umschaute. Kleines Zimmer für drei Personen. Ja, wäre Sylea nun anwesend würde es vermutlich spannend werden. So allerdings, mit dem Rauschen in seinen Ohren, würde es eine ziemlich ereignislose Nacht werden.
      Wobei...
      Er warf einen Seitenblick hinüber zu Cain. Anifuris unterschrieb die Worte Mortimers sofort, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sich das Ungleichgewicht bemerkbar machen würde. Das wusste jeder außer dem Seeker selbst. Fraglich war nur, wann es eintreten würde und wie sehr es ins Gewicht fiel. Ob es Sylea wieder animierte oder sie weiterhin zu Staub zerfallen blieb.

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Quid pro quo.
      Das Leben forderte für alles eine Gegenleistung. Jede ausgeführte Handlung erzeugte ein entsprechendes Echo.
      Der Babylonier zeigte sich wenig überrascht von dem harmlos anmutenden Vorschlag einer kleinen Besichtigungstour durch die legendäre Kathedrale, die Anifuris erstaunlicherweise über so lange gefesselt hatte und dies - natürlich - für den entsprechenden Preis. Über die Lippen des Archivars glitt ein amüsiertes Lächeln. Es war eine winzige Regung, die leicht zu übersehen war. Ein Theorie, die hinter seinen unnatürlich grünen Augen schimmerte und offensichtlich hielt der Bibliothekar etwas sorgsam unter Verschluss.
      Einer von Anifuris seltener Art reichte bereits aus, um das sorgfältig ausbalancierte Gleichgewicht der Weltordnung zu kippen, dachte Mortimer schweigend. Und die Welt funktionierte nur in perfekter Balance.
      "Konstrukteure - es wird dich vielleicht überraschen - neigen zu erstaunlich kurzen Lebensspannen. Kräfte dieser Art ohne die notwenidge Kontrolle zu nutzen, endet häufig nicht sehr erfreulich. Materie nach dem eigenen Willen zu beugen, erfordert ein äußerstes Maß an Selbstkontrolle. Eine kleiner Ausrutscher in der Konzentration, ein Wutanfall oder Furstration, und diese hübschen Perlen hier durchbohren unsere Stirn schneller als uns lieb ist.", erzählte er.
      Versteckte sich eine unterschwellige Drohung in den Worten? Nun, für den Augenblick befanden sich die beiden mächtigen Seelen auf der gleichen Seite. Sie balancierten sich aus. Die Frage war nun, welche Seite sich zuerst neigte.
      Ein spöttischer Unterton schlich sich ganz zum Schluss in die melodiöse Stimme, die gar nicht zu dem schmächtigen Körper passen wollte.
      "Vielleicht komme ich irgendwann auf dein großzügiges Angebot zurück, mein Freund.", antwortete Mortimer.

      Mit verschräntken Armen ließ Cain den Blick durch das zwar kleine aber durchaus gemütliche Hotelzimmer schweifen.
      Scheinbar entspannt lehnte er mit den Rücken am Kopfteil des Bettes und beobachtete, wie der merkwürdige Bibliothekar um die Sitzgarnitur herumschlich, wie eine Katze um die Maus. Die schlanken Finger berührten den samtigen Bezug der Rückelehnen und die kunstvollen Schnitzereien des Rahmens, der die Polster einfasste. Eindeutig eine industrielle Nachbildung aber zur Überraschung des Babyloniers von sehr guter Qualität. Aber selbst ein Laie konnte von Weitem erkennen, dass es sich bei den Möbelstücken nicht um wertvolle Antiquitäten handelte. Sie strahlten kein Leben, keinerlei Geschichte aus. Mortimer seufzte.
      Mit geschlossenen Augen hob er die Hände an, während er hinter einem der beiden Sessel stehen blieb, und kehrte die Handflächen in Richtung Zimmerdecke.
      "Es stört doch niemanden, wenn ich etwas umdekoriere?", fragte Mortimer überflüssigerweise.
      Augenblicklich begannen die Möbel ein Stückchen über dem Boden zu schweben und bewegten sich langsam aufeinander zu. Obwohl die Objekte gänzlich unterschiedliche Formen besaßen, fügten sie sich zusammen wie perfekte geschnitzte Puzzelteile.
      Cain zog konzetriert die Augenbrauen zusammen, da er offenbar einer optischen Täuschung unterlag.
      Fließend verschwanden die Übergänge der einzelnen Teile bis die komplette Sitzgarnitur zu einem einzelnen, sich drehenden Objekt verschwamm. Ein Knistern lag in der Luft, ähnlich einer elektrostatischen Aufladung. Die Drehung verlangsamte sich und träge formten sich vier neue hölzerne Möbelfüße, ebenso ein Bettrahmen aus dunklem Holz. Das schmale, aber definitv bequemere Bett, stellte sich mit einem leisen und dumpfen Aufprall auf dem Boden ab. Wie Pilze schossen zahlreiche Kissen mit samtigen Bezug und einem dezenten 'Plop' aus der Maratze. Aus dem letzten farbigen Wirbel über dem Kontrukt löste sich eine entsprechende Decke, die tatsächlich sehr warm und kuschelig aussah. Auch ein altes Bewusstsein, wie der Babyloniert, schätze eine gewissen Bequemlichkeit.
      Das Knistern in der Luft verebbte, während Mortimer die Hände sinken ließ.
      "Et Voilà, mes amies.", klatschte er in die Hände und ließ sich probeweise auf der federnden Matratze nieder.
      Der Seeker registierte am Rande, dass das neu kreierte Bett des Bibliothekar wesentlich bequemer wirkte als die eigentlichen Hotelbetten.

      Später in der Nacht

      Der Rest des Abends verlief erstaunlich friedlich.
      Nachdem Cain für seine mehr oder weniger unfrewilligen Begleiter ein spätes Abendessen auf das Zimmer bestellt hatte, war Ruhe im Zimmer eingekehrt. Der Seeker gab es ungern zu, aber der gesamte Tag zehrte mehr an seinen Kräften als zunächst gedacht. Ein warmes Bett und der beruhigende Klang prasselnden Regens lullten ihn langsam in den Schlaf. Selbst das unangenehme Pochen in seinem Bein war erträglich geworden. Cain kämpfte mit dem Schlaf. Es behagte ihm nicht in Anwesenheit von Anifuris und dem Professor seine Wachsamkeit zu opfern. Andererseits, war er selbst im Wachzustand jemals wirklich sicher gewesen?
      Ein willkommene Leere empfing ihn.
      Eine allumfassende Schwärze wie sie nur traumlose Nächte brachten und die einen eholsamen Schlaf versprachen, wenn nicht eine Abfolge verschwommener Erinnerungen sein Unterbewusstsein gekitzelt hätten. Bilder eines Mädchens und der Klang eines wunderschönen Lachens, dass an der Seele des Seekers rüttelte, wie der Gefangene an eisernen Stäben. Ein Mädchen, das er geliebt hatte oder immernoch liebte? Etwas Wichtiges fehlte. Er wusste, dass er sie liebte, aber er fühlte gleichzeitig nichts. Die Erinnungen an Sylea, die Wärme ihrer Haut und den Geschmack ihrer Lippen, wirkten fremd und gleichzeitig so sehr vertraut, dass Cain im Schlaf zuckte und damit seine bisherige Regungslosigkeit unterbrach.
      Am anderen Ende des Raumes schlug der Babylonier die Augen auf und blickte mit neutraler Miene an die Decke.
      Etwas in der Atmosphäre des Zimmers veränderte und verschob sich, ehe Mortimer begriff.
      Die goldene Aura pulsierte in gleichmäßigen Wellen, die mit jeder Minuten ein wenig zunahmen. Ein Energiepuls der selbst Mortimer den Schlaf raubte.
      Nun, niemand konnte das Unterbewusstsein kontrollieren.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Es war das erste Mal, dass Anifuris live miterleben konnte, wie Mortimer seine Kraft zur Schau stellte. Es reichten die ersten leichten Anzeichen, dass sich seine Aura regelrecht zu kräuseln begann. Eine Warnung von all den Seelen, die sich in seiner Aura zu einer zusammengefunden hatten. Abscheu, Furcht und Neugier mischten sich zu einem undefinierbaren Sud zusammen und resultierten in einem vorsichtig neugierigen Blick des Seelendiebes während der Konstrukteur zu Werke ging.
      Das gestiegene Energielevel fiel wieder ab, nachdem Mortimer fertig war sein deutlich hübscheres Bett zu modellieren und sich proberweise darauf fallen ließ. Anifuris hatte gar nicht gemerkt, wie er automatisch seine Aura näher an seinem Kern verdichtet hatte - eine Schutzmaßnahme gegen Übergriffe. Er schnaubte leise als er sich notgedrungen wieder entspannte und etwas gereizt aus dem Fenster schaute. Vielleicht war es doch nicht so schlau gewesen, den Babylonier aus dem Untergrund ans Licht zu locken.

      Später in der Nacht

      Anifuris hatte noch etwas essen können bevor er sich in sein Bett verzog und grübelte. Ewig lang starrte er die Decke an, ähnlich wie der Seeker zu seiner Seite und doch mit einer gänzlich anderen Motivation. Er sorgte sich nicht um die restlichen Anwesenden im Zimmer sondern eher um die Leere in seinem Inneren. Der kurze Austausch auf der Autofahrt hatte ihm so einiges als Denkanstoß gegeben. Mortimer behauptete, Konstrukteure besäßen nur eine verkürzte Lebensspanne aufgrund der Macht, die sie besaßen. Deswegen wurde vermutlich alle fünfzig Jahre ein neues Gefäß fällig. Aber was, wenn dieses Gesetz auch für den Seelendieb galt? Was wäre gewesen, wenn man ihn damals nicht gewaltsam getötet hätte? Er hatte nicht einmal eine Zeitangabe, wie lange er in seinem Vessel aushalten konnte. Jedes Mal kam sein Ende verfrüht - entweder weil er den Menschen selbst buchstäblich frittiert hatte oder man ihn erfolgreich ausgetrieben hatte.
      Wie lange konnte Anifuris wirklich leben?
      Stunden zerbrach er sich über solche Fragen den Kopf während er mitbekam, wie die emotionalen Spiegel der Anwesenden in eine glatte Linie übergingen und sie in den Schlaf fielen. Er selbst begann ebenfalls zwangsläufig das Dösen, als sein menschlicher Körper nach der Ruhe schrie, die er zur Regeneration brauchte.
      Bis ihn ein Puls erreichte, der ihm einen abnormen Schauer über den Rücken fahren ließ.
      Binnen einer Sekunde war er hochgeschreckt, die geweiteten Augen auf Cain gerichtet. Ein zweiter Puls goldener Aura schwappte an sein Purpur und ließ die komplette äußere Hülle erzittern. Instinktiv fing sich Anifuris an mit den Händen über die Oberarme zu reiben, als würde er frieren.
      Er musste das unterbinden. Jetzt.
      Schnell schwang er sich auf die Füße und breute diese Aktion umgehend, als der nächste Pulsschlag ihn traf. Er warf ihn aus dem Gleichgewicht, zwang ihn stolpernd dazu sich am Pfosten des Bettes festzuhalten. Leise fluchte Anifuris, der genau spürte, dass Mortimer ebenso wachgerufen worden war.
      "Hättest du mit deiner Schwarzmalerei nicht einfach unrecht haben können?", knurrte er leise ehe er sich an Cains Bett kämpfte und fast von den Füßen geholt wurde.
      Solch eine Resonanz hatte selbst der Seelendieb noch nicht erlebt. Wenn das hier schon ausreichte, um ihn so aus der Bahn zu werfen, wollte er nicht wissen wie sich ihre verschmolzenen Auren verhielten. Mit angespannter Miene streckte er die Hand aus und berührte den Rand der wallenden goldenen Aura. Mit einem Paukenschlag legten sich die Pulse, die Wellen erstarben und bildeten einen gleichmäßigen Spiegel.
      In Anifuris Innerem vibrierte das Silber von Syleas Aura. Leicht, aber konstant, wie ein nerviges Hintergrundrauschen. Doch der Nebel, der ihr Bewusstsein darstellte, blieb unverändert.
      Anifuris seufzte. Er wagte er nicht, sich zu früh wieder in das Bett zurückzuziehen. Wenn er diese Pulsationen nicht in den Griff bekam, würde der Seeker früher oder später den verschlossenen Teil seiner Seele eigenmächtig wieder zurückfordern. Und das war selbst für die alte Seele nicht ohne Schmerzen verbunden.
      "Er sucht sie, aber sie reagiert nicht auf ihn", stellte er leise fest, sodass der Babylonier hörte, was er dachte. "Noch nicht."

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Verborgen im dämmrigen Zwielicht, erzeugt durch den fahlen Lichtschein einer Laterne vor dem Fenster, verzog der Babylonier die Lippen zu einem wölfischen Grinsen.
      Mit gewöhnlicher Schwarzmalerei hatte der gleichmäßige Energiepuls jedoch wenig gemein. Eine natürliche Gesetzmäßigkeit setzte sich zuverlässig in Bewegung wie die schwerfälligen Zahnräder einer gut geölten Maschinerie. Ähnlich einem Echolot suchte die pulsierende Aura nach dem fehlenden Puzzleteil, um das Loch in der Seele zu füllen, die zwar freiwillig aber gewaltsam inzwei gerissen worden war.
      Der Bibliothekar bewegte sich mit äußerster Ruhe, als er bedächtig die Decke über seinen langen Beinen zurück schlug und die Füße auf dem kühlen Boden abstellte. Zweifelsohne brachten die rhythmischen Resonanzwellen der goldenen Aura in nicht annähernd so sehr aus dem Gleichgewicht wie den Aurenmanipulator, aber die Verschiebung des Machtgefüges in der Atmosphäre gefiel dem alten Babylonier nicht. Prüfend fuhr er mit den Fingerspitzen über seine Unterarme und spürte, wie ihm die feinen Härchen darauf zu Berge standen. Die Mundwinkel verzogen sich daraufhin missbilligend nach unten. Obwohl der Unmut von Anifuris einen gewissen Unterhaltungswert besaß, verlor die Situation allmählich seine Vergnüglichkeit.
      Eine Berührung des Seelendiebs besaß die Macht, die stürmische Oberfläche der goldschimmernden Aura augenblicklich zu beruhigen. Postwendend verschwand die aufgeladene Empfindung im Raum und hinterließ nicht als völlige Ruhe. Eine gelungene Notlösung, aber sicherlich kein Zustand, der für die Ewigkeit gemacht war. Anifuris wirkte beunruhigt, gar...nervös?
      "Er sucht unterbewusst, was ihm entrissen wurde.", bestätigte Mortimer und stützte das Kinn in die Handfläche. "Den fehlenden Teil seiner Seele und die damit einhergehende Verbundenheit zur Seele deines Gefäßes. Ich kann die Sehnsucht beinahe körperlich spüren. Unsere urgeigene Existenz strebt nach dem vollkommenen Gleichgewicht. Die alten Babylonier glaubten an das perfekte Gegenstück, sowohl unter den Menschen als auch in der Natur. Eine allumfassende Balance, die für das Leben unentbehrlich ist. Das Mädchen balanciert ihn aus.
      Die Verschmelzung ist eventuell gar nicht dein größtes Problem. Sag mir, mein Freund, glaubst du an Schicksal?"
      In der Dunkelheit des Raumes konnte der Bablyonier geradeso die schemenhaften Konturen des Seelendiebes und des jungen Mannes auf seinem Bett ausfindig machen. Die grünen Augen blitzten wie die Augen einer lauernden Katze im Dämmerlicht.
      "Jeder Mensch wird mit einem natürlichen Ungleichgewicht geboren. Ein Zustand des Strebens nach Zugehörigkeit, mit dem wir zu Leben lernen, wie mit einem fehlenden Sinn und der zumeist von einer umsorgenden Familie ausgeglichen wird. Ich vermute, dass unser junger Freund hier nicht so viel Glück hatte. Er hat gelernt mit seinem Ungleichgewicht zu leben, wie mit einer fehlenden Hand. Eltern, die ihn aufgrund seiner Gabe verstießen und seine jüngere Schwester vorzogen, die ein Idealbild an Unschuld darstellt, dass er um jeden Preis beschützen will.
      Da schenkt ihm das sprunghafte Leben den fehlenden Teil seiner Existenz und im selben Atemzug wird es ihm wieder weggenommen.
      Die Instabilität seines Wesens ist größer denn je. Ein winziger Schubs in die falsche Richtung...Nun ja, ich würde in diesem Moment nur ungerne in seinem unmittelbaren Radius stehen."
      Mortimer seufzte leise, dennoch war ein beinahe süffisantes Grinsen nicht zu überhören.
      "Der kleine Seeker ist stark.", fuhr der Archivar ungerührt mit gedämpfter Stimme fort. "Viel stärker, als ihm bewusst ist."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Mortimer konnte zum Glück nicht sehen wie Anifuris die Augen rollte. All dieses Gefasel von Einklang und Balance kam der alten Seele zu den Ohren schon wieder heraus. Viele Texte hatte er in seiner Lebensspanne dazu gelesen, wie viele Theorien eigenständig überprüft und und wie viele Fehler eigenmächtig ausgemerzt?
      Trocken lachte er leise auf. "Schicksal? Erzähl mir nichts von Schicksal. Manche Umstände ergeben sich meinetwegen durch Fügung aber Schicksal würde ich es nicht nennen. Das hier ist nichts Weiteres als ein leidiger Zufall."
      Ein Zufall, der ihn in den Körper einer Rubra mit Silberaura an der Seite eines Verstärkers gesetzt hatte. Er hatte in diesem Lauf, in diesem Versuch, weitaus mehr Möglichkeiten und Chance als in jedem anderen Versuch zuvor. Langsam zog er seine Hand zurück, nur um die spiegelglatte Oberfläche damit wieder zu stören. Sobald er sich zu weit entfernte, schlug sie wieder Wellen, wenn auch nicht mit dem gleichen Ausmaß. Anifuris klickte genervt mit der Zunge.
      "Ganz ehrlich? Dich wird sein Ausbruch weniger tangieren als mich. Ich hab' ein Stück seiner Selbst in mir und nicht du. Und der Junge ist nur dann stark wenn er weiß, wie. Solange er in diesem Zustand der Unwissenheit bleibt, wird er es nie so realisieren. Sicher, ich könnte ihn wecken und ihm seinen Teil wieder zurückgeben, aber dann wird dieses Unterfangen vermutlich scheitern. Er wird nicht mehr die Entschlossenheit haben wie er sie dir präsentiert hat", sagte Anifuris und teste aus, wie weit er seine Hand zurückziehen konnte ohne Schwindelanfälle zu bekommen.
      Schließlich seufzte er erneut und suchte in der Dunkelheit nach Mortimer. Er brauchte kein Licht um ihn zielgenau anzusehen. Seine Aura sprach für ihn.
      "Ich möchte dich ungern ausnutzen, aber wärst du so gütig und könntest mir ein kleines Messer besorgen?", fragte er deutlich ruhiger und wartete sogar artig ab bis der Konstrukteur ihm nachkam und ihm ein kleines, in der Dunkelheit unauffälliges Messer reichte. "Ich habe mich lange genug mit Seelenfragmenten beschäftigt als dass ich grobschlächtige Fehler mache. Die Male davor sind ähnlich ausgegangen wie dieser Fall hier, wobei damals deutlich mehr Zeit verging. Soll der kleine Seeker ruhig ein bisschen Ärger machen, das zwingt mich nur zum üben. Die letzten Male hatte ich nämlich weder einen Verstärker, noch eine Rubra zur Hand."
      Gold zum Verstärken, Silber zum Resonieren. Runen, um dem Ganzen eine Form zu geben und das Wissen, wie man es einzusetzen hatte. Von oben betrachtet hatte der Seelendieb endlich alles in seiner Hand, wonach er all die Jahre gesucht hatte. Zeit, es einmal zu überprüfen.
      "Vermutlich werde ich nicht in der Lage sein, den Nebeneffekt vollständig auszumerzen", merkte er an während er sich mit dem Messer in den rechten Zeigefinger schnitt.
      Das Blut quoll aus der Wunde, als er das Messer auf dem Bett ablegte und einen eiskalten Blick auf den Seeker richtete. Das Purpur seiner Aura begann Wellen zu schlagen, als er sich an dem leicht pulsierenden Gold von Cains Aura bediente und sie etwas zu sich zog. Seine Augenbraue zuckte ein wenig, als er sich etwas ins Gedächtnis rief und auf seinen linken Handrücken eine Rune malte, die jeder aus Mortimers Zimmer verblüffend ähnlich war. Sie war ein wenig abgeändert, trug die scharfe Handschrift der Rubras mit dem Schwung der babylonischen Rune. Als sie geschlossen war, ging ein Ruck durch seinen Körper als sich die Nebelteile, die Syleas Bewusstsein darstellten, kondensierten. Es zuckte förmlich jeder Muskel, als ein silberner Rinnsal in die geöffnete Hand mit der Rune lief und sich dort verdichtete. So sehr, bis sie ihre Farbe verlor und für jeden anderen in Luft aufging. Doch Anifuris sah mit Schrecken dabei zu, wie sich Aura in etwas anderes, Übermenschliches änderte.
      Sein Mund wurde trocken als er eine Vermutung hatte, was er da gerade geschaffen hatte. Mit geweiteten Augen zwackte er mehr von dem Gold ab, um sich ein weiteres Mal durch die Schichten an Aura zu wühlen bis Cains Seele ungeschützt vor ihm lag. Wie ein Schandfleck klaffte dort die Wunde, wo er das Fragment entfernt hatte, dass für die Liebe zuständig war. Mit zittriger Hand ließ er das neugebildete Konstrukt los und sah dabei zu, wie es sich nahtlos in die Lücke fügte und aus dem Kaputten ein Ganzes machte.
      Anifuris war dermaßen schockiert, dass er die Verbindung etwas zu hastig auflöste und regelrecht nach hinten gepresst wurde. Ungelenk fiel er nach hinten auf den Boden und starrte mit geweiteten Augen zu dem Bett, wo sich der Seeker zu regen begann. Der jähe Abbruch musste ihn geweckt haben. Die alte Seele hatte nicht genau überprüfen können, wie gut die Verbindung war, aber er hatte gerade etwas geschafft, was für unmöglich galt.
      Er hatte eine angegriffene Seele künstlich füllen können. Wobei die Frage war, für wie lange oder wie effektiv es war. Dass es eine begrenzte Haltbarkeit sein dürfte, war fast zu einhundert Prozent sicher, aber die Nebeneffekte waren genauso fraglich. Genauso gut könnte es sein, dass Cains Seele das Fragment abstoßen könnte und im Zuge dessen seinen ursprünglichen Teil zurückforderte.
      Ein gleichermaßen erschrockenes als auch freudiges Lächeln entstellte Anifuris Gesicht. Wie der manische Forscher, der er einst gewesen war.

      copyright by Vertify


      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Der Babylonier kicherte vergnügt angesichts des genervten Tonfalls.
      Für einen Augenblick glaubte er sogar zu hören, wie sich die Augäpfel in ihren Höhlen verdrehten. Der Seelendieb war unverkennbar ein Mann der Wissenschaft, für den die primitiven Ansätze der alten Babylonier nichts weiter waren als vollkommener Humbug. Die antiken Schriften seines Volkes überzeugten selbst den Archivar nicht vollstänig - und er war zu diesem historischen Ereignis noch Herr und Gebieter über seinen ursprünglichen Körper gewesen. Trotzdem, ein Quäntchen Wahrheit steckte bekanntlich in jeder Geschichte. Welcher Mächte sich die wissbegierigen Gelehrten in Babylon auch bedient hatten, kosmischer oder faktischer Natur, die Existenz eines gefährlichen Wesens hervorgebracht, das heute unter dem Aktenzeichen 'Der Bibliothekar' geführt wurde.
      Die Erinnerung an das Leben bevor okkultistische Fanatiker seine Seele aus ihrer Hülle gerissen hatte, war bis heute hinter einem Nebel verborgen. Er konnte sich nicht mehr entsinnen, ob er sich freiwillig dieser Tortur unterzogen hatte. Allerdings gab es ein Detail, dessen er sich zweifellos sicher war: Er war kein guter Mensch gewesen.
      Schweigend erhob sich Mortimer und schlenderte förmlich in Richtung seines Reisegefährten.
      Beiläufig glitt eine langfingrige Hand in die rechte Hosentasche und zog die polierten Silberkugeln hervor. Zwischen seinen gekrümmten Fingern formte sich das silbrige Material zu einer glatten aber harten Klinge. Das unauffällige Werkzeug besaß einen schlichten aber hochwertigen Griff, dessen Material an geschnitzte Knochen erinnerte. Die filigrane Schneide war kaum länger als sein Zeigefinger.
      Wortlos reichte der Konstrukteur sein Werk weiter und verschränkte abwartend die Arme vor der Brust.
      "Du genießt die Herausforderung, hm?", kommentierte Mortimer.
      Der Babylonier, aufgrund des Mangels der Fähigkeit der Aurasicht, sah die aufbegehrenden Auren nicht. Aber er spürte sie.
      Ein Knistern lag in der Luft, als sich das Machtgefüge im Raum ein weiteres Mal in dieser Nacht verschob. Eine andere Beschreibung wollte ihm dabei nicht in den Sinn kommen, denn er fühlte, wie sich die Aura des Seekers verringerte, als sich Anifuris der signifikanten Fähigkeit eines Verstärkers bediente. Alles in ihm verlangte danach zu erfahren, was der Seelendieb dort veranstaltete. Der smaragdgrüne Auraspiegel des Konstrukteurs flammte vor Ungeduld auf, ein Ausreißer in der ansonsten allzeit glatten Hülle. Anifuris eine wichtige Erkenntnis gewonnen an der her ohne Zweifel teilhaben wollte.
      Gemächlich kniete sich Mortimer neben des Gestürzten auf den Boden und schob eine stützende Hand über den schmalen Rücken, wie ein umsorgender Freund. Eine Geste, die an dem Babylonier wie einstudiert und aufgesetzt wirkte.
      In der Dunkelheit bohrte sich die leuchtend grüne Iris in das Gesicht des jungen Mädchen, das die Seele des Manipulators beherbergte.
      Bevor er den Mund zu einer Forderung öffnen konnte, erfüllte ein leises Klicken den Raum.
      Der Schwache Lichtschein der Straßenlaterne vor dem Fenster fiel auf die Umrisse einer Schusswaffe, deren Lauf zielsicher ihre Richtung zeigte. Der Seeker hatte sich im Bett aufgesetzt, die versteckte Waffe unter seinem Kopfkissen hervorgezogen und blickte atemlos auf die verdächtigen Gestalten vor seinem Bett. Ein Schuss zwischen die Augen wäre selbst für mächtige Seelen wie Mortimer und Anifuris ein Problem, zumindest für die zerbrechlichen Gefäße, die sie besetzten.
      Die hinab gerutschte Decke ballte sich um seine Hüften, während sich der nackte Brustkorb unter schweren Atemzügen ausdehnte und zusammenzog, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Mit der freien Hand griff sich Cain an die Brust, es fühlte sich an, als hätte ihm jemand einen groben, schmerzhaften Schlag versetzt. Der Seeker konnte es nicht sehen, aber der Goldschimmer wirbelte um seinen angespannten Körper wie ein erboster Sturm.
      Cain Desraeli fixierte Anifuris, der das Gesicht eines harmlosen Mädchen trug wie der Wolf den Schafspelz. Der Ausdruck in den goldenen Augen wirkte weltentrückt, als schwebe er zwischen Traum und Realität.
      "Sylea...?", murmelte Cain.
      Ein flüchtiges Wispern, als wäre es lediglich eine Illusion.
      Interessant, dachte der Babylonier.
      Es wäre ein Leichtes gewesen, die entsicherte Handfeuerwaffe in etwas Ungefährliches zu verwandeln - einen Stressball vielleicht - aber der Archivar war zu erpicht darauf zu sehen, wie sich die Situation vorerst ohne sein Eingreifen entwickelte.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()