Vessels [Asuna & Winterhauch]

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    • Sylea konnte sich bildlich vorstellen, welches Massaker sie hinterlassen haben musste. Aber es war dem Umstand geschuldet und sie selbst hätte nichts daran ändern können. Vielleicht hätte sie einfach eher darauf achten sollen, was sie am Leibe trug wenn sie bei Cain aufwachte.
      "Klar ist er nicht amüsiert. So amüsiert wie ich über seine Anwesenheit bin", quittierte Sylea Cains Gemurmel, war gedanklich allerdings schon bei seinen Händen auf ihrem Rücken. Jetzt, wo sie nicht mehr so unendlich erschöpft waren von der Flucht und der Druck ihnen vorerst nicht mehr Nacken saß, hatte sie das Gefühl, jede Sekunde vollends auskosten zu können. Eine Gänsehaut erschien auf ihrem Rücken, ausgelöst durch seine Finger auf ihrer Haut.
      Sylea runzlte die Stirn als sie Cains Grinsen sah. Sicher, sie hatte es darauf angelegt, aber dieses Grinsen jagte ihr einen erwartungsvollen Schauer durch den Körper. Seit wann war sie eigentlich so scharf darauf, jemanden zu piesacken? Die Antwort war so simpel wie einfach: Weil sie nun jemanden dafür hatte. Das Vessel ging vollends in dem zwischenmenschlichen Kontakt auf, kostete jede Nuance zur Gänze aus und nahm alles mit, was sich von ihren Fingern greifen ließ.
      Ein leiser Seufzer kam ihr über die Lippen, als Cain sich mit Küssen den Weg über ihr Schlüsselbein suchte. Dass er seine Aura einzog, merkte sie zunächst gar nicht. Erst, als sich die goldenen Ausläufer ihren Weg über ihre Oberschenkel suchten, weiteten sich ihre Augen. Das Pulsieren ging tief, durchdrang jede Zelle ihre Körpers auf ihrem Weg aufwärts. Die junge Rubra konnte nicht anders, als ihre Oberschenkel gegen die Seiten des Seekers zu pressen in dem kläglichen Versuch, ihre Beine zu schließen. Doch sie entkam dem Pulsieren nicht. Ihr Arm legte sich um Cain Nacken, als sie sich an ihn presste, die überschüssige Energie irgendwo abbaute. Noch immer schickte er seine Ausläufer unaufhaltsam weiter und lösten ein ähnliches Pulsieren zwischen ihren Beinen aus. Unweigerlich begann sie, leicht ihre Hüfte zu rollen. Ihr Gesicht hatte sie unterdessen an seinem Hals in warmer Haut vergraben während das Gefühl in ihr wuchs, ohen Berührungen wahnsinnig zu werden.
      Syleas Atem ging schwer, als sich ihr Arm um seinen Nacken löste und ihre Hand eine die seinen einfing. Sie konnte nicht denken, sie fühlte nur das Pulsieren, das sich überdeutlich über ihre rationalen Gedanken legte. Langsam führte sie seine Hand an ihrem Bauch abwärts, über den Bauchnabel hinweg bis sich seine Hand der Kontur des Venushügels anglich. Es brannte in ihr lichterloh und schuld allein war das pulsierende Gold. Es war egal, dass das Bisschen ausreichte, um ihr eine dermaßen Hitze in den Leib zu treiben. Egal, dass sie vor wenigen Stunden noch tot gewesen war. Alles was zählte war der Moment, und in diesem wollte sie Cain. Wollte, dass er den schwelenden Brand in ihrem Inneren löschte und sie von der exquisiten Qual erlöste.
      "Bitte...", hauchte sie an seine Haut, "dieses Mal muss ich keine Kontrolle wahren."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Die gewünschte Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
      Ein zierlicher Arm, aber mit einem erstaunlich kräftigen Halt, schob sich in seinen Nacken. Sylea drängte sich ihm entgegen und seine Hände auf ihrem Rücken zuckte mit dem Verlangen wieder tiefer zu wandern. Vorerst begnügte sich Cain mit den sanften Lauten, die seine verspielte Aura der jungen Frau entlockte.
      Cain selbst konnte die fortdauernde Wanderschaft seiner Aura nicht sehen aber spüren. Wie ein zweites Paar Hände glitt der goldene Schimmer über ihre Haut, steuerte über die Innenseiten ihrer Schenkel zielsicher auf ihren Kern zu. Winzige Verzweigungen glühenden Lichts schoben sich zwischen ihren noch immer geschwächten Silberstreif. Ja, so hatte der Seeker sich gefühlt, als sie Sylea das erste Mal ihre Aura mit seiner verwoben hatte. Die Ausläufer seiner Aura drangen bis unter das Silber und schienen unter ihrer Haut zu versinken, so nah schmiegte sich das Gold an ihren Körper. Cain bezweifelte stark, dass das Kontrolltraining der Seeker jemals dazu gedacht war, für diese Zwecke missbraucht zu werden. Dabei war es ungemein praktisch und reizvoll.
      Tatsächlich verlief das ganze Experiment seiner Aura auch in die gegensätzliche Ricktung.
      Der Seeker erschaudert vor den Impulsen die seine eigenen Aura an ihn zurückgab, wie Nervenenden, die dem Gehirn siganlisieren, was in diesem Augenblick passierte. Die Resonanz ihreres Körpers war atemberaubend. Cain fühlte die glühende Hitze unter ihrer Haut, wie sie durch ihre Adern rauschte und sich verzehrend zwischen ihren Schenkeln sammelte. Und seine Aura gierte danach, ebenso wie seine physische Gestalt.
      Sylea rollte ihre Hüften nach vorn, fester gegen seine Hüften und streifte ohne Zweifel den Beweis für seine eigene Begierde. Kurzzeitig verlor Cain die Kontrolle über seine Hände, die er ruckartig von ihrem Rücken zog und endlich nach ihren Hüften griff. Eine verfüherische Wiegung ihres Körpers hielt er in dieser Position aus, ehe er auch schon bei der nächsten rollenden Bewegung mit beiden Händen unter ihr Gesäß griff und Sylea fest in seinen Schoß zog. Unter dem warmen Atem an seinem Hals stellten sich die feinen Härchen in seinem Nacken auf.
      Als Sylea seine Hand ergriff und ihn förmlich zwang wieder etwas Raumen zwischen ihnen zulassen, blickte Cain sie mit vorwurfswollen, goldenen Augen an. Beinahe hätte er die junge Frau, wenn nötig auch unter Protest wieder an sich gezogen, führte sie seine Hand bereits tief ihren Körper hinab. Mit einer gewissen Komik blickte Cain mit weit geöffneten Augen zu ihr auf. Sämtliches Blut rutschte von seinem Kopf augenblicklich in südlichere Regionen seines Körper, das ließ sich auf diese innige Nähe auch nicht mehr abstreiten.
      Was als kleine Neckerei begonnen hatte, schlug exponentiell ansteigend eine ganze andere Richtung ein.
      "Wenn es das ist, was du willst...", brummte er gegen ihre Lippen und fing sie in der nächsten Sekunde bereits zu einem leidenschaftlichen Kuss ein. Länger ruhte seine Hand auch nicht an Ort und Stelle. Seine Hand schob sich ohne weitere Verzögerung zwischen ihre Beine. Mit zärtlichen Berührungen erkundeten seine Fingerspitzen streichelnd weiche, zarte Haut und das erhitzte Terrain das erst wenige Stunden zuvor seine Lippen erkundet hatten.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • "Dann solltest du erst mal lernen, deine Aura bei dir zu behalten", erwiderte Sylea zwischen zwei Küssen spöttisch.
      Cains Finger nun an Orten zu spüren, zu denen niemand sonst Zugang hatte, war wiederum ein neues Gefühl. Sie hatte es genossen, was der Seeker mit seinem Mund alles anstellen konnte, aber die taktile Fähigkeit von Fingerspitzen war eine völlig andere Nummer. Als Reaktion darauf zuckte ihr gesamter Körper in unabsehbaren Intervallen zusammen und trieb ihr dabei die Luft aus den Lungen. Die Stille füllte sich mit den leisen Geräuschen, die sich von sich gab, und ihren flammenden Küssen. Bereits jetzt stellte sie sich schon vor, wie sich seine Finger in ihr anfühlen mochte.
      Dann löste Sylea plötzlich ihre Lippen voneinander und brachte deutlich mehr Abstand zwischen ihnen. Ihre Lider waren halbgeschlossen während sie fühlte, wie die Berührung seiner Finger sowohl jener seiner Aura über empfindliche Hautpartien strichen. Genüßlich rollte sie den Kopf im Nacken - und fixierte anschließend Cains Blick. Ganz eindeutig lag darin Verlangen, der Wunsch nach Wärme und Zärtlichkeit. Doch auf der anderen Seite flackerte da etwas anderes in ihrem Blick, was sich nicht ganz einfach deuten ließ. Kurz darauf erklärte es sich dann. Ein Ruck ging durch den Körper des Vessels, als sie sich rückwärts vom Schoß des jungen Mannes schob, seine Hände von ihrem Körper löste und auf Abstand ging. Als sie zwischen seinen Fußknöcheln saß, warf sie Cain einen... koketten Blick zu?!
      "Sorry. Du bist ja gerade erst wach geworden. Wollte dich nicht so überfallen", hauchte Sylea und es lag ganz bestimmt keine Reue in ihrer Stimme. Den Kopf leicht gesenkt hatte sie die Beine angewinkelt und nur der Arm ihrer rechten Hand, die sie zwischen ihre Oberschenkel als Stütze abgestellt hatte, verhinderte einen tiefergehenden Blick.
      Langsam nickte sie mit ihrem Kopf zur Tür. "Du möchtest doch bestimmt erst mal... was essen oder so?" Sie stichelte weiter. Jetzt, da sie sich auch aus den goldenen Ausläufern seiner Aura zurückgezogen hatte, viel ihr der Widerstand viel leichter. Jetzt hatte sie das Gefühl, das stetige Pulsieren zwischen ihren Schenkeln zumindest aushalten zu können. Dieses Wissen zauberte ihr ein süffisantes Lächeln auf die Lippen, die mit ihrer leicht bläulichen Farbe noch immer verrieten, dass ihre Anemie noch nicht kuriert war.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Die Küsse vernebelten seine Sinne.
      Mit jeder Berührung wuchs seine Körpertemperatur scheinbar an. Zumindest fühlte sich Cain, als würde der leidenschaftliche Kuss ihn langsam von Innen heraus verbrennen. Die gemurmelten Worte zwischen den Küssen nahm er kaum zur Kenntnis. Alle seine Sinne liefen in der Hand zwischen ihren Schenkeln zusammen, die Sylea unablässig reizte und neckte, um ihr die schönsten Laute zu entlocken.
      Ein eisiger Luftzug fegte über Cain hinweg, als die junge Frau sich in seinem Schoß zurücklehnte und plötzlich Abstand zwischen sie brachte. Eine wahre Grausamkeit, die er mit einem Geräusch quittierte, das einem Knurren sehr ähnlich war. Mit glühenden Augen beobachtete Cain wie Sylea den Kopf genüsslich in den Nacken legte. Der Blick, der sich im Anschluss in seine Augen bohrte, ließ sie seine Hand erstarren, obwohl die Fingerspitzen kläglich unter dem Verlangen zucksten ihre Erkundung fortzusetzen.
      Die Augen des Seekers schmälerten sich ein wenig, während er den Blickkontakt nicht unterbrach. Hoffte er etwas darin zu erkennen? Die Entspannung war aus seinen Gesichtszügen verschwunden. Ruckartig schob sich Sylea fort und kaurte nun regelrecht zu seinen Füßen auf dem Bett. Die ganze Haltung, die sie nun an den Tag legte, löste Misstrauen in Cain aus. Die Körpersprache und der kokette Blick waren weit weg von der neugierigen teils schüchternen Frau. Sicherlich, Sylea mangelte es an Schamgefühl, aber sie hatte sich nie so aufreizend präsentiert. Die Art und Weise ihrer Stichelein, der Arm zwischen ihren Schenkeln der Cain den Blick auf mehr verwehrte...war beinahe schon provozierend und grenzte an gut einstudierte Verführungskünste, die er Sylea nicht zugetraut hätte. Eine ähnliche Haltung hatte er schon einmal gesehen, als Anifuris ihn in der Zelle angefallen hatte. Ein Tier, das lauerte.
      Das Lächeln auf seinen Lippen verblasste sekündlich ein wenig mehr. Der goldene Schimmer seiner Aura breitete sich weiter im Raum aus. Warum spürte er nichts? Täuschte er sich doch? Aber ein Blick zurück in die braungrauen Augen befeuerte nur die düstere Ahnung.
      Der Seeker zog seine Beine zurück und kam bedächtig auf die Knie. Geschmeidig, wie ein Jäger der seine Beute vor Augen hatte.
      Blitzschnell fasste Cain nach dem zierlichen Körper der jungen Frau und drückte sie an den Schultern zurück aufs Bett. Seine Hände fuhren ihre Arme hinauf bis er ihre Handgelenke fest in die Matratze pressen konnte, während er zwischen ihren Beinen kniete.
      "Das ist ein sehr, sehr schlechter Zeitpunkt für deine Spielchen, Anifuris..."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • "Whoopsie", kicherte Sylea regelrecht, als Cain sie auf dem Rücken auf der weichen Matratze festnagelte.
      Ohne Widerstand ließ sie sich niederringenmit dem jungen Seeker zwischen ihren Beinen. Mit einem beinahe lasziven Augenaufschlag richteten ihre braungrauen Augen auf die Goldenen, die sie voller Argwohn musterten. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
      "Denkst du, ich spiele gerade?", fragte sie und hatte beinahe den Tonfall, den das Vessel in ihrer üblichen Verfassung benutzte.
      Langsam brachte sie ihre Beine zusammen bis ihre aufgestellten Beine an seiner Hüfte rieben. Innenseite ihrer Knie und Obenschenkel rieben sich in einem abwechselnden Rhythmus an ihm in der Anspielung auf mehr. Sie wusste nur allzu gut, dass das Shirt unterhalb nun nicht mehr versteckte, spürte noch immer das Pulsieren zwischen ihren Beinen. Die wütenden Schreie in ihrem Kopf.
      "Eigentlich wollte ich jetzt nur diejenige sein, die dich mal ein bisschen aufzieht." In einem Versuch mit den Schultern zu zucken ruckten nur ihre Arme ein wenig unter dem felsenfesten Griff Cains. Das Lächeln wurde breiter als sie spürte, dass er seine Aura wieder ausgetreckt hatte. "Du fühlst Anifuris nicht, richtig? Seine Aura liegt immer noch begraben unter meiner."
      Tatsächlich war das Nachtblau seiner Farbe gut unter dem Silberstreif verbrogen. Nur einzelne dünne Linien im Silber zeigten, dass sie zusammengehörten, eins waren. Unter dem Mann drückte sie ein wenig den Rücken durch, so als leide sie Qualen für jede Sekunde, die er sie an Ort und Stelle festhielt. "Ich habe doch gesagt, ich will dich. Jetzt."
      Da zuckten plötzlich Syleas Finger wie in einem Krampfanfall. Flüchtig warf sie einen Blick zu ihren Fingern, nur um dann zu gedehnt zu seufzen. Noch immer gab es keine sichtbare Änderung in ihrer Aura - doch der Ausdruck in ihren Augen wurde in sekundenbruchteilen viel zu kalt für die junge Rubra.
      "Als ich das letzte Mal in Edinburgh war lebten hier noch nicht soviele Menschen auf einem Haufen."
      Spästens hier war klar, dass es zumindest nicht Sylea allein war, die gerade in Kontrolle war. Nicht nur war ihr Ausdruck kühl geworden, dieses Mal schwang noch eine andere Emotion mit: Melancholie.
      "Wusstest du, dass deine Berührungen sie schwach machen? Anfällig? Ihr hattet das letzte Mal nur die Ruhe weil ich euch buchstäblich den Arsch gerettet habe, wenn ich das mal so sagen darf." Es schwang kein einziger Funke Hass oder Abneinung in der Stimme mit. Lediglich die Sachlichkeit, als erzähle sie eine Geschichte. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf Cain. "Ihr vergesst beide, dass ich gerade mal zwei Tage? Zwei Tage. Richtig wach bin. Bitte sagt mir nicht, dass ihr davon ausgeht, meine bisher gezeigten Fähigkeiten sind der Grund, warum ich weggesperrt wurde. Mitnichten sind sie das."
      Leicht neigte Sylea wieder den Kopf. Das Silber ihrer Aura begann langsam aber stetig größere Wellen zu schlagen und ihren Raum gewaltsam einzufordern. Ein Zeichen der aufbegehrenden Rubra in ihrem Körper.
      "Du willst Fragen stellen. Nur zu. Du willst wissen, was für eine Verbindung ich zu Helyon habe? Gar keine. Ich kenne lediglich den Rest seines Rudels, er als Alpha war damals nicht präsent. Daher auch sein Name. Zum reizen hat es zumindest gereicht."
      Er will Antworten, du willst Antworten. Schweig einfach ein paar Minuten und hör zu.
      Jetzt? Dein Ernst?
      Ja, mein voller Ernst. Ob es mir passt oder nicht, du wirst besser darin, Ausbrüche von mir zu unterbinden. Also muss ich alles nutzen, was ich kann. Außerdem ertrage ich eure Hormone nicht länger.
      Ein rosa Schimmer färbte plötzlich Syleas Wangen, was so gar nicht zu der Situation passte. Auch das war ein kleiner Hinweis auf Syleas Bewusstsein und ihrer nicht gänzlich abhanden gekommenen Kontrolle.

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    • Argwöhnisch betrachtete Cain das vertraute Gesicht.
      Mittlerweile hätte er Syleas Gesichtszüge blind beschreiben können, aber jedes Mal wenn Anifuris Besitz von ihrem Körper ergriff, war ihm als blickte er einen fremden Menschen an. So war es auch jetzt. Einladend schloss sich ihre Beine um seine Hüften, rieben sich an seiner nackten Haut oberhalb der tief sitzenden Sporthose. Allerdings hald alles nichts, auch nicht das verlockende Entgegenbäumen ihres Körpers nicht, um Cains Miene zu erweichen.
      Die Zornesfurchen zwischen seinen Augen grubens ich immer tiefer in seine Mimik. Im Augenwinkel zuckten die Finger unter seinen Händen und Cain erkannte den Widerspruch der winzigen Bewegung zum lasziven Aufbäumen ihres Körper. Syleas Bewusstsein war nicht völlig verschwunden sondern sah mit an, wie Anifuris ihren Körper benutzte. Ein schwächerer Mensch hätte der alten Seele vielleicht nachgegeben.
      "Ich habe doch gesagt, ich will dich. Jetzt."
      Der Seeker löste seinen Griff um die schlanken Handgelenke, nur um bestimmt ihre Kniekehlen zu fassen. Cain unterband die reibende Bewegung ihrer Oberschenkel an seinem Körper. Für einen Augenblick wirkte es, als würde er den schlanken Leib näher zu sich ziehen wollen.
      "Da muss ich dich leider enttäuschen. Du bist leider nicht mein Typ.", knurrte er und schob die Beine mit einem Ruck von seinem Körper fort, um endlich etwas Abstand zwischen sich und Anifuris zu bringen. "Du kontrollierst ihren Körper, aber du bist nicht sie."
      Cain rollte sich elegant vom Bett und betrachtete die junge Frau, die immernoch schamlos auf dem Bett lag und ihn mit kalten Augen anfunkelte. Es war merkwürdig und abstrakt anzusehen, wie sich scheinbar zwei Persönlichkeiten gleichzeitig des Körpers bemächtigten. Manchmal erblickte er Facetten von Sylea, manchmal von Anifuris. Als verschmolzen die Bewussteine zeitweise zu einem einzigen.
      "Hör auf demaßen überheblich in Rätseln zu sprechen. Dann erleuchte uns doch endlich und sag uns, warum der Rubra-Clan so versessen darauf war dich gefangen zu halten und sogar ihre jüngste Tochter dafür opferten."
      Seufzend strich er sich durch das Haar. Die Stimmung von vor wenigen Mintuten verflogen. Angespannt vergrub er seine Hände in den Hosentaschen, während er sich Sylea gegenüber an die Wand des Schlafzimmers lehnte. Der Rotschimmer sprach eindeutig für Sylea und stand im Kontrast zu den kühl funkelnden Augen.
      "Du hast keine Verbindung zu Helyon, aber du weißt mehr über ihn, als du zugibst."
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    • "Nicht dein Typ? Das sah vor ein Minuten aber noch ganz anders aus."
      Der höhnende Tonfall war Anifuris Markenzeichen. Noch immer lag Sylea auf dem Bett, die Arme nach oben von sich gestreckt und die Beine mittlerweile wieder angewinkelt. Sie hatte den Kopf gedreht, um Cain mit einem spöttischen Lächeln zu bedenken. "Du hast auf ihren Körper reagiert. Das warme Fleisch unter deinen Fingern, die Töne, die sie dir geschenkt hat. Eine rein biologische Konsequenz, dass du sie nehmen wolltest. Versteh' ich vollkommen."
      Daraufhin wurde Syleas Gesicht nur noch röter. Als sie sich schließlich aufsetzte rollte sie theatralisch mit den Augen und kratzte sich am Kopf, so als ginge ihr etwas gehörig auf die Nerven. Noch immer war der Silbersee, der ihre Aura darstellte, aalglatt. Das war alles andere als normal. Er wurde manipuliert, damit er blieb wo er war. Ein falsches Bild erzeugte. Beiläufig ließ sie ihren Blick durch den Raum gleiten bis sie endlich einen Stoffhaufen ausfindig machen konnte, der verdächtig nach Unterwäsche aussah. In einer geschmeidigen Bewegung stand sie vom Bett auf und schritt hinüber zu der Kommode, auf der besagter Haufen lag. Ihre Finger zupften einen Slip hervor, den sie ausbreitete und vor sich hielt. "Den?", fragte sie offensichtlich das andere Bewusstsein im eigenen Körper und zuckte mit der Schulter, als sie die Antwort bekam. Behände schob sie erst ein Bein durch das Beinloch, dann das zweite. Unendlich langsam zog sie den Stoff über jegliche Wölbung hoch bis sie das Shirt anheben musste, um das Stückchen Stoff bis zu ihren Hüftknochen ziehen zu können. Erst dann ließ sie das Shirt wieder fallen, wie es wollte.
      "Man hat die arme kleine Sylea dem Löwen zum Fraß vorgeworfen weil nur sie ihn zähmen konnte. So schlau waren die Vertreter ihres Clanes noch." Es schwang ein Hauch Abneigung in ihren Worten mit. Zeitgleich hörte es sich nicht so an, als spräche sie über Fremde. Eher, als kenne Anifuris die Leute sogar. "Sie wussten, dass nur bestimmte Auren mich halten können. Silber zählt leider dazu. Zwar kennt niemand von ihnen meinen wahren Namen, ich habe einfach zu viele als dass sie es wissen könnten, aber man kannte die Schriften. So zerstückelt sie auch sein mochten. Als nahm man das Mädchen, dessen Aurasignatur mich zumindest bannen konnte und hoffte, dass sie mich mit in den Tod reißen würde."
      Ohne dass Cain es sehen konnte, biss sich Sylea auf die Unterlippe und färbte die Kuppe ihres rechten Zeigefingers blutrot. Als sie sich Cain zuwandte, machte sie eine ihm unbekannte Geste und legte den Finger auf die Stelle, wo die Schlüsselbeine an ihrer Brust zusammenliefen. Anschließend zog er eine kleine Linie mit einem bestimmt gesetzten Haken darin. Einen Moment später flammten rostfarbene Runen über den gesamten Körper des Mädchens auf. Über die Arme, den Torso, Beine, den Hals hinauf bis hin zu ihrem Gesicht war sie förmlich mit Runen übersäht worden.
      "Das sind die Blutrunen, die mich an diesen Körper binden. Die Rubras kennen nur noch einen Bruchteil an Runen, aber diese hier beherrschen sie noch ganz gut. Im Tausch für das Leben der bemalten Person kann man eine Seele in diesem Körper einschließen. Sylea war nie ein Vessel, ihre Kapazitäten haben dafür nicht ausgereicht. Aber man hat sie gewaltsam zu einem gemacht, was in ihrem Tod resultierte, der eigentlich garantiert sein sollte. Vielleicht war es nur Zufall, dass es so ausgegangen ist, wie es ist."
      All dieses Wissen besaß die junge Rubra bereits. In den zahllosen Gesprächen hatte sie so viel erfahren können, das sie Cain gar nicht alles erzählen konnte. Dass Anifuris in Teilen diese Aufgabe nun übernahm, kam ihr durchaus gelegen.
      Als sich die Finger von der blutigen Linie lösten, verschwanden die Runen augenblicklich und hinterließen nicht den Hauch einer Spur auf ihrer Haut. Mit wenigen Schritten war sie wieder beim Bett angekommmen und ließ sich auf die Bettkante sinken. Sie saß dem Seeker nun zugewandt gegenüber und musterte ihn.
      "Sicher weiß ich mehr über den Köter. Beziehungsweise sein Rudel. Er wandelt schon mehrere Jahrhunderte auf Erden, getrennt von seinem Rudel. Als es damals das erste Mal auf Erden erschien, brach es wie eine Seuche über die Dörfer und Städte hinweg weshalb man die Rubras konsultierte. Was damals als Exorzismus verschrien war, war hohe Kunst und rettete hunderten Menschen das Leben. Sie versiegelten die einzelnen Hunde in Menschen, deren Aurensignatur passte und machte sie zu Vesseln. Der Großteil starb dabei weshalb Helyon, ihr Alpha, sein Rudel nie wieder gesehen hatte. Er sucht bis heute nach ihnen oder eher gesagt nach dem Grund, was damals wirklich passiert ist. Deshalb hegt er solch eine Abneigung gegenüber den Rubras. Er macht sie, natürlich, dafür schuldig und das ist sein gutes Recht. Er hat dir außerdem gesagt, dass ich keiner von ihnen sei - auch das ist vollkommen richtig. Ich bin nicht das, was ihr eine magische Kreatur nennt oder einen Gott. Im Endeffekt war ich mal ein Mensch wie ihr zwei, der einfach wenig zu neugierig war und nun von den Rubras doch als Gott gefeiert und von allen anderen als Monster verschrien wird."
      Das waren mehr Informationen, als er jemals an einem Stück preisgegeben hatte. Slyea hatte bereits vermutet, dass Anifuris, was ja offensichtlich nicht sein wahrer Name war, kein übermenschliches Wesen war. Das erklärte auch, warum sie sich nie so extrem abgestoßen gefühlt haben mochte.
      "Dir bringt die Geschichte hinter Helyon nicht viel. Also sparen wir uns hierbei den Atem. Ich möchte von dir, dass du in die Headlibrary gehst und mir bestimmte alte Bücher bringst. Sie werden als antike Schriften gelagert, aber ich bin mir sicher, dass du irgendwie an sie heran kommen wirst. Das muss nicht unbedingt jetzt sein. Aber ich glaube du möchtest nicht, dass ich einfach unter Menschenmasse spaziere und mir selbst die Bücher hole, ja?"

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    • Die Wahrheit ließ sich kaum abstreiten. Natürlich reagierte Cain auf die junge Rubra.
      Vor allem dann wenn sie sich halbnackt und geradezu verführerisch in seinem Schoß befand, dabei zarte Laute in seine Ohr hauchte. Wer würde da nicht nachgeben? Aber das reichte Cain nicht. Sobald Anifuris die Kontrolle über Sylea übernahm, fühlte der Seeker nichts anderes als eine unterschwellige Abscheu, die ihn vor der möglichen Gefahr fernhielt. Dennoch war es seltsam, dass er die bläuliche Aura nicht spürte. Keiner seiner Sinne hatte Alarm geschlagen. Auch seine eigene Aura spürte kaum Unebenheiten in dem glatten Silberstreif.
      Der Seeker zog seine Aura wieder zu sich zurück und blieb vorerst auf Abstand, auch wenn das im Ernstfall nicht die Lösung des Problems war. Zu seiner Schande war er in der Anwesenheit der Rubra zu nachlässig geworden. Die Leichtsinnigkeit war normalerweise keine seiner hervorstechensten Eigenschaften.
      Mit Mühe widerstand er dem Drang die auftauchenden Runen an ihrem Körper mit den Fingerspitzen nachzufahren. Nur um zu prüfen, ob sie wirklich da waren. Stattdessen drückte er die Schultern fest zurück gegen die kahle Wand und öffnete den Mund erst wieder als Anifuris seine Forderung stellte. Leider hatte er recht. Cain würde ihn niemals alleine durch die Stadt marschieren lassen. Allerdings wunderte sich der Schwarzhaarige über die Kooperation der Seele. Er hatte die Manupulation am eigenen Leib erfahren, also blieb immer noch die Frage, warum Anifuris sich scheinbar friedlich zeigte.
      "Welche Bücher?", fragte er knapp ohne ein Versprechen zu machen. Er wollte erst wissen, was er der uralten Seele in die Hände drückte.
      Seufzend aber immer noch angespannt glitt Cain an der Wand gegenüber von Anifuris herunter und legte die Unterarme auf den angezogenen Knien ab. Die Haltung suggerierte Ruhe, dabei sah es in dem jungen Mann ganz anders aus.
      Anifuris hatte ihm viel zum Nachdenken gegeben.
      "Du sagtest Silber wäre kompatibel? Welche speziellen Eigentschaften besitzt einer silberne Aura oder ist es lediglich die Aurensignatur?" Die Frage war, welche Eigenschaften er selbst besaß von denen er niemals etwas erfahren hatte. Wie viel enthielt man den Seekern vor, um ihnen ihr volles Potenzial zu verwehren und gehorsame Spürhunde aus ihnen zu machen. Wut zuckte durch seine Aura.
      "Also wird Helyon nicht aufhören uns zu verfolgen?", mit einem dumpfen Auprall fiel sein Hinterkopf gegen die Wand zurück und Cain schloss die Augen. "Wenn du nichts dergleichen bist, Anifuris. Wer warst du dann?"
      Neben dem Misstrauen schwang auch ehrliches Interesse in seiner Stimme mit.
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    • "Ich will die Memoiren der Estryreh", sagte Sylea unverwandt, es lag keine besondere Betonung auf diesen Worten.
      Die Aufzeichnungen der Estryreh waren Ansammlungen von tagebuchähnlichen Einträgen. Eigentlich als Legende abgetan von einer Frau, die vor Jarhunderten gelebt haben soll, dienten diese Schriften vermehrt zur Nachforschung über die ersten Anzeichen von Seelen, die man in Körper binden konnte. Beziehungsweise, wann das erste Mal klar geworden war, dass es eigenständige Seelen waren. "Ich weiß, dass Edinburgh der einzige Standort weltweit sein dürfte, der die Originale besitzt."
      Syleas Bewusstsein strauchelte etwas. Der Name war nicht neu, sie hatte ihn schon einmal von Anifuris gehört. Aber sie konnte sich an den Kontext nicht mehr erinnern. Warum sollte eine jahrhunderte alte Seele scharf auf Bücher sein? Ihre Lippen kräuselten sich etwas, als Cain an der Wand herab rutschte und seine Arme auf die Knie ablegte. Der junge Mann dachte nach.
      "Das ist ein so trauriges Beispiel. Ihr seid mit einer Gabe gesegnet, die euch niemand richtig erklären kann. Und warum? Weil diejenigen mit dem Wissen dazu als Ketzer abgeschlachtet worden sind. Sie rissen ihr Wissen mit in ein Grab, das niemand anfassen möchte." Sylea verstand nur Bahnhof. Anifuris in ihrem Körper rollte als Reaktion darauf die Augen, eine unerwartet junggebliebene Reaktion. "Ihr habt vor euch einen der letzten Meister dieses Wissens. Ich sagte ja, ich war zu neugierig für die meisten Menschen in meinem Umfeld. Meine Theorien waren bahnbrechend, so bahnbrechend um genau zu sein, dass eine gewisse Institution sich diese Theorien zu eigen gemacht hat und den Urheber hat richten lassen."
      Warte mal. Du warst also ein Mensch, der einfach nur zu viel Wissen angesammelt hat und wahnsinnig geworden ist?
      Sylea verzog das Gesicht, tadelte jemanden, der nicht Cain war. "Wer war der Erste, der erfolgreich eine Seele in einen Körper gebunden hat? Darüber sind sich die Aufzeichnungen nicht ganz einig, hm? Ich seh's schon an deinem Gesicht, du bist dir auch nicht sicher. Einen Hinweis darauf gibt es in den Aufzeichnungen der Estryreh. Ich habe mich mit dem Thema auch auseinandergesetzt und deswegen versteh ich mehr über Auren als der gesamte Rat zusammen."
      Geschickt maneuvrierte Anifuris um essenzielle Informationen herum, die ihm eventuell in den richtigen Händen das Genick brechen konnten. Es gab zwar niemanden, der ihn per se auslöschen konnte, aber genug Fähige, die die fleischliche Hülle wegsperren konnten. Zumal er immer noch nicht wusste, wer diesen verdammten Bannkreis in der Kathedrale gezogen hatte.
      "Jedes Lebewesen besitzt eine bestimmte Farbe, eine Signatur, die nur ihm gehört. Das weißt du sicherlich. Was man euch in der Schule nicht beigebracht hat, ist die Auswirkung dieser Signatur. Ähnliche Signaturen schlagen einfacher im Gleichklang, Blutsverwandte besitzen eine Verbindung noch über die Signatur hinaus. Bestimmte Farben, wie eben das Silber von Sylea, sind laut Sagen und Legenden seltener, erhabener als gewöhnliche Farben und deuten darauf hin, dass sie in der Lage sind, mit anderen Seelen stärker in Kontakt treten zu können."
      Sylea überschlug die Beine und betrachtete den Seeker eingehend. Alle im Raum wussten, dass er alles andere als unaufmerksam war und jegliches Detail für einen späteren Moment verwahren würde. Für den Moment, in dem alle Fäden zusammenliefen.
      "Und nein, Helyon wird nicht aufhören. Er wird allerdings eher hinter uns als hinter dir her sein. Also", sie machte eine wedelnde Geste, "noch hast du die Möglichkeit, dich von uns zu trennen. Ich tröste Sylea dann eine Weile bis sie sich damit abgefunden hat."
      Da zuckte der Körper unverwandt zusammen, ein leises Auflachen konnte Anifuris nicht unterdrücken.

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    • "An die Schriftstücke zu gelangen, dürfte kein Kinderspiel sein.", sagte Cain und seine Stirn legte sich in nachdenkliche Falten.
      Solche seltenen und alten Bücher waren entsprechend gesichert und jeder bekam einen uneingeschränkten Zugang. Ein Vorhaben, diese Schriften unbemerkt aus dem Sicherheitsbereich zu bekommen, erschien gar unmöglich. Die Möglichkeit durch diese Aufzeichnungen mehr über die Gabe zu erlernen, die sein Leben verflucht hatte, weckte jedoch eine gewisse Neugierde, die sich ebenso in den bernsteinfarbenen Augen wiederspiegelte. Dabei blieben die Zweifel, was Anifuris am Ende mit dem Wissen anstellen konnte. Es war beunruhigend.
      Der Seeker lauschte jeder Silbe mit voller Aufmerksamkeit und hob fragend eine Augenbraue an, als Anifuris kurz pausierte.
      "Das heißt du warst früher einmal ein Mensch?", fragte Cain verwundert. "Ich habe tatsächlich bisher angenommen, dass die Seelen rein übernatürlichen Ursprungs sind. Mittlerweile begreife ich langsam, wie wenig wie eigentlich wissen oder eher, wie viel uns allen vorenthalten wird um uns zu kontrollieren."
      Etwas glühte in dem Gold seiner Augen auf. Ein Hauch Aufbegehren, ein rebellischer Funken. Cain war seit Kindesbeines an zu Gehorsam und ständiger Kontrolle erzogen worden. Seit der ersten Begegnung mit Sylea wurden die Säulen dieser Erziehung immer brüchiger. Er richtete sich etwas mehr auf und sich lehnte seinen Körper mit purem Interesse weiter vor, als wollte er kein Wort verpassen.
      Aufgrund der recht merkwürdigen Mimik und dem tadelnden Ausdruck im Gesicht der Rubra, war Sylea ebenso erstaunt darüber. So wenig, wie er vom Ursprung des Ganzen wusste, saugte er die spärlichen Informationen der alten Seele wie ein Schwamm auf. Wenn er außer Acht ließ, dass Anifruis im Normal ihm gegenüber nicht sehr freundlich gesinnt war und wohl jeder Zeit dazu in der Lage war ihm ein Ende zu machen, war es äußerst interessant seinen Erzählungen zu lauschen.
      "Aber ich spüre, dass du ebenfalls Geheimnisse für dich behälst. Nicht, dass es mich wirklich überrascht.", murmelte er und fixierte Anifuris mit einem prüfenden Blick. Das Gold seiner Aura wirbelte gleichmäßig um seinen Körper, forschend, als suchte sie etwas.
      Tatsächlich erschien ein schmales Lächeln auf seinen Lippen.
      "Gönn mir meine Neugierde...", sprach er. "...und erklär mir mehr über meine Aura. Wenn Silber erhabener und empfänglicher für andere Seelen ist, was weißt du über goldene Auren? Wie du ja weißt, kann ich die Farben nicht sehen. Sylea hat es mir verraten. Was mich arg wundert, ist die Tatsache, dass ich deine übliche Aurensignatur nicht spüren kann. Jegliche Empfindung, die ich normalerweise wahrnehme, wenn du dich manifestiest ist nicht vorhanden. Wie ist das möglich?"
      Mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze erhob sich Cain wieder aus seiner sitzenden Haltung und streckte sich ausgiebig, die Arme hoch über den Kopf, wobei die drahtigen Muskeln unter seiner Haut zuckten. Langsam kam er auf das Bett zu und legte eine Hand unter das Kinn der jungen Frau, die er kaum in den vertrauten Augen finden konnte. Cain hob das Gesicht behutsam an und blickte zu Anifuris hinab.
      "Ich sollte dir nicht trauen, aber wie haben immer noch einen Deal. Und ich habe nicht vor Sylea zurückzulassen. Das stand nie zur Debatte. Helyon hat Sylea Schaden zugefügt. Ich konnte dem Kerl von Anfang an nichts abgewinnen und jetzt ist es was Persönliches."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • "Korrekt. Ich weiß nicht, was die Auslöser dafür sind, aber manche Seelen sind menschlicher Natur."
      Dies war einer der Gründe, warum Anifuris nicht nur für Menschen eine Bedrohung darstellte. Im Gegensatz zu den meisten menschlichen Seelen, die reanimiert werden konnten, besaß er die Fähigkeit, anderen Wesen zu schaden. Selbst, wenn sie übernatürlicher Natur waren und seine Kraft bei Weitem überstiegen. Nannte man der richtigen Kreatur den richtigen Namen, dann begegneten sie ihm umgehend mit Aggression.
      Dies äußerte sich ebenfalls darin, wie unbeweglich Sylea auf dem Bett saß als sich die goldene Aura prüfend um ihren Körper legte. Ein kaum wahrnehmbares Lächeln umspielte ihre Lippen weil sie wusste, dass das Gold vergeblich versuchte, an ihrem künstlich erzeugten Panzer Hinweise zu finden. Als jedoch ein Lächeln in Cains Gesicht erschien, bröckelte Syleas Fassade ein klein wenig. Das Lächeln wurde steif, bekam Risse. Für einen winzigen Augenblick befüchtete die alte Seele, dem Seeker bereits zuviel Informationen gegeben zu haben. Ein Detail übersehen zu haben und sein Spiel mit falschen Karten bestritten zu haben. Dann hörte sie die Fragen, die Cain Anifuris stellte und bekam augenblicklich ihre alte Fassung zurück.
      Das Lächeln in Syleas Gesicht wurde fast unerträglich breit als sie sah, wie sich der Seeker erhob und auf sie zu bewegte. Keinen einzigen Millimeter rührte sie sich während die kühlen Finger des jungen Mannes ihr Kinn streiften und ihren Blick hob. Leicht neigte sie den Kopf, die Kälte aus ihren Augen war gewichen und bekam einen Hauch der Lebendigkeit wieder, die so typisch für die junge Rubra waren.
      "Ich kenne jede einzelne Farbe, die es gibt. Habe jede von ihnen gesehen, jede einzelne auf ihre Neigung überprüft. Was bekomme ich also von dir wenn ich dir erzähle, was dein Gold charakterisiert? Und wer bestätigt dir, dass meine Worte der Wahrheit entsprechen?", gab Sylea zu bedenken. Selbst Cain dürfte sehen, dass sich in ihren Augen gerade ein Kampf zweier Einheiten austrug. In einem Moment sah man das Feuer der jungen Rubra aufflammen, in der nächsten Sekunde gewann schon wieder das kühle Kalkül Anifuris' die Oberhand.
      "Es gibt mehrere Gründe, warum du meine Aura nicht mehr so wahrnimmst wie zuvor. Entweder, du siehst mich nicht mehr als solch große Gefahr wie zuvor. Das wäre allerdings grob fahrlässig, denn selbst wenn es so ausschaut, als könnte mich die kleine Sylea von vielen DIngen abhalten - kann sie es nicht."
      Syleas Hand hob sich, ihre schmalen Finger legten sich unglaublich sanft um Cains Handgelenk. Er hatte die Nummer 1 - Regel vergessen, wenn es um direkten Kontakt mit der alten Seele ging. Stelle niemals direkten Körperkontakt her. Gib ihm nicht die Chance zu agieren.
      In Folge dessen erstarb das Lächeln auf Syleas Gesicht ohne Vorwarnung. Mit einer Bestimmtheit, die nicht jene des Vessels war, schlossen sich die Finger um das Handgelenk. Der nun aufkeimde Ausdruck in den braungrauen Augen trug nur eine Inschrift: Eine Warnung.
      "Die nächste Möglichkeit ist jene, dass ich Syleas Seele schon soweit assimiliert habe, dass wir eine Einheit werden. Die du nicht mehr voneinander trennen kannst. Ich sagte ja, dass ich früher oder später meinen Willen durchsetzen werde."
      In diesem Moment setzte Syleas Herzschlag für einen Moment aus. Das Bewusstsein des Vessels reagierte in ihrem geteilten Geist mit solch heftigem Widerstand, dass sich Anifuris Kontrolle über den Körper fast verlor. Bereits im nächsten Augenblick hatte er Sylea in ihre Schranken gewiesen, sie an ihren Armen geschüttelt und von sich gestoßen. Für diese Spielchen hatte er jetzt gerade keine Zeit.
      "Oder es ist die dritte Option", führte er fort und griff das erste Mal seit Ewigkeiten nach dem Gold von Cains Aura.
      Es glich dem Ablauf, wenn man die Hand eines Anderen packte und sie zu einer bestimmten Stelle führte. Genau das Gleiche tat nun Anifuris und brachte das Gold zu dem Silber an seinem Hals. Dort fächerte er das Gold auf und presste es regelrecht an die andere Farbe. Als Reaktion stöhnte Sylea leise auf und schloss die Augen während sie weitersprach: "Du siehst das erste Mal, wie ein Meister seine pure Existenz vor Anderen verschleiert. Ohne ihn direkt anzufassen wirst du nie herausfinden können, ob noch jemand sich unter der offensichtlichen Aurensignatur befindet oder nicht."
      Er führte Cains Aura gezielt zu mikroskopisch kleinen Rissen in dem Silberstreif Syleas. Nur hier konnte das Gold winzig kleine nachtblaue Partikel von Anifuris Aura wahrnehmen. Das einzige Indiz, dass er ebenfalls in diesem Körper steckte.
      "Solange du nicht weißt, zu was deine Aura, zu was du, fähig bist, wird dich ein Wesen wie Helyon in der Luft in Stücke reißen. Und ich habe nicht vor, dir das Wissen dazu kostenfrei zu geben. Unterhalte mich und ich überlege es mir."
      Da löste sich Syleas Griff und Cains Aura schnackte zu dem Seeker zurück. Reflexartig presste Sylea ihre flachen Hände auf ihre Brust, so als bekäme sie nicht ausreichend Luft. Nach ein paar hastigen Japsern verflüchtigte sich das Gefühl und als sie das nächste Mal zu Cain aufsah waren es wieder ihre Augen. Sie würde sich nie daran gewöhnen, wie die alte Seele sich einfach ruckartig zurückzog und sie regelrecht in ihren Körper zurückwarf.

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Die Quittung für den grobfahrlässigen Fehler bekam der Seeker augenblicklich zu spüren.
      Anifuris ergiff den goldenen Wirbel seiner Aura und lenkte ihn ohne jegliche Mühe in die Richtung, die er allein bestimmte. Selbst wenn Cain gewollt hätte, er wäre nicht dazu in der Lage gewesen sich dem Zwang zu widersetzen. Genauso war es ihm unmöglich seine Hand aus der immer stärker werdenden Umklammerung zu lösen. Der Seeker presste die Kiefer zu fest aufeinander, dass seine Zähne knirschten. Es war in keinsterweise angenehm, wenn Anifuris seine Aura steuerte sondern fühlte sich fast schon widernatürlich an. Für einen winzigen Moment spürte er die eisige Kälte, die unter seine Haut kroch. Ein Vorbote und eine Warnung seiner eigenen Sinne, dass er sich entfernen musste. Unwillkürlich verfestigte sich der Griff seiner Finger um Syleas Kinn, als hätte ein Krampf seiner Muskeln erfasst.
      Erstaunlicherweise half die Führung der alten Seele die fremdartigen Partikel im Silberstreif der Aura zu erfühlen. Unter normalen Umständen hätte er sie kaum allein ertasten können. Es war beängstigend, wie nahtlos die verschiedenen Signaturen in einander übergingen. Und Cain konnte sich besorgniserregend vorstellen, wie schwer es in Zukunft sein würde, die beiden Bewusstseine auseinander zuhalten. Allein das vorherige Verhalten bewies bereits, wie fließend die Übergänge zwischen den Persönlichkeiten wurden. Er würde tatächlich an seinen Fähigkeiten arbeiten müssen. Aber wie sollte das gehen mit Anifuris als ständigem Beobachter?
      "Und was ist deine Vorstellung von Unterhaltung? Ich bin kein dressierter Hund, der für die Männchen macht. Du könntest mich auch einfach zwingen zu tun, was du willst. Die Frage ist nur, warum machst du es nicht einfach?", presste er zwischen den Zähnen hervor, während Sylea unter dem Eindringen der goldenen Aura nach Luft schnappte, als würde er ihr die Kehle zudrücken. Cains Aura begehrte unter der alten Seele auf, aber ohne jeglichen Erfolg.
      Eine Antwort bekam er nicht mehr. Mit einem leichten Schock schnappte seine Aura um seinen Körper zurück und die eisige Kälte verschwand. Was blieb war eine kaum wahrnehmbare Nuance süßlicher Verwesung, die er gefühlt seit Ewigkeiten nicht mehr gewittert hatte. Die Warnung war eindeutig gewesen. Mit mehr Fragen als Antworten ließ Anifuris ihn zurück. Und mit einem schlechten Gewissen, denn es fühlte sich jedes Mal als würde er Sylea ausnutzen um über sie Erklärungen und Informationen aus dem anderen Bewusstsein zu bekommen.
      Als hätte er sich verbrannt zog er seine Hand zurück und trat einen Schritt vom Bett weg. Seine Finger zuckten unter dem Wunsch, Sylea zu berühren und sicherzugehen, dass sie in Ordnung war. Der Seeker zögerte dennoch sichtlich, obwohl er eindeutig Sylea in den graubraunen Augen wieder erkannte.
      "Sieht so aus, als müssten wir vorsichtiger sein...", sprach er ruhig. "Vielleicht sollten wir das hier...", er machte eine deutende Geste mit der Hand zwischen ihnen, von sich zu der jungen Rubra. Es hätte durchaus komisch wirken können, wenn die Situation nicht zu verfahren wäre"...auf ein Minimum beschränken. Hat Anifuris Recht? Macht es dich angreifbar, wenn ich dich berühre?"
      Allein die Worte herauszuwürgen fühlte sich an wie Zähne ziehen. Cain konnte keinesfalls abstreiten, dass er Sylea wollte.
      Besorgnis und das Verlangen, da weiter zumachen wo sie aufgehört hatten, wechselte sich in seinem Blick ab. Allein das er an Letzteres überhaupt dachte, war furchtbar unpassend, nachdem er sich erneut hatte von Anifuris kontrollieren lassen.
      "Die Frage ist absolut bescheuert, aber bis du in Ordnung", fragte er und lächelte schwach.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • "Sieht so aus, als müssten wir vorsichtiger sein...", sprach er ruhig. "Vielleicht sollten wir das hier...auf ein Minimum beschränken. Hat Anifuris Recht? Macht es dich angreifbar, wenn ich dich berühre?"
      Das war der Moment, in dem etwas in Sylea brach. Sie konnte es nicht benennen, nicht greifen, aber sie hörte es, fühlte es in sich. Innerhalb dieser wenigen Minuten hatten Anifuris einen Schaden für Sylea angerichtet, der verdammt nah an das Schlimmste ran kam, was sie bisher gefühlt hatte. Jeder körperlicher Schmerz, den man ihr bisher zugefügt hatte, war nichts gegen den seelischen Schmerz, den diese Worte nun in ihr auslösten.
      Instinktiv schlag die junge Rubra ihre Arme um sich in dem Versuch, ein Zittern zu unterdrücken. Es stand außer Frage, dass Cain diese Worte auch deswegen aussprach weil er sich vor den Konsequenzen fürchtete. Wie spielend leicht die alte Seele in ihren Körper gerutscht war und ihm in aller Ruhe demonstriert hatte, wie einfach er ihm das Licht ausblasen konnte. Das Resultat war, dass Cain vermutlich das Vertrauen in das Vessel verlieren würde über kurz oder lang. Das fragile Vertrauen, die Beziehung die sie beide aufgebaut hatten, stand nun auf bröckeligen Fundamenten.
      Es kostete Sylea einiges, ihr Gesicht zumindest halbwegs unter Kontrolle zu behalten. Auch wenn sie nicht in das Gesicht des Seeker schauen konnte sondern einen Fleck an der Wand zu seiner rechten fokussierte. "Hast du... jetzt Bedenken? Weil er wieder so eine Show abgezogen hat?" Ihre Worte waren unglaublich brüchig.
      Wenn dir eine unbekannte Kreatur zeigt, wie leicht man dich manipulieren, dich töten kann, dann würdest du doch auch auf Abstand gehen.
      Ich dachte, du gibst uns endlich ein paar mehr Informationen und richtest nicht noch mehr Schaden an.
      Ihr beide wisst doch eine ganze Menge mehr. Aber ich brauche ihn weder an deiner, noch an meiner Seite. Solange wie du mit meinen Vorhaben zusammenarbeitest sehe ich keinen Grund, deine Seele vollständig zu assimilieren.
      Sylea hatte bereits vergessen gehabt, dass sie beide auf ewig unzertrennlich miteinander verbunden waren. Die stetige Gefahr, dass sie einfach irgendwann nicht mehr da war, hatte sich in die hinterste Ecke ihres Verstandes zurückgezogen. Daran erinnerte sie sich nun.
      "Alles, was mich emotional schwer belangt, macht mich angreifbar", antwortete sie und wusste, dass es auch für genau diesen Moment galt. "Ich verstehe wenn du sagst, du willst wieder... Distanz zwischen uns haben weil er eine potenzielle Gefahr für dich ist. Aber mach das nicht meinetwegen. Du hast mir gezeigt, wie schön es sein kann. Was ich nie gehabt habe. Ich... will das nicht wieder verlieren."
      Das Zittern hatte sich nun in Syleas Händen manifestiert. Dieses Beispiel befeuerte ihren Entschluss, die alte Seele in ihre Schranken zu weisen. Ihn zu beherrschen und nicht andersherum. Er hatte ihr verraten, wozu ihre Aurensignatur in der Lage war und früher oder später würde sie verstehen, wie es funktioniert. Wie man eine andere Seele unterjochte. Er war ihr bester Lehrmeister.
      Langsam hob sie den Blick, der Schmerz füllte ihre sonst so lieblichen Augen vollkommen aus. "Du machst mich nicht angreifbarer als ich es ohnehin bin. Ich will nicht, dass du dich von mir entfernst.... Außer, du willst dein eigenes Leben schützen."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Die Traurigkeit in jeder einzelnen Silbe berührte ihn unerwartet tief.
      Eine bleierne Schwere erfüllte langsam aber stetig das gesamte Schlafzimmer und drückte sich mit einem unsichtbaren Gewicht auf seine Schultern. Der Druck erweiterte sich auf seinen Brustkorb, bis er das Gefühl hatte nicht mehr richtig atmen zu können. Tatsächlich aber war jeder Atemzug ruhig und gleichmäßig. Cain verschloss die Tür in seinem Kopf nicht, sondern ließ sie für jede Emotion der jungen Frau vor ihm weit offen. Er ließ sich nicht davon überschwemmen, sondern nahm die Betrübtheit und den Schmerz bewusst war. Die Emotionen eines anderen zu fühlen, war etwas so unendlich Vertrautes und beinahe Intimes.
      Behutsam verkürzte Cain den Abstand zwischen ihnen, machte aber keine neuen Anstalten sie zu berühren. Nur das Lächeln auf seinen Lippen blieb, während er sachte den Kopf schüttelte und das Lächeln ein wenig an Wärme gewann.
      "Weißt du, Sylea, um mit der harten Wahrheit anzufangen...Ich habe nie wirklich wert auf mein eigenes Leben gelegt. Nach dem Angriff...", begann er und legte die Hand in Höhe der grässlichen Narbe auf seinen Unterbauch. "...war ich jedes Mal, wenn sie mich los schickten, darauf gefasst mein Leben zu lassen. Und die letzten Jahre habe ich mich durchgebissen, um irgendwann meiner Schwester der Bruder sein zu können, den sie verdient sobald ich sie da raus geholt habe. Ich weiß nicht einmal, ob ich nur einem Geist hinterher jage. Sie könnte sein Jahren tot sein und ich wüsste es nicht einmal."
      Langsam ließ er sich vor der sitzenden Sylea auf ein Knie herab und blickte sie die ganze Zeit an, als er sanft ihre Hände in seine Name. Seine Finger waren fast eisig in ihren, als haftete noch ein Hauch von Anifuris Kraft an ihm.
      "Du verlierst mich nicht, denn ich habe nicht vor irgendwo hinzugehen, wenn du nicht mit mir kommst. Aber wenn ich durch meine Nähe und Zuneigung Anifuris in die Karten spiele und es ihm einfacher mache dein Wesen auszulöschen, weiß ich nicht, ob ich damit leben kann. Ich will nicht der Grund dafür sein, dass du den Kampf gegen ihn verlierst. Ich habe meine Schwester an ein anderes Wesen verloren und ich kann und will dich nicht auch an eines verlieren. Und wenn ich dafür auf deine Berührung und Nähe verzichten muss, kann ich das ertragen. Du siehst also, ich frage das nicht meinetwegen, sondern deinetwegen."
      Er war sich bewusst, dass Anifuris jedes Wort verfolgte, aber Sylea sollte es dennoch von ihm hören.
      Cain hob hob entgegen seiner Worte ihre beiden Hände hoch und drückte einen zarten Kuss auf die Knöchel jeder Hand. Ein jungenhaftes aber dennoch schwaches Grinsen lag auf seinen Lippen.
      "Auch wenn ich nichts lieber tun würde als mit dir wieder in dieses Bett zu kriechen und die nächsten zwei Tage die Wohnung nicht zu verlassen."
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    • Lass ihn sich distanzieren. Wenn du auf nur einen Funken Liebe für ihn übrig hast, dann lass' ihn das tun und sich selbst schützen.
      Aber Sylea hatte keinen Funken Liebe für den jungen Mann übrig, der vor ihr kniete und einen Kuss auf ihre Knöchel hauchte. Was sie tatsächlich für ihn empfand konnte sie nicht mit Worten versehen. Kein Vergleich der Welt würde ihr helfen zu beschreiben was sie fühlte, wenn sie Cain ansah wie sie es gerade jetzt tat. Wie konnte er so rücksichtslos mit sich selbst umgehen?
      "Er wird mich nicht so leicht kriegen. Auch er macht Fehler. Je weiter wir uns annähern, umso enger wird auch mein Band zu ihm, ob er es will oder nicht."
      Prompt spürte sie, wie eine Welle Unwohlsein durch ihren Körper glitt. Anifuris gefielen diese Worte überhaupt nicht, eine Vorahnung beschlich ihn, die seine Vorsichtsmaßnahmen einleiteten. Im selben Atemzug schloss Sylea die Augen und atmete unfassbar lange tief aus ehe ihr Atem einer Maschine glich. Sorgsam getaktet im gleichmäßigen Akkord. Ihre Aura war eiskalt, als sie zu oszillieren begann und sich an die nachtblaue Aura Anifuris schmiegte wie noch nie zuvor.
      Was versuchst du damit zu erreichen?
      Sylea schwieg weiterhin, ihre Finger an Cains Hand war die einzige Verbindung, die sie nun noch in die Realität hatte. Mit jeder Sekunde die verstrich, näherte sich das Pulsieren und Weben der silbernen Aura der Nachtblauen an. Und lösten in der alten Seele aufrichten Argwohn aus. Er ahnte, was sie versuchte, aber glaubte nicht, dass sie dazu schon in der Lage war. Stattdessen veränderte er seine Aura, ließ sie in Höhen und Tiefen springen, damit sie sich nicht an das Silber anglich.
      Dann hatte Sylea für einen Moment den gleichen Klang, der ihrem eigenen ungewohnt ähnlich war, und hielt daran fest. Wie ein Netz verwob sich das Silber im Blau und ergab von außen betrachtet ein wunderschönes Fischernetz. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen bis Anifuris seine sorgsame Distanz zu der Rubra nicht mehr halten konnte und endlich sie an der Reihe war, Zugriff auf das andere Bewusstsein zu erhalten. Kaum hatte sich das Netz fertig gesponnen, war es, als ginge eine Tür in Anifuris Gedankenwelt auf. Für einen Bruchteil der Realität drangen Erinnerungen der alten Seele auf Sylea ein und zeigten ihr Dinge, die er ganz bestimmt nicht freiwillig ihr erzählt hätte. Bereits im nächsten Moment wurde die Tür gewaltsam von Anifuris zugeschlagen. Ungezügelte Wut prasselte auf Sylea ein als Reaktion darauf, dass dieses Mal sie seine Erinnerungen gelesen hatte und nicht anders herum. Sie hatte ihn.
      "Wenn ich schon mein restliches Leben mit einer Stimme im Kopf verbringen muss, dann auf meine Konditionen..."
      Sicher doch. Rühm dich in dem Glauben, dass das bisschen mich abhält. Vielleicht sollte ich dem kleinen Seeker doch mal etwas mehr Schmerz zufügen? Argh...
      Sylea zog das Netz fester. Dann lächelte sie ein wenig, als sich ihre Augen endlich wieder öffneten und in einen perplexen Gesichtsausdruck blickten. Langsam befreite sie ihre Finger aus Cains Hand, um seine Finger auf ihrem nackten Oberschenkel abzulegen. Fehler machten einen nur stärker und jedes Mal, wenn Anifuris die Kontrolle über sie übernahm, lernte sie.
      "Ich lerne mit jedem Mal. Mit jedem Mal wird er es schwieriger haben bis ich irgendwann diejenige bin, die entscheidet, wann er raus spielen darf. Zu lange habe ich mich einsperren lassen. Ich werd mir bestimmt nicht von so einem alten Sack vorschreiben lassen, für wen ich meine Welt auf den Kopf stellen würde und wem nicht."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • Eisige Kälte schlug Cain entgegen wie eine Front aus purem Eis.
      Verwirrung spiegelte sich in den bernsteinfarbenen Augen wieder, während er ihre Hände in seinen hielt und auf das regungslose Gesicht blickte. Mit tiefer Konzentration saß Sylea absolut still vor ihm und er wagte es kaum sich zu bewegen. Das Einzige, das er tat, war ihre Finger zu umschließen und seine eigene Aura fern zuhalten. Was immer sie im Begriff war zu tun, sollte nicht durch Nachlässigkeit gestört werden.
      Der Seeker verlor jegliches Zeitgefühl und konnte sich in seiner Vorstellung nicht annähernd ausmalen, welchen inneren Kampf sie gerade führte.
      Fest und ruhige erklang ihre Stimme in seinen Ohren und er drückte zart ihre Finger, als einzige Unterstützung die er beisteuern konnte. Sylea war so viel stärker als er selbst. Die geistige Instabilität, die ihre Verfolger ihr zu Beginn ihrer Bekanntschaft vorgeworfen hatten, hörte sich zu diesem Zeitpunkt an wie lächerlicher Hohn. Die Willenstärke war mehr als beeindruckend. Sylea schlug die Augen auf und Cain sah sie mehr als nur fragend an, als er den Kopf leicht schief legte. Einzelne der dunklen Haarsträhnen fielen ihm dabei verirrt in die Stirn.
      Was er fühlte, ließ ihn in einem Zwiespalt zurück.
      Bis vor einer Sekunde hatte er noch das Aufbäumen der nachtblauen Aura von Anifuris gefühlt, bis Syles den Widerstand scheinbar im Keim erstickt hatte. Wo nahm sie nur diese unfassbare Kraft her? Cain konnte nicht anders und lächelte ebenfalls, als sie ihn endlich wieder ansah.
      Mit stummer Miene beobachtete Cain, wie seine Hände auf ihren nackten Oberschenkeln zum Liegen kamen. Völlig von selbst begannen seine Daumen sanfte Kreise über die zarte Haut zu ziehen. Seine Fingerspitzen drückten sich sanft in ihre Schenkel. Der Seeker brachte auch das zweite Knie zu Boden in eine bequemere Position, während seine Hände an ihre Knie hinab rutschten.
      "Weißt du, dass du unglaublich bist?", murmelte er mit Anerkennung, obwohl er noch nicht einmal eine Erklärung gehört hatte. Was immer sie zum Lächeln und dieser Zuversicht brachte, musste etwas Gutes sein. Und was immer sie getan hatte, war anscheinend erfolgreich gewesen.
      Von ihren Knien wanderten seine Hände zu ihren Unterschenkeln, die er umfasste während seine Fingerspitzen erneut über ihre Haut kreisten.
      Er konnte einfach nicht anders, wenn sie ihn so voller Entschlossenheit anblickte.
      "Ich stelle also deine Welt auf den Kopf, hm? Das fasse ich dann mal als Kompliment auf...", brummte er. "Was hast du gerade getan?"
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    • "Unglaublich was? Unglaublich dumm, verrückt oder brilliant?"
      Syleas Lächeln bekam einen warmen Unterton während sie dabei zusah, wie Cains Finger über ihre Beine abwärts wanderten. Jetzt gerade hatte sie alle Angst, Trauer und Sorge von sich gewiesen und spürte nur die Wärme, die aus den Untiefen ihrer Brust in ihren gesamten Körper strahlte. Anifuris war still, hing buchstäblich in den Seilen und schien sich eher mit sich selbst zu beschäftigen. Löcher zu stopfen, den Syleas Angriff auf seine Erinnerungen hinterlassen hatten.
      "Ja, stellst du. Mit so ziemlich allem, was du tust. Anifuris ist ein ebenso guter Lehrmeister wie angsteinflößendes Wesen. Er hat dir vorhin ein paar Dinge erzählt, die mich haben nachdenken lassen. Silber sei in der Lage, Auren besser zu manipulieren als viele andere Farben. Und, dass man auf den Klang der Signatur hören soll. Also hab ich meinen Klang dem seinen angepasst, bis wir im Gleichklang waren. Anstatt ihn einfach zu unterjochen, hab ich seine Aura in meiner quasi verwoben. Das Netz muss er erstmal lösen. Da wir ja sowieso schon quasi eine Einheit sind..." sie gestikulierte in der Luft, so als würde sie ein lästiges Insekt verscheuchen, "dann gibt's nichts, was ich vor ihm geheimhalten kann. Dann will ich auch die sein, die bestimmt, wann er spielen darf."
      Etwas verlegen zuppelte die junge Rubra an dem Saum ihres Shirts. Nie hätte sie zugegeben, dass ihre Entschlusskraft nicht nur auf ihrer eigenen Stärke beruhte sondern massiv unterfüttert worden war von dem Mann zu ihren Füßen. Wäre die Lage eine andere und sie nie zum Vessel geworden, dann wäre auch der Seeker nie in ihr Leben getreten. So bescheiden der Weg bis hier hin war und die Zukunft für sie aussah - der Seeker machte es mehr als erträglich.
      "Sag mir", fand sie ihre Stimme wieder, "hat dir meine Körpersprache besser gefallen, als nicht ich in der Kontrolle war?"
      Ihr Kopf kippte leicht zur Seite und immitierte dadurch die Bewegung Cains. Zwar ließ sie Anifuris' Namen aus, aber sie wusste, dass sie den Seeker trotzdem damit necken konnte. Sie hatte gesehen, wie er reagiert hatte als noch nicht ganz klar war, wer am längeren Hebel saß. Ob sie sich diese offenherzige Art ebenfalls zutraute... wusste sie nicht.

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    • "Etwas von allem...", schmunzelte Cain. "Wahnsinn und Genie liegen doch sprichwörlich nach beieinander."
      Das vertraute Lächeln auf ihrem Gesicht erstrahlte mit einer Wärme, die ihn an die ersten Sonnenstrahlen des Tages erinnerte und den Beginn von etwas Neuem ankündigte. Die Hände um ihre Unterschenkel zuckten leicht, während er geduldig ihren Worten lauschte und mit ehrlicher Bewunderung zu ihr herauf sah. Ganz langsam schob er sich näher an Sylea und das Bett heran.
      "Das...", begann er und seine Fingerspitzen wanderten den Weg wieder hinauf zu ihren Kniekehlen. "...ist wirklich brilliant, Sylea. Wenn es etwas gibt, das dir hilft, sag es mir."
      Mit aller Aufmerksamkeit beobachtete Augen gefüllt mit glühendem Gold jeder Regung der jungen Frau, die nun verlegen an dem zu großen Shirt zogen und zupften. Fragend suchte Cain ihren Blick und umschloss mit sanften Druck ihre Knie, in einer wie er hoffte, versichernden Geste. Etwas ging ihr durch den Kopf, aber er vermochte nicht zu lesen, was genau es war. Die Frage traf ihn ein wenig unvorbereitet. Der Seeker nahm sich einen schier endlosen Augenblick Zeit, um die Worte in seinem Kopf gut abzuwägen. Nichts lag ihm ferner Sylea zu belügen, auch wenn die Antwort ihr vielleicht nicht gefallen sollte. Die Vessel wollte ihn damit aufziehen und ein wenig necken. Und sie entlockte ihm damit jedenfalls einen amüsierten, tiefen Laut tief aus seiner Brust.
      Bedächtig und den Blick nicht von ihren Augen lösend, kam er ihr noch ein Stückchen näher wobei er ihre Knie sachte auseinander drückte bis er gänzlich zwischen ihnen kniete. Seine Hände schoben sich an der Außenseite ihrer Oberschenkel hinauf bis er ihre Hüften tief umfasste und sie näher an die Bettkante zog. Die Wärme ihres Körper drang durch den dünnen Baumwollstoff des Shirts hindurch bis auf die nackte Haut seiner Brust.
      "Es ist reizvoll, ja...", gab er mit einem tiefen Unterton in seiner Stimme zu. Das Lächeln auf seinen Lippen verblasste nicht für eine Sekunde, als er zuließ, dass ihre Beine ihn automatisch umschlangen. "...aber ich möchte unter gar keinen Umständen, dass du versucht jemand anderes zu sein, nur weil du glaubst es würde mir besser gefallen. Das alles hier ist neu für dich. Es ist normal, wenn du dir unsicher bist. Ich werde dich nie zu etwas drängen, was du nicht willst. Was ich von dir möchte, ist das du ehrlich zur mir bist, okay? Ich habe sofort aufgehört, als ich spüren konnte, dass etwas nicht stimmte. Du musst mir glauben, dass ich diese Situation nie ausgenutzt hätte."
      Cain legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um einen besseren Blick auf ihr Gesicht zu haben.
      "Es bedeutet mir viel, dass du mir soweit vertraust.", gestand er. "Ich will dich, Sylea. Keine billige Imitation von Anifuris."
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    • Vermutlich würde sich Sylea nie daran gewöhnen, wie leicht es Cain fiel, sie einfach zu sich zu ziehen. Als wären ihre Beine nur für diesen einen Mann auf Erden gemacht, schlossen sie sich um seinen Rücken und verwehrten ihm jeglichen Gedanken an Flucht. Sein Kopf war ungefähr auf ihrer Brusthöhe, den er nun in den Nacken legte, um ihr besser ins Gesicht sehen zu können. Ein urtypischer Schauer durchlief ihren Körper als er ihr unverblümt sagte, was er wirklich wollte.
      "Haben wir nicht einander versprochen, keine Lügen mehr zu erzählen?", erinnerte sie den Seeker wobei sie ihren Zeigefinger hauchzart über seine Lippen tanzen ließ. "Ich habe dir gestern in der Hütte gesagt, dass ich Angst um meine Kontrolle hatte. Du hast aufgehört. Wenn das nicht Beweis genug ist, dass du mich zu nichts drängst, dann weiß ich auch nicht."
      Wer zur Hölle hat dir das Flechten von Auren bitte beigebracht?
      Du, in einer stillen Minute als du gepennt hast.
      Was du nicht sagst.
      Schließlich rahmte Sylea Cains Gesicht mit ihren Händen ein. Einen Moment lang sah sie einfach nur in diese unendlich goldenen Augen, die sich nur auf sie gerichtet hatten. Eine schönere Farbe existierte für die junge Frau nicht. "Du machst meine Zukunft erst möglich. Gäbe es dich nicht, säße ich weiß Gott wo fest für entweder den Rest meiner Existenz oder bis Anifuris vollständig ausgerastet wäre. Wo ich jetzt stehe, wer ich zu einem Teil bin, ist von dir beeinflusst worden. Vergiss das nicht." Ihre Stimme war fernab jeglicher Belustigung. Sie wollte, dass er die Tragweite ihrer Worte verstand. Realisierte, dass er selbst für diese kurze Zeit schon immensen Einfluss auf das Vessel ausgeübt hatte.
      "Vergiss nie, dass die Gefahr und Ungewissheit mein ständiger Schatten ist", sprach sie weiter bevor sie ihre Lippen kurz auf Cains legte, um sich direkt wieder zu entfernen. Wenn auch nur ein paar Zentimeter. "Vergiss nie, wie sich diese Lippen anfühlen." Ein weiterer Kuss folgte. Länger, intensiver. "Vergiss nie, dass das hier vielleicht Liebe sein kann."

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      "I rather trust and regret than doubt and regret"
    • "Erwischt.", flüsterte Cain gegen die zarten Fingerspitzen an seinen Lippen.
      Er konnte dem Drang nicht widerstehen spielerisch mit den Zähnen an der Fingerkuppe ihres Zeigefingers zu nippen. Der Seeker stellte mit einer tiefen Zufriedenheit fest, dass sich Syleas Beine wie selbstverständlich um seine Rippen und seinen Rücken schlangen. Die Handlung hatte etwas Besitzergreifendes, aber die junge Rubra musste nicht fürchten, dass er einfach verschwand. Es gefiel Cain vermutlich ein wenig zu sehr, wie instinktiv ihre Körper und Auren bereits aufeinander reagierten.
      So geschah es ganz ohne sein Zutun, dass sich sein Oberkörper näher zu ihr neigte, als ihre Hände federleicht sein Gesicht umrahmten. Die Berührung hatte etwas Beruhigendes und trug doch das Versprechen nach mehr in sich. Ein 'Mehr', das Cain nicht recht benennen konnte. Er war sich bereits seit der zerbrechlichen und vorsichtigen Umarmung in der Zelle sicher gewesen, dass etwas sie zusammenführte. Wie ein verirrter Himmelkörper bewegte er sich seither um Sylea als seinen Mittelpunkt, von ihrer Anziehungskraft festgehalten wie der Mond um die Erde kreiste.
      Cain schloss die Augen einen winzigen Spalt breit, das flüssige Gold umrahmt von tiefschwarzen Wimpern. Ein warmes Lächeln seinerseits begleiteten die wunderschönen Worte der jungen Frau, die sein Gesicht so sanft hielt, als könnte er sich jeden Augenblick in Luft auflösen.
      "Du hättest deinen Weg auch ohne meine Hilfe gefunden. Irgendwann.", murmelte er ohne dabei die Tragweite ihrer Worte schmälern zu wollen. "Bei unserer ersten Begegnung im Wald wäre mir nie der Gedanke gekommen, dass unsere Leben sich so eng verflechten würden. Und ich bin froh, dass ich es war, der dich gefunden hat."
      Heißer Atem kitzelte die Haut, ehe ihre Lippen die seinen zu einem lieblichen Kuss fanden. Als sie sich zurückzog, leckte sich Cain unbewusst über die Unterlippen, als hätte er von seiner Süßigkeit genascht. Er würde nie vergessen, wie sich ihre Küsse anfühlten, ob auf seinen Lippen unter überall auf seiner Haut. Jeder Berührung hatte sich bereits tief in seinen Körper eingebrannt und unsichtbare Spuren hinterlassen. Gerade war er im Begriff seine Hände ihre Hüften heraufwandern zu lassen unter das Shirt, da erreichte ihn der letzte gesprochene Satz. Cain hielt inne und schlug die Augen auf. Die Zahnräder in seinem Kopf erschienen fast hörbar, bis er die Bedeutung wirklich erfasste.
      Cain lachte leise, eine Mischung zwischen freudiger Überraschung und dem unfassbaren Glück, dass sich langsam durch seine Adern ausbreitete. Schließlich küsste er sie hingebungsvoll und leidenschaftlich, während er sie weiter auf das Bett zurück schob.
      "Das könnte es wirklich sein," erwiderte er atemlos und schlang die Arme um ihren zierlichen Leib. "Davon bin ich überzeugt."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”