Anziehend anders [ Nao.nline & Minacat ]

Hiroko Sano

Entspannt liefen die beiden Jungen hinunter zum See. Der Programmleiter war bestimmt schon da. Ob es eine Frau sein würde…? Nicht, dass das wichtig wäre, nein… naja schön wäre es schön.
Auf den ersten Blick sah Hiroko mehr Jungen als Mädchen, was Shun vermutlich deprimierte, doch der Rothaarige hatte bereits seine eigenen Probleme, da war es jetzt auch schon egal wie viele Mädchen anwesend sein würden. Aiko, Chiyo, Ketsu, Naoki, Mio… und einige andere aus seiner Klasse hatten sich fürs Schwimmen gemeldet. Ah… Mio… und schon war klar, was hier einige Typen machten von denen Hiroko es nicht erwartet hätte. Sie sah aber auch verdammt gut aus in dem rosa Bikini. Trotzdem verfing sein Blick sich an einer anderen Person. Was zur Hölle machte Hoshino hier?! Hatte der keine Hobbys als ihm auf die Pelle zu rücken??
"Mh… war ja klar", machte Shun eben ihm.
Die schlechte Laune würde sich wohl weiter durch den Tag ziehen. Noch dazu… hatten sie einen männlichen Schwimmlehrer. Die Schüler stellten alle ihre Sachen irgendwo ab, einer nach dem anderen zog sich aus und Hiroko sah sich kurz um bevor er realisierte, ja, es war genau wie in der Umkleide, weshalb er von nun an auf den Boden starren würde. Zu viel Haut. Überall. was war er bloß für eine jungfräuliche Niete?!
"Hiroko", murmelte Shun als er seinen Freund mit hochrotem Kopf auf den Boden glotzen sah als würde er gleich explodieren. Peinlich. "Reiß dich zusammen. Oder bist du hier um die Kieselsteine zu zählen?"
Hiroko riss den Kopf zu ihm hoch. Er wollte irgendetwas zurück pfeffern, hatte jedoch keine Ahnung wie er sich verteidigen sollte und selbst wenn kam es nur merkwürdig rüber, dass er so aufgebracht war. Also versuchte er kurz durchzuatmen und hob einfach halbwegs ungezwungen den Blick. "Die Sonne… ist einfach zu hell. Hab meine Sonnenbrille vergessen", nuschelte er als Antwort.
Verlegen und plötzlich nicht mehr so offenherzig wie vorher sondern eher schon einer verschreckten Katze ähnelnd verkreuzte er die Arme vor der Brust und ging langsam zur Gruppe derer, die bereit waren ins Wasser zu gehen.
Bildete er es sich nur ein, oder war er ohne Schuhe nochmal zehn Zentimeter geschrumpft?! Er war nicht mal einen Kopf größer als die meisten Mädchen hier! Urgh… konnte es noch demütigender werden?
"Gut, wir teilen uns jetzt in drei Gruppen!", rief der Schwimmlehrer. "In Anfänger, Fortgeschrittene und Experten! Wer sich also zutraut, sehr gut zu schwimmen, der geht zu den Experten, wer nicht so gut oder garnicht schwimmen kann, zu den Anfängern und alle die sich nicht sicher sind gehen in die Mitte! Ich werde dann hauptsächlich bei den Anfängern sein, die anderen bekommen Arbeitsaufträge!"
Hah, sehr gut. Da konnte Hiroko zumindest mal ein bisschen glänzen. Gerade wollte er Shun zu sich holen um zu den Experten zu gehen, als er ihn bereits in der Anfänger Gruppe stehen sah. Hiroko traute seinen Augen nicht.
"Was-", setzte er an und wollte bereits zu ihm rüber gehen, doch da deutete Shun heimlich auf Chiyo, die neben ihm stand. Aha… na klar.
Enttäuscht von dieser Mädchenschwäche seines Freundes ging Hiroko zu den Experten, doch da… war irgendwie garkeine richtige Gruppe. Da standen bloß drei andere Leute?! Warum gab es so viele Anfänger, sie waren doch alle fast erwachsen? Ungläubig sah Hiroko sich um. Im Ernst? In der Experten Gruppe waren nur Hoshino, Miyo ein anderes Mädchen, dass er nicht kannte?! Was sollte der Scheiß?!
Gerade wollte er umdrehen und lieber sein Selbstbewusstsein opfern um zu den Fortgeschrittenen zu gehen, doch da hielt der Schwimmlehrer ihn mit einem Lächeln auf.
"Hey, schon okay, ich bin sicher du schaffst es in dieser Gruppe. Nur Mut!", meinte er motivierend. Nur Mut???
Er hatte mehr als genug Mut aber definitiv zu wenig Geduld für diese lächerliche-
"Gut, die Gruppen sind ein bisschen unregelmäßig verteilt, aber das macht nichts! Ich gehe jetzt der Reihe nach durch und sage euch eure Aufgaben!"
Na toll… jetzt hatte dieser Lehrer ihn erst lächerlich gemacht und nun musste er tatsächlich in eine Gruppe von vier Leuten… Verlegen stellte Hiroko sich zu Miyo.
"Naa? Du wirkst ja nicht gerade motiviert, Schwimmchampion!", grinste sie.
"Ich dachte nicht, dass Shun so tief sinken würde", murmelte er.
"Weil er ein Mädchen über sich selbst stellt? Haha! Du musst noch viel lernen, mein Schüler!", lachte Miyo. Ihr Schüler? Heute waren wohl alle darauf aus ihn zu ärgern.
Endlich kam der Lehrer zu ihnen.
"Na, dann, ihr kleinen Experten!" Das Wort klein war doch jetzt wirklich nicht notwendig gewesen…
"Perfekt, dass ihr zu viert seid, denn es ist Partnerübung Zeit! Und zwar so…" Er stellte sich vor die vier und versuchte irgendwie dämlicherweise eine Übung nachzumachen die für zwei Leute gedacht war. Er traute sich wohl nicht die Übung mit einem der Schüler vorzuzeigen. "Verstanden?", fragte er.
Nein.
Hiroko nickte langsam, als die beiden Mädchen es taten.
"Sehr gut! Wie gesagt, zuerst Synchronschwimmen, dann Hand in Hand und dann Lokomotive! Drei Kategorien: Brust-, Rücken- und Kraulschwimmen!"
Was zum Teufel war die Lokomotive nochmal?
Mit einem motivierten Klatschen ließ der Lehrer sie allein. So viele offene Fragen… zum Glück war Miyo da.
Sie sah amüsiert zu, wie der Mann wegging, dann wiederholte sie spaßhalber sein motivertes Klatschen. "Also dann! Am besten Haruka und ich zeigen euch beiden die Übungen einfach mal. Sorry aber wenn hier ein Mädchen im Team ist, mach ich die Übungen lieber mit ihr. Versteht ihr doch" Autsch. Miyo sprach sich ganz schön direkt aus. Aber hieß das jetzt im Ernst er musste diese bekloppten Übungen mit Hoshino machen? Seit sie hier standen hatte er ihn noch nicht ein einziges Mal angehen, geschweige denn das Mädchen namens Haruka, denn die einzige Person die er hier kannte war Miyo und sie im Bikini zu sehen machte ihm weniger aus. Verdammt, und er hatte gehofft die Übungen mit ihr machen zu können!
Griesgrämig beobachtete er die Mädchen, nun musste er sie ja wohl oder übel ansehen. Diese Haruka… hatte irgendwie eine ganz schöne Ähnlichkeit mit Hiroko. Gruselig, sie waren sogar gleich groß… wie ein weibliches Double…
"Synchronschwimmen kennen wir ja: nebeneinander mit den selben Zügen schwimmen. Hand in Hand ist wie der Name schon sagt händchenhaltend schwimmen! Bei der Lokomotive hält die hintere Person die Füße der vorderen fest, wobei diese die Armzüge macht und der Hintere die Beinzüge!", erklärte Miyo streng. Sie gab um ehrlich zu sein ein viel besseres Bild als Lehrerin ab als dieser Typ von vorhin.
Unmotiviert warf Hiroko Hoshino einen ersten Blick zu. Verdammt war der blass… und so schmal, wie ein Mädchen das noch nie die Sonne gesehen hat. Schnell wandte er den Blick wieder ab, bevor er noch wieder Herzrasen bekam. Er würde ihn heute definitiv nicht mehr ansehen! Obwohl er gerade selbst nicht verstand, warum er eifersüchtig auf Hoshino sein würde… Er selbst war von Kopf bis Fuß trainiert vom Basketball und Hoshino sah wirklich aus wie… nun ja… ein Mädchen. Nur ohne… ja.

Hiroko Sano

Pfft… der Kerl traute sich noch mit Miyo zu sprechen. Wenn er versuchte, sich mit ihr anzufreunden handelte er sich da aber ganz schön Ärger ein. Selbst für Hiroko war es schwer unter dem Druck der ganzen Typen die auf sie standen nicht zusammenzubrechen.
Aber was… was war denn jetzt los? Warum fasste er ihn an?! Sein Blick hob sich starr auf Hoshino. Fass mich nicht an, hätte er gerne geschrien, aber stattdessen wurde er bloß knallrot und starrte ihm in die Seele. Naja, innerlich schrie er es zumindest.
"Deine Finger sind eiskalt", flüsterte er stattdessen und durchbohrte den Schwarzhaarigen mit leeren Augen.
Ja, da war sie wieder. Diese Verschrobenheit, die sich immer wieder aus den Tiefen Hiroko's Charakters heraus mühte um ihn in die merkwürdigsten Situationen zu bringen. Das war der Grund, weshalb er einfach am besten zuhause hätte bleiben sollen, in der Sekunde in der er sich an sein kleines Problemchen erinnert hatte. Weder konnte er es in Worte fassen, noch etwas dagegen tun. Irgendwas… an dem Fakt, hier halbnackt mit 19 anderen Leuten zu stehen brachte ihn an den Rand des Wahnsinns und zwar nicht, weil die Mädchen so heiß waren oder die Sonne auf ihn herunter fiel wie ein imaginärer Lava-Wasserfall. Nun, letzteres stimmte und er hätte wohl an Sonnencreme denken müssen, doch das war nicht der einzige Grund warum ihm so heiß war. Es war… definitiv… NEIN!
Denk es nicht! Denk es garnicht erst!
Gut, Gehirn ausgeschalten. Emotionslos wich er einen Schritt zurück, so dass Hoshino's Hand ins leere fiel. Ob er etwas gemerkt hatte? Natürlich hatte er gemerkt wie seltsam Hiroko sich benahm, er stand direkt nehmen ihm und der Typ hatte wohl Augen im Kopf. Ein Messer hätte er gerade gerne gehabt. Um es sich selbst ins Herz zu stechen.
Die Fassade bröckelte. Langsam. Doch sie bröckelte definitiv. Wie konnte er das jetzt retten?
"E.. Ey hör mal, ich kapier schon das wäre alles extrem unangenehm ich kann einfach sagen das es mir schlecht geht."
"NEIN!", sagte Hiroko laut. Puh, das war auch für ihn selbst plötzlich gekommen. Wieso nein? "W-wir müssen das machen, ich hab Geld für den Scheiß bezahlt. NA LOS! Ins Wasser", fügte er schnell hinzu. Ja, so konnte er aller Welt beweisen, dass er sich total im Griff hatte! Oder eher musste er es sich selbst beweisen und Hoshino, denn die Fassade musste schnell wieder aufgebaut werden.
Widerwillig setzte Hiroko sich in Bewegung und ging ins eiskalte, irgendwie nicht sehr klare Seewasser. Ohne Hemmungen war er so schnell hineingegangen, dass sein Kopf nun wieder etwas klarer war. Das war nicht unbedingt positiv, jetzt musste er sich nämlich wieder vor sich selbst rechtfertigen.
Er war… nicht… wegen der Berührung… von diesem halbnackten Jungen… mit Schneewittchen Look… so komisch drauf. Es war nur der Schreck.
Hiroko presste die Lippen aufeinander während er zusah wie die anderen Gruppen ins Wasser gingen. Wie das Wasser auf ihrer Haut abperlte… Hm. Er hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Hiroko Sano

Als Hoshino untertauchte spritzte Hiroko sich erstmal kaltes Wasser ins Gesicht. Er musste sich zusammenreißen. Dass er sich so anstellte war doch wirklich kindisch, immerhin mussten sie nur Übungen machen. Gut, dann hatten sie eben… sehr wenig an. Aber Hiroko stieg eindeutig die Hitze hier zu Kopf.
Auf Hoshino's Aussage hin zur "Körpertemperatur" wandte Hiroko bloß kurz peinlich berührt den Blick ab. "Äh… ja…", murmelte er verlegen. Einen auf Obermacker zu machen hatte bei Hoshino jetzt ja auch nicht mehr viel Sinn. Mittlerweile war ausgerechnet er wohl die einzige Person hier die durchschauen musste, dass Hiroko nicht gerade mit seiner von Mitschülerin ausgedachten Charakterbeschreibung übereinstimmte. Er konnte ja vielen was vormachen, aber… irgendwie blieb er doch am Ende nur ein Typ der zufällig, oder vielleicht wegen seines Aussehens und des Selbstbewusstseins, in andere Kreise geraten ist als ein unsympathischer Streber wie Hoshino. Wobei er ja gerade garnicht so unsympathisch wirkte…
Nach langem Zögern wollte er seine Hand ergreifen. Was soll's? Er war auch nur ein Mensch und diese Übungen mussten sie jetzt eben machen, denn Hiroko konnte sich nicht jedem Nachmittag vor dem Schwimmen drücken. Er hatte sich selbst in diese Lage gebracht.
Doch dann ließ Hoshino seine Hand wieder ins Wasser sinken. Na toll, jetzt wurde es erst richtig eigenartig, was hatte der Typ bitte für einen Blick drauf? War es ihm jetzt auch noch peinlich? Naja, er war ja auch derjenige gewesen der vorgeschlagen hatte auf krank zu machen und wegen Hiroko's Herumgeschrei jetzt gezwungen war mitzumachen.
Hiroko verdrehte die Augen und griff ins Wasser um Hoshino's Hand wieder herauszuziehen. "Nein, fangen wir damit an", erwiderte er mit starker Stimme, doch eigentlich versuchte er immer noch angestrengt seine zittrige Atmung unter Kontrolle zu bringen.
"Und wenn wir fertig sind, machen wir ein Wettschwimmen", fügte er leiser hinzu.
Ja, er hatte Hoshino's Aussage vorhin gehört. Und das war wohl der unbeholfene Versuch sich bei dem Schwarzhaarigen doch noch beliebt zu machen. Irgendwie hatte Hiroko ja nur etwas gegen Hoshino, weil dieser was gegen ihn hatte. Also musste er jetzt der Stärkere sein und einen Schritt zurücktreten… Nicht, dass er das nicht bereit zwei Mal erfolglos getan hatte. Aber irgendwann fiel Hoshino ja vielleicht doch auf, dass Hiroko nicht ganz so scheiße war wie er dachte.
"Schwimmen wir bis zu der Boje, klar? Das schaffst du doch… hoffentlich", murmelte Hiroko und zeigte auf eine der gelben Bojen, die an einem Strang in ihrer Nähe schwammen, und bei der Mio und Haruka schon längst angekommen waren. Das waren vielleicht 30 Meter. Zwar war er selbst seit Ewigkeiten nicht geschwommen, aber das verlernte man nie und Ausdauer hatte der Sportler ja bis ins Unendliche zur Verfügung. Er griff Hoshino's Hand stärker und vermied es ihn weiterhin anzusehen. Er musste sich jetzt konzentrieren, damit die beiden nicht in diesem dreckigen See absoffen.

Hiroko Sano

Hm? Das war alles? Mal ehrlich, dem konnte man es doch nicht recht machen, wieso versuchte Hiroko es überhaupt noch? Ein bisschen kehrte seine Wut auf den Schwarzhaarigen zurück. Das spiegelte sich auch in ihrem unbeholfenen Hand-in-Hand Schwimmen wieder. Das klappte mal so gar nicht. Hiroko hatte das Gefühl er würde einfach ertrinken wenn das noch länger so weiter ging, daher war er ganz froh darüber als Hoshino stoppte und es ansprach. Wobei sie bei diesem Kraftaufwand in so geringem Tempo sowieso nicht lange durchgehalten hätten.
Er wollte ihn ziehen?!
"Alter, ich bin nicht derjenige, an dem es scheitert. Wenn du einfach weniger strampeln würdest wären wir auch schon schneller", gab er wütend zurück. "Also wenn dann werde ich dich ziehen", sagte er stur. Er ließ sich doch nicht von dem Typen durchs Wasser schleppen wie ein Baby?!
Genau jetzt schwammen natürlich die beiden Mädchen ihre zweite Runde als Lokomotive an ihnen vorbei und sogar als Mio, die vordere Partie, stoppte, lief das irgendwie entspannter ab als wenn die beiden Jungen nur versuchten die leichtere Übung zu machen.
"Was geht denn bei euch ab? Ist euch das zu schwer?", grinste Mio und schwamm zu ihnen hinüber, wobei sie Haruka zurückließ und diese ganz schön verloren dreinblickte. Offenbar war sie nicht sehr kommunikativ…
Mio schwamm an Hiroko heran und packte seinen Arm. "So. Ihr nehmt euch jetzt an der Hand und ihr müsst im Kopf mitzählen, wann Arm- und Beinschläge kommen, klar?", sagte sie und hatte nun die Hände der beiden genommen. "Und ihr müsst schön die Finger verschränken und fest drücken… nicht zu locker" Fast schon mit Gewalt verschränkte sie selbstständig Hiroko's und Hoshino's Hände.
Das war so… merkwürdig. So hielt man höchsten jemanden beim richtigen Händchenhalten fest… Das erinnerte ihn an die einzige Person, bei der das je der Fall gewesen war: Hino. Und schon lief er wieder rot an. Das war definitiv etwas, das er nicht mit Hoshino hatte machen wollen!
"Festhalten. Und jetzt- Hiroko, starr nicht so blöd ins Wasser", fuhr Mio ihn an. Gott, wie konnte dieses Mädchen nur so viele Schwärmer haben? Sie war so direkt und streng, dass Hiroko richtig eingeschüchtert war. Die meisten Typen ließen sich wohl von ihrem Aussehen täuschen bevor sie mal mit ihr gesprochen hatten.
Ernüchtert befolgte er den Befehl, hob den Kopf und sah Hoshino an.
"Gut. Jetzt macht euch ein Tempo aus" Mit den Worten schwamm sie bereits zurück zu Haruka.
Sobald sie weg war ließ er sofort Hoshino's Hand los. Das hätte er nie im Leben durchgezogen.
"Zieh mich einfach", murmelte er kopfschüttelnd und blickte drein als hätte seine Seele wieder seinen Körper verlassen.
Noch ein bisschen mehr Demütigung änderte an dem Tag auch nichts mehr. Seufzend legte er sich im Wasser auf den Rücken und ließ sich treiben. Die obere Seite seines Körpers wurde eiskalt, als er aus dem Wasser draußen war. Und peinlich war es auch noch, wie ein angespanntes Brett im Wasser zu liegen. Ob es überhaupt besser war, wenn Hoshino dafür seinen Arm packen musste? Noch nie hatte er so viel Reue verspürt. Hätte er doch einfach Fußball gewählt… oder irgendetwas anderes bei dem man bekleidet, trocken und auf Abstand war!
Da er nur in die Luft sehen konnte, wusste er nicht was Hoshino tat. "Los", forderte er ihn nur auf.
Bringen wir's hinter uns.

Hiroko Sano

Hiroko war sich recht sicher, dass es nicht an ihm lag, wenn Hoshino keine Freunde fand. Im Gegenteil, sich mit ihm abzugeben brachte ihm in der Hinsicht wohl nur Vorteile. Jedenfalls wenn er keine totalen Spinner als Freunde haben wollte…
Trotzdem überraschte ihn die Aussage ein wenig. So ein Typ wollte also auch Freunde haben? Er wirkte ja eher so als würde er auf alle Menschen um ihn herum herabschauen. Mit seinem Blick würde er sich höchstens mit einem Stein anfreunden können, denn der konnte nicht weglaufen.
Endlich nahm Hoshino ihn am Arm und zog ihn mit. Und… begrabschte ihn förmlich, wenn Hiroko sich das nicht einbildete. Verstört und mit aktiviertem Fluchtinstinkt starrte er in den wolkenlosen Himmeln. Konnte Hoshino sich nicht mal für eine Stelle entscheiden an der er ihn festhielt?! Oder war er zu beeindruckt von seinen Muskeln-
"Solltest... Mehr trainieren."
Das war genug.
"Jetzt… reicht es aber mal", sagte Hiroko genervt und riss sich aus Hoshino's Griff, bevor sie überhaupt in der Nähe der nächsten Boje waren. Er starrte den Schwarzhaarigen an. Was war bloß falsch mit ihm?!
"Du willst Freunde finden? Dann lern erst mal dich normal zu verhalten anstatt dauernd auf allen herum zu hacken, sie runterzumachen, schlechtzureden und… und… zu beleidigen" Eigentlich hatte Hiroko ganz gut gestartet. Er wollte ihm mal seine Meinung sagen. Doch gegen Ende wurde der mehr oder weniger objektive Ratschlag ziemlich persönlich. Hiroko's Stimme verlor an Kraft und fast hatte er das Gefühl gleich unterzugehen. Die Sache mit Hino ließ ihn nicht los. Warum… hatte Hoshino das alles zu ihr sagen müssen?
So sehr er auch versuchte weiterhin genervt auszusehen, stand ihm der Schmerz ins Gesicht geschrieben als wäre er ein offenes Buch.
"Du… solltest dich nicht in Dinge einmischen, die dich nichts angehen. Wie eifersüchtig kann ein Mensch überhaupt sein, dass er so redet…", murmelte Hiroko. Seine Stimme zitterte leicht, also wandte er sich ab. Er würde einfach zurück schwimmen und sagen es ging ihm nicht gut. Das entsprach ja irgendwie der Wahrheit.
"Du kannst allein zurück schwimmen, ich geb auf", sagte er und schwamm zurück.
Mann… als hätte man ihm alle Kraft aus dem Leib gesogen schwamm er so langsam wie eine Seegurke. Da bräuchte er ja Jahre bis er zurück am Strand war und peinlich war es auch noch, denn er kam kaum von Hoshino weg. Hätte er vielleicht einfach nichts sagen sollen? Es war ihm allerdings einfach rausgerutscht. Der Tag hatte ihn bereits so fertig gemacht, dass er offensichtlich keine Kontrolle mehr darüber hatte welche Worte seinen Mund verließen. Und dem Erfahrungswert nach würde es bei Hoshino sowieso nicht ankommen. Also hatte er sich mal wieder unnötig in etwas hineingesteigert. Irgendwann musste er wirklich lernen sich selbst zu kontrollieren… Diese plötzlichen Trauerschübe wurden auf Dauer echt lästig.
Als er am Strand war wickelte er sich bloß in ein Handtuch ein und setzte sich mit angewinkelten Beinen auf den Boden. Es war ihm egal, ob die anderen ihn sahen. Wahrscheinlich kamen in den nächsten 10 Minuten auch ein dutzend Menschen, die ihn besorgt fragen würden, was los war ohne tatsächlich wissen zu wollen was los war. Naja, mit Shun hätte er vielleicht gesprochen, wäre er nicht… wo war er überhaupt? Und Chiyo war auch weg.
Mit einem Seufzen fiel Hiroko's Kopf auf seine Knie. Diese Woche hatte wirklich keinen guten Start. Die letzten paar waren allerdings auch nicht besser verlaufen… Er wollte so gerne mal wieder Hino's Lächeln sehen… dann würde es ihm sicher sofort wieder besser gehen.

Keisuke. Ein Typ, mit dem Hiroko nicht wirklich sprach, auch wenn er nicht unbedingt etwas gegen ihn hatte. Seine radikalen Ansichten interessierten ihn recht wenig, denn er hatte selbst nichts damit zu tun. Dass er ihn nun ansprach war ein bisschen überraschend, denn sonst hatten sie ja auch kaum eine richtige Unterhaltung geführt. Es schien fast so als würden sie immer aneinander vorbei reden.
"Ja, glaube ich hab 'nen Sonnenstich", murmelte Hiroko als Antwort. Da er hier in der prahlen Sonne saß und keine Anstalten machte sich zu bewegen schien das garnicht mehr so fern. Doch Keisuke schien ihm nicht zu glauben.
Angebaggert? Verwirrt hob Hiroko den Blick und sah ihn die selbe Richtung wie der Blonde und ihm dann wieder in die Augen. Hoshino zeigte kein Interesse an Mädchen? Da hatte er aber anderes erlebt.
Nun, Hiroko hätte sich um Mirakos Geständnis auch nicht wirklich, sie war nicht sein Typ. Er stand nicht so auf… Unscheinbare. Wobei Hoshino wohl nehmen sollte was er kriegen konnte, nicht? Sehr viele Mädchen würden wohl nicht so eine düstere Vorliebe wie Mirako haben.
Moment, wann hatte er denn beim Basketball zugesehen? Das war ihm komplett entgangen. Aber… Keisuke meinte, er sah immer wieder zu Hiroko… das lag aber wohl eher daran, dass er ihn hasste, nicht wahr?
…
Oder… hatte er ihn vor Hino schlecht gemacht, weil ER was von Hiroko wollte? War er so fies, weil er einfach keine sozialen Kompetenzen hatte und nicht wusste, wie er sich verhalten sollte? Obwohl er ja zu fast jedem so großkotzig war… Aber er begrabschte vielleicht nicht jeden und schleuderte dann irgendeine Beleidigung aus dem Nichts heraus. Hiroko riss die Augen auf und starrte sein Gegenüber an. Am liebsten wollte er sagen "ich glaube du hast recht" aber dann wäre das wie Beihilfe zum Mord. Keisuke würde Hoshino wohl noch irgendwas antun, wenn er sich endlich sicher war. Da durfte Hiroko ihm nicht auch noch behilflich sein. Naja… selbst hatte er bestimmt auch schon ein paar schwule Jungs verprügelt, von denen er es vielleicht nicht mal gewusst hatte… meistens wurde Hiroko ja nur wie ein Kampfhund auf das nächste Opfer gehetzt. Wobei er nun seit Wochen niemanden geschlagen hatte, da er sich eigentlich für Hino bessern wollte.
Sie würde jedenfalls nicht wollen, dass ihr Freund Hoshino verprügelt wurde weil Hiroko irgendwas rausgerutscht war. Allein die Gedanken an sie waren eigentlich ganz gute Wegweiser.
"Also ich hab gehört er steht auf so eine aus einem Nähladen in der Nähe der Schule. Hat mir total die Chancen mit ihr vermasselt. Der Typ hasst mich einfach nur", erwiderte er. Das war es was er bis vor einer Minute auch noch gedacht hatte. Was bedeutete, er log gerade, und er war verdammt schlecht im Lügen.
Seine Augen flitzten nervös zwischen Hoshino im Wasser und Keisuke hin und her. Er kratzte sich verlegen am Kopf und konnte dem Blonden nicht in die Augen sehen. Seine Stimme holperte nur über die Worte, die er sprach. Und wenn er sich gerade selbst sehen könnte würde er sich auch nicht abkaufen, dass er nicht irgendwas verbarg.
Er hätte einfach aufstehen und weggehen sollen. Lügen hatte bei ihm keinen Sinn. Ein offenes Buch konnte sich nicht so einfach wieder zuklappen. Ob Keisuke vielleicht dumm genug war? Nein, der Kerl war wie ein Bluthund hinter allem her, was nicht seinem perfekten Weltbild entsprach.
"J-jedenfalls denke ich nicht, dass er… dass er…" Sprich es schon aus!
"Oder ist er vielleicht…", murmelte er plötzlich. Mission failed.
Und was wenn er… wirklich auf Hiroko stand? Der Rothaarige wurde bei der Vorstellung knallrot, was die Wahrheit hinter seiner Lüge nur unterstrich. Wie verhielt man sich denn, wenn ein Junge auf einen stand?! Sollte Hiroko ihn einfach ignorieren? Wenn er mit einem Mädchen, das er mochte… wenn er mit Hino eine Woche lang im selben Zimmer wäre…
Aber Hoshino war nicht wie er. Er war kalt, abgehoben, gemein und ihm ging nichts über die Meinung seiner Lehrer. Also was sollte er schon tun, außer Hiroko weiterhin mit diesem gruseligen, verstörten, abgestoßenen Blick anzusehen? Und ihn gelegentlich zu beleidigen. Mann, da hatte er ja mehr das Gefühl er musste mit seinem Mobber das Zimmer teilen. Nur war es bis vor kurzem ironischerweise noch andersrum. Oder dachte das wohl nur Hoshino, denn Shun und Hiroko hatten Besseres zu tun als auf einem einzigen Jungen herumzuhacken.

Hiroko Sano

Bei der Erwähnung der Flyer bekam Hiroko kurz Panik, doch dann nickte er bloß. Ja, es war nur… ein Missverständnis. Das Lächeln des Blonden ließ darauf erschließen, dass er ihm die Lüge abgekauft hatte. Hah… vielleicht war er doch nicht so auffällig gewesen? Ein wenig zufrieden wollte er gerade sagen, dass er bereits etwas getrunken hatte, aber Hoshino's Stimme irritierte ihn. Naja, irgendwann musste er ja wieder aus dem Wasser raus. Was wollte er denn bitte von Keisuke…? Irgendwie peinlich mitanzusehen, dass dieser ihm so offensichtlich auswich. Und auch Hiroko bekam nach einigen Sekunden in denen er Zeit hatte nochmal über das Gesagte nachzudenken den Wunsch abzuhauen.
Mh… schöne merkwürdige Stille. Was stand er denn jetzt so blöd da?
"... Kann... Sein das ich wirklich etwas... Eifersüchtig war."
Das kam unerwartet. Sollte das jetzt eine Art Entschuldigung werden?
Ach, er wollte ihn nicht verletzen? Na klar, einem fallen ja auch zwanzig verschiedene Worte ein um seinen Hass auf jemanden auszudrücken, ohne im Sinn zu haben die Person damit zu verletzen. Dachte Hoshino eigentlich Hiroko war ein Stein? Gefühllos und dumm? Ehrlich gesagt wirkte der Schwarzhaarige viel eher wie ein Stein. Viel schien er ja nicht nachzudenken. Naja… irgendwie musste er es ihm wenigstens gutheißen, dass er es endlich verstanden hatte. Auch, wenn jetzt nicht mehr ganz klar war, auf wen er tatsächlich eifersüchtig gewesen war…
"Schon gut", murmelte er widerwillig. "Du konntest ja nicht wissen, dass sie mir das alles gleich ins Gesicht sagt. Naja, sie hat es ja… irgendwie auch nicht gewusst" Peinlich berührt wandte er den Blick ab.
"Du bist trotzdem blöd"? Was für eine bescheuerte kindische Ansage war das denn? Hatte er so sehr das Verlangen jede halbwegs normale Annäherung zwischen ihnen wieder zu zerstören?! Wenn er echt auf Hiroko stand sollte er mal seine Vorgehensweise ändern… nicht, dass er ihn in seiner Nähe haben wollte. Aber für die Zukunft, wenn er mal auf einen… anderen Kerl stand!
Gah… verdammt.
Hiroko sprang auf und lief ihm ins Wasser nach. Nachdem er solange in der Sonne gesessen war war es allerdings unsagbar kalt, wodurch er nicht weiter als bis zu den Knien hineingehen wollte.
Zögernd rief er: "Ho-Hoshino, warte. Worauf warst du denn überhaupt eifersüchtig? Sie wusste doch nichtmal wirklich wer ich bin. Das hätte so ja… eh nicht geklappt" Seine Stimme war ziemlich laut, damit der Schwarzhaarige ihn noch hören konnte. Also hoffte er, niemand sonst hörte zu, denn was er sagte machte für Außenstehende recht wenig Sinn.
"Also… ich steh dir nicht im Weg", rief er und zuckte mit den Schultern, nur um umzudrehen und zurück ans Ufer zu gehen. Sein Herz blutete förmlich. Es auszusprechen verlieh der Situation ein Stückchen mehr Wirklichkeit. Er würde nie mit Hino ausgehen können als die Person die er war. Und Nanami zu sein brachte ihm nichts als Probleme. Außerdem hatte Nanami Hino wohl schon zu sehr verletzt, indem sie einfach verschwunden war… Und wenn Hoshino doch in Hino verliebt war, sollte er langsam mal aufhören herumzuzicken. Spätestens jetzt sollte er doch kapiert haben, dass er sie losgelassen hatte. Und wenn er auf Hiroko stand konnte er das auch gleich vergessen. Mit 'nem Kerl fing er auf keinen Fall was an. Jedenfalls nicht mit Hoshino. Hoffentlich kam er irgendwann drüber weg, egal über was oder wen.

Hiroko Sano

Was war das? Hoshino empfand nichts für Hino…? Hatte Keisuke recht gehabt?! Hiroko drehte sich wieder zu ihm um.
Aber er… wollte Hino doch nie verletzen. Wieso sollte er…?
"Ich hatte nie vor, sie-", setzte Hiroko leise an. Aber was meinte Hoshino damit, er beneidete ihn? Davon war doch garnicht die Rede gewesen…
Verdammt, schon war er weg. Ihm jetzt ins Wasser nachzulaufen wäre auch dämlich. Außerdem waren einige Mitschüler schon auf ihr lautes Gespräch aufmerksam geworden wie sich im Augenwinkel erkennen ließ. Seufzend ging er also zurück zum Strand.
Dass Hino Nanami mochte war ihm ja auch vorher schon klar gewesen… sonst wäre so einiges nicht passiert. Ja, vermutlich hatte Hoshino recht. Sobald er sich zu erkennen gab würde sie das nur noch mehr verwirren.
"Hiroko?", murmelte eine zarte Stimme neben ihm während er sein Handtuch vom Boden aufhob um sie wieder darin zu verstecken. Es war Aiko, die pitschnass mit besorgtem Blick neben ihm stand.
"Tut mir leid, ich hab gehört, worüber ihr geredet habt. Ist Hoshino etwa derjenige, der Hino diese Dinge über dich erzählt hat? Du solltest dich nicht davon einschüchtern lassen. Er kennt dich doch kaum, wie soll er da etwas über dich wissen?" Sie setzte sich neben Hiroko auf den Boden. Es war wirklich süß wie sie versuchte ihn aufzumuntern. Da war ihm fast zum Heulen zumute.
"Naja… mit einer Sache hatte er sicher recht. Ich würde sie nur verletzen", murmelte Hiroko.
"Aber wir sind schließlich alle nicht perfekt", flüsterte sie und sah wieder auf den See. Hiroko betrachtete seine neugewonnene Freundin von der Seite. Ob er wohl nach vorne sehen und Hino vergessen sollte? Es gab doch viele Menschen auf der Welt… Hino war nicht seine Seelenverwandte. Höchstens war sie Nanami's Seelenverwandte.
"Ich will… sie aber auch nicht verletzen", sagte er bedrückt. Es war so schönes Wetter… alle schienen sich zu amüsieren. Auch Hiroko hatte sich wie verrückt auf diese Woche gefreut und nun saß er bloß Trübsal blasend am Boden und bemitleidete sich selbst.
Aiko sah ihn mit so viel Mitgefühl an, dass sie den Tränen noch näher wirkte als er. "Ach… ich wünschte ich könnte dir helfen. Wenn du so traurig am Boden sitzt stimmt irgendwas nicht mit der Welt. Du bist doch sonst so aufgedreht", murmelte sie, doch dann wurde sie rot. "N-nicht, dass ich dich beobachtet hätte aber du… du fällst eben auf mit deiner Art. Irgendwie ist es ganz fremd dich so am Boden zerstört zu sehen. Willst du nicht einfach zu uns in die Anfängergruppe kommen? Dieser Schwimmlehrer ist doch eh inkompetent… und… ich kann wirklich nicht gut schwimmen" Sie wandte verlegen den Blick ab und Hiroko musste schmunzeln.
"Na gut. Ich helfe dir", sagte er kurzerhand. Vor lauter Drama war ihm auch schon die ganze Nervosität vergangen. Seinetwegen konnten sie doch alle nackt rumlaufen, am Ende würde er trotzdem noch traurig in einer Ecke sitzen und in Erinnerungen an Hino schwelgen.
Aiko's Gesicht hellte sich auf und zufrieden zog sie Hiroko mit zu ihrer riesigen Gruppe. Shun und Chiyo waren immer noch weg, doch scheinbar machten die Anfänger nur simple Einzelübungen mit Hilfsmitteln wie Schwimmbrettern. Gut, Hiroko's Tagesaufgabe würde nun also sein Aiko Schwimmen beizubringen, was für ein interessanter Wandel. Doch mit der Zeit kam seine gute Laune zurück. Aiko war so ungeschickt und andauernd fiel sie ins Wasser, sodass er sich das Lachen nicht verkneifen konnte und so genervt sie von sich selbst auch war musste sie bei Hiroko's Lache einfach mit lachen. Zwei Stunden später entschied Hiroko sich dazu gleich hier in der nächsten Duschanlage zu duschen, um zurück im Zimmer nicht zu lange warten zu müssen wenn sie dort zu dritt waren. Und siehe da: Shun und Chiyo hatten wirklich drei Stunden lang in einer der Duschkabinen rumgemacht… und wohl auch mehr. Ein bisschen angewidert nahm Hiroko eine Dusche so weit wie möglich von deren Kabine entfernt. Zum Glück hatten die hier verschließbare, undurchsichtige Türen. Sonst würde das Duschen jeden Abend nun wirklich ein Krampf werden. Aber so hatte er ja seine perfekte Lösung gefunden und da es genügend Kabinen gab musste er nicht warten.
Als er wieder zurück im Zimmer war fühlte er sich besser. Emotional, aber auch erfrischt. Das Seewasser war wirklich grenzwertig ekelhaft gewesen. Nun musste er nur das Abendessen über sich ergehen lassen… oder eher ein paar Proteinriegel stattdessen futtern. Und solange es kein Abendprogramm gab dürfte der Tag sich doch noch irgendwie zum Besseren gewandt haben. Mit Hoshino würde er wohl das nächste Mal in hundert Jahren sprechen.

Hiroko war als Letzter zurückgekommen, hatte aber nicht erwartet allein zu sein. Mann, würde Shun sich jetzt jeden tag so vom Acker machen?! Und wo war Hoshino überhaupt?
Alleine ging der Rothaarige hinunter zum Speisesaal, als ihn eine Gruppe Mädchen beinahe nieder rannte. Verwirrt drückte er sich an die an Wand und im nächsten Moment kam ihm zum Glück auch Aiko entgegen.
"Oh, Hiroko! Gehst du essen?", fragte sie zuckersüß.
"Eh… das war der Plan. Und du? Also soweit ich mich erinnere, war der Speisesaal doch… dort unten links. Oder gehe ich gerade und die falsche Richtung?", fragte er perplex und sah der Gruppe Mädchen hinterher.
"Nein, also… ähm… Eiri hat gesagt, dass einige der Mädchen aus unseren beiden Klassen ihr eigenes Essen kochen. Dafür dürfen wir die Küche benutzen… willst du vielleicht mitkommen? Es sind zwar nur Mädchen da aber du… du… bist ja…" Man sah ihr an wie sie mit sich kämpfte um die richtigen Worte zu finden. "Ach, was weiß ich. Es wird jedenfalls niemanden stören, wenn du mitkommst. Vielleicht fallen nur ein paar in Ohnmacht", grinste sie dann. Was wollte sie denn zuerst sagen?!
"Klar. Mir ist alles lieber als der Fraß aus dieser Kantine", erwiderte er schulterzuckend. Außerdem… war das vielleicht gut um langsam über Hino hinweg zu kommen.
Aiko nahm Hiroko an der Hand, woraufhin er perplex die Augen weitete aber nichts sagte. Mädchen fühlten sich wohl… generell sehr wohl bei ihm…?
Als sie in der Küche ankamen zogen die beiden einige verwirrte und einige geschockte Blicke auf sich. Die Mädchen tuschelten. Ob das ein gutes Zeichen war? Verlegen setzte Hiroko zu einer Erklärung an. "Ich… uh… helfe euch beim Kochen. Gibt's was für mich zu tun?", fragte er einfach mal in den Raum hinein. Erst als Mio ihn wortlos am Arm packte und ihn vor einem Schneidebrett platzierte, auf dem haufenweise Zwiebeln lagen, sah er… Hoshino?
Sein Blick blieb kurz an ihm hängen. Was machte der denn hier? War er etwa ein Mädchen? Nagut, Hiroko war auch da… aber er wurde eingeladen. Beim besten Willen konnte der Rothaarige sich nicht vorstellen, dass eines der Mädchen Hoshino- oh, na klar. Mirako. Jetzt war es wohl kein Mädchenabend mehr.

Haruka Nomura

Die Rothaarige stand weiterhin verlegen in einer Ecke. Mist, wieso war sie bloß neben Mio gestanden, als man sie zu diesem Kochabend eingeladen hatte? Natürlich hatte sie sie mitschleppen müssen… Mio war wirklich ein ganz anderer Mensch, als wie sie zu sein schien. Und nach all der Überwindung heute im Bikini… mit ihrem perfekten Körper synchron zu schwimmen… Haruka brauchte ganz dringend eine Pause von all der Schönheit und jetzt war sie hier! Irgendwie mitten im Paradies und gleichzeitig in der Hölle. Voller wundervoller Dämonen und mittendrin… Eiri. Wie ihre glänzenden, pinken Haare bei jeder ihrer Bewegungen nach schwangen…
Wie eine Säule stand sie neben riesigen Kühlschrank und hoffte, man würde sie nicht bemerken, wie sie hier schon fast zu sabbern anfing. Das war doch mehr als peinlich. Aber sie konnte sich nicht überwinden mit jemandem zum reden… Die Leute würden wieder viel zu viele Erwartungen an sie haben…
"Haruka!", rief Aiko plötzlich, die sie gerade vorhin kennengelernt hatte. Eiri's beste Freundin… oder eher Schützling. Sie war so niedlich… wie ein kleiner Welpe. Und genau mit solchen Augen starrte sie nun Haruka an. Peinlich berührt drückte sie sich fast schon in die Wand hinein.
"Schau, ich hab Hiroko mitgebracht! Ihr seht euch total ähnlich, ist dir das schon mal aufgefallen?", lächelte sie begeistert und zeigte auf den Jungen, der zu weinen schien. Nanu? Ach so. Er schnitt Zwiebeln.
"Soll ich euch mal bekannt machen? Weißt du, er macht gerade einen heftigen Liebeskummer durch und… du brauchst dringend Freunde, Süße. Also komm aus der Wand raus, ihr versteht euch bestimmt super! Ihr seht ja schon aus als wärt ihr auf der selben Wellenlänge!" Der Enthusiasmus dieses kleinen blonden Welpenmädchens war beinahe ansteckend. Aber nur ein Blick auf Hiroko heute Nachmittag hatte Haruka gereicht um zu erkennen, dass sie niemals ein Wort in seiner Nähe herausbekommen würde. Er stand bestimmt auf Models… Und außerdem brachte es ihr doch garnichts, sich mit ihm anzufreunden? Sie wollte nur… in Eiri's Nähe sein…
Schüchtern versuchte sie ein Wort herauszubekommen, bevor Aiko sie ganz dort hinüber gezogen hatte.
"W-warte", piepste sie förmlich. Ihre Stimme passte nicht zu ihrem Aussehen. Haruka war nicht süß wie Aiko oder Chiyo… Sie war… irgendwie sah sie so aus, wie Mio mit ihrer Persönlichkeit aussehen sollte. Konnte sie nicht mit ihr tauschen??
"Was ist denn?", fragte Aiko mit großen Augen. "Keine Sorge, Hiroko ist wirklich lieb! Auch wenn er ein bisschen… einschüchternd wirkt. Aber guck doch, er heult schon wegen den Zwiebeln!", versuchte sie Haruka zu motivieren.
Die Rothaarige wandte peinlich berührt den Blick ab. "I-ich… ich weiß nicht…", flüsterte sie. Sie wollte eigentlich nur zurück in ihr Zimmer! Sogar die beiden Mädchen, die mit ihr am Zimmer waren tummelten sich hier irgendwo herum, also hätte sie ganz ihre Ruhe…
Aiko ließ langsam ihre Hände los und lächelte sanft. "Na schön, aber wenn du's dir anders überlegst… ich leg ein gutes Wort für dich ein" Und weg war sie. Wieder stand Haruka verloren allein in einer Menge. Wieso stand sie bloß so heraus? Sie wollte doch nur… untergehen…

Hiroko Sano

"Kaugummi… wo soll ich denn jetzt Kaugummi-", begann Hiroko, doch plötzlich wurde ihm einer genau vor die Augen gehalten. Praktisch. Erneut wischte er sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht und nahm den Kaugummi entgegen. Was für ein merkwürdiger Tipp… aber… Hoshino wollte ihm helfen?
"Danke Eiri", schluchzte er schon fast. Er konnte kaum mehr sehen, weil er die Augen so zusammenkneifen musste. Als er die Zwiebeln endlich fertiggeschnitten hatte wurde ihm auch schon die nächste Fuhr Gemüse aufgeladen. Er war wohl wirklich nur da als Schnippelmaschine… aber Hoshino wurde wohl genauso ausgenutzt. Dabei stand die Hälfte der Mädchen bloß rum um zu tratschen. Irgendwie herrschte für Hiroko trotz des ganzen Geplappers um ihn herum gerade eine seltsame Stille. Ob er vielleicht doch mit Hoshino reden sollte?
Er räusperte sich. "Was genau machen wir eigentlich zu essen?", fragte er und versuchte es so nebensächlich klingen zu lassen wie möglich.
"Hamburger!", ertönte eine unbekannte Mädchenstimme von der anderen Seite.
Ah… danke, unbekannte Dunkelhaarige. Die Frage war aber nicht an dich gerichtet!
"Erm… verstehe", murmelte er. Aber aufgeben wollte er noch nicht. Nervös kaute er fest auf seinem Kaugummi herum.
"Und… Hoshino…", betonte er seinen Namen extra stark, dass es schon fast peinlich war. "Weißt du, wie das alles hier zustande gekommen ist?" Er warf dem Schwarzhaarigen einen Blick zu während er eine kreisende Fingerbewegung durch den Raum machte.
Bitte geh auf den Smalltalk ein. Ich will doch nur nur normal mit dir reden können, du Trottel. Mach es nicht merkwürdiger als es ist.

Haruka Nomura

Kaugummi von Eiri? Und sie sprach mit ihr…? Leicht errötet versuchte sich Haruka dazu zu zwingen zu antworten aber… da war die Chance bereits vergangen. Verdammt, wieso kriegte sie nie den Mund auf?? Sie wollte doch mit ihr reden!
Nur Mut, Haruka… frag sie…
Langsam und so unauffällig wie eine Silhouette tapste sie der Kleineren hinterher. Dabei hüpfte diese aber wie ein Gummiball von Person zu Person, dass es der Rothaarigen schwer viel Schritt zu halten und den passenden Moment zu finden. Im schlimmsten Fall sprang sie ihr noch ins Gesicht!
"E-Eiri…", murmelte sie so leise, dass es kaum hörbar war. Schnell wich ihr Blick peinlich berührt zu Boden. Noch ein Versuch? Heute musste sie ganz schön viele Risiken eingehen. Mit der letzten Lebenskraft die sie in sich trug, tippte sie Eiri von hinten auf die Schulter, während sie komplett schockiert von sich selbst auf sie herunter sah. Sie hatte ihre Schulter angetippt! Jetzt musste sie auch etwas sagen!
"I-ich…", stammelte sie. "Kann ich… vielleicht trotzdem… einen Kaugummi… haben?", fragte sie leise. Oh Gott, hoffentlich hatte sie verstanden was sie wollte! Eiri in die Augen zu sehen machte sie so nervös, dass sie am liebsten schnell weggelaufen wäre. Und dann war da noch die Panik, von anderen beobachtet zu werden… Sie zogen doch beide auf regelmäßiger Basis ganz schön viele Blicke auf sich… Irgendwie wurden Haruka's Knie ganz weich. Gleich würde sie noch wie Sand auf den Boden fließen.