The Lesser Evil (Winterhauch & NicolasDarkwood)

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    • Andvari wusste nicht, wie lange er dort oben auf dem Dach verbracht hatte.
      Inmitten von Trümmern und Rauch hatte er die Überreste seines Bruders gehalten und ein letztes Mal in dessen leere Augen geblickt. Viele gemeinsame Erinnerungen gab es nicht wirklich zu teilen, waren sie doch von Anfang an vom Grunde auf verschieden. Doch es gab Momente zu betrauern, die man nicht mehr gemeinsam erleben konnte.
      Und gerade als es genug war, beschloss der Prinz das letzte Mal, etwas gegen das Übliche zu tun. Sein Bruder sollte nicht im NIemandsland beerdigt werden. Und auch nicht in der weißen Stadt. Also brannte das Sternenlicht noch einmal hell in die Nacht hinauf, als die sterblichen Überreste des Erzmagiers in den Nachthimmel hinaus stieben.
      Schweigsam und beinahe leer von Gefühlen stieg der Elf vom Dach hinab und trug den Stab seines Bruders mit sich. Vielleicht als Andenken, vielleicht aber auch weil er Niemanden kannte, dem der Stab nutzte. Noch immer wisperte er das Gebet seiner Kindertage, als er durch den Schneematsch stapfte und in die leeren Gesichter starrte. Zu keinem Gefühl fähig, drückte er den Holzstab an sich und trat an den Menschenprinz, Meliorn, Lhoris, Viola und den Rest der Gruppe heran.
      In seinen Augen lag ein Schmerz, den die Welt lange nicht sah. Und gleichsam glitzerte hinter dem Vorhang der Trauer eine unaussprechliche Wut auf sich selbst. Er hätte ihn nicht alleine gehen lassen sollen. Kurz berührte seine Hand Violas Schulter, die danieder gesunken war und heftete sich anschließend auf Dorynn, der ihn wieder feixend ansah.
      Schweigsam trat der weißhaarige Elf an seine Seite.
      "Mein Bruder..."
      Zwei Worte. Kein weiterer Inhalt, keine Forderung, keine Frage. Doch alleine in diesen zwei Worten lang eine Drangsal und gleichsam Kraft, dass Dorynn ihn nur ansah.
      "Wenn man den Dorn in seinem Herzen gelassen hätte, wäre er nicht gestorben, nicht wahr?"
      "Der Dorn..."
      Andvari wiederholte die Worte in Trance und drehte sich langsam um. Auf dem Schlachtfeld, zwischen Trümmern blitzte ein kleiner Teil einer geflammten Klinge. War dies der Dorn?
      "Hätte man ihn nicht herausgezogen, dann wäre er noch am Le..."
      "Schweig."
      Ein Grollen schwang in der Stimme des Elfen mit, ehe er sich zu dem Splitter begab und diesen mühsam unter der Leiche des anderen Raben hervor klaubte.
      So ein einfaches Stück Metall...Es war unglaublich.,..

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      The more you drag me to hell
    • What now? Whithout you, what do we do? Where do we turn?
      -To the stars, my friend. To the stars.

      Die tragische Schönheit des Sternenlichts erhellte ein zweites Mal den Nachthimmel.
      Ein eisiger Wind trug die Überreste in einem glühenden Funkenflug davon und geleitete Sylvar Eisenblatt auf seinem letzten Weg.
      Viola hob den schmerzerfüllten Blick gen Himmel und sah mit von Tränen verschleierten Augen zu, wie das zarte und wärmende Glimmen im Angesicht der Sterne verglühte. Die schwerfälligen Schritte Andvaris klangen gänzlich falsch, als der Elf niedergeschlagen und von Trauer erfüllt, seinen Gefährten am Boden gegenüber trat. Eine flüchtige Berührung an der Schulter ließ Viola den Kopf heben. Kein Silbe, ob in der Sprache der Menschen oder Elfen verließ ihre Lippen. Die Kehle gefüllt mit glühenden Kohlen, fühlte sich wie zugeschnürt an. Die Fingerspitzen an ihrer Schulter waren so schnell verschwunden, als wären sie niemals da gewesen. Es gab keinen Trost. Nicht in dieser Nacht. Und womöglich für lange Zeit in Keiner, die noch folgte.
      Andvari wandte sich dem Nachtelf zu, dessen feixendes Grinsen einen heiße Wut in das trauernde Herz der Heilerin trieb. Mit dem Handrücken wischte sich Viola grob über die verschmutzten und feuchten Wangen, ehe sie sich mühevoll und auf Dandelost gestützt erhob. Das Gewicht des Elfenschwertes lag schwerer als zuvor in ihren Händen, selbst das kristallklare Glas der Klinge wirkte im fahlen Mondlicht gräulich und getrübt. Faolans getreuer Rabe trieb mit Hilfe seiner grausamen Worte, den unsichtbaren Dolch tiefer in Herz. Ein niederträchtiger und abscheulicher Schachzug, den niemand vorausgeahnt hatte. Die Heilerin erblickte den Splitter in den Händen ihres Geliebten. Ein so winziges, unscheinbares Ding hatte den mächtigstens Zauberer seiner Zeit in die Knie gezwungen. Einen Freund und Vertrauten. Die Tränen versiegten nicht, lediglich das bedauernswerte Schulchzen war verklungen.
      "Was?", erklang eine dünne Stimme. Das bedrückende Schweigen war allgegenwärtig gewesen, dass Viola in ihrem Schmerz völlig vergaß dass sie nicht allein in den verwüsteten Straßen standen. Meliorn blickte fassungslos auf die gesplitterte Klinge in den Händen des Elfenprinzen. Auf dem Gesicht des Bogenschützen löste eine gequälte Bestürtzung die zuvor gespiegelte Trauer ab.
      Lucien senkte mit sichtlicher Verwirrung den Blick und verstand nicht, was den Elf der schwer an seiner Seite lehnte dermaßen aus der Fassung brachte. Das Unverständnis wuchs, als Meliorn sich von dem Prinz der Menschen löste und ohne die gewohnte Grazie durch den matschigen Schnee stolperte. Tatsächlich, die Klinge in den Händen seines Prinzen und Feldherrn, war jene tödlich geschwungene Waffe, die er aus der Brust des Magiers gezogen hatte. Zäh fügten sich die Worte des Nachtelfs zu einer niederschmetternden Erkenntnis zusammen.
      Meliorn schnappte erschocken nach der eisigen Winterluft, ehe ein Ruck den drahtigen Körper des Borgenschützen erfasste.
      Völlig ohne Erklärung sank der Elf vor Andvari auf die Knie herab. Die Handflächen auf seine Oberschenkel gelegt und das Haupt demütig geneigt. Ein Vorhang aus kastanienbraunen Haaren versperrte den Blick auf das von Reue gezeichnete Gesicht.
      "Vergebt mir, mein Prinz.", flüsterte er in die Nacht hinaus. "Das ist meine Schuld. Ich habe den Dorn aus der Brust Eures Bruders gezogen."
      Die Finger auf seinen Oberschenkeln krümmte sich zuckend und gruben mit einem Knirschen sich in das gegerbte Leder.
      "Meliorn...", hörte Viola den Kronprinzen einschreiten.
      "Bleib weg. Das geht dich nichts an.", protestierte der Borgenschütze mit belegter Stimme und Lucien erstarrte in seiner Bewegung. Meliorn entglitt ihm und es gab nichts, was er dagegen tun konnte.
      Der kniende Elf neigte den Oberkörper ein wenig weiter vor und entblöste das zerbrechliche Genick, als stünde er seinem Henker gegenüber.
      "Seit der verlorenen Schlacht bei Erynn Vâr bin ich bereit die Konsequenzen meines Handelns zu tragen. Ich habe Euch ein weiteres Mal enttäuscht, mein Prinz. Verfahrt mit einem Feigling und einem Narren, wie es Euch beliebt."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

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    • Für einen Moment vereiste die Welt in Andvaris Kopf und die rasenden Gedanken kamen zum Erliegen.
      Für einen Moment gedachte er, einfach auszuholen und den Elfen von seinem Kopf zu erlösen. Sicherlich, es hätte die bohrende Verzweiflung niedergekämpft, die sich durch seine Haut fraß und die Augen leer werden ließ. So aber nahm er das Stück geflammten Metalls in die Hände und betrachtete es eingehend. Die Klinge war nicht scharf, schartig und viel genutzt. Wie viele waren diesem heimtückischen Stück Waffe zum Opfer gefallen und hatten naiverweise wie Meliorn die Waffe aus dem Herzen der Opfer gezogen?
      Langsam, quälend langsam beruhigte sich der weißhaarige Elf, während er keuchend zu Meliorn sah wie er Lucien abwehrte.
      Schweigsam wanderte er durch den Matsch in Richtung des Elfen. Das sanfte Schmatzen der Erde sein stetiger Begleiter. Selbst der Nachtelf rühmte sich keinen weiteren Wortes, als der Elfenprinz einen Moment lang inne hielt und auf den gebeugten Kopf hinab sah. Trauer zerfurchte das einstmals schöne Gesicht und sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, als müsste er sich überwinden. Dann aber entspannte es sich merklich und er erhob die Stimme erneut.
      "Weder ein Narr...", begann er mit rauer, heiserer Stimme. "Noch ein Feigling, Meliorn. Wenn ich Dinge in meiner unvorteilhaften Situation lernen durfte, so war es die Tatsache, dass man in einer Schlacht gezwungen ist, schnelle Entscheidungen zu treffen. Und manchmal auch Entscheidungen, deren Auskommen man erst am Ende der Schlacht bemerkt..."
      Anschließend ließ er sich auf ein Knie hinab und sah dem Elfen in die Augen.
      "So muss ich vielmehr knien, Meliorn. Denn kein König, kein Prinz oder Heerführer wäre dort wo er wäre, wenn er nicht Krieger an seiner Seite wüsste, die tun, was getan werden muss. Und nichts anderes habt Ihr. Ihr habt Menschen geschützt und die Feine in Schach gehalten. Tapfer und ohne Rücksicht auf Euer eigenes Leben. Ihr tragt keine Schuld am Tode meines Bruders. Die Schuld tragen jene, die den Dolch in das Herz des Zauberers rammten. Nicht der Krieger, der ihn brauchte."
      Anschließend erhob er sich wieder und reichte ihm die Hand.
      "Erheb dich. Als der Krieger, den die Stadt braucht. Und wenn mein Bruder noch mit diesem Unheilwerkzeug in der Brust leben würde: er hätte ihn Euch freiwillig gegeben, wenn es MEnschen oder Elfen zu retten galt."
      Andvari hasste es.
      Hasste es, diesen diplomatischen Weg zu wählen, obgleich er richtig war. Aber das tat ein zukünftiger König nicht, nicht wahr?

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      The more you drag me to hell
    • Der Zwiespalt spiegelte sich allzu deutlich auf dem Gesicht des Elfenprinzen.
      Viola blickte mit Bestürtzung zu Meliorn, der obgleich der Schwierigkeiten bei jedem Atemzug, anmutig und ergeben auf die Knie sank. Für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete die Heilerin tatsächlich, dass Andvari sich von Trauer und Zorn überwältigen ließ. Das Bruchstück des verfluchten Dolches ragte er über dem reuevollen Bogenschützen auf, der bereit war den Preis für sein unbedachtes und naives Handeln zu tragen. Bereitwillig legte sein Leben und sein Schicksal in die Hände seines Heerführers. Nein, seines zukünftigen Königs. Die Schuld fraß sich ungehindert tief in seinen Verstand und vergiftete das loyale Herz. Die eigene Dummheit würde er sich nie vergeben.
      Ein erlösender Atemzug erfüllte die gequälten Lungen mit Luft, als Andvari in schlammigen Untergrund niederkniete.
      Viola hatte gar nicht bemerkt, dass sie vor Anspannung den Atem angehalten hatte und sie ihre Finger krampfhaft um das Heft der gläsernen Klinge geschlossen hatten. Das Entsetzen in dem bleichen Gesicht des Bogenschützen sprach Bände. Ein Mitglied des Königshauses kniete vor einem gewöhnlichen Fußsoldaten und sprach ihn von der erdrückenden Schuld frei.
      Und selbst auf den Knien im Dreck der Straßen angesichts eines schmerzlichen Verlusts, strahlte Andvari eine gewisse Erhabenheit aus, dachte Viola still.
      Die Hände des reuevollen Elfs zuckte reflexartig, als wollten sie Andvari dazu bewegen, wieder eine aufrechte Haltung einzunehmen.Bei den kläglichen Zuckungen blieb es schließlich. Die Worte klingelten förmlich in seinen Ohren und zweifelt blickte Meliorn auf. Er war sichtlich erleichtert, als der weißhaarige Elf sich erhob, da er offensichtlich mit der Demut des Elfenprinzen nicht zurecht kam. Zögerlich ergriff er die dargebotene Hand und ließ sich auf die Beine ziehen.
      "Eure Vergebung verdiene ich nicht, mein Prinz.", flüsterte Meliorn in den eisgen Wind. "Aber ich werde mein Leben, dass ihr mir gewährt, für den Schutz der Stadt einsetzen. Mein Körper soll der Schild für die unschuldigen Menschen und Elfen in Beleriand sein. Und wenn Ihr jemals Verwendung für das Leben einfachen Soldaten haben solltest, sagt es dem Wind. Und ich werde es hören."
      Keine Sekunde später, nachdem sich ihre Hände gelöst hatten, schwankte der Elf.
      Bevor Viola auch nur eine Silbe über die Lippen brachte, war Lucien bereits aus dem Hintergrund geradezu an dessen Seite geflogen und legte sich einen Arm um seine Schultern. Meliorn hatte den freien Arm um seine Rippen geschlungen.
      Der Kronprinz sah mit nie zuvor dagewesender Dankbarkeit Andvari an. Jegliche spitzfindige Bemerkung oder neckende Provokation rückte in weite Ferne.
      Ohne Zweifel hatte auch der Prinz der Menschen für einen kurzen Augenblick mit einem blutigeren Ende gerechnet.
      "Es ist nichts...", murmelte Meliorn.
      "Sicher.", grinste Lucien schwach. "Tilda?"
      Die Wirtin erwachte aus ihrer Starrte und trat ebenfalls an die beiden Männer heran, deren Blicke füreinander sich nur schwer einschätzen ließen.
      "Ich kümmere mich um ihn...", sprach Tilda und die kleine Frau schulterte tapfer das schwankende Gewicht des Elfen. Sie wusste, dass Lucien sich nur schwer in diesem Augenblick trennte. Aber es galt noch eine unangenehme Pflicht zu erledigen.
      Mit einem Kopfnicken deutete er auf Dorynn, der erstaunlich ruhig und brav an Ort und Stelle verblieb.
      "Was machen wir mit ihm?", fragte er, während sich sein Blick verfinsterte.
      Viola selbst blickte zwischen den Davongehenden und den Männern um den Nachtelfen hin und her, unschlüssig welchen Weg es einzuschlagen galt. Sie bezweifelte, dass ihr Magen vertragen würde, was Dorynn bevorstand. Andvaris Seite in diesem Augenblick zuverlassen, stand für die mit Schlamm, Dreck und Tränen besprenkelte Heilerin allerdings völlig außer Frage.
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    • Für einen Moment knisterte der Schnee unter seinen Stiefeln, als Andvari sich zu bewegen gedachte. Eine eisige Böe zog durch die Stadt wie ein gnadenvoller Wächter und wirbelte das weiße, verschwitzte Haar auf und entließ die Augen des Elfen in die Nacht. Sie stachen wie goldene Dolche ins Nichts und blickten in die wütenden Augen des Nachtelfen, der ihn feixend ansah.
      "Ja ganz recht", flötete dieser frech. "Was tut Ihr jetzt mit mir? Immerhin bin ich eine wertvolle Geisel!"
      Eine ganze Weile lang herrschte ein eisiges Schweigen über der Nacht, ehe er Andvari Luft holte und seufzte, den Blick zum Kronprinzen richtend.
      "Er gehört mir", murmelte er. Und seine Stimme schwang in einem tiefen, grausigen Ton mit sich selbst. Als würden mehrere Andvaris choral sprechen. "Wir schaffen ihn in die Scheune. Dort wird er einer BEfragung unterzogen. Und sollte er nicht gefügig sein..."
      Rasant griff er nach der Hand des Nachtelfen und bog einen Finger beinahe spielerisch einfach über das Gelenk hinaus nach hinten. Ein widerlicher Schrei durchzog die Nacht, während Andvari ungerührt in die blitzenden Augen sah.
      "Wenn er nicht gefügig ist, wird er dazu gemacht. Ihr beide..."
      Er wandte sich um und sah zu Viola und Lucien. "Bitte begleitet mich in die Scheune. Ich muss sicher gehen, dass ich diesen Abschaum nicht zu früh zu den Ahnen schicke."
      Der Elf bedurfte keiner weiteren Worte, wenn er ehrlich war. Beinahe brutal riss er den NAchtelfen hoch, der seine Hand betrachtete und den abstehenden Zeigefinger, der mahnend in die falsche Richtung zeigte. Keifend und schimpfend wurde er von Andvari am Kragen zu der Scheune gezogen, die sich unweit des Ortes befand. Es wurde Zeit, Wahrheiten herauszufinden. Und Gnade ihm die Bäume, wenn er log.

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    • Ein eisiger Ostwind erhob sich unheilschwanger in den verwaisten Straßen und zwischen zerstörten Häuserfassaden.
      Das ekelerregende Knirschen von überdehnten Sehnen und Knochen erfüllte die Luft, gefolgt von einem gequälten Aufschrei. Die Gnadenlosigkeit, mit der Andvari zu Werke ging, jagte einen eiskalten Schauer die Wirbelsäule hinab. Ein Bild des Grauens erschien vor ihrem geistigen Auge und eine düstere, wage Erinnerung kämpfte sich an die vorderste Front ihres Bewusstseins. Viola verdrängte durch ihre ungebrochene Zuneigung gegenüber Andvari allzu gern, dass er ein gefürchteter Krieger war. Ein Elf, dem Blut und Tod nicht fremd waren und der unzählige Schlachten geschlagen hatte. Zwischen den Zärtlichkeiten und den beschützenden Armen war es leicht zu vergessen, dass es Seiten an dem Elfenprinzen ab, die Viola nie zuvor bezeugt hatte. Durch ihre blinde Liebe, erklang das dumpfe und mahnende Echo einer vertrauten Stimme in ihrem Verstand. Die Erinnerung an die Worte, die Sylvar einst in Zorn und Sorge aussprach, ähnelten nun einer düsteren Vorahnung.
      Lucien, der Menschenprinz mit dem verspielten Grinsen, trug einen beunruhigend ernsten Gesichtsausdruck zur Schau. Die Gräueltaten des Krieges waren auch Vertraute in seinen Augen, obwohl es ihm in jeglicher Hinsicht widerstrebte. Lediglich ein zweifelhafter Blick glitt zu Viola, deren Gesichtsausdruck zu einer versteinerten Maske geworden war. Allein das Unbehagen in den grünen Augen zeigte eine ehrliche Gefühlsregung. Eine gefühlte Ewigkeit verging, ehe sie nickte. Ein Teil, ein düsteres Fleckchen ihrer Seele, schwoll vor Genugtuung an, während ihr Blick den unnatürlich verbogenen Finger fixierte. Eine Regung, auf die sie nicht stolz war.
      Viola presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und folgte den Männern, sowie dem zeternden Nachtelf durch die verlassenen Straßen. Die Scheine war nicht weit und nachdem alle das notdürftig reparierte Tor durchschritte, war es die Heilern, die den Ausgang mit den angebrachten Riegeln sicherte. Die Kälte sickerte durch ihre durchnässte und viel zu dünne Kleidung, doch sie behielt das Zittern unter Kontrolle. Mit dem Rücken lehnte sie sich an das Tor und beobachtete die beiden Prinzen, die ihren Gefangenen weiter in das Innere der Scheine schleiften wie ein Schaf zur Schlachtbank. Die Frage war, ob sie damit leben konnte, was hier geschehen würde.
      Lucien half den gefangenen Elf zurück auf die Knie zudrücken und hielt den wehrhaften Nachtelf an den Schultern fest.
      Er warf Andvari einen Blick zu und nickte stumm.
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    • Die Scheune war ein passender Ort für derlei Abschaum, befand der Elfenprinz und warf ihn beinahe beiläufig auf den schmutzigen Boden des Ortes.
      Schlamm, Dreck und Schnee mischten sich hier mit Sägespänen und anderen Baumaterialien sodass der Sturz nicht angenehm war und der Nachtelf sich erst wieder auf die Knie kämpfen musste, ehe er zu Andvari hinauf sah, den Schalk in den Augen.
      "Was denn was denn?", fragte er kichernd. "Sind wir ein wenig wütend, mein Prinz? Seid Ihr sicher, dass Ihr auf den Richtigen wütend seid?"
      "Schweig!"
      Das Donnern in seiner Stimme war nicht vergangen und beinahe erschien es, als riesele es Sägespäne mit jedem Lauten Ruf von der Decke hinab. Ein beierner Schnee in einer kalten Nacht. Andvari blickte zu Viola und bedauerte, was hier geschehen musste. Aber keiner durfte leben, wenn er ihn verraten konnte. Sonst würde das Leben aller hier mehr als gefährdet. Schweigsam trat Andvari näher an Dorynn heran, der sich über die blutverschmierten Lippen leckte und grinste.
      "Mein König..."; flüsterte er hohnvoll und kicherte meckernd.
      Der Schlag, der seine Schläfe trat, war nicht hart oder unmenschlich. Vielmehr war es die Überraschung des klatschenden Geräuschs als die Faust des Elfen auf den verknöcherten Schädel des Nachtelfen nieder ging und dieser zur Seite gerissen wurde und mit einem Ächzen im Schlamm landete.
      "Drei Fragen", konstatierte Andvari und hockte sich vor ihn.
      "Nummer 1: Wo ist Faolan?"
      Dorynns Miene veränderte sich bei dem Namen und doch spuckte er das Blut aus und sah seinen Prinzen an, während ein blutrotes GRinsen sein Gesicht erhellte.
      "Vielleicht ja gerade hinter Euch, Prinz? ODer aber auch in Tirion? Oder vielleicht ist er an der Westfrooaaaaaaaaaaaaaa!"
      Der zweite Finger schnappte nach hinten und entkugelte sich aus dem Gelenk.
      "Schon gut, schon gut! Er ist an der Front! Im Westen!"

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    • Flüchtig kreuzten sich die Blicke über die Distanz hinweg.
      Viola erkannte zur ihrerm Erstaunen einen Funken Bedauern in den bernsteinfarbenen Augen. Keine einzige Silbe stahl sich unebdacht über ihre Lippen. Die Gedanken kreisten, um den Blick des Elfenprinzen, der sich mit donnernder Stimme dem Gefangenen zuwandte. Die Heilerin bildete sich ein das massive Holz in ihrem Rücken erbebte für ein paar winzige Sekunden. Das Bedauern in seinem Blick weckte nagende Zweifel, die sich wie schemenhafte Schatten über ihr Antlitz legten. Was bedauerte Andvari mehr? Viola in die zweifelhafte Position einer Zeugin für Folter und Mord zu zwingen oder die Tat selbst? Gewalt war der jungen Frau nicht fremd, vergossenes Blut und gebrochene Knochen kein unbekannter Anblick, damit konnte umgehen. Mit der Leichtigkeit, die Andvari dabei an den Tag legte, schien sie eher im Zwiespalt zu stehen. In diesem Augenblick galt es ein Gesicht zu wahren, vor einem feindlichen Krieger und Mörder, wenn auch nur den kleinsten Fetzen Informationen aus Dorynn heraus bekommen wollte.
      Der Nachtelf schrie erneut auf und es knirschte und knackte im diffusen Licht der Scheune.
      Ein kaum merklichen Zucken rüttelte an den zierlichen Schultern und Viola schob die Hände in den Rücken, wo sie die Finger außer Sicht mit einander verschränkte. Das Zittern darin nahm den ganzen Abend lang bereits zu und wieder ab. Viola kannte die physischen Anzeichen des Traumas, dass sie lange Zeit um den Schlaf gebracht hatte. Vermutlich würde sich auch in dieser kalten Winternacht kein Auge mehr zu bekommen.
      Viola wünschte Dorynn den Tod, den er verdiente. Dennoch bedeutete dieses selbstsüchtige Gefühl nicht, dass sie ihre Menschlichkeit vergaß. Unter keinen Umständen erwog sie auch nur den Gedanken ihre Heilmagie zunutzen, um das Leid des Nachtelfen zu verlängern.
      Dorynn würde das Licht des Tages nie wieder erblicken. Er musste sterben. Sie blieb, weil Andvari darum gebeten hatte. Aber sie würde ihm dabei nicht helfen. Dieses Mal nicht.
      "Die Westfront?", flüsterte Lucien und hatte seine Hände in dem Augenblick von den Schultern genommen, als der Schlag den Schädel des Nachtelfen zur Seite riss. Selbst der Kronprinz verzog angesichts der grausig gebogenen Finger kurz das Gesicht. "Hat er etwas vor das Niemandsland zu durchqueren? Wenn er den großen Fluss bereits überquert hat, ist er nicht mehr weit entfernt."
      Die Gerüchte um die Anwesenheit des Thronfolger Prinz Lysanthir und nun auch noch der jüngste Elfenprinz im Grenzland. Das verhieß nichts Gutes. Er musste die Kunde der kaiserlichen Garde bringen, wenn sie nicht überrannt werden wollten.
      "Wenn das wahr ist, muss ich umgehend zurück."
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    • Andvari blickte Lucien zustimmend zu dem Nachtelfen und wirkte für eine Sekunde nicht Herr seiner elfischen Sinne.
      "Du hast die 2. Frage gehört, Nachtschatten", murmelte er und lag mit seinem Gesicht so nah vor dem bläulichen, dass er beinahe die Schweißperlen sehen konnte, die Elf auftrug.
      In den boshaften Augen blitzte die Mordlust, als Dorynn sich aufrichtete und mit einem räuspern zu lächeln begann. Mit einer nie dagewesenen Genugtuung konnte jeder in dem Raum sehen, dass der Elf sich vor Schmerzen kaum halten konnte.
      Niht genug, dachte Andvari und sah ihn grimmig an, während er zu sprechen anhob.
      "Die Westfront hat sich verlagert und das Niemandsland ins Visier genommen", zischte er, wissend, dass jede Gegenwehr zwecklos erschien. "SIe wissen, dass hier keine Gegenwehr herrscht. Man hat uns ausgesandt, Euch zu suchen und gleichsam den Feind zu erkunden..."
      Andvari seufzte und nickte Lucien zu. DIe Lage war bedrohlich. Und es gab keinen Weg hinaus, wie es schien. DIe einzige Hoffnung erschien, dass sie sich stellten. Dass ER sich stellte.
      "Letzte Frage: Was habt ihr bereits berichtet?"
      Das Unheil nahm seinen Lauf als der Nachtelf zu grinsen begann und Blut hustete. Andvaris Hand schnellte vor und schlang sich um den schlanken Hals des Ungetüms und drückte eigenwillig zu, sodass dieser zu röcheln begann. Erst als die Augen sich nach oben drehten, entließ der Weißhaarige den Nachtelf aus der Umklammerung sodass dieser hustend zu Boden ging.
      "Also?", frafgte er ungeduldig.
      "Niichts...", keuchte Dorynn und hustete mehr und mehr. "Wir haben noch nichts berichtet. Sylvar wollte das nicht!"
      Andvari nickte und erhob sich.
      Schweigsam sah er zu Lucien und murmelte.
      "Wenn das stimmt, werden sie bald hier sein"; bemerkte er und seufzte. "Es ist sicherlich gut, wenn Hilfe angefordert wird."

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    • Das wahrhaftige Grauen zeichnete sich auf dem blassen Gesicht der Heilerin ab.
      Ein Kriegssturm auf das Niemandsland bedeutete eine tödliche Bedrohung für alle noch lebendigen Seelen, die in den kargen Ländereien Trost und Schutz fanden. Familien drohten auseinander gerissen zu werden, Unschuldige sahen dem Ungeheuer einer elfischen Armee entgegen. Der Anblick des grimmigen Nachtelfen, der trotz aller Qualen noch hochnäsig grinste, weckte die Furcht in der jungen Frau. Die Erinnerungen an das schmerzvolle Leid der eigenen Familie und das Schicksal, dass ihr selbst vor Jahren wiederfahren war, hing nun wie das Beil des Henkers über den Köpfen aller. Die Westfront verschob sich über den reißenden Fluss hinaus und schmälerte den letzten verbliebenen Wall zwischen dem Königreich der Elfen und den Städten der Menschen. Viola bildete sich ein den Geruch von Feuer und Rauch in der Scheune wahrzunehmen, der erstickende Gestank von verbrannter Haut und Tod.
      Der Blick glitt von Andvari zum Menschenprinz, dessen Gesicht eine tiefe Besorgnis zur Schau trug. Ein Aufmarsch der kaiserlichen Garde trug zur weiteren Verwüstung des ärmlichen Landstriches brachte nicht nur Schutz sondern auch erneute Gefahr. Für Andvari und für alle, die an seiner Seite kämpften. Viola bezweifelte eine uneingeschränkte Unterstützung und auch Prinz Lucien konnte die Sicherheit des Elfen und seiner Gefährten nicht zweifelsfrei versichern. Diese Macht besaß auch der Thronerbe nicht.
      Die Schlinge um ihre Hälse zog sich steig zu. Viola konnte bereit das Gewicht des Seiles um ihren Hals spüren und schluckte schwer. Die Behauptung, dass sie den Tod nicht fürchtete, wäre eine erbärmliche Lüge. Aber sie hatte sich für den steinigen Weg entschieden und jeder Schmerz, jedes Funken Angst war es wert.
      "Ich breche heute Nacht noch auf. Das hier duldet keinen weiteren Aufschub. Wenn uns nur noch Tage bleiben, ist die Zeit zu knapp.", murmelte Lucien und schob sich bereits die Kapuze über den Kopf, um einen Teil seines Gesichtes zu verschleiern. "Was werdet Ihr tun, Andvari?"
      Viola wandte den Blick ab und sah auf das stille Bündel aus Feder, da Isobelle noch immer auf ihrem Arm ruhte. Vorsichtig berührte sie den gebrochenen und angelegten Flügel. Ein sanfter Impuls reinigender und von zarter Wärme erfüllter Energie erfüllte die Luft um die junge Frau herum. Der Raubvogel in ihrem Arm klapperte nervös mit dem Schnabel und flatterte wenige Sekunden später mit den Flügeln. Die zerbrechlichen Knochen waren zusammengesetzt und so gut wie neu.
      "Ihr werdet Euer zusätzliches Paar Augen benötigen, mein Prinz.", erklang die ruhige Stimme der Heilerin wie aus dem Nichts, hatte sie doch wie ein Schatten am Tor gewartet. Wie selbstverständlich schlug Isobelle mit den Schwingen und erhob sich kurzzeitig in die kalte Luft, nur um zielstrebig auf der Schulter ihres Herrn Platz zunehmen.
      "Das ist...", begann Lucien. "Das ist ganz und gar erstaunlich. Ich danke Euch, Viola."
      Der Kronprinz hatte noch nie einen Menschen die Magie anwenden sehen und wirkte für einen Augenblick um Worte verlegen.
      Viola löste sich zögerlich von dem spröden Holz in ihrem Rücken und trat an die Männer heran. Schräg hinter Andvari blieb sie stehen und sah auf Dorynn hinab, der sich von Schmerzen geplagt krümmte. Ihre zarte Hand fand in einer federleichten Berührung den Ellbogen Andvaris.
      "Es ist genug.", murmelte sie und wandte den Blick nicht vom Nachtelfen ab.
      “We all change, when you think about it.
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    • Andvari nickte den Menschenprinzen zu und sah noch einmal zu dem Nachtelfen zurück, ehe er seufzte.
      "Ja, Prinz. Was werdet Ihr mit mir tun? Mich töten wie die anderen? Oder zeigt Ihr Gnade?", keifte Dorynn und kicherte während er seine Hand hielt.
      DIe federleichte Berührung in seiner Armbeuge war nicht hilfreich darin, seine Wut anzustauen. Vielmehr verpuffte sie beinahe, als er Violas Stimme hörte und Andvari hatte Mühe, die Wut aufrecht zu halten. Doch dieser kleine Kretin hatte seinen Bruder auf dem Gewissen. Minutiös geplanter Mord stand nicht gerade gut zu Buche, wenn man an die Gesetze des Elfenreiches dachte. Und doch war es unausweichlich, dieses Miststück von Elf am Leben zu lassen. Die Menschen fürchteten ihn schon genug. Da war es nicht verwunderlich, dass sie seine Taten anhand dieser hier messen würden.
      Andvari sah zu Viola und nickte stumm, ehe er sich zu Lucien drehte.
      "Ich werde die Verteidigung organisieren und mich im Fall der Fälle meinem Bruder stellen. Es hat keinen Zweck wenn Tausende sterben, nur weil ich mich hinter Mauern verkrieche. Sofern ihr Tauben oder Raben habt, die Briefe überstellen können, wäre ich dankbar. Ich muss dem Weißen Turm schreiben, dass sie einen neuen Erzmagier brauchen und die Schwerter benachrichtigen. Sollte es zur Schlacht kommen, brauchen wir sie hier."
      Anschließend sah er zu Viola und fuhr mit der Hand über ihre Wange, ehe er sich zu Dorynn umsah,
      "Du hast mehr Glück als Verstand, Nachtschatten", knurrte er. "Wir schmeißen dich in das finsterste LOch das ich finden kann und dort wirst du fristen, bis ich es mir anders überlege und deinen faltigen Hintern vor den Schöpfer zerre."
      "Wie gnädig...", kicherte er.
      Andvari sah zu Viola.
      "Sei so gut und hole Lhoris. Er soll dieses Stück Dreck beaufsichtigen."

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    • Der Lebensuhr des Nachtelfen drohte der Stillstand.
      Die hinterlistige Schlange würde ihre verdiente Strafe erhalten, doch zuerst galt es einen zerütteten Landstrich samt seiner verstreuten und grimmigen Bewohner davon zu überzeugen, dass eine Konfrontation mit dem feindlichen Heer unausweichlich war. Jeder Einelne hatte durchaus seine Gründe einem dahergelaufen Elfen und Königsbastard zu misstrauen. Die Menschen im Niemandsland litten bereits seit Jahren unter den kriegshungrigen und blutdürstigen Armeen der Elfen, die wie Heuschrecken über das Land einfielen. Der Verlust war unaussprechlich und nun bedrohte ein weiteres Heer ihre letzte Zuflucht. Vielleicht erwies sich der Gefangene noch als nützlich, ob es Andvari gefiel oder nicht.
      Ein stilles Seufzen, kaum für das menschliche Ohr wahrnehmbar, entkam ihrer Kehle. Eine Hand, die zuvor mit Brutalität Gelenke ausgekugelt und Blut auf dem verdreckten Scheunenboden verteilt hatte, fuhr federleicht über ihre Wange. Beinahe hätte Viola sich hinreißen lassen, die Augen zu schließen. Beinahe.
      Eiskalte Finger drückten zart den Arm des weißhaarigen Elfenprinzen, ehe Viola sich langsam von seiner Seite entfernte, um seiner Bitte zu folgen. Ehrlich gesagt, war sie froh die Scheune verlassen zu können. Gewalt war ihr nicht fremd, aber die Heilerin hatte sich stets gegen die Gleichgültigkeit gewehrt, die viele ihrer Zunft angesichts des Krieges ereilt hatte.
      Lucien nickte auf die Bitte des Elfenprinzen und ein wissendes Lächeln zierte sein Gesicht.
      "Möglicherweise gibt es einen schnelleren Weg Eure Botschaft zu überbringen, Andvari.", sagte Lucien und sah über die Schulter zu Viola, die bereits fast das große Scheunentor erreicht hatte. "Könntest Ihr nach Meliorn sehen, bitte? Wir werden nachher seine Hilfe brauchen."
      Die Heilerin zog fragend eine Augenbraue in die Höhe und wollte schon protestieren.
      "Nein, Viola, ich habe nicht vor ihn persönlich nach Tirion zu schicken.", erhob der Kronprinz das Wort, bevor Viola auch nur einen Ton sagen konnte. Lucien zögerte. "Aber ich mache mir Sorgen und darüber hinaus, werden wir seine Kräfte benötigen."
      Zufrieden mit der Antwort wirbelte Viola auf dem Absatz herum und beförderte sie die Riegel aus ihren Schienen bevor sie leichtfüßig durch den schmalen Spalt in die Nacht heraus verschwand.
      Aus dem Augenwinkel sah Lucien schließlich wieder zu Andvari.
      "Das Einzige, das schneller ist als ein Botenvogel, ist der Wind...", murmelte er und blickte mit unverholener Abschei zu Dorynn hinab. "Und den Wind kann kein Feind vom Himmel holen."

      Durch die vereisten und matschigen Straßen kehrte Viola eilig in die gemütliche Taverne zurück.
      Der großzügige Gastraum erschien verwaist bis auf Tilda, die hinter der Theke wütete, als wäre der Leibhaftige hinter hier her. Geräuschvoll landeten Gläser und Krüge in den Schränken. Die Heilerin fürchtete schon um die Stabilität eines Glases, dass die Wirtin äußerst energisch polierte. Albert und Meliorn saßen auf einer rustikalen Holzbank am Feuer in der Mitte des Raumes und unterhielten sich in gedämpften Worten. Letzterer hatte den druchnässten Mantel und Wams abgelegt und präsentierte die hässlichen blauen Flecken über seinen Rippen. Der Blick war niedergeschlagen und er sah Albert beim Sprechen nicht an, sondern starrte in den Tonkrug. Quer durch den Raum hatte jemand, vermutlich Tilda selbst, mehrere Seile gespannt an denen tropfnass die Kleidung der Anwesenden hing, um möglichst in der Wärme des Feuer zu trocknen.
      Als Viola die Tür geräuschvoll ins Schloss fallen ließ, um sich bemerkbar zu machen, eilte die gute Frau hinter ihrer Theke hervor und drückte die rothaarige Heilerin an ihre Brust. Viola erwiderte die mütterliche Umarmung, ehe sie sich schweren Herzens löste. Die tröstliche Geste vergrößerte nur den Kloß in ihrem Hals.
      "Wo ist Lhoris?", fragte sie leise.
      "Bei den anderen am Feuer.", war die geflüsterte Antwort. "Setz dich ins Warme. Ich will mal sehen, ob ich nicht noch etwas Trockenes zum Anziehen für dich habe. Du bist ja durchgefroren bis auf die Knochen!"
      Dankbar nickte die junge Frau und näherte sich dem Feuer, wobei sie Lhoris nahe der Flammen entdeckte. Natürlich.
      "Lhoris?", sprach sie ihn vorsichtig an und trat langsam an seine Seite. Die Wärme der Flammen kroch nur langsam unter die ausgekühlte Haut und der plötzliche Kontrast zur winterlichen Kälte ließ ihre Haut prickeln, wie von dünnen Nadelstichen.
      "Andvari braucht in der Scheune am Hauptor.", fuhr sie fort.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Lhoris saß am Feuer und löffelte Suppe aus einer Zinnschale, als ihn eine Stimme erreichte und ein mühsamer Stupser seine Aufmerksamkeit auf den Eingang richtete, wo Viola sich bereits nach ihm erkundigte. Schweigsam legte er den Löffel nieder und sah zu ihr als sie näher kam und nickte.
      Andvari und die Scheune. Es war nicht gut, wenn er mit dem Nachtelf alleine war. Er liebte seinen Schwertbruder wie einen eigenen, aber dennoch neigte Andvari zu Gefühlsausbrüchen wenn keiner hinsah.
      Der Elf erhob sich und schlug den Umhang um seine Schultern als er Viola seinen Platz anbot.
      "Wärme dich", murmelte er. "Ich kümmere mich um ihn."
      Mit einem kurzen Nicken und einem Luftholen, so als wpllte er noch etwas sagen, entfernte sich der Elf schließlich in die Nacht hinaus.

      Andvari indes hatte den Worten des Prinzen gelauscht und mehr als grimmig genickt.
      Das weiße Haar wirkte schmutzig im Gegenlicht der fahlen Abendbeleuchtung des Himmels und seine Augen stachen wie Dolche in die Augen des NAchtelfen, der den Blick nicht einmal abwandte. Mut hatte er, das musste man lassen.
      "Es ist sicherlich ratsam, so leise wie möglich durch den Himmel zu ziehen. Wir müssen die Truppen erreichen und irgendwie eine Verteidigung aufbauen...", murmelte Andvari beinahe mehr zu sich und kniete schließlich nieder zu dem Nachtelfen.
      Grob ergriff er seinen Kragen und zog ihn wuchtig zu sich heran, sodss die Kreatur zu ächzen begann und seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen suchte.
      "Und du", sagte er und grinste bestialisch. "Wirst uns genau sagen, mit welchen Truppen meine verehrten Brüder hier aufschlagen, ist das klar, Dorynn?"
      "Ihr könnt mich mal, Möchtegernhoheit", kicherte dieser und fing sich dafür einen erneuten Schlag mit der Faust.
      Diesmal war das Knacken der Knochen deutlich zu hören und rotes Blut tropfte auf den Boden und färbte das Heu. Just in dem Moment trat Lhoris ein und gebot diesem Einhalt.
      "Es reicht!", rief er und trat eilig näher, während ANdvari von ihm abließ. "Es ist genug."
      Schwer atmend sah er hinab zu dem Häufchen Elend, dass seine Nase versuchte abzuschirmen und spuckte aus.
      "Du bist vieles, Andvari", sagte Lhoris. "Aber du warst niemals grausam!"
      Andvari begann zu lächeln und seufzte.
      Anschließend sah er zu Lucien.
      "Es ist Zeit, dass wir Maßnahmen ergreifen, Prinz. HErumstehen hat keine Schlacht je gewonnen."

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    • Lucien, Prinz der Menschen und rechtmäßiger Thronfolger, verzog angewidert das Gesicht.
      Kurzzeitig erfüllte das unverkennbare Geräusch eines zertrümmerten Nasenbeines die Scheune. Das schauderhafte Knirschen des Knochens ließen seine Haare zu Berge stehen. Der Schlag hatte gesessen und der Prinz hoffte für sein eigenes Gesicht, niemals den Zorn des Elfen auf sich zu ziehen. Das Blut schoss förmlich aus der Nase des Gefangenen und tränkte den dreckigen Scheunenboden. Nicht nur die rohe Kraft, auch das verzerrte gar monströse Grinsen, flößten dem Kronprinzen Respekt ein. Andvari wirkte von Emotionen getrieben, was angesichts der Geschehnisse kein Wunder war. Aber das machte ihn gefährlich und unberechenbar.
      Das lautstarke Knarzen der alten Scheunentür ließ Lucien herumwirbeln, als rechnete er mit einem weiteren Angreifer. Die angespannten Schultern sackten ein wenig herab, als er Lhoris erkannte, der ohne jegliche Umschweife an die Seite von Andvari trat. Lucien bezweifelte, dass er im Ernstfall dem Elfenprinzen Einhalt gebieten konnte. Er war zwar ein erfahrener Kämpfer, aber angesichts des Weißhaarigen und der köchelnden Wut bevorzugte er Lhoris diplomatisches Eingreifen.
      "Dann sollten wir keine weitere Sekunde verschwenden.", nickte der Kronprinz zustimmend und vollführte eine knappe Armbewegung Richtung Scheunentor. Lhoris würde ohne Zweifel alleine mit dem Nachtelfen fertig werden.

      Ein einladende Wärme begrüßte die ungleichen Prinzen und das summende Gemurmel im Schankraum erstarb.
      Alle Augenpaare richteten sich auf die Beiden Männer, die Matsch und Kälte mit sich brachten. Lucien hielt den Blick gesenkte und das Gesicht vom Hauptgeschehen abgewandt. Die hohe Gestalt des Elfenprinzen erlaubte ihm einen winzigen, verborgenen Winkel. Das Tuch, das stets in der Öffentlichkeit hier sein Gesicht bedeckte, lag irgendwo vergessen in der alten Scheune.
      "Andvari?", murmelte er hinter dem Elf und sein Blick huschte Richtung Tilda, die ihn bereits heranwinkte und in der Küche verschwand. "Tilda erwartet uns in der Küche. Vermutlich ein ungewöhnlicher Ort, um einen möglichen Angriff auf die Stadt zu besprechen, aber zumindest gibt es dort keine neugierigen Augen. Kommt."
      Dabei grenzte es an ein Wunder, dass niemand Lucien erkannte. Andererseits war womöglich kein einzige Bewohner der Stadt jemals in im Zentrum der Kaiserstadt gewesen. Vermutlich wusste niemand, wie der Kronprinz eigentlich aussah. Aber Vorsicht war meist besser als Nachsicht. Und für eine Nacht hatte es genug Aufregung gegeben. Und genug Tod und Verwüstung.
      Kurz bevor die Männer die Küche betrat, stoppte Lucien des Weißhaarigen mit einer behutsamen Hand auf dessen Schulter.
      "Verzeiht mir, Andvari. Ich war ungerecht zu Eurem Bruder und ich bedaure Euren Verlust.", sprach er ruhig und schob sich anschließend an Andvari vorbei in die Küche, wo ihn bereits ein geschäftiger Anblick begrüßte.
      Tilda und Albert standen vor der kleinen Feuerstelle und hielten beide einen dampfenden Holzbecher in den Händen. Sie unterhielten sich leise und verstummten erst als die Prinzen eintraten. Tilda blickte zu Andvari und hatte sichtlich Mühe die Tränen im Zaum zu halten. Auch sie näherte sich ihm bedächtig und nahm beiläufig einen weiteren Becher zu Hand, den sie an den Elf weiter reichte.
      "Es tut mir furchtbar leid...", flüsterte sie und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. "Wenn Ihr irgendetwas braucht, zögert nicht mich zu fragen."
      Am Tisch selbst eröffnete sich ein anderes Bild.
      Viola, deren Gesicht notdürftig vom Schmutz befreit wurde, führte eine Hand über die bereits dunkel hervorscheinenden Flecken über den Rippen des Bogenschützen. Meliorn saß wie ein kleiner Lausejunge auf dem leer geräumten Tisch und schielte mit faszinierter Miene zu der Heilerin hinab, die zu seinem sichtlichen Staunen Magie verwendete. Zwischenzeitlich verzog er das Gesicht, während sich winzige Knochensplitter wieder in das Gesamtbild einfügten und die Brüche langsam verheilten.
      "Tut es noch weh, wenn ihr atmet?", fragte Viola ohne dabei aufzusehen. Das rote Haar fiel frei und störrisch über ihre Schultern, die Augen waren gerötet und brannten stetig.
      "Es wird besser.", murmelte Meliorn und atmete tief ein und aus. Einmal. Zweimal. "Viel besser."
      Erst als er Lucien und schlussendlich Andvari entdeckte, senkte der ehemalige Soldat den Kopf. Die Bewegung schien Viola zu irritieren, denn sie sah fragend auf und schließlich über ihre Schulter zurück.
      Ein schwaches Lächeln erschien auf ihren Lippen. Sie sah ein wenig lebendiger aus, was wohl der Wärme geschuldet war. Sie blickte auf das Blut auf Andvaris Kleidung und an seinen Handknöcheln und wagte einen besorgten Blick in sein Gesicht.
      "Meliorn?", begann Lucien und trat zu den beiden herüber. "Kannst du für uns eine Botschaft nach Tirion überbringen? Ein Taube zu entsenden, halte ich für zu riskant"
      "Natürlich.", antwortete der Bogenschütze.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Der Weg zurück hatte ihn beinahe alles gekostet, was er an Selbstbeherrschung aufbieten konnte. Nicht nur, dass sie eine Ewigkeit gereist waren, sondern auch die Tatsache, dass er Sylvars merkwürdigen Argumentationen nie wieder hören würde, schmerzte ihn und schnürte ihm das Herz zusammen.
      Wut, Hass, Trauer und Verzweiflung rangen miteinander wie Kämpfende und ließen alles Gute außer Acht was sich um ihn herum befand.
      In der Schänke schien das Leben zwar eingekehrt, aber nicht zurückgekehrt zu sein. Viele Gesichter spiegelten die Schrecken der Nacht wieder und angeregtes Getuschel durchmaß den ganzen Raum, der bis vor kurzem noch mehr Besucher hatte.
      Er hatte Luciens Geste mit einem Nicken hingenommen, unfähig, viele Worte zu sprechen. Aber es bedeutete ihm viel, dass dieser König immerhin dazu stand, was er glaubte, falsch gemacht zu haben. Auch wenn es nichts zu entschuldigen gab. Lucien hatte wenn nur den Fehler gemacht, die Elfen in seine Stadt zu lassen. Wären sie doch nur fortgeblieben...
      Den Prinzen in seinem Rücken versteckend, durchmaß Andvari die Schenke und kam nicht umhin, einen Blick zu dem einen Thekenplatz zu werfen, der wie aus Respekt leer geblieben war. Ein Seufzen durchfuhr ihn wie ein Blitzgewitter , ehe er sich mit einem letzten Nicken zum Geist seines Bruders in die Küche begab.
      Tilda derartig aufgelöst zu sehen, schmerzte ihn. Auch wenn er sie kaum kannte. Aber zu sehen, welche EMotionen Sylvar in diesen Menschen hervor rief, ließ ihn zweifeln, ob dieser Wahnsinn das richtige war.
      "Schon gut, Tilda...", murmelte er und legte ihr kurz die immer noch warme Hand auf die Schullter. Selbst ein schwaches Lächeln wollte ihm gelingen.
      Es war nicht die Zeit für Trauer. Leider.
      Andvari näherte sich Meliorn und Viola gleichsam wie der Prinz und lächelte Viola schwach zu. Das Blut an seiner Faust wischte er nach ihrem wachsamen Blick an seinem Umhang ab und küsste ihren Scheitel, als er hinter sie trat.
      "Wie hältst du dich?", wisperte er beinahe unhörbar.
      Als Meliorn zustimmte, wandte er sich ihm kurz zu.
      "Ich müsste eine Nachricht an die Weiße Hand senden, dass ein neuer Erzmagier in Würden gesetzt werden muss. Und ich müsste zwei Nachrichten versenden, die nicht für die Öffenlichkeit sind."
      Er reichte dem Elfen einen kleinen Fetzen Papier, wo Eyrik seinerzeit die Namen der Schwerter geschrieben hatte.
      "An diese Elfen und andere...Es müsste schnell gehen. Bitte sagt ihnen sie sollen herkommen. Und dass Ihr König sie ruft."

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    • Besorgnis schimmerte in blutunterlaufenen Augen.
      Das klägliche Lächeln überzeugte Viola in keinster Weise. Die Zerrissenheit war für die junge Heilerin beinahe körperlich spürbar.
      Aber auch ihr blieb nicht anderes übrig, als tapfer die Munwinkel anzuheben und sich ihrer Aufgabe zuwidmen. Ein letztes Mal tasteten ihre suchenden und behutsamen Fingerspitzen über die in Mitleidenschaft gezogenen Rippenbögen. Die letzten dunklen Schatten auf der vernarbten Haut würden in wenigen Stunden vollständig verschwunden sein. Viola wäre sicherlich dazu in der Lage gewesen, auch diese Überbleibsel zu lindern, aber sie fühlte die Kräfte schwinden. Die Trauer um den tragischen Verlust drückte auf das sanfte Gemüt der Heilerin. Der eigene Körper fühlte sich ausgelaugt und schwer an. Viola spürte die Wärme des Feuers nicht, schmeckte nicht das stärkende Aroma des Kräutertees, den Tilda herumreichte und selbst ihre Hände fühlten sich taub und fremd an.
      Für eine Sekunde erlaubte sich Viola die Augen zuschließen und lehnte sich ein wenig zurück gegen Andvari, der hinter sie getreten war. Einen winzigen Augenblick, in dem sie den Kopf senkte und einen tiefen, gequälten Atemzug nahm. Die Frage klang unendlich falsch in ihren Ohren. Sie hatte nicht gerade ihren Bruder verloren und seinen Körper den Sternen übergeben.
      "Ich komme zurecht. Gibt es etwas, das ich tun kann?", flüsterte Viola gleichsam leise mit der Gewissheit, dass Andvari sie sehr wohl hören konnte.
      Sie mussten sich alle zusammenreißen und die Gefahr im Auge behalten, die sich vermutlich bereits wenige Tagesmärsche entfernt befand. Blind griff sie nach hinten und fand zielsicher das Handgelenk ihres trauernden Gefährten. Sorgfältig glitten ihre Fingerspitzen über die Erhebungen der Fingerknöcheln, von denen hastig das Blut gewischt worden war. Viola vermutete bereits, dass das Gesicht des Nachtelfen weitaus schlimmere Spuren aufwies, als ein paar aufgeplatzte Knöchel.
      Ein flüchtiger Blick erfasste das Papier in Andvaris Fingern, dass Meliorn ihm mit einem Nicken abnahm.
      Sie brauchte keinen Blick auf die geschriebenen Worte zu werfen, um zu wissen, welche Namen sich darauf befanden. Es gab erschreckenderweise nicht viele Verbündete, die der Elf kontaktieren konnte und ohne Sylvar fehlte Ihnen die Person, die sie geführt hatte. Der verschrobene, geheimniskrämerische aber liebenswerte Magier hatte ihnen stets den Weg gewiesen.
      Meliorn überflog die Namen auf dem zerknitterten Papier, wobei seine Augen mit jeder verstreichenden Silbe ein wenig größer wurden.
      Die Namen der legeänderen Schwerter waren keine Unbekannten. Sorgältig faltete er das Papier zusammen, als sei es von unschätzbarem Wert.
      "Kinderspiel.", lächelte Meliorn schwach und erschien innerlich froh darüber, etwas Nützliches tun zu können ohne dabei jemanden in seiner unmittelbaren Nähe in Gefahr zu bringen. "Nichts ist schneller als der Wind."
      Der Bogenschütze und Bote rutschte etwas steif vom Kampf vom Tisch herab und griff hastig nach seinem Wams, dass er sich über den zerzausten Haarschopf zog. Viola beobachtete den Elfen, dessen Schritte ungewohnt schwerfällig waren und ließ ein wenig der wärmenden Magie ihres Kerns in Andvaris Hand fließen. Die geschundene Haut über den Handknöcheln verheilte unter ihren Fingerspitzen. Mehr konnte sie nicht tun. Die Qual in seinem Herzen ließ sich mit Magie nicht lindern.
      Meliorn öffnete eines der Fenster und ließ sich davor auf dem breiten Fensterbrett nieder. Mit beiden Hände formte er eine hohle Schale und führte die Hände an seine Lippen. Lediglich das Spiel der Kiefermuskeln enthüllte, dass er gewisperte Worte sprach. Keine einzige Silbe war für die Umstehenden hörbar. Als er die Hände senkte tobte ein winziger Wirbel über seinen Handflächeln, kaum erkennbar, der seine Haare von den Schultern wehte. Lediglich das sanfte Leuchten des Wirbels ließ ihn überhaupt sichtbar werden. Der Elf wandte sich dem geöffneten Fenster zu und bließ den Wirbel von seinen Händen wie die filigranen Blüten einer Pusteblume. Kaum verließ die Botschaft seine Hand, verklang auch das Leuchten.
      Lucien indess wandte den Blick mit grimmiger Miene ab und sah zu Andvari und Viola. Wäre er von gerringerem Geist, hätte ihn beinahe die Eifersucht übermannen können. Leicht schüttelte er den Kopf.
      "Für's Erste heißt es wohl Abschied nehmen.", erhob er sachte die Stimme und holte schwere Lederhandschuhe aus seinem Mantel hervor, die er überstreifte. Die Nacht war eisige und der Ritt würde nicht angenehm werden. "Ich werde mich auf den Weg machen und zur Ersten Garde zurückreiten. Es wird Zeit, dass wir unsere Köpfe aus dem Schlamm ziehen. Erhofft Euch nicht zu viel. Ich bezweifle, dass wir Unterstützung aus der Kaiserstadt bekommen. Mein Vater ist ein alter Narr und sein Verstand brüchig. Aber die Garde ist in der Nähe und untersteht mir."
      Der Kronprinz streckte Andvari zum Abschied die Hand entgegen.
      "Ich bin nicht so flink wie Meliorns Wind, aber ich werde weder rasten noch ruhen."
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    • Andvaris Blicke verharrten auf den Gesichtern der Masse und doch nicht.
      Als würde er ins Leere schauen und dort etwas suchen, was er niemals finden würde. Erstaunlicherweise, dachte er bei sich und bemerkte mit Erstaunen, wie Viola seine Wunden an den Fingerknöcheln heilte. Der Elf behielt das schwache Lächeln bei und nickte ihr dankbar zu, aber zu tun gab es nichts. Konnte es nichts geben.
      Denn dafür müsste die Welt sich aufhören zu drehen und sich entgegen ihres Kreislaufs bewegen. Eine Tatsache, die nicht geschehen würde.
      "Nein...", muremlte er.
      Danke..., dachte er anschließend nur. Warum fiel es so schwer, Worte des Danks oder der Freude zu formulieren, wenn das eigene Herz auf Eis lag? Er würde dessen nie klüger werden, vermutete Andvari und lauschte Meliorn, der sich bereits eilig ans Werk machte. Es war inspirerend, dem Elfen dabei zuzusehen, wie er offenbar SIlben und Namen in den Wind flüsterte. Und wahrlich, nur der Wind war schneller als die Boten des Himmels.
      Vielleicht würden die Nachrichten die Schwerter rechtzeitig erreichen, damit sie eine Chance hatten. Auch wenn es noch nicht gesichert war, dass die Armee ihren Weg hierher fand.
      "Geht mit Vorsicht, Freund", sagte Andvari und heftete seinen Blick auf Lucien. "Die Armee meiner Brüder rastet nicht weit, befürchte ich. Zieht ihr einen Konvoi von mehreren tausend Mann hinter Euch, wird man Euch entdecken und auf nachteiligem Terrain angreifen. Es bleibt Euch nur der Weg durch die Wälder und Bergpässe."
      Anschließend wandte er sich zu Viola um.
      "Ich werde die Stellung hier halten. Mit dir, wenn du es willst. Und mich auf die Schlacht vorbereiten, so sie denn kommt. Ich...Ich habe keine Ahnung, ob es das richtige ist."
      Anschließend - und viel leiser als der Rest wisperte er Viola zu:
      "Ich weiß nicht was ich tun soll..."

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    • Die Bedrohlichkeit einer aufziehenden Schlacht hatte sämtlichen jungenhaften Schalk aus dem Gesicht des Menschenprinzen getrieben.
      Der verbissene Ernst war ein seltener Anblick im Gesicht Luciens. Meliorn bemerkte die Aufbruchstimmung von seiner wachenden Position am Fenster aus und rühte sich nicht vom Fleck. Er warf einen letzten Blick auf den Kronprinzen und kehrte dem restlichen Raum den Rücken zu. Die eigene Verbitterung über seinen närrischen Fehler ließ nichts anderes zu. Ein weiteres Mal flüsterte er seine Botschaft in den Wind, zu den nächsten Schwertern, um sie im Namen ihres rechtmäßigen Königs in die Grenzlande zurufen. Niemand außer denjenigen, für die die Botschaft bestimmt war, würden die geflüsterten Worte im Wind hören.
      Wenn die Abweisung Lucien verletzte, zeigte er es nicht.
      Der Prinz der Menschen nickte entschlossen und zeigte doch ein schwaches Grinsen, dass im Vergleich zu vorher, eher armselig wirkte.
      "Wer hätte gedacht, dass ich das Wort Freund noch aus Eurem Mund hören werden, Andvari.", schmunzelte Lucien. "Die Bergpässe sind schmal und beschwerlich. Ein Umweg, der uns wichtige Zeit kosten könnte. Aber vermutlich die klügere Wahl. Wir werden sehen."
      Viola reichte er ebenfalls zum Abschied die Hand und beugte sich leicht vor um einen flüchtigen Kuss auf ihren Handrücken zu platzieren. Von der Geste überrascht, sah sie Lucien fragend an und wirkte etwas überfordert, da der Thronfolger ihres Volkes sich vor ihr verbeugte. Sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, wie greifbar der Mann wirkte.
      "Ich würde Euch ja darum bitten mich zu begleiten und Eure Stellung in der Garde wieder einzunehmen.", sprach er ruhig. "Aber ich denke, die Antwort kenne ich bereits. Passt auf Euch auf, Viola. Und auf diesen chaotischen Haufen."
      Und Der Kronprinz hatte nicht Unrecht. Ihr Platz war an der Seite des Elfen in ihrem Rücken, der so verloren erschien, wie ein kleiner Junge.
      Damit erhob sich Lucien wieder zu seiner vollen Größe und wandte sich ab. Die Verabschiedung mit Tilda und Albert verlief hastig. Eine Sekunde länger und die willenststarke Schankdame hätte ihn womöglich gar nicht erst in die Nacht ziehen lassen. Tilda hielt sich aufrecht, doch die ältere Frau war erschöpft, das Grau ihrer Haare intensiver im flackernden Licht des Feuers.
      Viola beobachtete den wehmütigen Abschied der ungleichen Freunde am Hinterausgang der Küche. Ein Prinz, ein Zimmermann und eine Schankwirtin.
      Viola hob Andvaris verheilte Hand an ihre ausgekühlte Wange, als wollte ihr Körper die Wärme der Flammen nicht halten.
      "Natürlich, bleibe ich.", flüsterte sie sanft. "Ich folge dir, welche Entscheidung du auch treffen wirst. Der Kampf wird nach Beleriand kommen. Faolan wird die Menschen und Elfen hier nicht verschonen. Er hat keine Gewissheit, dass wir hier sind, aber das wird ihn nicht aufhalten."
      Die letzten Worte des Elfen waren so leise und still, und so voller Selbstzweifel, dass es Viola das Herz in Zwei brach.
      Andvari hatte das hier nie gewollt. Die Verantwortung. Dieses Erbe. König zu sein.
      "Ich wünschte, ich könnte es dir sagen.", sagte Viola und versuchte sich an einem Lächeln, während im Hintergrund Lucien in die Nacht verschwand und Meliorn durch das geöffnete Fenster kletterte.
      "Was ich weiß, ist, dass Faolan nicht im Morgengrauen hier sein wird. Wir sind alle erschöpft. Heute Nacht ruhen wir."
      Das verräterische Brennen schlich sich zurück die Augen. "Heute Nacht trauern wir. Komm."
      Viola senkte die Hand von ihrem Gesicht und umschloss seine Finger zart mit den Eigenen. Im Vorbeigehen nickte sie Tilda und Albert zu, griff eine Flasche von Tildas Apfelwein vom Tisch und führte Andvari durch das Stimmengewirr des Schankraumes. Die Blicke, die sich durch ihre Hinterköpfe bohrten, ignorierte sie mit erhobenem Haupt. Zweifelsohne gab es noch genug Männer und Frauen in diesem gastlichen Raum, die sie am liebsten durch Stadttor hinauswerfen würden. Die Treppe knarzte unter den bedächtigen Schritten und Violas Anspannung verschwand erst, als sie die alte Tür zum oberen Dachgeschoss hinter sich abgeschlossen hatte.

      Die Räumlichkeiten wirkten seltsam still und leer. Ohne Sylvar. Ohne sein Geschimpfe und Neckereien.
      Das Mitbringsel stellte sich auf dem wackeligen Tisch am Kamin ab, wo sie ohne einen Gedanken zu verschwenden, das noch leicht feuchte und vor allem dreckige Kleid abstreifte und die mit Schlamm verkrusteten Stiefel zum Trocknen ans Feuer stellte. Das Unterkleid war zur ihrer Erleichterung unbeschadet davon gekommen. Sie griff eine der Wolldecken von einem mottenzerfressenden Sessel und schlang sich den schweren, aber warmen Stoff um die Schultern, ehe sie barfuß zu Andvari herüber ging, der verloren mitten im Raum stand.
      Ein zaghaften Lächeln zuckte an ihren Munwinkeln, als sie ohne jegliche Hintergedanken nach dem blutbfleckten Wams griff und es aus dem Bund seiner Hose zog. Der Blick ruhte auf den eingetrockneten Blutspritzern. Sie wollte nichts von diesem widerlichen Gorynn in der Nähe haben. Die Flecken würden vermutlich nicht ganz herausgehen, aber vielleicht konnte Tilda dabei helfen.
      Viola ließ das besudelte Kleidungsstück auf den Boden fallen und ließ ihre Hände über seine Arme herauf wandern, während sie den nun freien Torso nach weiteren Blessuren absuchte. Eine Sorge, die sich nicht abschütteln ließ. Aber da war nichts.
      "Du bist kalt.", flüsterte sie.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Schweigsam blickte der Elf dem Menschen hinterher und fragte sich erneut, warum ihrer beiden Völker eine derartige Zeit des Krieges hinter sich bringen mussten. Er beobachtete schweigend wie er Viola die Hand reichte und für eine Sekunde war da der Stich des Zweifels in seiner Brust. Umso überraschter war er, dass sie tatsächlich bleiben wollte. Auch wenn sie beide bereits einiges durchgestanden hatten, so würde sie doch immer das Erbe seines Blutes trennen.
      Wütend auf die Situation und auf sich selbst war er bereits in voller Härte mit sich im Gericht, als ihn Violas Worte dumpfen Ohres erreichten. Ihre bedingungsloser Treue sicher fühlte er sich nur noch widerlicher, wenn er bedachte wie viele gute Menschen hier sterben würden, weil er sich hinter Mauern verkroch anstatt sich seinem Bruder zu fassen.
      Und noch während ihre Wange an seinen Fingern spürte fragte er sich erneut ob es niht besser wäre, er schliche sich heimlich davon und gäbe sein Leben im Austausch für das Der Bewohner von Beleriand…
      Dann erst merkte er dass er regelrecht mitgezogen wurde. Es gab ohnehin nichts mehr zu sagen, dass einer Ansprache würdig gewesen wäre. Das gab es nur in heroischen Epen, die in trunkenem Bewusstsein geschrieben wurden.
      Also ließ er sich mitziehen und kam nicht einmal dazu, ihr eine ordentliche Antwort auf ihre wundervollen Sätze zu geben. Was blieb, war nur die Gewissheit, dass sich ein schwaches Lächeln auf seine Lippen stahl, als er die Blicke bemerkte die sich in ihre Hinterköpfe bohrten.


      Im Zimmer angekommen erfasste ihn ungeahnte Wehmut, als er Slvars Zimmer zu Gesicht bekam. Ein kalter Hauch schien daraus zu ihnen herüber zu wehen und erinnerte ihn an sein Versagen, während er den Raum betrat und die Tür ins Schloss schob.
      Erst als sie ihm das Wams aus dem Bund seiner Hose zog bemerkte er, dass er im Raum gestanden und in die Ecke gestarrt hatte. Schweigsam ließ er die zärtlichen Berührungen der Mneschenfrau geschehen obgleich sein Kopf bereits danach schrie, dass man einen Versager nicht derartig berührte.
      „Wirklich?“, fragte er und zuckte die Achseln. „Mir ist nicht kalt.“
      Langsam ging er zur zimmereigenen Feuerstelle und entfachte die Scheite darin mit seiner Magie. Sanft schaute er dem Prasseln der Flammen zu, während er sich innerlich fragte, was zur Hölle er hier tat.
      Erst danach stand er auf und trat bestimmten Fußes an Viola heran und drückte ihr Kinn sachte nach oben um auch sie nach Blessuren oder Spuren dieser Ratte Dorynn abzusuchen.
      „Immerhin…“, murmelte er. „Er hat dich nicht verletzt. Das ist eine Erleichterung.“

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Angesichts der Bestimmtheit seiner Schritte unterdrückte Viola den Reflex einen Schritt nach hinten zu gehen.
      Die Begegnung mit Dorryn hatte keine Blessuren auf der blassen Haut hinterlassen, aber die Erinnerung an einem Fremden unmittelbar in ihrem Rücken und das Gefühl eines heißen Atems in ihrem Nacken ließ sie frösteln. Die Art und Weise wie die Heilerin ihr Kinn unter dem sachten Druck seiner Hand anhob ähnelte beinahe einem stillen Gehorsam. Die Augen, gerötet von dem brennenden Salz frischer Tränen, verschwanden fast gänzlich unter einem Kranz langer, geschwungender Wimpern. Dorryn, die kleine, dreckige Ratte hatte ihr kein offensichtliches Leid zu gefügt, aber seine Drohungen und widerlichen Versprechungen waren keine leeren Worte gewesen. Ein Fehler, sei der noch winzig klein gewesen, dann...
      Viola schüttelte den Kopf in der Hand des Elfen, um die Gedanken zuvertreiben und Andvari mit der Geste zuzustimmen.
      "Nein, hat er nicht. Ich wusste, du würdest mich beschützen", murmelte sie und blieb unschlüsslig, ob sie das Gesicht in die vertrauten Finger schmiegen oder die Hand abschütteln sollte.
      Letzten Endes war die Entscheidung ein Mittelweg, als Viola kurz die eigene Hand anhob und Andvaris Handgelenk mit zarten Fingern umschloss. Unter den Fingerspitzen fühlte sie einen starken, kräftigen Puls. Der Daumen zog ein paar wenige, sanfte Kreise über seinen Handrücken ehe sie den Halt um ihr Gesicht bedächtig löste. Über die Tatsache, wie leicht es war den Elf vor sich zu berühren, wunderte sich die junge Frau schon lange nicht mehr. Allerdings war es erschreckend, welche alten Ängsten die Nähe eines Anderen auslöste. Das Letzte, was sie in dieser Nacht noch brauchten, war die erdrückende und schwermütige Belastung durch ihre eigene Unsicherheit. Viola konnte stark sein. Für Andvari. Für das, was ab heute jedem Morgen lauernd am Horizont auf sie wartete.
      "Hör auf.", sprach sie ruhig, ein wenig wie aus dem Nichts, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit geschwiegen hatte. "Ich weiß, was du denkst. Es ist Unsinn. Und solltest du das irrwitzige Vorhaben verfolgen heute Nacht zu verschwinden und dich Faolan auszuliefern, verspreche ich dir, dich an beiden Ohren hier her zurück zuschleifen. Dein Bruder wird nicht einfach kampflos den Rückzug antreten, nur weil er bekommen hat, was er wollte. Das tun sie nie."
      Außerdem hatte Sylvar es bereits erklärt. Faolan, der teuflische Prinz, brauchte die Heilerin. Ohne sie fehlte dem jüngsten Bruder Andvaris das geeignete Druckmittel. Sie sprach nicht aus, was offen und wie ein eiskalter Hauch im Raum stand. Entweder gingen sie beide oder gar keiner. Und selbst dann, traute sie dem jüngsten Sproß der Königsfamilie nicht.
      Zaghaft ergriff Viola seiner Hand und zog den Elf ein weiteres Mal mit sich in Richtung des prasselnden Feuers. Im Vorbeigehen sammelte sie die Falsche ein. Der Wein würde stark genug sein um die eisige Kälte aus ihren Eingeweiden zu vertreiben. Mit der Wolldecke um die Schultern ließ sich Viola vor dem Ofen am Boden nieder und bedeutete Andvari sich zu setzen. Eine zweite Decke legte sie wie ein stummes Angebot zwischen sich und wandte sich schweigsam dem öffnen des Flaschenkorkens zu.
      Ein wenig Ziehen und Geruckel da entschied sich der Korken endlich nachzugeben und ein spüßlicher, schwerer Geruch erfüllte die Nase.
      Der Zweifel nagte auch an ihr. Die Heilerin seufzte schwer und blickte auf die Falsche in ihrer Hand. All das große Gerede über Revolution, Gerechtigkeit und dem größeren Wohl verblasste angesichts des Preises, den sie gezahlt hatten. Viola hatte einen Freund verloren und Andvari seinen Bruder. Beherzt nahm sie einen Schluck aus der Flasche und verzog leicht das Gesicht. Es war etwas zu süß für ihren Geschmack, aber in der Not fraß der Teufel auch Fliegen.
      "Wir hätten gehen sollen.", murmelte Viola. "Weg von hier. Vielleicht über die Berge."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”