The Lesser Evil (Winterhauch & NicolasDarkwood)

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    • Sylvar und die Elfen-Connection

      Für einen Mometn lang blickten die Diener die Tür an und zuckten mit den Achseln.
      Der Meister hatte die Angewohnheit, öfter mal ins Nichts zu verschwinden und erst Tage später wieder aus dem Dunkel aufzutauchen. Und doch wartete man meist am besten schlicht auf seine Rückkehr.
      Schließlich und schlussendlich, wissend ob des Klopfens, beschlossen sie, der Herauswollenden den Wunsch zu erfüllen und öffneten unter nicht unerheblicher Anstrengung erneut die schwere Holztür, die geräuschvoll über den Boden knarzte.
      Heiße Badeluft strömte heraus und erfüllte den Garten mit dem schweren Geruch von Badekräutern,die man in das Wasser geworfen hatte. Es roch gut, aber irgendwie auch ein wenig verbraucht, während sich der Dampf in der lauen Luft des Nachmittags auflöste und in die Unendlichkeit entfloh.
      Für einen Moment schien die Luft hinter den Dienern zu flirren und kundig ob der Ereignisse gingen sie beiseite. Aus dem Nichts der bisherigen Luft und Atmosphäre heraus schien sich eine sich entfaltende Dimension heraus zu bilden. Augenscheinlich schien sich die luft sternförmig zusammen zu ziehen und mit ihrem erneuten Ausdehnen entstieg der Erzmagier aus der sich daraus bildenden Raumspalte. Es sah so aus, als stiege er aus der Luft der Luft selbst und stützte sich weider mehr auf den Stab.
      "Meine Güte!", rief er aus, als er Viola sah. "Ein ganz neuer Mensch, nicht wahr! Ihr seid ein Augenschmaus, wenn ich das so dreist behaupten darf!"
      Sylvar lächelte und wischte sich den Schweiß von der Stirn, der dort stand.
      "Sagt: Habt ihr in Eurem Studium bereits einmal die Möglichkeit der Magie in Betracht gezogen? Werden diese bei Euch gelehrt?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Verwirrt hob die Heilerin die Augenbrauen. Die beiden Diener schienen eher wenig Notiz von ihrer Anwesenheit zu nehmen, noch sich daran zu stören, dass ein Mensch sich in ihrer Mitte befand. Ein willkommende Abwechslung zu den den misstrauischen Blicken, die die junge Heilerin außerhalb der schützenden Mauern erfahren hatte.
      Mit zusammen gekniffenen Augen beobachtete Viola wie sich die Luft in ihrem Sichtfeld plötzlich veränderte. Energie ihr unbekannten Ursprungs sammelte sich an einer Stelle und ein Portal, ihr fehlte das richtige Wort dafür, öffnete sich aus dem Nichts. Sylvar trat selbstverständlich hinaus, als würde er den ganzen Tag nichts anderes tun. Viola schloss den Mund, der sich in überraschter Art und Weise geöffnet hatte.
      Verlegen durch die Worte, schob sie eine Haarsträhne hinter das Ohr zurück, die sich aus dem Knoten in ihrem Nacken gelöst hatte. Sie war es eindeutig nicht gewohnt dergleich Aufmerksamkeit zu bekommen, auch wenn der Elf es nur sagte um sie zu necken. Die schwere Stimmung hatte sich scheinbar ebenso aufgelöst. wie der magische Durchgang im Rücken des Magiers. Für einen winzigen Augenblick spürte sie noch das Knistern der Magie in der Luft, wie eine leichte statische Aufladung.
      Ihr Blick glitt kurz zu dem Stab, auf den er sich wieder mehr zu stützen schien als zuvor. Viola fragte sich still, ob die Nutzung der Magie, die Ursache dafür war. Dieses Mal behielt sie allerdings ihre neugierigen Fragen für sich.
      "Wollt ihr damit andeuten, ich wäre im Stande dazu Magie zu erlernen und anzuwenden?"
      Sie musste endlich aufhören ständig überrascht zu klingen.
      "Mein Volk nutzt keine Magie. Nicht das mir bekannt wäre. Ehrlich gesagt, war mir nicht bewusst, dass das überhaupt möglich ist."
      Viola trat zwischen den Dienern hervor und auf Sylvar zu. Aus der Nähe erkannte sie die Spuren von Schweiß auf seiner Stirn.
      "Erlaubt mir die Frage, aber ist alles in Ordnung?"
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Sylvar

      Der Elf begann zu lächeln und wies mit der Hand nach rechts.
      Dort befand sich ein schmaler Gang, der mit denselben weißen Kacheln wie das Bad gefließt war. Eine Art Spurstrecke, die man verfolgen mochte, um ins Allerheiligste zu gelangen. LAngsam begann er, in Richtung dieses Allerheiligste vorzudringen und das klackernde GEräusch des Stabes auf dem nackten Steinboden ergab mit der Zeit einen angenehmen Rhythmus, wähernd die Vögel ihnen leise zu zwitscherten.
      "Die Frage, ob alles in Ordnung ist, ist schwer zu beantworten, meine Liebe", begann der Elf mit ruhiger Stimme. "Es ist vielmehr so, dass die Nutzung der MAgie mit einem Preis einhergeht, müsst Ihr wissen. Nichts ist umsonst, nicht wahr? Für jeden Zauber den ich spreche und nutze, gebe ich etwas von mri selbst. Wir nennen es 'Aura'. Das Elixir unseres eigenen Lebens. Es ist in Allem und Jedem und entfaltet sich bei korrekter Benutzung schöner als jeder Lampenschirm. Doch seine Nutzung will wohl gelernt sein."
      Er blickte Viola letztlich während dem Gehen an.
      "Es stellt sich nicht die Frage, ob ihr im Stande wäret. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob ihr es euch vostellen könnt. Magie ist eine vielschichtige Art der Anwendung kosmischer Energie und nur schwer zu greifen. Das meiste jedoch fußt auf Fantasie und der Vorstellung, wie etwas sein könnte, wenn es durch diese kosmische Energie berührt würde."
      Er blieb kurz stehen und sah zum Garten zurück.
      "Nehmt diese Blume dort", sagte er und wies auf einen Abschnitt des Weges, an dessem Rande eine kleine, gelbe Blume wuchs und den Kopf tapfer in die Höhe reckte.
      "Könnt Ihr euch vorstellen, dass diese zu einem Stein wird?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Viola wandte sich in die Richtung, in die Slyvar's Hand wies und warf einen neugierigen Blick den Gang entlang.
      Folgsam ging die Heilerin neben ihm her und lauschte seinen Worten mit ungedämpfter Neugierde. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, dass Viola eine durchaus gelehrige Schülerin sein konnte, die Wissen in sich aufsog, wie die trockende Erde den erlösenden Regen. So unscheinbar, wie sie sich oft im Hintergund hielt, war ihr Geist wach und offen. Wie oft hatte sie Stunden und Tage damit verbracht, jegliches Buch von Intresse in der Bibliothek des Ordens zu verschlingen, die Nase dabei in den Seiten vergraben.
      "Besteht da nicht zwangsläufig die Gefahr zu viel von sich, der eigenen Energie zu geben?" Sprach sie bedächtig und blickte Sylvar von der Seite an, während sie einen Fuß vor den anderen setzte. Sie erinnerte sich an Lhoris, den angestrengend Ausdruck auf seinem Gesicht, als er das Feuer beschworen hatte.
      Viola hielt ebenfalls inne und drehte sich auf dem Absaz um. Zwischen ein paar saftig, grünen Gräsern erblickte sie tatsächlich ein Blume. Die filigranen Blätter hatten sich noch kaum geöffnet und sich streckend sich suchend dem Licht entgegen.
      Der Gedanke, dass allein ihre Vorstellung ausreichen sollte, um ein derartiges Werk zu vollbringen, hörte sich erschreckend einfach an. Zumindest in der Theorie. Aber die Heilerin war klug genug, umzu wissen, dass es mit Nichten so leicht sein würde.
      In einer altvertrauten Geste der Unsicherheit strich sie eine Strähne ihres Haares zurück, ehe sie die Hände locker an ihren Seiten beließ.
      Unter einem tiefen Atemzug entspannten sich ihre Schultern. Viola schloss die Augen, das Bild der gelben Blume vor Augen. Sie lauschte dem sanften Rascheln von Blättern und Gras, das vom Garten heran getragen wurde. Sie hörte Sylvar neben sich atmen. Vor ihrem inneren Auge wölbten sich die zarten Blätter zu einer Kugel zusammen, verschmolzen zu einem glatten weißen Kiesel, wie je auf dem Weg.
      Viola schlug die Augen auf. Die gelbe Blüte schwankte leicht in einer Brise. Die Heilerin lächelte sanft.
      "Hättet ihr mir diese Frage vor ein paar Wochen gestellt, wäre meine Antwort vermutlich ein klares Nein gewesen. Aber nach allem was ich hier sehen durfte...Ja, ich kann es mir vorstellen."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Sylvar

      Der Elfenmagier blickte zu der Heilerin und lächelte, ehe er mit dem Finger auf die Blume wies.
      "Es ist alles eine Frage der Vorstellung und Übertragung", murmelte er, während seine Finger eine komplizierte Bewegung vollzogen. Er sprach dabei nicht, es war ledigliche ine Geste. "Wir schaffen Illusionen mittels Nebel, wir beschwören Bilder in Dinge, die kein Hirn besitzen, um sie zu verstehen. Ich nehme die kosmische Energie, die Ihr und ich als MAgie kennen und gebe der Pflanze auf, etwas zu sein, dass sie nicht sein kann. Eben ein Stein. Und die Pflanze, deren Verstand nun nicht vorhanden ist, würde unter normalen Naturgesetzen sagen: 'Aber ich bin eine Pflanze. Ich wachse und strebe, aber ich bin kein Fels.', nicht wahr? Nun...Ich sage ihr jedoch: Du bist! Und du kannst. Un sie wird es tun."
      Als die Bewegung vollendet war, bog sich die Pflanze wie von selbst nach unten und rollte sich, einer Papierrolle gleich, auf. Währenddessen sie sich aufrollte und dem Streben nach nur verleinerte, verfärbte sich ihre Blütenfarbe in steiniges Grau und wurde härter. Und erst als sie als Stein zu Boden fiel, noch immer mit dem Boden durch eine Wurzel verbunden, war der Zauber beendet.
      "Ihr seht: Es is alles möglich", murmelte der Elf und begann seinen Weg fortzusetzen.
      Vor ihnen wurde eine Schwungtür magischerweise geöffnet und entließ sie in einen großen Saal, der von allen Seiten mit Büchern jedweder Art gesäumt war. Tische waren in der Mitte aufgebaut worden und verschiedene Akolythen in weißen Gewändern saßen an ihnen und studierten die Kunde der Magie. Der Erzmagier trat in den RAum herein und machte eine einladende Bewegung.
      "Die Bibliothek. Das Allerheiligste des LAndes. Seid willkommen, Viola de Clairmont und erfahrt die Wunder! Doch mit einem habt ihr Recht: Magie bedeutet Kontrolel und Gefahr. Wir erlernen die Kunst immer zu einem preis, nicht wahr? Und all diese Preise wollen wohl abgewogen sein."
      Die Bücherregale zu den Seiten des kreisrunden Saals schienen beinahe lebendig, das sise aus den Wurzeln eines Baumes zu bestehen schienen. Unregelmäßig war ihre Struktur und Dicke und glich einer Art grausigem Schachbrett, dass die Bücher gefangen hielt. Doch lag der Luft von Flieder und allerlei Blumen in der Luft, die aus den Seitenstämmen der Regale wuchsen. Die Bücher waren in unteschiedlichste Materialien eingebunden. Zumeist war es LEder, aber ein Akolyth, der ihnen entgegen kam, grüßte den Meister und verneigte sich. Hier zeigte sich, dass das Buch, welches er mit sich trug, beinahe vollständig aus Glas bestehen musste.
      "Seid Ihr bereit für das Abenteuer Eures Lebens?", fragte Sylvar schließlich und lächelte.

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      The more you drag me to hell

    • “I don’t belong anywhere.”

      “There are plenty of people like that
      and nowhere is still a somewhere.
      If you don’t belong to a place,
      perhaps we belong to each other?
      We who belong nowhere?”


      Viola

      Der Anblick, der sich ihren Blick bot, war mit nichts in der Welt zu vergleichen. Selbst die zierliche Blume, die letztendlich als Stein mit der Erde verwurzelt blieb, der sie entsprungen war, hatte nicht ein solchen Leuchten in ihre Augen gezaubert, wie der Anblick der Bibliothek. Die Finger zuckten unter dem Bedürfnis die ledernen Einbände zu berühren. Der Geruch von süßem Flieder mischte sich mit dem vertrauten Duft von der Buchseiten und beinahe wären ihr die Tränen in die Augen gestiegen. Viola war bewusst, welche Ehre ihr zu Teil wurde. Der feste Entschluss so viel an Wissen aufzunehmen, wie ihr menschlicher Verstand zu ließ, wuchs mit jeder Sekunde. Vielleicht konnte sie etwas finden, dass ihnen helfen würde. Sie würde ihre Zeit nicht mit Bedauern und Angst verschwenden. Damit war niemandem geholfen. Vor allem nicht Andvari in seiner dunklen Zelle. Die Heilerin straffte die schmalen Schultern und wandte sich zu Sylvar um. Voller Respekt und Dankbarkeit neigte sie den Kopf, wobei ein Lächeln auf ihren Lippen lag, so entschlossen und strahlend, dass es der Sonne am Himmel Konkurrenz machte.
      Sie würde die Chance nutzen, die ihr geschenkt wurde.
      "Ich werde niemals in Worte fassen können, wie dankbar ich Euch bin. Keine Sprache würde dem gerecht werden."

      Zeit war ein schwer greifbares Ding. Seit dem Tag, als Sylvar sie in das Allerheiligste geführt hatte, verbrachte sie beinahe jeder freie Stunde vergraben in Lehrbücher. Sie festigte ihre Sprache, lernte das geschriebene Wort. Es gab nichts anderes für sie zu tun. Viola hatte das Gefühl, dass Sylvar ihr alle Zeit verschaffte die sie brauchte oder er für angemessen erachtete. Niemand war gekommen um sie zu holen. Keine Wort des König und selbst Nuala hatte sie seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die Tage flogen dahin voller Ablenkung, während sie nachts aus dem Fenster ihrer Kammer starrte und ihre Gedanken zu Andvari flogen. Sylvar hüllte sich in Schweigen und schien jedes Mal einen anderen Weg zu finden ihren Nachfragen auszuweichen. Ein Punkt der ein verräterisches Stechen in ihrer Brust hinterließ. Nur ein war gewiss, das einzig tröstende. Er lebte noch Alles was ihr blieb, war sich in die Lehren zu stürzen. Unter Sylvars gewissenhafters Anleitung lernte Viola sich zu fokussieren und der Aufenthalt in seinem Refugium schenkte ihr etwas, dass sie glaubte, seit langem verloren zu haben. Frieden.
      Auch wenn ihr immernoch vorsichtiges Misstrauen entgegen gebracht wurde, erfuhr sie auch milde Anerkennung. Viola erwies sich als sehr eifrig und überraschte den ein oder anderen mit ihrer Gelehrigkeit. Ein Missgeschick zu später Stunde hatte sich schließlich als Offenbarung erwiesen. In ihrer Eile hatte sie ein Kristallglass mit Wasser umgestoßen. Es geschah unbewusst, als sie die Hand austreckte, dass das Wasser nicht das kostbare Buch berührte sondern die Pfütze wenige Millimeter zuvor erstarrte. Verwunderte Blicke hatten sich auf sie gerichtet.
      So saß sie auch an diesem milden Abend in dem wunderschön, blühenden Garten und tauchte die Hand in das kühle Quellwasser des Brunnens. Das grüne Kleid war gegen eines in Weiß getauscht worden, von ähnlicher Art der Roben, die die Elfen im Allerheiligsten trugen. Viola wirkte gesund und gestärkt, die dunklen Ringe unter ihren Augen verschwunden. Vorsichtig balancierte sie auf dem schmalen, gemauerten Brunnenrand und betrachtete die Wassertropfen die über ihre Finger rannen. Konzentriert zog sie die Augenbrauen zusammen und krümmte die Finger in mittlerweile vertrauten Bewegungen. Es war anstrengend für sie, sie spürte das Pochen in ihren Schläfen. Und doch tanzten und schwebten nach einigen Augenblicke kleine Wasserperlen um ihre Fingerspitzen. Das Wasser hatte sie erwählt, hatte man ihr gesagt. Der Quell allen Lebens und das Element der Heilung. Das letzte Licht des Tages brach sich in einem bunten Prisma in den Tröpfchen. Es würde noch lange dauern, bis es ihr leichter von der Hand ging. Aber es war mehr, als man ihr zugetraut hatte.
      Viola ließ sich von den Schritten auf dem Kies nicht ablenken.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()

    • Sylvar

      Aus dem Nichts heraus entstigen schritt der Erzmagier die kurzen Wege des Innenhofs ab.
      Er war selten in Begleitung, zumal weder von Männern oder Frauen, aber auch nicht von magischen Elementen. Seine Schüler sagte ihm, seine Aura wäre unspürbar und unbegreifbar. Als würde man gegen das große Nichts kämpfen, dessen jähes Ende einen nun doch überraschte. Das ryhthmische Klopfen des Stabes, den er mit sich führte, bildetete einen lauten Kontrast zu seiner sonstigen Gangart, die beinahe lautlos erschien.
      Er trug eine weiße Robe, die eng an dem schlanken Körper des Elfen anlag. Die Füße steckten in Seidenpantoffeln, die man eigens für ihn gefertigt hatte und das blonde Haar war kunstvoll zu einem breiten Zopf geflochten. Er sah um Jahre jünger aus. Und dennoch war die Nachricht, die er zu überbringen hatte, wesentlich schlechter als die, die er gerne überbringen wollte.
      Sylvar trat lächelnd zu Viola und betrachtete sie eine Weile.
      Für einen Menschen, dem Feindesvolk, war sie wirklich prächtig anzusehen. Sie hatte sich verändert, war ruhiger und vor allem erholter als je zuvor. Manchmal konnte man glauben, sie hatte die schwere VErgangenheit und Andvaris Schicksal schon beinahe vergessen. Udn vielleicht war dem auch so. Seine Akolythen berichteten ihm, dass die junge Frau mehr lernte als jeder Andere im Refugium und gelehriger als der Erzmagier selbst schien. Doch war dem so?
      Sicherlich, die Magie der HEilung bedurfte großer Kunstfertigkeit. In der Kultur der Elfen wurde sie geringgeschätzt als niederste Form der Magie. Aber auch wenn man eine Magieart besaß, die ihresgleichen noch suchte, wurde man meist von den KRiegern geringgeschätzt.
      "Meine Liebe", sagte er und trat an sie heran. "Ich sehe, es geht voran mit Eurer Ausbildung, nicht wahr? Eine Heilerin, die die Kunst des Heilens auch in magischer Art beherrscht, ist selten dieser Lande."
      Lächelnd setzte er sich neben sie auf den kleinen Sims und blickte in das Wasser hinein.
      "Ich habe eine Mitteilung zu machen", begann er und blickte sie ernst an. "Ich habe mit meinem Vater korrespondiert und erreicht, dass ich Andvari besuchen darf, um seinen Zustand zu überprüfen. Ich könnte eine Heilerin gebrauchen. Wäret Ihr interessiert?"

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      The more you drag me to hell
    • “I cried. I cried until my head ached.
      I cried until there was nothing
      left in me.
      And I was just a hollow vessel.
      And then…then I pulled myself together."

      Viola


      Wahrlich, wäre das gleichmäßige Klopfen des Stabes auf dem Kiesweg nicht gewesen, hätte Viola nicht bemerkt, dass sich Gesellschaft näherte. Nur kurz blickte die Heilerin auf, aber das reichte schon aus, und die zuvor in der Luft tanzenden Wassertropfen plätscherten zurück zu ihrem Ursprung.
      Obwohl ein Lächeln Sylvars Lippen zierte, erkannte sie den ernsten Zug um seine Augen. Für einen Augenblick hielt Viola angespannt den Atem an. Jeden Tag rechnete sie damit, dass ihre Schonfrist abgelaufen war. Es war so leicht in ihrem schützenden Refugium die schwere Prüfung zu vergessen, die ihr bevor stand. Oder eine weitaus schlimmere Kunde. Bei dem Gedanken wurde ihr Herz schwer.
      Dennoch lag ein erwärmendes Lächeln auf ihren Lippen, als die Elfenmagier sich zu ihr setzte. In den letzten Tage hatte sie ihn kaum zu Gesicht bekommen. Sylvar wirkte erholt, beinahe verjüngt.
      "Danke..." Sprach sie ruhig aber mit fester Stimme, es war selten geworden, das sie in Gesellschaft den Kopf verunsichert senkte oder das Bedürfnis verspürte sich klein zu machen. "Mir fällt es noch schwer den Zustand zu halten. Es ist sehr ermüdend. Aber es wird von Tag zu Tag ein wenig leichter."
      Bei dem ernsthaften Klang seiner Stimme, legte Viola die Hände in dem Schoß und drehte sich auf dem Sims der Quelle zu Sylvar. Ob es gut oder schlecht war, dass König Oberon nach so langer Zeit einen Besuch erlaubte, vermochte die Heilerin nicht zu sagen. Der Klang von Andvaris Namen ließ ihre Finger unwillkürlich zucken. Sorge spiegelte sich augenblicklich in ihren Augen. Es war nicht ein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihn gedacht hatte.
      "Natürlich..." Die Zustimmung purzelte ohne Zögern aus ihrem Mund, und es brachte sie fast in Verlegenheit. Jetzt wich sie doch dem wissenden Blick Sylvars aus und blickte in den blühenden Garten. Fahrig strich sie die offen getragene, herbstrote Mähne über die Schultern zu zurück, die frei waren von dem weißen Stoff, der Schwung ihrer Schlüsselbeine lugte ein wenig unter den filigranen Stickereien hervor.
      "Natürlich werde ich euch begleiten." Wiederholte sie nun gemäßigter.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
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      so long as you remember all the people that you used to be.”

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    • Sylvar

      Der Elfenmagier lächelte nachsichtig und nickte.
      "Es mag schwer fallen, aber mit der Zeit werdet Ihr behände darin werden. Die Heilkunst wird in meinem Volk eher als nachrangig anderer Magie gegenüber angesehen. Freilich ein fataler Fehler, aber was will man mit Kleingeistern anfangen, nicht wahr? MEistens beherrschen sie unsere Welten..."
      Er sah sie an und erstaunte sich mehr und mehr daran, dass sie so erholt aussah, obgleich sie viele Prüfungen absolviert hatte. Und sicherlich würde Andvari sich freuen, wenn er sie sah. Oder würde er nicht? Sylvar war sich selbst unsicher, hatte sein Bruder doch alles daran gelegt, diese Frau zu retten und fortzubringen. Aber was wollte sie in einer Welt, die sie nicht mehr akzeptierte?
      Als sie so zeitig zustimmte, musste er lachen und legte eine langfingrife Hand auf ihre Schulter. Sie fühlte sich warm an, also aß sie genug und schlief. Gut. Sie würde jede Energie brauchen.
      "Sehr gut", bemerkte er. "Ich habe nichts anderes erwartet. Dennoch gibt es eine kleine Warnung auszusprechen."
      Er erhob sich langsam und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Den König ließ man besser nicht warten. Geschweige denn den Kerkermeister. Sylvar graute es vor dem Gedanken, aber es blieb nichts anderes, wenn sie ihn noch einmal sehen wollte.
      "Andvari ist bereits einige Wochen dort unten", begann er und seufzte. "Und ich fürchte, die Elfenkerker sind nicht ansatzweise mit der PRacht der Oberstadt vergleichbar. Sein Zustand wird schlecht sein. Sehr schlecht. VErmutlich nicht vergleichbar mit dem, den ihr bereits kennt. Nehmt es also bitte nicht persönlich, sofern er Euch nicht erkennen wird. Es liegt nicht an Euch oder Eurer räumlichen Trennung, sondern vielmehr an der Art des Umgangs..."

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    • Viola

      Tatsächlich blickte Viola mehr überrascht als wirklich erschrocken auf, als sich eine fremde Hand auf ihre Schulter legte.
      Die Worte sorgten nicht dafür, dass sich der Sturm in ihrem Inneren legte. Aber sie waren auch nichr dazu gedacht, sie zu beruhigen.
      Mit einem Nicken erhob sich die junge Frau von ihrem Platz an der Quelle und strich den Stoff ihres Kleides glatt, ehe sie Sylvar mit besorgter Miene aber zielstrebigen Schritten folgte. Nicht zum ersten Mal verspürte sie ein das stechende Gefühl der Schuld. Im Gegensatz zu Andvari befand sich Viola in einem Gefängnis aus weißem Stein und blühenden Gärten. Es wäre nur fair und gerecht gewesen, wenn sie ebenfalls in einer dunklen, modrigen Zelle verotten würde. Ihr Geist und Körper profitierte von der heilenden Umgebung und sie mochte sich kaum vorstellen, wie schlecht sein Zustand wirklich war.
      Obwohl es schmerzte, war sie dankbar für die ehrlichen und unverblümten Worte des Elfen, der schützend seine Hand über sie gehalten hatte.
      Verstehend neigte sie den Kopf und spürte das verräterische Brennen in ihren Augen, dass sie rasch fort blinzelte. Ein letztes Mal atmete Viola tief ein und straffte schließlich ihre Schultern, ehe sie fest entschlossen das Kinn hob. Innerlich wappnete sich die junge Frau für das Schlimmste. Viola trat an die Seite Sylvars und wog die nächsten Worte mit Bedacht ab.
      "Das spielt keine Rolle." Die Worte waren klar, aber nichr mehr wie ein Flüstern in der milden Abendbrise. "Alles, was ich will ist Andvari zu helfen. Es wäre eine glatte Lüge, wenn ich behaupten würde, dass der Gedanke mich nicht schmerzt. Aber was ich fühle, ist im Augenblick nicht von Bedeutung." Viola wählte die Worte nicht um sich Trost oder Verständnis zu erschleichen.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
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    • Sylvar

      Der Elf seufzte schwer und blickte sie an.
      "Bevor ich das Tor öffne...", begann er und seine Augen sprachen regelrecht vor Besorgnis. "Eure Gefühle sind sogar sehr von Bedeutung, ob Ihr wollt oder nicht. Gefühle sind die stärkste Quelle reinmagischer Energie, die Ihr jemals finden werdet. Andvaris Magie beispielsweise beruht, entgegen aller Kunde, die wir lehren, auf Gefühlen. Je stärker die Gefühle des Anwenders sind, umso mächtiger ist das Licht, das er hervorbringt."
      Er wanderte ein paar Schritte auf die Tür zu, die normalerweise zu den Schlafsälen der Akolythen führte. Eine schmale, kleine Holztür am Ende des Gartens. So unscheinbar, das man sie beinahe übersehen konnte. Und doch wirkte in ihr ein Zauber, der jeden fesselte, wenn man zu lange hinsah.
      "Andvaris Mutter", sagte der Elf und blieb plötzlich stehen. "Seine Mutter besaß ein seltenes Erbe. Sie vermochte, Licht hervorzubringen. Eine seltene Gabe, die sie an ihren Sohn weitergab. Und wo seine Mutter Licht sähen konnte, vermochte Andvari dieses sogar in feste Form zu zwingen und seinem Willen zu gehorchen. All dies steht den Prinzen des Königs nicht zur Verfügung. Und jeder, auch ich, neidete es ihm. Denn Licht ist die reinste Form der Magie, die wir hervorbringen können und es heißt, es geschähe nur alle 4.000 Jahre einmal. Zumeist wurden diese Elfen Könige, denn sie glichen Göttern, wenn sie es wollten. Andvari ist der Erste, der niemals auch nur Ambitionen auf den Thron hatte.
      Wir werden ihn daher nicht un schlechter Verfassung, sondern vermutlich auch dem Tode nahe sehen. Denn mein Bruder Faolan, die BÄume seien ihm gnädig, wird diese Magie so lange extrahieren wollen, bis er Andvari schlussendlich gebrochen hat. Ich brauche also all Eure Gefühle..."
      Anschließend lehnte er sich auf den Stab und seufzte nochmals.
      "Es tut mir Leid, dass ich Euch so missbrauchen muss..."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • "I would have come for you. And if I couldn't walk,
      I'd crawl to you. And no matter how broken we were,
      we'd fight or way out. Together.
      Because that's what we do. We never stop fighting."

      Viola

      Über ihr Gesicht huschte sowohl Verwirrung, als auch eine langsam keimende Erkenntnis. Etwas, eigentlich so klar und einfach, und dennoch hatte sich Viola willentlich davon abgewandt und die Augen davor verschlossen. Aber Gefühle waren nie simpel und leicht zu verstehen, auch nicht für ihren Träger. Sollten wirklich ihre Gefühle, die sie tief in ihrem Herzen hegte, der Schlüssel für ihren ungewöhnlich, raschen Fortschritt sein? Der Wunsch Andvari bei zu stehen, hatte sie über Wochen angetrieben, während sie sich mit den Lehren im Heiligtum vertraut gemacht hatte. Zwiespältige Emotionen erfüllten die grünen Augen. Verwirrung und Sorge mischten sich zu einem endlosen Sturm, in dessen stillen Auge die Wahrheit lag. Eine Erkenntnis, hervor gelockt durch die Worte Sylvars.
      Was sie fühlte ging über den Wunsch nach Verbundenheit hinaus. Es war mehr als nur ein tiefes Verständnis. Viola verzog die Lippen zu einer schmalen Linie. War sie so blind und taub gewesen, dass sie die Stimme ihre Herzens nicht vernommen hatte.
      "Ihr habt es die ganze Zeit gewusst." Dabei legte sie eine Hand über ihr Herz. Nicht, das ihre Worte nicht verräterisch genug gewesen waren, nur hatte sie bis jetzt gebraucht, um die Beudeutung ihrer eigenen Worte wahrlich zu verstehen.
      Viola blickte zu der Tür, die sich vor ihnen auftat. Bisher hatte sie dieser wenig Beachtung geschenkt, doch nun direkt vor ihr, spürte sie einnehmende Kraft, die davon ausging. Sie schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. Beinahe hätte sie verpasst, dass Sylvar erneut zu sprechen begonnen hatte. Bedächtig tippte sie sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen.
      "Lhoris hatte etwas in dieser Richtung angedeutet." Viola erinnerte sich an seine Worte. Aber es ergab keinen Sinn, wenn Andvari nicht den Wunsch verspürte, den Thron zu besteigen.
      Je länger der Magier an ihrer Seite sprach, umso blasser wurde die Heilerin um die Nase. Sie verschränkte die nervös zitternden Finger vor ihrer Brust.
      "Faolan...Andvari hat mich vor seinem jüngsten Bruder gewarnt. Versucht er wirklich die Kräfte zu rauben und für sich zu gewinnen? Ist sowas möglich?" Sie mochte sich nicht ausmalen, welchen Schmerz es bedeutete. Bilder des Schreckens formten sich vor ihrem geistigen Auge, eines schlimmer als das andere. Die Heilerin blickte nun mit schierer Verzweiflung, aber auch mit ungebrochener Entschlossenheit auf.
      "Es muss euch nicht leid tun, denn es gibt nichts, dass verziehen werden muss." Sie versuchte sich an einem zaghaften Lächeln, auch wenn ihr gerade nicht danach war.
      "Bitte...." Etwas Flehendes lag schwer in den Silben. "Ich muss ihn sehen."

      [Crooked Kingdom - Leigh Bardugo]
      “We all change, when you think about it.
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      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Sylvar und die zerbrochenen Teile

      Der Erzmagier neigte leicht den Kopf und lächelte sanft.
      "Ich habe gar nichts gewusst, meine Liebe", bestätigte er. "Aber manchmal spricht das Herz lauter als es sollte. Und manchmal schweigt es allzu sehr. Und beides ist nicht gesund für den Besitzer."
      Während seine Finger ein Muster in die Luft woben, bildeten sich kleine Lichtpartikel um seine Fingerspitzen. Es war, als schriebe er eine Formel in die Luft, die sich mehr und mehr entfaltete, je länger er flüsternd in einer unbekannten Sprache fortfuhr. Die Natur beugte sich nicht seinem Willen, sie veränderte zudem ihre Gesetze nur für das Wirken des Elfen, der mit seinen Händen auf die Tür des Schlafsaales zielte. Für eine Zeit konnten die Akolythen ohne ihn sein. Und Viola musste zu Andvari gebracht werden. Er wusste nicht, weshalb. Aber etwas in seinem Inneren schien ihm diesen Befehl zu geben.
      "Lhoris studierte bei mir", murmelte er währenddessen. "Ein paar Wochen lang. Der war ein talentierter, aber ungelehriger Schüler. Er las vielmehr in den alten Legenden und schien nicht wirklich an der Kunst interessiert. Aber besessen war er nur von Andvari und der göttlichen Blutlinie. Eine Schande, was ihm geschehen ist..."
      Schließlich, nachdem er die Bewegungen vollendet hatte, begann die Luft in einem konzentrischen Kreis um die Tür herum zu flirren. Das dahinterliegende Bild des Holzes verzerrte sich wie eine Wasseroberfläche, die von einem Stein getroffen wurde und kalte, muffige Luft drang urplötzlich in ihre Nasen. Als würde einem die Tür zum Kerker geöffnet.
      "Es ist nicht möglich, sich ein Bluterbe anzueignen", sagte der Erzmagier während er einen Schritt durch das Portal tat. "Die Magie steht im Blute geschrieben wie der eigene Tod. Aber das wird Faolan Herzfeuer nicht davon abhalten, seinem Halbbruder möglichst viele Schmerzen zuzufügen, nicht wahr? Wollen wir hoffen, dass er nicht zugegen ist. "
      Schweigend trat er vollends durch das Tor und fand sich in der nächsten Sekunde im königlichen Kerker wieder. Die Wände waren hier nicht mehr angenehm weiß, sondern kalt und grau. Die Steine waren grob zusammengehauen und an vielen stand die Feuchtigkeit der Jahrhunderte. Der Gang, den er betrat, wurde von beiden Seiten von Zellentüren gesäumt, die man kunstvoll geschmiedet und in die Decke gehauen hatte, verbunden mit Stein. Die Kunst der Elfen und Zwerge in einem Bauwerk. Die Kerkerwächter waren selbst bullige Kriegszwerge mit schwerer Plattenrüstung in der Farbe der Wände. Zwei von ihnen, ein grober Rothaariger Zwerg mit einem schweren Hammer in der Hand und ein kleinerer mit einem Kurzschwert, betraten den Gang ihnen gegenüber und schienen sie zu erwarten.
      Während sich Sylvar noch an die muffige Luft und den Geruch von Exkrementen und Blut gewöhnen musste, vermied er es, in die anderen Zellen zu sehen. Die Elfen behandelten ihre Gefangenen nicht gut. Und die Resultate wollte man nicht sehen...

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • "I have been in the land of Faerie for years
      and it is a place where mortal blood is turned to fire.
      It is a place of beauty and terror
      beyond what can be imagined here."


      Viola

      Zustimmend nickte Viola. Die Situation war schwer genug und sie wusste, nicht wie sie reagieren würde, wenn sie Andvari wiedersah. Die Anwesenheit Faolans oder jemand anderem außer Sylvar würde sie dazu zwingen, sich besser kontrollieren müssen.
      Schwere und mit modriger Feuchtigkeit gefüllte Luft schlug der Heilerin entgegen, als sie Sylvar durch das magische Portal folgte. Mit unsicheren Schritte trat sie hindurch und fühlte wie sich die Atmosphäre um sie herum veränderte. Es war das erste Mal, die sie mit einem von Sylvars Portalen reiste. Das warme Licht der Abendsonne, dass noch zuvor ihre Haut erwärmt hatte, nun vertrieben von der Kälte der Kerker. Fröstelnd rieb sie sich über die Arme und war sich dabei selbst nicht sicher, ob es wirklich an der kühle der Luft lag oder an dem Unbehagen, das stetig durch ihre Adern kroch.
      Trostlos und grau, eingekesselt von groben Stein, blieb sich dicht an der Seite des Magiers. Der erste Atemzug in den dunklen Gemäuern blieb er augenblicklich im Hals stecken. Selbst in den Lazaretten auf den Kriegsfeldern hatte es nicht so erbärmlich gestunken. Viola presste sich eine Hand über Mund und Nase, als von allen Seiten her der Geruch von Unrat sie einhüllte. Der metallische Geschmack von altem Blut beschwerte die Atemluft und legte sich klebrig auf die Zunge. Unverkennbar auch der süße Geruch von Verwesung. Der Heilerin wurde übel.
      Selbst der wunderliche Anblick des grobschlächtigen Zwerges bot nur eine kurze Ablenkung. Unter anderen Umständen hätte sie vermutlich einen genauren Blick riskiert. Die junge Frau hatte außer in Geschichten noch nie von Zwergen gehört, geschweige den Leibhaftigen gesehen. Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, kein sehr freundlicher Zeitgenosse.
      Sie wandte wider besseren Wissens den Blick zur Seite und erblickte eine schmutzige mit Blut verkrustete Hand, die sich an das Eisen klammerte. Ein mehrere Finger waren in erschreckenden Fingern verbogen. Sie war so hager, dass sie froh war den mitleidenwerten Besitzer im Schatten nich erkennen zu können.
      Die Heilerin zwang sich wegzusehen, auch wenn alles was sie in ihrem Leben gelernt, danach verlangte zu heilfen. Aber deswegen war sie nicht hier.

      [Lady Midnight - Cassandra Claire]
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

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    • I am a dwarf and I'm digging a hole. Diggy diggy hole. Diggy diggy Hole.
      Und Sylvar


      Die Zwerge traten zu dem ungleichen Gespann und blickten mit wettergegerbten Gesichtern hinauf. Für Sylvar war es nach all den Jahren noch immer ein innerliches Rätsel, wie es die Zwerge schafften, ihre HAutfarbe so diskret zu verändern, obgleich sie kaum Sonne sahen. Der grobschlächtige Zwerg, er kannte ihn unter dem Namen Karuz, trat hervor und blickte Viola feindselig an.
      "'N Mensch in meinem Knast?"
      "Ein Mensch, der als meine Begleitung fungiert, Herr Karuz. Wir kommen, um meinen Bruder zu besuchen", sagte Sylvar in ruhigem, aber deutlichen Ton.
      Karuz spuckte kurz aus und wischte sich durch seinen rötlichen Bart, ehe er geräuschvoll die Nase hochzog. Wahrlich kein geselliger Zeitgenosse, dachte Sylvar und lächelte unentwegt, während er sich auf den Stock stützte.
      "Dann kommt ma mit, nech?", brummte Karuz und wandte sich auf den Hacken um, die stöhnenden Gefangenen und die herauslugenden Hände mit den schrecklichen Wundmale ignorierend. Offenbar kannte er diese Gänge zu gut. Den Elfen hingegen stieß dies barbarische Verhalten mehr als alles andere ab. Er wandte nur kurz seine Blicke in die Zellen und versuchte, sich bei den Gerüchen nach Exkrementen, getrocknetem und altem Blut nicht zu übergeben. Augen, leerer als so mancher Zellentrakt, blickten ihnen hier und da entgegen und immer wieder lag darin der stumme Wunsch nach einem Ende des Grauens.
      Sie wanderten eine Weile unter dem Scheppern der Rüstung des Zwerges und dem gelegentlichen Stöhnen und Schreien hin und her, als sie schließlich einen Trakt erreichten, der nicht so bewohnt war.
      Als der ZWerg schließlich Halt machte, hatte Sylvar viel erwartet. Aber was er schließlich erblickte, ließ seine Augen sich weiten und seine Haut erbliechen.
      Der Zwerg öffnete nur die Zelle, um sich dann mit einem "Ihr habt 30 Minuten, wa?" zu entfernen.
      Doch dort in der Zelle lag kein Elf mehr.
      An die Wand gefesselt wie ein Tier hing Andvari an der Stirnseite der Zelle von den groben Steinziegeln herab. Sein Haar war geöffnet, auch der wertvolle Zopf von Lyra und hing schlaff und beinahe leblos herab. Blut tropfte frisch auf den Kerkerboden und hatte bereits eine Pfütze gebildet. Ansonsten hatte man den Elfen völlig entkleidet und offenbar einer Folter unterzogen, nachdem man ihn nackt und wie Schlachthausvieh aufgehangen hatte.
      "Bei den Bäumen...", flüsterte Sylvar und trat in die Zelle, in der es stechend nach Blut und anderen Dingen roch, die er nicht genauer erforschen wollte.
      Der Oberkörper des Elfen schien wie von einer Schneide zerschnitten worden zu sein und blutete aus unzähligen Öffnungen in blauen Strömen. Es war bereits zum Teil verkrustet, sodass er diese Qualen offenbar öfter über sich ergehen lassen musste. Seine Finger erschienen wund und nicht zum Körper gehörig, da sie tief in Blut getaucht waren. Aber irgendwo musste die magische Energie ja extrahiert werden.
      Als Sylvar näher trat, bemerkte er noch einen schwachen Atem an seiner Hand und eilig machte er sich daran, die Ketten zu lösen.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • "I can not let you go.
      I won't. Not now. Not ever."


      Viola

      Sicherlich hatte die Heilerin keine freundlichen Worte des Willkommens erwartet, aber die Feinseeligkeit, die ihr entgegen schlug, legte sich eisig auf ihre Schultern. Es kostete sie reichlich Mühe nicht eingeschüchtert den Blick zu senken. Und doch fokussierte sich der Blick der grünen Iren auf den grimmigen Zwerg. Zumindest blieb ihr so der weitere Anblick des Elends in den finsteren Zellen erspart.
      Mit jedem Schritt, die der Kerkermeister sie weiter in die modrige Dunkelheit führte, verlor Viola weiter den Überblick über die unzähligen Abzweigungen und Biegungen denen sie scheinbar folgten. Das wirre Geflecht aus Gängen und stinkenden Zellen erinnerte sie ein albtraumhaftes Labyrinth, in dem sie keines Falls verloren gehen wollte.
      Anscheinend hatten sie ihr ersehntes Ziel bereits erreicht. Viola konnte nicht einschätzen wie tief sie in den Bauch des Kerkers gelaufen waren, begleitet von geflüstertem Stöhnen und dem Betteln nach einem Ende des Leids. Mit einem hohen Quietschen, das in den Ohren klingelte, wurde eine Zellentür aufgestoßen, aus der ein ebenso furchtbarer Gestank entkam. Die junge Frau war davon überzeugt, dass sich der beißende Geruch sich bereits in jeder Pore der gemauerten Wände gefressen hatte.
      Kein Wort der Warnung hätte sie auf den grauenhaften Anblick vorbereiten können, der sich umgeben von bröckelndem Stein und schwerem Eisen ihren Augen bot. Blanker Horrer verzerrte das eh bereits leichenblasse Gesicht der Heilerin. Wie zur Salzsäule erstarrt, blieb sie am Eingang der Zelle zurück und blickte über Sylvars Schulter dem kläglichen Rest eines Mannes, den man wie ein Tier angekettet hatte. Als hätte sie unsichtbare Wurzeln geschlagen, hob sie auch die zweite Hand an ihr Gesicht und unterdrückte einen erschrockenen Laut, der ihr wie ein Stein in der Kehle stecken blieb. So viel Blut auf dem Boden, das es unzählige Eimer hätte füllen können. Sie zwang sich hinzusehen. Unter Dreck und dunklem Blut erkante sie kaum noch einen Fetzen sauberer Haut, selbst die verschlungen Tattowierungen waren in ihrer Form kaum noch zu erkennen.
      Sylvars Stimme riss sie aus ihrer Starre. Die geflüsterten Worte reichte aus, dass sich Viola in Bewegung setzte. Fast schon stolperte sie über eigenen Füße, als sie gegen die überwältigende Übelkeit kämpfte und helfend an die Seite des Magiers trat. Sie versuchte nicht daran zu denken, das der unsichere Halt ihrer Füße daher rührte, dass sie in einer Lache aus Andaris Blut stand. Der weiße Saum ihres Kleides sog sich bereits voll und verfärbte sich mit feinen, fast himmelblauen Ausläufern.
      Mit geschickten, aber zitternden Fingern machte sich Viola an der Fessel zu schaffen, die gerade nicht schon von Sylvar gelöst wurde. Schwer sackte ihr der Arm entgegen und die presste eine Handfläche gegen die Schulter Andvaris. Blut benetzte ihre Haut und sie wusste bereits jetzt, egal wie lange sie ihre Haut schrubben würde, sie würde das Gefühl von seinem Blut auf ihrer Haut nie wieder loswerden. Sie konnte das leblose Gewicht kaum allein tragen, aber sie vertraute auf Sylbar. Keiner von beiden würde den geschundenen Elfen fallen lassen.
      Viola konnte kaum das Gesicht Andvaris erkennen. Das Bild vor ihren Augen verschwamm und sie blinzelte heftig.Schlagartig wurde ihr bewusst, dass salzige Tränen über ihre Wangen strömten. Ungehinderte brannte sie in ihren Augen, verfingen sich in dem Fächerkranz ihrer Wimpern, ehe sie eine heiße Spur über ihr Gesicht zogen.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Sylvar und die Leiche

      Der Körper des Elfen lag schwer in den Händen der beiden Retter.
      Hätte man Andvari vor vielen Jahren gesehen, so würde man dies Gewicht nicht vermuten, aber vielleicht war es auch dem Umstand geschuldet, dass er sich nicht mehr halten konnte. Sachte ließ der Erzmagier mit Violas Hilfe den leblosen Körper auf den Boden sinken und sah sich um. Nichts, um seine Blöße zu bedecken...Aber was sollte es? Es gab wichtigeres als Nacktheit. Seine Finger fuhren über das verschorfte, geschwollene Gesicht und strichen die vom Blut verklebten Haare zurück. Doch in den Augen, die an die Decke sahen, war kein Leben mehr. Sie waren fortgeglitten in eine Zeit, in der er seinem Bruder nicht folgen konnte. Hastig blickte er zu Viola und bemerkte Tränenspuren auf ihrem Gesicht.
      Ehe er etwas dazu sagen konnte, bemerkte er selbst die salzige Flüssigkeit in seinen Mundwinkeln und tippte sich überrascht an die Wangen, die feucht glänzten und sich mit Andvaris Blut vermischten. Wie lange war es her, dass er geweint hatte? Vielleicht ein paar Jahrzehnte? Als Feanoré starb...Ja...Es musste um diese Zeit gewesen sein...
      Er fuhr mit der Hand wieder über sein Gesicht und verharrte auf der Brust. Ein schwacher Herzschlag. Faolan hatte also nicht das Äußerste gewählt. Dieser miese, kleine Folterknecht...Sylvar erhob sich rasant und blickte einer Fratze gleich in den Gang zurück. Der Zwerg, der sie heimlich beobachtet hatte, gefror regelrecht in seiner Bewegung und riss die Augen auf. Nie sah man solche Wut beim Erzmagier des Elfenvolkes. Das Ornament auf seiner Stirn begann grünlich zu leuchten während er sich erhob und vom Körper seines Bruders entfernte, der jetzt ruckartig zu atmen begann.
      "Bringt mich zu Faolan!", kommandierte der Erzmagier dem Zwerg zu, der sich erst noch winden wollte.
      "Dat kann ich wohl nich' machen, wa? Da haut mir der Könich eins auffe Omme, sachma..."
      Sylvar trat an den Zwerg heran und griff nach seinem kleinen Schuppenpanzer. Als sei er nichts wert und nichtswiegend, hob er diesen spielend auf seine Augenhöhe an und funkelte ihn bestiengleich ins Gesicht.
      "Wenn du deinen kleinen haarigen Hintern nicht gleich zumeinem Bruder schwingst, werde ich dich eigenhändig in eine Dimension verbannen, in der man Zwerge frühstückt! Haben wir usn verstanden???"
      "j-Ja...ja, verdammich noch eins!"
      Während er den Zwerg wieder hinab lies, blickte er zu Viola und Trauer zog über sein GEsicht.
      "Kümmert Euch bitte um ihn. Tut was ihr könnt, um die Wunden zu schließen. Und...Und seit ihm nicht böse...", flüsterte er.
      Andvari würde fantasieren. Er war sich sicher. Und nur die Götter würden wissen, was er sah.
      "Ich werde meinen Bruder aufsuchen und ihm den Scheitel mit dem Hammer ziehen."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Ohne Zögern ließ sich Viola in allerlei Unrat und bläulich schimmernden Blut nieder, während sie mit vereinten Kräften Andvari zu Boden sinken ließen. Grob gehauene Steine schürften über ihre Rücken, als sie daran herab sackte, und Andvaris lebloses Gewicht sie weiter gegen die kalte Steinmauer drückte. Umsichtig hatte sie sich hinter dem Gefangenen niedergelassen, seinen Rücken gegen ihren schmalen Oberkörper gelehnt. Der Kopf mit dem dreckig, weißen Haarschopf landete schwer auf ihrer Schulter. Die Heilerin versuchte den furchtbaren Gestank zu ignorieren, der ihre Nase füllte und blickte verzweifelt in leere Augen, während sie ihn an den Schultern aufrecht und mit Hilfe ihrer eigenen Haltung aufrecht hielt.
      Es beruhigte sie keineswegs, als sie die Tränen auf Sylvars Gesicht erblickte. Folglich nahm der schier endlose Strom ihrer eigenen Trauer nur noch mehr zu. Nichts war wichtig, nicht der benebelnde Gestank, nicht seine Nacktheit noch Schmutz oder Blut, das nun an ihr klebte. Viola blickte zu Sylvar auf und wollte ihm schon nach rufen. Lasst mich nicht allein, wollte sie flehen, da richtete sich der Magier zu seinen vollen Größe auf und schien den Zwerg in die Mangel zu nehmen. Schwerfällig nickte die junge Frau und richtete wieder ihren Blick nach unten.
      "Ich weiß nicht, was ich tun soll..." Wisperte sie mit erstickter Stimme und strich nun ihrerseits das verschwitzte, dreckige Haar aus der Stirn Andvaris. Er fühlte sich eiskalt unter ihren Fingerspitzen an. Sämtliche Erfahrung und Ruhe, die eine Heilerin im Ernstfall besitzen sollte, glitt ihr wie Sand durch die Finger. Allein in der Dunkelheit der Zelle, mit nichts anderem erfüllt, als den flachen Atemzügen, entkam ihr ein Schluchzen.
      Dumpf drangen Sylvars Worte an ihre Ohren, sie konnte schweigend nicken und wandte nicht eine Sekunde den Blick von den Mann in ihren Armen ab. Die Atmung war zu nun viel zu schnell, als ein Ruck durch seine Brust ging. Fieberhaft versuchte sie ihre Nerven einzufangen. Panik war das Letzte, das sie nun gebrauchen konnte.
      Viola ließ den Blick durch die Zelle schweifen. Bisher hatte sie immer eine Wasserquelle gebraucht, um ihre bereits erlernten Heilfähigkeiten zu nutzen. Es half ihr den Energiefluss zu bündeln. Wie ein Medium stellte es die Verbindung her, leitete ihre Kraft wie ein fließender Bach.
      Tränen rannen über Kinn hinab und tropften auf die nackte Schulter des Elfen. Viola nahm einen zitternden Atemzug. Natürlich, sie hatte eine Quelle, wenn auch so gerring. Mit blutbefleckten Fingerspitzen nahm sie die salzigen Perlen von ihrer Haut auf, die rannen träge über ihre Finger. Eine bebende Hand presste sie über sein Herz auf seine Brust.
      Viola senkte die Augenlider und zwang sich ruhig zu bleiben. Es dauerte schier endlose Minuten bis unter ihren Fingern ein schwaches, bläuliches Leuchten zu sehen war, dass scheinbar direkt durch Haut und Muskeln drang. Ihre Tränen sickerten in die geschundene Haut, wie der Regen in aufgewühlte Erde. Instinktiv ertasteten ihre Sinne die unzähligen Schnitte und regten mit ihrer eigenen Lebenskraft das Gewebe an, sich von Innen heraus zu schließen. Träge stoppten die Blutungen, Muskelfasern und Haut reparierten sich. Jemand mit mehr Erfahrung wäre schneller und effizienter gewesen, aber Viola spürte schon nach kurzer Zeit das Pochen hinter ihrer Stirn. Schweißperlen perlten über ihre Schläfen.
      Immernoch nahm der Fluss ihrer Tränen kein Ende und sie presste ihre Wange gegen das stumpfe, weiße Haar.
      "Bleib bei mir..." Wisperte sie flehentlich bittend an seine Schläfe.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Andvari a.k.a. Frankensteins Monster

      Dunkelheit und Schatten.
      Als die Schmerzen nach so langen Tagen der unendlichen Qualen schließlich verebbten und sich sein Geist zu den Gefilden aufzumachen schien, brachte es nicht die Erlösung, die Andvari für sich gehofft hatte. Im Gegenteil. Sie hängten ihn auf wie Vieh, das man zum Ausbluten auf die Prachtstraße hing. Und doch blieben seine Gedanaken lebendig, während man ihn folterte und quälte. Aber dann würde es still.
      Still und schön.
      Beruhigend, wie schwer der eigene Körper wurde die Wärme, die nach der beiernden Kälte hereinbrach, nachdem sie ihn auszogen und aufschnitten wie einen Schweinebraten. Und seine Magie etnzogen. Er erinnerte sich schwach daran, wie Faolan ihn quälte, ihm Nadeln in den Körper stach und schließlich seine Energie entzog. Das Licht, das ihn so viele Jahre gewärmt hatte, war fort und hinterließ Finsternis und Kälte, die ihn zusehends umbrachte.
      Bis ihn Wärme erfasste.
      Eine durchdringende und beinahe unwirkliche Wärme, die sich so irreal anfühlte, dass er schon dachte in das jenseitige Leben gerutscht zu sein. Seine Ohren vernahmen gedämpfte Stimmen. So unwirklich, dass sie wie das Flüstern von Göttern klangen, die an seinem Verstand kratzten.
      Doch dann brannte sich diese Wärme in seinen Körper ein, erfüllte ihn und ließ ihn aufatmen. Seine Lungen füllten sich mit kalter, modriger und stinkender Luft, aber letztlich funktionierten sie. Das Herz des Elfen begann wieder regelmäßiger und stärker zu pumpen als vorher und ließ die Wärme, die vormals nur in seinem Rumpf zu sein schien, durch sein gesamtes Gliedertum fließen. Als habe man sein Blut in flüssige Lava getaucht.
      Als Andvari die Augen öffnete sah er nichts bis auf Röte.
      Rotes, gleißendes Haar, das über seinem Gesicht lag und wunderbar frisch roch. Es brauchte nicht einmal Duft oder dergleichen. Und selbst wenn es nach Schweiß riechen würde, so würde er es doch begierig einsaugen wie den Nektar der Götter. Aber wer...
      "Fea...No..."
      Seine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen, als er seine Hand langsam hob und an die Wange drückte, die sich an seine Stirn presste. Sie war weich und wunderschön. Als sei es das Gefühl, das er am meisten benötigte, jetzt in dieser Situation. Und ehe er wusste, was er tat suchte sein Mund diesen anderen Mund an seiner Stirn.
      Und wenn es nur eine Sekunde war, aber er wollte die Lippen seiner Frau noch einmal spüren, ehe er aus diesem Traum erwachte. Und es wirkte alles so real...So wunderbar real...
      War das das jenseitige Leben?

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • "There was a sudden pain in my chest
      that felt as if someone had shoved a dagger through me.
      I looked down because it felt too real.
      But there was no blade, no bloody wound that
      equaled the agony radiating through me."


      Viola

      Unter ihren Fingerspitzen erwachte das geschwächte Herz zu neuem Leben. Zurück war das stetige und kraftvolle Schlagen, dessen Winderhall durch ihre Hand und ihre Arm in ihren eigenen Körper zurück floss. Eine Welle der Erleichterun brach über ihrem Kopf zusammen, als Wärme in den schweren Körper in ihren Armen zurückkehrte. Unter gleichmäßigen Atemzügen presste sich sein Rücken gegen ihren Brustkorb, näher an ihr eigenes Herz, dessen Rythmus sich Andvaris anglich. Kurz stockte es in ihrer Brust, bis es gänzlich im selben Takt schlug. Sie lauschte dem Rauschen des Blutes in seinen Adern, dass nun wieder schneller und zielgerichteter durch seine Gliedmaßen floss und die Taubheit vertrieb. Organe und Muskeln nahmen ihre Aufgaben wieder auf, als neue Lebenskraft in heilenden Wellen durch sie strömte. Viola seufzte schwer in das schmutzige Haar, vor Anstrengung und Erleichterung. Wie Sylvar es erklärt hatte, floss all ihre Sorge, ihre Angst und ihre gänzliche Zuneigung in den geschundenen Körper. Jede Emotion näherte ihre Kraft, entfachte den ungebändigten Wunsch, dem Leiden ein Ende zu machen. Erst als die Ränder der Welt vor ihren Augen langsam finster wurden und das Bewusstsein ihr zu entgleiten drohte, ließ sie ab.
      Schwer atmend wagte Viola einen blick hinab und sah durch halbgeschlossene Augen, dass die Schnitte sich tatsächlich zu einem Großteil geschlossenen hatten. Kein lebensspendendes Blut floss mehr auf den kalten Steinboden. Zurück blieben zarte, blassrosa Linien, die ebenfalls mit genügend Zeit verblassen würde. Eine Nachwirkung ihrer eigenen Lebenkraft, die noch eine Weile heilend durch seine Adern fließen würde, bis sie irgendwann verklang. Die Finger jener Hand, die auf seinem Herzen lagen, fühlten sich taub an, als das sanfte Leuchten bereits erloschen war. Sie konnte ihn nicht hier lassen. Viola würde wie eine Löwein darum kämpfen, damit ihre Mühen nicht vergebens waren, sondern nur dem Zweck dienten ihm weiteres Leid zuzufügen.
      Ein Name, so leise wie das Wispern einer Brise, drang an ihr Ohr und es wäre eine glatte Lüge, wenn sie den schmerzlichen Stich abstreiten würde, den sie tief in ihrem Herzen spürte. Aber Sylvar hatte sie gewarnt. Und wieder betrog sie ihr eigener Körper, als sie ihre Wange in die raue Handfläche schmiegte, ungeachtet des Blutes, dass an ihnen haftete. Jene Augen erblickte nicht sie, sondern jemanden anderen. Und Viola spürte, wie sehr er diese Frau liebte. Frische Tränen liefen über ihre Wangen. Für sich selbst, für Andvari und seinen Verlust. Für die Schmerzen und all das Leid, das er erdulden musste.
      Der Atem stockte verkrampft in ihren Lungen, als spröde Lippen sich suchend auf ihre drückte. Ihr verräterisches Herz drohte aus ihren Rippen zu entspringen. Die Gewissheit quälte Viola, dass der Mann in ihren Armen, nicht sie sah. Eine tiefe Trauer umhüllte ihr pochendes Herz. Eine nie geahnte Qual, die mit nichts zu vergleichen, war das je in ihrem Leben gespürt hatte. Und dennoch neigte sie den Kopf ein wenig, ließ ihm die Illusion, die ihm offensichtlich einen winzigen Hauch Frieden brachte. Später blieb genug Zeit um sich dafür zu schämen.
      Der Verstand setzte ein und die Heilerin hob das Kinn, entzog sich dem Kuss, der nicht ihr galt sondern der Erinnerung einer Frau, die nicht länger war. Erneut glitten die Finger ihrer freien Hand durch sein Haar, liebevoll und beruhigend.
      Blinzelnd, mit brennenden Augen, blickte Viola zur geöffneten Zellentür. Wo blieb Sylvar? Sie mussten Andvari fortbringen. Jetzt.
      Sie ertrug den Gedanken ihn hier zu lasen, nicht eine Sekunde länger. Viola schmeckte noch immer Blut an ihren Lippen, sein Blut, als sie einen zarten Kuss auf seinen Scheitel hauchte.
      "Wir holen dich hier raus." Wisperte sie. "Wir bringen dich hier weg. Es tur mir so leid." Der düstere Gedanke Andvari falsche Hoffnungen zu machen stach in ihrem Hinterkopf. Aber sie wusste, sie würde nicht freiwillig von seiner Seite weichen.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

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