The Lesser Evil (Winterhauch & NicolasDarkwood)

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Elfen u Co KG

      Lhoris nickte bei ihrer Erzählung stach mit einem Stecken ins Feuer, um die Glut zu wenden und Sauerstoff zuzuführen.
      "Das ist wahr", bestätigte er. "Offenbar ein gütiger Mann. Es ist nicht selbstverständlich, Waisenkinder aufzunehmen und wie die Eignen aufzuziehen..."
      Der Blick des Elfen veränderte sich zu einem wehmütigen Seufzen, das man beinahe hören konnte, obgleich es niemand aussprach. Nur wenige kannten den Grund dahinter und Andvari war einer der wenigen, die das Geheimnis von Lhoris' Herkunft kannten. Als sie über die gemeinsame Flucht sprach, musste Lhoris erneut lächeln und lehnte sich auf einen Arm zurück, um ein wenig den Rücken zu entlasten. Die Eisenrüstung um seinen Brustkorb knirschte dabei ekelhaft und mit jedem Atemzug rasselte das Geräusch übereinander lappender Platten durch den Wald.
      "Er hätte Euch nicht zurücklassen können", murmelte er beinahe gedankenverloren und sah Viola dann direkt an. "Andvari ist vielleicht ein Rohling, angesichts seines Äußeren, aber versessen auf den Ehrenkodex unseres Volkes. Andvari ist Euch aufgrund der Blutschuld zugetan und dieser Schutz ermöglicht es ihm nicht, Euch zurückzulassen in Situationen, die Euch Euer Leben kosten. So wirr es klingen mag, aber eine Blutschuld ist gewaltig in unseren Augen. Auch wenn Ihr keinen Dank wollt, so ist er Euch gewiss..."
      Lhoris sah erstaunt auf, als sie plötzlich aufstand und ihm den grünen Beutel wieder in die Hand drückte. Er wog ihn eine Sekunde in der Hand und befestigte ihn an seinem Gürtel.
      "Habt Dank. Mein Name ist Lhoris. Und das dort hinten ist Nuala", sagte er und blickte sie anschließend nickend an. "Euer Plan ist gut. Ich denke auch, dass es unklug wäre, direkt zu Eurem Tross zurückzukehren. Und ich würde Euch sehr ungern auf dem Schlachtfeld begegnen..."
      Zumal es ihn den Kopf kosten würde, wenn er ihr etwas antäte und Andvari es erfuhr.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Eine Blutschuld. Bedächtig lauschte sie den Worten des Elfen. Also verschonte er sie, weil sie sein Leben gerettet hatte. Vielleicht war sie am Ende doch naiver als sie gedacht hatte. Klarheit schimmerte in den tiefgrünen Augen. Es gab noch mehr hinter den Worten des schwarzhaarigen Elfen, aber sie war nicht in der Position zu fragen. Viola stand es nicht zu. Verstehend nickte sie und kehrte an ihren Platz auf der anderen Seite des Feuers zurück. Sie durfte nicht vergessen, was Lhoris noch Minuten zuvor gesagt hatte. Sie waren immer noch Feinde. Dieser gezwungene Waffenstillstand währte nicht ewig.
      Die Heilerin setzte sich nicht, sondern blickte er wachsam in Richtung Nuala und ließ dann Blick weiter über die Lichtung streifen. Ihre Gedanken schienen weit weg zu sein, als sie noch einmal das Wort an Lhrois richtete. "Es gibt schlimmere Schicksale, als den Tod." Damit zog sie den Mantel ein wenig enger um sich und entfernte sich mit knirschenden Schritten vom Feuer. Obwohl sie müde war und ruhen sollte, brauchte sie ein paar Minuten für sich. Viola achtete aber darauf in Sichtweite zu bleiben. Sie wollte nicht den Eindruck wecken, dass sie davon laufen wollte. Die Bewegung half den vom langen Ritt steifen Gliedern. Unter der kühlen Schönheit des Schnees ruhte die Natur und vielleicht gab es doch etwas Hilfreiches zu finden.
      Leicht ging sie in die Hocke und schob behutsam den Schnee bei Seite. Unter der weißen Decke verbargen sich junge, zarte Pflanze, geschützt vor Frost und Wind. Mit spitzen Fingern zupfte sie ein paar der Blätter ab und roch daran. Nicht das was sie suchte. Seufzend stand sie auf und setzte ihren Weg fort. Im Hintergrund lauschte sie dem stetigen Knistern des Feuers und dem Schnauben und Hufscharren der Pferde. Vor einer hochgewachsenen Eiche blieb sie stehen. Der Baum musste hunderte von Jahren alt sein. Mehrere Männer zusammen würden den gewaltigen Stamm nicht umgreifen können. Wie viel er wohl gesehen hatte in seinem langen Leben. Ein zartes Lächeln ruhte dabei auf ihren Lippen, als sie die Hand gegen die furchige Rinde legte. Ein paar Zentimeter von ihrer Hand entfernt entdeckte sie einen tiefen Riss in der Borke. Die Spuren eines lang vergessenen Blitzes, der die Rinde durchbrochen hatte. Und doch stand der Baum noch und reckte sich gen Himmel.
      "Was für Geschichten du erzählen könntest..."Flüsterte sie in die Nacht hinaus und ließ ihren Blick zu den Wurzeln gleiten, die sich durch das Erdreich an die Oberfläche gegraben hatten. Etwas funkelte in ihren Augen, als sie sich zu einer der Wurzeln beugte und in deren gewölbten Schatten frisches Moos entdeckte. Geschützt durch die rießige Eichen, wuchsen neben dem Moos auch andere Pflanzen unter den Wurzeln. Zarte Kamillepflänzchen, in ihrer Wirkung nicht so stark, wie eine ausgewachsene Pflanze, aber durchaus brauchbar. Das einzig brauchbare, dass sie vermutlich bei diesem Wetter finden würde. Sie zupfte ein paar der krautigen Stengel aus der Erde.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Elfen helfen TM

      Lhoris betrachtete die junge Heilerin für einen Moment und nickte.
      "Da habt Ihr Recht...", flüsterte er und bemerkte aus einem Augenwinkel, wie sich Viola langsam vom Feuer entfernen wollte.
      Für eine Sekunde regte sich in seinem misstrauischen Verstand der Drang, aufzuspringen und sie als Gefangene derart zu beahndeln, wie es sich geziemen sollte. Doch dann fiel sein Blick wieder auf die korrekt angelegte Schlinge und er atmete aus.
      Nuala indes schickte sich an, sich aus ihrer Hocke zu erheben und die Hand zum Schwert zu führen.
      "He.."
      Lhoris brachte sie mit einer kurzen Geste zum Schweigen, während seine Augen ihr folgten. Nuala trat an das Feuer und wärmte kurz ihre Hände, ehe sie sich an Andvaris Seite niederließ.
      "Bist du ihr jetzt auch verfallen?", giftete sie und strich mit ihrer Hand zart über Andvaris Wangen. Sie sahen so eingefallen aus...Es war schrecklich, den Sohn des Königs derart verfallen zu sehen. Diese schrecklichen Narben...
      "Ich verfalle Niemandem, Nuala."
      "Und dennoch lässt du sie leben und den Prinzen behandeln!"
      "Er ist kein Prinz, das hat er selbst gesagt. Und sie hilft ihm nicht nur...Da ist mehr."
      "Mehr? Was soll da mehr sein?", fragte sie und spuckte auf den Boden aus. "Menschen haben keine Gefühlswelt die über das MAß eines Teelöffels reichte. Hast du ihre Lyrik gesehen?"
      Lhoris blickte sie von der Seite an und grinste spöttisch.
      "Du würdest Lyrik nicht einmal erkennen, wenn sie dir mit dem Gesäß voran ins Gesicht spränge."
      "Du!", Nuala gab einen Zischlaut von sich, der Lhoris zum Kichern brachte. "Was soll da mehr sein??"
      Der Elf schüttelte den kopf und blickte der jungen Frau hintehrer, die jetzt niederkniete, um offen Pflanzen zu pflücken? Was gab es in dieser Winterkälte, dass sich des Pflückens lohnte? Andvari hätte es ihnen sagen können, aber die Ratlosigkeit machte isch auch in dem Verstand des Offiziers breit.
      "Ich weiß es nicht...", murmelte er. "Ich glaube, Andvari hat etwas in ihr gesehen, was wir nicht sehen...Aber was es ist, weiß ich nicht.Nur habe ich noch nie einen Menschen gesehen, der derart zärtlich einen Elfen berührt..."
      Nuala gab einen spöttischen TOn von sich und blickte beleidigt in Andvaris schlafendes Gesicht.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Schützend formte sie die Hände um die zarten, grünen Triebe, die sie mit aller Vorsicht gepflückt hatte. Als sie das Gesicht zu ihren Händen neigte, erfüllte der beruhigende Duft ihre Nase und sie erinnerte sich an Zuhause. Ihre Mutter hatte immer Tee daraus zubereitet, wenn jemand aus der Familie krank gewesen war. Sie dachte an das kleine Bauernhäuschen umgeben von blühenden Feldern und dem scharrenden Geräusch der Hühner im Hof. Ein friedliches Leben bis der Krieg auch sie eingeholt hatte. Eine Weile harrte Viola unter der mächtigen Eiche aus und hielt sich vom Feuer fern. Erst als die Kälte beinahe nicht mehr erträglich war, verließ sie den Schutz der Eiche.
      So lange wie sie konnte, zögerte sie ihre Schritte hinaus. Gedämpfte Stimmen drangen durch den Schnee an ihre Ohren und sie bemerkte, das Nuala sich von ihrem Platz entfernt hatte. Ehrlich gesagt, war die blonde Elfe furchteinflößender als die beiden Männer. Zögernd biss sie sich auf die Unterlippe und änderte kurzer Hand die Richtung. Der Weg führte sie zu den Pferden, die in der Nähe den Schnee aufscharrten um an das kahle Gras zu gelangen. Irgendwo in den Satteltaschen musste sich doch etwas Brauchbares finden. Sorgsam öffnete sie die Taschen des Wallachs. Tatsächlich, endlich schien ihr das Glück gewogen zu sein. Andvari hatte im Stall ausgerechnet nach ihrem Sattel gegriffen. In einer kleinen, eingenähten Tasche fand sie einen kleinen ledernen Beutel in dem sich für den Notfall Phiolen, ein kleines Messer und Nähzeug verbarg. Das Nähzeug stopfte sie zurück in die Satteltasche. Die krautigen Triebe der Kamille verwahrte sie sicher in einer der Glasphiole, die sie fest verkorkte.
      Viola nutzte den Augenblick und tätschelte den Hals des Wallachs, und lehnte ihre Stirn gegen das warme Fell. Unter ihren Händen spürte sie die beruhigenden Kräftigen Atemzüge. Sie konnte sich nicht ewig zwischen den Pferden verstecken und so seufzte die leise, band das Gefundene an den Gürtel ihren Kleides und machte sich auf den Weg zurück. Im sicheren Abstand zu Nuala ließ sie sich etwas abseits am Feuer nieder. Nur in ihren Fingern hielt sie die Glasphiole, in der sich das Licht des Feuers spiegelte. Schweigend blickte sie von den Kräutern zu Andvari herüber, über den nun Nuala wachte. Sie würde nicht versuchen, sich zu nähern. Sie war nicht lebensmüde. Und so lange der verletzte Elf ruhig schlief, war sie einigermaßen beruhigt. Nur die Entzündung der Bauchwunde sorgte dafür, dass sie die Phiole mit den Fingern umklammerte. Sie hatte kein Fieber gespührt, so lange war er außer Gefahr. Viola hatte das Gefühl um Erlaubnis bitten zu müssen. "Lhoris?" Ihre Stimme barg eine gewisse Unsicherheit. "Ich würde mir gerne die alten Verletzungen ansehen."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()

    • Die Elfen


      Nuala blickte die Heilerin mit unverhohlenem Hass an, während ihre Hand noch immer auf Andvaris Brust lag. Es machte auch nicht den Anschein, als dass die blonde Elfin ihre Hand dort fortnehmen würde, sofern man sie ihr nicht gewaltsam nahm.
      Das Feuer knisterte noch immer in der Dunkelheit, während Lhoris eine Augenbraue hob, um sich Violas Habseligkeiten anzusehen, die sie zum Feier mitbrachte.
      Es waren Kräuter. Wo auch immer sie diese gefunden hatten, es waren lediglich Kräuter und keinen Aufstand wert. Freilich hatte der Elf Viola auch während ihres Streifzuges nicht aus dem Auge gelassen und sanft beobachtete, wie sie die Pferde liebkoste. Oder mehr, nur das eine. Als sie sich abseits von ihnen und vor allem im Abstand zu Nuala setzte, blickte Lhoris die Elfin finster an.
      Es musste keine Feindseligkeit herrschen, solange sie seinen Herrn rettete.
      Nuala“, sprach er sie an. „Würdest du nach den Pferden sehen und ein wenig Ausschau halten, ehe wir weiterziehen?“
      „Ich möchte hier bleiben und dieses Weib…“
      „Nuala!“
      Lhoris Stimmlage und Blick ließen beinahe keinen Widerspruch mehr zu, sodass sich die Elfe mit einem missbilligendem Laut erhob und wütend in Richtung der Pferde stapfte.
      Lhoris sah indes Viola und wies auf ihre Hände.
      „Was habt Ihr da?“, fragte er – nun wieder in der menschlichen Sprache. „Andvari gehört ganz Euch.“
      Er wies mit der Hand auf den bleichen Körper des Elfen, den sie mit Umhängen und Decken warm hielten. Doch irgendwann würde es keinen Schutz mehr gegen die Kälte geben. Sie mussten weiter und noch vor Tagesanbruch über die Bergkette geritten sein.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Und so verspürte sie erneut ein schlechtes Gewissen, als die blonde Elfin von der Seite Andvaris verscheucht wurde. Es war nicht Violas Absicht, der Elfe, so feindseelig sie auch war, Kummer zu bereiten. Was sie nachvollziehen konnte, war der Wunsch über den Elf zu wachen. Mit einem gedehnten Seufzen erhob sie sich und klopfte den Schnee aus ihren Röcken. Kurz blickte sie der Elfin nach. Wenn das so weiterging, verlor sie ihren Kopf schneller als ihr lieb war.
      Bei Andvari angekommen sah sie erneut zu Lhoris, nachdem sie sich wieder in den Schnee kniete. Vorsichtig, die stechenden Blicke Nualas im Nacken spürend, zupfte sie die Decken bei Seite bis sie einen vernünftigen Blick auf die überraschend schnellverheilenden Einstiche der Speere werfen konnte. Innerlich entschuldige sie ich dafür, die kalte Luft in den schützenden Kokon aus Mantel und Decken zu lassen.
      "Kamille. Meine Mutter hat daraus früher einen Sud aufgesetzt, wenn wir krank waren. Es ist nicht viel, die Pflanzen sind zu jung. Aber es ist alles, was ich finden konnte." Ihr Blick glitt über die sauber gestickten Nähte. Helenas Naht über seine Brust war ebenso tadellos genäht, wie ihre eigene und schien in einem guten Zustand. Wenn auch leicht gerötet. Die Heilerin blickte nun wieder zu dem schwarzhaarigen Elf, der jede ihrer Bewegungen mit Argusaugen beobachtete. "Solange er noch schläft, sollten wir die Nähte entfernen." In zwei bis drei Tagen wäre es eh unvermeidbar gewesen, aber so konnte sie es wenigstens noch selbst tun. Prüfend sah sie zu Lhoris und zog das kleine, gebogene Messer aus ihrer Tasche. Sie erwartete bereits, das Nuala hinter ihr stand, als sie die lächerlich, kleine Klinge zog. Das Messer war nicht zum Kampf gedacht, es war ein Arbeitsinstrument.
      Mit geschickten, schnellen Schritten durchtrennte sie die Fäden auf Andvaris Brust und zupfte die dünnen Stränge aus der Haut. Die Einstiche der Nadel würden bald vrschwunden sein. Dasselbe wiederholte sie bei der größeren Bauchwunde. Der Anblick erinnerte sie daran, dass der Speerhieb auch hätte fatal enden können. Es gab keine Knochen, die hier schützend um das Innere lagen. Die Wundränder waren hier etwas dunkler gerötet und fühlten sich warm unter ihren Fingerspitzen, aber in besserem Zustand als Viola gedacht hatte. Sie steckte das Messer zurück und öffnete die Phiole. Der Geruch war schwach, ein Zeichen, dass sie zarten Pflänzchen kaum ihre vollw Wirkung entfalten könnente.
      Zwischen den Fingern zerrieb sie die krautigen Triebe und rieb den entstandenen Pflanzenbrei über die geröteten Narbe. "Es nicht viel und ich weiß nicht, ob es hilft. Aber mit etwas Glück unterstützt es die Heilung. Ich habe bisher nur Tee daraus gefertigt."
      Viola neigte sich ein wenig über Andavri. Flüchtig schob sie das rote Haar zurück, damit es ihr nicht im Weg war, aber ein paar Strähnen entkamen immer wieder über ihre Schulter. Selbst im Schlaf erkannte Viola die Anspannung in seinen Zügen. Sie senkte den Blick von seinem schlafenden Gesicht auf seine vernarbte Brust und zerdrückte die letzten Pflänzchen zwischen ihren Fingern. Mit den Fingerspitzen fuhr die das vernarbte, schorfige Gewebe nach. Darunter spürte sie einen kräftigen, gleichmäßigen Herzschlag.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Die Elfen




      Lhoris nickte und beobachtete jeden ihrer Handgriffe aufs Genaueste. Es war nicht Misstrauen, das seinen Blick band, sondern vielmehr die Fingerfertigkeit der jungen Frau, die so sicher im Umgang mit all diesen Kräutern und Pflanzen wirkte. Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, während er kurz nach Nuala sah. Diese stand noch immer bei den Pferden und wirkte beleidigt. Er konnte ihre Stimmung noch immer lesen, selbst nach all diesen Jahren, die sie bereits miteinander geteilt hatten.
      Er stocherte noch einmal in der Glut, während Andvaris Körper sich leicht zu regen begann, als die Schnüre aus seinem Leib gezogen wurden. Sein Meister gab keinen Laut von sich, aber zumindest ein dumpfes Atmen glaubte Lhoris hören zu können.
      „Kamille..“, murmelte er. „Es wächst in den Landen der Elfen nicht. Vieles wächst dort nicht mehr richtig…“
      Es schien mehr eine Unterhaltung für den Elfen ganz allein, doch war sie gut vernehmlich. Sein Kopf senkte sich kurz, übermannte ihn doch die Müdigkeit nach den vielen Tagen der Reise.
      „Es wird bereits genug sein, wenn Ihr es nur versucht“, sagte Lhoris, während Nuala wieder zu ihnen stieß.
      Etwas an ihr ließ den Elfen zu ihr hinaufblicken und die Wachsamkeit ihrer Augen erschreckte ihn ein wenig. In derselben Sekunde fuhr sein Kopf herum und suchte in der dunklen Winternacht nach Spuren von Eindringlingen.
      „Ich sah einen Spähtrupp der Menschen“, flüsterte Nuala und wies mit ihrem Kinn auf das westliche Ende des Waldes.
      Doch nichts zeichnete sich in der bleischwarzen Nacht des Tales ab. Kein Geräusch, kein Leib, der den Schneefall bremste und abfälschte. Lhoris blickte noch kurz in diese Richtung und nickte dann.
      „Geh hinaus und sieh nach, ob sie Kurs auf uns nehmen“, flüsterte er, während er zu Viola sah. „Ich bereue es, Euch zu drängen, Heilerin Viola. Aber bitte vollendet Euer Werk, wir müssen den Herrn aufwecken und reiten.“
      Nuala verschwand indes in den Schneewehen des aufgewirbelten Unterholzes und verschmolz geradezu mit der Dunkelheit der Nacht, ehe sie weiterzog und nur ein leises Rascheln der Blätter sie zu verraten wusste.
      Sacht fuhr eines der silberblauen Schwerter in seine Hand und der Blick des Elfen zu den Pferden, die ebenfalls zur Ruhe gebracht werden mussten.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Ein schmales, aber ehrliches Lächeln ruhte auf ihren Lippen. Lhoris Worte beruhigten sie ein wenig, seine Stimme ruhig und stetig. Vielleicht war es nicht viel, das Viola ohne ihre Habseligkeiten ausrichten konnte, aber vielleicht machte es am Ende einen Unterschied. Sie würde es wahrscheinlich nicht mehr selbst sehen können.
      Es war Nuala und obwohl die Worte für die Heilerin immern noch fremd und unverständlich waren, erkannte Viola das wachsame Funkeln in ihren Augen. Etwas ging vor sich, blieb ihr aber verborgen bis Lhoris sich erneut an sie wandte. Alarmiert zog Heilerin die Augenbrauen zusammen, aber sie zögerte nicht. Der Abschied stand kurz bevor. Ein Gedanke, der sich seltsam schmerzhaft in ihre Brust bohrte. Ohne Zweifel war man ihnen auf den Fersen, anders konnte sie sich die plötzliche Eile nicht erklären. Die Ungewissheit, ob man sie nun hier zurückließ, nagte an ihrem Verstand. Jedenfalls würde sie so gefunden werden und nicht jämmerlich erfrieren. Es konnte Stunden dauern, den Weg zur eingeschneiten Straße zurück zufinden. Aber Viola setzte eine tapfere Miene auf.
      Verstehend nickte Viola und ließ die nun leere Phiole wieder verschwinden, die Finger wischte sie notdürftig an ihren Rücken ab, bis sie wieder sauber waren. Umsichtig zupfte sie die Decke um Andvaris Schulter zurecht und hielt kurz inne, während Nuala im verschneiten Unterholz verschwand.
      Jedes Mal wenn Nuala sich entfernte, hatte sie das Gefühl etwas besser atmen zu können. Etwas aufrechter nun blickte sie noch einmal in das schlafende Gesicht des Elfen und bereute fast, dass sie ihn in seiner Ruhe stören mussten. Aber Lhoris Worte waren drängend in ihren Ohren gewesen.
      Für einen Augenblick schwebten ihre Finger zögernd in eisigen Nachtluft, ehe sie mit den Fingerspitzen sanft, einem gehauchten Atem gleich, das Gesicht Anvaris berührte. "Es wird Zeit..." Sprach sie leise und mit seltsamer Ruhe. "Wach auf..." Eine Bitte, in die Kälte zwischen ihnen gesprochen. Ihr Fingerspitzen folgten dem Schwung des Kieferknochen, als prägte sie sich ein ein letztes Mal sein Gesicht ein.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Dornröschen und die Elfen

      Eisige Kälte brannte sich in sein Gesicht, als der weißhaarige Elf die Augen von einem Kitzen auf der Wange aufschlug.
      Beinahe erschrocken blickte er in das schmale Gesicht einer Frau, deren Haare wie Feuer im Nachthimmel glühten. Durch den Widerschein der Flammen hinter ihm (und es waren Flammen, er roch das verbrannte Holz) wirkten sie wie ein lebendiges Inferno, dass ihre grünen AUgen nur noch mehr betonten.
      "Fea...noré...", flüsterte er benommen, ehe sich sein VErstand in das Jetzt zurückkämpfte.
      Lhoris ergriff die Hand seines Herrn und drückte diese kurz, ehe er sich unterwürfig an Violas Seite danieder warf und den Stirn in den schnee schlug.
      "Ich bitte um Vergebung, mein Herr. Ich bin zu spät gekommen und erfüllte meinen Schwur nicht ordnungsgemäß. Eine jede Strafe sei mir Recht, aber ich bitte Euch, steht auf und flieht..."
      "Steh auf, du alter Narr", keuchte Andvari und hustete ein wenig. Sein Körper schmerzte nicht mehr so sehr wie vorher und außer der Schlinge an seiner Körperseite fühlte er sich seltsam wohl. Er griff mit der Hand nach Violas Händen und drückte sie leicht.
      "Ihr habt...meinen Dank..."
      Seine Stimme war rau wie ein Reibeisen, aber dennoch stemmte er sich auf die Ellenbogen hoch, ehe er die kräftigen Arme seines Freundes spürte, der ihn kurzerhand auf die Beine zog. Ein unterdrücktes Stöhnen waren die einzigen Erinnerungen an die Schmerzen des Pfeils un der Speere, aber dennoch recht unvergesslich. Es herrschte Unruhe im Wald. Selbst hier vermochte der Elf es zu spüren. Die Tiere verhielten sich abnormal, während Nuala gänzlich fehlte. Er spürte sie in einiger Entfernung, also war sie vermutlich der Spähtrupp ihres Trosses.
      "Wie lange..."
      "Ein paar Stunden, Herr", antwortete Lhoris in der Menschensprache. "Diese Heilerin, Viola, rettete Euch erneut das Leben."
      Andvaris Blick hätte tiefer und stechender nicht sein können, aber dennoch wirkte er zunächst kalt. Schließlich, und es dauert beinaheeine Ewigkeit, brach er kurz in leises Gelächter aus, was auch ihn um Jahre jünger werden ließ. Das weiße Haar begann regelrecht im Mondlicht zu leuchten und die gelben Augen funkelten wie Bernsteine in der Nacht.
      "Erneut...gerettet...", murmelte er schließlich und behieltsein Schmunzeln, ehe Lhoris bereits mit zwei Pferden zu ihnen kam. Das eine war der Wallach, bereits gesattelt und fertig gemacht.
      Der dunkelhaarige Elf stellte sich neben dem Pferd auf und machte eine auffordernde Gestezu Viola.
      "Kommt! Es bringt nichts, wenn sie Euch bei uns finden. Wir lassen Euch hinter dem Bergkamm frei und werden Euch zu einem Dorf geleiten. Aber hier töten sie Euch!"
      "Sie kommen!"; riefNuala und brach aus dem Schatten des Unterholzes hervor, um sich auf ihr Pferd zu schwingen.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Ein Welle der Erleichterung brach über Violas Haupt zusammen, als die Augenlider des Elfen zögerlich flatterten, wie die Flügel eines Schmetterlings. Wenige Sekunden und sie blickte in leuchtend, gelbe Augen, die sich noch von der Wirklichkeit abgewandt hatten. Ihre Fingerspitzen zuckten an seinem Gesicht, als er erschockener Ruck durch den Körper ging. Wen erblickten er wohl im Schein des Feuers? Verwirrung stand in den tiefgrünen Augen, als die Silben eines Namens, vermutete Viola, wispernd über seine Lippen kamen. Kurz kräuselte sich ihre Stirn unter der stummen Frage. Schon wollte sie ihre Hände zurück ziehen, aus Furcht nun doch eine Grenze zu viel überschritten zu haben, als eine Hand die ihren umfasste. Zart schlossen sich ihre Finger um seine Hand und sie atmete erleichtert auf. Sie sah das Erkenntnis in seinem nun wieder klaren Blick und ein warmes Lächeln erstrahlte auf ihrem Gesicht. Sie hatte keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, die Heilerin wusste nur, das sie unendlich froh war.
      Lhoris' Ausbruch hatte kurzzeitig ihre Aufmerksamkeit von Andvari gelenkt. Sie verstand nicht, aber die Geste seiner unterwürfigen Haltung sprach Bände. Er bat um Vergebung. Das erhabene und unnahbare Bild des schwarzhaarigen Elfen bekam ein paar kleine Risse und Viola kam nicht umhin ihn um diese Loyalität zu bewundern.
      Zu Andvari gewandt schüttelte sie leicht den Kopf. "Ihr müsst alle aufhören, euch zu bedanken. Sonst steigt es mir noch zu Kopf." Schmunzelnd und mit dem leichten Gefühl, als hätte man ihr einen Felsen von der Brust genommen, blickte sie zu dem weißhaarigen Elfen herab. Die junge Frau nahm Abstand und die raue Hand des Elfen entglitt ihr. Sie wollte Lhoris nicht im Weg stehen und schickte sich an, selbst wieder auf die Füße zukommen. Das Herz rutschte ihr beinahe in die Stiefel, als die bernsteinfarbenen Augen sich mit Kälte füllten. Vielleicht hatte sie sich nun endgültig einen Fehltritt erlaubt und hatte sich zuviel Freiheiten herausgenommen. Sie zwang sich dazu, nicht zurück zu weichen. Was sie nicht erwartet hatte, war der Klang eines Lachens. Andvari wirkte jünger, freier. Der Anblick schockierte sie fast mehr, als der unterkühlte Blick zuvor. Es war das erste Mal, dass sie den weißhaarigen Elfen lachen hörte. Viola konnte kaum den Blick von ihm abwenden.
      Die Entscheidung nahm ihr Nuala ab, die Eile zurück auf die Lichtung lief. Es war also soweit. Der eisige Wind erfasste ihre Mähne roten Haares, während für den Bruchteil einer Sekunde ihr Schicksal in der Schwebe hing. Ein Gefühl der Zerrissenheit erfasste sie, als die Gefährten zu den Pferden eilten. Sie vergrub die Hände im Stoff ihrer Röcke. Die Zeit um sie herum schien sich zu verlangsamen, als erst Nuala auf ihr Pferd sprang. Und dann wurde Lhoris Stimme verzögert an ihr Ohr getragen. Die Heilerin warf einen Blick über die Schulter in die Richtung, aus der die blonde Elfe gekommen war. Dann rannte sie los, auf Lhrois und den braunen Wallach zu.
      Dank der anhaltenden Wirkung des Atlaskrautes schaffte sie es ohne Schwierigkeiten in den Sattel.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Der (vorrübergehend) Einarmige und die Elfen


      Das vertraute Gefühl unter seinem Hinterteil ließ Andvari sich sicher fühlen. Er steuerte das Pferd beinahe ausschließlich mit den Knien und die Kraft seiner Schenkel, während Viola vor ihm in den Sattel glitt. Er konnte sie dieses Mal nicht festhalten, aber seine linke Hand fand an die Zügel des Pferdes, während Lhoris auf das Seinige sprang.
      Dieses Mal war es ein tatsächlicher Sprung. Der dunkelhaarige Elf trat neben das Pferd und mit zwei, drei Schritten Anlauf sprang er leichtfüßig in den Sattel, während sie beinahe auf gleichsames Kommando ihren Pferden die Sporen gaben.
      Just in dem Moment, in dem Stimmen durch das Unterholz brachen und ein zarter Schein von Fackeln sichtbar wurden, waren sie bereits von er Lichtung verschwundne und hatten nichts als Spuren im Schnee hinterlassen. Die Luft kühlte sich ohne das Feuer merkbar ab und das fahle Licht des Mondes fiel nur noch sporadisch durch die Baumwipfel.
      "Durch den Wald!", rief Nuala hinter sich und behielt in guter Vorsicht ihre Hand am Heft ihres Schwertes. Man wusste ja nie, wofür man es brauchen konnte.
      Die beiden anderen Elfen folgten ihr, wobei die Pferde sich erstaunlich sicher in den Spuren des jeweiligen Vorreiters bewegten. Schweigend hielt Andvari die Zügel in den Händen, bis sie aus dem Wald hervorbrachen und eine gigantische Ebene sich vor ihnen ausbreitete. Meilenweit gab es keine Deckung, geschweige denn eine warme Unterkunft. Das karge Land vor ihnen musste die Ebene von Sûl sein, dachte Andvari, wenn er sich des grauen Grases und der vielen Steine, die wie Eichenköpfe aus dem Boden ragten, besah. Und das verhieß nichts Gutes.
      In ihrer Panik waren sie offenbar statt nach Norden gen Westen geritten. Und der Westen war das Gebiet eines Elfen, dem er nicht begegnen wollte. Zumindest nicht mit einem Menschen.
      "Lhoris!"
      Der Elf neben ihm nickte und blickte selbst grimmig. Beide Elfen verblieben in der Menschensprache. Viola sollte hören, wenn ihr Leben in gefahr war.
      "Ich weiß...", murmelte dieser, während sie ihren Ritt nicht unterbrachen. Sie mussten durchdie Ebene, komme was da wolle.
      "Lysanthirs Gebiet..."
      Andvari nickte und gab auchs einem Pferd erneut die Sporen.Sie mussten beten. beten und hoffen, dass dieser Wahnsinnige von Halbbruder nicht von ihrer Existenz erfuhr.

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      In vertrauter Bewegung fanden ihre Hände die buschige Mähne des Wallachs. Es fühlte sich beinahe beruhigend an, die Bewegungen des Pferdes zu spüren und das Gefühl der drahtigen Haare zwischen ihren Fingern. Der Wind peitschte ihr auf offener Ebene ungehindert in das kühle Gesicht, so das es ihr beinahe die Tränen in die Augen trieb, ohne etwas dagegen tun zu können. Blinzelnd versuchte sie den Blick nach vorn behalten, gab es jedoch bald auf und senkte ein wenig das Haupt.
      Erst als das Tempo gedrosselt wurde, entglitt ihr ein mühevoller Atemzug. Obwohl sie sich mittlerweile daran gewöhnt hatte, bei rasender Geschwindkeit im Sattel zu sitzen, spürte sie dennoch wie die anhaltene Körperspannung ihre Muskeln ermüdete. Ohne die Aufregung und die Eile würde sie wahrscheinlich einfach im Sitzen einschlafen. Die mittlerweile ebenso vertraute Präsenz Andvaris in ihrem Rücken vermittelte ihr ein Gefühl von Sicherheit. Das gleichmäßige Heben und Senken seiner Atemzüge spürte sie deutlich zwischen ihren Schulterblättern.
      Viola streckte und beugte ihre vom Ritt eiskalten Finger in der Mähne, um den Blutfluss anzuregen. Ihre Fingerspitzen kribbelten. Was sie jedoch eher sorgte, waren die Worte der beiden Elfen.
      Beinahe augenblicklich trieben sie die Pferde erneut an, so dass Viola kaum Zeit blieb sich zu fangen. Etwas Unheilvolles schien über der ihr fremden Ebene zu liegen. Sie waren nie soweit vorgedrungen und etwas sagte ihr, das Gefahr lauerte. Auf die Gefahr hin, dass sie eine überaus dumme Frage stellte, drehte sie den Kopf ein wenig zu Seite um aus dem Augenwinkel einen Blick auf Andvari zu erhaschen. Seine grimmige Miene bestätigte nur, was sie bereits dachte. "Wer ist Lysanthir?"
      Viola war sich nicht einmal sicher, ob sie die Antwort wirklich wissen wollte. Langsam wurde ihr bewusst, dass sie nicht dort waren, wo sie eigentlich sein sollten. "Wo sind wir?" Ihr Blick glitt über die karge Ebene. Ein unwohler Schauer lief ihr über den Rücken. Wer Lysanthir auch war, niemand schien erpicht darauf ihm zu begegnen. Über ihnen schwebte eine Bedrohung, die Andvari und seine Gefährten zur Eile mahnte.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()

    • Spitzohr-Connection


      Andvari blickte zu seiner Sattelgefährtin hinab und versuchte ein kleines Lächeln, was auf einem galloppierenden Pferd durchaus einiger Überwindung bedurfte. Seine noch nutzbare Hand legte sich zwischen ihre Schulterblätter, als er merkte, dass Viola sich im Sattel verkrampfte.
      "Eine verkrampfte...Haltung...", murmelte er. "Atmet...gegen meine Hand. Und entspannt...den Rücken."
      Es sollte helfen, den Rücken zu entspannen, um die Hüfte zu lockern, damit sie mit dieser mehr die Bewegungen des Pferdes ausstreichen konnte. Einem männlichen Elf waren diese Reitgeheimnisse schnell und deutlich vermittelt wenn man es mit dem GEschlechtsakt verglich. Doch diese Unverfrorenheit geziemte sich nicht bei einer Frau. Auch wenn sie dem Feind angehörte.
      Anschließend setzte sich der seltsame Tross in schnellere Bewegung und Lhoris wirkte mehr denn je wie eine Eule in Andvaris Augen. Sein Blick flog regelrecht über die Ebene und das karge Land darum herum, als suchte er Beute. Doch nicht die BEute war der Fokus der Elfen, waren sie doch binnen einer Sekunde vom Fliehenden zum Gejagten geworden. Wenn Lysanthir auch nur einen von ihnen zu Gesicht bekam, würde er...
      Andvari warf einen Blick auf Violas Nacken und wirkte besorgt, während die Pferde über die Ebene donnerten und bereits in weiter Ferne der Himmel heller zu werden begann. Ein Sonnenaufgang kündigte sich an.
      Nuala ritt neben Lhoris und warf ebenfalls starre Blicke nach vorne. Sie sah sich nicht ein einziges Mal um und behielt ihre Route im Auge. Ein gut trainierter Tross, fand Andvari.
      "Lysanthir...Bruder...", flüsterte er. "Wir sind in Vûl."
      Lhoris übermahm nickend.
      "Lysanthir ist der erste Sohn des Königs, Prinz und künftiger Regent des Elfenreiches. Man nennt ihn hierzulande Lysanthir, die Mondgeißel. In unserem Land ist er nur unter seinem Namen bekannt."
      Nuala sah bei dem Namen des Prinzen zurück und verzog das Gesicht, ehe sich ihre Hand unwillkürlich auf ihren Bauch legte. Wie konnte sie dieses Gesicht vergessen...
      Lhoris bemerkte die Geste und seufzte.
      "Wir haben alle so unsere Begegnungen mit ihm gemacht, fürchte ich. Und es ist nicht gut, wenn wir ihm in die Arme lau-"
      "Lhoris!"
      Nualas Schrei kam zu spät.
      Der Elf hatte nicht aufgepasst und die herannahende Gefahr nicht bemerkt, die sich auf den Kränzen des Tals ausbreitete. Eine Schar Elfen, vielleicht fünfzig Männer, erhob sich aus dem Nebel des herannahenden Morgens und ein grünes Banner mit einer silbernen Sichel wurde emporgereckt. Kräftig und unheilsschwanger stießen drei Hornstöße durch die Nacht. Sie waren von hellem Ton und gestoßen in ein Knochenhorn, das einen merkwürdigen Unterklang besaß. Es konnte daran liegen, dass es Zwergenknochen waren, die man für die Herstellung verwendete.
      "Ihr Teufel...", murmelte Andvari und machte sich nicht mehr die Mühe, die Sprache zu wechseln. Lysanthirs Tross war vielleciht ein paar hundert Meter von ihnen entfernt und dieser verdammte Bastard war noch immer so geschickt darin, seine Truppen zu tarnen, dass niemand sie hätte bemerken können.
      "Nuala, Lhoris. Keiner zieht die Waffe", bellte Andvari und legte seine Hand auf Violas Schulter, während er das Pferd drosselte. Seine Gefährten taten es ihm gleich. "Bleibt...ruhig..."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Unter gleichmäßigen Atemzügen entspannte sich langsam die vom langen Ritt geforderten Muskeln. Die Hand zwischen ihren Schulterblättern ein Anker und seltsam vertraut. Wärme drang durch den klammen Stoff, der bei diesem Wetter und der Kälte nur kläglich trocknete. Langsam lockerten sich ihre angepannte Haltung. Viola schloss die Augen und konzentrierte sich kurzzeitig allein auf das sanfte Gewicht zwischen ihren Schultern. Es war befremdlich, wie aus zischenden Drohungen, wenn sie ihn berührte, dieses zerbrechliche Verständnis entstanden war.
      Viola spürte die kräftigen Bewegungen des Wallachs unter sich und ließ sich von dem wiegenden Gang mit tragen. Der Ritt wurde erträglicher. Tief in ihrem Hinterkopf war sie sich fast schamvoll bewusst, dass jeder Schritt des Wallachs sie von Hüfte bis zu den Schultern aufwärts gegen Andvari presste. Unter anderen Umständen hätte sie sich die Zeit erlaubt, vor Verlegenheit im Boden zu versinken. Oder die Angst, die sich tief in ihren Hinterkopf gebohrt hatte, aufsteigen zu lassen. Die Nähe des Elfen hatte noch vor Tagen, es kam ihr wie Ewigkeiten vor, Furcht und Übelkeit in ihr geweckt hatte. Aber hatte er der Heilerin wirklich je einen Grund gegeben ihn zu fürchten? In manchen stillen Minuten seit der Flucht aus Milan, zweifelte die junge Frau an ihrem gesunden Menschenverstand.
      Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, wie Lhoris den Horiont nicht für eine Sekunde aus den Augen ließ, auch Nuala schien weniger glücklich über ihre Anwesenheit in diesem grauen Tal zu sein. Etwas musste vorgefallen sein. Aufmerksam lauschte die den beiden Männern.
      Lysanthir war also der Bruder des weißhaarigen Elfen. Halbbruder. Sie erinnerte sich an die Worte des gefolterten Elfen in Girions Arbeitszimmer. Bei dem Gedanken allein schauderte sie. Viola schickte stumm sämtliche Gebete, die sie je erlernt hatte an alle Götter von denen sie je gehört hatte. Hoffentlich kamen sie unentdeckt und in Frieden durch die Ebene.
      Nicht der Schrei der Elfin erschreckt Viola. Es war der unheilvolle Klang der Hörner, der ihr durch Mark und Bein ging. Unwillkürlich lehnte sich die Heilerin im Sattel zurück, spürte den Atem in ihrem Nacken. Der Blick ihrer grünen Augen glitt über die Elfenschar, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Fremde Banner, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Die Mondsichel. Lysanthir. Mondgeißel, hatte Lhoris ihn genannt. Das Glück schien nicht länger auf ihrer Seite zu sein.
      Viola war ein Mensch auf überaus feindlichem Gebiet, der Gedanke kroch immer höher und schnürte ihr kurz den Atem ab. Ein nie enden wollender Strudel aus Gedanken drohte die Heilerin hinabzuziehen. Die Berührung auf ihrer Schulter ließ die junge Frau in sich zusammen fahren. Mühevoll presste sie den angehaltenen Atem aus ihren Lungen und wagte es nicht nach hinten zu sehen. Sie wollte nicht wissen, was im Blick Andvaris lag.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()

    • The Hateful Three

      Die Pferde begannen zu scheuen und sich aufzubäumen, als immer mehr Elfen in hellen, beinahe durchsichtig schimmernden Rüstungen aus dem aufkommenden Nebelschleier auftauchten. Der Nebel schien sich geisterhaft und schnell auszubreiten, als sei er nicht natürlichen Ursprungs.
      Andvari selbst riss die Zügel eines Pferdes hinauf, um es zum Halten zu animieren und blickte beinahe hasserfüllt auf die Truppen, die sie umringten. Die Soldaten trugen Speere, schimmernd wie Glas und mit metallischen SChneiden versehen. Ihre Helme wirkten wie die Augen von Wasserteufeln, die in den Wäldern von Elynor vorkamen. Der Elf beugte sich rasch ein Stück zu Viola hinab und flüsterte:
      "Nicht sprechen..."
      Noch ehe er eine Reaktion der jungen Frau erwarten konnte, schwang er sich elegant vom Pferd und kam schwer auf dem kargen, schlammigen Boden auf, dass der Schlamm aufspritzte und seine Beinkleider verdreckte. Aus dem Nebel heraus, wie aus einer Spiegeldimension gestaltet, schälte sich in unmittelbarer Nähe der Soldaten ein Pferd. Dieses war von schneeweißem Fell und die Augen des Tieres schimmerten rötlich in dem beginnenden Morgen. Auf dem Rücken des Pferdes saß hocherhoben ein Reiter von ebenso schimmernder Rüstung wie dessen Soldaten. Doch trotz der Gleichangesichtigkeit war unmittelbar festzustellen, dass dieser Reiter der Anführer dieses Trosses sein musste.
      Die langen, blonden Haare ragten bis zu seinem Rücken und die bleichen spitzen Ohren ragten wie Masten aus der Frisur heraus. Um das Kinn herum war verspielt ein kleiner Bart gewachsen, während darunter ein Halsband von schwarzem Metall und einem schimmernden Stein glühte.
      Die Rüstung entpuppte sich als schimmerblauer Stahl, der in eleganter Weise übereinander gelegt worden war, sodass jede Form der Bewegung möglich war. Ein Schneemantel war in diese eingearbeitet, sodass der Reiter selbst in diesen Breiten nicht fror. Der Elf blickte auf den Tross der Drei hinab, die jetzt allesamt von ihren Pferden stiegen.
      Nuala verneigte sich, während Lhloris lediglich an Ort und Stelle neben den Pferden stehen blieb, um für Violas Sicherheit zu sorgen.
      "Bruder", rief Andvari mit kräftiger Stimme und in elfischer Sprache. Ein Vorteil, dass sein Bruder sich niemals die menschliche Sprache angeeignet hatte.
      Lysanthir blickte mit grasgrünen Augen zu seinem Halbbruder und machte ein spöttisches Gesicht.
      "Schlecht siehst du aus", sagte er. "Bruder..."
      "Ich habe bessere Tage gehabt", gab Andvari zu und breitete den Arm aus. "Was soll dieser Empfang? Ich hatte gehofft, dass du mir zumindest einen Wein mitbringst!"
      "Wir hörten von einer verlorenen Schlacht und einem Elfen, der es überlebte. Ich wollte mich selbst davon überzeugen, welcher Unglücksrabe das Pech hatte, in die Fänge der Menschen zu geraten?"
      In diesem Moment fiel sein Blick auf Viola, die auf einem Pferd saß und die Augen des Prinzen weiteten sich. Ein Feind. Auf einem Pferd. Unter Elfen. Und einer davon war sein nutzloser Halbbruder.
      "Ist es das, was ich denke, zu sehen?", fragte er zögernd und wies mit einer Hand auf Viola.
      "Sie ist...eine Gefangene. Eine Geisel für unsere Sicherheit. Ich sagte ihr die Freiheit zu, wenn wir in sicheren Gefilden sind. Was wir offenbar geschafft haben, nicht wahr?"
      Andvari versuchte ein Lächeln, scheiterte aber an dem eisigen Blick seines Bruders, der sich an die Heilerin heftete.
      "Sag mir einen Grund", murmelte er. "Weshalb ich diese dort am Leben lassen sollte. Wer Elfenblut vergießt, wird in eigenem gebadet..."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Furchteinflösend löste sich ein eleganter Reiter aus den Reihen der elfischen Krieger in ihren schimmernden Rüstungen. Viola hätte dem Anblick etwas Schönes abgewinnen können, wenn nicht ihr Leben auf dem Spiel gestanden hätte. Der prächtige Schimmel des Reiters hatte etwas Unnatürliches an sich, was seiner außergewöhnlichen Schönheit keinen Abbruch tat. Es stand völlig außer Frage, wer sich dort mit kühlen Blick und erhobenem Haupt aus dem Nebel löste. Das musste Lysanthir sein. Die mahnenden Worte Andvaris klingelten warnend in ihren Ohren und so grub sie angespannt die Hände in das Fell des Wallachs.
      Nacheinander stiegen auch Lohris und Nuala von ihren Pferden ab. Viola versuchte den Blick gesenkt zu halten um keine ungewollte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Angesichts der Tatsache, dass sie auf dem Rücken des Pferdes wie auf dem Präsentierteller saß, eher ein sinnloser Wunsch. Der Wallach unter ihr spürte die Angst seiner verbliebenen Reiterin und scharrte mit den Hufen unruhig auf dem schlammigen Boden. Die Ohren zuckten nervös in alle Richtungen. So ruhig wie möglich streichelte sie über den Hals des Tieres, damit der nervöse Wallach nicht ausbrach. Viola achtete peinlich genau darauf, keine hektische Bewegung zu machen.
      Aus dem Augenwinkel wurde sie einer Bewegung gewahr. Ein Gefühl eisiger als der der tiefste, gefrorene See rauschte durch ihre Adern. Der Herzschlag in ihrer Brust flatterte wie die wilden, hektischen Flügel eines Vogels. Es war nicht mehr abstreitbar. Die Heilerin hatte Angst. Eine tief verankerte Furcht, die nicht einmal der tote Hauptmann je in ihr hervor gebracht hatte.
      Fremde, verschwommene Worte klangen so fern in ihren Ohren und doch bedrohlich nah. Unter gesenkten Augenlidern blickte sie zwischen den Ohren des Wallachs hindurch und erkannte die Quelle des eisigen Schauers. Der blonde Reiter, der auf seinem Ross thronte, hatte ihr den Blick zu gewandt. Viola rührte sich keinen Milimeter. Sie wagte es beinahe nicht zu atmen. Sie löste den Blick von Lysanthir und senkte beinahe demütig das Haupt. Flammendrotes Haar verbarg nun den angsterfüllten Blick der jungen Frau.
      Das Ahnung, dass gerade um ihr Leben verhandelt wurde, kroch durch ihren Kopf. Was immer Andvari auch sagte, schien nicht in die gewollte Richtung zulaufen. Die Erkenntnis traf sie, dass es nichts und niemanden gab, der sie hier beschützen konnte, wenn sich das Glück weiter gegen sie wandte. Nicht einmal die Blutschuld. Nicht einmal Andvari.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Hier könnte ein cooler Elfenwitz-Titel stehen
      (Die üblichen Verdächtigen)

      Andvari trat einen Schritt seitwärts, sodass er die Sicht zu Viola und dem Wallach blockierte. Auf seinem Gesicht stand ein eisiges Grinsen und die Bernsteinaugen bohrten sich regelrecht in die Augen seines Bruders, der seinerseits vom Pferd geglitten war.
      "Diese dort wird nicht angerührt", flüsterte er. "Sie ist ein wertvoller Unterpfand."
      Der weißhaarige Elf trat näher an ihn heran, ohne bedrohlich zu wirken.
      Auch wenn sein Bruder kein Kampfmagier war und nicht die Elemente beugen konnte, so war er immernoch ein gefährlicher und gewandter Krieher, der selbst unter Elfen gefürchtet wurde. Lhoris hatte sich neben Violas Wallach postiert und begann nun, leise mit ihr zu reden, während seine Eulenaugen über die Soldaten huschten, die ihre Waffen im Anschlag hielten.
      "Wenn wir das Kommando geben, solltet ihr reiten. Ich habe keine Ahnung, wie das hier ausgehen wird...", flüsterte er ihr zu.
      Nuala indes postierte sich an Andvaris verletzter rechter Seite, die Hand am Knauf ihres Schwertes. Sie würde sein Arm sein, wenn es zum Kampf kam, solange sie lebte.
      "Ein Unterpfand?", kicherte der Prinz genüsslich. "Hast du deinen Weg in die Freiheit unehrenhaft erkauft, Bruderherz? Oder hat es dich nun endgültig zum Feinde hingezogen. Ich meine, schlecht sieht dieses Weib nicht aus und es gab schon schlechter aussehende Sklavinnen, die sich der Lust hinzugeben hatten."
      "Sie ist nichts dergleichen."
      Andvaris Ton wurde schärfer und die beiden Brüder standen sich Nase an Nase gegenüber, beiderseits die Hand am Schwertknauf. Andvari hatte bereits so manch Verbrechen begannen, aber Prinzenmord stand noch offen in dieser Liste. Die Luft um die beiden Elfen schien sich regelrecht zu erhitzen und zu flirren, während der Morgen langsam über die Berge kroch.
      "Du wärest besser in der Schlacht gestorben, Taugenichts...", murmelte Lysanthir und wandte sich ab. "Nehmt sie mit und gebt ihnen eine Eskorte. Den Mensch tötet hier und verscharrt sie im Boden! Es soll niemand sagen, dass wir grausam sind!"
      "NEIN!", rief Andvari und wollte bereits sein Schwert ziehen, da Lhoris nach vorn schnellte und sich vor dem Prinzen zu Boden warf. Die Soldaten rings umher kamen in Bewegung und richteten ihre Speere auf Andvari.
      "Mein Herr!", rief er und versuchte, keinen ablehnenden Ton in die Stimme zu legen. "Diese dort ist eine Heilerin und gehörte dem Tross der Armee an, die uns bekämpfte. Sie besitzt unter Garantie Wissen über die Armeen des Feindes und dessen Hauptstadt! Wollt Ihr wirklich mit leeren Händen zu Eurem Vater zurückkehren?"

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • Viola

      Das Schicksal war stets von wankelmütiger Natur.
      Und an diesem Tag, umringt von den Wesen aus ihren Albträumen, fiel es nicht zu ihren Gunsten.
      Zuvor hatte Viola noch Lhoris mit einem störrischen, fast jugendlichen Trotz in ihren Augen angesehen und den Kopf sachte geschüttelt. Sie konnte nicht erwarten oder gar in Kauf nehmen, dass Andvari und seine Gefährten so viel für sie aufs Spiel setzten. Der Gedanke einfach davon zu laufen, hinterließ einen bitteren Beigeschmack. Dennoch wäre das ihre einzige Chance. Aber wie weit würde sie schon auf fremder Ebene kommen? Das unbekannte Terrain war nicht zu ihrem Vorteil und der Wallach bereits müde. Auch das Pferd hatte beinahe seine Kräftereserven verbaucht. Die Männer Lysanthirs hätten sie eingeholt, bevor sie überhaupt das Ende der Ebene erreicht hatte. Da war sich Viola sicher.
      Viola wusste genau, in welchem Augenblick, die gefährliche Balance kippte. Alles passierte so schnell, dass die Heilerin beinahe nicht hinterkam. Alles was sie registrierte, war Andvaris Hand fest um den Griff seines Schwertes geschlossen und Lhoris, der seine Stellung an ihrer Seite verließ und sich vor Lysanthir in den Staub warf. Der Wallach bäumte sich erschrocken auf, als der schwarzhaarige Elf sich so ruckartig fortbwegte.
      Etwas in Violas splitterte bei dem Anblick. Und ihre Befürchtung erwuchs zu blanker Panik, als fremde Hände ihr die Zügel aus der Hand rissen. Empört und mit schrillem Wiehern bäumte sich der Wallach auf und traf sogar einen der gepanzerten Elfen mit dem Vorderhuf kräftig in die Brust. Aber all das verhinderte nicht, als Hände sich um ihre Arme und Beine schlossen und sie gnadenlos vom Rücken des Pferdes zogen. Ihr Blick haftete noch kurz auf Lhoris, dann auf Andavir und Nuala. Ihr Verstand setzte aus. Verraten, verkauft. Sie würde hier auf dieser Gott verlassenen Ebene sterben. Aber nicht kampflos. Wie ein in die Enge getriebenes Tier wehrte sich die Heilerin mit Händen und Füßen.
      "Nein..Nein..." Wie ein Mantra flogen die Silben über ihre Lippen, mal leise und mal kräftiger, während sie versuchte sich aus den Griffen zu winden.
      Mit den Knien landete sie im schlammigen Untergrund. Grob fasste eine Hand in das rote Haar und zog den Kopf zurück. Eine gebogene Klinge, rasiermesserscharf legte sich kühl an ihre entblöste Kehle. Mit weit aufgerissen Augen blickte Viola auf die Szene vor sich. Ihr Leben stand wörtlich auf Messers Schneide. Lhoris Worte, sorgte wohlmöglich dafür, dass ihr Blut nicht bereits in Strömen aus der Kehle lief. Aber nicht ihretwegen. Sie hatte gesehen, dass Andvari bereit gewesen war, seine Waffe zuziehen. Der schwarzhaarige Elf beschützte seinen Herrn, Violas Leben war ein gerringer Preis dafür. Bei klarem Gedanken hätte sie es vielleicht verstanden. Aber ihr Blick war getrübt. Die grünen Augen glänzten feucht von Tränen, die sie zurückhielt. Diese Genugtuung würde sie niemandem geben. Aber ihre Stimme verriet Viola. "...versprochen..." Wisperte sie kaum verständlich. "...Ihr habt es mir versprochen..."
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()

    • Die zwielichtigen Drei


      Ehe Andvari auch nur reagieren konnte, rissen diese Schandmäuler die junge Heilerin von dem Wallach. Sie begann sich zu wehren, aber die geübten Griffe der Soldaten beherrschten ihren Leib binnen Sekunden. Die Kämpfer des Prinzen waren den Kampf im Verborgenen und gegen Stärkere gewohnt. Die junge Heilerin würde nicht einmal ansatzweise ein Hindernis darstellen.
      Andvari fuhr herum und riss Angrist aus seiner Scheide.
      Das silberne Leuchten des Schwertes ließ einige Speere zurückweichen, aber nicht alle. Das Messer an der Kehle der jungen Frau war zu nah, als dass er noch etwas tun könnte. Vor allem, da Lysanthir sich nunmehr zu ihr umdrehte und bösartig grinste. Lhoris lag noch immer im Staub und wusste in der Sekunde, dass er versagt hatte.
      Der Prinz verschränkte lächelnd die Hande vor der Brust. In der gleichen Sekunde schnellte ein blendender Speer unter seinem Arm hindurch und traf Lhoris in die Brust. De rKörper des dunkelhaarigen Elfen zuckte kurz zusammen, ehe er vornüberfiel und wortlos und unwürdig zu liegen kam.
      "LHORIS!"
      Anvaris Stimme war mehr ein unirdisches Brüllen, denn eine Stimme und brach regelrecht aus ihm hervor. Gleichsam begann Angrists Schneide in einem goldenen, heißen Licht zu leuchten, das auch die restlichen Soldaten auf Abstand hielt. Angst erfüllte selbst deren Augen.
      "Lass diesen Wahnsinn, Lysanthir!", rief der Weißhaarige und brachte sich in eine stabile Position.
      Die überraschendste Reaktion zeigte jedoch seine Gefährtin. Nuala bemerkte den Tumult in ihrem Rücken und auch, wie der Soldat, der die Heilerin gefangen hielt, sie an den Haaren hoch riss. Mit einer kurzen Drehung betrat sie die Schatten, die die Soldaten warfen und schien durch ein schwarzes Nichts zu wandeln. Mit einem Mal verschwand sie vor aller Augen, um nur Sekunden später im Schatten des Soldaten wieder aufzutauchen.
      Er hielt den Kopf der Heilerin noch immer in drohendem Gebahren. Auch noch, als Nualas Schwert wie ein Donnerschlag daniederfuhr und ihn vom Fleck weg enthauptete.
      "Wenn es einer von Euch miesen Lakaien auch nur wagt, eine Frau noch einmal so zu berühren, schneide ich euch allen die Eier ab!", zischte sie und hielt ihr schwert im Anschlag.
      "Es reicht jetzt!"
      Lysanthir schien ein wenig zur Besinnung gekommen zu sein, als er die Handlungen übersah. Der Elfenprinz blickte noch immer zufrieden auf Lhoris leblosen Leib, der im Staub der EBene lag.
      "Nehmt diesen Leichnam und wickelt ihn in Tuch. Lasst die Heilerin leben! Wir wollen ja nicht, dass sich Nuala noch an allen anderen vergeht. ich danke dir, euch, seher, Bruderherz...Immerhin hast du mir erneut bewiesen, dass du dich eher dem Feind anfreunden würdest, als dankenswerterweise deinen verdammten Platz einzunehmen."
      Andvaris Gesicht glich mehr einer Fratze, die einen Dämon verscheucht hätte. Angrist leuchtete noch immer in seiner Hand, aber letztlich musste er sich eingestehen, dass sie verloren hatten. Sie waren alle geschwächt von der Reise und Lhoris war verloren. Die Heilerin mochte einen Wert besitzen, aber sie freizugeben, bedeutete ihren Tod. Die Gedanken des Elfen rasten, als er schließlich nickte.
      "Ich kehre an meinen Platz zurück...Unter einer Bedingung! Lasst diese Frau frei!", sagte er und blickte zu Viola.
      Ein Mensch im Land der Elfen war zum Tode verdammt. Das wusste er nur zu gut.
      "Abgelehnt. Sie kommt mit uns. Und wird Vater vorgeführt, sodass sie die wertvolle Information preisgeben mag, die sie ja laut Lhoris beherbergt. Und wenn sie nichts beherbergt...Wird sie dir in den Tod folgen."

      The more that I reach out for heaven
      The more you drag me to hell
    • d79a8a9ab78eff79c0eac1101fee7858.gif

      “I wanted to remember his face when the world turned dark.”

      Blanker Schrecken stand Viola ins Gesicht geschrieben, das jegliche Farbe verloren hatte.
      Lhoris lebloser Körper sackte vor ihren Augen zu Boden und regte sich nicht mehr. Hektisch suchten ihre Augen nach einem Anzeichen von Leben, aber ihr geschulter Blick wusste, dass alle Hoffnung vergebens war. Der Elf würde sich nicht davon erholen. Der letzte Atemzug hatte ihn bereits verlassen. Viola wand sich in den eisernen Griffen und hielt erst wieder still, als sich die Schneide des Schwertes fester gegen ihren Hals presste. Ein kleines Rinnsal perlte über die Klinge und tropfte in den weichen Untergrund.
      "Monster..." Quälte sie die Silben zwischen ihren angespannten Kiefern hervor. Lysanthir verkörperte alles, was sie Jahre lang über Elfen zu wissen geglaubt hatte. Ein kaltblütiger, hinterlistiger Mörder ohne jegliches Mitgefühl. Die allgegenwärtige Arroganz, die den Prinzen umgab. Der längst verstummte Schrei Andvaris hallte noch immer in ihren Ohren. Lhoris hatte sein Leben verloren, und dieses Schuld lud sie auf ihre eigenen Schultern. Sie hätte im Wald zurückbleiben sollen. Der Elf würde noch Leben. Viola schloss die Augen.
      Womit sie nicht gerechnet hatte, war das die Klinge, die ihr den Tod bringen sollte, von ihrem Hals glitt und im matschigen Boden landete. Völlig überrumpelt riss sie den Kopf herum und erblickte...nichts. Außer einen blutigen, offenen Hals und Nuala, die mit funkelnden Zorn in den Augen und giftigen Ton in der Stimme um sich sah. Viola blickte in das tote Gesicht des Schädels in den Händen der Elfin. Wie ein nasser Sack kippte der Torso des enthaupteten Elfen zur Seite in den Schlamm. Geistesgegenwärtig griff sich die Heilerin an die Kehle. Ein Puls, nur ein kleiner Schnitt. Nuala hatte das nicht für sie getan, aber dennoch war die junge Frau ihr dankbar. Sie erkannte etwas im Blick der blonden Kriegerin. Etwas Schreckliches, das ihr umso vertrauter war.
      Lysanthirs Stimme hallte über den Tumult hinweg und alle hielten inne. Das Schnauben der Pferde klang überlaut in ihren Ohren, sie meinte jeden Atemzug hören zu können, das entfernte Rascheln von verdorrtem Gras. Angestrengt versuchte sie sich an die wenigen elfischen Silbern zu erinnert, die sie gelernt hatte. Aber es war beinahe sinnlos. Viola war am Ende ihrer Kräfte, so wie sie alle. Aber warum zögerte der kühle Prinz. Sie verstand nicht, warum sich niemand Nuala in den Weg stellte.
      In all dem Chaos fing sie Andvaris Blick auf. Sie wollte ihn fragen, was passierte und welche Worte gewechselt wurden.
      Was sie verstand, war die Tatsache, dass man ihre Hände zusammen band sobald sie auf wackeligen Beinen stand. Gezwungenermaßen verzichtete man darauf Viola gröber anzufassen als nötig. Viola wurde das Gefühl nicht los, dass sie diesen Umstand Nuala zu verdanken hatte.
      Die Ironie daran war nicht verloren. Sie tauschte den Platz mit Andvari. Und die flüchtige Erleichterung nicht mit aufgeschlitzter, klaffender Kehle im Schlamm zu liegen, machte einem viel größeren Grauen breit. Von den Fesseln blickte sie zu Andvari.
      "Was werden sie mit mir machen? Und bitte, lüg mich nicht an." Sprach die Heilerin mit resignierter Ruhe in der Stimme. Sie dachte an den Dolch in ihrem Stiefel und ihre letzten Ausweg. Der Blick fiel noch einmal zu Lhoris. Viola hatte ihn nicht gekannt, aber das spielte keine Rolle und minderte ihr schweres Bedauern nicht.
      Nie wieder. Hallte es in ihrem Kopf. Nie wieder.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”

      Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von Winterhauch ()