The Lesser Evil (Winterhauch & NicolasDarkwood)

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    • Elfen u Co. KG

      Andvari blickte sie an und nickte, ehe er das Schwert in seine Scheide schob und die beiden anderen anderen Elfen ansah. Sicherlich, in den kühlen Gesichtern seiner Kameraden fand er Abscheu und Argwohn, aber letztlich würden sie ihm folgen. Nuala schüttelte wortlos den Kopf und legte die Hand an das Heft ihres Schwertes.
      Geräusche offenbarten sich ihrer Ohren am Ende des Korridors. Ein Soldat. Allerdings hatte er die Rüstung schon zur Hälfte wieder abgelegt, da jegliche Kleidung bei dem geplanten Vorhaben ohnehin nur stören würde. Andvari grinste schief und blickte Nuala und Lhoris an, die beide verstanden.
      Geisterhaft hasteten die beiden Elfen lautlos durch den Korridor, um sich entlang der Wand zu platzieren, flach wie ein Brett. Ihre Waffen hielten sie dabei im Anschlag und selbst das Ziehen der Schwerter geschah völlig lautlos. Die perfekten Tötungsmaschinen, wenn man es aus Sicht eines Nichtkämpfers betrachtete. Noch ehe der Soldat dem Freudenmädchen einen leicht sabbernden Kuss aufdrücken konnte, glitten die Schwerter der beiden Elfen wie Butter durch die Hälse der Neuankömmlinge. Man mochte es als grausam erachten, aber die Tode traten ein, bevor die Leiber auf dem Boden aufschlugen. Zweimaliges Nicken und Andvari griff nach Violas Hand und versuchte, sie nicht zu grob hinter sich her zu ziehen.
      Doch Elfen bewegten sich schnell, sobald sie die Gelegenheit hatten.
      Geisterhaft schön glitten die beiden Elfenkameraden die Treppe nach unten hinab. Andvari sah sich vorsichtig um, ehe er nicht einmal mehr hierfür einen grund erkannte.
      Im Vorraum der Garnison hatten Nuala und Lhoris schlimmer gewütet als ein Sommersturm. Acht Leichen von Soldaten lagen in den Ecken und im Raum verteilt und bluteten ihre Leiber aus. Feine Schnitte entlang der Kehlen zeugten von Lhoris Kunst, während die zertrümmerten Hälse und enthaupteten Leiber eher auf Nuala hinwiesen.
      Andvari gab allen stumm ein Zeichen, zum seitlichen Hinterfenster zu gehen. Sollte es einen Übungsgarten geben, so bot dieser die beste Möglichkeit zur Flucht.

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      The more you drag me to hell
    • Auf dem Korridor...

      Mit einem gekünstelten Kichern schmiegte sich die Dirne an ihren heutigen Gönner. Hätte sie vor ein paar Stunden geahnt, dass dieser Abend nicht mit einem vollen Geldbeutel enden würde, wäre sie sicherlich lieber im Freudenhaus geblieben. Sich gegenseitig stützend kamen sie kichernd und schwerfällig den Korridor entlang. Keiner sah in seinem benebelten Zustand die lautlosen Schatten, die förmlich mit der Dunkelheit verschmolzen. Mit vor Schreck geweiteten Augen blickte die Brünette auf den Hals des betrunkenen Ritters. Eine rote Linien, aus der langsam Blut quoll. Beinahe hätte sie aufgeschrien, doch der Schrei bekam die Gelegenheit ihre Kehle zu verlassen. Zwei tödliche Klingen glitten durch ihre Hälse.

      Viola

      Wie von selbst schlossen sich ihre kühlen Finger um die des Elfen. Hätte sie Zeit zum Nachdenken gehabt, wäre ihr in den Sinn gekommen, dass es das erste Mal war, das Andvari sie aus freien Stücken berührte. Mit ihrem Rock Fest in der anderen Hand, folgte sie ihm in den Korridor. Unter ihren Stiefel glänzte der Boden feucht von Blut und sie versuchte den Blick oben zu behalten. Nicht nach unten sehen, nicht stolpern. Ihr Tritt auf den Stufen war erstaunlich sicher, doch ihr Atem ging flach. Zu tiefe Atemzüge pressten die Muskeln ihrer Lungen zu sehr gegen die geschundenen Rippen. Aber da ließ sich nichts machen. Es würde von alleine heilen müssen. Hastig übersprang sie die letzten zwei Stufen der Treppe, um mit Andvari Schritt halten zu können. Die Erschütterung beim Aufprall sie kurz straucheln, aber sie blieb auf den Füßen stehen.
      Die kurze Pause gab ihr die Gelegenheit einen Blick durch den Raum zu werfen. Der Anblick war furchterregend. Viola war als Heilerin blutige und schreckliche Anblicke gewohnt, aber dennoch. Nach allem was sie heute schon mit angesehen hatte, wurde sie nun ein wenig blasser um die Nase. Wäre sie nicht bei Girion gewesen, diesem dreckigen Unhold, wäre sie hier bei den anderen gewesen. Der Heilerin wurde bewusst, dass Girions Misstrauen ihr scheinbar das Leben gerettet hatte. Zur ihrer großen Erleichterung erkannte sie Helena nicht unter den Toten. Hoffentlich ging es ihr gut.
      Viola folgte den Blicken zum Fenster und schüttelte den Kopf. Der Platz war zu einsehbar. Das Risiko zu groß jemandem über den Weg zu laufen. Fast zaghaft drückte sie die Finger des Elfen. Ihr Blick wanderte zu seiner Tür im hinteren Teil des Raumes. Er führte in die Küche der Garnison und von da aus direkt durch die Ställe. "Die Ställe. Da ist jetzt niemand mehr." Von den Ställen aus ließen sich entweder Pferde zur Flucht stehlen oder man gelangte über die angrenzenden Koppeln zur Standmauer. In der Nähe gab es ein kleines Versorgungstor, durch das Vorräte und Futter für die Tiere gebracht wurde.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Elfen und Co KG

      Gerade als die ungleiche Fluchtgruppe zu den Fenstern hechten wollten, hielt Andvari inne, als er den leichten Druck an seiner Hand spürte. Es war recht erstaunlich, wie klein die Hand der jungen Heilerin im Vergleich zu seiner wirkte. Zudem wirkte seine Haut schon beinahe blass gegenüber ihrer.
      "Herr?", fragte Lhoris, der bereits zwei Schritte in Richtung der Fenster gemacht.
      Von draußen drangen die Geräusche des Festes herein und in der Sekunde, in der Viola ihren Hinweis gab, bemerkte der Elf, dass sie recht hatte. Sicherlich konnten sie durch die Fenster entkommen, würden aber auffallen, zumal er noch immer keinen Reiseumhang besaß, der seinen Körper und die Tätowierungen verbergen konnte.
      Andvari nickte Viola zu und gab ihre Botschaft an die beiden anderen Elfen weiter.
      "Ich vertraue diesem Inzuchtsgezücht nicht", bemerkte Nuala und blickte nach draußen.
      Auch sie musste anhand der vielen Feuer und tanzenden und singenden Menschenkreaturen eingestehen,d ass sie nicht hindurch kamen. Zumindest nicht ohne erhebliches Blutvergießen.
      "Wir gehen durch die Ställe!", bestimmte Andvari und blickte zu dem Durchgang in der Garnison. "Lhoris!"
      Der Elf nickte und riss sich die Kapuze über die pechschwarzen Haare. Alsdann zog er bedächtig eines seiner zwei Schwerter und glitt gleich einem Schneeläufer durch den Raum, ehe Andvari mit Viola folgte. Nuala bildete die Nachhut, während sie sich ebenfalls wieder bedeckte.
      Insgeheim hofften alle drei, dass es keine Falle war, in die sie hineinliefen.
      Doch nichts dergleichen geschah. Der hintere Teil des Raumes erschien unauffällig. Sie mussten lediglich leicht gebückt laufen, damit man sie von den Fesntern aus nicht sehen konnte. Als sie durch die hintere Tür brachen (Lhoris stemmte diese beinahe mühelos auf) drang beinahe sofort der Geruch von Pferdemist und Heu in den Raum. Jedoch erblickten die Elfen hier keinerlei Wachen, gleich der Voraussage der jungen Heilerin.
      "Drei Pferde. Nehmt das nötigste", flüsterte Andvari und während sich seine Gefährten daran machten, kleine Satteltaschen zu besorgen, warf er behelfsmäßig einen Sattel, der an der Wand befestigt war, auf einen braunen Wallach, der in der ersten Unterbringung stand.
      Das Pferd schnaubte verächtlich als er sich ihm näherte. Andvari legte seine Hand an die Seite des Tieres und streichelte sanft seinen Kieferknochen nach. Leise legte er seine Stirn an den Kopf des Pferdes und atmete im Gleichklang mit dem Pferd. Als es sich zu beruhigen schien, lächelte er sanft und zurrte den Sattel fest, ehe er wieder zu Viola sah und ihr seine Hand anbot.
      "Helfen", murmelte er.

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      The more you drag me to hell
    • Viola

      Kenntnisse der elfischen Sprache waren auch gar nicht notwenig, um das Misstrauen in den feindseligen Augen zu erkennen. Ein Umstand, der für Viola wenig überraschend war. Keine in diesem Raum hatte auch nur den geringsten Grund ihren Worten glauben zu schenken. Ihr blieb nur die stille Hoffnung, dass Andvari sich ihrer Aufrichtigkeit bewusst war.
      Durch die Fenster neben der wuchtigen Einganstür flackernden die Schatten der tanzenden und singenden Menschen, wie ein Schattenspiel auf dem Glas. Gedämpft drangen Stimmen unter der Tür hindurch. Für einen kurzen Moment bildete sich Viola ein, die glockenhelle Stimme ihrer Freundin zu hören. Helenas Lachen würde sie für lange Zeit nicht mehr hören. Es war das Einzige, dass sie bereute. Seit sie ihn die Lehre gegangen waren, hatte sie nichts trennen können. Die junge Frau war für die letzten Jahre ihre Familie gewesen, eine Schwester durch Freundschaft nicht durch Blutsbande. Sie hoffte, sie eines Tages weiderzusehen.
      Zugegeben, es hatte es äußerst Beeindruckendes zu beobachten wie lautlos sich Lhoris, das musste sein Name sein, sich durch den Raum bewegte. Viola sah selbst mit ungeschultem Auge, wie präzise er sich bewegte. Dasselbe galt für die blonde Elfe. Allerdings wagte die Heilerin es hier tatsächlich nicht, die Kriegerin auch nur eine Sekunde zu lange anzusehen. Etwas sagte ihr, dass der winzigste Fehltritt ausreichen würde und selbst Andvari würde die Elfenkriegerin nicht zurück halten können. Wie spitze Nadeln spürte sie die Blicke in ihrem Nacken, als sie hinter ihnen aufschloss. Ein eiskalter Schauer rann ihre Wirbelsäule hinab.
      Der Geruch von Stall war ihr beinahe so vertraut wie der Geruch der unzähligen Kräuter in der Lehrküche des Ordens. Die Anwesenheit der Tiere hatte sie immer als beruhigend empfunden. Früher zu Anfang ihrer Lehre als Heillkundige, hatte sie sich oft in den Ställen versteckt, wenn die Welt über ihr einzustürzen drohte.
      Stützend lehnte sich Viola an den Holzbalken der Box, einen Arm um ihre Seite geschlungen. Es war ein eigenartiger Zufall, dass Andvari ihren Wallach auswählte. Genau genommen war der zottelige Braune nicht ihr Eigentum, aber er hatte sie über die letzten Monate sicher getragen. Das Tier scharrte unruhig mit den Hufen, als der Sattel eilig und recht unsanft auf seinem Rücken landete. Er wirkte beinahe empört, ließ sich aber besänftigen. Während Andvari den Sattel fest zurrte, trat Viola ebenfalls an das Tier heran, woraf der Wallach beinahe augenblicklich den Kopf gegen ihre Schulter rieb. "He.." Halbherzig schob sie die weiche Schnauze zur Seite.
      Noch während ihre Hand zwischen den zuckenden Ohren des Braunen lag, blickte sie auf. Die schmalen Schultern hob sich uner einem tiefen Atemzug. Und dann ergriff sie die Hand des Elfen, in der ihre eigene Zierliche komplett zu verschwinden schien. "Danke..." Gab sie ebenso leise zurück. Mit einem Nicken griff sie nach dem Sattelknauf. Es hatte am Anfang ein wenig Übrung gebraucht, bis sie ohne sich in den Röcken zu verheddern auf ein Pferd hatte steigen können. Aber man hatte sich schnell daran gewöhnt. Viola stählte sich innerlich gegen die kommende, ruckartige Bewegung und war dankbar um die Hilfe des Elfen. Denn als sie in den Stiegbügel trat und sich mit einem Ruck hochzog, spürte sie es augenblicklich in ihren geschundenen Muskeln. Etwas holppriger als gewohnt, hatte sie das Bein über den Rücken des Pferdes geschwungen und landete im Sattel. Ein scharfer Atemzug presste sich durch ihre angespannten Kiefer, als sie sich in leichter Schonhaltung über den Hals des Braunen beugte, bis ihre Stirn beinehe des kräftigen Hals berührte. Die Flüche die Ihre Lippen verließen, hätten selbst die Soldaten rot anlaufen lassen.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Andvari

      Andvari nahm für sich anerkennend zur Kenntnis, dass die Heilerin offenbar mit Pferden umgehen konnte. Der Wallach wirkte zahm in ihrer Gegenwart und ließ sich ohne Widerstand weiter aufzäumen.
      "Wir sollen reiten", flüsterte Lhoris an der Tür und glitt regelrecht zu einem weißen Pferd gleich neben dem Wallach. Er lehnte sich ähnlich wie Andvari an das Pferd und flüsterte ein Paar Worte, um sich anschließend in einer fließenden Bewegung in den Sattel zu schwingen.
      Der Elf richtete seinen Umhang und legte ihn über die Schwerter, sodass man diese nicht mehr erkennen konnte.
      Nachdem Viola saß, blickte sich Andvari um.
      Sicherlich hatte er ihre Flüche mitbekommen und erstaunt die Augenbrauen hinaufgezogen. Seine Lebensschuld beinhaltete nur, diese Frau am Leben zu lassen, sofern sie die Stadt verließen. Dennoch musste sie Schmerzen leiden und einS chreien musste unterbunden werden.
      "Lhoris", zischte er. "Hast du Atlaskraut?"
      Der Angesprochene hielt inne und blikte erstaunt zu seinem Herren und anschließend zu Nuala, die nur verächtlich schnaubte, während sie sich auf ihr Pferd schwang und ebenfalls richtete, sodass man die Bewaffnung nicht sehen konnte.
      Lhoris ließ sein Pferd näher herantraben und reichte dem weißhaarigen Elfen einen grünlichen Beutel, aus dessen Innerem ein süßlicher Kräutergeruch stach. Atlaskraut wuchs an den Hängen des Weißen Berges und galt als wirksames Schmerzmittel unter den Elfen. Die Krieger nahmen es vor der Schlacht, damit Schnittwunden nicht so sehr schmerzten und der Geist wachsam blieb, sofern man verletzt wurde. Andvari erinnerte sich, vor der Schlacht von Erynn Vâr eine ganze Hand davon gegessen zu haben. Das Kraut war von tiefgrüner Färbung und ähnelte von den Blättertrieben einfachem Klee, wies jedoch einen silbernen Kranz um die Blätter auf.
      Er reichte Viola den Beutel und machte eine essende Geste mit der Hand.
      "Kauen", murmelte er und wandte sich sogleich nach einem Umhang um.
      Natürlich gab es in diesem behelfsmäßigen Stall nichts, was sich als Reiseumhang bezeichnen ließ und so riss er eine geräumige Pferdedecke von der Wand und warf sich diese um die Schultern.
      Sie stank besitalisch nach Urin und sonstigen Pferdeausscheidungen, aber was sollte man machen. Selbst ein General musste einstweilen durch Dung waten.
      Nicht minder elegant als seine Kameraden schwang er sich hinter Viola aufs Pferd und warf die Decke über seinen Kopf. Mit einem kurzen Nicken setzte sich der Tross der Elfen in Bewegung.
      Zuerst ritt Nuala aus dem Stall, anschließend Lhoris und zuletzt Andvari mit Viola, die hoffentlich keine Falle für sie vorbereitet hatte.

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    • Viola

      Fragend blickte Viola auf den Beutel, aus dem der süßliche Geruch aufstieg. Der Duft war ihr gänzlich unbekannt und vielleicht hätte sie darüber nachdenken sollen, um man nicht am Ende doch versuchte sie zu vergiften. Mit bedächtigen Fingern nahm sie die wohlriechenden Kräuter entgegen und warf mit dem neugierigen Blick einer wissbegiergen Heilerin einen Blick auf die filigranen Blätter. So eine Pflanze hatte sie noch nie gesehen, nicht mit dieser außergwöhnlichen Färbung. Vielleicht würde sie noch Gelegenheit haben sich später danach zu erkundigen. Falls man überhaupt bereit war, sie darüber zu lehren. Viola vermutete bereits eine Art Schmerzmittel, aber die Wirkung war dennoch überraschend. Es waren nur ein paar wenige Blätter gewesen, die sie sich auf die Zunge gelegt hatte. Aber wer wusste schon wie ein Heilmittel der Elfen auf einen Menschen wirkte. Die betäubende Wirkung setzte schon nach wenigen kauenden Bewegungen ein. Ehrlich überrascht blickte sie erneut in den Beutel. Sorgsam verschnürt blickte sie zu dem schwarzhaarigen Elfen und zögerte.
      Bevor sie den Beutel an seinen Besitzer zurückgeben konnte, hatte sich Andvari hinter ihr den den Sattel geschwungen. Ihre Schultern strafften sich durch die plötzliche Nähe. Sie bemühte sich nicht zu steif im Sattel zu sitzen. Viola hatte beinahe den Beutel in ihrer Hand vergessen, da setzten sich die Pferde schon in Bewegung. Um die Hände frei zu haben, band sie das Kleinod an dem Gürtel ihres Kleides fest. Sie würde es später an Lhoris zurückgeben, sobald sie Halt machten. Aber auch der wohltuhende Geruch der Pflanzen konnte den bestialischen Gestank in ihrem Rücken nicht überdecken. Das hatte wirklich nichts mit warmen Stallgeruch gemein, es biss selbst in ihrer Nase.
      Als sie aus den Ställen ritten, hielt die Heilerin den Kopf gesenkt. Im Gegensatz den anderen, hatte sie keine Möglichkeit sich zu verbergen. Sie hoffte nur das kein bekanntes Gesicht sie entdecken würde. Das Atlaskraut entfallte seine volle Wirkung, so dass ihre Haltung ein wenig entspannter wurde. Der erwartete Schmerz blieb aus. Ein wenig entfernt von den Reitern erklang Musik, Gesänge stimmten in die Melodie hinein. Aber bisher schien niemand die Pferde zu bemerken oder man schenkte ihnen keine sonderliche Beachtung.
      Viola hätte beinahe vergessen, dass es eine kalte Winternacht war. Umso mehr war sie sich der Wärme bewusst, die über ihren Rücken strahlte. Es war surreal. Gleichmäßiger Atem traf ihren Nacken. Andvari hüllte sie mit seiner großen Gestalt beinahe völlig ein. So aufrecht wurde ihr das erste Mal bewusst mit welcher Größe er sie überragte. Ihre Hände hatten sich haltsuchend in der Mähne des Wallachs vergraben. Einen Blick wagte sie nach vorn, die Musik war nun gedämpft hinter ihn, das Licht der Feuer immer schwächer und das Tor bereits in Sichtweite.
      Plötzlich ertönte Unruhe von der Garnison. Ein Glocke wurde hektisch geläutet. Der Klang hallte durch alle Straßen. "Hinterhalt! Der Hauptmann ist ermordert worden! Riegelt die Stadt ab!" Stimmengewirr wurde vom kalten Wind herüber getragen. Über die Schulter blickte sie alarmiert den Elfen in ihrem Rücken an. Unter anderen Umständen wäre er viel zu nah, seine körperliche Präsenz zu viel. Aber Adrenalin rauschte durch ihre Adern. Ihre Hände griffen fester in die Mähne. Jetzt oder nie.
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    • Andvari


      Die Welt war ein merkwürdiger Ort, dachte der Elfenprinz und versuchte, den beißenden Geruch in seiner Nase zu ignorieren, während seine Hände auf den Zügeln des Pferdes und halb um Violas Körper lagen, damit diese nicht vom Pferde stürzte.
      Seine beiden Kameraden ritten versetzt vor ihm und wirkten nicht den Hauch von beunruhigt, obgleich er wusste, dass Lhoris nervöse Blicke auf die Soldaten warf, die hier feierten, sangen und tanzten.
      In der Luft lag der Geruch von schwerem Wein und gebratenem Fleisch. Vielleicht auch der Geruch von Schweiß, wenn man genau hinroch. Jedoch schloss Andvari nicht aus, dass er es nicht selbst war, der so bestialisch stank.
      Ein Prinz in Scheiße und Pisse. Er musste unwillkürlich grinsen, als er an den Blick seines neunmal verfluchten Vaters dachte. Er würde ihm vermutlich die sieben Feuersbrünste anschüren, wenn er es erfuhr, aber was sollte es. Vielmehr beschäftigte ihn der Gedanke, was er mit der Heilerin machen sollte.
      Er war nicht weiter in seinen Gedanken gekommen, als plötzlich Unruhe hereinbrach. Ein Alarm wurde gegeben und eine Glocke rigoros geläutet. Die Elfen tauschten jeweils einen hastigen Blick miteinander und lächelnd nahm Andvari zur Kenntnis, dass die Heilerin sich bereits fester in die Mähne krallte. Sie hatte gute Reflexe.
      Andvari pfiff in einem langgezogenen melodiösen Ton und gab dem Ross die Sporen. Seine Fersen bohrten sich tief in das Rippenfell des Wallachs und wiehernd brach dieser beinahe sofort in den brausenden Gallopp auf.
      Lhoris und Nuala taten dies beinahe zeitgleich und gallopierten drei große Schlachtrösser durch die engen Gassen der Handelsstadt und rissen dabei den ein oder anderen Holzstand oder andere Hindernisse mit. Noch ehe der erste Pfeil flog, beugte sich Andvari tief über das Pferd und zwang Viola damit ebenso in die gleiche Haltung. Bei einer unachtsamen Bewegung riss es ihm die stinkende Decke vom Leibe und flatternd hinter ihnen zurück. Eine Weile lang schienen sie beinahe ungeachtet voran zu kommen, als ein erster Pfeil über ihre Köpfe hinweg flog.
      Weiterhin sah er Wachen am Tor, die sich bereitmachten, ihre Speere als Rammböcke einzusetzen. Es würde ein holpriger Ritt.

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    • Viola

      Für eine quälende Sekunde setzte ihr Herzschlag aus. Mit einem gewaltigen Satz preschte der der braune Wallach nach vorn, die Bewegung schüttelte ihren ganze Körper und sie verlagerte ihr Gewicht anders im Sattel, um besseren Halt zu finden. Viola konnte aber nicht vermeiden, dass sie einen überraschten Laut von sich gab. Aber bei dem Krach hätte sie eh niemand gehört. Die Heilerin mochte keine erfahrene Reiterin sein, aber sie hatte genug Körpergefühl um sich den Bewegungen des Tieres anzupassen. Und denen von Andvari. Ihre Nase berührte fast die wehende Mähne, das angestrengte Schnauben des Wallach laut in ihren Ohren.
      Vor ihr prallten die ersten Pfeile vom Kopfsteinpflaster ab, zerbrachen unter den trommelden Hufen der Pferde. Durch das Pfeifen des Windes hörte sie immer wieder das Sirren in der Luft, dass die tödlichen Geschosse ankündigte.
      "Haltet sie auf!" Die Stimme wurde vom Tor hergetragen, wo die Wachen sich eilten eine Barrikade zu errichten. Sie hatten nicht vor die Mörder ihrer Kameraden und ihres Hauptmannes einfach fliehen zu lassen. Speere wurden in Boden getrieben. Eine tödliche Hürde wenn die Pferde mit brachialer Wucht hineinranten. Sie hatte es oft genug auf den Überresten der Schlachtfelder gesehen. Eine Lücke in dem Wall abzupassen würde einiges an Geschick erfordern. Hinter den Speeren hatten sich zwei Bogenschützen positioniert die die Flüchtenden ins Visier nahmen. Die Pfeile waren bereits zum Schuss gespannt, als einer der Schützen den Bogen zögerlich senkte. Viola spürte, dass er sie ansah, über den Hals des Pferdes hinweg.
      "Wartet!" Die Wache vereengte die Augen konzentriert zu Schlitzen. Was er sah, waren die roten Haare die wild ihr Gesicht umrahmten und über ihre Schulter wehten. "Das ist Viola!" Bei dem Bogenschützen handelte es sich Helenas Verlobten. Er war also nicht unter den Feiernden. "Sie haben eine Heilerin als Geisel genommen!" Rief ein anderer. Unsicherheit machte sich in den Linien breit. Aber es würde niemand kommen, der ihnen einen Befehl geben würde. Das war eine Chance. Der Pfeilregen ließ für einen Augenblick nach.
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    • Elfen und Co KG

      Sie preschten weiter vor, während Andvari den herannahenen Pfeilen auswich. Es war nicht einfach, in den engen Gassen mit großen Pferden zu navigieren und die Tiere wurden mit jeder Minute, die sie über das Kopfsteinpflaster preschten, unruhiger. Lhoris wirkte besorgt und riss seine Schwerter aus den Scheiden. Gerade rechtzeitig, wie sich zeigte, denn ein weiterer Pfeil fand von links sein Ziel durch die Gasse. Mit einer grazilen und beinahe beiläufigen Bewegung wehrte er den Pfeil ab und verzichtete darauf, dem SChützen hinterher zu jagen. Sein Herr war wichtiger.
      Doch dann..
      Das Tor kam in Sichtweite und hinter den Speeren bauten sie Schützen auf. Gar nicht dumm, wenn man die Ausgangslage betrachtete. Doch etwas stimmte nicht. Lhoris bemerkte es als erster, ehe Andvari einen Hang danach bekam. Sie schossen nicht. Dieser eine Bogenschütze, der den Bogen kaum merklich senkte, wirkte verstört als er ihren Namen sah und der Elf blickte seine Reitbegleitung an,die er beinahe unter sich begraben hatte. Sie hatten nicht die Zeit, anzuhalten.
      "Fort mit Euch!", donnerte Andvari so laut er konnte und zog ebenfalls sein Schwert.
      Nur Sekunden tat es ihm Nuala gleich und ihre Schwerter leuchteten wie Sterne in einer unheilsschwangeren Nacht. Die Geschwindigkeit der Pferde war bereits zu hoch. Er musste darauf hoffen, dass sie früh genug springen konnten und zur Not die Pferde opfern. Es blieb nichts anderes.
      "Fort! Oder ich töte!", rief er dem Bogenschützen zu und drehte mit einer grazilen Bewegung das Schwert in seiner Hand.
      Mit der Linken griff er unter Violas Brust und zog ihren Oberkörper dicht vor seinen, ehe die kalte, scharfe Klinge an ihrem Hals weilte. Er atmete schwer, die Wunden schmerzten ihm. Am Ungleichgewicht seines Rückens bemerkte er, dass auch mindestens ein Pfeil ihn getroffen haben musste. Er betete zu allen Göttern dass es reichte.
      "Wir müssen springen, Herr!", rief Lhoris und wurde nicht langsamer.
      Eine kritische Situation.

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    • Viola

      Jede Sekunde die verstrich, war eine Sekunde zu viel. Vom Stadtkern Milans aus näherten sie die eiligen Schritte weiterer Wachen der Garde, die den langen Weg über die Hauptallee gemacht hatten. Von allen Seiten würde man die kleine Gruppe einkreisen. Viola zweifelte nicht daran, dass selbst die geschickten, kriegerischen Elfen nichts gegen einen solchen Aufmarsch ausrichten konnten.
      Die Gedanken wurden unterbrochen, als sich ein Arm schraubstockartig um ihren Körper schlang. Ohne das Atlaskraut hätte sie vermutlich geschrien, so spürte sie nur den unangenehmen Druck auf ihre angeschlagenen Rippen. Was hatte Andvari vor? Die Worte rangen alarmierend in ihren Ohren und eine eisige Kälte rann durch ihre Adern, als sich kalter Stahl an ihren Hals legte. Reflexartig hob Viola das Kinn und hielt erschrocken die Luft an. Von selbst schoss eine ihrer Hände nach oben und krallte sich um den Arm, der sie gegen die breite Brust des Elfen drückte. Es war erstaunlich, dass er ihre Haut am Hals nicht anritzte bei der todesmutigen Geschwindigkeit der Pferde. Der braune Wallach folgte von selbst seinen beiden gehuften Gefährten und steuerte ebenfalls direkt auf das Tor zu. Sie würden nicht anhalten können...
      Viola wagte es zu atmen und löste trotz des holprigen Ritts die zweite Hand aus der Mähne des Wallach. So hoffnungslos es auch war, sie hatte nur diesen einen Versuch. Zögerlich, ihr Gleichgewicht haltend, hob sie ihre freie Hand mit der Handfläche nach vorn in Richtung des Bogenschützen. Es war eine gerringe Chance, dass er ihre kleine Geste überhaupt bemerkte. Und sie bat jede Macht des Universium darum, dass er verstand. Helenas Verlobter zögerte sichtlich, während die Pferde immer näher kamen. Man sah förmlich wie seine Schultern geschlagen herunter sackten und er den Bogen bei Seite warf, ehe er den nächstgelegenen der Speere aus den Boden zog. Mit einer hektischen rudernden Bewegung seiner Hand, setzte sich auch langsam die anderen Wachen in Bewegung. "Lasst sie duch!" - "Was?!" Er drückte dem nächsten Soldaten den Speer gegen die Brust. "Ich sagte...durchlassen! Oder willst du riskieren, dass diese Wilden ihr die Kehle aufschlitzen? Vergiss nicht, dass du es ihr verdankst, dass du zurück zu deiner Familie kannst. Also, beweg dich endlich!" Der Bogenschütze blickte über die Schulter und sah noch, wie die drei Pferde samt Reiter duch das Tor preschten, nachdem man den Hufen förmlich aus dem Weg gesprungen war. "Hoffentlich weißt du was du tust...Wo bist du da nur hineingeraten." Flüsterte er nur, bewust, dass Viola sich freiwillig auf diesem Pferd befand. Wie sollte er das nur Helena erklären?
      Unter den trommelden Hufen wirbelte der Schnee in die Nacht hinauf, während die Reiter in der Dunkelheit verschwanden und ratlose Männer zurückließen. Wäre das Schwert und der Arm nicht gewesen, wäre die Heilerin erleichtert nach vorne gesackt.
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      Die Nervosität stand selbst Andvari auf das Gesicht geschrieben.
      Bleich wie eine getünchte Wand blickte er die Bogenschützen an und malte sich bereits aus, welche Kräfte von den Seiten auf sie eindringen konnten. Sie konnten unmöglich gewinnen. Sicherlich würden sie einige mitnehmen, aber niemals genug. Und während er schwer ein und ausatmete erinnerte er sich an die verletzten Rippen der jungen Frau. Es tat ihm ohnehin schon Leid, sie als Unterpfand nehmen zu müssen, aber was sollte er tun. Er war bei Barbaren gelandet.
      Doch dann nahm der Bogenschütze seinen Bogen herab und schuf eine Furt für sie.
      Einen Moment zweifelte Andvari an ihrem GLück und Lhoris' Blick nach zu urteilen, der sich schlagartig zu seinem legte, dachte dieser dasselbe. Nuala schwieg ausnahmsweise, doch auch ihr stand die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Sie war wie ein wildes Tier wenn man sie auf die Männer losließ, aber hier wirkte sie eher ängstlich.
      Während dieser eine Soldat seine Männer regelrecht beiseite schob, trieb Andvari sein Pferd an. Kaum zu glauben, dass dieser Wallach noch schneller konnte, aber durchaus: es war möglich. Muskelbepackt wie dieses Tier war, spannte es allen Rest an Kraft an und legte nochmals zu, während seine Gefährten kaum hinterher waren.
      "Du bist verletzt", rief Lhoris und deutete unheilsschwanger auf seinen Rücken.
      "Wir reiten!", sagte Andvari und biss die Zähne zusammen. Es schmerzte. Es schmerzte sehr. "Wir reiten ein paar Meilen, dann lassen wir die Frau frei!"
      Als sie durch das Tor in die Nacht hinaus galloppierten und der Schnee ihnen einen natürlichen Schutz bot, nahmen sie langsam das Tempo heraus. Sicherlich würden sie noch eine Weile galloppieren müssen, aber man musste nicht mit voller Geschwindigkeit vorgehen. In einer dreifaltigen Bewegungskette schob Andvari sein Schwert wieder in die Scheide und ließ seine Hand etwas tiefer auf die Höhe von Violas Bauch wandern. Nicht, um ihr ein Leid anzutun, aber der Ritt würde holprig und einen weiteren Verletzten konnte er sich nicht leisten.
      "Von der Straße ab", rief er und beinahe gleichzeitig schlugen Nuala und Lhoris wie er selbst nach links in das dichte Unterholz des kurzen Waldstückes, das sie bis zur Grenze der Bergkette begleitete. Dort würden sie zumindest Schutz und Obdach finden, sofern sie es brauchten. Der Schnee wirbelte mit jedem Schritt der Pferde auf und alsbald würden sie anhalten müssen. Andvari fror leicht bei den eisigen Winden, doch eine Möglichkeit einer Behausung hatten sie nicht.
      Die Sterne mussten ihnen den Weg weisen.

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    • Viola

      Der stetig fallende Schnee würde ihre Spuren zuverlässig verdecken und sollten ihnen dennoch Verfolger auf den Fersen sein, würden die sie keine verräterischen Hufabdrücke mehr finden. Niemand wäre so leichtsinnig mitten in der Nacht bei dieser Wetterlage in ein Schneegestöber zu reiten. Die Anspannung fiel von ihren Schultern ab. Die Klinge, die noch zuvor bedrohlich über ihrem Hals geschwebt hatte, war beinahe völlig vergessen. Das Tempo nahm langsam ab und doch war von Ruhe nichts zu spüren. Im gemäßigten Galopp ritt die kleine Gruppe immer tiefer in die Wälder. Die kargen Baumkronen boten zwar einen kläglichen Schutz gegen Wind und Eis, aber es war besser als auf offener Fläche zu reiten. Unter den schweren Hufen knirschte und knackte es im Unterholz.
      Die Hand auf ihrem Bauch war beinahe so eiskalt, wie die beißende Nachtluft. Ihre Hand umklammerte noch immer Andvaris Unterarm, spürte das Zucken und die Anspannung der Muskeln darunter. Der Atem in ihrem Nacken war schwer und zeugte von Erschöpfung. Zaghaft, kaum spürbar übte sie ein wenig Druck mit ihren Fingern auf die kühle, blasse Haut aus. Viola brauchte nicht über Schulter nach hinten zu sehen, um zu wissen, dass die Kräfte den Elfen verließen. Nach der sträflichen Vernachlässigung der letzen Tage war es ein Wunder, dass er nach dieser kräftezehrenden Flucht noch nicht von dem Wallach gekippt war. Seine Haltung hatte sich verändert, Viola spürte es in ihrem Rücken.
      "Halt an." In ihrer Stimme lag ein Zittern, allerdings von der anhaltenden Kälte, die sich in ihre Knochen fraß. "Du hast Schmerzen." Sie hatte den Pfeil im Rücken des Elfen noch nicht bemerkt, wie hätte sich auch in ihrer Position. Als sie keine Reaktion bekam, schloss sie kurz die Augen. Ratlos wohin sie sollten oder wo Andvari sie hinführte. Ohne einen Unterschlupf oder Schutz, ohne die Möglichkeit einer Rast, wusste sie nicht wie lange sich der Elf noch auf dem Pferd hielt.
      Im Nachhinein konnte Viola nicht sagen, ob ihre Entscheidung wirklich klug gewesen war. Aber der Gedanke kam ihr erst, als sie mit der freien Hand bereits nach einem der Zügel griff. Mit einem etwas ruppigen Zug griff sie in die Zügel und brachte den braunen Wallach mit einem Schnauben zum stehen. Erst jetzt wagte sie einen Blick über die Schulter und entdeckte im fahlen Licht der Sterne die ramponierte Feder eines Pfeils über seine Schulter aufragen.
      Etwas weniger selbstbewusst glitt ihr Blick zu den beiden anderen Elfen, die seit ein paar Meilen sehr schweigsam gewesen waren.
      "Wir müssen rasten." Brachte sie nur hervor. Sie wusste nicht mal ob die anderen ihre Worte verstanden. Viola blickte dabei Lhoris an, auch wenn er für sie nur Kälte in seinem Blick hielt, erschien er ihr zugänglicher als seine weibliche Begleitung.
      “We all change, when you think about it.
      We’re all different people all through our lives.
      And that’s OK, that’s good, you gotta keep moving,
      so long as you remember all the people that you used to be.”
    • Elfen und Co KG

      Der Schnee war betäubend schön.
      Andvari erinnerte sich an seine Mutter, wenn er durch die kalten Auen dieser Lande ritt und die weißlichen Spuren an den Bäumen betrachtete. In der Luft lag der Geruch von Nässe und gleichsam Gleichgültigkeit, so als wisse die Natur, dass sie stets exstieren würde, komme was da wolle.
      Das schwere Knrischen der Hufe wurde sein Wiegenlied als er merkte, dass ihm die Augen zufielen und er den zarten Druck auf seinem Arm merkte. Doch ehe Viola ein Wort gesagt hatte sackte sein Kopf langsam auf ihren Scheitel und für eine Sekunde atmete er den Duft der jungen Frau ein. Sie roch nach Kräutern, vielleicht war dort ein Rest von Schweiß, aber durchweg konnte er sich nicht erinnern jemals etwas vergleichbares gerochen zu haben.
      Als Viola nach dem Zügel griff, spannte Nuala ihre Muskeln an und keifte in Lhoris Richtung, der umgehend sein Pferd anhielt. Er ward einen ärgerlichen Blick zu der HEilerin und anschließend zu Andvari.
      Ein kurzes Nicken und ein kurzer Blick Nuala sorgten für einen umgehenden Stopp des Trosses. Die junge Elfin sprang von ihrem Pferd und versorgte Lhoris' gleich mit, als dieser sich von seinem herabließ.
      Er blickte zu Viola.
      "Ihr habt gesagt, wir müssen rasten. Weshalb..."
      Lhoris sprach die Sprache der Menschen ohne jeglichen Akzent und beinahe perfekt. Seine Stimme war wie ein sanftes Flüstern im Wind, aber dennoch kraftvoll und bedächtig. Er warf die Kapuze zurück und entblößte das schwarze, seidenglatte Haar und die darunter liegenden, beinah schwarze Augen.
      Erst jetzt sah ebenfalls den gefiederten Pfeil, der seinem Herrn aus dem Rücken ragte. Die Spitze hatte die Brust durchschlagen und steckte knapp unter dem Schlüsselbein. Lhoris griff ohne zu Fragen nach seinem Herrn und zog ihn behutsam, doch kraftvoll vom Pferd, um ihm in sanftem Schnee zu betten.
      Ein kurzes, geflüstertes Wort und ein Feuer aus seiner Hand brannte einen kleinen Kreis im Schnee frei, sodass die Erde darunter sichtbar wurde.
      "Er nannte Euch Heilerin", murmelte Lhoris und sah Viola an. "Würdet Ihr ihm erneut helfen? Gegen Bezahlung versteht sich. Helft ihm, und Ihr seid frei!"
      Nuala betrachtete die Situation missbilligend, als sie auch das dritte Pferd zur Lichtung führte.

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    • Viola

      Beinahe sanft ruhte das Gewicht seines Kopfes an ihrem und dennoch fühlte es sich für die junge Heilerin wie eine tonnenschwere Last an. Selbst eingesperrt wir ein wildes Tier in einem Käfig war Andvari immer Herr seiner Sinne gewesen. Etwas in ihr regte sich beunruhigt. Das war nicht gut. Viola spürte die flachen Atemzüge an ihrem Scheitel und drückte noch einmal von Sorge geplagt, den Arm des Elfen um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber er driftete bereits davon.
      Überrascht blickte sie zu Lhoris hinab. Um ehrlich zu sein, hatte sie nicht erwartet, ihre eigene Sprache so klar aus seinem Mund zu hören. Violas brauchte nichts zu sagen. Der schwarzhaarige Elf hatte die Lage binnen weniger Wimpernschläge erfasst und zog Andvari mit umsichtiger Vorsicht vom Rücken des Wallachs. Mit steifen Gelenken von dem langen Ritt, glitt die junge Frau ebenfalls aus dem Sattel. Es war sicherlich nicht ideal unter freiem Himmel zu bleiben, aber sie konnten nicht wählerisch sein. Kurz presste sie nachdenklich, die vom kalten Wind spröden und Lippen auf einander. Es stand völlig außer Frage, dass sie ehrlich bekümmert und besorgt um Andvari war.
      Vorsichtig ließ sie sich im Schnee neben Lhoris und dem Verletzten nieder und ließ ihren Blick über Pfeilspitze, die blutig unter seinem Schlüsselbein hervorragte. Bitter nahm sie auch die eine oder andere entzündete Naht war. Diese Tölpel von Gefängniswärtern hatten ihre ganze Arbeit sabotiert. Mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen schüttetle Viola den Kopf.
      "Dafür würde ich nie einen Bezahlung verlangen." Wisperte sie. "Meine Leute haben ihm das angetan. Das Gerringste, was ich tun kann ist zu helfen." Bedächtig legte sie eine Hand auf den Schwung des Schlüsselbeines. "Wir müssen die Spitze kappen und den Schaft vorsichtig entfernen. Es wird schmerzen. Ich brauche etwas um die Wunde danach zu verbinden. Die Schulter muss stabilisiert werden. Wenn er sie zu sehr bewegt, könnte er mehr Schaden anrichten." Im Schlimmsten Fall würden die Muskeln so stark beschädigt, das seine Bewegung dauerhaft eingeschränkt war. Eine verschneite Lichtung ohne das richtige Werkzeug war keine gute Vorraussetzung.
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    • Elfen helfen

      Lhoris handelte schnell. Auch wenn er es merkwürdig fand, dass gerade eine menschliche Heilerin einen Elfen versorgte, so machte es doch wesentlich mehr Sinn als diesen hier sterben zu lassen. In dem Blick der jungen Frau erkannte er ehrliche Besorgnis um seinen Herrn. Die Frage war nur, wieso? Menschen hatten grundsätzlich mit Elfen nichts zu schaffen. Weshalb also riskierte diese Frau so viel für einen Klassenfeind, der ihr Land niederbrannte?
      Diese Fragen, so dachte er, konnte er sich auch später beantworten. Zunächst galt es, Andvari so gut es ging zu versorgen. Hinsichtlich des Verbandsmaterials rief er nach Nuala. Die blonde Elfe hatte sich die ganze Zeit über skeptisch zurückgehalten und blickte auch jetzt nicht wirklich freundlich drein, als Lhoris sie um ihren Mantel bat. Jedes Kleidungsstück war weniger Wert als dieser Elf. So zumindest war seine Überzeugung. Nuala schüttelte sich kurz vor Kälte, als sie den Mantel herunter nahm und mit ihrem Schwert drei, vier grosse Bahnen an Stoff herausschnitt. Es sollte als Verband durchaus ausreichen.
      Hinsichtlich des Pfeilschaftes nahm sich Lhoris selbst des Herrn an. Er zog ein Schwert aus der Scheide und richtete es gegen den Mondstrahl aus. Die Klinge leuchtete leicht bläulich im Widerschein und machte es unmöglich eine Bewegung vorher zu sehen. Er drehte Andvari mit zwei gezielten griffen auf die Seite, sodass die durchbohrte Seite oben lag. Ein schneller, gekonnten Hieb, der leider auch einen Schnitt am Arm des Elfenprinzens beibrachte und die Pfeilspitze glitt in den Schnee hinab. Anschliessen ging er neben Viola und vor seinem Herrn in die Knie und drücke von vorn gegen die Schulter.
      "Ich hoffe, das ist ausreichend, Heilerin ", murmelte er und Schweiss zeigte sich auf seiner Stirn. "Ich bitte Euch: dieser Elf muss leben. Er muss der nächste König werden sonst wir alle des Todes..."
      Es gehörte sich nicht ein derartiges Geheimnis zu verraten. Aber selbst nuala blickte mehr besorgt zu dem Körper des Anführers als sich um Regeln zu scheren.

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    • Viola

      Mit Dankbarkeit in den grünen Augen beobachtete Viola, wie Lhoris mit einem gekonnten Hieb die Pfeilspitze vom Rest des Geschosses trennte. Mit den eigenen erkaltet Fingern hätte sie die Spitze sicherlich nicht sauber abbrechen können. Splitter in der Wunde wären eine fatale Gefahr gewesen. Die Kunst der Elfen würde für sie wohl ewig ein Geheimnis bleiben.
      Die Heilerin nahm einen tiefen, konzentrierten Atemzug ehe sie sich ebenfalls über den verletzten Elf beugte und um seine Schulter herum griff. Mit einem kurzen Nicken sah sie zu Lhoris auf. Es war klar zu sehen, wie sehr sich der Krieger sorgte. Und wie viel der Prinz, der Gedanke saß immer noch schwer in ihrem Hinterkopf, beiden Gefährten am Herzen lag. Bis in den Tod treu, da war sich Viola sicher. Die Stoffstreifen aus dem Mantel, hatte sie griff bereit neben sich gelegt. Die Heilerin bemühte sich, das ernorme Gewicht von Lhoris' Worten nicht auf sich wirken zu lassen. Statt dessen blickte sie in das Gesicht Andvaris. "Ich werde tun, was ich kann. Das verspreche ich."
      Obwohl Viola entsetzlich fror, waren ihre Hände ruhig. Die Finger schlossen sich entschlossen um den Schaft des Pfeiles. Noch ein Atemzug dann übte sie einen gleichmäßigen Zug aus und zerrte das Geschoss so vorsichtig wie sie konnte aus dem geschundenen Fleisch. Kein Zweifel das der Schwarzhaarige seinen Herrn halten würde, wenn der Schmerz einsetzte. Allerdings hoffte Viola, dass Andvari die Prozedur durch seine Bewusstlosigkeit gar nicht erst bemerkte. Mit einem ekelhaften, schmatzenden Geräusch bugsierte sie die letzten Zentimeter glatten Holzes aus der Wunde.
      Sofort presste sie ihre Hand gegen die offene Wunde, übte Druck auf die Blutung aus. Der Pfeil fiel lautlos, blutig in den Schnee, der sich augenblicklivh mit der warmen Flüssigkeit vollsog und schließlich dahin schmolz. Ohne ihre Habseligkeiten, musste sie mit dem arbeiten, was sie hatte. Aber oft war es auf den Feldern des Krieges nicht anders. Manchmal blieb es nur zu hoffen. Wenn der Pfeil die Lunge nicht punktiert hatte, würde er leben. Da Andavri atmete und sich seine Brust gleichmäßig, wenn auch träge hob, war Viola guter Dinge.
      Mit geschickten und routinierten Griffen schlang sie den Stoff um Schulter und Brustkorb. Sie bedeutete Lhoris nur kurz seine Hand fortzunehmen und Andvari leicht aufzurichten. Mit den behelfsmäßigen Verbänden, fixierte Viola den Oberarm am Körper, um die Bewegung einzuschränken. So lange der Arm ruhig blieb, war es beinahe unmöglich die verletzen Muskeln in Schulter und Rücken zu bewegen. Mit dem letzten festen Knoten, lehnte sie sich zurück und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn.
      Ihr Blick viel auf den seicht blutenden Schnitt knapp über dem Ellbogen des Prinzen. Ohne Zögern riss sie einen Fetzen Stoff aus ihren Röcken und wickelte den tiefgrünen Stoff um den feinen Schnitt.
      Erst als Andvari wieder ruhig im Schnee lag, legte Viola zögerlich eine Hand, federleicht dabei, über die Wange des Elfen.
      "Er ist zu kalt." Ihr Blick hob sich zu Lhoris. "Ist ein Feuer zu riskant?"
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    • Elfen helfen

      Lhoris galt als umsichtiger, ruhiger und doch recht gewaltiger Krieger im Lande der Elfen.
      Doch heute wurde nicht nur seine Geduld, sondern auch seine Loyalität mehrfach auf die Probe gestellt. Zunächst schleifte der Herr eine junge Frau mit sich, an der er scheinbar Gefallen gefunden hatte und jetzt rettete diese Menschenkind einem Elfenfürsten (nun vielleicht ja auch erst bald ) das Leben. Vermutlich erneut, wenn er die Blutschuldrede des Herrn richtig deutete.
      Sie drückte den Pfeil zurück und Andvaris Körper begann leicht im Schnee zu zucken. Blaues Blut rann aus der Wunde und färbte den schnee surreal himmelblau, während leichter Rauch von der Flüssigkeit aufstieg. Lhoris Hand fand seinen Weg zur Schulter seines Meisters und hielt sie gerade. Die Ohnmacht war den Götter sei dank tief und undurchdringlich wie ein Zwergenschild. Als Viola die Verbände schlang, mahm er seine Hand auf Kommando und anschließend wieder auf dieselbe Stelle. Ein Anheben war nur unter der Zuhilfenahme Nualas möglich, die merkwürdig agil und zärtlich vorging. Beinahe glaubte Lhoris zu sehen, wie sie die Brust des Elfen einen Moment lang zu lang anfasste.
      Ein warnender Blick erreichte sie und Nuala blickte ertappt zu Boden.
      "Menschenhände wissen nicht was sie tun", spie sie aus und Lhoris bedeutete ihr mit einem Zischen zu schweigen. Es wwar nicht die Zeit, zu streiten.
      Lhoris bewunderte die Schlinge, die sie mit den wenigen Stoffbahnen knüpfte und zog anerkennend die Brauen hoch. Als sie ihn auch noch so sanft berührte, zweifelte langsam auch der Krieger an etwas.
      "Ein Feuer ist gefährlich...Aber ich befürchte, es ist unumgänglich. Naula. Such Holz!"
      Während die Elfin ein paar Holzstöcke zusammen klaubte, die sich hier Gott sei Dank recht zahlreich unter der Schneekappe befanden, schmolz Lhoris weiter den Schnee mit bloßer Berührung. Darunter kam gräuliches Wintergras zum Vorschein, was den Herrn vielleciht etwas bequemer liegen ließ.
      Das nasse Holz wurde aufgeschichtet und Lhoris kniete sich davor. Der schwarzhaarige Elf streckte eine Hand aus und wirkte für einen Moment schlafend, ehe sich seine Stirn vor Anstrengung in Falten legte. Mit gleichem Moment wurde der Raum um ihn merklich wärmer. Das Holz begann zu dampfen und irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit des leisen Knisterns und Knackens begann es Funken zu schlagen und sachte zu glühen.
      Nuala flog herbei und blies Atem in die Glut, bis sich Flammen bildeten, die sie mit den restlichen getrockneten Holz anstacheln konnten.
      "Ihr seid talentiert und kundig", murmelte Lhoris, während er Zunder zugab. "Wo habt Ihr Eure Kunst gelernt? Und warum helft Ihr meinem Herrn so gut?"

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    • Viola

      Viola blieb an der Seite des Andvaris, während seine Gefährten ein Feuer gegen die Kälte entfachten. Die Elfen mochten zäh sein, aber auch der stärkste Kämpfer kam irgendwann an seine Grenzen. Welche Macht Lhoris auch nutzte, um die Flammen anzutreiben, schien ihn Kraft zu kosten. Sie erkannte die Zeichen der Anstrengung in seinem Gesicht. Und Nuala, die Elfin schien nur widerstrebend zuzulassen, dass sich Viola überhaupt dem Verletzten im Schnee näherte. Etwas sagte der Heilerin, dass dort mehr war, als es den Anschein hatte.
      Erst als Andvari im Schein des Feuers lag und sein Körper scheinbar zur Ruhe kam, zog sich Viola zurück und setze sich mit etwas Abstand an das Feuer. Nur kurz erlaubte sie sich einen Blick auf die drei Gefährten, nahm die besorgten aber auch zwiegespaltenen Blicke war. Ihr wurde, seltsam schmerzlich bewusst, dass sie nicht mehr war als ein Eindringling in diesem engen Kreis. Lhoris und Nuala hatten ihr Leben riskiert, um ihren verlorenen Kampfgefährten und Herrn zu befreien.
      Mit gesenktem Blick streckte sie die bereits tauben Finger dem wärmenden Feuer entgegen und hätte beinahe erleichtert aufgeseufzt. Für eine Reise durch den Schnee und das bei eisigkalter Nacht war sie nicht gekleidet. Aber es würde schon gehen. Viola war schon mit weniger ausgekommen. Vielleicht würde sie ein Dorf erreichen können, wenn sich ihre Wege trennten. Sie würde nicht zurück nach Milan gehe. Erst musste Gras über die Sache gewachsen sein. Sie fürchtete sich vor den Fragen. Und es war ausgerechnet Lhoris, der eine von ihnen stellte.
      Viola zuckte in sich zusammen und sah erschrocken auf. Die Schritte im Schnee hatte sie nicht einmal gehört. Mit einem tiefen Atemzug legte sie eine Hand auf ihr rasendes Herz. Sie nickte dankbar ob der anerkennenden Worte. Viola schwieg eine endlos lange Minute, es war als hätte sie ihre Stimme verloren während sie nach den richtigen Worten suchte. "Es gibt einen Orden. Die blaue Rose. Dort werden die besten Heilundigen ausgebildet. Ich hatte Glück, dass nach der Ermordung meiner Familie ein Kleriker des Ordens Mitleid mit mir hatte. Er hat mich aufgenommen und mich alles gelehrt." Ihre grünen Augen flackerten im Schein der Flammen. Es fiel ihr leichter zu sprechen, wenn sie seinem Blick dabei nicht standhalten musste.
      "Aus Schuld, Dankbarkeit, Naivität..." Erschöpft fuhr sie sich mit den Handballen über die Augen. "...Aber ich habe mich entschieden zu helfen, weil ich es wollte. Es schmerzt ihn so zusehen. Macht das Sinn?" Vorsichtig legte sie den Kopf zur Seite und sah Lhoris an. Viola trug ihr Herz auf der Zunge. Aber was würde es schon für einen Unterschied machen, Andvari und seine Gefährten würden sie eh fortschicken.
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    • Elfen helfen u Co KG

      Lhoris setzte sich ihr gegenüber an das Feuer und betrachtete den Tanz der Flammen.
      Sanft schlängelte sich der Rauch durch die kalte Nacht und selbst bei dem Elfen sah man die Dampfschwaden, die der heiße Atem auslöste, wenn er mit kalter Luft in Berührung kam. Lhoris warf seinen Mantel über die Schultern ab und schob ihn um das Feuer herum zu der HEilerin. Sie hatte es sich wahrlich verdient, obgleich er immer noch mit Argwohn die Menschenfrau mit den Feuerhaaren anstarrte.
      "Ein Orden...", wiederholte er. "Euer Meister hat Euch wahrlich gut gelehrt. Eure Kunst ist wahrhaftig ein Segen in dieser kalten Nacht. Und auch wenn ich es nicht gerne sage, bin ich Euch dennoch dankbar, dass Ihr meinen Herrn gerettet habt. Erneut, würde ich meinen."
      Lhoris verlor ein sanftes Lächeln und mit einem Mal erschien sein Gesicht um zehn Jahre jünger. Auf dem Kinn und den Fangen zeigte sich im Fackelschein des Feuers ein leichter Bartschatten und dunkle Ringe unter den Augen. Der Elf war einige Nächte hindurch gereist und zeigte nun auch Anzeichen voller Erschöpfung.
      Nuala setzte sich in einigem Abstand zum Feuer an einen Baum und beobachtete die Pferde nebst der Menschenfrau.
      Lhoris kicherte leicht während sie irhe letzte Antwort gab.
      "Ich denke, Vieles ergibt keinen Sinn, wenn man genauer darüber nachdenkt. Und so muss ich Eure Frage leider mit "Nein" beantworten. Wir sind Feinde, die Euer Land verheeren und Eure Männer töten. Und dennoch helft Ihr einem Bastardsohn des Königs, der Euch mit nichts als Eurer Freiheit entlohnen kann."
      Lhoris blickte liebevoll zu seinem Freund und Herrn. Wie viele Jahre waren sie bereits gemeinsam unterwegs und hatten sich den verschiedensten Gefahren gestellt? Als er an dem entblößten Leib des Herrn herabblickte erkannte er diverse Narben, deren Geschichten ihm nur allzu präsent waren.
      "Was habt Ihr vor, wenn Ihr frei seid? Ich denke, dass sich unsere Wege alsbald trennen müssen, wenn Ihr nochmals Anschluss in Eurer Gemeinschaft finden wollt..."

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    • Viola

      "Bitte hört auf euch zu bedanken." Der jungen Heilerin war es beinahe unheimlich, dass Lhoris scheinbar doch reichlich freundliche Worte für die übrig hatte. Die ganze Situation war so sonderbar, dass ihr fast lieber wäre, der Elf würde sie mit eisigem Schweigen strafen. So wie es seine Begleiterin tat, die es scheinbar vorzog, einen gebührenden Abstand zu waren. Zögerlich, aber schließlich doch erleichtert griff sie nach dem angebotenen Mantel. Der eisige Wind überzeugte sie davon, das großzügige Angebot anzunehmen. Viola versank regelrecht in dem schweren, wärmenden Stoff, der sich weicher anfühlte, als alles was sie je besessen hatte. Die Hände verschwanden ebenfalls unter dem Stoff, bis nur noch der rote Haarschopf hinaus schaute. "Mein Lehrmeister war ein gütiger Mann. Nicht viele hätten eine mittellose, traumatisierte Waise aufgenommen." Ein Hand kroch aus dem schweren Mantel hervor, während sie in einer vertrauen Geste die Narben in ihrem Gesicht berührte. Seufzend strich sie sich das Haar zurück, die Fingerspitzen wandereten gedankenverloren weiter zu dem langsam verblassenden Bluterguss auf ihrer Wange. Sie konnte es kaum noch spüren, wenn sie die Haut berührte. In ein paar Tagen würde nur noch die Erinnerung an diesen Tag übrig bleiben.
      Das leise Kichern war beinahe surreal. In einem anderen Leben hätten sie wie Reisegefährten gewirkt, die sich beiläufig über den Schein des Feuers unterhielten. Viola konnte nicht abstreiten, das auch Lhoris ein erhabene Schönheit besaß. Es war wunderlich, wie sich die Erinnerung und das Bild in ihrem Kopf, dass sie von dem elfischen Feinden hatte sich immer mehr von dem entfernte, was man sie gelehrt hatte. Was sie selbst am eigenen Leib erfahren hatte. "Nein, vermutlich habt ihr recht. Es ergibt keinen Sinn. Aber er hätte mich zurücklassen können. Mir wäre vermutlich nichts passiert, Ich bin keine Närrin, Lhoris. Mir ist bewusst, dass ihr mich als Pfand mitgenommen habt, falls man euch entdeckt. Aber er hatte die Wahl, genau wie ich." Trotzdem lag ein Lächeln auf ihren Lippen, schwach und zerbrechlich. Unter dem Mantel berührte ihr Handrücken, den grünen Beutel an ihrem Gürtel.
      "Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wohin ich gehen werden. Zurück nach Milan und meinem Tross kann ich nicht. Auch wenn ihr anders argumentiert. Die Männer sind nicht dumm. Sie werden bald ahnen, dass ich freiwillig hier bin." Mit einem Seufzen stand sie auf, gehüllt in den Mantel und löste den Beutel mit Atlaskraut von ihrem Gürtel. "Vermutlich werde ich mir irgendwo eine Ort suchen, der noch von den Schlachten unberührt ist. Ein kleines Dorf, ähnlich dem, in dem ich aufwuchs. Eine Heilerin wir überall einen Nutzen finden können. Ich habe fürs Erste genug vom Krieg, den Toten." Ihr Blick glitt zu Andvari. "Ich werde die Dinge, nie wieder wie zuvor betrachten können." Damit ging sie um das Feuer herum und reichte Lhoris den Beutel. Sie wusste nicht mit welchen Schmipftiraden und hässlichen Wörtern sie schon von der blonden Elfin belegt wurde. Diebin wollte sie nicht auch noch auf die Liste setzen.
      "Hier. Nehmt es zurück. Und mein Name ist Viola."
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