The Curse of Time {TobiMcCloud & Codren}

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    • Anthea wurde schnell wieder stumm, als Lucius erwähnte, mit der Fracht gesprochen zu haben. Eigentlich hätte sie es besser wissen müssen, als dass er so leichtsinnig geworden wäre, aber es nagte an ihr, den wichtigsten Teil dieser Verhandlung verschlafen zu haben und jetzt darauf angewiesen zu sein, sich auf Lucius allein zu verlassen. Nicht, dass es ihr Ego nicht zugelassen hätte - Lucius war fähig und sie übertrug ihm gerne die Verantwortung - aber sie hasste es, tatenlos zu sein. Es juckte ihr in den Knochen und in der pulsierenden Wunde, etwas zu unternehmen.
      Lucius sah dafür aus, als hätte er schon weitaus genug getan für diese Nacht, wenn nicht für die ganze Woche. Seine Wangenknochen wirkten irgendwie eingefallen und Schatten lagen auf seinem Gesicht, die dort sonst nicht waren. Und obwohl er es sicherlich bis zu einem gewissen Grad versuchte, konnte er nicht gänzlich vor ihr verheimlichen, dass er Schmerzen hatte.
      Sie beobachtete ihn eindringlich, während er ihr weitere Informationen vermittelte. Sie war tatsächlich zu vorschnell gewesen, er hatte ja sogar schon den Unterschlupf infiltriert. Jetzt blieb es nur noch dabei, den Weißhaarigen auch tatsächlich dort rauszuholen.
      "Aber das sind doch gute Neuigkeiten! Mach nicht so ein Gesicht und freu dich mal ein bisschen, Luce! Wir haben gute Fortschritte geleistet - du hast gute Fortschritte geleistet."
      Sie zog den Arm unter der Decke hervor und streckte sich, um Lucius' Knie zu tätscheln.
      "Wir schnappen uns den Weißhaarigen, verstecken ihn irgendwo in der Stadt, wo ihn weder Berek, noch irgendeiner dieser Anhänger findet und dann wird er die Spinne aus der Stadt vertreiben - und uns nebenher sagen, um was so ein fürchterlicher Aufwand betrieben wird. Kannst du dir vorstellen, was am Ende dieser Leiter auf uns wartet, Luce? Wir könnten reich werden; wir könnten mächtig werden! Wir könnten uns auf eine Stufe mit Einauge stellen!"
      Sie versuchte ihn weiter mit Vorstellungen zu locken, die ihm womöglich zusagen konnten, allein um den Schmerz zu übertönen, der trotz allem in seinen Augen glitzerte. Es schmerzte sie selber, ihn so zu sehen und nicht den munteren, frechen Lucius vor sich zu haben, der ihr stets einen Schritt voraus war, der sie stets von hinten überraschte, allein weil er es konnte. Dieser Lucius gefiel ihr viel besser als der, der im Moment vor ihr saß und die Lage mit einer Ernsthaftigkeit betrachtete, als würde er bald sein eigenes Grab schaufeln.

      Als sie sich nach einer ganzen Weile wieder trennten - Anthea war noch nicht fit genug, um das Bett zu verlassen - hatte er gewissermaßen drei Aufträge von ihr erhalten: Elraya finden, einen Zufluchtsort für den Weißhaarigen finden, den Weißhaarigen befreien. Für letzteres stellte sie ihm ihre Männer zur Verfügung, junge, energetische Tagelöhner, die nichts lieber wollten, als die Stadt mit ihrem Chaos aufzurühren.
      Elraya war nicht mehr ganz so schwer zu finden, wenn man bedachte, dass ihr natürliches Habitat die Dächer waren und sie sich kaum jemals an öffentlichen Orten blicken ließ. Es benötigte Lucius dennoch eine ordentliche Anzahl an Informanten, bis er den ungefähren Aufenthaltsort von Elraya ermittelt und sie schließlich auf einem der Dächer wiederentdeckt hatte. Bei seinem Näherkommen blickte sie auf und warf ihm giftige Blicke zu.
      "Was willst du denn hier? Brauchst du jetzt etwa doch meine Hilfe, hä?"
    • Lucius hörte sich an was Anthea ihm zu sagen hatte, oder viel mehr, was sie ihm befahl. Jede andere Person, inklusive der, bei der er sich nun entschuldigen sollte, hätten längst mit dessen Leben gespielt, doch kamen die Worte von Anthea. Der wohl einzigen Person die ihm Befehle geben durfte für die es keinerlei Limit gab.
      So wartete er auch keinen Augenblick ab und erhob sich. Zwar kreischte in diesem Moment jeder Muskel seines Körpers gequält auf und verlangte nach Ruhe und Schlaf, doch sah er wie wichtig es seinem Gegenüber war. Obendrein galt es keine Zeit zu verlieren.
      Ohne ein weiteres Wort zu verlieren marschierte er los, verließ das Versteck und schnellte durch die Gassen bis hin auf ein abgelegenes Dach um mit einem speziellen Pfeiflaut Anthea's buten Haufen an Verrückten zu sich zu ordern, welche allesamt so wirkten als würden sie eine Ausbildung darin machen so wirsch zu wirken wie Anthea selbst.
      Einige von ihnen wirkten verwirrt nicht Anthea anzutreffen, doch war einer unter ihnen der die Lage erklärte und versicherte dass man Lucius unter solchen Umständen trauen durfte. Woher er das wusste war Lucius komplett egal.
      Ein weiteres Pfeifen folgte.
      Nun versammelten sich auch die eigenen Leute. Schnell schon standen gut und gerne 40 Leute auf dem Dach mit Lucius in der Mitte. Ein Gefühl an welches er sich gewöhnen konnte.

      Eine Weile später, nachdem Lucius schon den ein oder anderen Punkt seines Plan's abgearbeitet hatte, fand er sich in der Nähe des vermuteten Unterschlupfs, dieses merkwürdigen Kultes, auf einem Dach wieder. Doch war es kein zufälliges. Es war das auf welchem Elraya ausfindig gemacht wurde. So trafen sie sich also nun zum zweiten Mal auf einem Dach, doch dieses mal schien sie beinahe schon damit gerechnet zu haben. Sie war weder erschrocken, noch wirkte sie überrascht. Ganz im Gegenteil. Nach einem Blick der einem Armbrustbolzen Konkurrenz machen konnte, warf sie schon mit ihrer schnippischen Art um sich, doch griff Lucius nur nach einem Rucksack den er unter dem Arm hatte.
      "Friedensangebot.."
      Gab er mit klaren Worten von sich und warf ihr den Rucksack zu.
      "Mir wurd gesagt du stehst drauf"
      Der Inhalt bot dem Rotschopf 4 Flaschen Drachenbräu dar. Obendrein die teure Variante die man in Shegar nicht auf der Straße kaufen konnte.
      "Bild dir aber nicht ein dass ich mich damit entschuldige. Das ist nur mein Angebot zum Waffenstillstand bis wir unseren Kram hier erledigt haben."
      Für einen kurzen Augenblick wartete er ab wie Elraya reagieren würde. Bisher machte sie ihm aber nicht den Anschein auf eine Wand gestoßen zu sein, also setzte er fort
      "Dich wird vielleicht interessieren, dass ich schon geschafft hab den Unterschlupf dieser Baumwollfreaks zu infiltrieren. Sogar mit diesem Aradan hab ich ein paar Worte gewechselt. War ganz baff der Gute als er hörte dass du noch immer versuchst ihm zu helfen."
    • Anstatt einer Antwort bot Lucius Elraya einen Rucksack an, in dem es verheißungsvoll klirrte, als sie ihn aus der Luft auffing. Das Gewicht war schon vielversprechend und sie hielt sich nicht lange damit auf, den Inhalt selbst zu erkunden. Zugegeben, es stand ihr zwar nicht im Sinn, irgendetwas für diesen Dummkopf von Lucius zu tun, geschweige denn für seine halbtote Freundin, aber das Argument in Form von vier Flaschen Drachenbräu war doch recht überzeugend.
      Sie holte eine hervor, schraubte sie auf und prüfte den Inhalt mit einem beherzten Schluck, auf den sie sich schütteln musste.
      "Ah... bäh... au."
      Nachdem das Brennen in ihrer Kehle nach ein paar Sekunden wieder gedämmt wurde, taxierte sie Lucius mit weiteren ungehaltenen Blicken, murrte dann aber missmutig.
      "Schön. Friede, vorübergehend."
      Seine Erwähnung von Aradan ließ sie kurz und grimmig auflachen.
      "Das sollte er auch sein! Ich hoffe, ihm ist klar, dass ich das nicht umsonst mache. Ich bin nicht so verweichlicht wie der Rest der Truppe, ich will einen Lohn für meine Arbeit."
      Sie schnaubte abschätzig, dann warf sie Lucius noch einmal einen Blick zu und seufzte dann resigniert.
      "Okay, lassen wir uns was einfallen. Komm mit."

      Sie umrundeten das Dach und kletterten dann auf das Nebendach hinüber, von wo aus sie einen Ausblick auf sowohl die Hauptstraße, als auch die Gasse unter sich hatten. Elraya hielt sich nicht lange mit irgendwelchen weiteren Ausschmückungen auf, nachdem Lucius wohl schon das meiste selbst herausgefunden hatte, sondern hockte sich auf die Fersen und zeigte im Licht des Mondscheins auf die Gasse hinab.
      "Ich habe drei Eingänge gesehen, aber nur zwei von ihnen werden benutzt - der an der Hauptstraße ist ihnen wahrscheinlich zu öffentlich. Wenn wir da aber einfach so reingehen, laufen wir noch in diesen bulligen Kerl vom Wagen; der mit dem Berek geredet hat, warst du dabei? Ist ja auch egal, dem will ich jedenfalls nicht nochmal über die Quere laufen, uh-uh, der könnte mich erkennen. Wir könnten sie aber ausräuchern, hä? Wie wäre das?"
      Sie neigte sich ein wenig zur Seite, lüftete den Überschlag ihres Oberteils und präsentierte eine Reihe von kleineren Bomben, mit denen sie auch schon in Shegar gearbeitet hatte. Dann kroch ein vorfreudiges Grinsen über ihr Gesicht.
      "Zwei von denen und die ganze Bude stinkt, als hätten zehn Kreaturen auf einmal reingeschissen. Was hältste davon? Wir ziehen uns Masken an, gehen rein und schleifen Aradan dann raus."
    • "Die drei Eingänge waren mir bekannt. Ich habe einen davon genutzt um hinein zu kommen. Den können wir also nun vergessen. Ist einfach zu riskant. Wenn diese Leute nicht komplett auf den Kopf gefallen sind, sollten die den Eingang nun abgesichert haben."
      Sprach Lucius analysierend vor sich hin ehe er die Hände an die Hüften legte und an Elraya's Verstand zweifelnd die Augenbraue hinauf zog.
      "Rauchbomben? Ist das dein Ernst? Was glaubst du wird passieren wenn du die benutzt um dort rein zu kommen? Hast du zufällig schon mal ein Wespennest in die Hände genommen und ordentlich geschüttelt? In etwa das wird passieren wenn wir so auffällig vorgehen. Nein. Wir müssen es viel cleverer angehen."
      Dabei fiel ihm Elrayas freizügiges Gefummel auf. Es schien sie kein Stück zu stören die Bomben aus ihr ohnehin schon lockeres Oberteil hervor zu holen.
      "Sag mal... Warum benutzt du nicht die beiden da? Der zweite Eingang. Da standen zwar drei von diesen Kutten rum aber wenn mich nicht alles täuscht, waren die noch ziemlich jung. Sicher sind die noch frisch dabei und leicht abzulenken, wenn du verstehst was ich meine. Spiel die betrunkene die leicht zu haben ist und nutze dann deine anderen Waffen. Von mir aus spring mit denen auch hinter die nächste Ecke und beschäftige sie während ich hinein gehe, Hauptsache es wird kein Alarm ausgelöst."
      Daraufhin wandte sich Lucius zu der Seite um aus welcher man den zweiten Eingang sehen konnte. Ein seufzen stieß hervor. Die Wachablösung hatte genau in diesem Moment dafür gesorgt, dass die drei noch immer jung wirkenden Burschen abgelöst wurden und nun zwei andere zurück ließen, die gut und gerne 1-2 Köpfe größer waren, edlere Lumpen trugen und trotz Kutte eine kampferprobte Statur verrieten.
      "Alles klar. Hat sich wohl erledigt. Sonst noch irgendwelche Einfälle?"
    • Elraya warf Lucius einen giftigen Blick zu, mit dem sie ihm weiszumachen versuchte, dass sowohl sie, als auch ihr Plan höchst clever waren und er sich glücklich schätzen durfte, sie überhaupt an seiner Seite zu haben. Fast erinnerte er sie mit seiner herablassenden Art an Berek und fast hätte sie ihm dafür auch eins übergezogen. Aber Elraya war schließlich clever, sie behielt ihre Hände bei sich und beschränkte sich darauf, unzufrieden zu grunzen.
      Sein eigener Einfall wirkte schon etwas vielversprechender, auch wenn es dennoch höchst grenzwertig war, mit welcher Achtlosigkeit er Elrayas Künste beiseite warf. Sie war doch keine billige Hure, die sich einfach hineinschleichen konnte?!
      "Wieso gehst du nicht runter und wackelst ein bisschen mit deinem Hintern, hä?!", fauchte sie zurück. "Vielleicht sind die Kerle ja schwul. Oder sie nehmen dich mit in die nächste Gasse, um dich zu verprügeln. Wieso soll ich das machen?"
      Die Diskussion konnte aber nicht ausarten, als die beiden Typen sowieso schon abgelöst wurden und die nächsten wesentlich unfreundlicher und wesentlich grimmiger dreinsahen. Dann würde also keiner von ihnen heruntergehen. Elraya schnaubte und dachte darüber nach, einfach morgen nochmal wiederzukommen.
      Zumindest bis ihr Blick auf das Dach des besagten Hauses fiel.
      "Warte mal. Oder komm mit, mir doch egal."
      Sie richtete sich auf und balancierte auf dem Rand ihres Daches entlang, bis sie einen guten Punkt gefunden hatte, um es zu überqueren. Dann kletterte sie auf das andere Dach hinüber und schlich um die Länge des Daches herum, bis sie vor einem Punkt stehenblieb und triumphierend Lucius zuwinkte. Er kam zu ihr hinüber und durfte in das schwarze Loch eines Schornsteins blicken.
      "Also. Wer zuerst? Wir werfen eine Münze."

      Der Schornstein war eng und mit Ruß überzogen. Elraya konnte die schmierige Asche auf ihren Händen spüren, als sie sich vorsichtig Zentimeter um Zentimeter in die schwarze Tiefe hinab ließ. An einigen Stellen konnte man die Unterhaltungen in den Räumen dahinter hören und wenn sie mit den Fingernägeln über den Stein kratzte, wurde sie gleich hellhörig, ob irgendeine Veränderung auftrat. Aber niemand schien sie zu hören und niemand schien das Bedürfnis zu haben, den Kamin unter ihr zu entfachen. 1:0 für sie. Elraya hätte Lucius gerne darauf hingewiesen, was für ein Genie sie doch war.
      Sie kamen in einem abgeschlossenen Gemeinschaftsraum heraus, in dem es ein bisschen müffelte. Sie mussten beide durch die Asche des Kamins stapfen, um herauszukommen, und als Elraya sich umdrehte, sah sie eine gänzlich schwarze Gestalt mit hellen Augen vor sich.
      "Du siehst echt scheiße aus."
      Sie schüttelte sich selbst und versprühte einen Nebel dunkler Asche, der sich auf allen Möbelstücken ablegte. Ihre Hände waren schleimig von dem Ruß im Schornstein.
      Sie schlich zur Tür und schielte aus dem Schlüsselloch hinaus. Der Gang schien leer zu sein, aber es brannten Fackeln und sie konnte nicht bis an sein Ende linsen. Sie drehte sich wieder zu Lucius um.
      "Wir gehen nach Aradan suchen und wenn wir ihn gefunden haben, lenkt einer die Wachen ab und der andere befördert ihn nach draußen. Abgemacht?"
    • "Du wirst uns schon geben was wir wollen. Verlass dich drauf. Irgendwann wird dein Wille brechen" ertönte es routiniert und kalt von einer Person die sich an einem Tisch mit allerlei Werkzeugen zu schaffen machte.
      "Wie war das?" Die Person drehte sich mit einer Peitsche um an dessen Ende kleine Nägel hinaus schauten.
      "Ah. Verzeihung. Hab für einen Moment gedacht du willst kooperieren. Mir soll es recht sein wie es ist. Da wird dir dein zorniger Blick auch nicht weiter helfen."
      Was sich zur Schau stellte war ein alteingesessener Foltermeister mit seinem Werkzeug, welcher Aradan's Willen brechen sollte. Dieser wurde an einem alten Bettgestell aus schlecht verarbeiteten Eisen und Drahtgewirr aufrecht gegen eine Wand gebunden, weiterhin in seinen Handschellen, die es Aradan unmöglich machten sich auch nur im Ansatz zu wehren. Alles was ihm blieb war seinen Zorn gegen den Kult zu schüren und die Liebe zu Renera als Quelle seines Willens zu nutzen um bei Verstand zu bleiben.
      Bisher hatte der Foltermeister schon den kleinen Finger Aradan's rechten Hand abgetrennt und unzählige grobe Schnitte über seinen ganzen Körper verteilt, die ihn mehr wie einen Leichnahm aussehen ließen, welcher nur noch wenige Fetzen an Kleidung am Leib trug.

      Wenige Räume daneben plusterte sich Lucius auf und schritt an Elraya vorbei.
      "Pah! Schau dich mal an. Siehst selbst aus als...."
      Da stoppte Lucius seinen Streit mit Elraya da er an der Tür hören konnte wie mehrere Leute miteinander sprachen und allem Anschein nach einen festen Weg entlang liefen. Sofort sah er zu ihr und wedelte mit seiner Hand um ihr deutlich zu machen nahe der Tür zu kommen.
      "Da laufen mehrere Leute rum." flüsterte er als sie nah genug war.
      "Ich glaubs ja nicht... Die reden über Aradan. Wir sind tatsächlich in dessen Unterschlupf. Woher wusstest du .... Ach... Spielt keine Rolle. Jetzt!"

      Lucius riss die Tür schwungvoll, doch ebenso leise auf und zeigte von diesem Moment an Elraya den Weg bis zur Tür hinter welcher er zuletzt Aradan gefunden hatte.
      Ein paar Male mussten sie inne halten und sich geschickt hinter Gerümpel und Kisten verstecken, doch schafften sie es tatsächlich bis zu einer Tür, die widerliche Geräusche von einer Peitsche in regelmäßigen Abständen ertönen lies.
      Beide zählten mit den Fingern von drei auf eins runter ehe sie wieder schnell und geräuschlos die Tür durchquerten.

      In dem Moment als sich die Tür wieder hinter ihnen geschlossen hatte stand Lucius für seinen Teil baff da. Er sah wie ein Mann mit einer frisierten Peitsche beinahe rhythmisch auf dessen Ziel einschlug. Doch war das was noch viel abstrakter wirkte der Fakt, dass der gefolterte nichts anderes Tat als in einem solchen Hass auf den Folterer zu sehen, als würde er den Schmerz mit seinen Augen umleiten. Ein Schauspiel welches Lucius so noch nie gesehen hatte, dabei war er selbst oft auf der Seite der Folterer.
      Einzig überraschender war wohl für den ganzen Raum, dass Lucius erster Reflex war, ein begeistertes Pfeifen von sich zu geben, was die Augen aller sofort auf sich zog. Gefolgt von einem kurzen
      "Ups"
      "Wer seid ihr!?"
      folgte eine erzürnte Frage des Folterers, welcher sofort mit seiner Peitsche ausholte als wolle er damit drohen.
      "Ich kenne euch nicht! Wer hat euch geschickt und wozu?!"
    • Lucius übernahm gleich die Führung und obwohl Elraya sich darüber ärgerte, dass der Mann ihr nicht zuzutrauen schien, dass sie sie durch das Versteck lotste, war sie doch ein bisschen froh darüber, ihm nur folgen zu müssen. Sie schlugen sich durch die verschachtelten Gänge des Untergrunds, peinlichst darauf bedacht, keiner Menschenseele über den Weg zu laufen, was in mehreren Fällen äußerst knapp wurde. Dann endlich, gelangten sie zu ihrem Ziel.
      Die Szene, die sich vor ihnen auftat, war so abstrus, dass Elraya für eine Sekunde dachte, sie wäre irgendwo auf dem Weg eingeschlafen und würde jetzt äußerst lebhaft träumen. An der Wand gegenüber hing ein morsches Bettgestell mit einem Aradan an sich geschnallt, der mit seiner Pose so aussah, als wolle er ihnen einen herzlichen Empfang vorbereiten, nur mit dem Unterschied, dass seine Willkommensflagge aus seinem eigenen Blut bestand. Elraya sog scharf die Luft ein, neben ihr stieß Lucius einen Pfiff aus, der durch den ganzen Raum hallte. Sie warf ihm einen irritierten Seitenblick zu. Woher kam das denn jetzt? Wünschte er sich etwa auch, dass er an Aradans Stelle dort hängen würde?
      Bevor sie ihm diese Frage allerdings stellen konnte, hatte der Begleiter von Aradan sich bereits zu ihnen umgedreht und holte mit seinem Folterinstrument aus. Beide Besucher reagierten gleichzeitig, aber Elraya war schneller - Elraya war immer schneller. Sie duckte sich reflexartig, zog eines ihrer Wurfmesser hervor und schleuderte es auf den Mann. Es traf ihn nur an der Schulter, aber das zweite, das sie sogleich nachfeuerte, drang zwischen seinen Augen in seinen Kopf ein und ließ ihn wie einen nassen Sack zu Boden kippen. Elraya richtete sich auf und lief zu Aradan, der womöglich so rot war wie sie schwarz.
      "Da bist du ja, Weißhaar. Kannst du dir eigentlich vorstellen, was für einen scheiß Aufwand ich für dich betrieben hab? Die halbe Stadt steht wegen dir auf dem Kopf, die haben sogar ein Tor in die Luft gesprengt. Aber das hast du ja sicher mitgekriegt, was?"
      Sie kletterte zu ihm empor, um die Fesseln an seinen Händen zu überprüfen und die Stirn zu runzeln. Es schienen steinerne Kugeln zu sein, die seine Fäuste gefangen hielten, und sie hatte keine Ahnung, wo oder mit was sie sich lösen würden. Ratlos sah sie sich zu Lucius um.
      "He, hilf mir mal."
      Gemeinsam schafften sie es zwar nicht, Aradans Hände gänzlich zu befreien, aber sie konnten ihn von dem Gestell lösen und dann bot Elraya ihm ihre Schulter an, um sich auf sie zu stützen. Lucius übernahm wieder die Führung und überprüfte, ob im Gang jemand zu sehen war.
      "Berek ist in der Stadt, weißt du das? Scheiße, hat der mir Angst gemacht. Wenn der uns zu fassen kriegt sind wir tot, Weißhaar, darauf kannst du dich verlassen."
      Sie sah an ihm hinab.
      "Das sind ein paar üble Schnitte, die du da hast. Kennt deine tolle Freundin auch zufällig einen Arzt, Lucius?"
    • Unbekümmert sah Lucius dabei zu wie sich Elraya schon um das mehr oder weniger kleine Problem kümmerte ehe er mit verschränkten Armen dabei zusah wie sie direkt zum eigentlichen Ziel lief um auch ihm recht ungehobelt Vorwürfe über IHR Leid zu machen.
      Erst als sie Lucius zu sich beorderte, lies er seine arme wieder herab und ging zu ihr.
      "Bist ja n mächtiges Prinzesschen hm? Ich kenn den Kerl nicht mal und hab schon Mitleid mit ihm, dass er dich in einer Truppe länger als 24 Stunden ertragen muss... Guck dir den doch mal an."
      Beobachtend wie der Zorn in den Augen des Ziels wich, biss Lucius schon ein wenig mehr die Zähne zusammen. Die bevorstehende Standpauke wäre es ganz sicher nicht wert gewesen jetzt nachlässig zu sein.
      "Mach dem keine Vorwürfe. Beeil dich lieber und find nen Weg ihn am Leben zu halten. Ich hab keine Verbände dabei also lös mal lieber schnell die Verbindungen an deiner Seite. Zur Not schleifen wir ihn hier raus."
      Hastig versuchte sich Lucius daran die seltsamen Faustfesseln zu lösen, doch wirkten sie als wären sie aus einem einzigen Guss gefertigt worden. Er fand weder einen Spalt, noch einen Verschluss den man hätte knacken können.
      "Was zum Geier sind das denn für Fesseln? Ach egal. Geh weg da!"
      Rief er Elraya entgegen und schnappte sich von Eile gepeitscht einen Hammer, welcher wohl angesichts seiner frisch von Blut verklebten Seiten noch vor wenigen Augenblicken als Folterwerkzeug genutzt wurde.
      Drei gezielte Hiebe benötigte es um zumindest die deutlich schäbiger gefertigten Ketten zu zertrümmern, welche Arandan an das Bett hielten. Kurz darauf auch die nächsten Ketten der anderen Seite, wodurch er ziemlich grob zu Boden fiel, da es keiner der beiden Retter für Nötig erachteten Aradan vor dem Sturz zu bewahren.
      "Na toll.. Hättest du ihn nicht auffangen können? Der Verreckt uns hier noch!!"
      Meckerte Lucius frustriert, die Standpauke schon im Nacken spürend.

      "Befreit... mich..."
      "Hä?! Wie war das?"
      Fragte Lucius beinahe genervt wirkend, als hätte man ihn bei etwas wichtigem unterbrochen während er auf Aradan hinab sah und diesen auf den rücken drehte.
      "Nochmal.."
      Meinte er folgend nachdem er sich zu Aradan hinunter kniete und sein Ohr mit der flachen Hand begleitet zu den schwachen Worten des weißhaarigen ausrichtete, als würde es dafür sorgen mehr verstehen zu können.
      "Löst meine Fessel..."
      Sprach Aradan schwach in Elraya's Richtung.
      "Wa?! Sag mal! Was glaubst du haben wir grade getan?"
      Lucius fragender Blick wanderte zu Elraya
      "Ist der immer so oder hat er einfach zu viel Blut verloren? Ich würd höchstens nach nem Schnapps fragen..."
      Daraufhin blickte er wieder zu Aradan hinunter
      "Was bringts dir denn bitte jetzt die Hände frei zu haben? Juckt dir der Kopf oder was? Los komm und hilf mir"
      Meinte Lucius zu Elraya anschließend, als er den rechten Arm von Aradan über seine Schultern schlang.
      "Auf was hab ich mich hier nur eingelassen?..."
    • Elraya schnaubte empört, drauf und drang den unliebsamen Dritten in ihrem Bunde darauf hinzuweisen, dass sie es gar nicht so weit geschafft hätten, wenn ihr Genie nicht gewesen wäre, als Weißhaar ein bemitleidenswertes Stöhnen von sich gab. Die Aufmüpfigkeit von vorhin schien verschwunden zu sein und wurde ersetzt von der offensichtlichen Erschöpfung, die mit einer solchen Behandlung einherging. Elraya beschränkte sich darauf, Lucius mit funkelnden Blicken zu taxieren.
      "He, verreck uns hier nicht. Was soll ich Renera sagen, hä? Ganz sicher nicht, dass das meine Schuld hier sein soll, uh-uh."
      Sie kniete sich neben Aradan und warf einen flüchtigen Blick auf seine Wunden, während sie schon bereute, ihr Nähzeug nicht mitgenommen zu haben. Lodoz hatte sich immer beschwert, dass sie so scheiße nähte, aber dem Weißhaar würde das sicherlich egal sein. Leider hatte sie an sowas nicht gedacht.
      Sie sah kurz zu Lucius auf.
      "Der ist immer so."
      Sie sah zu, wie Lucius sich in Stellung brachte, dann griff sie selbst unter Aradans Arm und hievte ihn gemeinsam mit Lucius nach oben. Der Mann hing eher als dass er stand und obwohl Elraya immer noch so großmäulig daher redete, bekam sie es auch ein wenig mit der Sorge zu tun. Ein ganz kleines Fünkchen. Wohin sollte sie schließlich auch gehen, wenn der Mann tatsächlich verreckte?
      "He. Weißhaar."
      Sie tätschelte mit der freien Hand ein wenig seine Wange.
      "Komm schon, reiß dich zusammen, Mann. Wir sind hier fast raus und dann nehmen wir dir schon diese Handschuhe ab, dass du dich kratzen kannst oder was auch immer. Das ist doch was, oder? Hä? Nicht einschlafen, sonst mach ich dich fertig!"
      Sie setzten sich unbeholfen in Bewegung, Aradan schief zwischen seinen beiden Helfern, die nicht gleich groß waren. Seine Füße schleiften ein wenig über den Boden. Als sie den Gang erreichten, war Elraya sich schon sicher, dass das sehr, sehr anstrengend werden würde.
      Sie kamen an dem Gemeinschaftsraum vorbei, in dem sie schon hereingekommen waren. Manchmal stöhnte Aradan und sie musste ihm den Mund zuhalten, wenn sie in der Nähe Schritte oder gar Stimmen hörten. Sie kamen langsam voran, furchtbar langsam. Jeder Zentimeter war eine Qual und gleichzeitig ein Wettlauf gegen eine unbekannte Zeit.
      Sie versteckten sich vor den Anhängern. Sie versteckten sich vor Geräuschen. Elraya fluchte mehrmals und Lucius sah genauso unzufrieden mit der Situation aus wie sie.
      Schließlich erreichten sie eine Treppe und erkämpften sich ihren Weg nach oben, wo wieder mehr Licht zu sein schien, vermutlich von den Räumen selbst oder vielleicht von draußen. Elraya gab Lucius mit Zeichen zu verstehen, dass er sich mit Aradan verstecken sollte; sie würde kurz einmal nachgehen sehen, wie sie nach draußen kamen. Er ließ sie gehen und Elraya huschte den Gang entlang.
      Als sie nach nur 30 Sekunden wiederkam, wirkte sie gleichermaßen nervös und aufgeregt.
      "Da vorne ist der Eingang zur Hauptstraße raus", zischte sie ihm zu. Aradans Stille lenkte sie für einen Moment ab, aber er atmete zumindest noch. Sein Blut tropfte auf den Boden.
      "Ich hab die Idee: Wir gehen nach da vorne, ihr versteckt euch im Nebenraum und ich werd durch den Eingang nach draußen platzen. Die sollen nur versuchen mich aufzuhalten, ich bin schnell, schneller als alle anderen. Ich werd sie vom Eingang weglocken und ihr könnt raus und euch unter die Leute mischen. Verstanden? Du bringst ihn in Sicherheit und wir treffen uns dann dort."
    • Bisher war es ein regelrechtes Wunder, dass die Drei so weit kamen ohne auf nennenswerte Probleme zu stoßen. Schon ein kleiner flinker Nichtsnutz hätte in diesem Moment für riesen Probleme sorgen können und doch kamen sie bis zu einer Treppe die wieder an die Oberfläche zu führen schien.
      Zwar gefiel es Lucius kein Stück auf Elraya zu hören, doch war ihr Plan leider wirklich kein schlechter. Sogar ihr zweiter Plan, nachdem sie gut 30 Sekunden weg war um die Lage zu sondieren, kam Lucius mehr als Recht, also segnete er ihn mit einem Nicken ab.
      "Ist gut. Wenn du draußen bist, lauf nach links. Wenn du am gammligen Fischhändler vorbei bist, lauf nach rechts bis du an einem Haus mit weißen Ziegeln vorbei bist. Wenn du da bist, pfeif 2 mal lang und 4 mal kurz. So in etwa"
      Folgend machte er leise das Pfeifen vor und hoffte sie könne es sich einprägen
      "Dir sollten dann ein paar meiner Leute zur Hilfe kommen. Hoffentlich genug um deine Verfolger zu beseitigen. Normal traut sich keiner von diesen Kutten Typen bis zum weißen Backsteinhaus. Ich werde einen anderen Weg einschlagen. Und nun hör gut zu..."
      Eine genaue Wegbeschreibung, folgte um den nächsten Treffpunkt aus zu machen. An sich war es leicht zu finden, doch musste man die Augen nach speziellen Dingen ausschau halten. In etwa zwei Taubenkästen, welche auf einer alten Kiste standen, gefolgt von einer tief hängenden Ranke an einer Mauer, welche nirgends sonst Pflanzen wachstum auf sich hat. Samt ein paar weiteren Erklärungen, hatte Elraya nun den Treffpunkt eines jüngst ausgewählten Unterschlupfes im Kopf, wo bereits eine Person hin bestellt wurde, welche sich um Wunden sorgen konnte.

      Als das ganze Schauspiel dann endlich los ging, wartete Lucius einen Augenblick und klatschte Aradan immer mal wieder ins Gesicht um ihn wach zu halten. Bei der Menge an Blut die alleine in diesem Moment auf dem Boden getropft war, schätzte Lucius ein, dass er keine zwei Stunden mehr durchhalten würde, also riss er sich zusammen, mobilisierte nochmal seine Kräfte und warf sich Aradan über beide Schultern, auch wenn es diesem alles andere als gut tat. So konnte er zumindest noch ein paar Wunden verschlossen halten und obendrein besser laufen.
      Nachdem zu hören war wie draußen der Trubel ausbrach, wartete er einen Augenblick ab, bis das Geschehen sich verlagerte und schon lief auch Lucius los.
      Nach etwa 5 Minuten des Laufens kam Lucius an einem kleinen Checkpunkt an, wo 3 seiner Untergebenen warteten und augenblicklich dabei halfen Aradan auf einen kleinen Karren zu legen, welcher von einem Pferd gezogen wurde. Direkt sprang Lucius auf und machte sich promt zum vereinbarten Treffpunkt auf, welchen er nach einer guten viertel Stunde erreichte.
    • Elraya gab sich Mühe, Lucius zuzuhören. Sie gab sich wirklich Mühe. Aber musste er so viel Beschreibungen verwenden? Konnte er nicht Straßennamen sagen, ihr eine Stadtkarte geben und einkringeln, wo sie waren, und wo sie hin mussten? Das war einfach, damit kannte sie sich aus; was waren denn bitte Taubenkästen? Und woher sollte er wissen, dass nicht in der Zwischenzeit irgendwo in der Umgebung der Ranke eine Pflanze stand?
      Ihr rauchte der Kopf und sie blinzelte.
      "Äh... okay."
      Sie wand sich ab von ihm. Sie ging den Gang entlang. Sie legte die Hand auf die Türklinke und dann drehte sie doch noch einmal um und kam zu ihm zurückgeschlichen.
      "Wie sehen Taubenkästen aus? Sind das etwa Kästen mit Tauben drin oder... ah, ist ja gut! Du musst ja nicht gleich so übergriffig werden!"
      Sie duckte sich von ihm weg und dann ging sie doch wieder den Gang entlang hinab. Nach draußen und dann links und dann wieder rechts bei dem Haus mit den weißen... oder vorher schon? Auch egal. Sie stieß die Tür auf, die krachend gegen die Wand schlug und preschte mit wildem Getöse in den Raum hinein. Fast wäre sie schon vor der Tür in eine Wache hineingelaufen, warf sich in letzter Sekunde noch zur Seite und stürmte nach draußen, gefolgt von wildem Gejohle und Flüche, die ihr in die Straße hinaus nachdrangen.

      Sie brauchte lange, um den Ort zu finden - länger, als ihr Stolz verkraftete. Also machte sie unterwegs einen Abstecher zum Markt, brach eine der geschlossenen Kisten auf, schnappte sich eingepackte Trauben und marschierte damit schließlich zu besagtem Treffpunkt. Sie hatte erst etwa die Hälfte aufgegessen, als sie von dem offensichtlichen Begleiter von Lucius abgefangen und zum Unterschlupf begleitet wurde.
      Das Versteck war eine kleine, Einzimmerwohnung, deren Scheiben getönt waren und die innendrin etwas müffelte. Elraya kam herein und sah bereits Lucius im Vorderzimmer stehen. Sie grinste.
      "Heyhey, ist ja wunderbar gelaufen, oder nicht? Hab keinen Kratzer abbekommen, die Typen sind lahmarschig wie sonst was."
      Sie stopfte sich eine Traube in den Mund.
      "Ist Aradan schon wach? Oder noch wach? Sind wir hier sicher?"
    • Kaum schlug Lucius die Tür auf kam ihm auch schon ein älterer Kauz mit Rauschebart und langer ledernder Schürze entgegen. Im ersten Moment wollte Lucius eine überzogen abwehrende Haltung einnehmen, doch schnell bemerkte er, dass er keinen verrückten Wissenschafter vor sich hatte, sondern ganz offensichtlich einfach nur einen alten Mediziner, welcher zuletzt vor gut und gerne 120 Jahren praktiziert haben musste. Das bemerkenswerteste war nur, wie energisch er an die Tat ging und Aradan am liebsten schon vor der Tür behandeln wollte.
      Noch im Türrahmen hielt er den alten Mann auf
      "Na na na na na. Nichts wird vor der Tür gemacht alter Mann."
      Ein kurzer Schulterblick zu seinen Gehilfen und eine einfache Geste, sorgte dafür dass Aradan hinein getragen wurde, welcher schon so blass war, dass Lucius schon zum ersten Mal befürchtete, dass er seinen Auftrag eventuell nicht richtig ausgeführt hatte. Zwar war ihm vieles egal, doch wollte er niemals einen Auftrag von seinem Chef versauen... oder von Anthea.
      "Los. Jetzt kannst du losle....gen?"
      Gerade als Lucius den alten Mann zur Arbeit peitschen wollte, stand dieser bereits vor Aradan, welcher auf einem staubigen Tisch gelegt wurde.
      "Was zum? Wie??"
      Lucius prüfte seine Hand, welche noch eben aufhaltend auf der Brust des alten Mannes lag. Er betrachtete sie ungläubig und dann wieder den Kauz. Ihm wirkte der Typ langsam ziemlich unbehaglich, doch bei näherer Betrachtung schien er genau zu wissen was er tat.

      Lucius sorgte dafür dass seine Gehilfen wieder weg zogen und sich in ihren Gassen einreihten um die Augen aufzuhalten ehe er die Tür hinter sich schloss und mit verschränkten Armen kritisch beobachtete was der alte Mann tat.
      Er hatte einen Koffer mit einigen Utensilien dabei, welche man bei jedem Mediziner fand, nur um einiges älter.
      Hier und dort setzte er leichte Verbände, nähte zuversichtlich große Wunden zusammen und pinselte an einigen Stellen eine eigenartig blaue Tinktur auf klaffende Wunden. Es dauerte eine knappe Stunde in welcher der Kauz kein einziges Mal an Geschwindigkeit verlor. erst als der letzte Schnitt durch einen Faden ging, nickte dieser zufrieden und watschelte plötzlich deutlich erschöpfter auf Lucius zu und nickte ihm zufrieden entgegen.
      "Alles erledigt."
      Durch Lucius fuhr eine Welle der Erleichterung ehe der Kauz seine Hand auf seine Schulter legte
      "Der Knabe hält jetzt für gute 4 Stunden."
      "Wa..? Wie war das bitte?"
      "4 Stunden."
      "Ja das habe ich verstanden. Was meinst du? Du sollst ihn versorgen damit er den Mist hier überlebt!"
      Da lachte er alte Mann mit keuchender Stimme
      "Ach Jungchen. Da kann man nichts mehr machen."
      Der Zorn in Lucius kam hoch. Was bildete sich der alte Kerl ein? Er wurde bezahlt um ein Leben zu retten, nicht um ihm so feist und locker zu sagen dass es keine Hoffnung mehr gäbe.
      Direkt packte er sich den Mann am Kragen, presste ihn gegen die Wand im Flur und zog ihn ein Stück hoch, so dass dessen Beine nicht mehr den Boden berührten.
      Doch grade als er seine wütenden Drohungen aussprechen konnte, spürte er einen kleinen Stich in seiner Seite.
      Sein schneller Blick sah eine kleine Spritze, dessen Nadel komplett in ihm steckte.
      "Was?! Was.. Was war das...?"
      Lucius lies den Mann runter. Nicht weil er es wollte, sondern weil er ihn plötzlich nicht mehr halten konnte. Ihm war als könne er sein eigenes Gewicht kaum noch auf den Beinen halten und stolperte bei jedem Schritt den er nach hinten machte, bis er auf der anderen Seite des Flur's gegen die Wand kam und daran langsam hinunter rutschte.
      "Nicht wichtig. Wirst dir nur schwach fühlen für die nächsten... 20-30 Minuten. Du bist nicht der erste Kriminelle dem ich helfe Jungchen."
      Meinte der ehemalige Mediziner, während er sich seinen Kragen richtete, seinen Koffer aufhob und kurz darauf weiter zur Tür ging.

      Kurz nachdem der alte Kauz verschwunden war, öffnete sich die Tür erneut. Lucius blickte auf und sah Elraya. Er wusste nicht ob er sich darüber freuen oder seufzen sollte. Letzteres gewann dann aber die Oberhand nachdem sie sich über die Lage erkundete.
      "Ja wir sind hier sicher. Der Mediziner war schon da und naja. Schau dir den Kerl an. Der alte Knacker von vorhin meinte dass er nur noch wenige Stunden hat. Keine chance... Geh hin und werd los was du ihm noch sagen willst. Dieser Auftrag ist wohl oder übel komplett in die Hose gegangen"
    • Elraya hob eine skeptische Augenbraue, während sie den zusammengesunkenen Lucius auf dem Boden betrachtete. Er wirkte wie ein Sack faulender Tomaten, so wie er dahing. Hatte er sich geprügelt? Er schien nicht verletzt zu sein.
      Als er dann allerdings anmerkte, dass Aradan nur noch wenige Stunden blieben, wurde sie auf einmal ganz hibbelig.
      "Wie jetzt?!"
      Nicht länger damit beschäftigt, was Lucius zugestoßen war oder auch nicht, stürmte sie ins Nebenzimmer und zu Aradan.
      So wie er auf dem Tisch aufgebettet war, wirkte er schon fast wie eine Leiche, die er vermutlich auch werden würde. Sein Gesicht war ganz bleich, seine Augen dunkel und er rührte sich nicht, als Elraya herankam. Angst packte sie.
      "He, man, du willst doch nicht etwa verrecken, oder? Weißhaar?
      "
      Sie beugte sich über ihn. Er sah wirklich absolut scheiße aus.
      "Wir haben dich doch da rausbekommen, verreck uns jetzt bloß nicht. Was soll ich denn Renera sagen, hä?"
      Sie wedelte mit dem halb aufgegessenen Beutel Trauben vor seiner Nase.
      "Hier, ich hab dir Trauben mitgebracht. Iss die mal, komm schon, dann geht's dir bestimmt besser. Brauchst nur Zucker oder... so einen Scheiß halt."

      Bei der Eingangstür kam derweil ein halber Tumult auf, den keiner der beiden in dem Nebenzimmer bemerkte. Stimmen wurden laut und dann ertönte Getrampel im Flur, ehe sich eine Stimme davon herauskristallisierte:
      "Ich wohne hier, ihr Pappnasen! Lasst mich gefälligst los, das ist mein schöner Anzug!"
      Dann kam der Besitzer der Stimme ins Vorzimmer gestolpert.



      Er war groß gewachsen, von eher schlaksiger Natur und trug - was er so liebevoll als Anzug bezeichnet hatte - ein Narrenkostüm. Die riesigen Knöpfe schillerten im Licht des Raumes und die Glöckchen an der Mütze auf seinem Kopf klimperten bei jedem Schritt, als wollten sie jede seiner Bewegungen kommentieren. Er trug bunte Farbe im Gesicht und auf dem Hals und auf seinen Händen waren überdimensionale Ringe befestigt, von denen einer wie ein Jo-Jo wippte, wenn er die Finger bewegte.
      Im Gegensatz zu seiner schrillen Bemalung war er allerdings recht ernst, als er eine Hand wegschlug, die nach dem Saum seines Oberteils zu greifen versuchte.
      "Weg mit deinen schmutzigen Händen! Zum Teufel mit euch!"
      Sein Blick fiel auf den kauernden Lucius und er richtete sich gleich ein Stück auf; sein Körper schien auf eine theatralische Weise sämtliche seiner Bewegungen übertreiben zu wollen, das Gehabe eines Schaustellers bis aufs Blut.
      "A-ha! Du, sag deinen Jungs, ich wohne hier - ich habe dir die Schlüssel gegeben! Die sollen mir nicht meinen Anzug ruinieren!"
      Er tänzelte von der Tür weg, um weiteren Greifattacken zu entgehen und warf dann seinen Beutel auf den kleinen Tisch in der Ecke, bevor er zu Lucius kam und sich zu ihm herab beugte. Seine Klingeln wippten hin und her und bimmelten rhythmisch, was sich anhörte wie Gelächter.
      "Seid ihr schon fertig mit was-auch-immer-ihr-hier-anstellt? Wenn ja, dann sag Anthea, dass das das letzte Mal ist, dass ich ihr aus der Patsche helfe. Das letzte Mal! Ich will auch gar nicht wissen, was sie jetzt wieder angestellt hat - ich will überhaupt nichts von alledem wissen! Ich bin nur ein unschuldiger Schauspieler und ihr seid nur höchst schuldige Einbrecher, kapiert? Ah, das Weib macht mich wahnsinnig!"
      Er griff sich automatisch an die Stirn, um seine Worte durch körperliches Schauspiel zu unterstreichen, was nur den Effekt hatte, dass er erheblich an Seriosität einbüßen musste. Als er sich aufrichtete, lachten ihn die Glocken seiner Mütze aus.
      "... Ist das was blutiges? Ich will hier kein Blut in der Wohnung haben."

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    • Lucius blickte Elraya hinterher, nachdem sie durch die schlechte Nachricht schockiert wirkend nach Aradan sah. Was sie dort anstellen würde war wohl nicht mehr von seinem Interesse. Und lange darüber nachdenken war ohnehin nicht drin, wie der Tumult vor der Tür verriet.
      Lucius war nach einem tiefen Seufzer zumute, denn konnte er all die Stimmen erkennen. Leider war dieses verfluchte Mittel, welches ihm gespritzt wurde aber noch zu stark um sich ordentlich aufregen zu können. Keiner seiner Muskeln war in der Lage seinen Körper ordentlich zu tragen.
      Dennoch konnte er sich den Spaß nicht nehmen lassen, den wirbligen Hausbesitzer hinein kommen zu sehen und nicht sofort die eigenen Gehilfen fort zu schicken. Irgendetwas an diesem Mann und seinem Gehampel amüsierte Lucius. Er wusste nur nicht ob er es gerne an ihm sah wie dieser sich aufregte oder ob es nur an seine seltsam theatralische Art lag.
      Letztlich entschied sich Lucius dann aber doch mit seiner Hand zu wedeln um seine Leute wieder auf die Straße zu schicken. Es würde vermutlich ohnehin schon früh genug zu weiterem Stress führen, sobald der Hausbesitzer den "Operationssaal" zu Gesicht bekam.. was auch schon sehr schnell der Fall war.

      Nach einem Augenblick gelang es Lucius langsam wieder aus der tiefen Hocke hinauf zu kommen. Zwar schwankte er dabei noch sehr und benötigte immerzu eine Hand an etwas festem um das Gleichgewicht nicht wieder zu verlieren, doch reichte es um mit in den Raum zu schreiten wo sich nun alle rund um Aradan angesammelt hatten.
      "Was soll ich dir sagen? Kriegst nen kleinen Bonus und nen neuen Teppich bezahl ich dir aus eigener Tasche alles klar? Jetzt hör auf zu heulen und gönn uns mal etwas Ruhe."
      Kurz blickte Lucius über die Schulter, dann wieder zur Klimpertüte
      "Wo hast du denn eigentlich deine Schwester gelassen? Sollte sie nicht längst hier sein?"

      Anschließend schleifte er sich von einem festen Gegenstand im Raum zum nächsten bis er an Aradan's Tisch gelang, wo sich auch Elraya befand.
      "Eins versteh ich nicht. Wären wir nicht rechtzeitig angekommen, wäre der Kerl hier doch ohnehin drauf gegangen. Aber warum machen sich die Typen so ne Mühe ihn in die Stadt zu bringen. Die hätten ihn doch auch mit diesen Fesseln einfach ins Wasser werfen können. Ich hab das Gefühl wir übersehen etwas."
      Lucius began Aradan von oben bis unten mit seinen analysierenden Blicken zu studieren. Nichts an ihm, bis auf die Augen und die Haare war irgendwie auffällig.
      "Erinnerst du dich? Als wir ihn befreien wollten, war sein erster Satz, dass wir seine Fesseln lösen sollen. Ich dachte er wollte dass wir ihn retten. Sagt man dann nicht viel eher Holt mich hier rauß! ?"
      Nun wanderte der Blick wieder auf den Mann, der wohl als schlechtester Dieb der Welt durchgehen würde
      "Du kennst nicht zufällig einen der solche Fesseln knacken kann oder? Habs mit nem Hammer versucht. Fehlanzeige."

      Kaum ausgesprochen, kam es beinahe schon gruselig auf den Punkt genau zu einem enorm groben und wuchtigen Klopfen an der Tür, dieses mal ohne jeden Tumult der eigentlich postierten Gehilfen. Es sorgte dafür dass jeder im Raum zur Tür sah und kein Wort von sich gab. Erst als ein zweites mal geklopft wurde, was sogar die Angeln der Tür ein kleines Stück mit den befestigten Nägeln hinaus kommen lies, zückte Lucius seine Dolche, dabei bemerkte er kaum wie er langsam aber sicher wieder seine mehr und mehr seines Körpergefühls zurück bekam.
      "Du hast nicht zufällig nen Berg als Zimmergenossen huh? WER IST DA?!"
      Rief Lucius mit drohender Stimme, doch was zurück kam war gänzlich gegen jeder Erwartung.

      "Ist ein junger Mann mit weißen Haaren bei euch? Hört er auf den Namen Aradan?"
      Es war die Stimme einer Frau die in ziemlicher Sorge zu sein schien. Lucius kümmerte das aber nur wenig.
      "Hier ist niemand! Verzieh dich wieder!"
      Da verschwand der kleine Schatten unter der Tür wieder. Ein kurzer Erfolg, denn nun trat ein wesentlich größerer Schatten heran und sorgte promt dafür, dass die Tür an dessen Schloss in tausend Teile zerbarst. Was sich nach kurzem Staub hervor tat, war etwas dass sogar Lucius die Angst den Rücken runter laufen lies.
      "Wa...?!? Der... Was hat der Königsschmied hier verloren?!"

      Wie von der Tarantel gestochen nahm Lucius trotzdem all seinen Mut zusammen und rannte auf den Eindringling zu. Nur sah dies in seinem Kopf wohl deutlich anders aus als es wirklich war... er schlenderte mehr und war gewiss nicht so präzise wie er es erhofft hatte... oder so schnell, was er nur allzu plötzlich zu spüren bekam.
      Der Schmied holte ohne jede Rücksicht aus und rammte Lucius seine Faust, die in eisernen Bärenfäustlingen gehüllt waren, so kräftig in den Magen, dass sich alles was Lucius an diesem Tag zu sich genommen hatte noch während dem Flug nach hinten wieder aus ihm hinaus kam.
      Anschließend ging der riesig wirkende Schmied unbekümmert und doch mit finsterer Mine an den Tisch von Aradan, schob dabei den Hausbesitzer zur Seite wie ein Seidentuch. Kurz darauf war dann auch die Frau zu sehen, die noch vor einem Augenblick durch die Tür gesprochen hatte. Eine Frau die in dieser Stadt wohl mindestens so bekannt war wie der Schmied. Denn es war niemand anderes als die Medizinerin des Königs. Beinahe als hätten sich die beiden fähigsten Personen der Stadt an einem Ort eingefunden, die Aradan am meisten brauchte.

      Die Frau schnellte ebenfalls an den Tisch und kümmerte sich um keine weitere Person im Raum.
      "Aradan! Liebster er ist es wirklich!!"
      Der Schmied nickte mit einem beinahe erleichtertem lächeln, welches schnell wieder verschwand.
      "Er hat kaum noch einen Puls. Er stirbt!"
      Panisch untersuchte die Frau Aradan von oben bis unten. Nur der Schmied verblieb starr und sah sich die Fesseln an, welche ihm deutlich machten was los war. Es sorgte dafür dass der Schmied seine Frau zur Seite bat und Aradan auf den festeren Boden legte.
      Er schien zu wissen was er tat als er die Fäustlingsfesseln so drehte, dass sie mit einer kleinen Markierung nach oben auf dem Boden lagen ehe er seinen hochlegierten Hammer aus seinem Werkzeuggürtel holte und mit einer wahnsinnigen Kraft präzise auf die Markierung schlagen lies. Hervor kam ein Ohren betäubendes Schallern... leider gefolgt von einem besorgtem Blick des Schmieds. Ganze 3 folgeschläge trafen exakt den selben Punkt, doch dann zersprang der Hammer in mehreren Stücken.
      Die Frau zog scharf die Luft an als sie ihren Mann in Sorge sah, fand dafür in diesem Moment auch keine Worte. Doch wandte sich der Schmied an die einzig fähig wirkende Person im Raum. Eine rothaarige verschlagende Frau die vielleicht in der Lage war seinen Auftrag auszufüllen.
      "Frau! Ich brauche meinen Kryss Hammer! Hol ihn mir!"
      Er warf ihr eine Stadtkarte zu die alle Gebiete farbig abtrennte und sogar sein Haus verzeichnet hatte.
      "Der Hammer schimmert rot. Wirst eine Tasche brauchen. Beeil dich!"

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    • Der Gaukler starrte von dem blutigen Boden, dem zerstörten Teppich, dem geflickten Mann auf dem ebenfalls blutigen Tisch und schließlich Lucius hin und her, bis sein Blick auf letzterem zum Halten kam.
      "Meine Schwester? Ich dachte, sie wäre mit dir unterwegs!"
      Er warf die Arme in einer verzweifelten und überzogenen Geste nach oben.
      "Dieses Weib! Ich werde noch ihr Grab schaufeln müssen, wenn das so weitergeht!"
      Dann nörgelte er die leere Luft an, während Lucius zu Elraya ging, die ihn verständnislos ansah.
      "... Für mich hört sich das gleich an. Meinst du, er hat echt so weit gedacht, in seinem Dilirium? Er war doch da schon halb tot."
      Natürlich hätte Elraya nicht so weit gedacht und konnte sich daher nur sehr schwer vorstellen, dass irgendjemand so weit denken würde. Aber das teilte sie Lucius nicht mit, der sich sowieso wieder an den schimpfenden Narren wendete.
      "Oh nein, ganz sicher nicht! Meine Gefallen für Anthea sind aufgebraucht!"
      Er schien noch etwas sagen zu wollen, höchstwahrscheinlich dazu, wie unvorsichtig sie gewesen war und dass er nichts ausbaden wollte, was mit seiner verruchten Schwester irgendwie in Berührung stand, als ein krachendes Klopfen sie alle drei auf einen Schlag erstarren und zur Tür schauen ließ. Die versammelte Schockstarre löste sich erst beim zweiten Klopfen, als Elraya und Lucius gleichzeitig ihre Waffen zogen und der Hausbesitzer einen Moment später Luft dazu holte, um ihnen zu erklären, dass Waffen in diesem Haushalt verboten waren. Er wurde von Lucius und dann von einer Frauenstimme unterbrochen.
      Was in den nächsten paar Sekunden geschah, hätte wohl aus einem Albtraum stammen können. Lucius machte sich bereits, die Frau vor der Tür zur Not mit den bloßen Händen herauszuschmeißen, als die Tür nicht nur aufgebrochen, sondern regelrecht zerfetzt wurde. Lucius stürmte nach vorne, der Narr kreischte auf, Elraya baute sich vor Aradans Tisch auf, ihre Dolche grimmig gezückt. Die Glocken des Narrenkostüms schrillten bei den ruppigen Bewegungen und gaben dem ganzen Auftreten einen komödiantischen Unterton, der höchst surreal wirkte.
      Der Hausbesitzer wusste zuerst nicht, ob er Lucius oder den Eindringling anschreien sollte. Letzterer gewann.
      "Marudan Elric?!"
      Der Schmied, dicht gefolgt von seiner Frau, der Medizinerin, stürmte das Zimmer. Der Gaukler hechtete zu Lucius, um ihn davon abzuhalten, sich auf den Boden zu übergeben.

      "Nein! Der schöne Teppich!!"
      Im Hintergrund starrte Elraya nur verdutzt, als sich das Paar zu Aradan schob und damit anfing, ihn zu untersuchen. Sie wusste nicht, was das jetzt schon wieder sollte. Königsschmied? Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten?
      Als er ihr dann allerdings eine Karte in die Hand drückte, war es ihr egal, ob es der König selbst gewesen wäre - sie starrte die Karte wie einen Schatz an, dann nickte sie und schlüpfte eilig nach draußen, als würde von dem Auftrag ihr Leben abhängen. Unterdessen stand der Gaukler wieder auf und starrte verdattert auf das Trio von Aradan.
      "Moment mal... Aradan? Doch nicht etwa Aradan... Elric?"
      Ihm stand der Mund offen und jetzt war das noch nicht einmal sehr übertrieben geschauspielert. Er war für einen Moment einfach nur zu sprachlos, um seinen Körper richtig zu bedienen.
      "Der Aradan Elric? ...Aber der ist doch tot!"

      Ruhe wurde ihnen allen nicht vergönnt, als ein Schatten im Türrahmen auftauchte und Anthea, die Verursacherin dieser ganzen Aktion, auftauchte. Sie ging krumm, war etwas bleich im Gesicht und hatte die Hand auf ihre Flanke gepresst, aber ihr Blick war aufmerksam und sie scannte den Raum mit jahrelanger Erfahrung aus Hinterhälten.
      "Äh... hallo?"
      Sie kniff die Augen zusammen, als sie erst zu ihrem Bruder, und dann zu den beiden Unbekannten und dem Mann auf dem Tisch sah.
      "..... Kennen wir uns nicht?"

      Elraya brauchte nur zehn Minuten für ihre Besorgung. Als sie zurückkam, keuchend und hechelnd wie ein Hund, trug sie eine Tasche bei sich und warf sie triumphierend vor ihnen allen auf den Boden.
      "Hier, ein Hammer!"
      Ihr Blick fiel auf Anthea und sie verzog die Miene.
      "Ach, du bist auch hier."
    • Reona und Marudan kümmerten sich nicht um die nächste Person die auftauchte. Nur Lucius blickte aus Holztrümmern auf, die kurz zuvor noch ein schicker Stuhl zu sein schienen.
      Am liebsten wäre er zu ihr gegangen, doch hinderte ihn der stechende Schmerz in der Magengegend daran sogar ordentlich zu atmen. Beinahe wünschte er sich den Zustand zurück in welchem er noch vor wenigen Augenblicken war. Fürs Erste blieb ihm also wohl nur abzuwarten und zu hoffen dass der riesige Bär wusste was er tat.

      Marudan wandte sich sofort um als Elraya mit dem Hammer zurück kam und riss ihr diesen sofort aus den Händen. Doch bevor er ihn einsetzte, zückte er einen winzigen Schlüssel, welcher eher wie ein dickerer Nagel wirkte und doch einige feinst verarbeitete Kerben inne hatte.
      Diesen setzte er an einer Stelle der Fäustlinge an, welche keinerlei Schlüsselloch aufwies und doch verschwand der schmale Schlüssel bis zur Hälfte. Unmittelbar danach klackerte es innerhalb der Fesseln und promt öffnete sich doch ein kleiner Kreis um den Schlüssel herum. Es war als hätte sich die erste Schutzschicht aufgetan um die nächste darunter zu präsentieren, welche ebenso leicht rot funkelte wie Marudan's Hammer.
      Den Schlüssel lies Marudan an seinem Ort stecken und holte nun doch weit mit dem Hammer aus um exakt auf die Stelle des Schlüssels zu schlagen.
      Reona wandte sich schnell ab und schützte ihr Gesicht.
      "Nicht hinsehen!"
      Rief sie im letzten Moment als bei Berührung des Hammers auf den Schlüssel ein gleißendes rotes Licht den kompletten Raum erfüllte und die Ohren mit einem grellen schallern durchzog.
      Doch blieb es nicht bei diesem einen Schlag. Ganze 3 Schläge mussten die Ohren aushalten bis tatsächlich ein Geräusch die Herzen von Marudan und Reona höher schlagen ließ, zu hören war. Es war das Geräusch von bröckelndem Stein. Zumindest hörte es sich genau danach an. Tatsächlich waren es aber die Fäustlinge, welche endlich in Trümmern zu Boden fielen.

      Daraufhin nahm Marudan einen großen Schritt Abstand. Dabei blickte er Aradan an als wüsste er nun selbst gerne was geschehen wird. Ebenso versteckte sich Reona halb hinter ihrem Ehemann.
      Nach einer quälenden Minute geschah dann etwas, was einem wohl kein Mensch geglaubt hätte wenn man davon erzählt hätte.
      Alle Pflanzen im Raum und sogar um dem Haus herum verdorrten als in einer Geschwindigkeit die so widernatürlich war, dass es Lucius einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
      "Was ist hier los? Was passiert hier?! Legt dem Typen die Fesseln wieder an!"
      Meinte er leicht nervös und sah dabei zu wie die Wunden von Aradan tatsächlich anfingen... zu leuchten? Wurden sie tatsächlich in diesem Moment so hell dass es im Raum wie an einem schönen hellen Tag strahlte? Er konnte seinen Augen nicht trauen aber er sah gerade dabei zu wie die Wunden durch ihren Verband leuchteten.
      Doch als auch die letzte Pflanze in sich zusammen gefallen war, stoppte auch das Leuchten. Und erst in diesem Moment spürte Lucius wie extrem trocken die Luft war. Als wäre die Luftfeuchtigkeit rapide gesunken.

      Doch als dann der eben noch als Tod erklärte Kerl von seinem Tisch aufstand und sich nur an diesem Abstützen musste um aufrecht stehen zu können, klappte ihm die Kinnlade so richtig hinunter. Noch nie hatte er so etwas gesehen. Noch vor kurzem dachte er dass dieser Berek eine unfassbarer Spott der Natur war, doch das grade eben war ein ganz anderes Level.

      Der nun wieder stehende Aradan, wenn auch noch immer schwach wirkend, schaute in die Runde mit leicht gekniffenden Augen und schluckte angestrengt vor durst.
      Noch bevor dieser irgendetwas sagen oder wirklich auf etwas reagieren konnte, wurde die Stille von Reona unterbrochen. Sie raste auf Aradan zu und nahm ihn in den Arm wie es nur eine Mutter konnte. Sie fing an zu weinen und murmelte schluchzend all die schönen Wiedersehensworte in seine Schulter hinein, die Aradan im ersten Moment etwas überforderten, dann aber doch die alten Zeiten als Kind wieder aufleben ließen, die er längst tief begraben hatte. So legte auch er seine Arme um sie. Sah dabei aber auf und nickte seinem alten Herren zu, welcher ebenso zurück nickte als hätten sie damit all die Jahre in einer Bewegung abgeklärt.

      Kurz darauf betrachtete Aradan, noch immer in den Armen seiner Mutter all die Anderen im Raum. Verblüfft und unsicher kam dann die Frage auf, welche er unbewusst aussprach
      "... Anthea und... du bist Varus.. oder?"
    • Es brauchte ein höchst kompliziertes und gleichzeitig gefährlich wirkendes Verfahren, um Aradan von seinen Fesseln zu befreien. Keiner im Raum hatte auch nur eine schwache Ahnung davon, was es mit den Fesseln auf sich hatte oder wie sie zu entfernen gewesen wären, denn das, was der Königsschmied veranstaltete, überstieg ihrer aller beschränkten Kenntnisse bei weitem. Keiner wäre auch nur auf die Idee gekommen, dass es so etwas wie ein Schlüsselloch hätte geben können.
      Aber Marudan Elric belehrte sie eines besseren und schließlich fielen die steinernen Kugeln ab, woraufhin das königliche Pärchen einen Schritt Abstand nahm und alle anderen auch dazu verleitete, sich etwas nach hinten zu begeben. Aradan rührte sich nicht, aber stattdessen gab es einen merkwürdigen Umschwung im Raum, der sich anfühlte, als würde ein trockener Winter hier Einzug finden. Das nächste Wunder geschah, indem Aradans Wunden anfingen zu glühen, als hätte man ein Licht in ihnen entzündet, und kaum eine Minute später war die ganze Sache vorbei und der Mann stand auf, als hätte er soeben nur einen Mittagsschlaf gemacht und wäre nicht fast an Blutverlust gestorben. Der Großteil des Raumes konnte einfach nur verblüfft starren, während sich die beiden Parteien in die Arme fielen. Dann richtete Aradan das Wort auch an die beiden Elquins und brach damit den Bann, der sich über die Zuschauer gelegt hatte.
      "Aradan, wirklich?! Ja man, ich bin's, Varus! Bei den Eiern des Königs, du bist es wirklich, oder? Tatsache! Lass dich ansehen, Kumpel! Meine Fresse, damals warst du noch... ach ich weiß nicht. Andere Haare hattest du auf jeden Fall!"
      Ungeniert kam er auch heran, begleitet vom Singsang seiner Glocken, um Aradan mit einer Mischung aus Verblüffung, Faszination und ehrlicher Freude zu betrachten. Er strahlte vom einen zum anderen Ende seines Gesichts und wirkte dabei so, als würde er jeden Moment vor ihm auf die Knie fallen.
      Anthea hingegen glotzte für einen Moment recht überrascht, dann verfinsterte sich ihre Miene und sie verschränkte die Arme vor der Brust. Anstatt sich über Aradans Präsenz zu freuen, ging sie nach einem Moment zu Lucius hinüber, der ähnlich verdattert über die ganze Situation schien.
      "Ich kenn ihn. Das ist einer aus einem Dorf, in dem ich mal gelebt habe. Zwei Jahre oder so, keine Ahnung. Richtiges Drecksloch."
      Sie stierte Aradan an, als könne er persönlich dafür verantwortlich sein, weshalb auch immer sie so eine Abneigung gegenüber Melora empfand. Als anscheinend die Familienzusammenkunft in diesem Zimmer stattfand, schnaubte sie nur.
      "Was für eine Scheiße. Ich glaube, ich bin verflucht Luce, das ist die einzige Erklärung, die ich für diesen Mist hier habe."
      Damit waren ihre Wiedersehensfreuden ausreichend bekundet.
      Elraya blieb als einzige so ziemlich verloren im Raum stehen, während sie noch versuchte, die Situation zu verarbeiten. Aradan hatte also Bekannte hier und außerdem waren zwei seiner Bekannte namentliche Leute, die sogar am Königshof arbeiteten, wenn sie es richtig verstanden hatte. Wieso hatte ihn dann sonst niemand anderes gerettet? Anscheinend wäre ihm ja die Hilfe zur Verfügung gestanden.
      Auch sie verschränkte die Arme vor der Brust, aber sie verzog ihr Gesicht wegen etwas anderem.
      "Vergiss meine Belohnung nicht, Weißhaar. Du weißt ja gar nicht, was ich alles durchmachen musste, um dich da wieder rauszukriegen."
      Sie machte aber auch keine Anstalten, den Raum zu verlassen oder gar das Wiedersehen zu unterbrechen.
      Nachdem Varus auch die Elrics mit Blicken betrachtet hatte, die man auf äußerst exotische Tiere warf, scheuchte er sie alle in den Vorraum, damit er ein paar Stühle zusammentragen und sie sich wenigstens für einen Moment setzen konnten. Besonders Aradan sah sehr blass aus und Varus bestand darauf, dass sie dieses Wiedersehen zumindest mit einem kurzen Austausch über die vergangenen Jahre unterstreichen könnten.
      Also kamen sie kaum eine halbe Stunde später in dem engen Raum zusammen, sämtliche Stühle nebeneinander gezwängt, wo Varus ihnen etwas zu trinken überreichte. Alles gekauft, versicherte er, mit einem Seitenblick auf Anthea, die unzufrieden über die Situation dreinblickte.
      "Also nun, klärt mich mal auf, wer von euch auch immer das machen will. Woher kommt es, dass du lebst, Aradan, und dass du gerade hier bist. Und wer hat dich so zugerichtet und was waren das für merkwürdige Fesseln?"
    • Nachdem die anfängliche Euphorie unter den Meisten wieder abgeklungen war und sich alle an den Tisch gesetzt hatten, folgte eine Grobe Erklärung darüber, was Aradan nach dem Vorfall in Melora gemacht hatte. Er sparte sich dabei größtenteils die Details, so erzählte er nicht was er in der Zeit als Söldner unter der Fuchtel des Baron's geschah, nur, dass er diese Tätigkeit für eine Weile ausübte. Auch nicht jeden Vorfall mit Minerva, oder gar dass diese ihn zu jener Zeit noch heimsuchen und die Kontrolle übernehmen konnte.
      Dennoch reichte es um Reona immer wieder zu Tränen zu rühren und zwischen Stolz und Mitleid hin und her gerissen zu sein. Marudan selbst nahm es gefasst auf wie er wohl alles in seinem Leben versuchte zu verdauen, auch wenn er sich selbst eingestehen musste doch ziemlich Stolz auf seinen Sohn zu sein. Sein Werdegang hat seine Erwartungen mehrmals übertroffen, was zuletzt auch die Demonstration der rapiden Heilung zeigte.
      Das große offene Ende nach der ganzen Geschichte verblieb jedoch bei dem Kult in dieser Stadt. Es beunruhigte Marudan zu hören, dass seine Fesseln in die falschen Händen gelandet waren. Zwar kam es immer mal wieder vor, dass zwielichtige Typen eine Karawane des Königs abfingen oder ein Händler vom Hof korrupt war, doch war diese spezielle Lieferung etwas ganz anderes. Sie wurde von 3 hochrangigen Soldaten des Königs bewacht, welche niemals durch irgendwelche Diebe hätten aufgehalten werden können.
      "Hmm..." grummelte er mit verschränkten Armen
      "Da stimmt was nicht. Das waren Prototypen. Die sollten doch nur zum Alchemisten gebracht werden, nicht wahr?"
      Fragte Reona verdutzt als hätte sie die Gedanken ihres Mannes ausgesprochen, welcher daraufhin nickte.
      "Ist die Korruption etwa schon so weit vorgedrungen?"

      Da lies Lucius seine Arme gelangweilt auf den Tisch fallen, was die Aufmerksamkeit wie wohl geplant auf sich zog.
      "Nahhh was spielt denn das alles für ne Rolle? Wir haben ganz andere Probleme als korrupte königliche Marionetten. Viel wichtiger ist was wir gegen diesen Feuer Spinner machen. Taucht einfach hier auf und will alles auf den Kopf stellen."
      Daraufhin lehnte er sich nach Vorne um mit seinen Augen Aradan zu stechen und die Nase dabei zu rümpfen.
      "Du kannst das doch sicher erledigen hä? All dieser Tamm Tamm um dich und deine Leuchterei. Wir haben dich gerettet also zeig deine Dankbarkeit indem du den Typen zu Tode blendest, wär echt mal ne nette Geste."

      Aradan sah Lucius mit einem leichten Unmut entgegen.
      "Das ist nicht ganz so leicht. Ich habe sehr viel Kraft verloren und muss mich erholen. Die Energie in dieser Umgebung hat gereicht mich vor dem Tod zu retten. Bis ich mich.... Augenblick mal.... Feuer Spinner?"
      Da huschte sein Blick zur rothaarigen um sich davon zu überzeugen ob seine erste Befürchtung stimmen könnte. Sie lies diese wahr werden, was zu einem entnervtem Kopfschütteln führte.
      "Berek also... Ein wirklich zäher Kerl, das muss man ihm lassen. Aber erneut. Zur Zeit bin ich nicht in der Lage viel Energie aus dem Zwielicht zu ziehen. Eine große Stadt wie diese hier scheint den natürlichen Fluss regelrecht von sich zu stoßen."

      Die Worte ließen Lucius entnervt mit dem Stuhl nach hinten Kippeln und die Arme hinter seinen Kopf werfen.
      "Waar jaa klaar"
      Säuselte er als könne man sein Augenrollen in den Worten wieder finden.
      "Es gibt doch immer irgend nen Haken. Da findet man nen anderes übernatürliches Wesen und rein zufällig ist er leer."

      "Elraya? Ich habe deine Taten nicht vergessen. Bitte verzeih mir all die Umstände. Selbstverständlich werde ich mich bei dir erkenntlich zeigen und für deinen Schutz sorgen so gut es mir möglich ist."
    • Die Zusammenkunft, die in Elquins Wohnzimmer stattfand, war überaus merkwürdig. Der Königsschmied - Königsschmied! - redete etwas von einem Prototypen, was kaum jemand anderem etwas sagte, und Aradan sowie Lucius, Anthea und Elraya redeten über einen Berek, der wieder niemand anderem etwas sagte. Besonders Anthea zeigte ihre Teilnahme am Gespräch mit grimmigen Blicken, die sie teilweise auf Aradan, seine Eltern und dann den Rest der Runde warf. Varus kannte den Blick, er sagte: Wenn mich auch nur einer krumm ansieht, werde ich die Bude in die Luft jagen lassen. Weil die Bude ihm gehörte, behielt er einen garstigen Seitenblick auf seiner Schwester.
      Der Straßengaukler hatte seine Überraschung von Aradan und den ehemalig indirekten Nachbarn überwunden, wenn auch noch nicht die Faszination, mit der er seine Gäste betrachtete. Es war ihm anzusehen, dass er viel lieber über all die Jahre reden wollte, seit Melora untergegangen war, aber er hielt sich zum Wohle der Gemeinheit zurück - ganz im Gegenzug zu Elraya, die lauthals quittierte, ja wohl eine anständige Belohnung erwarten zu können. Sie blickte selbstzufrieden drein, als Aradan es ihr versprach und wirkte dann so, als könne ihr der Rest egal sein.
      Für den Rest des Abends bewegten sich die Gespräche zwischen der Gefahr, die Berek darstellte und die der Kult darstellte, der wohl gefährliche Beziehungen in der Stadt zu haben schien, die es letztlich schließlich auch ermöglicht hatten, die Fesseln für Aradan zu besorgen. Selbst der Königsschmied wollte helfen und in Anbetracht dieser heroischen Unterstützung, konnte auch Varus seine Hilfe nicht verweigern. Er wirkte aufgeregt wie ein Kind, so wie er die Elrics betrachtete, als wären sie seine eigene Familie.

      Schließlich trennten sich die Wege, als der Morgen zusehends heran schritt und die alltägliche Pflicht rief. Abgesehen davon konnte man kaum zu sechst in der Einzimmerwohnung bleiben, ohne früher oder später aufsehen zu erregen.
      Aradan sollte vorübergehend bei Varus bleiben, weil niemand in der ärmlichen Wohnung eines Gauklers nach dem verschwundenen Entführten suchen würde. Lucius, Anthea und Elraya sollten Informationen über Berek beschaffen und Marudan und seine Frau würden sich damit auseinandersetzen, die Kontakte des Kults zu finden und auszumerzen. Alles in allem ein ordentlicher Plan, der etwas Ordnung in die Stadt bringen sollte, wobei Anthea am wenigsten davon hielt.
      "Aradan Elric", schnaubte sie, als das Dreiergespann die Wohnung verlassen hatte. Sie hatte merklich schlechte Laune.
      "Ich dachte der wäre verreckt, vor Jahren schon. Was, willst du mir etwa sagen, dass meine Halbschwester auch immer noch lebt? Da scheiß ich drauf. Ich will nichts mehr von diesem dummen Melora hören, nicht heute und nie wieder. Es ist nur ein Dorf, verflucht, und ein schlecht geschütztes noch dazu! Was soll da -"
      Weiter kam sie nicht, als das Trio um eine Ecke bog und in eine aufgestellte Front Soldaten hineinlief. Der Anblick war beängstigend, so wie sie in einer Reihe auf der Straße standen - nicht etwa, weil sie besonders furchteinflößend gewesen wären, sondern viel eher, weil die offene Anwesenheit dieser Soldaten implizierte, dass irgendwo noch mehr positioniert waren, die nicht so offen gesehen werden konnten. Und Anthea hasste es, wenn die Lage nicht in ihrer Kontrolle stand.
      "Wa-"
      "Anthea Elquin, du wirst verurteilt wegen Terroranschlags auf das Südtor und Entführung des königlichen Schmieds! Leg deine Waffen nieder und ergib dich ohne -"
      "Uh-uh!"
      Ob aus reinem Reflex oder geplanter Vorsicht, schoss Elraya bereits zur Seite, war unter dem Überhang eines Daches verschwunden, bevor einer der Anwesenden auch nur reagieren konnte, und verschwand mit dem Splittern eines Fensters im Inneren des Hauses.
      Sofort brach Chaos aus. Die Soldaten auf der Straße stürmten in einer Linie voran und Anthea war sich sicher, dass die unsichtbaren Beobachter gerade ihre Pfeilsehnen spannten und jeden Moment schießen könnten. Sie packte sich Lucius am Ellbogen, so als wäre er ihre wichtigste Fracht, und stieß ihn voran auf die erstbeste Gasse zu - nur, dass dort auch schon Soldaten auftauchten. Sie trugen alle das königliche Wappen und würden sich wohl nicht durch irgendwelche Angebote bestechen lassen.
      "Scheiße! Mach was, Luce!"
    • Mit einem Plan für drei Gruppen, zogen alle auf ihren Weg. Marudan versicherte noch allen, dass er ganz sicher nicht für deren Schutz sorgen könne, nur weil er unter der Hand des Königs arbeitete und sogar einen Rang bekleidet, befehligte er lediglich seine Lemminge innerhalb der Schmiede. Daher befahl er beinahe schon seinem Sohn bei Varus zu bleiben bis dieser wieder zu Kräften gekommen ist um effektiv an den Plänen mitzuwirken Berek und den Kult in die Schranken zu weisen.

      Aradan gefiel vieles an der Planung nicht ihn hier zurück zu lassen, immerhin sah Varus nicht unbedingt nach einem fähigen Beschützer aus und er bezweifelte sehr, dass Varus Soldaten oder Bereks Schergen mit seinem zugegeben sonderbaren Klimper Outfit lange ablenken konnte. Zudem war Aradan es auch ganz einfach nicht gewohnt still zu sitzen während sich andere in Gefahr brachten.
      Dennoch gehorchte er seinem Vater als wäre er wieder ein kleines Kind in Melora und sah dabei zu wie sich alle Anwesenden zerstreuten. Mit Varus im Haus verbleibend, stieg ein unbehagliches Schweigen an, welches Aradan damit zu brechen versuchte die offensichtliche Neugierde von Varus als Dank mit Antworten zu lindern.
      "Ich schätze dann sind es nur noch wir Zwei. Sag mir Varus. Wie kann ich mich für deine Gastfreundschaft erkenntlich zeigen?"

      Ein paar Ecken weiter kratzte sich Lucius an seinem Bauch während er Anthea's Schimpftiraden lauschte. Er hatte noch nie verstanden wieso aber es gefiel ihm wenn sie so aufbrauste und all ihren Dampf abließ.
      "Du hasst dieses Dorf ja mächtig hm? War doch nur n Dorf. Scheiß einfach drauf und lass uns vorerst auf den Job konzentrieren. Bei diesen Kalibern springt ganz sicher ne ordentliche Belohnung raus und hey. Wenn dieser Typ mit den weißen Haaren echt so ne große Nummer sein soll.... Stells dir mal vor. Wir könnten..."
      Da wurde auch er von dem plötzlichen auftauchen einer regelrechten Blechmauer unterbrochen.
      Seine Hände in die Hose steckend, hörte er vorerst zu was die Soldaten überhaupt wollten, doch schärfte sich sein Blick von einer Sekunde zur Anderen, als er hörte dass seine Anthea das Ziel war, welche noch so verletzt war, dass ihre Karten ganz und gar schlecht standen.
      Sofort sondierte er die Umgebung, konnte aber nicht aus machen wo sich eventuell noch mehr von denen versteckt hielten, was sie aber ganz sicher taten. Da fiel ihm auf anhieb nichts besseres ein als sich vor Anthea zu stellen und die Arme in die Luft zu heben.
      "Hey hey hey immer mit der Ruhe"
      Im Augenwinkel bemerkte er die schnell flüchtende Elraya, was ihn nur wenig wunderte.
      "Was quatscht ihr denn da? Entführung? Sehen wir aus als könnten wir so nen Kerl entführen? Hier. Schaut her."
      Ruckartig zückte Lucius einen Dolch, welchen er aus dem Haus von eben hat mitgehen lassen, da er so schön funkelte und sogar goldene Verzierungen an dessen Griff hatte. Er zückte ihn so plötzlich, dass die Soldaten sofort zu ihren Waffen griffen, sie jedoch nicht zogen, da Lucius den Dolch in einer präsentierenden Art vor sich hielt.
      "Da. Kommt ihr selbst drauf oder habt ihr alle nen Sonnenstich unter euren Blechdeckeln? Mensch ich wir haben zusammen geschmissen um uns nen Dolch herstellen zu lassen. Ihr habt echt keine Ahnung oder? So macht man das in unserem Klan wenn man sich verlobt."
      Tatsächlich schien die Erklärung für leichte Unruhe unter den Soldaten zu sorgen. Der ein oder andere entspannte sich leicht, doch der Befehlshaber hob nur seinen Kopf an.
      "Sie kommt trotzdem mit. Das..."
      "Ja ja ja das Südtor. Tja was soll ich sagen..."
      Da zeigte Lucius an dem befehlshabenden Soldaten vorbei und sah dabei entsetzt drein
      "Um Himmels Willen, ACHTUNG!!!"
      Ein paar Soldaten fielen allen Ernstes auf diese kindische Ablenkung rein, doch nicht der den es abzulenken galt. Doch grade als dieser, von der Scharade überdrüssig sein Schwert ziehen wollte, war das Glück auf Lucius und Antheas Seite. Ein Soldat kam bei der Ablenkung leicht außer Gleichgewicht und rempelte dabei den Befehlshaber so an, dass sich dieser aufregte und exakt in diesem Augenblick nutzte Lucius seinen Moment, warf den Dolch präzise zum einzigen Soldaten mit einer Armbrust in das rechte Auge und warf zugleich eine Rauchbombe, die mit Silberstaub versetzt war. Diesen Rauch einzuatmen würde für solch einen Hustenanfall sorgen, dass ein Kampf kaum möglich war. So hoffte Lucius dass Anthea seinen Plan durchschaut hatte und die Luft anhalten würde.

      Kaum verbreitete sich der Rauch explosionsartig, nahm Lucius seinen letzten tiefen Atemzug und nahm Anthea so schnell er konnte auf seine Arme, flitzte dann mit ihr nach vorn an den Lücken der Soldaten vorbei und sprang einer letzten noch auf die Schulter um auf ein kleines Dach dahinter zu springen. Erst als aus dem Rauch hinaus kamen, konnte man aus dieser Höhe sehen wie viele Soldaten noch platziert wurden. Das war ganz sicher nicht nur um eine Frau festzunehmen, so viel stand fest, aber nun galt es sich zu konzentrieren und den Gunst der Überraschung weiter auszunutzen. Mit Anthea auf seinen Armen von einem kleinen Dach zum nächsten springend und anschließend in kleinen Gassen verschwindend, lies er seine Fracht vollkommen außer Puste auf einer Kiste ab und lies sich selbst auf einer Kiste gegenüber fallen während er versuchte Anthea ein lächeln zu schenken.