The Curse of Time {TobiMcCloud & Codren}

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    • Renera entdeckte Aradan selbst, wie er hinter der Schmiede einen Pfahl anboxte. Sie winkte Marudan unsicher zu und näherte sich ihm, bis sie in einigem Abstand zu ihm stehenblieb. Sie trug noch immer die Schwerter mit sich, was mittlerweile zur Angewohnheit geworden war, aber dieses Mal kam sie sich damit blöd vor.
      "... Aradan?"
      Er kam ihr von Grund auf verändert vor. Irgendwie... kalt. Oder eher gefühllos? Es macht ihr Angst ihn so zu sehen.
      "... Geht's dir gut? Tut mir leid mit dem Schlag. Ich dachte nicht... Also ich dachte du würdest...", sie wurde kleinlaut, "... ausweichen oder sowas. Mira hat sich auch nach dir erkundigt."
    • Erst bemerkte er die Anwesenheit seines Gastes nicht. Er hatte sich viel zu sehr auf etwas anderes konzentriert, bis ihm dann die Frage gestellt wurde ob es ihm gut ginge. Direkt hörte er auf zu schlagen und drehte sich zu Renera um.
      "Oh hey."
      Er schien tatsächlich erfreut über den Besuch zu sein. Es war schon ganz schön lange her dass sie sich außerhalb der Aufsicht von Lehrern gesehen hatten. Das war immer etwas komplett anderes. Er ging sogar auf sie zu und schloss sie in seine Arme.
      "Mach dir keine Sorgen. Hat kaum weh getan."
      Die Stelle an welcher Renera Aradan getroffen hatte war deutlich sichtbar. Eine rote Druckstelle zierte genau seine Seite. Man hätte daran sogar Renera's Schwert halten können um genau wieder zu erkennen dass es die selbe Waffe war die ihn dort traf. Doch da er nun kein Oberteil trug, war deutlich zu sehen dass sein kompletter Oberkörper geradezu überseht von blauen Flecken war. Manche davon verfärbten sich schon bunt wie dunkle Regenbogen.
      "Das Training mit Quin ist ganz schön hart aber wie er immer sagt, jeden Treffer den ich abbekomme ist Schwäche, die meinen Körper verlässt."
      Da lachte er sogar leicht und wirkte in Renera's Gegenwart tatsächlich freudiger
      "Hab also ne Menge Schwäche verloren wie du siehst"
    • Renera entspannte sich ein wenig und lächelte sogar. Sie rang sich dazu durch ihm einen Kuss auf die Wange zu setzen, aber es fühlte sich anders an als noch vor ein paar Monaten. Vielleicht war es die Ungewohntheit, dass sie sich nicht mehr oft nahe waren, oder die Umstände. Jedenfalls glaubte sie, dass sich in Aradan etwas geändert hatte.
      "Aradan du..."
      Sie musterte ihn eindringlich.
      "... Du siehst furchtbar aus. Das hört sich schrecklich an. Was macht dein Mentor nur mit dir? Du bist so... anders. Der Aradan vor ein paar Monaten hätte bestimmt nicht davor gezögert einen Bogen zu benutzen."
      Sie wandte betreten ihren Blick ab.
      "Ich schätze du fehlst mir einfach nur. Seit der Unterricht angefangen hat sind wir nicht mehr richtig zusammen gewesen. Kann ich denn nicht mal beim Training zusehen oder sowas? Svenkov hat sicher nichts dagegen."
      Das hatte er ganz sicher, aber das musste Aradan schließlich nicht wissen.
    • Verlegen rieb sich Aradan seinen Hinterkopf als Renera auf seinen Körper anspielte.
      "Tut mir Leid. Für mich ist der Anblick schon recht normal. Ich war nach der ersten Woche auch tatsächlich kurz davor aufzugeben doch.. Ich weiß nicht. Quin wirkt als wüsste er ganz genau was er tut. Ich kann das nicht beschreiben aber ich würde es mein Leben lang bereuen wenn ich eine Solche Chance einfach dahin ziehen lassen würde."
      Und scheinbar war auch Renera über seine Handlung verwundert gewesen. Hatte er sich etwas wirklich so sehr verändert?
      "Moment mal. Wer sagt ich hätte gezögert? Wilk hat gesagt wir sollen die Waffen nehmen und dass der Kampf vorbei ist sobald ein Treffer gelandet wird. Ich habe dich einen Treffer landen lassen und somit den Kampf beendet. Quin sagt dass jeder Kampf so schnell wie möglich beendet werden muss um Kräfte zu sparen. Und... tut mir Leid aber... Ein Treffer von dir ist bei weitem nicht so schlimm wie die ständigen Treffer dieser miesen Viecher im Wald..."
      Aradan verzog es das Gesicht wenn er darüber nach dachte was er seit knappen zwei Monaten tun musste.
      Er sah an sich runter und streichelte dabei vorsichtig über seinen Körper.
      "Nur die ersten 3 Tage hat mich Quin in seiner Hütte trainiert... Falls man das überhaupt so nennen kann. Seit dem trainieren wir vor den Mauern. Genau genommen etwa 30 Minuten von hier in einer abgelegenen Lichtung umringt von dichtem Wald."
      Aber er schüttelte den Kopf. Er würde früh genug wieder dort hin müssen. Da wollte er sicher nicht seine Gedanken daran verschwenden solange er endlich wieder etwas Zeit mit Renera hatte.
      Doch kam ihm fast die Galle hoch als er den Namen hörte, welchen Renera scheinbar vollkommen akzeptierend erwähnte. Da packte er ihre Arme mit seinen Händen. Er hatte kaum ein Gefühl mehr in diesen, so war ihm auch nicht klar wie fest er gerade zupackte.
      "Svenkov?! Hast du grade Svenkov gesagt?? Der Kerl ist dein Mentor? Was ist mit Venedik? Du verarschst mich doch !"
      Aradan war außer sich. Ihm wurde sofort überdeutlich wie viel Zeit vergangen sein musste wenn Renera diesen Kerl plötzlich zu akzeptieren schien und sich darüber hinaus auch noch von ihm ausbilden lies.
    • Renera erschrak sich vor Aradan. Er hatte sich ganz sicher verändert.
      "Ich hab' doch - au! Du tust mir weh!"
      Aradan ließ sie wieder los und Renera trat gleich einen Schritt zurück, bevor sie sich die Knöchel an die Arme legte. Seine Finger blieben als weiße Abdrücke auf ihrer Haut zurück. Er war ganz sicher stärker geworden, um einiges stärker. Was war nur mit dem zurückgezogenem Aradan passiert, den sie vor fast drei Jahren kennengelernt hatte?
      "Venedik hat sich doch dem Handel zugewandt, er hat gar keine Zeit mehr für mich. Hab' ich es dir etwa nicht gesagt? Siehst du, wir sehen uns ja kaum noch. Und Svenkov ist gar nicht so schlecht. Er redet vielleicht viel und er riecht manchmal etwas, aber... Ist besser als Wilk."
      Sie zuckte mit den Schultern. Aradan wirkte selbst so, als wäre er vollkommen mit seinem Training beschäftigt, da interessierte er sich doch nicht dafür, was bei Renera los sein würde.
      Es stimmte sie traurig.
      "Ich sollte vielleicht besser gehen. Svenkov will sicherlich noch... irgendwas machen."
      In Wahrheit hatte er ihr eine Aufgabe gegeben und war seither nicht mehr aufgetaucht. Sie suchte nur einen Abstand zu Aradan.
      "... Wir sehen uns in der Schule, okay?"
    • Was war plötzlich mit Renera los? Hatte er etwa so fest zugedrückt? Grade als er sich dafür entschuldigen wollte, erzählte Renera über Svenkov. Er war regelrecht darüber verstört wie man diese Person angenehmer finden konnte als Wilk. Klar war Wilk ein komischer Kerl der mehr meckerte als ein altes Waschweib. Doch war Aradan tausend mal lieber bei Wilk im Unterricht als freiwillig 5 Minuten im gleichen Raum mit Svenkov. Die ganze Sache kam ihm einfach ZU merkwürdig vor. Hatte Svenkov ihr etwa was angetan? Erpresste er sie womöglich? Irgendetwas musste es einfach sein. Niemals hätte sich Renera freiwillig mit ihm eingelassen. Und nun wirkte sie auch noch so abweisend? Aradan verstand die Welt nicht mehr. Sie wussten doch beide dass das Training ihnen die meiste Zeit rauben würde. Warum also fühlte er sich nun so beschuldigt?
      Was sie ihm dann aber sagte, tat mehr weh als das Training bei Quin. Denn Renera lies ihn einfach stehen. Er kam nicht mal mehr dazu ihr das Angebot zu machen mit Quin über ein gemeinsames Training zu reden, da wimmelte sie Aradan schon damit ab Irgendetwas machen zu müssen.
      Er wusste einfach nicht was er sagen sollte. Es fühlte sich an als würde er innerlich fallen. So nickte er nur als Renera sich bis zum nächsten Schultag verabschiedete und stand noch eine ganze Weile einfach nur dort und grübelte.
      Irgendetwas musste ganz einfach passiert sein. Auch wenn Aradan keine Beweise dafür hatte, vermutete er nach einer Weile dass Svenkov dahinter stecken musste.
      Aradan dachte noch mal über Renera's plötzlichen Satz nach. Svenkov will sicherloch noch... irgendetwas machen... sagte sie. Moment mal. Sie akzeptierte den Kerl plötzlich und zieht es vor lieber schnell checken zu gehen ob er noch "irgendetwas machen" will statt die Zeit mit Aradan zu nutzen? Und über sein Training informierte sie sich ebenso nicht nachdem er das Thema angeschnitten hatte.
      Langsam wusste er nicht mehr ob er misstrauisch, verletzt oder wütend sein sollte, doch schwappte dann doch etwas die Wut über.
      So freute sich Aradan schon richtig darüber dass die Sonne langsam unter ging und er wieder nach Quin gehen konnte, welcher ihn auch schon in Empfang nahm um den Weg zu dessen eigentlichen Hütte im Wald anzutreten.
      So konnte Aradan wenigstens im Training seine Wut raus lassen.
    • Die Auseinandersetzung mit Aradan machte Renera niedergeschlagen. Sie warf ihm während des Unterrichts einige Blicke zu, aber er schien nur noch komischer drauf, als er es an diesem Tag gewesen war. Irgendetwas machte Quin mit ihm, das ihn von Grund auf zu verändern schien. Oder war es sie, die sich durch Svenkov veränderte? Nein, ganz bestimmt nicht. Der einzige Unterschied bei ihr waren vielleicht die Waffen, die sie ständig mit sich herumtrug, aber das wirkte sich ja wohl kaum auf ihre Persönlichkeit aus.
      Also versuchte sie ihn so weit es ging nicht zu beachten. Zu ihrem größten Grauen funktionierte das sogar ganz gut, nachdem sie sich sowieso nur noch im Unterricht trafen, Wilk keine Pausen mehr für Geschwätz einrichtete und sie danach eigener Wege gingen. Eigentlich war es doch so auch ganz gut, oder nicht? So konnte sie sich auch mehr auf ihr eigenes Training konzentrieren, da hatte doch letztendlich jeder etwas davon. Oder?

      Zwei weitere Monate vergingen, bis die letzte Prüfung fällig war, auf die sie alle bereits gewartet hatten. Zur Feier des Tages versammelte sich das Dorf vor dem Westtor, um die Schüler auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Größtenteils waren es die Familien, die dort zum Abschied winkten, und natürlich die Lehrer mit letzten Ratschlägen auf den Lippen. Wilk wirkte an diesem Tag auch wieder entspannter, er hatte sich vor dem geöffneten Tor positioniert, um die Schüler ihren Partnern zuzuweisen.

      Fijena war bereits da, als Renera eintraf, die Schwerter in ihren Händen und gekleidet in eine schlichte Hose und einem Hemd mit langen Ärmeln. Renera war schweigsam geworden, fast so wie Ellaya, aber an diesem Tag lächelte sie und fing den Blick ihrer Mutter auf, der vor Stolz nur so zu funkeln schien. Um Fijena herum hatten sich ihre Geschwister versammelt, Varus winkte ihr begeistert zu, nur von Svenkov war keine Spur zu sehen. Er wollte wahrscheinlich den Schein des betrunkenen Schafhirten aufrecht erhalten.
      Ella ging neben ihr, als sich beide zur Klasse begaben. Die beiden waren sich seit fast einem halben Jahr aus dem Weg gegangen und auch jetzt sahen sie sich nicht an, als sie sich aufstellten. Sie hatten beide dieselbe eiserne Miene aufgesetzt.
      Wilk begrüßte die Versammelten mit einer Rede über die Zukunft des Dorfes, über den Mut, den die Schüler bewiesen hatten und ihr Können, dass sie vor sämtlichen Lehrerin gezeigt hatten. Er sagte etwas über die Welt außerhalb des Dorfes, über die Wichtigkeit, in ihr überleben zu können und dass man dieses Können in dieser Prüfung testen wollte.
      Dann erklärte er außerdem noch den Ablauf der Prüfung und was ihnen alles verboten sein würde.

      Renera hörte ihm nervös zu. Das war es, worauf sie sich die letzten Jahre vorbereitet hatte. Das war es auch, was sie von ihrem damaligen Ich unterschied, das aus dem zerbrechlichen Loch eines Dorfes in die Sicherheit geflohen war, aus der sie nun als vollwertige Kriegerin aufsteigen würde. Sie hatte gelernt sich zu verteidigen und zu kämpfen, sie hatte gelernt Salben herzustellen und sich um Wunden zu kümmern, sie hatte über ihre Vogelkenntnisse hinaus gelernt die Natur zu lesen und in ihr zu wandeln. Sie hatte gelernt, wie sie sich ein zweites Mal einem Läufer stellen konnte.
      Mit dieser letzten Prüfung würde sie zeigen, dass sie vor nichts mehr zurückschrecken würde. Dass nichts so mächtig war sie jemals wieder in die Hilflosigkeit zu versetzen, die sie in Erathis gespürt hatte.

      Sie wandte sich Wilk mit hoch erhobenem Haupt zu, als er die Gruppen einteilte. Ihr Name fiel zusammen mit einem, von dem sie gehofft hatte, dass sie ihm aus dem Weg gehen konnte.
      "Renera und Aradan."
      Sie sah erst zu ihm hinüber, mied dann aber seinen Blick. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er noch immer der Junge sein sollte, in den sie sich einst verliebt hatte. Er war zu etwas anderem geworden.
      Sie stellten sich beide am Tor bei Wilk auf und Renera blickte zu ihrer Mutter hinüber. Sie lächelte noch immer, aber ihre Miene war düster geworden. Renera fragte sich, ob Svenkov sie jemals versucht hatte zu überreden, dass ihre Beziehung mit Aradan nichts schlimmes war. Aber war es das überhaupt noch? Eine Beziehung? Sie konzentrierte sich eher auf ihre Schwerter als auf Aradan.
    • Ehe sich Aradan versah, waren schon wieder 2 ganze Monate ins Land gezogen. Es war schon merkwürdig. Ihm kam alles seit der Erläuterung von Wilk, dass sie künftig mehr Training bekommen würden, sowie einen Mentor, so vor als wären höchstens 2-3 Wochen vergangen. Das lag wohl aber auch stark an der Trainingsmethode die Aradan auferlegt wurde, wieder und immer wieder...
      Den Anderen schien es wohl etwas anders ergangen zu sein. Dieser ganze Trubel, Wilk's Rede und die anwesenden Eltern schienen hier alle zu berühren. Es war doch nur eine Prüfung. So sah er kurz zu Konek
      "Warum flippen hier alle so aus?"
      Konek sah zur Seite, lachte amüsiert und stieß Aradan leicht mit seinem Ellbogen
      "Der war gut. Das ist unsere letzte Prüfung. Is doch klar dass es ein Besonderes Ereignis ist."
      Die letzte Prüfung.. Als Witz hätte Aradan darüber vielleicht lachen können, auch wenn es ein schlechter gewesen wäre. So wandte er sich wieder nach vorne und antwortete bitter
      "Die letzte Prüfung huh..? Raus aus dem Dreck und rein in den Matsch."
      Konek verging das Lachen. Auch ihm fiel auf dass Aradan kaum noch der beinahe Hyperaktive Typ war der ständig grinste und scheinbar von nichts unter zu kriegen war. Jetzt wirkte er viel mehr wie ein depressiver Klotz der sich an nichts erfreuen konnte. Beinahe wie abgetötet.
      Unter dem ganzen Jubel traute sich Konek dann aber doch seine Frage zu äußern.
      "Du sag mal. Was hattest du denn eigentlich für einen Mentor? Seit dem extra Training bist du echt schräg drauf"
      Aradan's Mine verzog sich kein Bisschen als er es beinahe selbstverständlich und gleichgültig beantwortete
      "Quintus Parabelum..."
      Konek stockte. Im ersten Moment war er schockiert diesen Namen zu hören. Im zweiten erkannte er aber, dass es einfach nur ein Witz gewesen sein musste. So fing er inbrünstig an zu lachen, hielt sich dabei mit der einen Hand die Brust und schlug mit der anderen flachen Hand auf Aradans Rücken. Nur um sein lachen direkt gestillt zu bekommen. Normalerweise war Konek stark genug um Leichtgewichte, wie er sie bezeichnete, mindestens kurz ins Wanken zu bringen wenn er ihnen so kräftig auf den Rücken schlug oder allgemein seine Kraft nutzte. Doch in diesem Fall fühlte es sich an als hätte er mit seiner Hand einen Felsen geschlagen. Aradan bewegte sich keinen Zentimeter, was Konek beinahe als Gruselig abtat. Spürte dieser Typ überhaupt was Konek tat?
      Bevor er aber eine weitere Frage stellen konnte, wurden von Wilk die zweier Teams vorgetragen. Konek musste mit Daria ins Feld ziehen. Da hatte er ganz klar nichts gegen. Renera mit Aradan, was beinahe selbstverständlich war, wenn auch irgendwie eigenartig, wenn man bedacht hatte wie sich Beide seit einer Weile aus dem Weg gingen. Aus Konek's Sicht schien es aber mehr so als wäre Renera darüber nicht erfreut gewesen. Von Aradan schien wieder keinerlei Regung auszugehen.

      Nachdem dann die freudigen Worte und Glückwünsche endlich vorbei waren, bekam einer aus jedem Team eine Karte, welche zeigte wo hin man zu gehen hatte und dass erst ab dem Moment der Ankunft die Prüfung begann. In Renera's und Aradan's Fall war es letzterer, der die Karte bekam, da Renera noch mit ihrer Mutter zu reden schien. Aradan selbst war alleine hier. Er hatte sich schon am Vortag von seiner Mutter und seinem Vater alles notwendige sagen lassen, auch wenn seine Mutter eher emotionalen Kram von sich gegeben hat.
      Nachdem Aradan also nun alles erklärt bekommen hatte, ging er zu seiner zugetragenen Partnerin der nächsten 7 Tage und blieb neben ihr stehen. Dass sie womöglich noch vertraute Worte mit ihrer Mutter wechselte, schien ihn nicht wirklich zu interessieren. Er blickte beide nur ausdruckslos an und unterbrach diese sogar
      "...Wir müssen los."
      Um dem ganzen den Deckel auf zu setzen, wartete er nicht mal auf eine Antwort und ging schon los. Seine weißen Augen untermalten in diesem Zustand den Rest seiner Gestalt. So trug er nicht mehr seine übliche Kleidung. Die die er nun trug war der Alten zwar noch immer sehr ähnlich, doch fehlte es an jeden verzierenden Gurt, dem üblichen Bogenschützen Geschirr, dem Schulterschutz und dem Pelz. Um den ganzen Look abzurunden war dieser nicht mehr im blassen blaugrünen Ton, sondern im schlichten Schwarz. Seine Bandagen bis zu den Ellbogen blieben jedoch wie zuvor.
      Untermalt von seinem Look wirkten seine Augen zudem beinahe weiß statt dem seichten Blau wie zuvor.
    • Renera trennte sich nur widerwillig von ihren Geschwistern und folgte Aradan aus dem Tor hinaus. Sie winkte Mira noch zu, aber dann betraten sie den abgeschotteten Wald und waren unter sich.
      Aradan war kein sehr angenehmer Zeitgenosse. Er schritt zielstrebig voran, während Renera versuchte mit ihm Schritt zu halten und dabei ihre Schwerter kreisen ließ. Eigentlich hätte es ein sehr angenehmer Ausflug werden können, etwas, worauf sie sich definitiv gefreut hatte, aber Aradan ließ alles düster und kühl wirken. Sie musste mehr an ihre Aufgabe denken als die Tatsache, dass sie sich für ein paar Tage lang frei im Wald bewegen konnten.
      Sie kamen an einer Lichtung vorbei, die Renera gut kannte und daran erinnerte, dass sie schließlich ein Ziel vor Augen hatten. Sie holte zu ihm auf und murrte:
      "Zeig' mir mal die Karte."
      Er gehorchte ihr und sie überflog sie, ehe sie in den Himmel blickte. Es war ein wolkenloser Tag, wenngleich die Winde recht kühl waren und am Nachmittag noch Regen mit sich bringen konnten. Sie beobachtete den Himmel, bis sie schließlich beobachtete, wie ein einzelner Vogel über den Wald flog und sich nicht weit von ihnen auf die Bäume sinken ließ. Die Vögel waren an diesem Tag äußerst gesprächig.
      "Da will ich hin", sagte sie, während sie in die Richtung zeigte. Es wäre zumindest ein Anfang.
    • Der Wald war viel größer als gedacht. Er schien beinahe kein Ende zu nehmen, selbst nachdem sie schon eine ganze Stunde unterwegs waren und wohl bemerkt kaum miteinander sprachen. Ganz klar war es ein Unterschied zu Aradan's Vorstellung. Noch zu seiner früheren Kindheit sah er den Wald im Westen immer wie einen eher kleinen, ähnlich tiefen Wald wie der im Norden war, doch war der im Norden schon nach einer Stunde ziemlich offen und überschaubar, bis er nach weiteren 10 Minuten in einer beinahe grenzenlosen leichten Wiese auf ging. Quin hatte ziemlich viel des nördlichen Gebietes mit Aradan abgelaufen und erklärte ihm auch wieso man dort kein Dorf aufbauen konnte oder zumindest warum es keine gute Idee war.
      Als Renera Ihn dann aber aus seine Gedanken riss um die Karte zu nehmen, überließ er Renera diese und würde fortan folgen, wenn sie zumindest in die richtige Himmelsrichtung gingen. Hauptsache sie würden ankommen.
      Ungewohnt war es trotz alledem, so ganz ohne jede Ausrüstung. Denn war es für Aradan nicht nur die Überlebens Prüfung sondern auch die vorerst letzte von Quin. Dieser versprach Aradan sogar ein Geschenk wenn dieser die Prüfung erfolgreich abschließen würde. So war es für den Jungen beinahe zu einem Gesetz geworden nicht zu versagen.

      Die Beiden waren ziemlich Flott unterwegs gewesen. Nicht eine Pause fand zwischen dem Dorf und ihrem Ziel statt. Renera schien genau zu wissen wo sie lang zu gehen hat. Es war eine eher kleine Lichtung. Etwa 10x20 Meter breit. Genug um Tiere frühzeitig zu bemerken und auch schön eben.
      "Hm. Wirkt irgendwie als hätte man den Ort vorbereitet. Ist das dann überhaupt noch eine Prüfung?"
      Als würde er mit einer Falle rechnen, sah er sich um, schritt dabei aber immer so voran dass Renera hinter ihm war. Beinahe als würde er Sie beschützen wollen.
      Und als hätte er nur darauf gewartet, knackts ein Ast im Wald hinter den Beiden. Direkt schaltete sich Aradan's Training ein. Er verlor von einer Sekunde zur Anderen seine menschliche, aufrechte Haltung und ging in die Knie, dabei seine Handflächen auf dem Boden abstützend. Beinahe als würde er auf allen Vieren wie ein Tier in Alarmbereitschaft gehen. Doch als es offenbar ein Fehlalarm war, stand er langsam wieder auf und wandte sich erstmals Renera zu.
      "Okay war wohl nur ein Tier. Trotzdem. Es riecht nach Regen. Wir sollten wohl zuerst um eine Überdachung kümmern. Hast du einen Vorschlag?"
    • Sie erreichten das Ziel, das eine relativ kleine Lichtung darstellte, die an den Rändern mit ansteigendem Gebüsch wieder in den Wald überging. Renera erschrak beinahe, als sie Aradan reden hörte, denn sie hatte damit gerechnet, dass sie kein einziges Wort mehr miteinander wechseln würden, aber so war es wohl doch nicht. Bestand noch Hoffnung? Eher nicht. Sie sollte sich nicht hineinsteigern. So schwieg sie weiterhin und nahm es hin, dass er die Führung wieder übernahm. Allerdings konnte sie so beobachten, wie ihn ein Geräusch aus dem Wald richtig zusammenzucken ließ. Nein, er zuckte nicht zusammen, er schien den Verstand zu verlieren. Renera blieb stehen und spürte, wie die Fijena in ihr hochkam.
      "Aradan, was bei allen Kreaturen machst du da?!"
      Es schien ihm überhaupt nicht durch den Kopf zu gehen, wie lächerlich er ausgesehen hatte, als er sich auf dem Boden zusammengekauert hatte. Wollte er Schutz suchen? Ein Tier nachahmen? Er war ganz eindeutig verrückt geworden. Sie schüttelte den Kopf darüber und wandte sich von ihm ab. Dann ging sie zurück zum Waldrand und sah in die Baumkronen hoch.
      "Wir können ein paar Äste zusammenstellen, schätze ich", brummte sie missmutig. Das konnte ja noch eine lustige Woche werden. "Wenn wir ein paar der Gebüsche rausreißen und drüberhängen, könnte das dicht genug sein."
      Sie sah sich einmal nach Aradan um, um zu sehen, ob er etwas dagegen einzuwenden hatte, und machte sich dann gleich an die Arbeit. Die Beschäftigung tat gut, sie verhinderte, dass sie über sein komisches Verhalten nachdenken musste und sich dafür ganz auf den Wald konzentrieren konnte. Hier draußen war das Licht viel heller, die Luft viel klarer und die Geräusche viel lebendiger. Es tat gut, sich im Einklang mit der Natur zu bewegen, denn man konnte dort nichts falsch machen. Wenn die Kleider schmutzig wurden war das egal, denn dort war alles schmutzig.
      Gemeinsam brachten sie es zustande, ein paar der langen, dicken Äste zu verwenden, um eine zeltförmige Struktur zu bauen, über die sie das Gebüsch legten. Es dauerte einige Stunden und war gerade groß genug, damit man sich darunter zusammenrollen konnte, aber es wirkte beinahe natürlich, sodass es auf den ersten Blick nicht auffiel. Renera war stolz auf ihre Arbeit. Wenn sie ein Seil gehabt hätte, hätte sie die Enden miteinander verbinden können und das ganze Gebilde damit stabiler machen können, aber das reicht schon aus. Zumindest für diese Nacht.
      Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und mit ihr tatsächlich die ersten Wolken, die sich schleierhaft über den Himmel zogen. Das Vogelgezwitscher war auch leiser geworden, aber das war nicht weiter alarmierend, nachdem Renera beim Bauen eine Amsel entdeckt hatte. Die wagten sich normalerweise nicht in die Nähe, wenn nicht alles friedlich war. Es beruhigte sie.
      "Wir sollten uns mit dem Schlafen abwechseln, um die Umgebung im Blick zu behalten", schlug sie kühl vor, während sie sich
      zu Aradan umdrehte.
      "Ich fang an. Ich weck' dich so in vier Stunden."
    • Renera war schon immer besser in dieser Angelegenheit gewesen, es gab demnach keinen guten Grund ihr nicht im Aufbau des Lager's die Führung zu überlassen. Aradan machte sich schnell zur Aufgabe passendes und stabiles Holz zu finden wonach Renera verlangte. Am liebsten hätte Aradan direkt einfach nur dünne tote Bäume gefällt. Sie waren leicht auf eine ideale Länge zu kürzen um sich eine perfekt regen dichte Unterkunft zu bauen, doch hatte das Renera scheinbar schon bedacht. Immerhin konnte man wohl kaum mit Schwertern einen Baum kürzen. Zumindest nicht lange, bis die Klingen ruiniert wären.
      "Ist gut. Ich gehe in Rufweite um diese Lichtung herum suchen"
      Und schon war er weg. Es war schon etwas ärgerlich gewesen dass Quin ihm abverlangte ohne seinen Bogen und ohne jede weitere Bewaffnung die Prüfung anzutreten. Aradan war sich sicher dass die Jagt nach Wild und das bearbeiten von Holz mit einer Handaxt um ein vielfaches einfacher gewesen wäre. Aber vermutlich zielte Quin genau auf diesen Aspekt ab.
      Hier und da hatte Aradan aber trotzdem noch den ein oder anderen Trick auf Lager. So diente sein Gürtel als perfektes Trage für sehr viele stabile und lange Äste. Einfach den Gürtel flach auf den Boden, alle Äste in der Nähe fein mittig darauf legen und den Gürtel zu binden. So konnte er das gesamte Bündel mit einer Hand tragen und in der anderen noch einiges an Birkenrinde, was als perfekter Zunder für ein Feuer dienlich war.

      Es dauerte eine halbe Stunde, da legte er Renera das prächtige Bündel vor die Nase und löste den Gürtel, um sich diesen wieder anzulegen.
      "Wenn du mehr brauchst, sag bescheid. Dort drüben ist unglaublich viel davon."
      Daraufhin schloss Aradan seine Augen und hob die Arme leicht an.
      "Hm.. mhm. Der Wind kam nun schon 4 Mal aus dieser Richtung dort. Ich denke es wäre also besser wenn wir den Windschutz dort aufrichten."
      Schnell hatte Aradan einen recht spitzen Stein aufgehoben und begann damit zwei Löcher in angezeigter Stelle in den Boden zu graben, welche so dick wie Oberschenkel waren. Nach guten 30 cm hörte er auf und sprang direkt rüber hinter einen der vielen Bäume um einen langen, passenden Stamm heran zu ziehen. Dieser war genau so dick wie die Löcher und etwa eineinhalb Meter lang. Diesen wuchtete er dann in eines der Löcher hinein, wodurch der Stamm von alleine ziemlich stabil aufrecht stand. Das selbe tat Aradan mit einem zweiten Stamm. Doch war er weiterhin unermüdlich. Er baute fleißig weiter, grub ein drittes loch in einem leichten Abstand zu den ersten Beiden. Zwischen den drei Pflöcken war dann nun genug platz um dicke Äste hoch zu stapeln ohne dass sie zur einen oder zur anderen Seite weg fallen konnten. Und schon stand der große Windschutz, welcher auch gut und gerne als eine kleine Holzmauer durch gegangen wäre. Zumindest spürte man nur noch einen leichten Wind zwischen den Hohlräumen hindurch peitschen, was aber ebenso schnell beseitigt war, da überall im Wald Moss im Überfluss zu finden war. Das perfekte Mittel gegen undichte Luftlöcher und wenn dieser trocken war sogar als unglaublich guter Polster zum schlafen geeignet war.

      Zusammen mit Renera brachen sie es dann auch zu Stande einen akzeptablen Schlafplatz zu basteln. Er war bei weitem nicht gut genug für starke Winde oder starken Regen, doch sollte war es ziemlich solide für diese kurze Zeit. Immerhin hatten sie ganze 7 Tage vor sich, von welchen erst der morgige Tag als erster zählte. Man konnte also gut sagen dass sie eigentlich für 9 Tage alleine waren, wenn man die Auf und Abbau, sowie die Reise dazu zählte.
      Als Renera dann die Wachaufteilung vorschlug, nickte Aradan. Es war tatsächlich keine schlechte Idee gewesen und wurde so nicht mal in der Ausbildung vorgeschlagen. Zumindest konnte sich Aradan nicht mehr daran erinnern dass Wilk so etwas je gesagt hatte. Aber wer weiß. Seit er bei Quin trainierte, hatte er ohnehin schon ein deutlich anderes Bild von Wilk bekommen. Inwiefern er also seine Lehren noch beherzigte, würde die Zeit zeigen.
      "Gute Idee. Und mach ruhig ein Feuer wenn es zu kalt wird."
      So legte sich Aradan auf das provisorische Bett, welches noch keinen Moos aufgelegt hatte, da dieser einfach noch zu nass war und somit eher den Effekt hatte einen in der Nacht nicht nur zu durchnässen, sondern auch erfrieren zu lassen.
      Kaum als er sich auf den Rücken hingelegt hatte, wurde seine Atmung schon lauter. Es dauerte tatsächlich keine 2 Minuten bis sein Körper ihn ins Traumland geschickt hatte. Zwar wirkte Aradan nicht mehr so unfassbar erledigt wie noch vor wenigen Monaten, doch zeigte der schnelle Schlaf dass er nach wie vor an einer starken körperlichen Grenze war.

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    • Zusammen errichteten sie etwas, was wie ein richtiges Lager wirken mochte. Es fehlten wahrscheinlich noch mehr Habseligkeiten und auch richtige Zelte, oder zumindest Schlafsäcke, aber für die kurze Zeit würde es schon reichen. Und die beiden waren jung, sie würden ein paar kalte Nächte schon überstehen.
      Aradan stimmte ihrer Wachaufteilung zu und legte sich dann auch gleich schlafen. Renera setzte sich an den Windschutz, den er errichtet hatte, und wollte eigentlich abwarten, bis er eingeschlafen war, aber sie hatte sich kaum gesetzt, als sie ihn auch schon leise schnarchen hörte. War er etwa so schnell schon wieder weggetreten? Sie stand wieder auf und schlich sich vorsichtig in seine Nähe, wo sie auch schon beobachten konnte, wie sein Brustkorb sich gleichmäßig hob und wieder senkte. Das war ja fast schon zu einfach gewesen. Sie vergewisserte sich, dass das Gebilde auch nicht einstürzen würde und machte sich dann auf dem Weg ins Unterholz.
      Das war nun schon wesentlich angenehmer. Deutlich entspannter als bei ihrer Hinreise und sorgloser, wählte sie eine Richtung, von der sie glaubte, dass dort die Vögel hausten, und schlenderte dann durch das Unterholz. Jetzt war es endlich ein entspannter Ausflug, so ganz von Aradan's dunkler Aura befreit. Sie konnte die Natur genießen, den nächtlichen Geräuschen lauschen und sich ganz auf sich selbst konzentrierern. Sie drehte ihre Schwerter in ihren Händen und ließ sie hin und wieder zwischen den Fingern tanzen, weil der Trick echt schwierig war und sie es schnell verlernte wenn sie es nicht regelmäßig übte. Svenkov hatte sie schonmal in Bedrängnis gebracht, als er Wochen später den gleichen Trick nochmal sehen wollte und sie sich dabei fast einen Finger abgehackt hatte. Das war schon sehr peinlich gewesen. Seitdem hatte sie darauf geachtet, ihre Tricks immer draufzuhaben.
      Sie entfernte sich soweit von der Lichtung, bis sie nicht mehr zu sehen war und kauerte sich dann in einem Gebüsch zusammen. Sie konnte immer noch nicht gut klettern und würde es wohl nie lernen, sonst wäre sie wohl die Bäume hochgeklettert. Aber die Blätter würden ihren Geruch schon gut verdecken. Svenkov hatte ihr einen Tipp gegeben, welche Tiere es sich zu jagen lohnte und jetzt wollte sie sich an einem Siebenschläfer probieren. Es war eine Art von Eichhörnchen, die nur in der Nacht herauskam, aber dafür umso weicheres Fleisch hatte. Sie hatte etwa eine Stunde, bevor sie sich einen neuen Ort suchen musste, an dem sie erneut eine Stunde warten würde, bevor sie entweder weiterzog oder zurück zur Lichtung gehen würde, um Aradan zu wecken. Schließlich hatte sie ihm versprochen ihn in vier Stunden zu wecken. Sie verdrehte die Augen, als sie daran dachte, dass sie dann wieder von seiner merkwürdigen Art heruntergezogen werden würde.
    • Es war eine Plage. Das Training mit Quin hatte Aradan so Aufmerksam gegenüber Geräusche gemacht, dass er im freien einfach kaum in den Tiefschlaf kam, oder wenn, dann nur sehr kurz. So kam es auch dieses mal dass er von einem zerbrechenden Ast hoch schreckte und sich die Augen rieb. Wie lange hatte er geschlafen? Scheinbar keine 4 Stunden, sonst hätte Renera ihn doch längst geweckt. Und kaum als er sich das fragte, bemerkte er dass diese überhaupt nicht da zu sein schien. Dazu das knacken in der Nähe? Sofort war Aradan in Alarmbereitschaft, griff sich einen scharfkantigen Stein und stand auf.
      Er konnte nicht mehr aus machen woher das weckende Geräusch kam, doch verharrte er sehr leise und senkte seine Atmung weit genug um sich besser konzentrieren zu können. Dann hörte er es wieder. Ein paar weitere Äste knackten im Wald. Aber es hörte sich an als würden sie sich entfernen. Zudem stand der Wind perfekt um eine Verfolgung aufzunehmen, für welche sich Aradan sofort entschied, immerhin hätte das ein Bandit sein können, welcher Renera entführt hatte. Oder ein Bär? Nein. Er musste seine Gedanken zügeln. Ein Bär war unmöglich. Diese waren niemals so leise dass man diese nicht schon früh gehört hätte, selbst im Schlaf.
      Aradan verfolgte das Geräusch ganze 15 Minuten Lang in eine durchgehende Richtung und holte klar auf. Die Geräusche wurden lauter, doch was Aradan sehr verwundert hatte war, dass er noch immer keine Sicht auf sein Ziel hatte, dabei waren die Geräusche laut genug um keine 15 Meter mehr entfernt zu sein. Doch was sich ihm dann auf tat war noch viel seltsamer. Vor ihm war kein Baum mehr, sondern Gestein. Beinahe schon ein riesiger Hügel der sich nach links und rechts streckte. Aber warum hörte er dann nach wie vor knackende Äste? Das ergab keinen Sinn.
      Er untersuchte das Gebiet erst nach Links entlang des Hügels ab. Gute 50 Meter lang erschien nichts besonderes also ging er nun nach rechts, wo sich dann schnell eine ziemlich große Höhle auf tat. Sie war ziemlich schnell unfassbar düster. Man konnte grade mal gute 5 Meter hinein blicken bis einfach alles schwarz war. Kamen etwa hier die Geräusche her? Aradan roch zumindest keinerlei Tier und sah ebenso keine Spuren auf den Boden. Das war alles ganz klar etwas zu merkwürdig also entschied er sich zurück zum Lager zu eilen.

      Nach einer Weile kam er dort an. Renera war zu seiner Erleichterung wieder da und stand mit einem erlegten Eichhörnchen in der Hand dort.
      "Ein Glück..."
      er atmete klar erfreut seine besorgte Anspannung hinaus, sah Renera dann aber mit leicht vorwurfsvollem Blick an
      "Mensch ich hab mir sorgen gemacht. Hier waren Geräusche. Irgendwas ist umher geschlichen und von dir war keine Spur. Nicht mal ein Feuer hast du an gemacht um Tiere fern zu halten. Wolltest du mich etwa dem Wald überlassen?"
      Nach wie vor hatte er keine Ahnung was mit ihr geschehen war seit sie mit Svenkov trainierte, so wusste er sich in ihrer Nähe vor allem nach diesem Ereignis nicht mehr sicher. Was hatte dieser Typ bloß mit ihr angestellt dass sie sich immer so seltsam verhielt und nicht mal die üblichen Überlebens Regeln befolgte?
      Bevor er sich das alles aber zu Kopf steigen lies, erzählte er nach einem tiefen Durchatmer was er gefunden hatte und wie seltsam die Geräuschquelle samt fehlender Spuren war.
      "Verstehst du? Ein Bär hätte klare Spuren hinterlassen. Rehe hausen nicht in solchen Höhlen, hätten aber ebenso Spuren hinterlassen. Und Wildschweine oder sonst mögliche Tiere hätten ebenso Spuren hinterlassen."
    • Die Geduld zahlte sich tatsächlich aus. Ein kleiner Siebenschläfer kündigte sich durch das bedachte Rascheln im Unterholz an, bevor es für einen Moment still war und wieder raschelte. Renera verfiel in eine Starre und hielt ihre Atmung flach. Sie musste noch warten, eine ganze Weile musste sie weiter warten, bis der Siebenschläfer so nah kommen würde, dass sie ihn mit ihrem Schwert erreichen konnte.
      Aber er kam nicht näher. Stattdessen erblickte sie ganz kurz seinen flaumigen Schweif, ehe er auch schon unter ein paar Wurzeln verschwand und dort raschelte. Renera wartete weiterhin, bis er schließlich unter der Wurzel hervorkam, in die Luft schnüffelte und dann auf den Stamm hochsprang. Da sprang sie auf, zielte für den Bruchteil einer Sekunde und warf das linke Schwert. Volltreffer! Es bohrte sich in den Rücken des Tieres und nagelte es in den Stamm. Wenn das mal Svenkov gesehen hätte! Er würde sofort wissen, dass ihre Wurfübungen sich ausgezahlt hatten.
      Selbstzufrieden schlenderte sie hinüber und nahm das Schwert wieder an sich, bevor sie mit ihrer Trophäe zurück ins Lager kehrte. Ein kurzer Blick in ihre Unterkunft ließ sie stutzig werden, als sie sah, dass Aradan nicht mehr da war, aber dann zuckte sie die Schultern. Er würde sie schon holen, wenn er Hilfe brauchte. Sie kniete sich neben der Feuerstelle nieder, entzündete das Feuer mit zwei Zweigen und fing an das Tier zu häuten. Das war ganz schön schwierig, denn im besten Fall konnte sie das Fell auch noch benutzen, aber dafür war sie noch nicht geschickt genug mit ihren Schwertern. Sie zerfledderte das Fleisch in ihrem Versuch und gab sich dann damit zufrieden. Dann sah sie auf, als Aradan zurückkehrte.
      Er schien gehetzt und sein Vorwurf sorgte nicht unbedingt dafür, dass sich Renera über seine Rückkehr freute. Wann war es überhaupt das letzte mal, dass sie richtig miteinander gesprochen hatten?
      "Im Wald schleicht immer irgendwas rum."
      Zu ihrem Frust war sein Argument gut, denn sie hätte tatsächlich zumindest das Feuer entzünden können. Aber daran hatte sie nicht gedacht - und er doch schließlich auch nicht. Wenn er schon ihren Windschutz baute, hätte er auch gleich die Feuerstelle entzünden können. Es war ungerecht, dass er ihr die Schuld zuwies.
      Sie wandte sich demonstrativ wieder von ihm ab und ärgerte sich plötzlich darüber, dass sie das Eichhörnchen nicht besser häuten konnte. Wieso war sie nicht jemand anderem zugeteilt worden? Konek zum Beispiel? Der hatte immer irgendeinen Scherz auf Lager, das hätte lustig werden können.
      Aradan schien sich in seinen Fund verbissen zu haben, denn er erzählte ausführlicher von den Geräuschen die er gehört hatte. Renera war dazu geneigt ihm keine weitere Beachtung zu schenken, aber auf der anderen Seite würden sie die nächsten Tage miteinander verbringen, vielleicht sollte sie sich also eher entgegenkommend verhalten. Also stand sie auf und drehte sich ihm doch wieder zu.
      "Es hätte auch ein Fuchs sein können, die sind ganz schön laut, wenn sie jagen. Oder eine Wildkatze? Oder vielleicht sogar ein sehr großes Eichhörnchen."
      Moment, das war nicht sehr entgegenkommend.
      "... Zeig' mir die Höhle, ich will sie selbst sehen."
      Also ließ sie sich von Aradan zurückführen, der um dieses Geräusch ganz schön besorgt wirkte. Sie konnte nicht nachvollziehen, wie man Angst vor der Natur haben konnte.
      Der Gesteinshaufen, an dem sie Halt machten, war ein ganzes Stück von der Lichtung entfernt, weit genug, damit, welches Tier auch immer darin hausen mochte, sich nicht zufällig auf die Lichtung verirren würde. So war zumindest Renera's Prognose. Als sie dann allerdings vor der Höhle standen und sie in die Dunkelheit hineinblickte, überkam sie doch ein mulmiges Gefühl. Sie verharrten beide vor der Höhle, unbewegt auf ein Geräusch wartend, aber ihre Geduld wurde nicht belohnt. Es war sogar nicht abzusehen, ob darin überhaupt ein Tier lebte.
      Renera warf Aradan einen kritischen Blick zu, bevor sie sich wieder vom Eingang entfernten. In ausreichendem Abstand und nachdem sie sich beide vergewissert hatten, dass sie alleine waren, verschränkte Renera die Arme vor der Brust und wandte sich ihm zu.
      "Du hast also ein Geräusch im Wald gehört, in dem ständig alles knackt und raschelt, und dann dachtest du, dass dieses Geräusch sich entfernt und bist ihm zu dieser Höhle gefolgt, obwohl es bis auf das Geräusch keinerlei Anzeichen von irgendwelchen Tieren gibt?"
      Sie hob eine Augenbraue.
      "Hast du etwa schlecht geträumt? Sowas passiert manchmal. Wir sollten zurückgehen und das Eichhörnchen braten, auf leeren Magen schläft es sich schlecht."
    • Renera's Antworten und Reaktionen hatten schon etwas ziemlich reizbares. Aber nicht auf die positive Weise. Aradan kam sich bei nahezu jeder ihrer Antworten vor, als würde sie ihn zu keinem Zeitpunkt auch nur im Ansatz ernst nehmen. Er zählte doch schon alle möglichen Tiere auf die solche Geräusche machen könnten, schloss diese aus und dann kam sie ihm tatsächlich mit Wildkatzen, Füchsen und Eichhörnchen? Langsam tat sich auf seine Stirn schon eine Stressader auf. Würden diese 7 Tage vielleicht eher darauf hinaus laufen dass sie eine Solo Nummer machten? Eventuell wäre das besser gewesen.
      Dann aber ganz verwundert, wollte Renera doch die Höhle sehen. Wozu wusste er nicht, immerhin erzählte er schon dass man nichts sehen oder hören konnte aber dennoch führte er sie hin, auch wenn es schon langsam zu dunkel für eine sichere Wanderung war. Aber was solls. Sie hatte ihre Schwerter dabei. Mit etwas Glück würde sich ein größeres Tier mit ihnen anlegen. Das wäre dann wenigstens eine üppige Mahlzeit geworden.
      An der Höhle angekommen, untersuchten beide die Umgebung noch mal etwas besser ab und auch unter genauer Beobachtung tat sich nicht das geringste Geräusch aus der Höhle. Lediglich ein scharfer Windzug kam hin und wieder hinein und auch hinaus, als würde diese Höhle atmen. Für Aradan hatte das nur eine mögliche Aussage und zwar dass das keine Höhle, sondern viel eher ein Tunnel war. Ein natürlicher Tunnel. Aber das behielt er vorerst für sich, da seine Bemerkungen ohnehin nur ins Lächerliche gezogen wurden, wie Renera auch kurz darauf erneut unter Beweis stellte. Sie erzählte ihm gerade tatsächlich dass es im Wald immer solche Geräusche gab und vermutete sogar dass er nur geträumt hätte. Erst wollte er ihr entgegnen dass er doch grade vor ihr steht und er sie nicht zu dieser Höhle hätte führen können wenn er nur davon geträumt hätte, doch wollte er die ohnehin schon angespannte Stimmung nicht noch eskalieren lassen, auch wenn Renera ihm echt was abverlangte.

      Vorerst ging er also mit Ihr zurück zum Lager, wo er sie ihren kleinen Fang zubereiten lies. Dieses magere Eichhörnchen hatte kaum genug Fleisch an sich um als Mahlzeit gewertet zu werden, also fing er lieber im Licht des Feuers an aus dünnen langen Ästen einen kleinen Korb zu flechten. Groß genug um Pilze, Beeren oder andere Nahrhafte Vegetation zu transportieren. Das würde ihn zumindest vorerst beschäftigen und genug Zeit in Anspruch nehmen um sich weitere Gedanken um das Lager machen zu können.
      Das ein oder andere Mal blickte er zu Renera als sie krampfhaft grob das arme Tier von seiner Haut befreite und auf einem Stock ans Feuer hielt. Die ganze Zeit über hatte sich Aradan geweigert ein Thema anzuschneiden und wartete nur darauf bis Renera sich schlafen legte, was auch direkt nach dem Verspeisen ihrer Beute der Fall war.
      Gute 30 Minuten verbrachte Aradan noch damit das kleine Körbchen fertig zu stellen, bis er Feuer nachlegte und aufstand.
      Er sondierte die komplette Umgebung und blendete dabei all die üblichen Geräusche aus die ein Wald nun mal so an sich hatte.. Letzterer Gedanke lies ihn doch etwas zornig auf Renera nieder blicken, doch atmete er vorerst durch. Ihm lies diese Höhle einfach keine Ruhe. Was wenn es wirklich ein Durchgang war? Davon hätte Wilk und die anderen beteiligten für die Survival Prüfung doch wissen müssen während die Orte geplant wurden. Zwar war die Höhle ein Stück weit weg aber das wäre trotzdem recht eigenartig gewesen diese nicht gefunden zu haben. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee gewesen am nächsten Tag ein paar Holzstämme davor zu legen... Aber wenn dort tatsächlich Tiere hausten, wäre das ziemlich gewesen.
      Aradan rieb sich nachdenklich den Kopf und stand daraufhin mit verschränkten Armen und nachdenklicher Mine nur so dort.

      Es hatte keinen Sinn. Diese Höhle hätten einfach beide untersuchen müssen. Und zwar mit Fackeln. Also schrieb sich Aradan auf die Agenda, am nächsten Tag auf die Suche nach Harz zu gehen.
      Nun da er dies für sich beschlossen hatte, nahm er seinen kleinen Korb und ging im dunklen Wald auf die Suche nach Pilzen und anderen Nahrungsmitteln. Glücklicherweise hatten sich die anfangs dicken Wolken wieder verzogen, wodurch man durch das Mondlicht genug erkennen konnte um nicht blindlinks gegen einen Baum zu laufen. Ebenso war das Lagerfeuer groß genug um Aradan stets zurück führen zu können, so blieb er auch permanent in Sichtweite des Feuers.
      Sogar die Ausbeute war recht ergiebig. In der Nähe tat sich ein großes Brombeerfeld auf und etwas wuchsen sogar prächtige, nicht von Insekten zerfressene Steinpilze. Zwar bestanden diese größtenteils aus Wasser und würden kaum Kalorien abgeben, doch würden sie auf einem Stein geröstet zumindest für einen warmen Bauch sorgen.

      Das Sammeln der Beeren dauerte eine ganz schöne Weile, so verbrachte er ganze 2 Stunden nur damit 3 ganze Körbe voll zu machen, welche er immer zurück zum Lager brachte um dort das Körbchen zu leeren.
      Auch die Pilze brachte er zum Lager. Ganze 6 große Prächtige Pilze.
      Doch bevor er diese auf einem Stein nahe des Feuers rösten würde, wartete er noch weitere 2 Stunden ab bis Renera's Wachdienst beginnen sollte. So zerteilte er die Pilze in gleichgroße, mundgerechte Stücke und sorgte dafür dass alle gut durchgebraten waren bevor er sich zu Renera runter beugte und sie vorsichtig an ihrer Schulter gefasst rüttelte
      "Hey. Aufwachen. Deine Wacht beginnt nun. Essen ist schon fertig"
      Die 4 Stunden waren ganz klar lange genug um den anfänglichen Frust wieder vergessen zu haben. So war seine Stimme auch recht ruhig und behutsam, damit Renera nicht in einem Schreck ihre Schwerter um sich schlagen würde.
    • Renera ging ohne weitere Zwischenfälle ins Bett und wurde von Aradan auch wieder aufgeweckt. Der Boden war zwar durchaus unbequem und die Behausung viel zu klein, um sich darin bequem ausbreiten zu können, aber sie merkte, dass sie besser schlief als in ihrem gesamten Leben. Die frische Luft und das feine Rascheln in den Blättern wiegte sie regelrecht in den Schlaf und damit störte sie auch der feste Untergrund nicht mehr besonders.
      Als sie unter dem kleinen Dach hervorkletterte, weiteten sich ihre Augen.
      "Oh, wow. Das hast du alles gesammelt?"
      Sie ging zum Feuer und nahm sich probemäßig eine der Beeren aus den Körben. Das glich einem Festschmauß!
      "Wir könnten eine Pilzsuppe kochen - nein, halt, wir haben gar keinen Behälter. Vergiss das wieder. Das wird schon ausreichen."
      Sie warf sich die Beere in den Mund und setzte sich dann. Mit dem noch unbenutztem Schwert spießte sie eins der Stücke auf und kaute darauf rum. Es war ziemlich lecker. Aradan setzte sich ihr gegenüber. Nach einer Weile unterbrach sie die Stille.
      "Weißt du, ich hab mich schon seit Monaten auf diese Prüfung gefreut. Darauf aus dem Dorf zu kommen. Ist mal eine schöne Abwechslung, aber..."
      Sie beschäftigte sich für einen Moment damit Beerensaft von ihrer Klinge zu lecken, bevor sie weitersprach.
      "Du bist seit Monaten schon so komisch. Das fühlt sich eher wie eine Pflicht als ein Ausflug an. Wir hatten am Anfang schon wochenlang nicht miteinander gesprochen und dann sehen wir uns einmal und jetzt bist du so... anders. Du bist die ganze Zeit schon anders. Was sollen überhaupt die Bandagen, die du ständig trägst? Und wieso bist du so... ernst geworden? Das ist nicht der Aradan, der mit mir aufs Dach klettert ist, um den Händler zu verabschieden."
      Sie mied seinen Blick und stach ein paar Beeren auf ihrem Schwert auf, bevor sie es sich in den Mund steckte. Das war schon mehr, als sie überhaupt hatte sagen wollte.
    • Aradan nickte und zeigte in eine Richtung.
      "Mhm. Dort drüben gibt es genug Beeren für einen ganzen Monat und Pilze wachsen direkt daneben. Wenn uns das Zeug nicht bald aus dem Hals raus hängen wird, sollten wir gut versorgt sein."
      Grade als er Renera's Idee mit der Pilzsuppe äußerte, wollte er schon ihren anführenden Satz zeitgleich aussprechen. Da kam ihm ein leichtes Lächeln auf die Lippen
      "Auf die Idee kam ich ebenfalls. Wer weiß was man sich alles hätte machen können, hätten wir einen kleinen Topf."
      Kurz gingen ihm diverse einfache Gerichte durch den Kopf. Eine Pilzsuppe wäre schon was nettes aber sogar aus dem Eichhörnchen hätte man eine schmackhafte Suppe machen können. Dazu noch die richtigen Pflanzen und es hätte eine schöne Würze gehabt.
      Lange konnte er aber keine Rezepte in seinem Kopf durch essen. Renera drückte die Stimmung ziemlich als sie das Thema ansprach, was wohl wirklich der größte Elefant im Raum war. Dabei dachte Aradan nicht mal wirklich über seine Veränderung nach, sondern viel mehr die von Renera.
      "Ich bin nicht der Einzige der sich verändert hat Renera."
      Da bis er in Ruhe von seinem Pilz ab und hörte ihr vorerst zu. Zugegeben, er hat angefangen über vieles anders zu denken, seit er bei Quin Unterricht bekam. Doch weigerte er sich die Schuld nur bei sich zu sehen. Vielleicht war es aber tatsächlich an der Zeit etwas mehr Licht ins Dunkle zu bringen. So konnten beide immerhin etwas Zeit rum kriegen und mussten sich nicht beim Essen anschweigen.
      "Zunächst einmal, sind wir alle anders geworden. Mira, Konek, Diara , Ich und auch du Renera. Du weißt so gut wie ich dass der Mangel an Zeit eine enorme Umgewöhnung war. Wir konnten nicht mal mehr in Wilk's Unterricht miteinander reden. Ich habe die erste Woche beinahe bei Quin abgebrochen da es mir zu schwer fiel so von dir getrennt zu werden.."
      Er seufzte etwas, aß aber weiter
      "Du kannst dir sicher vorstellen dass ich nicht der erste sein wollte der ein Sondertraining abbricht.. vor allem nicht wenn es eine Person aus der Wolfstruppe war der einem zugeteilt wurde. Ich wäre die größte Lachnummer im Dorf gewesen, also musste ich es durchhalten. Und da wir keine Zeit mehr miteinander hatten, musste ich meine Gefühle anders bewältigen. Dazu kam das Training von Quin."
      Er lächelte gezwungen in die Flamme des Lagerfeuers, sich erinnernd wie die vergangenen Monate waren.
      "Man könnte sagen dass mich die Abwesenheit zu dir Mental kaputt gemacht hat, jeden Tag ein bisschen mehr und am Abend war es Quin der meinen Körper kaputt gemacht hat. Tja und dann kam der Tag.."
      Renera wusste sicher schon welchen Aradan ansprach. Zumindest gingen seine Augen hinunter. Weg vom Feuer und auf seine Hände.
      "Als Wilk uns kämpfen lassen wollte habe ich gehandelt wie Quin es mir beigebracht hatte. Wenn ein Kampf nicht um Leben und Tod geht, bestreite ihn nicht oder beende ihn schnell. Das scheint wohl ganz schön für Verwirrung gesorgt zu haben oder? Doch als du mir dann später bei mir daheim erzählt hast dass du und Svenkov..."
      Aradan blickte hoch, direkt in Renera's Augen. Er hatte doch tatsächlich ganz leicht Tränen in den Augen.
      "Da hast du mir geholfen das Training bei Quin durchzustehen. Ich tat alles um die ersten zwei Monate auf den Beinen zu bleiben und dann erzählst du mir aus dem Nichts dass Svenkov kein übler Kerl ist, dass Venedik weg war und dass nur ich es war der sich verändert hat. Renera ich habe dich vermisst! Und du hast mich an diesem Tag stehen lassen obwohl ich dich noch zum Training einladen wollte. Ich habe mir ab diesem Tag verboten darüber nachzudenken und habe es in Wut umgewandelt. Alles was mein Körper hergeben konnte, steckte ich in das Training. Für Quin war das ne willkommene Sache. Ich denke dir ist es genau so wenig aufgefallen dass ich seit dem Zeitpunkt nur noch zum Unterricht im Dorf bin oder? Seit Monaten lebe ich schon im Wald. Ich habe mir einen kleinen Verschlag gebaut direkt neben Quin's Hütte, damit ich wenigstens den Heimweg nicht antreten musste um etwas mehr Schlaf zu kriegen, doch hat Quin das ebenso genutzt um einfach das Training zu verlängern."
      Es brach immer mehr aus Aradan raus. Als hätte Renera nur ein kleines Ventil in Aradan geöffnet, welches allmählich riss und immer weiter auf platzte.
      Es fiel ihm schon schwer noch sitzen zu bleiben. Er musste aufstehen und ballte seine Fäuste zusammen. Eine Träne fand dann sogar ihren Weg über seine Wange.
      "Verdammt Renera alles was ich gebraucht habe warst du! Wo warst du !?"
      Und um ihre letzte Frage auch noch zu beantworten, wickelte er sich geschwind die Bandagen ab. Zu sehen waren vollkommen lädierte Arme. Er hielt seine Hände Hoch. Sie zitterten wie wild. Die Knöchel waren dick und mehrere Schnitte waren an seinen Armen verteilt. Schnell wurde klar dass die Bandagen dafür da waren, das Zittern zu kontrollieren und den Schmerz zu lindern, denn waren diese leichter in eine heilende Flüssigkeit von Reona zu tunken ohne ständig dicke Salben auftragen zu müssen.
      "... wo warst du..."
      Seine Erschöpfung übernahm ihn langsam. Alles was er die Monate zurück gehalten hat, kam raus und nahm ihm die Kraft auf den Beinen zu bleiben. So fiel er auf die Knie und hing dort wie ein Sack Kartoffel.
    • Renera schnaubte verächtlich, unterbrach Aradan allerdings nicht. Sie sollte sich verändert haben? Das war doch eher Aberglaube als Wahrheit. Wie hatte sie sich denn verändert? Klar, das Training von Svenkov wirkte sich auch auf ihren Alltag aus, aber sie war noch immer dieselbe. Sie schürzte die Lippen. Zumindest schien er einzusehen, dass sein Training ihn verändert hatte, was sich wenigstens aus seiner Erzählung so ergab. Außerdem war sie überrascht zu hören, dass er sich wohl nach ihr gesehnt zu haben schien. War es tatsächlich so? Sie hatte eher das Gefühl gehabt, dass er sich immer mehr von ihr distanziert hatte. Und nun sagte er, dass die Abwesenheit zu ihr ihn mental kaputt gemacht hatte, dass er sie sogar vermisst hatte? Hätte sie das nur früher gewusst - ja, hätten sie sich überhaupt mal getroffen, um darüber reden zu können. Aber das hatten sie ja nicht, seit einem halben Jahr hatten sie das nicht. Zu einem Teil ärgerte sie sich über seine Unverschämtheit, die er ihr entgegenbrachte, zum anderen Teil wollte sie ihm helfen. Er sah so verletzlich aus, wie er dort um seine Fassung rang.
      Aber schließlich war er nicht der einzige, der von den letzten Monaten mitgenommen war, wenngleich nicht auf dieselbe Weise. Der verärgerte Teil in ihr übernahm die Überhand.
      "Du musst mich nicht fragen, wo ich war, wenn du es genau weißt! Du bist derjenige, der nicht mehr im Dorf ist, der sich von einem auf den anderen Tag verändert hat! Als wir im Schuppen waren war noch alles gut, aber dann bist du immer mehr zu... zu einem Zombie geworden! Du bist rumgelaufen, als hätte man dich gerade verprügelt und dann hab ich dich auch noch bei der Schmiede trainieren gesehen! Du hast mir Angst eingejagt! Du warst im Unterricht viel unnahbarer als sonst und bist hinterher mit Quin verschwunden! Wo warst du denn, als mir Svenkov aufgelauert hat, um mir zu sagen, dass er mir was beibringen würde?! Denkst du etwa nicht, dass ich mich viel lieber mit dir an den Fluss gesetzt hätte, um dir alles zu erzählen, anstatt darauf zu hoffen, dass du beim Unterricht nicht zusammenklappst?! Und dann warst du noch nicht einmal mehr im Dorf, wenn der Unterricht geendet hat! Willst du wissen, wo ich meinen Unterricht hatte, während du die Wälder außerhalb von Melora erkunden durftest?! Hinter der Scheune auf der Schafsweide zwischen altem Werkzeug und Futtersäcken, damit niemand herausfindet, dass der alte Säufer Svenkov die meiste Zeit des Tages tatsächlich nüchtern verbringt! Glaubst du nicht, dass ich nicht genau darüber mit dir geredet hätte, wenn du auch nur eine Sekunde normal gewesen wärst?!"
      Nun war sie es, die aufsprang und vom Feuer wegstampfte. Sie ärgerte sich über Aradan, über die Sorgen, die sie sich um ihn gemacht hatte, um die schlaflosen Nächte die sie verbrachte hatte und die Einsamkeit, die sie gespürt hatte. Doch am meisten ärgerte sie sich darüber, dass es wohl alles hätte vermeidbar sein können. Dass sie nun vielleicht noch ein glückliches Paar hätten sein können.
      Sie sah zurück zu Aradan, der neben dem Feuer zusammengesunken war. Seine entblößten Arme sahen aus wie riesige Fleischwunden und die alte Renera in ihr wäre ihm gern zu Hilfe gekommen, aber die jetzige Renera wandte sich wieder davon ab. Was würde wohl geschehen, wenn sie sich doch wieder vertragen würden? Würde er nach der Prüfung mit Quin abhauen, um Teil dieser Wolfstruppe zu werden? Woher sollte sie wissen, ob er sich nicht noch mehr von ihr distanzierte als er es eh schon getan hatte?
      Sie blieb stehen wo sie war und starrte in den Wald hinaus. Nach einer Weile, die ihr wie eine schiere Unendlichkeit vorkam, glaubte sie, sich wieder etwas beruhigt zu haben. Das Gespräch mit ihm fühlte sich wie eine offene Wunde an, deren Blut nun langsam aufhörte zu fließen. Sie drehte sich wieder zu ihm um, suchte nach den richtigen Worten, die unbedingt aus ihr heraus wollten und fand sie doch nicht. Also murmelte sie nur:
      "Du kannst schlafen gehen, ich bin dran mit Wache."
    • Aradan sog alles was Renera sagte auf wie ein Schwamm. Ihre Worte waren härter als Quin's Training. So sehr hätte er es sich gewünscht dass sich Beide wieder nähern könnten und dass er Quin endlich in einer Sache lehren konnte Unrecht zu haben. Doch scheinbar lief alles exakt so wie Quin die Dinge vorher sagte, was schon viel zu oft der Fall war.
      Er hatte das Gefühl dass seine aller letzte Hoffnung verloren war Renera wieder zurück zu bekommen. Sie hatte ihre eigene Sichtweise und so wirkte es beinahe als hätte er sich einem Spiegel geöffnet.
      Alles preschte regelrecht auf ihn zurück, was Aradan absolut entrüstet dort hocken lies. Er antwortete nicht mehr und akzeptierte seine Liebe scheinbar verloren zu haben.
      Es versetzte Ihn in eine Art Versteinerung, die nur noch ein schwaches Nicken von sich zu geben vermochte als Renera die Wachverteilung erwähnte.
      Dem entsprechend stand Aradan wieder auf. War gerade dabei all seine Gefühle wieder tief zu vergraben, doch was er beim Umdrehen nach Renera erblickte, warf alles über Bord was in seinem Kopf vor ging. Nun hieß es Handeln statt denken. Quin's Training übernahm unmittelbar Aradan's Körper sowie Gefühle.
      Er ging binnen einer Sekunde von zerstörter Trauer in einer biestähnlichen Haltung über. Dabei nutzte er Arme und Beine um vom Boden in Renera's Richtung abzuspringen um gerade noch so einen kleinen Faden mit einem Stein abwehren zu können, welchen Aradan in der Hand hielt.
      Es war tatsächlich eine Spinnenmutter welche die Beiden als Ziel auserwählt hatte und Renera einen gezielten Faden in den Nacken schießen wollte um sie mit einem Satz komplett zu paralysieren. Aradan setzte dabei aber alles an Kraft und Reflexe ein um diesen Schuss zu verhindern und landete danach im dichten Laub ehe er in der Rolle wieder auf alle seine Viere fand und genau das tat was in der Schule immer abgeraten wurde. So blieb er nämlich nicht auf Abstand, sondern preschte wie ein wildes Tier sofort auf die Spinnenmutter zu, welche hoch im Geäst eines Baumes lauerte.
      Dieses Ding hatte zwei Beine und vier Arme, wenn man es nach menschlichen Maßstäben beurteilen würde. Einen der Arme schaffte es Aradan tatsächlich ferst zu greifen bevor die Spinnenmutter ihren nächsten Faden vorbereiten konnte. Dieses Spektakel wirkte beinahe wie ein Kampf zwischen zwei Bestien statt zwischen Mensch und Monster. Doch war die Spinnenmutter klar im Vorteil und packte Aradan mit einen ihrer Arme und schleuderte ihn so kräftig zurück zum Boden, dass eine ganze Menge an Laub aufgewirbelt wurde und es sogar zu in einem dumpfen, spürbaren Knall überging. Diese Wesen hatten definitiv mehr Kraft als ein Mensch und dabei galten diese Spinnenmütter noch als langsame, schwache Angreifer.