The Curse of Time {TobiMcCloud & Codren}

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    • Der Informant kam ihrer Aufforderung schließlich nach, aber was er enthüllte, entsprach nicht dem, was Anthea gedacht hatte. Es entsprach sogar ganz und gar nicht dem, womit sie gerechnet hatte.
      Chiem erstarrte in seiner Bewegung und flüsterte ein sanftes, ehrfürchtiges "Fuck.", während sein Blick sich von Abscheu zu Unglauben und schließlich Entsetzen wandelte. Anthea selbst klappte die Kinnlade herab. Der Informant war Berek aus Shegar, der König von Shegar, die Spinne, die Schlange, der Großhändler, welche Spitznamen er auch sonst in Isnijan tragen mochte. Er war es und saß ihr höchstpersönlich gegenüber.
      Als der aufgekommene Trubel sich allmählich wieder gelegt hatte und Berek das Wort scheins gleichgültig an die Soldaten richtete, hatte Anthea sich wieder einigermaßen gefangen. Sie klappte den Mund wieder zu und besprühte die beiden Uniformmänner mit giftigen Blicken.
      "Ihr sagt ihm gar nichts!", fauchte sie.
      "Sag du uns nicht, was wir zu tun haben, Elquin!", kam die drohende Antwort, wobei sie ihrer Aufforderung dennoch gehorchten. Sie gaben keine Antwort auf Bereks Frage, sondern starrten nur.
      Chiem schob sich mit einem plötzlichen Knarren nach hinten.
      "Ich bin raus. Da mach ich nicht mit, vergiss es."
      Sein langer Körper stach in die Höhe, als er aufstand, und bahnte sich dann einen Weg zur Tür. Anthea versenkte auch ihn mit ihren Blicken.
      "Chiem!"
      "Ich bin doch nicht lebensmüde!"
      Er rempelte die kleine Gestalt bei der Tür zur Seite und flüchtete dann auf die Straße hinaus.
      Anthea wandte sich wieder Berek zu. Sie hatte einen Teil ihrer Großspurigkeit verloren, aber an ihrer Stelle war ein Feuer in ihren Augen entfacht.
      "Berek. Du bist der Informant? Was ist passiert, wurde es dir in deinem kleinen Nest zu eng?"
      Er sah aus wie ein verschissener Adeliger. Irgendetwas sagte ihr, dass dieser Mann sie hinterrücks auch in sein Netz einspannen konnte, wenn sie nicht aufpasste. Vielleicht war es ja sein penibel rasiertes Kinn.
      Sie lehnte sich nach vorne und rammte ihr Messer in die Mitte des Tisches. Dann verschränkte sie wieder die Finger ineinander und bettete das Kinn darauf.
      "Also, sprechen wir Klartext: Du brauchst etwas von mir und ich brauche etwas von dir, eine Hand wäscht die andere und so. Ich bezahle dich und du leistest mir deine Dienste, so und nicht anders werden wir es handhaben. Was ich nicht zulasse, ist dass du mich in dein kleines, widerliches Netz einspannst. Ich werde mich niemandem beugen, geschweige denn mich von jemandem erpressen lassen und sei es der König höchstpersönlich. Was ich dir anbiete ist ehrliche Arbeit."
      Sie betonte die ehrliche Arbeit auch für die Soldaten im Hintergrund.
      "Nenn mir also deinen Preis und wir werden über deinen Dienst reden. Wenn nicht, kannst du dich hiermit auch ganz offiziell verpissen."
    • Berek sah Anthea an als sie sofort zu unterbinden versuchte, dass er die Namen der Soldaten erfährt. Es ließ ihm sogar kaum bemerkbar lächeln. Da hatte wohl Jemand Ahnung davon dass nicht nur Gold eine Währung war. Und obwohl er nicht die Namen der Soldaten erfuhr, war er überrascht den Namen Elquin zu hören. Erst diese Ex-Soldatin, dann war da noch einer in der jetzigen Stadt und nun schon wieder eine. Eine große Familie war für Berek meist ein gefundenes Fressen. Leicht gegeneinander auszuspielen, leichte Druckmittel. Auch wenn es hier und dort mal Ausnahmen gab.
      Nachdem dann auch endlich alle die ihn noch kannten die Schenke verlassen hatten und sich die Stimmung langsam wieder legte, sah er die Soldaten noch mal flüchtig an ehe er sich langsam auf das Gespräch ein lies.
      "Du hast nach einem Informanten gesucht, hier bin ich. Und es wird auch so schnell kein anderer Kommen. Weniger Konkurrenz ist gut für mein Geschäftsmodell."
      Doch als Anthea etwas zu leichtfertig anfing über Geschäfte zu sprechen, währen noch unbekannte Soldaten ganz klar zuhörten, gab er ein kleines Handzeichen an seine Begleitung, welche außerhalb des Sichtfelds der Soldaten war.
      Direkt sauste die noch immer verhüllte Person nach draußen. Keine 10 Sekunden dauerte es, dass nach dem Verschwinden Tumult auf den Straßen aufkam. Ein lautes Kreischen einer Frau kam auf, ebenso wie das Zerbrechen von verschiedenen Gütern.
      Ein paar wenige, die noch immer in der Schenke ihr ranziges Bier tranken, gingen nach draußen um zu erfahren was geschehen ist. Was sie zu sehen bekamen war ein umgekippter Güterkarren. Der mit zwei Rädern und von einem Ochsen gezogene Karren geriet außer Kontrolle da der Ochse wie wild um sich trat und jeden der ihm zu nahe Kam einen wilden Stoß abbekam, so wie die Frau, welche den Karren führte. Dabei fielen einige wertvolle Sachen hinunter, die dafür sorgten dass sich arme Leute direkt darauf warfen. Zwei Fässer voll mit Fisch, mehrere Pakete Mehl und auch Salz war darunter, was in dieser Stadt einen großen Wert hatte. Die hungrigen Bettler sahen in diesem Moment nur den Fisch und stopften sich so viel in ihre zerrissene Kleidung wie sie Platz fanden, auch wenn Diebstahl unter hoher Strafe stand.
      Das sorgte dafür dass nun auch die Soldaten aus der Schenke gezogen wurden, auch wenn sie nur widerwillig ihr bisheriges Ziel aus den Augen verlieren wollten.
      "Gut. Jetzt können wir reden. Zunächst einmal... Du willst etwas von mir. Es gehört sich also zu aller erst über dein Anliegen zu sprechen bevor ich dir dafür einen Preis nennen kann. Und mein Instinkt sagt mir, dass du ohnehin schon weißt wie ich mich bezahlen lasse. Gold interessiert mich nicht. Informationen sind sehr viel wertvoller."
      Daraufhin lehnte er sich etwas zur Seite um einen Krug von einem leeren Tisch zu nehmen, doch nachdem er hinein geblickt hatte, verzog er angewidert das Gesicht und warf es zur Seite weg.
      "Widerlich..."
    • Anthea hätte sich bereits jetzt darauf eingelassen, vage Details zu besprechen - natürlich alles unter Code, so viel wollte sie nun auch nicht offenbaren - als der Tumult draußen ausbrach. Missmutig drehte sie sich zur Tür und dachte schon darüber nach, doch ein ruhigeres Plätzchen aufzusuchen - sie mochte Aufstände nur, wenn sie von ihr verursacht wurden, alles andere war ihr zu unsicher - aber Berek regte sich kein Stück. Im Gegenteil, er behielt diesen furchtbar durchdringenden Blick auf sie gerichtet und ignorierte das ferne Chaos. Also tat sie es ihm gleich, verschränkte die Beine wieder unter sich und griff nach ihrem Messer. Zehn Sekunden später zogen auch die Soldaten ab, wodurch sie größtenteils alleine waren. Sie hatte das Gefühl, dass Berek irgendwas damit zu tun haben könnte.
      "Schön, sprechen wir über das Geschäft. Informationen für Informationen."
      Sie sah sich im Raum um, aber alle verbliebenen Gäste waren weit genug entfernt, um ihr Gespräch nicht mitzuhören. Nun gut, dann also so. Sie lehnte sich vor.
      "Ich will Informationen über meine jetzigen Auftraggeber. Ich weiß, sowas gehört sich nicht, aber ich meine auch nicht meine direkten Auftraggeber, sondern die ganz oben, am anderen Ende der Leiter. Ich weiß, dass die irgendwas ausbrüten und ich werde nicht zusehen, wie sie die Stadt ohne mich auf den Kopf stellen. Ich will auch ein Stück vom Kuchen, wenn du verstehst."
      In ihren Augen blitzte es auf, das Verlangen nach einer Herausforderung. Sie beobachtete, wie Berek einen der Krüge probierte und sich wohl zu fein für dieses Etablissement hielt.
      "Letzten Monat wurde ich von Ilyos angeheuert - Ilyos kennst du, der Ex-Assassine? - und ich weiß, dass Ilyos wiederum mit Arkil gearbeitet hat, den kannst du eigentlich nicht kennen, aber vielleicht hast du ihn mal gesehen, der hat so eine widerliche Narbe über dem Auge. Jetzt weiß ich, dass Arkil wiederum unter dem Einauge arbeitet und das Einauge ist der Schlüssel zum Erfolg, da bin ich mir ganz sicher. Hier hört meine Spur auf, aber wenn Arkil irgendjemand angeheuert hat, dann das Einauge und das ganz sicher nicht aus Selbstzweck. Arkil verlangt viel, selbst für meine Verhältnisse. Ist ein zuverlässiger Mann."
      Sie verschränkte die Finger ineinander.
      "Ich will mich nicht mit dem Einauge anlegen, aber ich will wissen, wer hinter ihm steht, wer ihn wiederum beauftragt hat. Ich will wissen, wofür dieser ganze Unsinn, den ich die letzten paar Wochen erledigt habe, gut ist. Ich will Informationen.
      Chiem kann ich nicht schicken, weil Chiem eng mit Edros ist und Edros wiederum untersteht Arkil direkt und wenn der davon Wind kriegt, kann ich mir einen neuen Bezirk suchen, in dem ich mich einnisten kann. Darauf habe ich gar keine Lust, daher kommst du ins Spiel. Finde heraus, für wen ich arbeite - für wen ich wirklich arbeite - und ich werde dir Informationen geben, die dich interessieren. Namen, Hierarchien, Bezirksleiter. Ich kenne nicht alle, aber ich habe genügend Kontakte, um dich gebührend versorgen zu können."
    • Berek stützte seine Ellbogen auf den Tisch während er sich vor lehnte und schloss beide Hände vor sein Gesicht während er über den Auftrag nachdachte. In Shegar wäre ein solcher Auftrag viel Wert gewesen. Dafür hätte er tatsächlich einiges verlangen können, doch war er in dieser Königsstadt noch nicht sehr lang. Es brauchte Monate, wenn nicht sogar Jahre um genug Informationen ran zu tragen um in einer solchen Stadt ein gutes Netzwerk aufzubauen.
      Zwar hatte er schon jetzt zwei Namen mit denen er sicherlich arbeiten konnte, doch hatte bereits in seiner kurzen Zeit mitbekommen, dass die Untergrund Kriminalität ziemlich Komplex war. Jemanden hier leichtfertig zu verpfeifen hieß meist schon einen direkten Krieg mit einer anderen Bande anzufangen, oder in der Nacht unerwarteten Besuch zu bekommen. Das alles gab es zwar auch in Shegar, doch bei weitem nicht in diesem Ausmaß und naja.. die meisten wurden ohnehin von Berek beordert.
      Ob es ihm also gefiel oder nicht, musste er sich Sprosse für Sprosse nach oben arbeiten.
      Nach seinem kurzen Gedankengang lehnte er sich wieder zurück, verschränkte die Arme vor sich, schlug ein Bein über das Andere und blickte der Frau entgegen.
      "Nun. Lange bin ich noch nicht in der Stadt aber ich habe den ein oder anderen Ansatz den ich verfolgen werde. Selbstverständlich würde mir jedes noch so kleinste Detail weiter helfen. Da ist also dieser Ilyos, welcher mit einem Arkil gemeinsame Sache macht. Darüber ist ein sogenannter Einauge und dessen Pläne willst du erfahren. Die Frage die sich mir noch stellt ist, was der besagte Unsinn sein soll, den du Wochenlang machen musstest. Wie gesagt. Details sind sehr wichtig."
    • Anthea nickte bestätigend. Sie mochte es, wenn ihre Arbeiter ganz offensichtlich kompetent waren.
      "Am Anfang war es noch nicht so merkwürdig, ein paar Lieferungen überwachen, ein bisschen spionieren, hier und da mal ein Auftragsmord. Ist zwar nicht meine Spezialität, aber Ilyos hatte mir schon angekündigt, dass es ein paar Aufgaben "außerhalb meiner Branche" geben wird. Ist mir alles recht. Ich bin zwar nicht so leise, wie er sich von seinem Assassinen-Dasein erhoffen könnte, aber ich erledige alles immer zuverlässig. Ich habe einen Standard aufrecht zu erhalten, musst du wissen.
      Vor zwei Wochen dann kamen die ersten merkwürdigen Aufträge, ich sollte irgendein verlassenes Haus ausspionieren, Briefe abfangen, Einkäufe erledigen. Ich wurde zum Markt geschickt, um Gewürze zu besorgen und Stoffballen und Kerzen. Kein Diebstahl, kein Aufstand, gar nichts! Ich habe das Gold bekommen und die Sachen irgendwo abgeliefert und Ilyos hat sie sicherlich an sich genommen, was weiß ich. Dann hat er mich - und ich wiederum Chiem - damit beauftragt, Informationen über die Stadttore zu beschaffen, Dienstzeiten, wann sie abends geschlossen werden, wie stark die Kontrollen sind. Und als ich das abgeliefert hab, hieß es, ich solle von nun an jeden Morgen ans Südtor kommen und wenn ich "das Zeichen" sähe, sollte ich einen so großen Aufstand entfachen, dass ich sämtliche Wachen von dem Tor weg zwinge. Ich bin mir sicher - ganz und absolut sicher, dass sie irgendwas zu schmuggeln versuchen, aber wieso diesen ganzen Terror darum herum? Wieso können sie nicht die Wachen bestechen und sich so Zugang verschaffen? Wieso muss ich ein Ablenkungsmanöver starten, wenn es auch auf eine viel subtilere Art und Weise funktionieren könnte? Ich werde einfach nicht schlau daraus."
      Sie lehnte sich auch zurück und imitierte Bereks Haltung, indem auch sie die Arme verschränkte.
      "Aber ich will es wissen. Normalerweise sind meine Aufträge ganz klar: Ablenkung schaffen, damit die anderen irgendwo rein kommen oder irgendwo rauskommen oder irgendwas stehlen können. Und wenn ich einen umbringen soll, sind es immer die, die aussortiert wurden, weil ich schließlich nicht leise genug bin, um irgendwelche wirklich Kriminellen abzumurksen. Da erfährt man gleich, dass ich es war, und ich arbeite für Ilyos, also ist die Spur offensichtlich. Wieso muss ich dann irgendjemanden umbringen, den ich gar nicht kenne? Kann ich einfach nicht nachvollziehen."
      Sie ritzte mit ihrem Messer ein wenig auf der Tischplatte herum. Nachdem der Wirt sich so offensichtlich vor Berek versteckte, würde er sich wohl kaum darüber beschweren.
      "Reicht dir das an Informationen? Musst du noch was wissen?"
    • Eine lange Erklärung über die Auftragskette folgte. Darüber hinaus auch noch ziemlich sortiert und verständlich erklärt, was er dieser wilden Frau vor sich gar nicht zugetraut hätte. Sie erinnerte ihn beinahe schon etwas an der Ungestümtheit von Elraya, kombiniert mit dem Scharfsinn Pria. Eine Kombination die er ganz sicher noch im Auge behalten musste, so viel stand fest. Doch auch ihm gefiel diese seltsame Art der Aufträge nicht.
      Ein wenig den Blick abwendend, zog er ein kleines Etui mit Zigaretten hervor um sich davon eine anzuzünden. Nach seinem ersten tiefen Zug, leerte er seine Lungen wieder ehe er mit den Schultern zuckte.
      "Nun es ist offensichtlich dass da etwas im Busch liegt. Ich denke jeder der darin ein verdächtiges Muster erkennt, würde wissen wollen was vor sich geht. Auch meine erste Vermutung wäre ein Schmuggel der besonderen Art. Kaum einer würde so viele Vorbereitungen treffen, welche nach keinen aussehen, nur um mit einem Knall Wachen abzulenken. Da steckt ganz klar ein ausgearbeiteter Plan hinter."
      Nach einem weiteren Zug, tippte er die Asche seiner Zigarette seitlich auf den Boden.
      "Nun.. Was sind die üblichen Treffpunkte von dir und diesem Ilyos? Wenn man an die Spitze will, muss man von unten anfangen. Wenn er dir deine Aufträge gibt, werde ich mal sehen ob sich ein Muster aus seinem Alltag hinaus filtern lässt. Die Soldaten scheinen bisher kein Anhaltspunkt zu sein. Als aller erstes sorge ich dafür die Gewohnheiten von Soldaten in Erfahrung zu bringen. Wer ist Korrupt, wer ist unzuverlässig. Hat man dort erst mal Fuß gefasst, dauert es nicht mehr lang und man kennt jeden Plan und jede Route. Ich kann also jetzt schon mal versichern, dass keine Wache und kein Soldat entlang aller Mauern und Durchgänge von einem großen Konvoi, Karawane oder Austausch weiß. Das macht eine große Ablenkung nur noch auffälliger. Bestechen wäre deutlich leichter, wie du schon sagtest..."
      Er grübelte ein wenig weiter, konnte sich mit seinen bisherigen Informationen ebenso keinen Reim aus der geschilderten Situation machen, was ihm ganz und gar nicht gefiel.
      "Sag. Hast du etwas dagegen wenn ich dich von nun an auf deine Spähzüge am Südtor begleite?"
    • Anthea lehnte sich wieder ein bisschen vor, etwas verschwörerisches in ihrer Stimme.
      "Ich bin ja auch nicht die einzige in dem ganzen Konzept. Ilyos gibt mir nur die Arbeit, die mit seiner eigenen nicht überschneidet. Einauge ist auch keiner, der alle anderen schuften lässt, während er selbst nichts macht. Vielleicht macht Arkil auch irgendwas, keine Ahnung, aber es gibt noch mehr, die für diese Sache arbeiten, das weiß ich ganz genau. Wohin führt das ganze also? Ich werde nie genug machen können, um das Gesamtbild zu sehen, aber ich will es wissen."
      Sie ritzte mit ihrem Messer besonders fest über den Tisch und verursachte eine recht tiefe Furche. Berek hatte angefangen, in aller Seelenruhe zu rauchen.
      "Wir treffen uns normalerweise in den Hinterzimmern von Tavernen. Ilyos hat es gerne ruhig und ich habe es gerne laut, das ist der einzige Kompromiss, der für uns beide funktioniert. Ich habe aber seit dem letzten Auftrag nichts mehr von ihm gehört, wenn ich ihn sehen will, muss ich seinen Partner kontaktieren. Sag mir, wie ich dich erreichen kann, und ich werde dir Bescheid geben.
      "
      Sie beobachtete Berek in dem Moment, in dem er zu denken schien. Ob es wirklich so gut war, den Mann, den König von Shegar, für sich arbeiten zu lassen? Er hatte sich jetzt schon als strategischer Arbeiter erwiesen, als jemand, der erst nachdachte, bevor er irgendwelche eiligen Schlüsse über seine Umgebung zog. Außerdem hatte er schon angefangen sich in die Bezirke einzumischen und obwohl das Anthea überhaupt nicht gefiel, obwohl sie gänzlich dagegen war, dass jemand wie er bei ihr Fuß fasste, musste sie doch seine Zielstrebigkeit bewundern. Es hatte nunmal einen Grund, weshalb er die Herrschaft über Shegar angenommen hatte.
      Sie blinzelte ihn an und lehnte sich dann wieder zurück.
      "Sicher, begleite mich zum Tor. Aber wenn ich das Zeichen bekomme, hältst du dich zurück, ich kann nämlich keine Ablenkung gebrauchen. Ich hab was großes geplant."

      Sie konnten Ilyos noch am selben Abend treffen.

      Er hatte sich in eine Kaschemme mit dem Namen "Roter Elephant" zurückgezogen, eine eindeutig alte, brüchige Taverne am Ende einer Gasse, wo der Pissgestank der Straße durch die Ritzen in der Tür hineindrang und wo es kaum eine Sekunde gab, in der keine zwielichtigen Gestalten vor dem Eingang lungerten, sich prügelten oder Flaschen zerbrachen. In der schützenden Dunkelheit der Nacht wurde hier gezecht bis das Blut floss und wochenends gab es nicht selten auch einen Mord. Das ganze Etablissement wurde regelmäßig von den Soldaten gestürmt, allerdings ohne das Geschäft jemals unterbrechen zu können und ohne dabei - bis auf die Prügeleien - jemand bei etwas illegalem zu erwischen. Der Rote Elephant war eins der vielen Löcher, in denen offensichtlich kriminelle Dinge abliefen, allerdings ohne jemals ans Licht geholt zu werden.
      Als Anthea durch die Gasse auf die Taverne zuschlenderte, zu beiden Seiten der Straße bereits dunkle Gestalten, die mit obszönen Geräuschen übereinander herfielen, meistens damit beschäftigt sich gegenseitig zu erwürgen, allerdings nur ein Teil davon als Akt ernstlicher körperlicher Gewalt, musste sie bereits die Nase rümpfen. Der Gestank von Pisse, Schweiß und leichtem Blut vermischte sich bereits unangenehm in ihrer Nase und ließ sie sich schmutzig fühlen. Wenn sie schon herkommen musste, wollte sie auch gefälligst etwas davon haben.
      Vor dem Eingang pfiffen ihr ein paar Männer zu und grollten schmutzige Bemerkungen darüber, was sie mit Anthea anstellen könnten. Anthea war von dem Gestank nicht halb so geduldig, um sich darauf einzulassen.
      "Ich schneid euch die Eier ab, wenn ich eure hässliche Visagen sehen muss."
      Sie ging unter dröhnendem Gelächter hinein.
      Berek kam nur kurze Zeit später, als sie sich schon einen Schnaps gegönnt hatte. Der Mann musste auch die Bemerkungen der Männer vor dem Eingang über sich entgehen lassen, aber er ging damit viel eleganter um als sie, wie sie fand. Sie nickte ihm zu und peilte dann gleich die Tür am anderen Ende des Raumes an. Die aufgestellte Wache dort ließ sie wortlos passieren.
      Die Hinterzimmer lagen im Keller, einem kleinen Labyrinth aus Gängen und Räumen, die allerdings fast allesamt offen standen. Der beständige Rauch von zu viel Zigaretten waberte in der Luft um sie herum und in fast jedem Zimmer wurden irgendwelche Drogen herumgereicht oder zum Verkauf ausgestellt. Anthea musste überall hineinsehen, während sie sich ihren Weg durch das Labyrinth bahnte, sich an nackten Leibern vorbei presste, die im Gang ungehemmt ineinander verschlungen waren und sich weitere Beleidigungen einfing, wenn sie eine Tür öffnete, die lieber hätte verschlossen bleiben sollen. Schließlich fand sie ihr Ziel in einem größeren Raum mit einem Billardtisch in der Mitte.
      Ilyos war in jeglicher Hinsicht ein durchschnittlicher, unauffälliger Mann. Er hatte kurze, braune Haare, war glatt rasiert, hatte ein weiches Kinn und runde Augen, denen eine gewisse Wärme inne wohnte. Er war mit etwa 1,80 m zwar groß, aber noch lange nicht groß genug um aufzufallen und er trug eine dunkle, nichtssagende Kleidung. Die meisten seiner Begleiter waren in ihren grobschlächtigen Staturen, den vernarbten Händen und teilweise Gesichtern auffälliger als der eigentliche Vorgesetzte des Raumes. Wenn, dann hätte man Ilyos für einen älteren Dienstknecht halten können.
      Er stand an der Wand gelehnt, einen Joint zwischen den Lippen, die Arme vor der Brust verschränkt und beobachtete das Spiel. Seine Augen blickten bereits müde drein, schienen entweder vor Erschöpfung oder von der Droge jeden Augenblick zufallen zu können, aber Anthea hatte ihn noch nie in ihrem Leben high erlebt. Der Tag, an dem Ilyos die Kontrolle über seinen Körper verlieren würde, war vermutlich der Tag, an dem er starb.
      Sie schlenderte auf ihn zu, wich einem seiner Burschen aus, der - betrunken wie er war - mit seinem Gleichgewicht kämpfte und stellte sich schließlich zu ihm. Ilyos schien sie erst im letzten Moment zu bemerken, sagte aber nichts, musterte sie nur einmal und sah dann zu ihrer Begleitung hinüber. Sein Blick wirkte durchscheinend, als könne er seine Augen nicht richtig fokussieren.
      "Hallo."
      Er gab einen knappen Brummton von sich. Beim Tisch zog gerade einer sein Messer hervor und fuchtelte damit durch die Luft, um seine ausgesprochene Drohung zu unterstreichen. Das Spiel war bereits fortgeschritten und keiner der Anwesenden mit seinem Verlauf sehr glücklich.
      "Was willst du?", kam schließlich die unausweichliche Frage, während Ilyos der Rauch aus der Nase drang. Seine Worte waren äußerst klar und deutlich formuliert und zeugten davon, dass er kein bisschen high sein konnte, wie sein schwammiger Blick zu vermuten gelassen hätte.
      "Ich will dir meinen neuen Informanten vorstellen. Ist ein guter Mann, billig und hat Erfahrung."
      Sie deutete auf Berek in der Aufforderung, dass er sich selbst vorstellte.
    • Berek lauschte weiterhin den Worten dieser sonderbaren Frau und rauchte dabei entspannt weiter. Nur sein stechender Blick lies vermuten dass es in ihm bereits am rattern war. Hin und wieder spuckte er kurz etwas des billigen Tabaks zur Seite weg, welches sich gerne mal auf die Zunge legte, nachdem man an der Zigarette zog.
      "Hinterzimmer von Tavernen hm?"
      Sprach er ohne dabei abwertend zu klingen. Eher als würde er es sich in diesem Moment notieren, was allerdings nicht der Wahrheit entsprach. Es war in vollem Maße abwertend. Er kam sich vor als müsse er sich mit Kindern schlagen um wieder an Macht zu kommen. Was für eine Demütigung... Aber vielleicht war hinter alle dem ja doch die Chance an Informationen zu kommen die keiner freiwillig Preis gab. Zumindest wirkte die Frau Feuer und Flamme all dem auf den Grund zu gehen. Blieb nur zu hoffen dass sie den Aufwand auch Wert war.
      "Kontakt zu mir? Das ist nicht schwer."
      Nach ihrer Frage, wie sie Berek kontaktieren könne, hob er seine Hand und formte zwei Handzeichen, eins nach dem Anderen. Immer zeigte er 3 Finger, nur stehts mit Anderen.
      "Präg dir das ein und zeig es irgendeiner der Wachen im Südbezirk. Es geht schneller wenn du es einer zweier Patrouille zeigst. Einer von denen wird sich dann auf den Weg zu mir machen."
      Als Anthea dann noch klar stellte, dass sich Berek aus allem raus halten solle, sobald sich irgendetwas tat, wedelte er mit der Hand ab
      "Ja ja. Macht dir mal keinen Kopf. Das ist dein Ding. Ich hab keine Lust mir die Hände schmutzig zu machen. Abgesehen davon kann ich viel mehr aus der Ferne erfahren."
      Dann klopfte er mit den Fingerknöcheln zwei mal auf den Tisch.
      "Also dann. Handzeichen, Wachen, Südtor. Man sieht sich"
      Brach er nun abrupt ab und warf sich wieder die Kapuze über ehe er nach draußen ging, wo sich ihm die andere Person wieder anschloss ehe beide in der Menge verschwanden.


      Am nächsten Tag erhielt Berek wie erwartet eine Mitteilung einer Wache. Er bekam einen Ort mitgeteilt, den er nur ungerne aufsuchen wollte aber was hatte er schon erwartet. Anthea sprach von Hinterzimmern und schäbigen Tavernen, da war es kein Wunder dass es ausgerechnet diese sein würde. Aber es gab einen Anlass zur Freude. Wenn in dieser Stadt alle so offensichtlich und grob versuchten sich versteckt zu halten, würde er sein Netz schneller ausbreiten können als vermutet. Es würde ihn nicht mal mehr wundern, wenn er diesen Ilyos bereits kannte.
      Aber es war keine Zeit lange zu sinnieren. Berek zog los und traf auch nach einer knappen halben Stunde in einer der ekelhaftesten Gassen an, die er je betreten musste. Schnell sah er schon die seltsame Frau, welche eine Pöbelei mit Drohungen ab tat. Damit fiel sie hier wohl tatsächlich kaum auf. Dieser Ort schrie beinahe nach Mord und Vergewaltigung. Ganz zu Schweigen von dessen Geruch.
      Zwar wollte sich Berek am liebsten ein Tuch über die Nase halten, doch fürchtete er nicht genügend Lagen dabei zu haben um einen solchen Geruch filtern zu können. Obendrein hätte er sich damit nur ungewollte Aufmerksamkeit eingehandelt, was er ohnehin schon genug mit seinem Outfit tat.
      Bei diesem Treffen, welches verborgen genug war, kam er in seinem üblichen adretten Anzug und Degen, samt seinem spitzen Jagdhut welcher von einer Feder verziert wurde.
      Auch er konnte sich dem pöbelnden Mob nicht erwähren. Sie drohten ihm mit Raub, Mord und der Vergewaltigung seiner Kinder, wenn er ihnen nicht sein Gold geben würde. Doch alles was Berek im vorbei gehen erwiederte war ein herausforderndes Lächeln samt stechendem Blick, als wolle er sie dazu auffordern es nur zu versuchen.
      Beinahe war es etwas schade, dass die Männer sich nicht wagten, doch war er ohnehin nicht hier um Blut zu vergießen.
      "Wir können"
      Meinte er beiläufig ehe er Anthea folgte.
      Ein beschwerlicher Weg folgte, vorbei an rumhurenden Pennern und Säufern. Anblicke die Berek unweigerlich an Lodoz und Elraya erinnerten. Gedanken die er nicht unbedingt in seinem Kopf haben wollte.
      Irgendwann kamen sie aber an. Tatsächlich hatte Berek diesen Kerl noch nie gesehen, welcher wohl dieser Ilyos sein sollte. War der wirklich high oder spielte er das nur? Vollkommen egal. Wenn das wirklich dieser Ilyos war, war es nun die Zeit für Eindruck zu sorgen.
      Berek ging auf diesen zu und baute sich vor ihm auf.
      "Okay hör zu. Mein Name ist Berek. Aus Shegar. Vergiss die Frau da. Ich hab sie genutzt um an dich ran zu kommen. Es heißt du hast die Hände in ein paar schmutzigen Geschäften die über dem Üblichen hinaus gehen. Die Rede ist von nem Einauge und noch so manch anderen."
      Berek legte ein forderndes Grinsen auf, als würde sich ein Sturm anbahnen, ehe er ein Säckchen hervor holte und es dem beeindruckend schlichten Mann in die Hand drückte.
      "Ich wäre sehr erpicht darauf ein paar Informationen zu bekommen. Gib sie mir und ich garantiere für deinen Schutz"
    • Der Raum wurde still.
      Als hätte jemand überall gleichzeitig für Ruhe gesorgt, hörten sämtliche Gespräche auf, das Spiel erstarrte und der Trunkenbold, der soeben noch durch den Raum getorkelt war, blieb wankend stehen. Rund acht Augenpaare richteten sich auf Berek gleichzeitig.
      Als wäre es abgesprochen, war Anthea die erste, die die Stille unterbrach, indem sie die Arme verschränkte.
      "Ich steh' direkt neben dir, Arschloch. Ein bisschen mehr Respekt würde dir auch nicht schaden."
      Sie wurde von der versammelten Mannschaft ignoriert.
      Ilyos starrte Berek jetzt direkt an und nahm sich den Joint aus dem Mund. Er blies noch einen Schwall Rauch aus, bevor er seinen Blick nachlässig über Bereks Hut, seinen Kragen und seinen Mantel schweifen ließ. Es sah nicht so aus, als würde er irgendetwas davon wirklich wahrnehmen.
      "Berek aus Shegar? Die Spinne?"
      Seine Stimme wirkte neugierig, aber sein Blick war noch immer schlaff und leer. Er zog wieder an seinem Joint und als er erneut sprach, quollen ihm die Rauchwolken aus dem Mund.
      "Gehst du immer so direkt auf Geschäftspartner zu? Vielleicht ist hier im Raum ein Spitzel? Vielleicht bist du der Spitzel? Ich lass mir von niemandem Worte in den Mund legen, auch wenn er behauptet, der König höchstpersönlich zu sein. Ich mache keine schmutzigen Geschäfte und ich kenne kein Einauge."
      Anthea traktierte Berek noch immer mit garstigen Blicken, schien dann etwas abzuwägen und schnalzte missmutig mit der Zunge. Sie wandte sich Ilyos zu, reckte sich bis auf die Zehnspitzen, um zu seinem Ohr zu gelangen, und flüsterte ihm etwas zu. Es war nicht viel und Ilyos wirkte auch nicht so, als würde er ihr überhaupt zuhören, aber als sie sich wieder auf die Füße stellte und er einen Zug von seinem Joint genommen hatte, sagte er schließlich:
      "Ich gebe keine unnötigen Informationen raus, nicht an meine Kollegen, nicht an Informanten. Wenn du was wissen willst, muss ich wissen, für wen du arbeitest. Nenn mir ein paar Namen deiner Vorgesetzten und ich werde entscheiden, was ich dir alles sagen werde."
    • "Du scheinst nicht viel von mir gehört zu haben"
      Meinte Berek entspannt während er das Zimmer sondierte und dem ein oder anderen Mann einen verachtenden Blick zu warf.
      Was auch immer Anthea ihm gesagt hatte, schien zu wirken, also musste er auch keinerlei Nachdruck ins Spiel bringen oder mehr Informationen als nötig von sich geben.
      Spielerisch ging er langsamen Schrittes am Blilliard Tisch entlang und hob die schwarze Kugel an, betrachte diese und zuckte mit den Schultern um die gestellte Frage zu beantworten.
      "Ein paar hm?"
      Noch die Kugel vor sich haltend, lehnte sich Berek gegen den Tisch und blickte an der Kugel vorbei zu Ilyos.
      "Nein. Ich bin aus anderen Gründen in dieser Stadt. Was ich dir aber geben kann ist meine Gunst. Keine Namen"
      Anschließend bewegte er seine Hand in einer kreisenden Bewegung, mit welcher er die Kugel komplett verschwinden lies und für einen Augenblick seine flache Hand mit gespreizten Fingern für den Showeffekt bei behielt ehe er die Arme vor sich verschränkte.
      "Sagen wir, dass meine Gunst in Shegar mehr Wert als Gold war. Das wird hier bald auch so sein. Mache dir also jetzt die richtigen Freunde solange du noch kannst, bevor sich jemand anderes diese Chance schnappt."
    • "Deine Gunst", echote Ilyos, ein leerer Ausdruck, der gut zu seinem unbeteiligten Äußeren passte. Man konnte allerdings den unverhohlenen Hohn darin heraushören, mit dem er ganz anscheinend Bereks Worte ins Lächerliche ziehen wollte.
      Er beobachtete Bereks Zaubertrick mit der Kugel und rauchte.
      "Deine Gunst ist hier so viel Wert wie ein Haufen Scheiße in der Gosse. Es ist mir egal, was für ein Netz du in Shegar gewebt hast, wir sind hier weit von diesem Loch entfernt."
      Etwas Leben trat in seinen Ausdruck, als er sich von der Wand abstieß, um den letzten Meter zu Berek und den Billardtisch zu überbrücken. Allerdings war es nicht genug, um ihn wirklich aufmerksam wirken zu lassen.
      "Lass mich dir erklären, wie das hier abläuft - nicht etwa aus Nächstenliebe, sondern weil Thea was auf dich setzen will. Wir sind hier nicht mehr in Shegar, wir haben hier eine Königsstadt", er deutete auf den Billardtisch, um das zu verdeutlichen. "Eine riesige, gottverlassene Stadt mit hübschen Mauern und einem hübschen kleinen Königspalast. Und in dieser Königsstadt, mit seinem kleinen Herrscher und seiner kleinen Garde und dem ganzen drumherum, gibt es Leben, so viel, wie in Shegar nie reinpassen könnte."
      Er zeigte auf die verstreuten Billardkugeln.
      "Und um dieses ganze Leben, diese ganzen kleinen Bettler und Diebe und Mörder und Zecher unter Kontrolle zu bringen, brauchst du viele kleine andere Bettler und Diebe und Mörder und Zecher und steckst sie alle unter einen Hut."
      Er hob eine Kugel auf und präsentierte sie Berek.
      "Denkst du jetzt also, du könntest als kleines, einzelnes Staubkorn, das nicht mehr hinterlässt als einen fürchterlichen Gestank, sowas", er wog die Billardkugel in der Hand auf und ab, "beeinflussen? Geschweige denn von den vielen anderen, kleinen Hüten, die sich hier ergeben haben?"
      Er nickte zu dem Rest der Kugeln und platzierte seine eigene wieder auf dem Tisch. Dann lehnte er sich vor und auf den Tisch.
      "Ich habe von einigen Geschichten gehört, die du in Shegar durchgezogen hast", raunte er, kniff die Augen zusammen. "Ich habe schon von dem Psychopath gehört, der den armen Herzog dazu nötigt, die Königsarmee zur Hilfe zu rufen. Ich habe davon gehört, dass man deinen Namen gar nicht aussprechen will, aus Angst, du könntest von den Schatten aufsteigen. Und trotz allem stehe ich hier vor dir, vor der Legende von Shegar, vor der Spinne und alles, was ich sehe, ist ein Mann, der sein Spielzeug verloren hat und versucht, sich ein anderes anzueignen. Aber wir sind hier nicht in Shegar - das ist die gottverdammte Königsstadt und ich werde die Eier des Königs persönlich abschneiden und fressen wenn du aberwitziges kleines Staubkorn es auch nur ansatzweise so weit schaffen könntest wie ich."
    • Berek beobachtete Ilyos und lauschte seinen Worten, die ihn anfangs noch innerlich zum schmunzeln brachten. Doch als er seinen Namen nicht ein einziges Mal würdigte, diesen Sogar in den Dreck zog, als wäre all das erreichte in einer größeren Stadt nichts mehr wert, verblasste der Spaß in Berek.
      Seine Augen stachen die seines ungehobelten Gegenübers als könne er ihm damit den Tod selbst übertragen. Dabei stellte er sich die guten alten Zeiten vor und was Berek damals mit Menschen machten die ihm auch nur halb so respektlos gegenüber traten.
      Fürs erste merkte er sich jedoch lediglich jedes einzelne Detail von Ilyos. Ganz sicher würde er in naher Zukunft bereuen den falschen Schritt gemacht zu haben.
      Für diesen Moment musste sich Berek aber zurück halten. Brächte er nun alle um, wäre die Spur zu ihm leicht zurück zu verfolgen. Abgesehen davon galt es ein viel größeres Ziel zu verfolgen statt sich von einem Handlanger provozieren zu lassen, der noch früh genug über seine Fehler nachdenken wird.

      Davon überzeugt, nicht länger in diesem Drecksloch verbleiben zu wollen, schüttelte er nur mit dem Kopf, nachdem Ilyos auch seinen letzten Hohn raus gelassen hatte.
      "Ich werde mir deine Worte merken."
      Meinte er ruhig während er schon zur Tür ging, diese öffnete und eilig die Gänge zurück lief bis er endlich wieder an der frischen Luft war.

      Es brodelte in Berek. Sein Blut kochte. Am liebsten hätte er beim gehen eine Feuerspur gelegt um alle im Gebäude zum Tode verurteilt.
      Glücklicherweise bekam er dann aber doch noch unangenehme Gesellschaft. Die beiden Idioten, welche zuvor schon Anthea angepöbelt hatten, versuchten schon wieder für Aufsehen zu sorgen. Beide kamen Berek nah, einer schupste ihn sogar harsch an der Schulter.
      "Tu das nicht..."
      zischte Berek leise, doch war das für die Beiden viel mehr eine Aufforderung noch eine Stufe höher zu schalten. So kam der zweite dazu und deutete bereits einen heftigen Stoß mit beiden Händen an, welche Berek wohl beim Kontakt gegen die Wand hinter sich befördert hätte, doch bevor die Hände ihn erreichten, standen beide Personen von einer Sekunde zur Anderen in einer grünen Stichflamme. Sofort schrien beide wie Wild auf, warfen sich auf den Boden und rollten sich in einer undefinierbaren Pfütze die wohl mehr aus Urin und Kotze bestand als Wasser. Ein Anblick den Berek sehr genießen konnte. Er stand nur so da und blickte auf die beiden jämmerlichen Gestalten hinab und lies die Flammen erst dann erlöschen, als beide grade noch so am Leben waren aber solch schwere Verbrennungen hatten, dass sie wohl fürchterliche Tage zu erwarten haben ehe sie an unvermeidlichen Infektionen sterben.
    • Es dauerte einen Moment, bis Anthea auch herausgeschlendert kam, aber letzten Endes folgte sie Berek.
      Sie blieb beim Anblick der beiden verbrannten Fast-Leichen wie angewurzelt stehen und zog die Unterlippe zwischen die Zähne, ein Gesichtsausdruck, der eine undeutbare Emotion zur Schau stellte. Ihr Blick wanderte weiter zu Berek hinüber.
      "... Warst du das? ...Man, wie hast du das denn angestellt? Den Trick musst du mir mal zeigen, bei Gelegenheit."
      Sie beugte sich über das eine Häufchen verbrannten Elends, das nur krächzende Geräusch gab und sich in seinem eigenen Blut rekelte. Als sie sich wieder aufrichtete und Berek zuwandte, konnte sie erst in dem Licht erkennen, was für eine Anspannung in seinen Gesichtszügen lag - dabei glaubte sie, dass nicht alles davon zum Vorschein kam. Berek wirkte kaum wie der Mann, der sich durch Emotionen die Blöße geben würde.
      "Lass uns was trinken gehen, was hältst du davon? Ich lade dich ein - aber nicht in dieser Absteige sondern irgendwo, wo man keine Angst haben muss, dass die Läuse im Schnaps schwimmen."
      Sie trat über die werdenden Leichname hinweg und schlenderte die Gasse entlang, vorbei an verängstigten Gestalten, die Berek mit riesigen Augen anstarrten und sich vor ihm in die Schatten flüchteten. Anthea strebte zielsicher die Hauptstraße und das damit einhergehende Laternenlicht an; sie würde niemals so tief sinken, um sich durch die Schatten zu stehlen wie ein gesuchter Verbrecher. Nicht, dass sie kein Verbrecher war, aber gesucht wurde sie nicht - offiziell zumindest nicht.
      "Lass mich dir erklären, wie das hier abläuft - anders als Ilyos es erklärt hat", sagte sie an Berek gewandt, während sie den Blick weiter auf die Straße vor sich gerichtet hielt. Die nächtlichen Straßengänger zeigten nur wenig Interesse an dem vorbeischlenderndem Paar.
      "Diese Stadt ist in Bezirke aufgeteilt, offiziell und inoffiziell. Die offiziellen Bezirke unterscheiden sich größtenteils in Benutzung und ob arm oder reich, die inoffiziellen lediglich, wer sie gerade besetzt und was er macht. Jeder Bezirk hat offiziell einen Wachmeister, dem eigene Truppen unterstellen, die sich nur um die Geschehnisse innerhalb ihres Bezirkes kümmern - darüber hinaus gibt es hoheitliche Wachmänner, die durch die ganze Stadt spazieren. Denen sind Bezirksgrenzen herzlich egal, die kümmern sich um alles, was ihnen irgendwie in die Quere kommt. Vor denen solltest du dich ein bisschen mehr hüten.
      Inoffiziell haben wir eine Art Verteilungsnetzwerk. Jeder Bezirk ist für etwas anderes zuständig: Wenn du nur ein bisschen Kleingeld verdienen willst, ist die Holzgasse am besten, für Einbrüche der Henkersplatz, Sabotage im Nordend und so weiter. Das ändert sich auch nicht, ganz unabhängig davon, welcher Aufseher gerade dort sitzt. Das hat sich irgendwann mal so festgefahren, die Leute sind's einfach gewöhnt und deshalb bleibt es auch so.
      Was Ilyos meinte - glaube ich zumindest - ist, dass die Bezirke unabhängig voneinander agieren. Klar, wenn du einen riesigen Überfall planst, musst du dir zwangsläufig Hilfe von mehreren Bezirken holen, aber dafür gibt's dann sowieso Kontaktmänner, die für eine Einheit sorgen. Wenn du dir also einen der Bezirke einverleiben würdest, würdest du eben genau das haben: Ein Bezirk, nicht mehr und nicht weniger. Du könntest damit genauso viel am Gesamtgebilde ausrichten wie ein Esel das Tor des Palastes eintreten könnte."
      Sie unterbrach ihre Ausführungen, um einer patrouillierenden Soldatengruppe ein strahlendes Lächeln zu schenken. Die Soldaten machten bedrohliche Gesichter, die auf keinen der beiden Spaziergänger einen Effekt hatten.
      "Du bist hier nur so viel wert, wie viele Männer du unter dir hast, denn entsprechend groß ist dein Beitrag zu diesem... Konstrukt und entsprechend viel kannst du daran ausrichten. Deshalb war Ilyos auch so unbeeindruckt von deiner Gunst - die ist, als Einzelmann, einfach nichts wert. Nichts für ungut."
      Sie verließ die Hauptstraße und näherte sich einem Gebäude, aus dem Musik drang. In diesem Teil der Stadt stank es auch, allerdings nicht schlimmer als sonstwo und alle Gestalten, die hier herumlungerten, unterhielten sich eher leise untereinander oder zogen gleich ab, wenn sie merkten, dass es in der Gasse voller wurde. Als Anthea die Tür zu der Kneipe öffnete, drang die Musik ungedämpft zu ihnen heraus, untermalt von hemmungslosem Gelächter und lauten Stimmen - genau die Art von Geräuschpegel, die Anthea als angenehm empfand. Sie warf Berek einen grinsenden Blick zu, dann trat sie in die hell erleuchtete Stube ein.
    • Berek starrte die beiden Männer am Boden an, stellte sich dabei all die Schmerzen vor und übertrug diese auf alle die sich ihm auf seinem Weg noch in den Weg stellen würden. Erst als Anthea dazu kam wanderten seine Augen zu ihr, doch lies er ihre direkte Frage unbeantwortet bei den beiden Halbleichen liegen.
      Der Vorschlag etwas trinken zu gehen, schien ihm dabei gar keine schlechte Idee. Wer weiß wie trinkfest diese Frau war. Möglicherweise bekam er so noch mehr aus ihr heraus. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, war Alkohol etwas, was er grade sehr begrüßte.

      Still folgend hörte er der Frau zu, welche immer wieder unter Beweis stellte, dass das Rampenlicht ihr lieber war als anonym zu bleiben. Doch warum fing sie plötzlich an ihm so viele Informationen zu geben? Sie klärte ihm das komplette System in dieser Stadt, von dem ihm nicht mal die Soldaten erzählt hatten. Erwartete sie dafür eine Gegenleistung?
      Vorerst musste er damit einher gehen die ganze Lage zu analysieren. Wenn die Frau ihm noch nützlicher werden und sich als gute Schachfigur entpuppen wird, wäre es gar nicht mal so dumm ihr eine Chance zu geben.

      Lange dauerte es nicht bis die Beiden an ihrem Ziel angekommen waren. Tatsächlich war es eine Schenke in der man den Tag ausklingen lassen konnte. In Shegar hätte er eine Solche zumindest bevorzugt. Nicht zu edel und nicht zu schäbig. Perfekt um viele Soldaten nach ihrer Schicht in dessen Suff zu manipulieren. Sogar Lodoz lernte er unter solchen Umständen kennen.
      Anthea weiterhin folgend, inspizierte er mit seinem scharfen Blick jede Ecke der Schenke. Jedes verdunkelnde Fenster, die Treppe hinter den Tresen, die Anzahl an Personen die hier bei vollem Betrieb hinein passten und auch wie engagiert die Wirtin war.
      Alles in allem eine akzeptable Schenke.
      Kurz darauf setzten sich beide in eine Ecke und bekamen beinahe als hätte man hier schon einen Stammgast Status, zwei Biere vor gesetzt, welches sogar einen guten Schaum aufwies...und das auch noch in sauberen Krügen.
      Sofort krallte sich Berek seinen Krug und trank die Hälfte in einem Zug weg ehe er erfrischt und beinahe schon erleichtert ausatmete. Erst jetzt legte er seinen Hut ab, stand nochmals kurz auf um seinen Mantel auszuziehen, was so viel hies wie, dass ihm die Schenke als akzeptabler Ort zum länger bleiben genehm war.
      Kurz darauf wieder sitzend, zündete er sich eine Zigarette an, tat dabei so als hätte er er ein Streichholz angezündet, welches er mit seiner Hand verdeckte obwohl kein Wind wehte, wofür die Haltung entsprechen würde. Nur wenn man ganz genau hinsah, hätte man sehen können dass die Flamme ein grünes Licht warf.

      "Okay also..." Meinte Berek nach einem tiefen Zug, ehe er den Rauch genüsslich nach oben hin weg blies
      "...Warum hast du mir all das erzählt? Erwartest du dass ich dir dafür eine Gegenleistung anbiete? Dieser Ilyos war ja wohl ne echte Pleite oder? Zwar weiß er es noch nicht aber bald schon wird er seinen Fehler bereuen. Es gibt weit mehr auf dieser Welt als nur diese Stadt."
      Nach einem weiteren Schluck und einem beinahe schon ehrfürchtigen Blick ins Nichts, führte er etwas leiser fort
      "Hätte er mal lieber seine Hausaufgaben gemacht..."
      Da fing er sich wieder flott ehe er seine derzeitige Trinkgenossin ansah und beinahe neugierig fragte, als würde er Gerüchten nach gehen
      "Sag. Was weiß man in dieser Stadt alles über das Kryss und der Geschichte vor den Monstern außerhalb der Stadtmauern?"
    • Während Berek sich in die Schenke schlich wie ein paranoider Obdachloser, der Angst davor hatte, von hungrigen Geistern angefallen zu werden, die ihm auch noch die Kleider vom Leib stahlen, marschierte Anthea zielstrebig durch die Tür, fasste einen leeren Tisch ins Auge und eroberte ihn mit einigem Gedränge und unnötig laut ausgesprochenen Beleidigungen. Keine fünf Minuten später waren sie schon mit Getränken ausgestattet und begnügten sich mit ihrer Anwesenheit.
      Anthea sah sich jetzt erst im Raum um, während Berek bereits seinen halben Krug leerte und sich eine Zigarette anzündete, eine von vielen in diesem Raum, die für den dieser Stadt charakteristisch rauchigen Geruch sorgten. So wie er dasaß wirkte er so, als würde er sich zum ersten Mal an diesem Abend entspannen.
      Sie wandte sich ihm zu und weg von den vielen kleinen Möglichkeiten, die sie geradezu dazu reizten, einen Radau zu veranstalten. Das Instrument des Musikers sah viel zu alt aus, um einem richtigen Schlag standzuhalten, die wenigen Soldaten in der Ecke wirkten schon zu betrunken um gerade gehen zu können und das Bierfass stand - wie Anthea fand - ziemlich unbeaufsichtigt. So viele Möglichkeiten, die Schenke auf den Kopf zu stellen, so viel Vergnügen, das nur darauf wartete, von ihr ausgenutzt zu werden.
      Sie richtete ihre Aufmerksamkeit dennoch auf Berek, ihre Art, ihren Respekt auszudrücken.
      "Eine Gegenleistung?"
      Sie dachte für einen Moment nach, die Gesichtszüge entspannt, fast schon belustigt.
      "Ja, jetzt wo du es sagst, vielleicht erhoffe ich mir wirklich eine Gegenleistung davon. Ich erkläre dir die Spielregeln und du spielst mit, das ist mein Ziel."
      Das Grinsen, das sich bis dahin noch hinter ihrer Miene versteckt hatte, kam jetzt hervor. Sie nahm einen Schluck von ihrem Bier, aber keinen sehr großen.
      "Hast du mal Schach gespielt, Berek? Dieses Spiel mit den Figuren und dem karierten Brett? So stelle ich mir das hier vor, die ganze Stadt: lauter kleine Felder und lauter kleine Figuren. Wir haben den König und Ilyos ist vielleicht Teil von… weiß ich auch nicht, dem Läufer schätze ich mal. Vielleicht auch dem Springer. Und je mehr Leute mitspielen, je mehr Figuren das Spiel besetzen, desto mehr werden die einzelnen Figuren in ihren Bewegungen eingeschränkt."
      Sie lehnte sich zurück und zog die Beine nach oben, um sich in den Schneidersitz zu setzen. Dann nippte sie wieder an ihrem Bier.
      "Versteh mich nicht falsch, ich mag Ilyos, ich mag unseren Läufer, von dem wir Teil sind, aber ich mag auch das Chaos und wenn es zu wenig Spieler gibt, könnte jemand auf die Idee kommen, an den Regeln zu schrauben. Und dann gibt es irgendwann kein Chaos mehr."
      Sie zuckte mit den Schultern.
      "Vielleicht denke ich auch, dass du eine Chance haben könntest und will mich deshalb bei dir gut stellen. Such's dir aus."
      Berek fuhr fort, eine scharfe Wendung in ihrem Gespräch zu unternehmen, deren Richtung Anthea gar nicht mehr behagte. Kryss und Kreaturen? Das war etwas für Landleute, nicht für Stadtbewohner.
      Sie zuckte abermals mit den Schultern, diesmal sichtlich desinteressiert.
      "Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? Das interessiert mich erst, solange sie durch die Mauern hereinkommen und das ist in 30 Jahren nicht ein Mal passiert."
      Sie starrte für einen Moment in ihr Bier hinein, trank dann doch nicht davon. Sie brauchte etwas härteres, nicht diese Plörre.
      "Wenn du was davon wissen willst, bist du hier an der völlig falschen Stelle. Da solltest du die Gelehrten im Palast aufsuchen, die, die lesen können. Die beschäftigen sich sicherlich mit sowas langweiligem wie Geschichte, bei uns wirst du sowas nicht finden."
      Sie hob die Hand und verlangte bei der Wirtin nach Rum. Die Frau gab zur Antwort ein Schnauben zu hören.
      "Um deine Frage also zu beantworten: Der König weiß sicherlich viel. Seine Handlanger bestimmt auch, alle anderen - wir hier unten - gar nichts und es ist uns auch recht egal."
      Sie bekam ihr Getränk in Rekordzeit und stürzte es hinab. Sie schüttelte sich einmal wegen dem Geschmack und schmatzte lautstark.
      "Und dir sollte es auch egal sein. Hier drinnen wirst du genug Probleme haben, um dich nicht noch mit denen da draußen beschäftigen zu müssen."
      Sie bestellte sich als nächstes einen Schnaps, wobei die Wirtin diesmal nicht nur ihr Getränk lieferte, sondern sich auch noch für einen Moment auf ihren Tisch lehnte. Sie betrachtete das Paar einmal eindringlich, wobei ihr steinharter Blick zuletzt auf Anthea zu ruhen kam.
      "Wenn du mir auch nur einen Stuhl heute Abend kaputt machst, Frau, werde ich dafür sorgen, dass du nie wieder einen Fuß durch diese Tür setzt."
      Anthea sah zu ihr auf und grinste dann diabolisch. Der Teufel der Kneipen war in seinem Element angekommen.
      "Beim letzten Mal hast du sogar die unbeschädigten Stühle ersetzt bekommen."
      Sie klopfte auf die Lehne ihres eigenen Sitzes, während die Wirtin die Stirn in Falten zog.
      "Ich werde mich nicht wiederholen."
      "Schon gut, ich mache nichts kaputt. Ich verspreche es."
      Damit schien die Wirtin sich zufrieden zu geben und zog nach einem finsteren Blick in Bereks Richtung wieder ab.
      Anthea lehnte sich vor.
      "Und jetzt sag du mir, was du gegen Ilyos hast. Was wirst du ihm denn antun, dass er seinen Fehler bereuen wird?"
      Sie klang ernsthaft interessiert.
    • Berek sog jeden Eindruck auf der sich ihm bot. Die Analogie des Schachspiels gefiel ihm dabei sehr, vor allem weil er es bei dieser Frau nicht hatte kommen sehen. Bisher war lediglich Pria in der Lage gewesen ihm eine angenehme Partie zu bieten.
      Doch erst als Anthea ihm seine ersten Untersuchungen in der Stadt bestätigte, dass hier wohl kaum wer auf das Geschehen außerhalb von Mauern interessiert war, lies ihn lächeln als würde es ihm eine menge Möglichkeiten bieten in dieser Stadt Fuß zu fassen.
      "Interessant..."
      Sprach er vor sich her ehe er aufstand und zu den Tresen ging. Er fiel in dieser Schenke auf wie eine wandelnde Glühbirne, mit seiner edlen Kleidung. Ohne seinen Mantel sah er aus wie ein Auftragsmörder dessen Preis sich nur ein König leisten konnte. Berek trug bis auf sein dünnes Schwert, was beinahe an einen Degen erinnerte, nur eine passend geschneiderte Hose, ein langärmliges schwarzes Hemd, welches wohl auch passend auf seinen Körper zugenäht wurde und eine grüne verzierte Weste die von ein paar braunen Gurten bedeckt war, welche wohl alle einen speziellen Zweck erfüllten, die jedoch nicht gleich einsichtig waren.
      An den Tresen angekommen, beugte er sich leicht darauf um an eine Flasche ran zu kommen die am teuersten aussah, dazu noch zwei Gläser und keinerlei Interesse die Reaktion der Wirtin zu beobachten.
      Wieder zurück am Tisch stellte er die Gläser hin und füllte sie mit dem Getränk, welches sich als Whiskey heraus stellte.
      "Du bist eine interessante Person. Du erinnerst mich an jemanden."
      Er setzte sich wieder dazu und schwenkte den Whiskey in seinem Glas
      "Zunächst einmal danke ich für den Tipp mit den Gelehrten aber da war ich bereits. Es ist erschreckend wie wenig sogar in dieser Stadt davon bekannt ist. Könnte von Vorteil sein."
      Das Glas ansetztend, benetzte er vorerst seine Lippen mit dem Whiskey ehe er einen guten Schluck nahm und seine Augen dabei genüsslich schloss.
      "Ein verdammt guter Whiskey..."
      Er stellte das Glas ab und stand erneut auf, richtete sich kurz zu Anthea während er seine Weste richtete, was er immer tat wenn er aufstand und zuckte mit den Schultern.
      "Tut mir Leid aber ich fürchte ich muss der Wirtin Recht geben. Du wirst in dieser Schenke nichts mehr kaputt machen."
      Dann ging er zur Wirtin und zog die erschrockene Frau in eine Ecke wo keiner die leisen Worte hören konnte. Kurz darauf übergab er ihr etwas, was die Frau veranlasste schnell in ein Hinterzimmer zu gehen. Als sie wieder kam, gab sie Berek ebenfalls etwas und verbeugte sich sogar kurz vor ihm ehe sie hinter die Tresen schnellte und ab dem Zeitpunkt etwas arg nervöses an sich hatte.
      Erst dann kam Berek zurück und setzte sich wieder zu Anthea.
      Nach einem weiteren Schluck, steckte er sich wieder eine Zigarette an, tat dieses Mal aber nicht so als würde er ein Streichholz benutzen. Dieses mal hielt er ganz offen nur seinen Finger unter die Zigarette und zündete diese mit einer grünen tanzenden Flamme auf seiner Fingerspitze an ehe er Anthea ansah um ihre letzte Frage zu beantworten.
      "Sagen wir... Ilyos hätte sich etwas besser informieren sollen. Was mit ihm geschehen wird, wird sich noch zeigen. Doch fürs Erste..."
      Da legte Berek ein Schriftstück auf den Tisch.
      "Habe ich diese Schenke gekauft. Von nun an werde ich in diesem Spiel mit mischen. Ob es den Machthabern gefällt oder nicht. Und um meine Dankbarkeit zu zeigen, hast du hiermit die Gelegenheit im aufziehenden Sturm mit zu mischen. Jemanden wie dich kann ich gut brauchen um für Chaos zu sorgen."
    • Anthea beobachtete Berek wortlos, griff sich ihr Glas mit Whiskey und grinste dann. Ihre Belustigung war ernst gemeint.
      "Eine interessante Person? Mit der Meinung bist du aber der erste - und wahrscheinlich auch der letzte."
      Sie lachte einmal laut, um ihre Worte zu unterstreichen und trank dann selbst vom Whiskey - wenn man das überhaupt trinken bezeichnen konnte, was sie tat. Die Flüssigkeit war nie länger als eine Sekunde in ihrem Mund, bevor sie schon runtergeschluckt worden war.
      Als er sie dann darauf hinwies, dass die Wirtin recht haben sollte, verdunkelte sich ihre Miene doch wieder ein bisschen. Einschränkungen waren ihr gänzlich zuwider. Anthea lebte quasi von dem Chaos, es war ihre Spezialität, ihr Element, das einzige, was sie wirklich drauf hatte, womit sie sich in dieser zum Teufel überfüllten Stadt rar machen konnte - und von allen Menschen wollte gerade Berek es ihr verbieten? Ganz sicher nicht.
      Sie öffnete den Mund, um die Hölle über ihn hereinbrechen zu lassen, um ihn daran zu erinnern, wo sein Platz auf diesem Spielfeld war, als ihr die Worte im Hals erstickten. Berek hatte gerade eine Flamme aus seiner Fingerspitze gezaubert. Und als sie sich noch darüber den Kopf zerbrach, wie er das geschafft hatte und was sie nun also zuerst ansprechen sollte, hatte er ihr auch schon wieder den Wind aus den Segeln genommen.

      Deutlich irritiert über diese ganze Situation, in die sie sich gerade manövriert hatte, klappte sie den Mund doch wieder zu, trank ihr Glas leer, griff zum Bier, um einen Schluck nachzuschütten. Diesmal half der Alkohol nicht zu einer Entscheidung, wie ärgerlich.
      "Also... eine Bedingung: Ich lass mich nicht einschränken, nicht von dir, nicht von Ilyos, von niemandem. Entweder du nimmst in Kauf, dass ich deine wertvolle Schenke zerstöre - was im Übrigen gar nicht meine Schuld gewesen war, zumindest nicht direkt - oder du kannst alleine sehen, ob du es nochmal bei Ilyos versuchen willst, aber der wird dich nicht für alles Gold der Welt einstellen. Außerdem brauchst du mich immernoch, um an Einauge ranzukommen, also denk nicht, dass ich mich einfach so unterwerfen lasse. Du bist hier der Informant, ich bin die Vermittlerin, etwas anderes wird hier nicht zustande kommen.[b]"[/b]
      Nachdem sie wieder etwas Fuß in ihren Gedankengängen gefasst hatte, fiel es ihr auch leichter ärgerlich zu erscheinen. Zumindest für einen Moment.
      "Und was hast du da eben mit deinem Finger gemacht? Was war das?"
      Sie kniff die Augen zusammen, kurz davor ihn zu warnen, dass er keine Tricks bei ihr abziehen sollte.
    • "Mit deiner Bedingung kann ich leben. Mehr noch. Dein Chaos ist genau das was mich an dich interessiert. Zerstörst du aber mein Eigentum, werden wir ein Problem miteinander bekommen"
      Er trank den Rest aus seinem Glas aus und schenkte beiden nochmal nach
      "Dass keiner von unserem jetzigen Bündnis erfährt, soll mir aber recht sein. Umso weniger von meinem Plan wissen, desto besser."
      Daraufhin blickte er in seine Handfläche, schüttelte aber mit dem Kopf
      "Ich kann es dir zeigen, wenn du willst. Dafür musst du mich nur an einen abgelegenen Teil der Stadt führen wo es wenige Augen gibt."
    • Berek willigte ein und Anthea gab sich damit zufrieden - vorerst. Was sollte es heißen, dass sie sein Eigentum nicht zerstören durfte? Sollte sie etwa von jetzt an stets nachfragen, bevor sie einen Radau veranstaltete? Anscheinend hatte er ihre Bedingung doch nicht so ganz verstanden, wie sie gedacht hatte, aber das sollte ihr auch recht sein. Hauptsache, er hielt sich daran.
      Auf seinen letzten Vorschlag zog sie die Stirn kraus. Sie trank noch einen Schluck und lehnte sich dann vor.
      "Wenn das irgendein billiger Versuch ist, mich um die Ecke zu bringen, kannst du dir das sparen. Ein Haufen Leute wären dir sehr, sehr böse, wenn du mich abmurkst - ganz zu schweigen davon, dass ich mich nicht so einfach abmurksen lasse."
      Sie ließ die Worte einen Moment lang im Raum stehen, dann entflechtete sie ihre Beine und stand auf.
      "Alsodann, lass uns gehen."

      Sie führte Berek am Marktplatz vorbei und zwanzig Minuten durch die Innenstadt, vorbei an weiteren geräuschvollen Schenken, nächtlichen Zechern, die sich vor den patrouillierenden Soldaten zu verstecken versuchten und schäbigen Gassen, in denen man bereits riechen konnte, was dort vor sich ging. Sie durchquerten drei Bezirke, wenngleich Anthea darauf verzichtete, Berek darüber zu informieren, und dann erreichten sie ein Gebiet in dem die Häuser deutlich baufälliger wirkten, in dem die Soldaten nachlässiger patrouillierten und in dem überall ein gewisser beißender, säuerlicher Geruch hing, ähnlich einem Verwesungsgeruch, nur nicht ganz so scharf und immerzu deutlich anwesend. Es dauerte nicht lange, ehe sie von einem dürren Bettler angemacht wurden, der nicht mehr als einen Lendenschurz trug und sich ihnen auf Knien näherte, die Hände bittend ausgestreckt. Anthea ignorierte ihn.
      Sie mochte das Viertel nicht, weil es hier nur heimliche Attentäter gab, irgendwelche versteckten Gassengeschäfte getätigt wurden und alle mit gesenktem Kopf umherliefen, als fürchteten sie Ärger, wenn sie es auch nur wagten, die Augen zu heben. Ein durch und durch langweiliges Publikum.
      Anthea führte ihren Begleiter dennoch anstandslos hindurch, bis sie bei einem verlassenen Lagerhaus ankamen, das nicht nur groß genug war, um zwei einzelne Kneipen hineinzupacken, sondern auch noch größtenteils unbewohnt schien. Die wenigen Gestalten, die in der Nähe in den Schatten herumdrucksten, hielten sich vom Eingang fern, dessen Tür schief in den Angeln hing.
      Anthea präsentierte das Haus wie eine Trophäe.
      "Abgelegen genug? Wenn du es noch leerer brauchst, müssten wir die Mauern verlassen."
    • Auch Berek trank sein Glas aus, schenkte sich schnell nach und trank auf dieses Glas mit einem mal aus eher er Anthea folgte. Bis beide an einem sehr abgelegenen Ort ankamen der wohl wirklich das aller letzte dieser Stadt preis gaben. Schon etwas erstaunt darüber wie schäbig diese Stadt sein konnte, stemmte er seine Hände an seine Hüften und nickte.
      "Diese Stadt hat wirklich schäbige Ecken. Potential welches unter meiner Führung nicht so verkommen wird."
      Dann blickte er über seine rechte und anschließend über seine linke Schulter, als würde er sich noch mal vergewissern auch wirklich nicht beobachtet zu werden.
      "Hm.. Ich denke dieser Ort ist abgelegen genug. Und keine Angst. Ich habe nicht vor dich zu töten."
      Seine Betonung lag auf dem Wort 'Angst'. Er wusste genau das sich diese Frau nicht mit simplen Worten verängstigen lies und so bemerkte er auch, dass sie genug Grips hatte um ihm nicht blind zu folgen. Immerhin hatte sie keine Ahnung was Kryss war oder welche Gefahren die Welt wirklich bot. Warum also keine kleine Kostprobe, die so abseits der städtlichen Weisheit war, dass man ihr ohnehin niemals geglaubt hätte.
      "Lass mich dir zeigen was Ilyos so leichtfertig beleidigt und herabgewürdigt hat.."
      Bereks Blick verfinsterte sich ehe er in das Haus eintrat, welches Anthea präsentierte. Mit einem Handzeichen gab er ihr zu verstehen ihm nicht zu folgen. Er trat ein und verschwand schnell in den finsteren Gemäuern des Hauses.
      Nur seine Stimme drang hinaus zu Anthea.
      ".. Du hast gefragt was mit den Männern geschah.. Was mit Ilyos passiert wenn man mich reizt.. Hier ist deine Antwort.."
      Unmittelbar danach erleuchtete der Raum in einem seichten grünen Licht in dessen Mitte eine lebendige Stichflamme stand, welche menschliche Konturen aufwies.
      Es dauerte keine 10 Sekunden bis das Haus langsam aber sicher zu brennen begann. Aus den grünen Flammen wurden ein spielendes Gemisch aus Rot, Gelb und Grün, bis es letzten Endes das Grün verlor.
      Berek nahm wieder seine normale Form an und kam wieder aus dem Haus heraus, welches hinter ihm weiter loderte, von ihm jedoch unbeachtet zurück blieb bis er vor Anthea stehen blieb und ihr in die Augen sah.
      "Ein weiteres Wort von deinem geschätzten Ilyos und er hätte mich... wütend gemacht."