The Curse of Time {TobiMcCloud & Codren}

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    • Elraya verstand das Gerede von Halbgöttern noch immer nicht, was sie allerdings sehr gut verstand, war, wenn sich vor ihr ein nervtötender Bursche auftat. Sie strafte ihn mit stechenden Blicken, als er ihr auf den Hintern schlug und sich verabschiedete.
      "Was für ein dummes Kind. Der ist wie alt, 10? Was hast du nur für komische Freunde, Weißhaar?"
      Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Aradan zu, wobei sie kaum behaupten konnte, dass sie das, was sie zu verstehen glaubte, gutheißen sollte.
      "Ich soll mich als einen dieser Umhanggestalten ausgeben? Sonst noch Wünsche Mister... Halbgott, oder was auch immer? Das ist hier alles viel zu abgedreht, viel zu verrückt. Ich versteh immer noch nicht wie ich hier und auch nicht hier sein kann und wieso du uns nicht einfach zurück beförderst. Du musst doch dafür nichtmal aufwachen - wobei du ja eh wach bist! Ich versteh's nicht."
      Sie griff sich an den Kopf und schien sich mit der Hand durch die nicht existierenden Haare fahren zu wollen.
      "Das ist ganz und gar abgedreht. Da mach ich nicht mit, uh-uh. Ich werd' jetzt zurückgehen und dann werd' ich..."
      Und wenn sie nun tatsächlich wieder auf dem Boot war? Wie sollte sie überhaupt zurückkommen, etwa laufen? Und wie kam Aradan zurück?
      "... Was hast du nochmal gesagt mit Fähigkeiten? Kann ich sie tatsächlich benutzen, um dieses Boot einzunehmen? Und was dann, soll ich dich etwa am Hafen diesen Umhangtypen überlassen und heimgehen? Ich bin für dich ins Wasser gesprungen, dann werd' ich nicht ohne dich zurückkommen, das ist ja peinlich!"
    • Schnell bemerkte Aradan, dass er Elraya zu viel aufbürden wollte. Sie war grenzenlos überfordert und doch konnte er ihr die ganze Situation nicht leichter erklären. Alles was er tun konnte war ihren Wunsch zu akzeptieren wieder Ruhe zu bekommen.
      "Sein Alter spielt keine Rolle, glaub mir, das ist besser so. Ich kann ihn nur leider nicht zurück halten solche Dinge zu tun wie eben. Ich geb es nur ungern zu aber er verfügt selbst als Geist über mehr Kraft als ich es mir vorstellen kann."
      Bevor sich Aradan aber wieder in zu viele unnötige Gespräche einlassen würde, reagierte er nur auf den Kern von Elraya und das war ganz klar der Wunsch diese ganze Situation endlich hinter sich zu bringen.
      "Ist gut. Du musst dich nicht verkleiden um sie zu infiltrieren. Aber ich fürchte dass du für eine kurze Weile nicht um eine Verkleidung rum kommst. Ich kann meinen Körper derzeit einfach nicht in der normalen Welt erwachen lassen. Aber das ist auch nicht weiter schlimm. Ich werde dafür sorgen dass du die Leute auf dem Schiff bezwingen kannst. Danach musst du dich verkleiden um den Leuten auf der anderen Seite des See's mitzuteilen dass ein Kampf auf dem Boot stattgefunden hat, den nur du überlebt hast. Sag ihnen dass unsere Truppe euch verfolgt hat als ich entführt wurde und dass du einen auf dem Boot besiegen konntest und ins Wasser gestoßen hast. Irgendetwas damit du ihnen egal wirst. Von dem was ich mitbekommen hab, ist dieser Kult Hierarchisch aufgebaut. Solange du ihnen also irgendeine Geschichte aufgetischt hast, die halbwegs Sinn ergibt, dürften sie dich in frieden lassen. Dann kannst du ihnen auch mitteilen, dass du wieder zurück fahren willst. Auch hier kannst du ihnen auftischen was du willst. Ich bin es der ihre Aufmerksamkeit einnehmen wird."
      Während seiner Erklärung, legte Aradan seinen schwarzen glatten, äußerst hochwertig aussehenden Mantel ab, welcher dann während dem Fall zum Boden in unzählig vielen kleinen Partikeln verschwand. Nun in einem engen schwarzen Oberteil und einer schwarzen Hose dort stehend, hockte er sich hin und malte einen ziemlich komplexen Bannkreis auf den Boden, während er fortsetzte
      "Wenn keiner Verdacht hegt und dir die Rückfahrt gestattet, steht dir dein Weg vollkommen frei. Du kannst zur Gruppe zurück oder auch nicht. Doch falls du dich dafür entschließen solltest, erzähle ihnen bitte von meiner Entführung und dass sie sich nicht sorgen brauchen. Ich bin mir sicher dass sie den Rest ohnehin ohne meinen Rat ausarbeiten werden."
      Dann stand er wieder auf, ging ein paar Schritte zurück und stemmte seine Fäuste an seine Hüften. Zufrieden nickend richtete er eine Hand auf den Kreis um Elraya zu bitten hinein zu gehen.
      "Bitte. Sobald du hinein gehst, schließe deine Augen und sobald du sie wieder öffnest, wirst du wieder auf dem Boot sein. Und wenn du dort bist, wird sich dein Körper anders anfühlen. Für genau eine Stunde wirst du dich unbesiegbar fühlen. Deine Reflexe werden so scharf sein, dass es dir ein Kinderspiel sein wird eine Fliege aus der Luft an den Flügeln zu fassen. Deine Kraft würde die Valteri's gleich kommen und deine Haut wird hart genug sein um starke Schläge abzuwehren ohne sie zu bemerken."
      Es war ein kleines Geschenk für ihre tüchtige Hilfe und auch um ihr jeden Weg zu eröffnen den sie selbst gehen wollte. Er hoffte nur dass ihr diese Fähigkeiten nicht zu Kopf steigen werden.
    • Das einzige Anzeichen, dass Elraya zuhörte, waren die Falten auf ihrer Stirn, die sich zusehends bildeten und die zeitgleich auch Beweis dafür waren, wie viel Mühe sie sich dabei gab, Aradans Worten zu folgen. Sie verstand so ungefähr ihren Zweck, konnte sich zumindest ausmalen, was sie glaubte, dass er von ihr verlangte, aber er erläuterte es so deutlich, dass sie Schwierigkeiten hatte, mit der schieren Anzahl an Wörtern mitzukommen. Berek und Lodoz hatten alles immer sehr knapp formuliert, was sie von ihr wollten und dann hatte sie sich daran halten können. Aradan erwartete anscheinend von ihr, dass sie sich an der Planung beteiligte.
      "Äh... ja. Okay. Habe ich ähm... verstanden."
      Sie runzelte noch einmal stärker die Stirn, während sie darüber nachdachte, ob sie versuchen sollte, auch etwas beizutragen, sah dann aber selbst ein, dass das vergebliche Mühe gewesen wäre. Aradan würde sie schon irgendwie korrigieren, wenn sie etwas falsch machen würde - wie auch immer diese Korrektur bei seinem schlafenden - oder nicht schlafenden - Körper aussehen mochte.
      Sie nickte bekräftigend und trat in den Kreis. Zumindest diesen Teil hatte sie zweifellos verstanden.
      "Ich hoffe, das wird 'ne angemessene Entschädigung geben. Ich riskier' hier mein Leben für dich, Weißhaar."
      Dann schloss sie die Augen und wartete darauf, dass seine Kräfte sie ergreifen würden.

      Anstatt eine merkliche Veränderung, hörte sie nur eine Sekunde darauf das Rauschen des Wassers und obwohl sie fest damit gerechnet hatte, irgendeine Veränderung zu spüren, fühlte sie sich kein bisschen anders. Erst, als sie die Augen aufschlug, sah sie, dass sie tatsächlich zurück auf dem Boot war, auf dem Boden lag und die Hände erneut gefesselt hatte. Der kurze, merkwürdige Ausflug war vorbei.
      Sie richtete sich auf und robbte ein Stück zur Wand, um sich mit deren Hilfe auf die Beine kämpfen zu können. Erstaunlicherweise ging das ohne jegliche Mühe, denn ihr ganzes Gewicht schien sich auf das einer Feder reduziert zu haben. Sie sprang auf die Beine und blickte auf Aradan hinab.
      "Du hast 'nen Knall, Weißhaar."
      Sie wartete einen Moment auf seine Reaktion, aber er rührte sich wieder nicht, so wie vorher. Dann war also diese komische Sache von wegen Zwielicht und anderer Körper, oder was auch immer das gewesen war, wahr: Er war wieder so leblos wie ein Toter.
      Sie wandte sich ab und machte sich daran, die Seile zu lösen. Sie konnte sie nach zwei Sekunden durch reine Willenskraft auseinanderreißen.
      "... Was zur verschissenen Hölle?"
      Sie starrte auf ihre befreiten Hände hinab, an denen sie nichtmal die Abdrücke der Seile erkennen konnte, und riss dann auch ihre Fußfesseln auseinander. Es war nicht schwieriger, als Papier zu zerreißen.
      "Huh. Ist ja gar nicht mal so schlecht."
      Sie sah sich um, um diese neu erworbenen Kräfte an etwas anderem auszuprobieren und entschied sich dann dazu, einfach dem Plan zu folgen oder zumindest dem Teil, den sie glaubte verstanden zu haben. Sie riss die Tür auf und trat nach draußen.
      Die Tür knallte mit einem Krachen gegen die Holzwand dahinter, welche das Holz zu Teilen splitterte, und ließ die drei Männer herumwirbeln, die sich auf dem kleinen Deck davor gesammelt und getratscht hatten. Alle drei starrten mit einer gewissen Verblüffung auf die Rothaarige, aber nur Elraya schien wirklich erstaunt über ihr Auftreten.
      "Man, ist ja der Wahnsinn! Seht euch mich an, ich bin ein absolutes Muskelpaket! So wie Valterri aber nicht so riesig."
      Sie breitete die Arme aus, als wolle sie den Männern beweisen, wie stark sie in den letzten Sekunden geworden war, als sich Edros bereits auf sie stürzte. Er bekam ihr Handgelenk zu fassen und wollte sie herumreißen, um ihr die Arme zu verdrehen, als sie sich mit einer einfachen Bewegung von ihm losriss und die geballte Faust in sein Gesicht donnerte. Sie konnte deutlich spüren, wie das Fleisch unter ihren Knöcheln eingedrückt wurde und die filigranen Schädelknochen dahinter zersplitterte, welche kaum einen Widerstand gegen Elrayas rasende Faust boten. Erst zuletzt schnellte Edros' Kopf nach hinten, begleitet von seiner fliegenden Lockenpracht, als Elraya schon fausttief in seinem Gesicht gewesen war. Als er nach hinten fiel, von der Wucht des Schlages angetrieben, war sein Gesicht so weit eingedrückt, dass fast schon ein Loch darin entstanden war.
      Elraya starrte darauf und auf ihre Hand und stieß ein Jauchzen aus.
      "Der Wahnsinn! Das ist ja der absolute Wahnsinn! Ich bin ein Gott! Niemand kann mich aufhalten!"
      Sie stürzte sich auf die anderen beiden Männer, die mit erschütterndem Grauen auf das verunstaltete Gesicht ihres Kameraden starrten und riss sie zu Boden. Dem einen zerquetschte sie den Hals einzig und allein dadurch, dass sie fest genug zudrückte, und dem anderen rammte sie ihren Dolch durch die Brust. Allerdings war sie keineswegs darauf vorbereitet, so wenig Widerstand zu spüren, dass sie dieselbe Klinge auch in den Boden des Schiffs jagte, als sie den Mann durchschnitten hatte. Sie ließ los und zog ihre von Blut verschmierte Hand aus dem Leichnam heraus, der jetzt ein wahrhaftiges Loch in der Brust hatte.
      "Unglaublich! Das war ja einfach, viel zu leicht! Wer will es noch mit mir aufnehmen, hä?! Ich mach euch alle kalt!"
      Sie wirbelte mit ihrem Geschrei herum, aber bis auf den dunklen See und das entfernte Licht des Hafens gab es natürlich niemanden mehr. Dabei hatte Aradan ihr eine ganze Stunde versprochen.
      Sie starrte auf den Hafen, bevor sie die Männer mit nur einer Hand über den Bootsrand zog und ins Wasser platschen ließ. Dann ging sie zum vorderen Teil des Bootes, ergriff die beiden Paddel und begann, mit einer gewissen Kraftaufwendung zu paddeln. Sie war viel schneller unterwegs, als der Mann noch vorhin.
      "Ich werd' alle fertig machen! Keiner kann mich aufhalten! Ich mach sie alle kalt, den ganzen verschissenen Kult! Und dann auch noch alle scheiß Kreaturen, die sich mir in den Weg stellen! Ich mach sie alle weg!!"
    • Die Sorge in Aradan wuchs etwas als Elraya dem Kreis näher kam. Beinahe als hätte er sie im letzten Moment doch wieder zurück stoßen wollen um alles auf 10 Minuten zu reduzieren, doch blieb er stehen und entschloss sich nur zu beobachten.
      Es verging keine einzige Minute, da bereute Aradan schon seine Tat.
      "Tja. Habs dir ja gesagt. N einfacher Schutzzauber hätte es auch getan."
      Die Beiden beobachteten Elraya aus dem Zwielicht heraus, was so lange ging wie sie sich in einer gewissen Reichweite zu seinem Körper befand.
      "Ich hoffe nur sie hält sich an den Plan. Wenn einer diese Wunden sieht, wird man sich fragen wie eine Frau von ihrer Statur so etwas anrichten konnte.."
      Da lachte der Junge.
      "Dein ernst? Bist du wirklich so naiv? Hast du dir die Frau mal angeguckt? Frag sie wie sie geschlafen hat und sie ist überfordert damit ihre Gedanken zu ordnen und du meinst sie könnte einen spontanen Plan ausführen nachdem du ihr ne gehörige Portion Macht in den Hintern geblasen hast?"
      So vorlaut und unsensibel sein Zwielicht Gefährte auch war... unrecht hatte er nicht. Aradan musste sich eingestehen dass er zu sehr an sein übliches Gefolge gewohnt war und neuerdings mehr auf Renera fixiert war als dem eigentlichen Ziel. Sogar dass eine wahnsinnige wie Elraya mit in der Gruppe war, hätte er vor Renera wohl nie zugelassen, aus Angst dass die Zwillinge zu schaden kommen könnten.
      Der Junge seufzte nur als Aradan wieder seine grübelnde Mine aufsetzte.
      "Na schön von mir aus."
      Er hielt Aradan seine Hand hin und wartete.
      "Dass du mir jah nicht unseren Pakt vergisst Bursche!"
      Aradan zögerte, lies sich aber darauf ein und ergriff die Hand ehe er im nächsten Wimpernschlag ebenso auf dem Boot seine Augen weit auf riss, die Luft scharf auf sog und stark zu husten begann. Nach all der Zeit war seine Kehle ganz trocken, worauf er erst einmal klar kommen musste und sich das nächst beste an Proviant griff, welches die Kultisten in der Kajüte gelagert hatten.
      Sofort trank er aus einem Trinkschlauch ohne vorher daran zu riechen, was ihn nur noch mehr zum husten brachte. Auf einem trockenen Hals hochprozentigen Alkohol zu kippen galt für Aradan nun als äußerst einprägende Erinnerung, dies nie wieder zu tun.
      Als er dann aber endlich wieder die Fassung bekam, stand er leicht wankend auf. Seine Arme und Beine fühlten sich an als hätte er sie für Monate nicht bewegt.
      Prüfend tastete er sich selbst ab, bemerkte dabei aber nur ein schwarzes Zeichen auf seiner Handfläche. Es war die des Jungen. Natürlich hatte der Knirps sich abgesichert.. Ein Bannspruch, welchen er wohl beim Handschlag mit Aradan wirkte. Aber das sollte eine Sorge für andere Tage werden. Nun galt es erst mal die Kajüte zu verlassen und schwankend im Rahmen stehen zu bleiben, welcher zuvor noch eine Tür in den Angeln hatte.
      "Beruhig dich Elraya.. Ich bitte dich."
      Wieder kam ihm leichter Husten auf.
      "Wenn du ein Massaker anrichtest, sorgst du nur für Aufsehen. Der ganze Kult würde Mobil machen und uns jagen. Glaub nicht dass sie mit deiner jetzigen Stärke nicht klar kommen würden. Physisch bist du nun den meisten Überlegen... doch bist du sehr viel empfindlicher für Magie und ich würde vieles darauf verwetten dass es in diesem Kult Magier gibt. Sogar diese 3 Idioten haben davon gesprochen."
      Eine kleine Welle brachte Aradan schon dazu Schwierigkeiten zu haben trotz halten des Türrahmens, noch aufrecht zu stehen, also setzte er sich hin und hielt sich mit einer Hand die Brust als würde diese schmerzen.
    • Elraya war noch nicht weit gekommen - obwohl Distanz in ihrem jetzigen, unbegrenzten Kraftzustand sowieso eher relativ war - als sie ein merkwürdiges Geräusch aus dem Inneren der Kabine hören konnte. Sie verlangsamte ihre Paddelschläge ein wenig, bis eine dunkle Gestalt aus der Tür gewankt kam. Elraya sprang bereits auf, um den Neuankömmling auch ihre Kraft spüren zu lassen, als sie mit einiger Ernüchterung Aradans Stimme erkannte.
      "Ach, du bist's. ... Bist du nicht eigentlich bewusstlos? Aber jetzt doch nicht? Ich dachte du kannst nicht aufwachen? ... Aber du warst ja auch schon wach, von dem her war das sowieso Unsinn. Dann hättest du ja die ganze Zeit schon wach sein können!"
      Sie plusterte sich empört auf, musste dann aber selbst einsehen, dass das sowieso nichts bringen würde. Sie waren auf einem Boot in der Mitte von Nirgendwo und die Lichter des Hafens hatten sie sicherlich schon bemerkt.
      "Ich denk' du hast einfach nur Angst. Willst dich drücken, hä? Ich hab' aber echt was drauf, ich werd' schneller sein, als die ihre komischen Zaubersprüche aufsagen können."
      Sie grinste, was er in der Dunkelheit natürlich nicht sehen konnte, dann nahm sie das Rudern wieder auf.
      "Aber ich werd' mich zurückhalten, ich versprechs dir. Wirklich. ... Vielleicht werd' ich nur ein bisschen Tumult machen. Ein ganz kleines bisschen? Das fällt doch bestimmt nicht auf."
      Sie grinste noch immer, während sie auf den Hafen zuruderte.

      Die Anlegestelle war winzig im Vergleich zu dem Hafen, den sie vor nicht allzu langer Zeit erst verlassen hatten. Es gab gerade mal fünf Stege und weil an allen bereits riesige Schiffe lagen, manövrierte Elraya das Boot mit Ach und Krach an die Hinterseite eines dieser Boote, wo sie mit dem Boot dagegen rammte und es schließlich halbwegs zum Anhalten brachte. Dann ging sie zu Aradan und versuchte ihm eine Stütze zu sein, wobei sie kichern musste.
      "Es geht bestimmt schneller, wenn ich dich tragen würde."
      Zu ihrer Enttäuschung lehnte Aradan ab. Gemeinsam stolperten sie über das Boot auf den Steg hinauf und gingen dort ein Stück nach vorne, wo bereits einige Menschen herumstanden - ob Wachen oder Zivilisten war in der Dunkelheit nicht auszumachen. Elraya musste sich im Zaum halten, sie nicht alle gleichzeitig umzunieten.
      "Kannst du spüren wo sie sind, Weißhaar? Ich hab' keine Ahnung, wo wir sie treffen sollten. Der Lockenkopf wusste bestimmt, wo der Treffpunkt ist, aber ich hab' nicht dran gedacht ihn zu fragen."
      Sie kicherte wieder bei der Erinnerung an ihre unglaubliche Kraft.
    • Als Aradan auf dem Boden des Bootes saß, wusste er nicht was er sich eher halten sollte, die schmerzende Brust oder den Kopf. Letzterer fing schnell zu brummen an als Elraya schon wieder anfing alles mit ihrer eigenartigen Logik zu malträtieren.
      "Bitte. Halt die Luft an okay? Ich habe verstanden dass dir das alles etwas zu viel ist also beschränken wir uns einfach darauf, dass es nun ist wie es ist okay? Verdammt ich brauch etwas zu trinken. Ich glaube mein Körper ist ziemlich dehydriert."

      Als das Boot dann ziemlich unsanft anlegte, hielt sich Aradan so gut er konnte fest, was dann glücklicherweise von Elraya unterstützt wurde. Aber direkt schreckte er auf.
      "Warte! Wir sind schon da? Verdammt! Wenn die mich wach sehen dann..."
      Er blickte schnell über die Schulter zum Hafen, konnte aber weder Leute vom Kult sehen, noch irgendwelche anderen auffälligen Personen. Bis auf einen ziemlich fassungslosen Hafenmeister und seinem jungen Laufburschen, blickten nur wenige vom Knall erschrockene Leute rüber.
      "Was zum? Hier sind keine von diesem Kult? Ich hatte gedacht dass wir hier von einer Truppe erwartet werden die uns für den weiteren Transport fertig machen. Aber hier ist... absolut niemand."
      Als Elraya ihm dann helfen wollte das Boot zu verlassen, wies er sie ab. Wenn es hier Niemanden gab den es zu täuschen galt, konnte er für sich selbst laufen und musste keinen Bewusstlosen spielen
      "Spüren? Nein ich kann niemanden Spüren. Es sei denn mein schmerzender Körper gehört dazu. Den kann ich nämlich sehr wohl spüren."
      Ab da ging es auch langsam auf den Steg, den Aradan zwar leicht wankend betreten konnte aber dennoch gut auf den Beinen blieb.
      Sofort kam der füllige Hafenmeister mit weißem Rauschebart und grimmiger Mine auf Beide zu und zeigte mit seinem Füllfeder auf die beiden demolierten Boote, die wohl schon mit Wasser voll liefen.
      "Erklärt das!! Dafür werdet ihr aufkommen!! Dass ich sowas noch erleben darf.. JUNGE!"
      Schrie dieser seinen Gehilfen entgegen, welcher schnell und hörig angesaust kam
      "Geh und hol mein Buch. Und auf dem Weg holst du direkt die Grenzwache. Nicht dass die Lausbuben sich aus dem Staub machen."
      Hastig nickte er und rannte los.
      "Bitte... Könntet ihr aufhören so rum zu brüllen?"
      Aradan hielt sich den Kopf und versuchte dabei so freundlich und zuvorkommend wie möglich zu wirken. Das war vermutlich noch immer besser als Elraya in ihrem Zustand reden zu lassen oder... Elraya allgemein reden zu lassen.
      "WAS?! Ich red so laut ich will Bursche! Du hast mich ein ganzes Boot gekostet. Der Besitzer wird mir die Hölle heiß machen und bevor ich das zulasse, mach ich dir die Hölle heiß!!"
      Nun packte Aradan sich unter den Kopfschmerzen schon mit beiden Händen den Kopf und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, da kam der Hafenmeister den letzten Meter auf ihn zu gestampft und packte ihn grob am Kragen.
      "Hat da wer nen Kater huh?! Besoffen mit nem Boot fahren. Ich garantiere dir, das wird die Grenzwache erfahren!"
      Aradan bemühte sich den Blickkontakt aufrecht zu halten und schüttelte leicht den Kopf
      "Ich bin nicht betrunken. Ich bin nur dehydriert. Ich brauche Wasser..."
      Doch nahm der Hafenmeister ihm kein Wort ab. Er roch sogar den scharfen Gestank von hochprozentigen Alkohol als Aradan ihm das Gegenteil versichern wollte.
      "Dir werd ich noch Manieren beibringen Bursche!"
    • Elrayas ruppige Ankunft ging nicht so leise vonstatten, wie sie es sich vielleicht erhofft hatte, und nur einen Moment später hatten sie schon die Aufmerksamkeit des Hafenaufsehers auf sich gelenkt, der wie ein wandelnder Kartoffelsack zu ihnen gestampft kam. Elraya runzelte die Stirn, stemmte die Hände in die Hüften und stierte ihn herausfordernd an.
      "Dir sollte auch mal jemand Feuer unterm Hintern machen du Fettsack! Was hältst du uns auf, hä? Wegen ein paar angeschrammten Brettern? Das ist nicht mehr als ein paar Kratzer, nichts, worüber du so rumbrüllen musst!"
      Aradan machte ihre Schimpftirade mit seinen komischen Bemerkungen auch nicht besser und beinahe wie es zu erwarten war, knöpfte sich der Hafenmeister ihn vor. Elraya amüsierte sich für einen Moment über den Anblick des Fettwansts, der Aradan beim Kragen gepackt hielt, dann entschloss sie sich dazu, dass es Zeit war einzuschreiten. Sie trat neben ihn, packte den Hafenmeister bei der Schulter und verpasste ihm eine Kopfnuss.
      Der Schlag beförderte den Mann von seinen Füßen und er fiel, schwer wie er war, zur Seite, wo er auch den letzten Halt verlor und mit einem lauten Platschen ins dunkle Wasser stürzte, dicht gefolgt von Aradan, dessen Kragen sich noch immer in seinen verkrallten Fingern befand. Elraya merkte zu spät, dass sie vielleicht ein Müh zu weit gegangen war.
      "Oh scheiße."
      Sie trat an den Rand des Stegs, wo der fette Bauch des Hafenmeisters verschwand und bereits nur noch kleine Luftbläschen aufstiegen. Nach einer kurzen Überlegung stürzte sie sich selbst ins Wasser.
      Ihre neue Stärke war auch unter Wasser ein äußerst nützliche Fähigkeit, denn sie schwamm mit einem kräftigen Zug nach unten und spürte das Wasser, das sie aufwirbelte, an ihr vorbeiziehen. Sie stieß in der Dunkelheit gegen einen strampelnden Leib, der ihr zu wabbelig schien um der von Aradan zu sein und schoss ein Stück weiter, bis sie glaubte, ihn entdeckt zu haben. Sie packte ihn am Kragen und fand im selben Moment heraus, dass sie auch gut nur mit ihren Beinen schwimmen konnte, die kräftig genug waren, um das Fehlen ihrer Arme auszugleichen.
      Sie kamen zurück an die Oberfläche und Elraya, die kaum ihren Atem vermisst hatte, sah sich gleich im Wasser um. Sie waren irgendwo in der Nähe des Stegs, aber mittlerweile wäre wohl der Gehilfe schon wieder da.
      "Hier lang - kannst du schwimmen?"
      Sie wartete einen Moment, um Aradan im Zweifel an ihren Rücken klammern zu lassen und schwamm dann voran an den Schiffen vorbei. Ihre Kraft war einfach der Wahnsinn, sie wurde kein bisschen müde und spürte kaum die Kälte des Wassers an sich. Trotzdem musste sie wegen Aradan langsam machen.
      Sie umschwammen die Anlegestelle, bis sie einen Bereich gefunden hatten, der nicht ganz so hell erleuchtet war wie der Rest der Stege und dort aus dem Wasser klettern konnten. Elraya schüttelte ihre Haare aus, als eine dunkle Gestalt sich vor sie schob.
      "Ist er das?"
      "Ah! Hä? Ich meine... ja! Hier ist er, wie ausgemacht. Wie verabredet. Hatten ein paar Konflikte, aber alles gelöst. Sind noch rechtzeitig hier."
      Sie versuchte in der Dunkelheit ein Gesicht zu erkennen, konnte aber nur eine Kapuze an der Gestalt ausmachen.
      "... Sollten ihn nicht eigentlich drei bringen? Was ist mit Arkil?"
      "Ja der, der wurde aufgehalten. Konflikte, sag ich ja. War ein ziemliches Problem aus der Stadt rauszukommen, wir mussten ein paar zurücklassen. Aber jetzt sind wir ja hier - ich bin hier, mein ich. Immer zu Diensten. Alles erledigt."
    • Ehe Aradan sich versah, landete er auch schon im kalten Wasser. Sein Verlangen einige Schlücke zu nehmen wurde immer größer, doch war ihm selbst in dieser Situation klar, dass das eine ganz dumme Idee gewesen wäre.
      Und warum sank er überhaupt so schnell? Es war die Hand des Hafenmeisters, die sich bei seinem schnellen unter gehen noch immer an seinem Stiefen gekrallt hatte. Für Aradan war es unmöglich sich dieses Gewicht wieder an Land zu bringen, oder zumindest an die Oberfläche.
      Für wahr.. Hier geschah tatsächlich überhaupt nichts nach Plan.
      Doch noch bevor er überhaupt einen klaren Gedanken fassen konnte, kam ihm schon Elraya zur Hilfe. Sie schwamm im ersten Moment so stark, dass Aradan trotz anhalten der Luft Schwierigkeiten hatte dem Druck des Wassers stand zu halten. Aber zum Glück bemerkte sie es und schaltete ein paar Gänge runter, hielt sich sogar daran nicht für unnötiges Aufsehen zu sorgen, so hatte er schon befürchtet, sie würde die Grenzwachen gewaltsam daran hindern ihre Pflicht auszuüben.
      Stattdessen versuchte sie dunkle Ecken zu nutzen um den aufmerksamen Gehilfen zu entfliehen, welcher somit auch die Grenzwachen nicht mehr gezielt lotsen konnte.
      Ganz klar würde Aradan diesen Tag nicht so schnell vergessen. Doch was Elraya dann tat, verschlug ihm tatsächlich die Sprache, denn wurden sie tatsächlich von diesen Kultisten gefunden. Aradan hätte in diesem Moment eine enorme Summe verloren, hätte er mit Jemanden drum gewettet dass Elraya sich noch an den Plan halten würde aber sie schaltete sofort und tat so als gehörte sie dazu. Keine unnötig komplizierten Erklärungen, keine Gewalt. In diesem Moment hatte Elraya ihn tatsächlich enorm überrascht.

      "Fünf..."
      Ertönte es kurz darauf. Eine weitere Person stieß dazu, das Schwert im Anschlag und mit einer auffallend anderen Kutte gekleidet. Sie war nicht so abgeranzt wie die derer, die sich auf dem Boot befanden. Zwar hatte der Mann den sie Arkil nannten einen Stoff an, der nicht wie ein Kartoffelsack aussah, doch war dieser bei weitem nicht so Edel wie der den sie nun vor sich hatten.
      Dieser machte viel mehr den Eindruck als wäre er von einem Schneider passend auf ihn zugeschnitten und wies auch die ein oder andere Verzierung auf. Entweder hatte dieser Mann einfach nur einen Modetick oder er stand ein paar Stufen über den Anderen.
      "Ich habe fünf Personen geschickt. Raus damit. Was ist mit den anderen vieren passiert. Ich will Details."

      Ein Glück. Aradan bemerkte sofort dass dieser Kerl keine Ahnung hatte ob die Personen Männer oder Frauen waren, bis auf diesen Arkil. So konnten sie nach wie vor auf einer Scharade setzen. Es galt nur ein wenig Improvisation anzuwenden. So stieß sich Aradan von Elraya ab, der sofort von einem Kultmitglied auf geholfen wurde, augenblicklich alle anwesenden Kultisten ihre Waffen zogen als sie bemerkten dass Aradan wach war und auch der unbekannte Anführer wich sofort einen Schritt zurück um sein Schwert zu ziehen.
      "Was habt ihr gedacht huh? Dass ich mich einfach so entführen lasse? Wäre euer Püppchen da nicht gewesen, wäre die Hölle über euch los gebrochen."
      Aradan sah zu Elraya und bettelte mit seinen Augen darum dass Elraya mit spielte
      "Dir werd ich es noch heim zahlen! Das nächste Mal unterschätze ich keine Frau mehr. Das nächste mal werde ich dich behandeln wie die anderen auf dem Boot!"

      Alle bemerkten wie schwach Aradan auftrat und entspannten sich wieder etwas. Hier und dort lachte sogar der ein oder andere vor Erleichterung ehe der Anführer brüllte
      "Schnauze! Haltet ihr das für nen Witz?! LOS die Dorit Fesseln."
      Sofort verstummte jede Stimme und schnell wurde das Verlangte ran getragen. Erst zögerten die Männer, doch unter dem scharfen Blick des Anführers, ergriffen sie Aradan und rangen ihn mit Leichtigkeit zu Boden um ihm erst die Hände hinter den Rücken zu legen und ihm dort Fäustlinge aus reinem Dorit anzulegen, die es ihm nicht nur unmöglich machten seine Hände in irgendeiner Art und Weise frei zu bewegen. Das hatte Aradan ganz klar nicht kommen sehen. Seil Fesseln um Handgelenke herum waren schon unangenehm aber Fäustlinge aus Dorit, welche ihm seine Hände komplett unbrauchbar machten, hatte er noch nie gesehen. Doch hörten die Fesseln damit nicht auf. Er bekam auch noch ein steinernes Halsband umgeschnallt, welches ebenso aus reinem Dorit bestand und eben dieses Halsband wurde im Anschluss an seinen Handfesseln geschnallt. So Eng dass er seine Arme nicht frei fallen lassen konnte, sondern bei Verlust von Kraft seinen Hals nach hinten ziehen würde.
      "Hngh...! G... Ganz schön übertrieben. Ist das echt nötig?"
      Fragte Aradan schon jetzt angestrengt. Da trat der Anführer auf ihn zu und blickte ihn kalt an.
      "Ich weiß was du bist."
      Da landete das Knie des Mannes im Magen von Aradan, welcher dabei wohl den Mageninhalt entleert hätte, wenn da einer gewesen wäre. Und bevor Aradan auf die Knie fallen konnte, riss der Mann Aradan an den Haaren aufrecht.
      "Ginge es nach mir.. Wärst du nun tot."
      Dann warf er Aradan zu Boden und blickte andere Kultisten an.
      "Los. Auf den Karren mit ihm. Der schafft den Weg zur Königsstadt nicht zu Fuß. Wir sind schon spät dran. Sputet euch!"

      Als sich plötzlich jeder in Bewegung setzte, wandte sich der Mann noch mal nach Elraya um und blickte auch ihr mit seinen kalten Augen ins Gesicht.
      "Du hast ihn überwältigt?..."
      Da schwieg er für ganze 10 Sekunden, als würde er Elraya in diesem Moment analysieren.
      "...Das wird dir der Kult nicht vergessen. In der Stadt werden Belohnungen auf dich warten Weib. Nennt mir euren Namen."
    • Unversehens dem vermeintlichen Boss gegenüber zu stehen, brachte nun auch Elraya ein bisschen ins Schwitzen. Berek war als ihr letzter Boss schon eine Nummer für sich gewesen, bei der man manchmal aufpassen musste dass man nicht falsch atmete, aber mit diesem Kerl von einem wandelnden Umhang hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wie sie sich verhalten sollte.
      Also tat sie das, was bei allen Männern Türen öffnen konnte: Sie zupfte an ihrem Hemd herum und stellte den feuchten Ausschnitt ihrer Brust zur Schau.
      "Ja, also, das war eigentlich richtiges Pech. Wir haben auf die Ablenkung gewartet, so wie ausgemacht, und als sie dann aber da war, haben wir uns auch gleich auf den Weg gemacht, nur war der Kerl doch noch bewacht!"
      Sie dachte an Jarku, sicherlich war er den Männern irgendwie über den Weg gelaufen.
      "Wir mussten dann also ihn erst umlegen, was eeecht viel Zeit gekostet hat, bis wir ihn dann überhaupt erst verfrachten konnten und dann auch noch das ganze Chaos auf den Straßen! Wie will da einer vernünftig mit dem Wagen durchkommen? In Soldaten sind wir dann auch noch gefahren und wir haben kein Aufsehen erregt - wirklich nicht! - aber die wollten halt wissen, wo wir lang wollen und was wir dabei haben und da hat Arkil sie erst davon überzeugen müssen, dass wir nur unser Hab und Gut retten wollen. Und dann ist der Kerl auf dem Boot noch aufgewacht! Das war vielleicht ein Gemetzel, sag ich euch."
      Zu ihrem Glück meldete sich Aradan in diesem exakten Zeitpunkt und bekräftigte ihre Aussage mit einem - wie Elraya zugeben musste - äußerst bedürftigen Schauspiel. Aber sie spielte mit. Lügen war für sie schließlich nie ein richtiges Problem gewesen.
      "Uh-huh. Hab' ihn umgenietet, als er nicht aufgepasst hat. Niemand legt sich mit mir an. Da war's aber halt für die anderen zu spät."
      Sie plusterte sich vor falschem Stolz, der gar nicht mal so weit hergeholt war, auf und zeigte den Männern ihr bestes Grinsen. Das schien sie nun endlich von der Geschichte zu überzeugen, denn sie widmeten sich gleich darauf Aradan, den sie recht schnell und effektiv überwältigten. Elraya sah mit einem gewissen Interesse zu, das auch nicht sehr weit hergeholt war - die Fesseln sahen schon interessant aus. Vielleicht könnte sie sie ja auch nutzen? Sie wirkten jedenfalls, als könnten sie gut standhalten.
      Um Aradan selbst sorgte sie sich weniger, nachdem es schließlich sein Plan gewesen war. Abgesehen davon konnte er sich ja jederzeit wieder an diesen anderen Ort begeben, von dem her war es wohl nur eine Unannehmlichkeit für ihn.
      Nachdem Aradan erledigt war, wandte der Mann sich wieder Elraya zu, die ihm noch immer ihre Brust präsentierte. Sie bestätigte seine Frage mit einem Nicken.
      "Uh-huh. War nicht einfach, aber ich hab schon schlimmeres erlebt."
      In der kurzen Pause, die danach entstand, war sie beinahe der festen Überzeugung, etwas falsches gesagt zu haben, als er sie doch unschuldig nach ihrem Namen fragte - und ihr etwas von einer Belohnung erzählte. Da wurde sie gleich ganz hellhörig, ganz lebhaft wie unmittelbar wachgerüttelt und weitete die Augen vor wachsender Vorfreude. Eine Belohnung. Natürlich würde sie nicht nein zu einer Belohnung sagen.
      "Das will ich auch hoffen! Ich heiße El - ähh - Pria.
      El Pria. Ist ein Spitzname, so wie El... Aradan. Sie - Ihr wisst schon. Ist was ausländisches."
      Sie grinste breiter und trat einen Schritt auf ihn zu.
      "Soll ich helfen bei der Fracht? Ich könnte gleich mit in die Stadt fahren. Auf ihn aufpassen und so. Ich hab' ihn einmal überwältigt, ich könnt's wieder schaffen.
      "


      Währenddessen...

      General Szeth Peamut der III. war in den Ruhestand versetzt worden.
      Natürlich gab es im Militär so etwas wie einen Ruhestand nicht. Mit dem Eintritt verpflichtete man sich, seinem Land bis ans Ende seiner Tage zu dienen oder alternativ, bis man körperlich - oder auch geistig - nicht mehr fit genug war, um seinen Dienst auszuführen. In diesem Fall wurde man aber in der Regel auch nicht einfach so entlassen, sondern lediglich in den Ruhestand versetzt, so wie es bei General Peamut der Fall war.
      Er war mit seinen Anfang 60 alt genug, um nicht nur an Altersschwäche zu sterben, sondern auch noch wie seine Vorgänger in die Politik einzutreten, etwa als Botschafter, Diplomat, vielleicht sogar Dolmetscher, was auch immer gebraucht werden sollte. Aber dann würde er auch seinen Stand als General verlieren und obwohl er in seinem langen Leben genügend Abzeichen gesammelt hatte, um damit eine ganze Wand zu schmücken, war ihm doch der Titel das wichtigste aller Abzeichen. General Peamut. Botschafter Peamut hörte sich wie der alte, verkommene Mann an, der er nicht sein wollte.
      Dementsprechend beschränkten sich seine Tätigkeiten allerdings nur noch auf das, was bei ihm auf dem Schreibtisch landete. Er hatte seine Hände überall im Spiel, ein bisschen bei den Finanzen, ein bisschen bei der Rekrutierung, ein bisschen bei der militärischen Aufstellung, aber er war eben nicht mehr persönlich vor Ort. Mittlerweile gab es irgendeinen Oberoffizier, der in seinem Namen herumritt und nach dem Rechten sah. Der Oberoffizier war Mitte 30 und würde vermutlich eines Tages seinen Platz einnehmen, so wie er es auch bei seinem Vorgänger getan hatte. Der Kreislauf ging weiter und er war darin nur noch eine letzte Schraube, die es auszuwechseln galt, weil sie langsam anfing zu rosten.
      Es klopfte an die Tür und er lehnte sich in seinem hochaufragendem Sessel zurück. Er war vor drei Jahren in den Ruhestand eingekehrt, hatte sich allerdings noch immer nicht daran gewöhnt, den ganzen Tag nur zu sitzen. Wenigstens hatte ihm sein Arzt noch nicht verboten, den Trainingsplatz aufzusuchen.
      "Herein."
      Die Tür öffnete sich, der Bote trat ein, nahm Haltung an und salutierte. Er war vielleicht Anfang 20. Heutzutage wurden alle Soldaten immer jünger.
      "Ja?"
      "Der Bericht, mein Herr."
      General Peamut blinzelte. Er konnte sich an keinen Bericht erinnern.
      "... Von Shegar, mein Herr. Offizier Vielz kündigte bereits an, dass er Euch interessieren könnte."
      Ach, die Sache von vor ein paar Tagen, irgendein gewöhnlicher Dienstbericht. Er hatte es schon wieder völlig verdrängt. Normalerweise kümmerten sich Offiziere um sowas.
      "Gib mir die Kurzfassung."
      Der Mann nickte. Alle Boten hatten ein ganz herausragendes Gedächtnis, um alle Einzelheiten wiedergeben zu können.
      "Es handelte sich bei der Patrouille um das Aufspüren einer Banditengruppe, die an die Rüstungen von Soldaten gelangt waren und sich als solche ausgaben. Zum Zeitpunkt des Berichts war dieser Vorfall noch unaufgeklärt, mittlerweile sind sie gefunden worden, soweit ich es weiß. Die Patrouille umfasste fünf Köpfe.
      Sie haben auf dem Weg unter anderem Kontakt mit einer Zivilistengruppe gehabt, welche Kavalleristin Elquin - eine der Soldaten - gekannt hatte, zumindest ein paar von ihnen. Es waren insgesamt sieben, darunter Kinder. Die Patrouille bot ihnen für zwei Tage Geleitschutz und ist dann weiter ins Landesinnere vorgedrungen.
      Von den Zivilisten gibt es eine Person, deren Beschreibung Offizier Vielz bekannt vorkam. Er hat weißes Haar, auffallend blaue Augen und ist etwa Ende 20. Eine nähere Befragung hat ergeben, dass besagter Mann Aradan Elric heißt und aus Melora stammt. Offizier Vielz bittet um Aufklärung darüber, ob diese Entdeckung relevant sein könnte."
      General Peamut runzelte die Stirn.
      "Elric? Ist doch derselbe Name wie von unserem meloranischen Schmied, oder nicht? Aber der hat keine Kinder."
      "Kavalleristin Elquin ist der festen Überzeugung, dass es sich um Aradan Elric handelt, einem Mann aus Melora. Vielz glaubt, dass es sich dabei um Aradan Melora handeln könnte."
      Der Bote musste nicht extra erläutern, um wen es sich bei Aradan Melora handelte. Der Waisenjunge, den sie vor fast zwanzig Jahren aus Melora mitgenommen hatten und der später in der Stadt verschwunden war, war kurzerhand auf Melora getauft worden. Derselbe Junge, der womöglich eine Verbindung zu Quin darstellen konnte, dem Mitglied das Wolfstruppe, von dem es hieß, dass er in Melora einen Schüler angenommen haben sollte. Er war die heißeste Spur zur Truppe und trotzdem war diese Spur so kalt, dass man sie kaum als eine solche bezeichnen konnte.
      Aber womöglich gab es jetzt einen neuen Hinweis.
      "Weiß man, wohin sie gezogen sind?"
      "Nach Arasis. Es gibt eine Verwandte in der Gruppe, die die gleichsame Mutter besuchen möchte. Ein paar Nachforschungen haben ergeben, dass es sich um eine ehemalige Soldatin handelt, die vor zwölf Jahren desertiert ist. Das Kopfgeld steht noch aus."
      "Gibt es eine Zeichnung von ihr?"
      "Sicherlich."
      "Dann will ich, dass das Kopfgeld wieder eingesetzt wird, wenn das unsere Chance erhöht, den Mann zu finden. Ich will ihn sprechen, auf die eine oder andere Weise."
      "Soll ich einen Haftbefehl ausführen lassen?"
      "Noch nicht, nur, falls er sich weigern sollte. Er könnte meine erste Spur seit 15 Jahren auf diese vermaledeite Truppe sein, ich brauche ihn unbedingt - lebendig, bloß nicht tot!"
      "Verstanden, mein Herr."
      Damit verabschiedete der Bote sich und ließ den gealterten General alleine, in dem sich die winzige Hoffnung entfachte, doch wieder für einen letzten Dienst seinen Ruhestand verlassen zu können.
    • "Hmm..."
      Der Mann hörte verhalten zu. Er blieb auch nur die ganze Erklärung über stehen um der Frau minimal Respekt entgegen zu bringen, sollte es stimmen, dass sie Aradan überwältigt hatte. Als ihre Art die Geschichte zu erzählen aber sehr lästige Züge annahm, lenkte er sich schon damit ab eine kleine Dose hervor zu zücken und zwei Pillen aus dieser hinaus zu nehmen. Jeder der darauf achtete, konnte sehen wie dessen Hände leicht zitterten und ein paar Versuche nötig waren bis er sie endlich in den Fingern hatte und sofort zum Mund führte.
      Daraufhin schluckte er sie jedoch nicht runter, sondern zerkaute sie und wirkte danach direkt sehr viel ruhiger und auch das Zittern hörte augenblicklich auf. Ebenso wie die Erklärerei der Frau, was sehr begrüßt wurde. Zugehört hatte er ihr dabei jedoch kaum. Aradan war auf dem Wagen. Das reichte ihm.
      "Gute Arbeit .... "
      Er legte ihr die Hand auf die Schulter und stockte für einen Moment.
      "... Gute Arbeit"
      Folgte nach einem weiteren klapps auf die Schulter ehe er sich umdrehte und sich um alle Vorkehrungen kümmerte, beziehungsweise sich vergewisserte dass alles richtig gemacht wurde. Sein Zögern hatte nichts anderes zu bedeuten als dass er ihr nicht zugehört hatte und für einen Moment versucht hatte sich an den Namen zu erinnern, den sie Sekunden davor genannt hatte.

      Alles was folgte war seine Stimme in kurzer Entfernung die jedes stehende Mitglied zusammen schnauzte und mit Lohnkürzungen drohte wenn sie sich nicht nützlich machten.
      Aradan wurde derweilen komplett bewegungsunfähig auf den Wagen verstaut und an Händen und Füßen erneut mit Ketten an eiserne Scharniere befestigt, welche fest am Wagen genagelt waren. Dieser Wagen wurde scheinbar für den Transport von Menschen gebaut, oder gar nur für den Transport von Aradan.

      Auf Elraya kam kurz darauf noch ein Kultist zu, welcher ihr die Zügel eines Pferdes in die eine und eine schwer bepackte Tasche in die andere Hand drückte.
      "Nimm. Wird bald weiter gehen. Weißt ja, der legt immer nen Tempo vor als würd man vor etwas fliehen..."
    • General Peamut

      Der General machte sich am Morgen des nächsten Tages auf den Weg.
      Sein Büro lag im Westturm, einem quadratischen Nebengebäude des Palastes, das zum Haupthaus verbunden war und eine Aussicht auf den Innenhof genoss. Der General musste besagten Innenhof durchqueren, die Halle des Hauptgebäudes betreten, über den Vorplatz und durch den Torbogen hindurch, bevor er das kleine Gebäude erreicht hatte, das die Schmiede ausmachte.
      Der Schmiedeofen war ein gewaltiges Monstrum, ein Gebilde in sich selbst, das den restlichen gewaltigen Bauten des Palastes in nichts nachstand. Es war stets ein ausreichender Kohlevorrat für einen ganzen Monat vorhanden und genug rohes Erz, um eine halbe Bastion damit versorgen zu können. An Ressourcen mangelte es dem Schmied wahrhaftig nicht und das zeigte er auch regelmäßig in seinen zuverlässigen Lieferungen.
      Der General blieb am Rande der Schmiede stehen, begleitet von zwei Wachmännern, die in ihren Uniformen abwesend dreinblickten. Er brauchte keinen richtigen Schutz, wer ihm etwas anhaben wollte, wäre nicht dumm genug, ihn in seinem eigenen Element zu provozieren, aber sie dienten der Autorität. Die eigenen Abzeichen an der Jacke des Generals waren nicht ausreichend, um seinen Stand zu verdeutlichen.
      Er hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und nahm Haltung an, ein unbewusster Reflex seines Körpers, der zu seiner Lebtage nichts anderes kennengelernt hatte als das Militär. Er war in diesem Sinne die Ausgeburt des militärischen Ideals, ein Soldat bis hindurch zu seinen Knochen, nichts anderes war er gewöhnt, nichts anderes hatte er jemals gelernt. Jede Faser seines Körpers war darauf getrimmt, die Exekutive des Gesetzes darzustellen.
      "Herr Elric. Auf ein Wort?"
      Der Schmied hatte ihm den Rücken zugewandt. Etwas anderes kannte er von ihm gar nicht.
      "Vielleicht irgendwo, wo es nicht so... offen ist?"
      Er mochte die neugierigen Ohren der Patrouillen nicht. Selbst er, als Teil des Systems, war sich darum bewusst, dass einem gelangweilten Soldaten kein Fressen zugeworfen werden sollte.
      Also betraten sie die Rüstungskammer, wo es nach geschmolzenem Eisen, Rüstungspolitur und Feuer roch. Jede Woche kam ein Offizier vorbei, um den Bestand aufzunehmen und Bestellungen entgegen zu nehmen, aber nach der Anzahl der Rüstungen zu schließen, war der Offizier diese Woche noch nicht dort gewesen.
      General Peamut ging hinein, besah sich eine Brustplatte und fuhr mit dem Finger über die Ränder. Sie war in ihrer Verarbeitung makellos, ein wahres Meisterwerk. Auch hier war er nichts anderes von dem Schmied gewöhnt.
      "Ausgezeichnete Leistung. Deine Arbeit hat nicht abgenommen, wie ich sehe."
      Der kurze Smalltalk blieb tatsächlich kurz gehalten, nachdem keine der beiden Parteien besonders erpicht darauf zu sein schien, mit der anderen zu reden. Marudan Elric schien grundsätzlich etwas gegen Smalltalk zu halten und der General fühlte sich in seiner Würde verletzt, wenn er Aufgaben nachging, die ganz eindeutig einem Offizier zuzuschreiben wären - oder sogar einem Wachmann. Daher hielt er sich auch nicht lange damit auf und drehte sich zu dem Schmied um.
      "Ich werde eine Frage stellen und möchte darauf eine möglichst ehrliche Antwort bekommen. Eine direkte Antwort, wenn es möglich ist."
      Er zögerte einen Moment, um die Worte richtig zu wählen. Es ging weniger um die Antwort selbst, sondern vielmehr um eine mögliche Reaktion.
      "Wo habt ihr das letzte Mal Aradan Melora gesehen?"
    • Schreie, Hilfegesuche, brennende Häuser und schemenhafte Gestalten die einst Familie und Freunde waren. Das waren die die ersten Gedanken die dem alten Schmied aus Melora jeden Morgen beim erwachen verstörten und das Herz schneller schlagen lies. Zumindest bis seine Frau ihn beruhigte und ihm ein Glas Wasser reichte. Eine Prozedur die Marudan und Reona Elric seit dem schicksalhaften Tag jedes Mal aufs Neue durchleben.
      Mit jedem Jahr, dass die Familie nun schon in der Königsstadt lebte, brauchte Marudan länger um zu realisieren, dass seine Alpträume längst verjährt sind. Ganze 4 Minuten brauchte der Schmied um sein Herz wieder langsam schlagen zu lassen und seine Schweiß gebadete Haut wieder trocknen zu lassen.
      Da ging es Reona etwas besser. Ihr Feuer und Interesse in der Kräuterkunde ist im Vergleich zur Zeiten von Melora zwar nur noch eine kleine Glut, doch reichte es aus um den Anforderungen der Stadt zu entsprechen um Kriegswunden zu versorgen und Salben für Erkrankungen zu erstellen.
      Anders als ihr Mann, war sie schon immer felsenfest davon überzeugt, dass Aradan nicht in den Straßen der Stadt verstorben war, sondern dass er seinen Weg hinaus geschafft hatte. Sie klammerte sich so sehr an diesen Gedanken, dass absolut kein Platz für den geringsten Zweifel war.
      Marudan hingegen lies schon viel zu Früh die Saat der Sorge in sein Herz, welches er nach außen hin vorgab nicht zu besitzen. Und so gedeihte aus dieser Saat über all die Jahre eine kleine schwarze, dornige Pflanze die ihn täglich etwas mehr vergiftete.
      Von diesen grundsätzlich verschiedenen Ansichten gepeitscht, kam es zwischen den Beiden sehr oft zu hitzigen Streitgesprächen. Sie konnten das Thema nie abschließen und würden es wohl auch nie können. Das Einzige was sich beide Schworen war, dass sie das Thema nie wieder ansprechen würden um wenigstens noch einander zu haben.
      Immerhin wurden sie in der Stadt sehr gut behandelt. Sie wurden bezahlt als wären sie niedere Adelige. Es gab reichlich zu trinken, zu essen und auch wenn mal ein Werkzeug kaputt ging, rannte direkt einer von Marudan's vielen Helfern los um ein Neues zu besorgen.
      Für Reona sah das nicht anders aus. Sie leitete einen großen Krankenflügel mit 4 Ärzten unter ihr. Vollkommen egal worum es ging, es wurde bereit gestellt.

      Auch der heutige Tag verlief wie all die Anderen. Marudan erwachte nach seinen Alpträumen, Reona beruhigte ihn und sie machten sich für ihre Aufgaben des Tages bereit ehe sie sich verabschiedeten.
      Für Marudan hies das nun schon seit 2 Jahren nicht mehr selbst die Schmiede anzuheizen oder die neuen Lieferungen entgegen zu nehmen. Darum kümmerten sich nun 3 neue Angestellte die dem mittlerweile rüstigen Schmied seine Arbeit erleichtern sollten. Anfangs missfiel ihm die Kontrolle über manche Dinge abzugeben, doch als er sich daran gewöhnt hatte, fiel ihm der Tag tatsächlich leichter. An manchen Tagen musste er sich sogar nur um die Ausrüstung der Königswachen, sowie dem Elitesoldaten kümmern, welche bei weitem nicht so viele waren wie die der üblichen Soldaten. Aber vermutlich war auch genau das der Grund für all die Angestellten und Hilfsschmiede. Damit Marudan noch bessere Ausrüstung für die Obrigkeit kreieren konnte.
      Doch hatte dieser Tag zu seiner Mittagszeit tatsächlich eine Überraschung auf dem Plan. Eine die Marudan nicht unbedingt freudig entgegen sah, da er sich sofort bei dessen Anblick mit der quälenden Vergangenheit konfrontiert sah. Die Rede war von einem Besuch des ehemaligen Generals Peamut.
      Vermutlich ging es wieder um irgendeine besondere Aufgabe. Etwa ein Zeremonieschwert zu schmieden, oder einem adeligen Jungspund seine erste Rüstung anzufertigen... was in seinen Augen die reinste Verschwendung war. Aber als Marudan dann unter vier Augen gesprochen werden wollte, spannte er sich direkt an und folgte dem Besucher.
      Beinahe rechnete er mit einer äußerst schlechten Nachricht. Vor allem als Peamut anfing über die Qualität seiner Ware zu reden, also verschränkte er seine Arme vor sich.
      "Ist etwas mit meiner Frau? Worum geht es wirklich?"
      Fragte er mit seiner kratzig tiefen Stimme um das Geplänkel zu vermeiden.
      Da wurde Marudan auch schon auf eine kommende Frage vorbereitet. Ein Glück. Hätte der General seine Frage direkt gestellt, wäre es ihm unmöglich gewesen sein Gesicht zu Stein werden zu lassen. So stand Marudan erst nur da ehe er die Arme lockerte und seine Hände an die Hüften stemmte.
      "Aradan Melora?..."
      Ein kurzer Blick zur Seite sollte dem General vermitteln dass Marudan am nachdenken sei.
      "..Etwa dieser Bengel auf der Kutsche von damals? War der selbe Tag. Oder nein. Kann sein dass ich ihn mal in einer Gasse sah als ich zur Schenke wollte. Ist Jahre her. Warum? Was hab ich mit dem Bengel zu tun?"
      Fragte er eindringlich, als würde ihm das Gespräch schon jetzt auf die Nerven gehen. Dabei versuchte er in diesem Moment nichts mehr als eine Botschaft, dass er irgendwo gesichtet wurde. Doch wie sollte er in einem solchen Fall nur reagieren? Marudan musste alle Kraft zusammen nehmen um auf jede mögliche Antwort gleich kalt wirken zu können.
    • General Peamut

      Marudan Elric war so hart wie das Erz, das er verflüssigte. Wenn er kein Schmied geworden wäre, hätte er vermutlich eine recht erfolgreiche Karriere im Militär anfangen können mit seiner kräftigen Körperstatur, dem eindringlichen Blick und der felsenfesten Haltung. Allein der Stand trennte die beiden Männer voneinander, aber trotzdem hatte General Peamut Respekt vor ihm, so wie der Jäger den Wolf fütterte, um selbst nicht gefressen zu werden. Nicht, dass Marudan ihm Angst bereitet hätte - ihm, einem richtigen Adeligen von Stand gegenüber einem Dorfschmied - aber manchmal war es eben nichts verwerfliches, auf seinen Instinkt zu hören.
      Und Szeths Instinkt sagte ihm, dass der Wolf schlief. Noch.
      "Ihr habt den selben Herkunftsort, das habt ihr gemein. Ich muss dir wohl nicht erzählen, dass Melora damals untergegangen ist. Ihr drei - du, deine Frau und der Junge - könntet die einzigen überlebenden Meloraner sein. Ist das nicht Grund genug, den Jungen - oder eher Mann - zu finden? In Gedenken an Melora?"
      Es war Schwachsinn, was Szeth von sich gab, natürlich war es das, aber wenn die Soldatin im Bericht recht gehabt hatte und der Junge tatsächlich Marudans Sohn war, musste er alles versuchen, um diese Neuigkeit herauszukitzeln. Und was würde er tun, wenn es stimmte? Nun, er würde dem Schmied erlauben - nein, er würde ihm befehlen, seinen Sohn zu suchen, natürlich unter Beobachtung. Mittlerweile gab es wohl genug Helfer, um die Schmiede aufrecht zu erhalten.
      Er drehte sich erneut nach den Rüstungsteilen um, diesmal nach einer Armschiene, die im guten Winkel zu Marudan an der Wand hing, um ihn aus dem Augenwinkeln beobachten zu können. Auch hier fuhr er über den Rand, bevor er in die aufkommende Stille bemerkte:
      "Wir glauben, dass er in Isnijan gesehen wurde. Weiße Haare, blaue Augen, so sah der Junge doch aus, oder? Es gibt nicht viele junge Männer mit weißen Haaren, das würdest du wohl auch zugeben, oder?"
      Er drehte sich wieder halb zu Marudan, täuschte vor, ihn jetzt erst wieder anzusehen, obwohl er ihn die ganze Zeit schon beobachtet hatte.
      "Wärst du dazu imstande, ihn zu identifizieren, wenn du ihn siehst? Mir zu sagen, ob er es ist? Vielleicht war es auch nur eine Fehlsichtung. Die Leute bilden sich gerne etwas ein, um ihr Leben ein bisschen aufregender zu gestalten."
      Er verzog den Mund zu einem antrainierten Lächeln, das die Augen nicht erreichte. Hatte er den Wolf schon geweckt?
    • Was gab der General da nur von sich. War das tatsächlich seine Taktik? Natürlich war Aradan sein Sohn. Aber als die Frage im Raum stand, ob er nur wegen der gleichen Herkunft irgendwelche Gefühle haben sollte? Das hies wohl nur, dass der General tatsächlich nicht wusste, nach wem er grade gefragt hatte. Von nun an musste Marudan also nichts weiter tun als seine Fassung behalten.
      Schon jetzt eine unfassbar schwere Aufgabe.
      Als dann aber die Beschreibung des Jungen folgte, kam für einen klitzekleinen Augenblick beinahe so etwas wie ein feistes Grinsen auf das Gesicht des Schmieds. Als hätte diese kleine Regung einen bevorstehenden Sturm vorher gesagt. Doch so schnell er diese kleine Regung durch sickern lies, so schnell verschwand sie auch schon wieder ehe Marudan seinen Hammer am Gürtel ergriff und aus dessen Halterung zog als wolle er sich langsam wieder an die Arbeit machen.
      "Mhh..." Grummelte er nach der Frage der Identifikation
      "Identifizieren? Graue Haare, blaue Augen. Wie viele Leute hier treffen auf diese Beschreibung zu? Schickt den Knaben her und ich sag was ich weiß."
      Marudan wandte sich schon wieder halb ab und hoffte dass er schnell Reona aufsuchen konnte. Dafür hätte er nun auch sicher einen kleinen Unfall vorgetäuscht um in den Krankenflügel zu kommen. Diese Botschaft musste einfach weiter gegeben werden.
    • General Peamut

      Die kleine Regung in Marudans Gesicht blieb nicht gänzlich unbemerkt, aber sie war zu schnell weg, als dass der General sich wirklich ihrer Anwesenheit sicher sein konnte. Er beobachtete, wie der Schmied nach seinem Hammer griff, als wolle er sich gleich wieder an die Arbeit machen. Langweilte ihn das Gespräch? Wollte er Langeweile vortäuschen? Die Beschreibung des Jungen brachten zumindest keine weiteren Emotionen zum Vorschein.
      "Männer in seinem Alter mit weißen Haaren gibt es wohl eher selten. Wie alt wird er sein, Anfang, Mitte 30? Ich denke, er wäre leicht zu erkennen. Noch leichter für jemanden, der ihn schon gesehen hat."
      Er verschränkte die Hände wieder hinter dem Rücken, während er Marudans Miene studierte. Kein Anzeichen von irgendeinem Beweis seiner Vermutung. Vielleicht irrte er sich, vielleicht nicht.
      "Wenn ich ehrlich bin, hätte ich gedacht, dass es dich freuen könnte zu hören, dass es womöglich noch einen Überlebenden aus Melora geben könnte. Aber vielleicht habe ich mich auch getäuscht."
      Er warf einen letzten Blick auf die Rüstungen, bevor er die Tür anpeilte. Im Rahmen blieb er noch einmal stehen.
      "Wenn du ihn sehen solltest, lass es mich doch wissen. Wenn du schon ein solches Talent als Schmied besitzt, könnte auch der einzig verbliebene Nachwuchs von Melora ein nützliches Händchen sein."
      Damit ging er nach draußen und ließ Marudan alleine.

      Er entfernte sich erst von der Schmiede, bevor er zu seinen Wachen sprach, darum bedacht, von niemandem gehört zu werden.
      "Ich will, dass der Schmied beobachtet wird. Man soll mir mitteilen, wenn er irgendetwas auffälliges tut und ganz besonders, wenn das irgendwas mit Aradan zu tun haben könnte."
      Die Wachen zeigten ihr Verständnis mit einem knappen Nicken.
    • Marudan hörte dem General bedächtig zu bis dieser nun endlich auch den Rückzug antreten wollte. Aber nach seinen letzten beiden Sätze änderte sich der Plan des Schmieds. Würde ihm heute irgendetwas passieren, exakt nach diesem Gespräch, hätte er dem General genau in die Hände gespielt. Es war überdeutlich dass er nun unter Beobachtung stand, sonst hätte Peamut nicht so häufig Aradan beim Namen genannt und erstrecht wäre er nicht so erpicht auf diese Gefühlsduselei gewesen.
      Nur wie sollte er nun Reona davon erzählen? Er könnte sie damit in Gefahr bringen. Egal. Vorerst galt es den Tag zu bewältigen. Eine Aufgabe die in all den Jahren noch nie so schwer gewesen war.
      Marudan machte sich wieder an die Arbeit und verarbeitete Rüstungen neu, welche im Kampf kleine Kratzer abbekommen hatten, was bei seiner Rüstung schon auf einen heftigen Kampf deuten lies. Sie waren allesamt mit Kryss verarbeitet und boten eine so hohe Qualität, dass sogar die Klauen und Zähne von Läufern daran zerbrachen.
      Während der Schmied also sein Tagewerk verrichtete, stauten sich seine Gedanken immer weiter an. So sehr, dass genau das passierte, was er vorerst vortäuschen wollte... er geriet mit seiner Hand in eine selbst errichtete Anlage, welche mit Wasserkraft einen großen Eisenklotz auf Rüstungen hinunter donnern lies. Dabei brach er sich direkt mehrere Finger seiner linken Hand, was ihn natürlich direkt aufbrüllen lies ehe er den Schmerz direkt mit einer strengen Mine im Zaum halten konnte.
      Keine 5 Sekunden verflogen ehe die halbe Besatzung der Schmiede um Marudan versammelt war. Einer sorgte sich mehr als der Andere da sie alle das Handwerk vom besten Schmied des Landes, wie es in der Königsstadt hieß, erlernen wollten.
      Doch entgegen jeder Vernunft wollte Marudan nicht zum Krankenflügel gebracht werden. Er sah sofort eine endlos lange Kette an Ereignissen, die alle darin endeten, die kleine Möglichkeit, dass Aradan leben könnte, vernichten wird. Oder gar Reona zur Zielscheibe macht.
      Als dann aber auch der Aufseher davon Wind bekam, hatte Marudan keine Wahl mehr. Der Aufseher war so etwas wie der Boss der Schmiede. Wenn dieser der Meinung war einen Befehl zu geben, konnte nur der König selbst oder jeder General und Offizier diesen revidieren. Also gab sich Marudan diesem Befehl hin und besuchte widerwillig den Krankenflügen, wo man sich umgehend um ihn kümmerte. Zu seinem großen Glück war seine Frau wohl genau in diesem Moment nicht anwesend. Vermutlich war sie in einem Hinterzimmer um neue Medizin zu mischen. Jedenfalls bemerkte Marudan dass etwas nicht stimmte. Er fühlte sich permanent beobachtet seit dieser General da war.
      Wusste Peamut etwa mehr als er zugab? Hatte er Aradan vielleicht schon längst unter seiner Kontrolle? War das mit Aradan eventuell sogar nur ein Bluff?
    • Zur gleichen Zeit...

      Anthea Elquin saß fünf Meter entfernt zum nächsten Soldatentrio.



      Sie saß im Schneidersitz auf dem schmalen Holzstuhl, was lange genug zum antrainieren gebraucht hatte, um nicht mehr in den Knöcheln wehzutun. Mittlerweile hatte sie den Trick allerdings raus, denn sie musste nur weit genug hinten sitzen, um die Füße nicht über die Kante hängen zu lassen und dann fand alles seinen Platz auch ohne zu schmerzen.
      Die Soldaten sahen in periodischen Abständen in ihre Richtung, ohne sie dabei anzusehen und Anthea hob jedes Mal den Blick, um sie doch dabei zu erwischen. Sie wussten, dass sie etwas im Schilde führte, dass nichts, was ihre Hände zu fassen bekam, von Rechtens her dorthin gelangt war, aber sie hatten eine verdammt schwierige Zeit es zu beweisen. Das letzte Mal, dass sie im Verlies gelandet war, war schon über ein halbes Jahr her und seitdem freute sie sich jeden Tag um ein Mal mehr, wenn sie die Soldaten zu Gesicht bekam, die auf ihre Beobachtung angesetzt worden waren. Sie wusste, dass sie es wussten, und zu beobachten, wie sie verzweifelt nach den Beweisen suchten, um sie ein weiteres Mal hinter Gitter zu bekommen, war tausend Mal mehr wert als die Jobs, die sie erledigte. Anthea lebte dafür, auffällig unauffällig zu hantieren.
      Sie puhlte mit der Spitze ihres schlanken Jagdmesser zwischen ihren Zähnen herum, um die hartnäckigen Überreste des zähen Fleisches herauszubekommen, das sie vor wenigen Minuten noch heruntergewürgt hatte - die Schenke war definitiv nicht wegen ihrem Essen so bekannt - und sah zu ihrer Begleitung hinüber, dem dürren, hochgewachsenen Chiem, der, egal in welcher Haltung, einen Buckel warf. Chiem sah so aus, als wäre er als Kind einmal in die Länge gezogen worden, ohne dass sich das Zentrum seines Gleichgewichts verlagert hatte, sodass sein Oberkörper stets ein wenig nach vorn gebeugt war. So ultra hoch und ultra knochig wie er war, sah er aus wie eine Leiche.
      Chiem war bis vor kurzem noch ihr Informant gewesen, ein Mann, der sich durch den Untergrund wühlte und die richtig dunklen Geheimnisse dieser Stadt ausgrub, um sie Anthea als nächsten Angriffspunkt präsentieren zu können, aber mittlerweile war er sowas wie degradiert worden - wenn es in ihrem Beruf überhaupt so etwas wie einen Rang gab. Seinen Platz hatte ein neuer eingenommen, der ein erschreckend fähiges Naturtalent war, das sogar Anthea manchmal ängstigte. Aber alles, was Anthea Angst machte, war eine Herausforderung, die es zu bewältigen galt.
      Sie kratzte das Stück Fleisch zwischen ihren Zähnen endlich hervor und spuckte es auf den Teller, bevor sie absichtlich auffällig zur Tür hinübersah, die zwischen den Zechern beinahe nicht zu sehen gewesen wäre. Aus dem Augenwinkeln sah sie, dass die Soldaten ihrem Blick folgten und ihre Neugier dann damit zu kaschieren versuchten, selbst nach jemandem zu suchen. Hah, mal sehen ob der Neue sich genauso wenig davon beeindrucken ließ, dass ihm das Gesetz der Stadt höchstpersönlich in den Nacken atmete. Vielleicht würde er ja einen Fehler machen und sich verraten. Anthea hatte noch nicht darüber nachgedacht, ob sie ihn aus dem Kerker befreien würde, wenn es soweit war. Vielleicht schon, vielleicht nicht. Wenn sich seine Informationen auszahlten, eher schon.
      Anthea stöhnte laut und genervt und stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf. Chiem sah zu ihr mit einem Ausdruck zwanghaften Desinteresses und stocherte in seinem eigenen Steak herum. Er hatte das Fleisch kaum angerührt und es sich stattdessen zur Aufgabe gemacht, Püree daraus zu hacken. Seit der neue da war, war er irgendwie schlecht gelaunt, obwohl eigentlich bisher alles ganz gut gelaufen war. Vielleicht schmollte er ja über seine Degradierung.
      "Wenn der Kerl nicht in fünf Minuten da ist, kann er sich sein Gold sonst wo hinstecken."
      Chiem brummte etwas zustimmendes, was zu leise war, um über den Lärm der Schenke hinweg gehört zu werden. Die Soldaten sahen wieder in Antheas Richtung und sie schenkte ihnen ein breites, teuflisches Grinsen, von dem sie so taten, als würden sie es nicht sehen. Natürlich hätte sie sich auch auf klassische Art in irgendeiner dunklen Gasse mit dem Mann treffen können, aber das war nur halb so lustig - und außerdem setzte es manche Leute seiner Art unglaublich unter Druck, unter den Blicken von Soldaten arbeiten zu müssen. Sollte er sich ruhig daran gewöhnen, so konnte sie sicherstellen, dass er zumindest keine dummen Fehler beginn - und dass er sein Geschick bewies. Anthea hatte schließlich einen gewissen Standard, den es aufrecht zu erhalten galt.

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    • "Na ganz toll. Diese Schenke ist genau wie beschrieben. 'so Schäbig, dass nicht mal Ratten sich dahin verirren'. Da hätte keine Beschreibung besser gepasst schätze ich."
      Frage ein gänzlich in schwarzen Lumpen gekleideter Mann eine kleinere, ebenso bedeckte Person neben sich. Jedem musste bei diesem Auftreten sofort klar sein, dass man seine Identität mit den tief runter gezogenen Kapuzen verstecken wollte, doch aus irgendeinem Grund war es bisher jeder Wache vollkommen egal, solange man nicht auf frischer Tat ertappt wurde. Das machte es ziemlich leicht durch die Gassen zu streifen ohne ständig angehalten zu werden. Man lief einfach etwas buckeliger, trug nicht die saubersten Lumpen und schon wurde man gemieden wie ein Bettler der nach Münzen fragte.
      Auch in diesem Moment erhaschte das Auftreten der Beiden nur flüchtige Blicke, woraus der Mann sofort lesen konnte, wo sein Ziel saß.
      "Warte am Eingang..."
      Gab er der kleinen Person mit ehe er weiterhin mit einer Scharade durch die Schenke zog als wolle er die richtige Person zum anbetteln suchen. Erst auf den letzten 3 Schritten begradigte er seine Haltung, ging mit deutlich festerem Schritt und zog den hölzernen Stuhl, welcher eher wie ein Hocker wirkte, da die Lehne wohl schon seit einer ganzen Weile abgebrochen war, ein Stück zurück um sich an den einzigen Tisch zu setzen, der seine Aufmerksamkeit erhascht hatte.
      "Ich nehme an ihr seid Anthea und Chiem? Ein auffälliges Weibsbild welches die Augen des Gesetzes auf der Haut liebt, in Begleitung eines knorrigen Astes in Form eines Menschen."
      Direkt grätschte der Schankwirt von der Seite ein und fragte unter den lauten Umständen der Gäste, ob der eingetroffene Gast überhaupt in der Lage ist zu zahlen.
      Da schnippte der Mann dem Wirt eine Münze entgegen, die bei den billigen Preisen ausreichte um das gesamte Essen sowie Getränke zu übernehmen.
      "Nimm das und verzieh dich. Unterbrichst uns noch ein mal und ich werde mich mit Irilo unterhalten."
      Sofort blickte der Wirt auf als hätte ihn der Blitz getroffen. Nicht mal die edle Münze schien ihn zu interessieren. Erst nachdem der Mann eine kleine Kopfbewegung machte, um zu verdeutlichen dass der Wirt gehen soll, wischte er sich den aufkommenden Schweiß von der Stirn und ging hastig zu anderen Gästen.
      Daraufhin wandte sich der Mann wieder seinen zwei gegenüber sitzenden Personen zu.
      "Also. Ich hab gehört ihr habt nichts dagegen im Rampenlicht zu stehen, ist das korrekt?"
    • Es dauerte zwei Minuten, bis der Informant da war. Anthea wusste es, weil Chiem in der Zeit genau 20 Mal auf sein Fleisch-Püree einhackte.
      Der Mann war genau das, was man von einem Amateur erwartete: Schleierhaft und unbekannt, hauptsache mit der Masse verwischen, hauptsache sich nicht erkenntlich zeigen. Zu ihrem eigenen, nicht geringem Frust erkannte sie selbst erst im letzten Augenblick, dass es ihr Mann war, als es schon längst zu spät war. Er hatte die ganze Tarnungsmasche drauf, so viel musste sie ihm lassen, aber das änderte nichts daran, dass er sich wie alle anderen vor den Augen des Gesetzes zu ducken versuchte. Nur wer Angst hatte schlich herum, um die Gefahr nicht zu wecken und oh-ho, Anthea lachte der Gefahr zum Frühstück ins Gesicht.
      Sie zeigte dem Mann ein spöttisches Grinsen, als er sich zu ihnen setzte. Chiem hörte für einen Moment auf sein Fleisch zu zerhacken, nur um sein Messer leichtfertig in der Hand zu drehen. Was für ein Angeber.
      Der Neuankömmling offenbarte selbst jetzt sein Gesicht nicht.
      "HAH! Knorriger Menschenast! Hast du das gehört, Chiem? Der Kerl hält dich für Strauchwerk. Heh!"
      Sie kicherte noch immer über diesen dummen Vergleich, als der Wirt herangewatschelt kam und von dem vermeintlichen Bettler eine Auskunft über den Inhalt seines Geldbeutels verlangte. Er bezahlte und bedrohte den Wirt dann mit etwas anderem, was niemand anderer außer der Mann selbst verstehen konnte. Zumindest schien es zu ziehen, denn der Rollmops wurde eine Spur bleicher im Gesicht und zog dann ab, um einen anderen Tisch zu belästigen. Gar nicht mal so schlecht. Anthea spielte jetzt auch mit ihrem Messer herum.
      "Zu aller erst einmal wirst du mich nicht "Anthea" nennen, das ist ein Name für deine Großmutter. Entweder "Thea" oder gar nichts. Und dann hast du sehr richtig erkannt, diese Jungs da vorne sind wohl kaum hier, um während der Dienstzeit zu trinken. Ich würde also sagen..." Sie stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf, verschränkte die Finger ineinander und stützte das Kinn obendrauf. "Ja, ich bin die, die nichts dagegen hat im Rampenlicht zu stehen. Wenn du aber einen Sündenbock haben willst, damit du deine Machenschaften abziehen kannst, wird das dich was kosten und nicht mich. Ich verlange viel dafür ein Chaos zu veranstalten und das wirst selbst du dir mit deinen paar kleinen Geheimnissen nicht leisten können."
      Sie lehnte sich wieder zurück. Chiem musterte den Neuzugang mit einer unverhohlenen Abscheu im Gesicht.
      "Apropos Geheimnisse, wenn du mir mein hart verdientes Gold abknöpfen willst, musst du dich schon ausweisen. Ich geh nicht rum und erzähle unbekannten Bettler-Imitatoren, was ich von ihnen haben möchte. Wieso versteckst du dich, hm? Hast du Angst, entdeckt zu werden? Hängt irgendwo dein Steckbrief aus mit einer widerlichen Narbe auf deiner Stirn, die jeder in hundert Meilen sehen kann? Oder bist du hässlich? Bist du vielleicht schüchtern?"
      Sie grinste, dasselbe diebische, teuflische Grinsen, das sie vorhin noch den Soldaten zugeworfen hatte, entfädelte ihre Beine und sprang plötzlich auf. Sie war etwa 1,70 m groß, nicht klein, aber auch nicht gerade groß.
      "HE, HÖRT MAL! DER KERL DENKT, ER WÄR HÄSSLICH! MUSS SEINE HÄSSLICHE VISAGE UNTER EINER KAPUZE VERSTECKEN!"
      Etwa die Hälfte des Raumes wandte das Gesicht in ihre Richtung und etwa doppelt so viele ignorierten sie. Irgendwo lachte jemand und aus der anderen Ecke donnerte es zwei Oktaven tiefer:

      "SETZ DICH HIN UND HALT DEIN VERSCHISSENES MAUL!"
      Das brachte dafür die Soldaten ins Spiel, die sich sofort dazu genötigt sahen, den potentiell aufwirbelnden Sturm im Keim zu ersticken. Zwei wandten sich nun Antheas Tisch direkt zu und einer dem unbekannten in der Ecke. Anthea, sichtlich zufrieden mit ihrem kleinen Theater, ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen und grinste den Mann umso breiter an.
      "Siehst du? Interessiert niemanden. Also, runter mit der Maske und wir können reden."
    • Der Mann wurde schon darauf hingewiesen dass Anthea ein waschechter Troublemaker war, doch dass sie sogar bei Verhandlungen so überziehen würde, hätte auch er nicht kommen sehen. Zwar wurde er schon vorgewarnt, dass sie eine unangenehme Gesellin ist, doch dachte er dabei eher an etwas wie es vergangene Mitarbeiter waren. Aber was sollte er schon groß tun. Er lies diese Anthea ihr Feuerwerk zünden und auch der kindische Versuch ihn zu beleidigen.
      Auch als sie die halbe Schenke aufmischte und die Wachen anzog wie ein Haufen Scheiße die Fliegen, störte ihn herzlich wenig. Aber auch er glaubte langsam, dass wohl der Zeitpunkt gekommen sei sich zu zeigen. Nicht um sich vorzustellen, sondern um zu zeigen warum er es mied sein Gesicht in dieser Stadt zu zeigen.
      "Gut. Mir ist es gleich. Ich sehe du stehst auf einen besonderen Auftritt. Ich wollte es zwar vermeiden aber du lässt den Leuten leider keine Wahl."
      Da zog er seine Kapuze hinab und zeigte sein gepflegtes Bild, dass so gar nicht unter Lumpen versteckt werden musste. Seine Haare langen glatten Haare waren zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden und auch sein Gesicht war entgegen der Meisten in der Stadt komplett rasiert.
      "Mein Name.. ist Berek."
      Da fiel von jetzt auf Gleich der Geräuschpegel der kompletten Schenke um die hälfte. Nur wenige unterhielten sich ruhig weiter aber es schien als wären die Lautesten allesamt verstummt. Es dauerte nicht lang, da standen einige auf und rannten panisch, ohne zu zahlen, aus der Schenke hinaus. Es störte nicht mal den Wirt was er an Verluste einfuhr. Viel mehr verkroch er sich wieder hinter seine Theke um den größt möglichen Abstand zu gewinnen.
      Daraufhin blickte Berek hoch in die Augen der Soldaten, welche ihn ebenso anblickten.
      "Hm.. Ich kenne euch nicht. Unüblich... Darf ich eure Namen erfahren? Es ist immer gut zu wissen an wen mann sich wenden kann, sollte mal Gefahr im Verzug auftauchen."