The Curse of Time {TobiMcCloud & Codren}

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    • Khil bekam die größten Augen, die ein Mensch nur jemals haben konnte und wurde sofort lebhaft. Sie wartete gar nicht erst darauf, dass Jarku ihr den Zettel überreichen würde, schon fing sie an ihn mit Fragen zu bombadieren, die ohne Punkt und Komma hervorgeschossen kamen.
      Renera beobachtete sie dabei, während sie es vermied Valterri anzusehen. Unglücklicherweise war auch Aradan in Jarkus Nähe und so konnte sie beide gleichzeitig beobachten und dabei herauszufinden versuchen, wer von ihnen den Stich in ihrem Herzen verursachte. Valterri war dabei keine große Hilfe, obwohl er sich als überraschend weise erwies.
      "Einem von beiden werde ich das Herz brechen und der andere wird es mir brechen und zum Schluss werden wir alle unglücklich sein. Können wir da nicht die Lüge vorziehen, bis wir uns sowieso wieder trennen? Khil muss nichts von dem Kuss wissen und Aradan..."
      Sie zuckte mit den Schultern.
      "Er findet auch eines Tages jemanden. Und dann wird er doch noch glücklich sein."
      Sie beobachtete, wie Khil begeistert den Zettel überflog und gleich einen weiteren Schwall Fragen auf Jarku einprasseln ließ, dann wanderte ihr Blick zur Seite und sie beobachtete, wie Aradan dabei half die Stühle wegzutragen, die sie für das Lagerfeuer gebracht hatten, und wie sich dabei die Muskeln in seinem Rücken und seinen Armen abzeichneten. Sie beobachtete ihn, bis es auffällig wurde, dass sie ihn anstarrte und wandte sich dann ab.
      "Ich hatte nie Glück mit Männern. Ich weiß, dass Aradan anders ist und dass er die einzige Ausnahme ist, aber ich kann einfach nicht. Ich kann nicht. Verstehst du das, Valterri? Ich glaube langsam verstehe ich es selbst nicht mehr."
    • "Lüge vorziehen?"
      Valterri konnte nicht glauben was er da hörte. Er wandte sich Renera nun komplett zu und ging auf einem Knie hinunter um auf Augenhöhe mit ihr zu sein
      "Wir müssen zu Fehlern stehen. Unsere Truppe flieht nicht. Wir stärken einander und stehen zu unseren Fehlern. Wir lernen dazu und werden sehen was die Zukunft für uns bereit hält. Lebe dein leben weiter und akzeptiere wie du bist. Lerne damit umzugehen und schreite voran. Wenn du nicht weiter weißt, hast du nun viele die auf dich aufpassen. Aber nur wenn auch du auf uns aufpasst. Lass uns nicht stehen weil es leichter ist."
      Dann stand er wieder auf und hielt Renera ihr Gepäck hin.
      "Khil und Aradan sind stärker als du glaubst. Sie wissen es sicher selbst noch nicht. So wie wir alle einst."
    • Renera zwang sich dazu Valterri anzusehen. Der Hüne hatte sich zu ihr hinab gebeugt, wirkte aber immernoch so gewaltig wie vorher. Ganz besonders störte sie aber seine Ruhe; Konnte er ihr nicht lieber sagen, dass sie einen Fehler gemacht hatte und dass es wohl am besten wäre, wenn sie mit Khil wieder allein weiterzog? Musste er sie stattdessen wirklich dazu bringen, dass sie an sämtlichen Entscheidungen, die sie jemals getroffen hatte, zweifelte? Konnte er sie nicht so weitermachen lassen wie bisher?
      Sie brummte und nahm ihm ihre Tasche ab.
      "Kannst du deine Weisheiten nicht jemand anderem aufbürden? Ich bin schon zu alt, um was zu verändern."
      Und weil sie wusste, dass er sicherlich auch dazu etwas kluges zu sagen hatte, brachte sie sich schnell aus seiner Reichweite und suchte das Weite.
    • Valterri blieb nichts anderes übrig als Renera hinterher zu sehen. Was auch immer diese Gefühle zwischen Aradan und Renera waren, sie waren stark genug um beide widernatürlich handeln zu lassen. Unausgesprochene Dinge führten oftmals zu Chaos und schmerzhaften Entscheidungen. Doch würde er ganz klar sein Versprechen halten und Renera ziehen lassen wenn das ihr Wunsch war. Leider war er sich dabei ziemlich sicher dass wohl auch Aradan dies zulassen würde. Aber nun war es nicht die Zeit ins ungewisse zu blicken.
      Aradan selbst war schon beim Aufseher, welcher sich erkundigt hatte wann die Truppe endlich weiter ziehen würde. Dieser bekam seine Antwort recht flott, ebenso wie eine kleine Bezahlung, ehe sich die Tore zum Westen hin öffneten und sich die Truppe samt Karre langsan in Bewegung setzte.
      Vorne lief Daikata mit Aradan, welche sich über etwas ernstes unterhielten. Dabei gestikulierte Daikata öfter mit seinen Händen als würde er Maßstäbe mit seinen Händen deutlich machen. Valterri befand sich neben der Karre, blickte aber nach vorne. Am Ende war Jarku mit seinem Bruder und den vier verhüllten Personen samt den beiden Zwillingen.
    • Die Truppe verließ Lytien unter den aufmerksamen Blicken der Wachen und dem gelangweilten des Aufsehers. Araja war nicht noch einmal aufgetaucht, um sich von ihnen zu verabschieden, aber sie sahen sie in der entfernten Kuhle bei den Kindern, die sie mit harschen Befehlen drillte.
      Wenn es für die Gruppe je eine Formation gegeben hatte, hatte sie sich für diesen Tag geändert. Daikata bildete mit Aradan die Spitze, Valterri ging dort, wo Aradan gegangen wäre und hinterher folgten Khil mit Jarku und dem Rest. Khil war völlig begeistert von Jarkus Gift und plapperte ihm schon seit einer halben Stunde das Ohr ab.
      Renera saß alleine auf dem Wagen und starrte vor sich hin. Sie dachte darüber nach mit Valterri ein Gespräch anzufangen, aber zum Schluss würde er sie vielleicht doch noch mit seinen Weisheiten beeinflussen wollen und das erschien ihr eine ganz grauenvolle Idee - also unterhielt sie sich für eine Weile mit Reshli. Die Stimmung des Gefangenen war seit dem ersten Tag unverändert und er ließ manchmal Bemerkungen fallen, die Renera fast als Beleidigung aufschnappte, aber zumindest schien er sich in der kurzen Zeit, die sie redeten, sich ihr soweit zu öffnen, dass er ihr offenbarte, dass er die Schmerzen seines Beins nur durch Daikatas Schmerzmittel aushalten konnte und das Fahren auf dem Wagen die reinste Hölle für ihn war. Hinterher ging Renera dazu über, in den Himmel zu starren und Vögel zu beobachten. Das hatte sie seit ihrer Ankunft in Melora schon nicht mehr getan.
      Die Landschaft war hauptsächlich hügelig mit einzelnen Flecken aus zusammenstehenden Bäumen, die hier und da Schatten spendeten, aber sonst konnten sie ziemlich genau geradeaus reisen. Die Straße von Lytien war dabei nur von geringer Hilfe, sie war zwar einigermaßen befahrbar, aber an manchen Stellen schon wieder mit Wildgras überwachsen, sodass sie genauso gut neben der Straße hätten gehen können. Das würde sich auch die nächste Zeit nicht ändern: Zwei Wochen würden sie durch diese Landschaft ziehen, bis sie den Fluss nach Shegar überquerten und nach weiteren zwei Wochen in Vihris ankamen. Das waren vier Wochen, in denen sie sich durch vereinzelte Wälder, hoch gewachsenes Wildgras und einzelne Tümpel hindurch schlagen mussten.
      Sie zogen weiter, solange die Sonne ihnen Licht spendete und rasteten, um etwas zu essen. Khil gesellte sich irgendwann wieder zu Renera, war aber abweisend und verhielt sich steif. Renera dachte sich nichts dabei.
      Sie schlugen ihr Lager im Schatten eines Hügels zwischen Beerensträuchen und Wildblumen auf und Khil ließ sogleich alles stehen und liegen, um die örtliche Flora auszuspähen und dabei ihr Wissen aufzustocken. Renera machte sich derweil am Wagen zu schaffen, um Reshli einen gemütlicheren Sitzplatz zu bauen, ehe sie sich zu den anderen ans Lagerfeuer setzte. Eigentlich war alles so wie am Vortag, mit dem Unterschied, dass sie sich neben die Zwillinge setzte und es vermied, in Aradans Richtung zu sehen, genauso wie er es vermied in ihre zu sehen.
    • Der Tagesmarsch verlief recht ruhig. Auf dem Weg trafen sie nur auf einen Spähtrupp aus einem Dorf dass sie nicht kannten. Sogar an Kreaturen tauchte nichts auf, was wohl aber normal für eine so weit überschaubare Gegend war. Meist hielten sich diese in Wäldern auf und wurden schnell nieder gestreckt wenn sie auf offenem Feld auftauchten.
      Aradan den Tag um mit Daikata diverse Rezepturen durch zu gehen, welche er künftig an Aradan austesten wollte. Valterri behielt seine Gedanken für sich, da er schon bei Abmarsch klar gemacht bekam, dass seine Worte bei Renera nicht erwünscht waren. Das stellte aber keinerlei Problem dar. Diese Truppe hatte schon so viele Meter in ihrer gemeinsamen Zeit zurück gelegt, dass sie es gewohnt waren einen kompletten Marsch lang nicht miteinander zu reden. Höchstens wenn es um eine Korrektur der Richtung ging, was nur ziemlich selten vor kam, da sie ohnehin nur dort hin liefen wohin sie das Schicksal trug.

      Als es dann wieder Zeit war das Lager aufzubauen, ging alles wieder gewohnt flott von der Hand. Nur Aradan half dieses Mal nicht mit. Er ging zu einer kleinen Erhöhung um die Umgebung überblicken zu können und lies die frische Abendbriese an ihm vorbei ziehen.
      Ein dichter Wald war von dort aus einsehbar. Gute 2 Stunden Marsch entfernt. Wenn sich Aradan recht erinnerte, hörte er die Wachen zuvor über diesen Wald reden. Angeblich wurde man dort gerne mal von einem Banditentrupp überfallen, welche sich als Soldaten ausgaben. Er würde sich diese Information gut merken.
      Wenig später kam Valterri zu Aradan hinauf und betrachtete ebenso die Umgebung.
      "Wie sieht es aus?"
      "Wir sind auf dem Weg. Dort drüben ist der Wald. Wir müssen uns aber auf Banditen gefasst machen welche sich als Soldaten ausgeben. Ich hörte im letzten Dorf zwei Wachen darüber reden."
      Valterri nickte brummend, sah Aradan aber danach an
      "Und wie geht es dir? Seit letzter Nacht bist du wieder... Naja. Du."
      Aradan schüttelte den Kopf
      "Keine Sorge alter Freund. Ich musste mir nur etwas wichtiges klar machen."
      Valterri sah Aradan noch einen Moment an, räusperte sich dann aber um es hinzunehmen.
      "Wenn du das sagst glaube ich dir."
      Gerne hätte er noch ein wenig mehr mit Aradan gesprochen, doch wollte er ihn nicht genau so mit seinen Worten verdrängen wie er es scheinbar mit Renera getan hatte.
      "Das Essen dürfte bald fertig sein."
      waren seine letzten Worte als er sich wieder zum Lager wandte und dort hin ging. Aradan folgte etwas später und setzte sich mit allen um das Feuer rum bis er das Wort erhob um alle laufenden Plaudereien zu unterbrechen
      "Ich muss euch etwas erzählen."
      Aradan blickte durch die Runde, blieb aber bei keiner Person hängen bis er wieder in das Feuer vor ihn blickte als er sich der Aufmerksamkeit aller bewusst war.
      "Gestern Nacht ist etwas passiert dass ich euch wissen lassen will. Es lies mir keine Ruhe und hielt mich die Nacht wach. Hättet ihr mir vor eine Woche davon erzählt wie es kam, hätte ich euch nicht geglaubt, doch ist etwas geschehen was ich für unmöglich hielt. Es wird vermutlich einiges verändern aber mit Sicherheit weiß ich es nicht."
      Er setzte eine kleine Pause ein um dann von all den Geschehnissen zu erzählen, welche im Zwielicht geschehen sind. Dass er machtlos war und auch dass der fremde Geist auf den Namen Urudin hörte. Dass eine fremde Macht dafür sorgte den Geist zu vertreiben und dass auch Aradan rein gar nichts dagegen unternehmen konnte, was bisher nahezu unmöglich gewesen war.
    • Aradan erhob die Stimme, als sich alle schließlich am Lagerfeuer eingefunden hatten und Renera wandte sich ihm ruckartig zu. Wollte er etwa...?! Hatte er etwa vor...?! Das würde er nicht wagen! Oder etwa doch? Was für ein Spiel wollte er spielen?!
      Aber es war keineswegs das, womit sie gerechnet hatte und sie entspannte sich wieder und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Natürlich ging es nicht darum. Sie musste aufhören zu denken, als würde sich die ganze Welt nur um sie drehen. Es gab schließlich wichtigere Probleme als ihr kleiner Ausrutscher.
      Khil schlich sich bei Aradans Erzählung von hinten an und setzte sich neben Valterri auf den Boden. Sie machte riesige Augen, mit denen sie Aradan betrachtete und war natürlich die erste, die dazu etwas beizutragen hatte.
      "Das hört sich ausgesprochen interessant an. Was weißt du noch über das Zwielicht? Du solltest versuchen, mehr darüber herauszufinden, bevor du wieder mit dem Geist sprichst. Vielleicht kannst du ja Minerva fragen? Im Austausch für Zeit in deinem Körper."
      Das interessierte sogar Renera und sie richtete ihren Blick nun doch aufmerksam auf Aradan. Die tanzenden Flammen spiegelten sich in seinen Augen wieder und zogen sie in ihren Bann.
    • "Tatsächlich habe ich mir darüber schon Gedanken gemacht."
      Seine Worte galten Khil. Die Idee Minerva Zeit zu schenken war ein Angebot welches diese niemals ausschlagen würde. Doch hatte Kiliak Einwände.
      "Seid ihr noch ganz dicht? Wenn Minerva die Kontrolle hat geht es hier ab als würdet ihr einen Fuchs in den Hühnerstall stecken und darauf vertrauen dass nichts passieren wird."
      Aradan nickte
      "Ganz genau. Sie weiß dass ich viele Fragen habe und das mein Angebot ernst gemeint sein wird. Aber.."
      Da wies er auf einen Rucksack hin, in welchem die robusten Ketten verstaut wurden, die ihn schon zuvor fixierten.
      "Wer sagt dass sie sich frei bewegen darf sobald ich ihr die Kontrolle überlasse? Mein Plan sieht vor, dass ihr mich fesselt sobald ich ins Zwielicht drifte. Es darf erst danach geschehen da ich im Zwielicht immer so auftauche wie ich es betrete. Kettet ihr mich vorher an, werde ich ebenso gefesselt dort auftauchen."
      Jarku rieb sich bei dieser Idee über den Mund als würde ihm gefallen was er hört.
      "Hm. Wenn wir das wirklich machen, muss diese Gelegenheit aber klar genutzt werden. Sie wird sicher kein zweites Mal auf so etwas rein fallen."
      "Sehe ich auch so. Aus diesem Grund würde ich gerne wissen was ihr für Fragen hättet. Wir tragen sie zusammen damit ich sie im Zwielicht fragen kann. Ich werde ihr für jede beantwortete Frage 5 Minuten in meinem Körper geben."
      Direkt stach sein Blick auf Khil
      "Was denkst du? Du und Renera, ihr seid die neusten der Truppe. Was hättet ihr für eine Frage an dieses Geisterwesen?"
    • Khil begeisterte sich sofort für das Thema und schoss los, während Renera sich erst noch von Aradans Anblick im Feuerschein löste.
      "Frag sie alles, was sie über Urudin weiß und über das, was er dir schon erzählt hat! Besonders über diesen Energiestoß, den du erlebt hast. Und wieso er außerdem nur in dieser Geisterform auftritt!"
      Jarku merkte an, dass eine Frage wohl besser wäre, um Minerva nicht mehr Zeit als nötig zu geben und Khil verzog enttäuscht das Gesicht.
      "Nagut. Frag sie nur, was sie über Urudin weiß. Nein, frag das allgemeiner, frag, was das für Geisterwesen sind, die das Zwielicht bewohnen - sie eingeschlossen."
      Sie drehte sich nach Renera um und die rieb sich das Kinn.
      "Frag sie, was es mit den Grenzen auf sich hat. Das scheint mir ein wichtiges Thema zu sein, wenn Urudin sich so oft darauf berufen hat. Das könnte auch gleichzeitig andere Fragen beantworten."
    • Alle bis auf Valterri gaben ihre Fragen ab welche sie für das Beste hielten. Im Kern waren die Meisten sogar recht ähnlich. Was waren die Geister im Zwielicht, was ist das Zwielicht und wer ist Urudin. Renera's Frage wurde nicht doppelt genannt, doch würde Aradan Minerva dennoch diese Frage stellen. Ob nun 5 Minuten mehr oder weniger. In Ketten würde diese ohnehin nichts anstellen können.

      So war es beschlossen und wichtige Vorkehrungen wurden getroffen. An Ort und Stelle war es zumindest nicht Klug, immerhin würden sie sehr viel kaltes Wasser brauchen um Aradan im Anschluss runter kühlen zu können. Es blieb also nicht viel übrig als zwei Gruppen einzuteilen. Eine würde am Lager bleiben und die andere zieht mit Aradan zum nächsten Fluss, welcher in knapp 15 Minuten Fußmarsch Entfernung war.
      Valterri, die Zwillinge und Kiliak meldeten sich schnell am Lager zu bleiben. Die vier noch immer verhüllten Personen blieben ebenso.

      Anschließend ging alles recht schnell. Am Fluss angekommen packten alle schon die Ketten zurecht um sie schnell um Aradan wickeln zu können sobald er weggetreten war. Vorher wandte er sich aber noch zu den beiden neusten Mitgliedern
      "Ich weiß ihr habt schon Bekanntschaft mit Minerva machen müssen, doch glaubt mir, sie ist eine Meisterin wenn es darum geht zu manipulieren. Glaubt ihr am Besten kein einziges Wort sobald sie durch mich spricht. Zur Not haltet mir einfach den Mund zu. Tut einfach was ihr möchtet aber lasst sie auf keinen Fall frei."
      Anschließend betrachtete Aradan das Wasser.
      "Ich fange an. Bindet mich in etwa 20 Sekunden. Das sollte genügen."
      Und so geschah es. Er tauchte ins Zwielicht und sah sich um. Die weit entfernten Geister waren wie immer mit dem Bannspruch beschäftigt den Aradan aufrecht hielt. Und ebenso wie zuvor für den fremden Geist, machte er einen kleinen Raum frei für Minerva, welche erschreckend schnell an Ort und Stelle auftauchte.
      Wie in einem kleinen Käfig wollte sie direkt auf Aradan zu preschen, wurde aber immer wieder von unsichtbaren Mauern zurück gestoßen bis Aradan die Arme verschränkte und sie ansah.
      "Du brauchst dich nicht zu bemühen. Ich werde dich nicht umher wandeln lassen. Du weißt dass ich die Macht dazu habe dich auf ewig an Ort und Stelle zu binden. Aber ich bin nicht hier um mich solchen niederen Beweggründen her zu geben. Ich bin hier um dir Fragen zu stellen, welche ich wahrheitsgetreu beantwortet haben will. Wenn du das tust, werde ich dir für jede beantwortete Frage 5 Minuten in meinem Körper geben welche du nutzen kannst wie du willst."
    • Die Sache war schnell beschlossen und ebenso schnell die Vorkehrungen dafür getroffen. Die Gruppe spaltete sich um das Lager im Blick zu behalten und sich um Aradan zu kümmern und Renera zögerte noch, bis sie sich zweiter Gruppe anschloss. Wenn etwas schief ging, wollte sie anwesend sein, um helfen zu können.
      Sie zogen zum Fluss hinüber, um den sie sich sammelten und die Kette bereit legten. Aradan verabschiedete sich mit letzten Worten von ihnen, dann schloss er die Augen und erschlaffte als würde er schlafen - oder als wäre er tot. Renera mochte den Anblick nicht, sie hatte ihn schon öfter so gesehen, als es ihr lieb war. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, nahm eine Wachhaltung an und wandte dann den Blick auf die Umgebung.

      Im Zwielicht kam Minerva schneller an, als man blinken konnte. Sie preschte mit einer unermüdlichen Energie gegen den Bann, als ob ihr schierer Wille ihn eines Tages zerbrechen könnte und sie es nur oft genug versuchen musste. Auf ihrem Gesicht lag dabei ein lüsternes Grinsen, als würde ihr dieses kleine Spiel sogar Spaß machen.
      Sie blieb nicht stehen, als Aradan das Wort erhob, musterte ihn allerdings neugierig.
      "Du bist hier für Fragen?", wiederholte sie ungläubig und blieb für einen Moment doch stehen. "Das müssen aber wichtige Fragen sein. Außerordentlich weltenbewegende Fragen! Aber ich akzeptiere! Wir machen den Deal! Fünf Minuten für jede Frage, schieß nur los! Ich weiß alles, du wirst schon sehen! Und wenn ich erstmal draußen bin, dann werde ich dich davon überzeugen, dass unsere Zusammenarbeit nur zu besserem führen kann!"
      Dann warf sie sich doch wieder versuchsweise gegen den Bann und machte ein frustriertes Geräusch.
    • Minerva's Auftreten wunderte Aradan nicht im geringsten. Viel eher rechnete er damit dass sie sich wieder benehmen würde wie ein verhungernder Wolf welchem man ein blutiges Stück Fleisch vor hielt. Aber wenigstens hörte sie zu. Es stand zwar noch der große Zweifel im Raum ob sie ihm überhaupt die Wahrheit sagen würde, doch was blieb ihm groß übrig? Also schnürte er den geringen Platz, welchen er Minerva gab etwas enger, damit sie nicht so wild umher wirbeln konnte und blickte sie analysierend an, als wartete er nur auf die erste Lüge.
      "Gut. Meine erste Frage und deine potentiell ersten 5 Minuten. Was ist das Zwielicht für ein Ort? Ich traf Urudin, welcher mir ein paar beunruhigende Worte entgegen brachte. Ich gebe dir auch direkt meine zweite Frage um dir die Chance zu geben auf ganze 10 Minuten hoch zu kommen. Was hat es mit den Grenzen auf sich?"
      Aradan hielt sich permanent bereit Minerva wie zuvor arg zu fixieren falls diese durchdrehen würde oder auf die Idee kam sich um einer Antwort herum zu winden. Er musste in dieser Welt Dominanz beweisen, vor allem bei diesem speziellen Geist.
    • Minerva zischte ärgerlich, als sich der Käfig um sie herum verengte und sie sich nicht mehr frei bewegen konnte. Sie funkelte Aradan aus leidenschaftlichen Augen heraus an und versuchte es doch ein paar Mal sich gegen die Wände zu stemmen.
      "Das sind deine Fragen, Aradan? Du wanderst zwischen den Welten mit einem Schnipsen deiner Finger und weißt nichtmal worum es sich dabei handelt? Ha! HA-HA!"
      Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß ein schrilles, kreischendes Lachen aus, ehe sie sich wieder ihm zuwandte.
      "Du bist so NAIV! So UNSCHULDIG! Dabei weiß ich genau, wie alt du bist, ich war schließlich in deinem Körper! HA!"
      Sie grinste breit und stemmte sich noch einmal gegen die Wände.
      "Aber wenn das deine Fragen sind, werde ich sie beantworten! Wir haben schließlich einen Deal. Fünf Minuten für jede Antwort!"
      Sie räusperte sich und fuhr sogar recht normal fort, zumindest für ihre Verhältnisse.
      "Das Zwielicht ist eine Welt hinter deiner Welt. Sie ist wie der Schatten, in dem alles lebt, was in der Sonne nicht überleben kann. Wenn deine Welt der Körper ist, ist das Zwielicht der Geist."
      Besonders der letzte Satz klang unbewusst so, wie Urudin ihn bereits auch formuliert hatte.
      Minerva beobachtete Aradan auf eine Reaktion, stemmte sich weiter gegen die Wand und hielt den Kopf grinsend schräg.
      "Weißt du echt gar nichts über das Zwielicht? Ich kann dir viel mehr beibringen, du kratzt ja gerade mal an der Oberfläche! Ich kann es dir zeigen, soviel du willst!"
      Sie bog sich ihm entgegen.
      "Sieh das als deine erste Unterrichtseinheit! Ich bringe dir alles bei. Was wolltest du wissen? Achja, die Grenzen. Die beiden Reiche sind ganz klar voneinander abgetrennt, da wo das eine existiert, gibt es auch das andere, aber sie laufen nicht ineinander über. Alle, die in einem Reich geboren sind, können nicht ins andere wechseln und umgekehrt - außer du natürlich. DU bist eine ganz wunderbare Ausnahme."
      Sie grinste breit und versuchte beiläufig aus dem Käfig zu entkommen.
      "Beantwortet das deine Fragen? Ich weiß noch viel mehr. Ich weiß alles!"
    • Aradan zuckte mit den Schultern als Minerva ihm mit Hohn und Gelächter entgegen kam.
      "Tja was soll ich sagen. In zwei Welten ist etwas knifflig und in meiner gibt es schon mehr zu lernen als man in einer Lebenszeit finden kann. Praktischerweise haben wir aber viele Möglichkeiten an Wissen zu gelangen. Anders als hier. Also verzeih wenn ihr Quälgeister es mir zur Aufgabe gemacht habt den Ort zu meiden und dass ich nicht zufällig ein Schild gesehen habe dass mich zur nächsten Bibliothek führt."
      Aber dann schien sie doch einsichtig zu werden und ging auf sein Angebot ein, welches er ebenfalls noch mal klar stellte
      "Ganz genau. 5 Minuten für jede Antwort auf meine Frage"
      Was dann folgte, hörte sich tatsächlich nach der Wahrheit an. Entweder das, oder sie war eine geborene Lügnerin. Es blieb ihm nur nichts anderes übrig als zu glauben was von ihr kam.
      "Tja da scheinst du wohl doch nicht alles zu wissen. Die beiden Welten sind wie wir beide sehen wohl doch nicht komplett voneinander getrennt. Es gab bisher nur nie eine Brücke. Mir scheint es als wären die Welten schon miteinander verbunden, immerhin bin ich nur ein Prototyp. Wer weiß was in den nächsten 20 Jahren geschieht. Aber dennoch. Wenn du wirklich so viel weißt, beweise es mir."
      Er lies Minerva etwas mehr Raum um eine gewisse Vertrauensbasis aufzubauen. Beide konnten voneinander profitieren und er glaubte nicht dass er so schnell mit den Fragen durch sein würde.
    • Minerva schoss los, kaum als sich der Käfig um sie herum sich erweiterte. Sie war unheimlich schnell, schneller noch, als es in der richtigen Welt hätte möglich sein können, doch selbst mit dieser Geschwindigkeit drang sie nicht durch den Bann, den Aradan noch immer zu seinem Schutz aufrecht erhielt. Sie federte davon ab, kam wieder so nah an ihn heran wie es nur möglich war und reckte ihm in einer aufreizenden Geste ihren Oberkörper entgegen.
      "Ich soll es dir beweisen, Aradan? Das wird dich fünf Minuten kosten. Fünf Minuten, weil es die Beantwortung einer Frage ist! Was hälst du davon?"
      Sie grinste und tigerte an dem Bann entlang, wie um nach einem Schlupfloch zu suchen.
      "Setz fünf Minuten obendrauf und ich zeige dir einen Ort, an dem die Grenze... hm... wie sagt man... verwaschen ist. Da, wo sie vor vielen hundert Jahren geöffnet wurde. Für fünf Minuten in deinem Körper. Es wird ganz schnell gehen."
      Sie hielt ihm die Hand entgegen.
    • Aradan's kleiner Versuch Minerva mit gewissen Formulierungen auszutricksen ging leider ins Nichts. Aber es wunderte ihn auch nicht groß. Dieser Quälgeist war immerhin gewieft bis in die schemenhaften Spitzen. So hob er die Hände und nickte mit dem Kopf.
      "Gut okay. 5 weitere Minuten, du hast mein Wort. Zeig mir wovon du sprichst"
    • Minerva grinste noch viel breiter, dann ergriff sie seine Hand und die Welt löste sich in Nichts auf.
      Sie teleportierten sich, aber es dauerte nur einen Herzschlag lang. Das ganze Zwielicht und alles, was es mit sich brachte, schoss an ihnen vorbei wie ein Blitzschlag. Tausend Sinneseindrücke zogen gleichzeitig an ihnen vorbei, als sie mehrere Kilometer hinter sich brachten, die im Zwielicht sowieso allesamt stumpf und farblos gewirkt hätten. Sie verschwanden am einen Ort, überbrückten die Distanz und tauchten an dem anderen auf, als wäre nichts geschehen.
      Sie waren an einer graslosen Senke angekommen, in der es höchstens ein paar Felsen gab. Der Boden wirkte trocken, als habe er seit Jahren schon kein Wasser in sich aufgenommen, und in der Ferne erhoben sich die schemenhaften Umrisse von Bergen. Ein Flussbett lief dort auch entlang, aber es war trocken.
      Das Zwielicht war an diesem Ort anders, es war lebendiger. Eine Brise ergriff beide von ihnen, ein Wind, der im Zwielicht nicht existieren dürfte. Er brachte einen strengen Geruch mit sich, der an die Süße der Verwesung erinnerte, aber einen bitteren Nachgeschmack hatte. Der Geruch schien überall anzuhaften.
      Sie waren nicht alleine. Die Senke war vollgestopft mit Gestalten, manche davon sichtbarer als andere, aber alle tummelten sich dort, standen nur herum, stoßen sich durch die Menge oder gaben unverständliche Laute von sich. Es waren hunderte, tausende, wenn nicht gar millionen, die sich dort aus einem unersichtlichen Grund sammelten, ganz unabhängig welcher Art oder welcher Größe sie waren. Sie hatten alle dasselbe Ziel, aber das Ziel war nicht ersichtlich.
      Minerva hielt Aradans Hand noch immer gepackt und starrte ihn grinsend an. Ihre Haare wurden vom Wind erfasst, aber sie bewegten sich widernatürlich, als würde der Wind sie anziehen und nicht abstoßen.
      "Weiter können wir nicht rangehen, sonst wird es gefährlich. Der Sog ist stark und ich will nicht wissen, was er mit einem Wesen wie mir anstellt."
      Sie kicherte über einen unerkenntlichen Witz.
      "Siehst du die Meute? Die Verrückten? Sie wollen alle zum Tor, aber sie werden es nicht schaffen. Das Tor lässt nicht alle durch."
      Sie hob die andere Hand und zeigte auf die fernen Berge.
      "Wenn du es sehen willst, wirst du in der anderen Welt hingehen müssen. Du erkennst diesen Ort, wenn du ihn findest, dort wirst du auch das Tor sehen."
      Tatsächlich schien es an diesem Ort kaum einen Magiefluss zu geben, als habe er keine Chance, sich überhaupt erst zu entwickeln. Der beständige Strom im Boden schien ständig kurz davor sein abzufließen und zog auf der anderen Seite sicherlich seine Ressourcen aus der Umgebung.
      "Das Zwielicht und die Oberfläche gehen hier miteinander über. Wenn du dich anstrengst, kannst du die Vögel hören. Hörst du sie, Aradan?"
      Sie griff nach ihm und drängte sich an ihn heran.
    • Aradan musste all seine Instinkte im Zaum halten als Minerva ihm näher kam um seine Hand zu greifen. In diesem Moment hätte viel unerwartetes geschehen können, was dann auf unerwarteter Weise tatsächlich geschah.
      Beide hatten sich so schnell von einem Punkt zu einem anderen bewegt, dass Aradan's Kopf nicht hinterher kam. Undefinierbare Dinge schossen an ihm vorbei, wirkten dabei als würde die Realität einfach mehrere Dinge ineinander schmelzen lassen, doch verstand er schnell, als dieser unfassbare Wimpernschlag vorüber war. Kurz darauf verstand auch sein Körper, welcher im nächsten Augenblick eine starke Übelkeit hinauf beschwörte.
      "Verflucht Minerva... Das..."
      er gluckste immer mal wieder kurz auf, bis er sich wieder fasste und nur noch leicht schwankend aufrecht stehen konnte. Ungeachtet des Ortes, blickte er dabei vorerst den Quälgeist an und war sich einmal mehr im Klaren dass dieses Wesen mehr auf dem Kasten hatte als ihm lieb war. Aber vielleicht würde er daraus noch seinen Nutzen ziehen können.
      Erst dann sah er sich an worauf Minerva hin wies, was dafür sorgte ihm die Verwunderung in sein Gesicht zu schreiben.
      "Was um alles in der Welt... Was ist das?"
      Entgegen des Rates schritt er noch einen Meter voran als würde es ihm mehr Einblick gewähren
      "Willst du mir etwa sagen dass ein Durchgang von deiner in meine Welt existiert? Das kann nicht sein. Nein.. Das DARF nicht sein."
      Eine Mischung aus Unglaube und Tatendrang staute sich in Aradan auf. Zu gerne wäre er augenblicklich in die Senke vorgestoßen um mehr in Erfahrung zu bringen, doch konnte auch er spüren dass es sich einfach nicht normal anfühlte auch nur dort zu stehen wo er jetzt stand.
      Der Drang Minerva Fragen zu stellen wurde immer und immer größer, beinahe unerträglich wurde es für Aradan sich zurück zu halten, doch wollte er ihr einfach keinen ganzen Tag an Zeit schenken, was wohl der Fall gewesen wäre, wenn er all seine Fragen nun offen stellen würde.
    • Minerva sah mit einer Mischung aus unverholener Schadenfreude zu Aradan auf, als würde sie sich von seinem offenen Unwissen laben. Sie umkreiste ihn ein wenig, versuchte aus seiner Ratlosigkeit den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.
      "Natürlich, Dummerchen. Wie meinst du denn ist die Welt kollabiert? Etwa durch einen fehlgeleiteten Feuerzauber? Ha!"
      Sie stieß ihr kurzes, schrilles Lachen aus und sah dann selbst wieder auf die Massen dunkler Gestalten, die sich sich träge dem fernen Punkt zuwandten. Die Berge, zu denen Minerva gezeigt hatte, wirkten wie tote Giganten, die die Masse wie die Fliegen anzogen.
      "Kannst du dir vorstellen, dass sie über all die Jahrhunderte immer noch intakt sind? Ein erstaunliches Wunder. Ich kann dir mehr davon zeigen, wenn du mich nur in deine Welt mitnimmst. Ich kann dir alles zeigen was du begehrst."
      Sie schmiegte sich an ihn und stieß ein kehliges Schnurren aus, so als wollte sie ihn umgarnen.

      Unterdessen war Urudin tot.
      Natürlich war er nicht tot im Sinne der lebendigen Welt, denn dafür musste seine Seele sterben und die war mit dem Zwielicht verbunden so wie der Energiefluss - er war noch existent, aber im Vergleich zu allen Seelen, die einen Körper besaßen, hatte er eben keinen und deswegen war er tot.
      Er hatte lange gebraucht um diesen Unterschied zu verstehen und noch länger hatte er gebraucht, bis er den Grund dafür entschlüsselt hatte. Leider konnte er sich nicht mehr daran erinnern, was genau er verstanden hatte; Das war einer seiner vielen Gedächtnislücken, die er mit sich trug. An lichten Momenten, so wie die, die er in der Nähe des Menschenmanns häufiger bekam, glaubte er fast, dass dieses Verstehen etwas damit gemeinsam hatte, dass er tot war, aber die lichten Momente kamen sehr selten. Meistens existierte er einfach nur so dahin.
      Seine Seele hatte keinen festen Ort im Zwielicht. Sie war gleichzeitig überall und nirgendwo, sie war in dem Energiestrom, der durch die Luft floss und sie war in den schattenhaften Umrissen der Bäumen aus der anderen Welt, sie war im Boden und sie war im Stein. Sie war nicht greifbar und sie war auch nicht an einen Ort gebunden, sie war Teil des Zwielichts und das Zwielicht war einfach überall. Wenn er sich anstrengte, konnte er die Stimmen aller anderen Seelen hören, die nicht waren.

      Meistens befand er sich in einem Zustand des Diliriums. Das Zwielicht, und damit auch er selbst, war gewaltig und daher mit seinem menschlichen Verstand kaum zu bewältigen. Wenn er nicht über die Jahre hinweg mit dem Zwielicht verschmolzen wäre, so wie alles tote mehr und mehr damit verschmolz, hätte er die Flut an Informationen, die jeden einzelnen Moment auf ihn einflossen, vielleicht zu seinem Vorteil nutzen können, aber sein Verstand war träge. Er war wie eine breiige Masse, die sich zäh dahinschob, kaum stark genug um sich aus eigenem Antrieb zu bewegen und daher auf die Gravitation angewiesen, die sie voranschob. Es war so schwierig zu denken also dachte er manchmal gar nicht.
      Dann veränderte sich allerdings etwas. Etwas erregte die Aufmerksamkeit seines menschlichen Überbleibsels, seinem Instinkt, verrottet und faulig, der sich müde regte, als habe er etwas beizutragen. Was hast du mir zu sagen, alter Instinkt? Ich dachte, ich habe dich schon vor Jahren umgebracht. Bist du etwa wieder?
      Er strengte seinen Verstand an. Fast hätte er geschwitzt, wenn er einen Körper hätte, aber er war ja das Zwielicht. Das Zwielicht schwitzte nicht.
      Tausend Eindrücke schossen an ihm vorbei, während er versuchte herauszufiltern, welchen davon ihn so erregt hatte. Es war nur ein einziger und es war unheimlich schwierig, ihn aus dem Meer des Zwielichts herauszufischen. Hilf mir, Instinkt. Ich glaube, das ist wichtig.
      Er sah ihn. Ihn! Er war an einem Ort, vor dem Urudin zurückschreckte, aber irgendetwas sagte ihm, dass der Ort wichtig war. Er war wichtig und dadurch, dass er wichtig und an diesem wichtigen Ort war, musste das ein wichtiges Ereignis sein.
      Konnte es sein? Dass das Ereignis war? Er wusste nicht, wieso ihn das so erregte, aber es hatte irgendetwas mit dem Gespräch zu tun, das er mit dem Menschenmann vor vielen Jahren geführt hatte. Ja, das war.
      Er konzentrierte sich auf die Umgebung des Menschenmanns und während er sich konzentrierte, spürte er, dass das Licht des Mannes sich auf ihn abfärbte. Er spürte, wie sein träger Verstand sich erst schrumpfte und dann ausdehnte, wie eine verschrumpelte Blume, die zum ersten Mal in Jahrhunderten Sonnenlicht erfuhr. Es war unangenehm, aber gleichzeitig war es wichtig. Er begann sich zu manifestieren.

      Die Luft um Aradan und Minerva herum begann zu flimmern und sich zu verzerren und Minerva kniff skeptisch die Augen zusammen. Sie hörte auf sich so an Aradan heranzuschmusen und trat auf das Flimmern zu, ehe langsam eine Gestalt hervorkam und sie ihn erkannte.
      "Du schon wieder! Verzieh dich von hier!! Du hast genug angerichtet!"
      Sie ruderte mit den Armen, als könne sie seine Gestalt dadurch vertreiben, aber Urudin manifestierte sich nur so weit, bis er anständig reden konnte und besaß daher keinen richtigen Körper. Bald schwebte er wieder vor ihnen in der Luft, wie er es schon einmal getan hatte.
      Er musste sich erst von den Eindrücken des Zwielichts losreißen, um sich auf den einzelnen Ort zu konzentrieren, an den er sich konzentrierte. Das war äußerst anstrengend und äußerst erschöpfend und während er sich konzentrierte, glitt sein Blick ab durch die Luft, als habe er noch gar nicht bemerkt, dass Aradan und Minerva anwesend waren. Erst Aradans Anwesenheit fing an, ihm ins Hier und Jetzt zu verhelfen.
      "Ah. Menschenmann. Du bist noch immer? Es ist lange her. Fünf Jahre ist's her."
      Sein Verstand siebte träge dahin und das ärgerte ihn. Er wollte dem Mann etwas sagen, es war wichtig. Wenn er doch nur wusste was!
      "Dieser Ort..."
      Er trieb langsam zur Seite und ließ einen trüben Blick über die dunkle Menge schweifen.
      "... ist wichtig. Ich... habe vergessen."
      "Siehst du! Bleib lieber tot, wo du hingehörst!! Ich werd' allen sagen, dass du nicht tot bist, wenn du nicht verschwindest!!"
    • Aradan wich jedes Mal etwas zurück wenn sich Minerva wieder an ihm Rieb wie eine unvorhersehbare Katze, von welcher man nie wusste ob sie einen nun mochte oder nur auf eine Gelegenheit lauerte ihre Krallen ins Fleisch zu jagen. Er respektierte dieses Wesen auf einer Seite, hielt sich aber immer im Hinterkopf was dieses Ding schon angestellt hatte, was ihn auch dazu brachte mit entschlossener Abneigung auf ihre ersten Worte zu reagieren.
      "Ich soll dich mit in meine Welt nehmen? Du weißt aber schon was du bisher alles angerichtet hast oder? Lasse ich so etwas zu, werden alle die mir etwas bedeuten darunter leiden. Unser '5 Minuten pro Frage' Deal birgt schon zu viele Risiken als ich zählen kann. Da müssten wir schon einen deutlich komplizierteren Vertrag schließen dass ich mit einem Wesen wie dir etwas so gefährliches eingehen könnte."
      Stechend blickte er sie nach seinen Worten an
      "Damit will ist sagen.. Ver~giss~es"
      Seine Worte untermalten dass er zwar interessiert an Antworten war, doch niemals im Austausch für Minerva ohne Zeitbegrenzung in seiner Welt. Und selbst wenn, hatte Aradan gar keine Ahnung wie er so etwas bewerkstelligen sollte. Was das Zwielicht betraf, war er wie Minerva richtig erkannte, ein regelrechter Anfänger.. Was schon lustig war, wenn man bedachte dass er bereits zwei Jahre nichts anderes tat als unter der Leitung von Anniera die Mystiken des Zwielichts zu erforschen. Außer Vermutungen konnten sie in all der Zeit kaum etwas herausfinden. Nur wie Aradan die Energie darin nutzen konnte, war einigermaßen erschließbar.

      Doch dann geschah erneut etwas vollkommen unerwartetes. Erst diese seltsame Senke, dann die Spielerei von Minerva und nun das. Vor ihm bildete sich tatsächlich Urudin, welchen er zuvor unter Anstrengung kaum zu sich rufen konnte und nun passierte es von ganz alleine? Noch dazu klar verständlich?
      Das widerwillige Verhalten von Minerva bestärkte Aradan anschließend umso mehr diesem scheinbar enorm verwirrten Geist zuzuhören, also zischte er nur
      "Sei still!"
      in Minerva's Richtung, samt einer kreisenden Handbewegung, welche unmittelbar unter Minerva vier dicke Eisen Ketten aus dem Boden schießen lies. Die Enden verschmolzen direkt mit Minerva's Hand und Fuß Gelenken und rissen diese Augenblicklich zu Boden. Und um diese ruhig zu stellen, legte sich auch eine fünfte Kette über ihren Mund welcher ihre Fähigkeit zu sprechen wie ein heftiger Knebel auf den Boden drückte.
      Daraufhin widmete sich Aradan dem erneut verstreut wirkendem Urudin.
      "Urudin. Was möchtest du mir sagen? Kann ich dir helfen dich zu erinnern?"
      Er schritt auf Urudin zu und hielt ihm seine Hand so weit hin bis sich beide ineinander legten, in der Hoffnung dass dies vielleicht etwas bewirken könnte.