Lovely hidden danger
Sasako Mitsua
Riki, Tsubasa. Beinahe gelangweilt las Sasako das kleine Namensschild neben der metallenen Wohnungstür. Keine zwei Zentimeter daneben lud ein heller Klingelknopf dazu ein, einen schallenden Rington im Inneren der Wohnung zu erzeugen, um den Bewohner an die Tür zu bestellen. Sie machte keine Anstalten dieser Einladung Folge zu leisten, sondern mussterte stattdessen den kleinen Weidenkorb in ihren Händen. Unterhalb des hellblauen Tuches, dass sie darüber gelegt hatte, verbargen sich drei Stück Käsekuchen, mehrere frische Äpfel vom Markt zwei Straßen weiter und ein kleiner Erfrischungsdrink vom Combini.
"Wenn du ihm ein paar Geschenke als neue Nachbarin machst, wirst du sicherlich schnell sein Vetrauen gewinnen können." So oder so ähnlich waren Mikas Worte gewesen, als die junge Jägerin Sasako diesen Korb samt Inhalt in die Arme gedrückt hatte. "Danach musst du nur noch dein übliches Ding abziehen und dann wirst du diese Mission in Null Komma Nix erledigt haben."
"Mein übliches Ding abziehen...", wiederholte Sasako die Worte ihrer älteren Kollegin und festigte den Griff ihrer linken Hand um den Henkel des Korbes, während sie sich mit der freien rechten durch die wirren Strähnen ihres Kopfhaares fuhr. Sie hätte sich die Zotteln zusammenbinden sollen. Die kühle und frische Abendluft Tokyos sorgte nur umso mehr dafür, dass sich ihr ebenholzschwarzes Haar in wirren Wellen um ihr Gesicht legte und kitzelnd über ihre Nasen strich, sobald die kleinste Windböhe aufkam. Immer wieder blieben ihre schlanken Finger in kleinen Fitzen hängen, welche sie daraufhin weniger vorsichtig als gewaltsam durchkämmte. Dabei hatte sie sich ihre störrische Mähne erst heute Morgen frisch gewaschen. Selbst jetzt noch hing der Duft nach frischen Äpfeln in der Luft, mit dem ihr Shampoo versehen war, aber ihre "wilde" Haarpracht hatte das dennoch nicht bendigen können. Als sie die Hand letztlich von ihrem Kopf löste, legte sich ihr Blick erneut auf das kleine Klingelschild, bevor ihre Augen die graue und stabil wirkende Tür selbst begutachteten. Wie die meisten Wohnungen Tokyos, war auch diese mit einem elektronischen Schloss versehen, dass man entweder mit einer speziellen und nur dem Eigentümer vorbestimmten Key-Card öffnen konnte, oder indem man den meist vierstelligen Zahlencode des Verieglungsmechanismuses im dunklen Zahlenfeld eingab. Natürlich gab es auch andere Wege und Mittel die Tür "gewaltsam" und unerlaubt zu öffnen, um sich illegal Eintritt zu verschaffen, aber es war längst nicht mehr so einfach wie noch vor knapp acht Jahren, als ein einfaches Dietrichset einem die Pforten zu fast jeder Tür hatte öffnen können. Heute waren beinahe alle Wohnungen mit diesen neumodigen Anlagen geschützt, egal ob teure Miete oder nicht. Es war schlicht weg Standart geworden... Hier kam man nur mit etwas Tech-Wissen und Hackerfähigkeiten weiter. Beides keine Qualitäten mit denen Sasako sonderlich viel prahlen konnte, also musste sie sich auf die altmodische Art und Weise Zutritt verschaffen. Das zarte grün ihrer Augen wanderte zurück zur Ausgangsposition und musterte nun zum mindestens fünften Mal den Klingelknopf neben dem Namensschlid. Doch ihre Hand machte noch immer keine Anstalten sich auf diese zuzubewegen.
Sie hatte schon dutzende Aufträge dieser Art absolviert. Immer wieder hatte man sie Vampire bespitzeln lassen, um ihren düsteren Machenschaften auf den Grund gehen zu können, um eventuelle Verbündete zu enttarnen und ihre Rückzugsorte auszuräuchern. Sasako besaß ein unverkennbares Talent dazu, sich unbemerkt in die Leben anderer zu schleichen, ohne dass sie großartigen Verdacht schöpfen konnten, gerade von einer Jägerin beobachtet zu werden. So hatte sie schon mehrere Vampirleben ausraddieren können, bevor Betroffene überhaupt in Verteidigungstellung gehen konnten. Aber das hier... Dieser Auftrag unterschied sich von all den bisherigen.
Tsubasa Riki war zwar Hauptverdächtiger der Jägergilde Tokyos, wenn es um die vergangenen zehn Fälle von blutleeren Leichen ging, die man in den letzten zwei Monaten in nahegelegenen Gassen hatte finden müssen, aber feste Beweise gab es keinen einzigen. Sie wussten nicht einmal genau, ob der junge Mann überhaupt ein Blutsauger war. Einzige Hinweise darauf waren nur, dass man ihn Tagsüber kaum zu Gesicht bekam, während er an den Abenden und Nachts entweder in einer kleinen Baar unweit dieses Wohnblockes arbeitete oder sich mit Freunden traf, um durch die Stadt zu wandern und Discotheken zu besuchen. Zudem schien er tagsüber nicht auf eine Sonnebrille und blickdichte Kleidung verzichten zu können. Außerdem hatte die Gilde ein paar verdächtige Transaktionen zwischen ihm und dem nächsten städtischen Krankenhaus aufdecken können. Natürlich würde auch Sasako bei all diesen Indizien davon ausgehen, dass er ein nachtaktiver Vampir sein musste, aber auch das würde noch lange nicht beweisen, dass er der Möder dieser blutleeren Leichen war. Einziger Hinweis war eine Zeugenaussage eines Obdachlosen, der einen jungen Mann, dessen Beschreibung auf Tsubasa Riki passte, an einem der Tatorte gesehen haben wollte. Das besagter Obdachloser allerdings schwer drogenabhängig war, machte die Beweislage leider umso wackeliger. Trotzdem hatte die Gilde sofort damit begonnen den potenziellen Täter zu beschatten, leider ohne wikrkliche Ergebnisse. Also war der Kerl entweder verdammt gut darin, seine wahre Natur vor der Außenwelt zu verbergen oder es handelte sich bei ihm einfach nur über einen unschuldigen Menschen mit Sonnenallergie und dem altruistischem Bedürfniss dem Krankenhaus ein paar nette Spenden zukommen zu lassen.
Das milde Seufzen, dass über Sasakos Lippen glitt erreichte kaum ihre eigenen Ohren, während sie sich an den Befehl ihres Vorgesetzten, Rikosu Noya, erinnerte. Der alte Mann hatte nicht gezögert, die junge Jägerin mit diesem Fall zu betrauen, auch wenn er ihr dabei einen quasi unmöglichen Auftrag erteilte: "Freunde dich mit Tsubasa Riki an."
Sie? Die nicht einmal wusste, was wirkliche Freundschaft war? Sie konnte Emotionen bis zum Rand der Perfektion mimen und ihr Gegenüber schnell und präzise einschätzen, ja. Aber tiefes Vertrauen aufbauen, um eine tiefe und ernsthafte Freundschaft zu bilden? Unmöglich... Vor allem nicht, wenn das Zielobjekt ein potenziell blutgieriger und mordender Vampir war. Aber Befehl war Befehl und sie würde einen Teufel tun, sich mit Noya-san anzulegen... der alte Kauz würde ihr gnadenlos den Hintern versohlen und sie für die nächsten Wochen in den Innendienst verbannen, wo sie Tag ein Tag aus Akten sortieren und auswerten dürfte. Da "freundete" sie sich lieber mit einem elenden Blutsauger an.
Endlich fest entschlossn ließ sie einmal lang die Luft aus ihren Lungen strömen und fixierte ein letztes Mal den Klingelknopf. Doch noch bevor sie ihren Zeigefinger gegen den weißen Buzzer drückte, ließ sie die Hand noch einmal kontrollierend unter den breiten Ledergürtel auf Höhe ihres Steißes fahren. Zwischen ihrer dunkelblauen Jeans im Used-Look und dem Gürtel verbarg sich eine dünne und absolut scharfe Klinge mit Silberummantelung. Erst als sie den stoffbezogenen Griff der Waffe ertasten konnte, ließ sie die Schultern etwas entspannter sinken und verbarg die Klinge dann unter ihrem schwarzen T-Shirt mit Überlänge. Als sie von einem Fuß auf den anderen trat stieß zudem auch das kalte Metall des kleinen Silberdolches im inneren ihrer wadenhohen schwarzen Lederstiefel gegen den dünnen Jeanstoff. Ihre beste Absicherung gegen jegliche Vampirangriffe.
Endlich fand ihr Zeigefinger das Plaste des Klingelknopfes und löste im Inneren der Wohnung einen schrillen Summton aus. Sasako hatte sich im Vorhinein versichert, dass ihr Zielobjekt noch Zuhause war. Wenn die Informationen der Gilde und ihre eigenen Beobachtungen korrekt waren, würde seine Schicht in der Bar erst in einer Dreiviertelstunde beginnen. Spästestens dann sollte die tief über der Skyline hängende Sonne in ihrem Rücken vollständig untergangen sein. Doch im Moment hüllte sie den schmalen Außenflur des alten Wohnhauses in ein tiefes Orange, dass von der weißen Hausfront gespiegelt zu werden schien.
Sasako konnte schließlich Bewegung hinter der Tür ausmachen, bevor sich das elektronische Schloss auch schon begleitet mit einer leisen Melodie entriegelte. Umgehend kleistertete sie sich ein zutiefst freundliches und zugleich nicht übertrieben wirkendes Lächeln auf die mit Lippgloss beschmierten Lippen. Kaum einen Moment später wurde die Wohnungstür geöffnet und Sasako sah sich strahlend blauen Augen entgegen, die im Meer der untergehenden Sonne wie Kristalle zu funkeln schienen und durch die blendend weißen Haare nur noch weiter betont worden. Sie hatte sich noch nie sonderlich viele Gedanken um Schönheit und ihre Auswirkungen auf andere gemacht, noch hatte sie sich jemals besonders zu einer anderen Person und dessen Aussehen hingezogen gefühlt oder sie gar angehimmelt, wie es die Mädchen in so vielen klicheehaften Erzählungen, Filmen und Mangas taten. Doch heute konnte sie zum ersten Mal in ihrem Leben über eine Person behaupten: Tsubasa Riki war schön. Zumindest soweit sie es anhand seiner hoch aufragenden Statur, den markanten und zugleich weichen Gersichtzügen, mit den besonderen Augen und den langen Wimpern beurteilen konnte. All des war jedoch nur äußerlich. Sollte er sich als der mörderische Vampir heraustellen, als den man ihn verdächtigte, würde ihn sein attraktives Gesicht noch lange nicht vor ihrer gnadenlosen Klinge bewahren.
"Schönen guten Abend." Zuckersüß und freundlich tanzte ihre hohe Stimme über ihre Zunge, während sie sich samt Weidenkorb in Händen höflich vor ihrem Gegenüber verbeugte. "Mein Name ist Sasako Mitsua. Ich bin heute Mittag nebenan eingezogen." Kurz nickte sie zur Wohnungstür nur knapp vier Meter weiter, hinter welcher sich ein kleines Chaos an Umzugskartons stapelte. Alles Sachen die sie keineswegs nötig hatte, aber eine leere Wohnung würde nur unnötig Verdacht schöpfen. "Daher wollte ich mich bei meinen neuen Nachbarn vorstellen, allerdings scheinen außer uns beiden nur noch zwei weitere diese Etage zu bewohnen?" Sie ließ den Blick den Flur auf und abwandern und zuckte dann wie beiläufig mit den Schultern. "Leider scheinen die aber ausgeflogen zu sein." Wieder schenkte sie ihrem Gegenüber ein freundlich anmutendes Lächeln und hielt ihm dann den Weidenkorb entgegen. "Bin ich froh, zumindest Sie noch antreffen zu können. Ich hoffe Sie können dieses kleine Geschenk annehmen. Auf eine gute Nachbarschaft." Sie hatte heute morgen noch mit dem Gedanken gespielt, Silberdraht in den Henkel des Korbes einzuflechten, um sein Vampirblut entarnen zu können. Hatte diesen Plan aber schnell wieder verworfen. Sollte Tsubasa Riki wie vermutet wirklich ein mordlustiger Vampir sein, würde sie ihn maxmial oberflächlich verletzen können, während er umgehend gewarnt wäre und sie sicherlich rücksichtslos attackieren würde. Solange sie noch nicht wusste, wie stark dieser Kerl war und welche Fähigkeiten er besaß, käme es also einem Selbstmord gleich, ihn so "austricksen" zu wollen. Also musste vorerst wohl wirklich der "Freundschaftsplan" herhalten.
Riki, Tsubasa. Beinahe gelangweilt las Sasako das kleine Namensschild neben der metallenen Wohnungstür. Keine zwei Zentimeter daneben lud ein heller Klingelknopf dazu ein, einen schallenden Rington im Inneren der Wohnung zu erzeugen, um den Bewohner an die Tür zu bestellen. Sie machte keine Anstalten dieser Einladung Folge zu leisten, sondern mussterte stattdessen den kleinen Weidenkorb in ihren Händen. Unterhalb des hellblauen Tuches, dass sie darüber gelegt hatte, verbargen sich drei Stück Käsekuchen, mehrere frische Äpfel vom Markt zwei Straßen weiter und ein kleiner Erfrischungsdrink vom Combini.
"Wenn du ihm ein paar Geschenke als neue Nachbarin machst, wirst du sicherlich schnell sein Vetrauen gewinnen können." So oder so ähnlich waren Mikas Worte gewesen, als die junge Jägerin Sasako diesen Korb samt Inhalt in die Arme gedrückt hatte. "Danach musst du nur noch dein übliches Ding abziehen und dann wirst du diese Mission in Null Komma Nix erledigt haben."
"Mein übliches Ding abziehen...", wiederholte Sasako die Worte ihrer älteren Kollegin und festigte den Griff ihrer linken Hand um den Henkel des Korbes, während sie sich mit der freien rechten durch die wirren Strähnen ihres Kopfhaares fuhr. Sie hätte sich die Zotteln zusammenbinden sollen. Die kühle und frische Abendluft Tokyos sorgte nur umso mehr dafür, dass sich ihr ebenholzschwarzes Haar in wirren Wellen um ihr Gesicht legte und kitzelnd über ihre Nasen strich, sobald die kleinste Windböhe aufkam. Immer wieder blieben ihre schlanken Finger in kleinen Fitzen hängen, welche sie daraufhin weniger vorsichtig als gewaltsam durchkämmte. Dabei hatte sie sich ihre störrische Mähne erst heute Morgen frisch gewaschen. Selbst jetzt noch hing der Duft nach frischen Äpfeln in der Luft, mit dem ihr Shampoo versehen war, aber ihre "wilde" Haarpracht hatte das dennoch nicht bendigen können. Als sie die Hand letztlich von ihrem Kopf löste, legte sich ihr Blick erneut auf das kleine Klingelschild, bevor ihre Augen die graue und stabil wirkende Tür selbst begutachteten. Wie die meisten Wohnungen Tokyos, war auch diese mit einem elektronischen Schloss versehen, dass man entweder mit einer speziellen und nur dem Eigentümer vorbestimmten Key-Card öffnen konnte, oder indem man den meist vierstelligen Zahlencode des Verieglungsmechanismuses im dunklen Zahlenfeld eingab. Natürlich gab es auch andere Wege und Mittel die Tür "gewaltsam" und unerlaubt zu öffnen, um sich illegal Eintritt zu verschaffen, aber es war längst nicht mehr so einfach wie noch vor knapp acht Jahren, als ein einfaches Dietrichset einem die Pforten zu fast jeder Tür hatte öffnen können. Heute waren beinahe alle Wohnungen mit diesen neumodigen Anlagen geschützt, egal ob teure Miete oder nicht. Es war schlicht weg Standart geworden... Hier kam man nur mit etwas Tech-Wissen und Hackerfähigkeiten weiter. Beides keine Qualitäten mit denen Sasako sonderlich viel prahlen konnte, also musste sie sich auf die altmodische Art und Weise Zutritt verschaffen. Das zarte grün ihrer Augen wanderte zurück zur Ausgangsposition und musterte nun zum mindestens fünften Mal den Klingelknopf neben dem Namensschlid. Doch ihre Hand machte noch immer keine Anstalten sich auf diese zuzubewegen.
Sie hatte schon dutzende Aufträge dieser Art absolviert. Immer wieder hatte man sie Vampire bespitzeln lassen, um ihren düsteren Machenschaften auf den Grund gehen zu können, um eventuelle Verbündete zu enttarnen und ihre Rückzugsorte auszuräuchern. Sasako besaß ein unverkennbares Talent dazu, sich unbemerkt in die Leben anderer zu schleichen, ohne dass sie großartigen Verdacht schöpfen konnten, gerade von einer Jägerin beobachtet zu werden. So hatte sie schon mehrere Vampirleben ausraddieren können, bevor Betroffene überhaupt in Verteidigungstellung gehen konnten. Aber das hier... Dieser Auftrag unterschied sich von all den bisherigen.
Tsubasa Riki war zwar Hauptverdächtiger der Jägergilde Tokyos, wenn es um die vergangenen zehn Fälle von blutleeren Leichen ging, die man in den letzten zwei Monaten in nahegelegenen Gassen hatte finden müssen, aber feste Beweise gab es keinen einzigen. Sie wussten nicht einmal genau, ob der junge Mann überhaupt ein Blutsauger war. Einzige Hinweise darauf waren nur, dass man ihn Tagsüber kaum zu Gesicht bekam, während er an den Abenden und Nachts entweder in einer kleinen Baar unweit dieses Wohnblockes arbeitete oder sich mit Freunden traf, um durch die Stadt zu wandern und Discotheken zu besuchen. Zudem schien er tagsüber nicht auf eine Sonnebrille und blickdichte Kleidung verzichten zu können. Außerdem hatte die Gilde ein paar verdächtige Transaktionen zwischen ihm und dem nächsten städtischen Krankenhaus aufdecken können. Natürlich würde auch Sasako bei all diesen Indizien davon ausgehen, dass er ein nachtaktiver Vampir sein musste, aber auch das würde noch lange nicht beweisen, dass er der Möder dieser blutleeren Leichen war. Einziger Hinweis war eine Zeugenaussage eines Obdachlosen, der einen jungen Mann, dessen Beschreibung auf Tsubasa Riki passte, an einem der Tatorte gesehen haben wollte. Das besagter Obdachloser allerdings schwer drogenabhängig war, machte die Beweislage leider umso wackeliger. Trotzdem hatte die Gilde sofort damit begonnen den potenziellen Täter zu beschatten, leider ohne wikrkliche Ergebnisse. Also war der Kerl entweder verdammt gut darin, seine wahre Natur vor der Außenwelt zu verbergen oder es handelte sich bei ihm einfach nur über einen unschuldigen Menschen mit Sonnenallergie und dem altruistischem Bedürfniss dem Krankenhaus ein paar nette Spenden zukommen zu lassen.
Das milde Seufzen, dass über Sasakos Lippen glitt erreichte kaum ihre eigenen Ohren, während sie sich an den Befehl ihres Vorgesetzten, Rikosu Noya, erinnerte. Der alte Mann hatte nicht gezögert, die junge Jägerin mit diesem Fall zu betrauen, auch wenn er ihr dabei einen quasi unmöglichen Auftrag erteilte: "Freunde dich mit Tsubasa Riki an."
Sie? Die nicht einmal wusste, was wirkliche Freundschaft war? Sie konnte Emotionen bis zum Rand der Perfektion mimen und ihr Gegenüber schnell und präzise einschätzen, ja. Aber tiefes Vertrauen aufbauen, um eine tiefe und ernsthafte Freundschaft zu bilden? Unmöglich... Vor allem nicht, wenn das Zielobjekt ein potenziell blutgieriger und mordender Vampir war. Aber Befehl war Befehl und sie würde einen Teufel tun, sich mit Noya-san anzulegen... der alte Kauz würde ihr gnadenlos den Hintern versohlen und sie für die nächsten Wochen in den Innendienst verbannen, wo sie Tag ein Tag aus Akten sortieren und auswerten dürfte. Da "freundete" sie sich lieber mit einem elenden Blutsauger an.
Endlich fest entschlossn ließ sie einmal lang die Luft aus ihren Lungen strömen und fixierte ein letztes Mal den Klingelknopf. Doch noch bevor sie ihren Zeigefinger gegen den weißen Buzzer drückte, ließ sie die Hand noch einmal kontrollierend unter den breiten Ledergürtel auf Höhe ihres Steißes fahren. Zwischen ihrer dunkelblauen Jeans im Used-Look und dem Gürtel verbarg sich eine dünne und absolut scharfe Klinge mit Silberummantelung. Erst als sie den stoffbezogenen Griff der Waffe ertasten konnte, ließ sie die Schultern etwas entspannter sinken und verbarg die Klinge dann unter ihrem schwarzen T-Shirt mit Überlänge. Als sie von einem Fuß auf den anderen trat stieß zudem auch das kalte Metall des kleinen Silberdolches im inneren ihrer wadenhohen schwarzen Lederstiefel gegen den dünnen Jeanstoff. Ihre beste Absicherung gegen jegliche Vampirangriffe.
Endlich fand ihr Zeigefinger das Plaste des Klingelknopfes und löste im Inneren der Wohnung einen schrillen Summton aus. Sasako hatte sich im Vorhinein versichert, dass ihr Zielobjekt noch Zuhause war. Wenn die Informationen der Gilde und ihre eigenen Beobachtungen korrekt waren, würde seine Schicht in der Bar erst in einer Dreiviertelstunde beginnen. Spästestens dann sollte die tief über der Skyline hängende Sonne in ihrem Rücken vollständig untergangen sein. Doch im Moment hüllte sie den schmalen Außenflur des alten Wohnhauses in ein tiefes Orange, dass von der weißen Hausfront gespiegelt zu werden schien.
Sasako konnte schließlich Bewegung hinter der Tür ausmachen, bevor sich das elektronische Schloss auch schon begleitet mit einer leisen Melodie entriegelte. Umgehend kleistertete sie sich ein zutiefst freundliches und zugleich nicht übertrieben wirkendes Lächeln auf die mit Lippgloss beschmierten Lippen. Kaum einen Moment später wurde die Wohnungstür geöffnet und Sasako sah sich strahlend blauen Augen entgegen, die im Meer der untergehenden Sonne wie Kristalle zu funkeln schienen und durch die blendend weißen Haare nur noch weiter betont worden. Sie hatte sich noch nie sonderlich viele Gedanken um Schönheit und ihre Auswirkungen auf andere gemacht, noch hatte sie sich jemals besonders zu einer anderen Person und dessen Aussehen hingezogen gefühlt oder sie gar angehimmelt, wie es die Mädchen in so vielen klicheehaften Erzählungen, Filmen und Mangas taten. Doch heute konnte sie zum ersten Mal in ihrem Leben über eine Person behaupten: Tsubasa Riki war schön. Zumindest soweit sie es anhand seiner hoch aufragenden Statur, den markanten und zugleich weichen Gersichtzügen, mit den besonderen Augen und den langen Wimpern beurteilen konnte. All des war jedoch nur äußerlich. Sollte er sich als der mörderische Vampir heraustellen, als den man ihn verdächtigte, würde ihn sein attraktives Gesicht noch lange nicht vor ihrer gnadenlosen Klinge bewahren.
"Schönen guten Abend." Zuckersüß und freundlich tanzte ihre hohe Stimme über ihre Zunge, während sie sich samt Weidenkorb in Händen höflich vor ihrem Gegenüber verbeugte. "Mein Name ist Sasako Mitsua. Ich bin heute Mittag nebenan eingezogen." Kurz nickte sie zur Wohnungstür nur knapp vier Meter weiter, hinter welcher sich ein kleines Chaos an Umzugskartons stapelte. Alles Sachen die sie keineswegs nötig hatte, aber eine leere Wohnung würde nur unnötig Verdacht schöpfen. "Daher wollte ich mich bei meinen neuen Nachbarn vorstellen, allerdings scheinen außer uns beiden nur noch zwei weitere diese Etage zu bewohnen?" Sie ließ den Blick den Flur auf und abwandern und zuckte dann wie beiläufig mit den Schultern. "Leider scheinen die aber ausgeflogen zu sein." Wieder schenkte sie ihrem Gegenüber ein freundlich anmutendes Lächeln und hielt ihm dann den Weidenkorb entgegen. "Bin ich froh, zumindest Sie noch antreffen zu können. Ich hoffe Sie können dieses kleine Geschenk annehmen. Auf eine gute Nachbarschaft." Sie hatte heute morgen noch mit dem Gedanken gespielt, Silberdraht in den Henkel des Korbes einzuflechten, um sein Vampirblut entarnen zu können. Hatte diesen Plan aber schnell wieder verworfen. Sollte Tsubasa Riki wie vermutet wirklich ein mordlustiger Vampir sein, würde sie ihn maxmial oberflächlich verletzen können, während er umgehend gewarnt wäre und sie sicherlich rücksichtslos attackieren würde. Solange sie noch nicht wusste, wie stark dieser Kerl war und welche Fähigkeiten er besaß, käme es also einem Selbstmord gleich, ihn so "austricksen" zu wollen. Also musste vorerst wohl wirklich der "Freundschaftsplan" herhalten.
