Tempel von Arana
Kriegsrat
Wie gewünscht fanden sich die Großmächte von Taranoke in Aranas Tempel wieder, zusammengeführt von Codren Goldfield selbst, welche die leidige Pflicht der Begrüßung übernahm. Eigentlich grenzte es an Blasphemie, dass man den göttlichen Tempel nutzte um einen Krieg zu entfachen, aber es gab nicht viele sichere Orte in Taranoke für die Garlinger und wenn Vultjag nicht einen Monat lang brauchen sollte, um auf die Nordseite der Insel zu gelangen, mussten sie sich eben damit begnügen, was ihnen zur Verfügung stand.
Und das war bei weitem nicht schlecht. Der Tempel war noch nicht vervollständigt und erstrahlte bei weitem noch nicht in seiner angedachten Pracht, aber es war besser als die seelenlosen, brachen Ländereien von Goldfield - oder gar ein Tempel der Arana, der den Plünderern nicht stand gehalten hatte. Hauptsache, sie hatten einen Versammlungsort.
Skor Vultjag war der erste, der die Ratshalle bestaunen durfte, nachdem Codren sich schon ans Kopfende des langen Tisches gesetzt hatte. Der Anblick des Schlachtfürsts weckte gemischte Gefühle in ihr - die Narben der Verbrennungen ihres Armes pochten dumpf als bemerkten sie, wer soeben den Raum betreten hatte - aber diese Emotionen legten sich ein wenig, als Skor das Wort erhob. Er sprach mit außerordentlichem Respekt zu ihr und obwohl Codren wohl an ihrem gemeinsamen Vertrag gezweifelt hätte, wenn er das Gegenteil getan hätte, erfüllte es sie doch ein wenig mit Stolz dass dieser Mann - dieser Hüne - in solchen hohen Tönen zu ihr sprach. Sie konnte wohl ganz offiziell behaupten, ihren vultjagschen Titel verdient zu haben.
Sie imitierte seine Geste, von der sie unlängst aufgeschnappt hatte, dass es eine Respektsbezeugung war.
"Ich bin froh, dass Ihr es her geschafft habt. Lasst uns unsere Zusammenarbeit ähnlich erstrahlen wie in der Arena."
Sie lächelte sogar ein bisschen, was sich nicht mehr zeigte als durch ein einfaches Zucken ihres Mundwinkels. Sie hatte seit Floras Tragödie nicht mehr richtig gelächelt und glaubte, dass ihre Gesichtsmuskeln diese Bewegung unlängst verlernt hatten.
Neben ihr grüßte Rehna Skor knapp und mit dem nötigen Maß an Höflichkeit. Lyxaxu und Vultjag waren zwar keine unmittelbaren Feinde, aber Freunde waren sie auch nicht zwingend. Beide waren wegen Goldfield hier und in ihrem gewechselten Blick teilten sie sich genau das mit.
Herrolt ließ nicht lange warten, genauso wenig wie sein Schatten, den man typischerweise auch Grolf nannte. Sie ernteten sich verhaltenere Begrüßungen, nachdem keiner von beiden ein Hausherr war, und drängten sich den anderen Gästen gleich mit ihren Getränken auf. Jeder bekam etwas eingeschenkt, ob er nun wollte oder nicht, bevor die zwei sich neben Rehna niederließen. Herrolt machte anfänglich Anstalten sich neben Codren setzen zu wollen, aber auf ihrer Rechten saß bereits Rehna und zu ihrer Linken hatte sich Skor niedergelassen, also musste er sich wohl mit der mittelbaren Nähe begnügen. Er grinste viel und plapperte noch mehr, eine lästige Nebenwirkung von zu viel Alkohol auf der Herreise.
Vanya und Kal kamen als Vertreter der Elfen, aber teils auch als Unterstützer Garlingens und Goldfield. Sie begrüßten die Anwesenden freundlich und höflich, allerdings beschlich Kal eine gewisse Anspannung, während er sich vor dem Schlachtfürst verneigte. Bis auf Vanya schien es allerdings niemandem aufzufallen.
Und zu guter Letzt kamen wohl die wichtigsten Gäste im Bund. Codren stand auf, als das Trio hineinkam, angeführt von einer selbstsicheren, schwarzhaarigen Frau, die Codren beinahe nicht wiedererkannt hätte. Die Zeit hatte deutlich an Zaina Mehyve genagt und obwohl ihre charakteristischen Gesichtszüge noch zu erkennen waren, konnte man doch sehen, dass die letzten Monate ihre Spuren an ihr hinterlassen hatten. Noch eine Tragödie, die das Land Flora in die Schuhe schieben wollte und noch etwas, das Codren zurecht biegen musste.
"Prinzessin Zaina, ich freue mich außerordentlich Euch zu sehen. Ich hoffe, Ihr hattet eine gute Anreise."
Sie tauschten kurz Belanglosigkeiten aus, während denen Codren die Prinzessin musterte. Sie war ganz sicher dünner, als sie sie in Erinnerung hatte, aber sie war weit davon entfernt, ihren Kampfgeist zu verlieren. Zumindest eine gute Aussicht.
Das Thema kam schnell auf Flora und obwohl es Codren das Herz zusammenkrampfte bei dem schieren Gedanken daran, Flora potentiell töten zu müssen, hatte sie ihre Stimme doch erstaunlich fest im Griff, als sie entgegnete:
"Ich weiß, was geschehen muss. Wir werden diese Insel von Aranis befreien, auf die eine oder andere Weise."
Eine weitere Bemerkung blieb ihr allerdings im Hals stecken und sie flüchtete sich auf ihren Platz zurück, froh darum, dass Vanya das Gespräch weiterlenkte; zuerst auf das wichtigste Thema: Camisse. Sie lauschten Grolfs knapper Erzählung schweigend, wobei Codren sich eine weitere mentale Notiz davon machte, dass die Lage mit Camisse geklärt werden musste. Niemand auf Taranoke wollte das Zwergenvolk unterdrückt und womöglich sogar ausgelöscht sehen, aber ganz besonders mussten sie auch darauf achten, dass Aranis nicht noch über die Berge zu ihnen durchkommen konnte. Wenn sie freien Zugang hatte, würde es zunächst schwer für Lyxaxu werden sie aufzuhalten und gleich im Anschluss Goldfield.
"Wir werden Camisse alle Unterstützung geben, die wir uns leisten können", stellte Codren fest, obwohl sie sich bereits bewusst war, dass sie keine Versprechen abgeben konnte, die sie nicht ganz sicher einhalten konnte - und leider zählte das dazu. Sie würde allerdings versuchen zu helfen, so viel konnte sie versprechen.
Igast kündigte bereits seinen Erfolg mit dem Artefakt an, wurde aber von Codren wieder eingedämpft. Erst mussten sie sich einen Überblick über die Lage auf Taranoke verschaffen, bevor sie in die Details gehen konnten. Camisse hatten sie bereits gehört, jetzt waren die anderen dran.
"Tain schrieb mir, dass die Anzahl an Piraten zugenommen hat, einige sind wohl außer Kontrolle geraten - sie führt es auf Aranis' Einfluss zurück. Die See wird unsicher, es sollte vermieden werden über offene Gewässer zu reisen, Binnengewässer sind noch befahrbar. Die Händler trauen sich nicht mehr nach Camisse oder Mehyve, aber sie haben Kontakt zu einem, äh..."
Rehna stockte und sah zu den Mehyvern.
"... Anthein? Zu einem Anthein aufgenommen und liefern über Umwege. Dementsprechend geht es uns gut, Lyxaxu geht es gut, Tain geht es gut. Sie hat mir die Kontrolle über das gesamte Militär übertragen und ich bin dazu gewillt, die Mehrheit unserer Truppen für diese Schlacht aufzubringen. Schiffe eingeschlossen."
Sie kreuzte die Arme über der Brust, lehnte sich zurück und warf einen herausfordernden Blick in die Runde, mit dem sie zu sagen schien: Seid froh, dass ich auf eurer Seite bin.
Codren nickte ihr zu.
"Danke, Rehna. Wir - ich stehe tief in deiner und Tains Schuld."
Rehna warf einen Blick zu Skor und grinste dabei ein bisschen; wenn das ein Wettbewerb um Codrens Gunst war, hatte sie einen guten Vorsprung.
"Herrolt, wie sieht es bei Brerandt aus?"
Codrens Mann schoss auf seinem Stuhl in die Höhe, sichtlich erpicht darauf, die Aufmerksamkeit des Tisches auf sich zu lenken.
"Schloss Vaisyl und seine Truppen werden allen zur Verfügung stehen! Wir werden tun, was auch immer nötig ist!"
Codren kniff die Augen zusammen. Das war nicht, was sie hören wollte.
"Und Brerandt? Brerandt selbst?"
"Verkriecht sich in seinen Wäldern und verweigert die Kooperation - ich habe es versucht. Er hält die Sache für eine Angelegenheit Mehyves - nichts für ungut, Prinzessin - und wird wohl erst aktiv werden, wenn Mehyve Grenzen überschreitet. Oder seine Grenzen, um genauer zu sein. Ich konnte ihn nicht überzeugen.
Aber ich bin ja da! Haus Vaisyl besitzt gute Männer, tüchtige Männer; nicht wahr, Grolf?!"
Er klopfte seinem Freund auf den Rücken und strahlte dabei, als hätte er soeben den Sieg versprochen. Der Zwerg prostete ihm zu.
"... Nagut. Kal?"
Der Botschafter berichtete sachlich von den Schäden, welche die Elfen von Aranis eingesteckt hatten und dass sie sich mit Goldfield fest verbündet hätten, um sich gegenseitig zu helfen. Die Elfen liebten Flora und sie waren bereit alles zu tun, um die rechtmäßige Hausherrin zurückzuholen.
Codren nickte auch ihm zu.
Zu guter Letzt kam Zaina mit den neuesten Berichten aus Mehyve, mit der Arbeit an einem Aufstand, der Erzählung über die Hexe Kasli - die bei den meisten schon bekannt war - die sich den Thron einverleibt hatte und über die wirtschaftliche Lage des Landes. Die Hausherren von Valgross berichteten von ihren Truppen und ihren Mitteln, die zwar äußerst begrenzt waren, aber durch ihre gute Lage wett gemacht wurden. Es war essentiell, dass Valgross weiterhin von Mehyve aus agierte, denn sie allein konnten es schaffen einen Feldzug überhaupt zu ermöglichen. Die Truppen von Mehyve waren zwar ausgedünnt, einerseits durch Camisse und andererseits durch den Aufstand, aber sie waren noch immer zahlreich und bargen tödliche Magier unter ihnen, die allein eine ganze Truppe vernichten konnten. Entsprechend wichtig war eine vorherige, saubere Infiltration.
Schließlich berichtete auch Codren, wobei sie sämtliches Vertrauen in diesen Kriegsrat legte. Goldfield hatte selbstverständlich den meisten Schaden genommen, von dem bodenlosen Ruf zu Überfällen und Verlusten, die das Land ohne eine Aussicht auf ein Ende zermürbten. Es war schwierig, vor ehemaligen Feinden und potentiell zukünftigen Feinden seine Schwächen darzulegen, aber sie mussten alle wissen wie Aranis agierte und was sie als nächstes planen könnte. Codren versuchte daher, nichts auszulassen.
"... Wenn wir Aranis nicht im Frühjahr besiegen, werde ich verkaufen müssen, an wer auch immer gewillt ist, noch für mein Land zu bezahlen. Viele Felder sind verbrannt, es gibt nicht genug Bauern um die gesunden Felder zu bestellen, auch wenn sie grundsätzlich da wären - die Angst ist zu groß, zu weit verbreitet, im ganzen Land. Meine Lager sind beinahe leer und wenn der Winter wieder so lange dauert wie letztes Jahr, wird mir schlichtweg das Geld ausgehen. Dann wird es auch keine Weizen mehr geben."
Sie warf einen raschen Blick in die Runde, während sie eine ausdruckslose Miene zur Schau stellte. Sie wollte kein Mitleid, viel eher wollte sie Flora retten - Flora und ihr Land.
"Ich weiß, dass das alles hätte vermieden werden können, wenn wir besser auf Flora aufgepasst hätten, wenn wir früher erkannt hätten was vor sich geht, wenn ich Flora vielleicht davon hätte abhalten können, den Tempel überhaupt aufzusuchen. Sie wurde damals von diesem Priester Uzin in den Tempel gelockt und ich hatte es von Anfang an für eine schlechte Idee gehalten, ich musste sie dazu drängen überhaupt ein paar Soldaten als Geleitschutz mitzunehmen, andernfalls wäre sie dort ganz alleine aufgetaucht. Aber es hat dennoch nicht gereicht und jetzt muss ganz Taranoke dafür bezahlen. Ich möchte nur sagen, dass ich mir bewusst bin, dass das eine Sache von Goldfield ist weil wir - weil ich dafür verantwortlich bin und ich werde diese Sache auch wieder beseitigen, ich werde Flora zurückholen und andernfalls..."
Sie zögerte, aber nur für einen Moment.
"Andernfalls werde ich sie umbringen. Aber bis dahin möchte ich euch ins Gedächtnis rufen, was sie für euch getan hat - für jeden von euch. Skor, Ihr wärt ohne Flora nicht an der Macht; Rehna, ohne Flora hätte sich unlängst Rawan bei Lyxaxu eingenistet; Prinzessin Zaina, Flora hat für Euren rechtmäßigen Thron gekämpft und Kal, Flora hat selbstlos deine Königin gesucht und zurückgebracht. Wir verdanken Flora alle etwas und jetzt ist es an der Zeit, ihr diesen Dank zurückzuzahlen. Wir werden für Flora kämpfen, weil sie es verdient hat und weil Taranoke ohne sie nicht das wäre, was es heute ist. Stimmt ihr damit überein?"
Kriegsrat
Wie gewünscht fanden sich die Großmächte von Taranoke in Aranas Tempel wieder, zusammengeführt von Codren Goldfield selbst, welche die leidige Pflicht der Begrüßung übernahm. Eigentlich grenzte es an Blasphemie, dass man den göttlichen Tempel nutzte um einen Krieg zu entfachen, aber es gab nicht viele sichere Orte in Taranoke für die Garlinger und wenn Vultjag nicht einen Monat lang brauchen sollte, um auf die Nordseite der Insel zu gelangen, mussten sie sich eben damit begnügen, was ihnen zur Verfügung stand.
Und das war bei weitem nicht schlecht. Der Tempel war noch nicht vervollständigt und erstrahlte bei weitem noch nicht in seiner angedachten Pracht, aber es war besser als die seelenlosen, brachen Ländereien von Goldfield - oder gar ein Tempel der Arana, der den Plünderern nicht stand gehalten hatte. Hauptsache, sie hatten einen Versammlungsort.
Skor Vultjag war der erste, der die Ratshalle bestaunen durfte, nachdem Codren sich schon ans Kopfende des langen Tisches gesetzt hatte. Der Anblick des Schlachtfürsts weckte gemischte Gefühle in ihr - die Narben der Verbrennungen ihres Armes pochten dumpf als bemerkten sie, wer soeben den Raum betreten hatte - aber diese Emotionen legten sich ein wenig, als Skor das Wort erhob. Er sprach mit außerordentlichem Respekt zu ihr und obwohl Codren wohl an ihrem gemeinsamen Vertrag gezweifelt hätte, wenn er das Gegenteil getan hätte, erfüllte es sie doch ein wenig mit Stolz dass dieser Mann - dieser Hüne - in solchen hohen Tönen zu ihr sprach. Sie konnte wohl ganz offiziell behaupten, ihren vultjagschen Titel verdient zu haben.
Sie imitierte seine Geste, von der sie unlängst aufgeschnappt hatte, dass es eine Respektsbezeugung war.
"Ich bin froh, dass Ihr es her geschafft habt. Lasst uns unsere Zusammenarbeit ähnlich erstrahlen wie in der Arena."
Sie lächelte sogar ein bisschen, was sich nicht mehr zeigte als durch ein einfaches Zucken ihres Mundwinkels. Sie hatte seit Floras Tragödie nicht mehr richtig gelächelt und glaubte, dass ihre Gesichtsmuskeln diese Bewegung unlängst verlernt hatten.
Neben ihr grüßte Rehna Skor knapp und mit dem nötigen Maß an Höflichkeit. Lyxaxu und Vultjag waren zwar keine unmittelbaren Feinde, aber Freunde waren sie auch nicht zwingend. Beide waren wegen Goldfield hier und in ihrem gewechselten Blick teilten sie sich genau das mit.
Herrolt ließ nicht lange warten, genauso wenig wie sein Schatten, den man typischerweise auch Grolf nannte. Sie ernteten sich verhaltenere Begrüßungen, nachdem keiner von beiden ein Hausherr war, und drängten sich den anderen Gästen gleich mit ihren Getränken auf. Jeder bekam etwas eingeschenkt, ob er nun wollte oder nicht, bevor die zwei sich neben Rehna niederließen. Herrolt machte anfänglich Anstalten sich neben Codren setzen zu wollen, aber auf ihrer Rechten saß bereits Rehna und zu ihrer Linken hatte sich Skor niedergelassen, also musste er sich wohl mit der mittelbaren Nähe begnügen. Er grinste viel und plapperte noch mehr, eine lästige Nebenwirkung von zu viel Alkohol auf der Herreise.
Vanya und Kal kamen als Vertreter der Elfen, aber teils auch als Unterstützer Garlingens und Goldfield. Sie begrüßten die Anwesenden freundlich und höflich, allerdings beschlich Kal eine gewisse Anspannung, während er sich vor dem Schlachtfürst verneigte. Bis auf Vanya schien es allerdings niemandem aufzufallen.
Und zu guter Letzt kamen wohl die wichtigsten Gäste im Bund. Codren stand auf, als das Trio hineinkam, angeführt von einer selbstsicheren, schwarzhaarigen Frau, die Codren beinahe nicht wiedererkannt hätte. Die Zeit hatte deutlich an Zaina Mehyve genagt und obwohl ihre charakteristischen Gesichtszüge noch zu erkennen waren, konnte man doch sehen, dass die letzten Monate ihre Spuren an ihr hinterlassen hatten. Noch eine Tragödie, die das Land Flora in die Schuhe schieben wollte und noch etwas, das Codren zurecht biegen musste.
"Prinzessin Zaina, ich freue mich außerordentlich Euch zu sehen. Ich hoffe, Ihr hattet eine gute Anreise."
Sie tauschten kurz Belanglosigkeiten aus, während denen Codren die Prinzessin musterte. Sie war ganz sicher dünner, als sie sie in Erinnerung hatte, aber sie war weit davon entfernt, ihren Kampfgeist zu verlieren. Zumindest eine gute Aussicht.
Das Thema kam schnell auf Flora und obwohl es Codren das Herz zusammenkrampfte bei dem schieren Gedanken daran, Flora potentiell töten zu müssen, hatte sie ihre Stimme doch erstaunlich fest im Griff, als sie entgegnete:
"Ich weiß, was geschehen muss. Wir werden diese Insel von Aranis befreien, auf die eine oder andere Weise."
Eine weitere Bemerkung blieb ihr allerdings im Hals stecken und sie flüchtete sich auf ihren Platz zurück, froh darum, dass Vanya das Gespräch weiterlenkte; zuerst auf das wichtigste Thema: Camisse. Sie lauschten Grolfs knapper Erzählung schweigend, wobei Codren sich eine weitere mentale Notiz davon machte, dass die Lage mit Camisse geklärt werden musste. Niemand auf Taranoke wollte das Zwergenvolk unterdrückt und womöglich sogar ausgelöscht sehen, aber ganz besonders mussten sie auch darauf achten, dass Aranis nicht noch über die Berge zu ihnen durchkommen konnte. Wenn sie freien Zugang hatte, würde es zunächst schwer für Lyxaxu werden sie aufzuhalten und gleich im Anschluss Goldfield.
"Wir werden Camisse alle Unterstützung geben, die wir uns leisten können", stellte Codren fest, obwohl sie sich bereits bewusst war, dass sie keine Versprechen abgeben konnte, die sie nicht ganz sicher einhalten konnte - und leider zählte das dazu. Sie würde allerdings versuchen zu helfen, so viel konnte sie versprechen.
Igast kündigte bereits seinen Erfolg mit dem Artefakt an, wurde aber von Codren wieder eingedämpft. Erst mussten sie sich einen Überblick über die Lage auf Taranoke verschaffen, bevor sie in die Details gehen konnten. Camisse hatten sie bereits gehört, jetzt waren die anderen dran.
"Tain schrieb mir, dass die Anzahl an Piraten zugenommen hat, einige sind wohl außer Kontrolle geraten - sie führt es auf Aranis' Einfluss zurück. Die See wird unsicher, es sollte vermieden werden über offene Gewässer zu reisen, Binnengewässer sind noch befahrbar. Die Händler trauen sich nicht mehr nach Camisse oder Mehyve, aber sie haben Kontakt zu einem, äh..."
Rehna stockte und sah zu den Mehyvern.
"... Anthein? Zu einem Anthein aufgenommen und liefern über Umwege. Dementsprechend geht es uns gut, Lyxaxu geht es gut, Tain geht es gut. Sie hat mir die Kontrolle über das gesamte Militär übertragen und ich bin dazu gewillt, die Mehrheit unserer Truppen für diese Schlacht aufzubringen. Schiffe eingeschlossen."
Sie kreuzte die Arme über der Brust, lehnte sich zurück und warf einen herausfordernden Blick in die Runde, mit dem sie zu sagen schien: Seid froh, dass ich auf eurer Seite bin.
Codren nickte ihr zu.
"Danke, Rehna. Wir - ich stehe tief in deiner und Tains Schuld."
Rehna warf einen Blick zu Skor und grinste dabei ein bisschen; wenn das ein Wettbewerb um Codrens Gunst war, hatte sie einen guten Vorsprung.
"Herrolt, wie sieht es bei Brerandt aus?"
Codrens Mann schoss auf seinem Stuhl in die Höhe, sichtlich erpicht darauf, die Aufmerksamkeit des Tisches auf sich zu lenken.
"Schloss Vaisyl und seine Truppen werden allen zur Verfügung stehen! Wir werden tun, was auch immer nötig ist!"
Codren kniff die Augen zusammen. Das war nicht, was sie hören wollte.
"Und Brerandt? Brerandt selbst?"
"Verkriecht sich in seinen Wäldern und verweigert die Kooperation - ich habe es versucht. Er hält die Sache für eine Angelegenheit Mehyves - nichts für ungut, Prinzessin - und wird wohl erst aktiv werden, wenn Mehyve Grenzen überschreitet. Oder seine Grenzen, um genauer zu sein. Ich konnte ihn nicht überzeugen.
Aber ich bin ja da! Haus Vaisyl besitzt gute Männer, tüchtige Männer; nicht wahr, Grolf?!"
Er klopfte seinem Freund auf den Rücken und strahlte dabei, als hätte er soeben den Sieg versprochen. Der Zwerg prostete ihm zu.
"... Nagut. Kal?"
Der Botschafter berichtete sachlich von den Schäden, welche die Elfen von Aranis eingesteckt hatten und dass sie sich mit Goldfield fest verbündet hätten, um sich gegenseitig zu helfen. Die Elfen liebten Flora und sie waren bereit alles zu tun, um die rechtmäßige Hausherrin zurückzuholen.
Codren nickte auch ihm zu.
Zu guter Letzt kam Zaina mit den neuesten Berichten aus Mehyve, mit der Arbeit an einem Aufstand, der Erzählung über die Hexe Kasli - die bei den meisten schon bekannt war - die sich den Thron einverleibt hatte und über die wirtschaftliche Lage des Landes. Die Hausherren von Valgross berichteten von ihren Truppen und ihren Mitteln, die zwar äußerst begrenzt waren, aber durch ihre gute Lage wett gemacht wurden. Es war essentiell, dass Valgross weiterhin von Mehyve aus agierte, denn sie allein konnten es schaffen einen Feldzug überhaupt zu ermöglichen. Die Truppen von Mehyve waren zwar ausgedünnt, einerseits durch Camisse und andererseits durch den Aufstand, aber sie waren noch immer zahlreich und bargen tödliche Magier unter ihnen, die allein eine ganze Truppe vernichten konnten. Entsprechend wichtig war eine vorherige, saubere Infiltration.
Schließlich berichtete auch Codren, wobei sie sämtliches Vertrauen in diesen Kriegsrat legte. Goldfield hatte selbstverständlich den meisten Schaden genommen, von dem bodenlosen Ruf zu Überfällen und Verlusten, die das Land ohne eine Aussicht auf ein Ende zermürbten. Es war schwierig, vor ehemaligen Feinden und potentiell zukünftigen Feinden seine Schwächen darzulegen, aber sie mussten alle wissen wie Aranis agierte und was sie als nächstes planen könnte. Codren versuchte daher, nichts auszulassen.
"... Wenn wir Aranis nicht im Frühjahr besiegen, werde ich verkaufen müssen, an wer auch immer gewillt ist, noch für mein Land zu bezahlen. Viele Felder sind verbrannt, es gibt nicht genug Bauern um die gesunden Felder zu bestellen, auch wenn sie grundsätzlich da wären - die Angst ist zu groß, zu weit verbreitet, im ganzen Land. Meine Lager sind beinahe leer und wenn der Winter wieder so lange dauert wie letztes Jahr, wird mir schlichtweg das Geld ausgehen. Dann wird es auch keine Weizen mehr geben."
Sie warf einen raschen Blick in die Runde, während sie eine ausdruckslose Miene zur Schau stellte. Sie wollte kein Mitleid, viel eher wollte sie Flora retten - Flora und ihr Land.
"Ich weiß, dass das alles hätte vermieden werden können, wenn wir besser auf Flora aufgepasst hätten, wenn wir früher erkannt hätten was vor sich geht, wenn ich Flora vielleicht davon hätte abhalten können, den Tempel überhaupt aufzusuchen. Sie wurde damals von diesem Priester Uzin in den Tempel gelockt und ich hatte es von Anfang an für eine schlechte Idee gehalten, ich musste sie dazu drängen überhaupt ein paar Soldaten als Geleitschutz mitzunehmen, andernfalls wäre sie dort ganz alleine aufgetaucht. Aber es hat dennoch nicht gereicht und jetzt muss ganz Taranoke dafür bezahlen. Ich möchte nur sagen, dass ich mir bewusst bin, dass das eine Sache von Goldfield ist weil wir - weil ich dafür verantwortlich bin und ich werde diese Sache auch wieder beseitigen, ich werde Flora zurückholen und andernfalls..."
Sie zögerte, aber nur für einen Moment.
"Andernfalls werde ich sie umbringen. Aber bis dahin möchte ich euch ins Gedächtnis rufen, was sie für euch getan hat - für jeden von euch. Skor, Ihr wärt ohne Flora nicht an der Macht; Rehna, ohne Flora hätte sich unlängst Rawan bei Lyxaxu eingenistet; Prinzessin Zaina, Flora hat für Euren rechtmäßigen Thron gekämpft und Kal, Flora hat selbstlos deine Königin gesucht und zurückgebracht. Wir verdanken Flora alle etwas und jetzt ist es an der Zeit, ihr diesen Dank zurückzuzahlen. Wir werden für Flora kämpfen, weil sie es verdient hat und weil Taranoke ohne sie nicht das wäre, was es heute ist. Stimmt ihr damit überein?"