[2er RPG] Taranoke's Vermächtnis

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    • Abgesandte von Garlingen

      Der Turmherr wäre fast von seinem Kissen gehüpft. "Selbstverständlich hatte er eine gute Wahl getroffen. Er ist schließlich der Schlachtenfürst, der Herr der Wüste. Mit mir an seiner Seite kann er absolut sicher sein, das kein Feind Vultjags ungesehen durch die Wüste marschiert."
      Zumindestens wenn sie nahe genug am Turm waren, so das man sie noch sehen konnte. Oder wenn man sie überhaupt sah, denn sie saßen ihm direkt gegenüber und tranken Wein mit dem Turmherrn.
      "Ich habe einen guten Riecher, wenn es um finstere Gesellen geht. Das habe ich mir selbst angeeignet. Immer wieder finden wir Verräter, oder Spione, und richten sie hin.", fügte er hinzu und seufzte. "Was den Turm selbst betrifft, so haben wir ihn leider nicht selbst erbaut. Er ist alt. Viele Generationen haben ihn schon besucht, und er stand schon, bevor Taranoke von den Menschen erobert wurde. Allerdings ist er nie fertig geworden. Und hier in den Wüste fehlt das Baumaterial. Zuaufwändig und teuer wäre es, das Vorhaben weiterzuführen, ohne jedoch zu wissen wohin. Wir glauben, das es noch zwei Reihen Aufbauten geben sollte. Wir haben Inschriften gefunden, die davon sprachen, an der Spitze des Turmes Aranas Licht einzufangen. Was auch immer die alten Möche damit gemeint hatten. Vielleicht ein Feuer? HAHA."
      Zumindestens wusste Kal jetzt, das Vultjag wusste, das der Turm wohl was mit Arana zu tun hatte. War das ein gutes Zeichen? Es gab also auch Inschriften. Die mussten irgendwo am Turm sein, und sie darauf hingewiesen haben. Hoffentlich gab es noch besagte Geheime Kammern in denen alte Schätze lagerten, die auch von Nutzen waren.
      Ildes beugte sich etwas vor. "Sagt, Waldelf, ihr hattet doch eine gute Bindung zu Goldfield, nicht wahr? Ich hörte es vor kurzem, als ein Händler hier Halt machte. In Mehyve soll die Rebellion niedergeschlagen worden sein. Angeblich von einer Frau aus Garlingen. Ich meine sogar ihren Namen gehört zu haben. Was könnt ihr dazu berichten?"
      Er schien sich sehr für Informationen dazu zu interessieren.

      Vanya
      Während sie durch den Turm schlenderte, und immer wieder Teppiche, oder auch Waffen an den Wänden begutachtete, um nicht aufzufallen, musste sie auch an einigen Wachen vorbei. Einige sahen nur bedrohlich aus, andere fragte sogar nach ihrem Hier sein, was sie schnell erklären konnte. Und es klang glaubhaft - was es ja auch war. Nur der Zweck blieb geheim. Geheim wie die Farben an den Wänden. Es gab ein Muster das man darin erkennen konnte. Aber der Zweck blieb unbekannt. Blau schien aber für Versammlungen zu dienen. Hier fanden wohl gespräche statt, die offen wie der blaue Himmel in alle Richtungen gehen und aus allen Richtungen gekommen waren. Ein Ort der Informationen überall zusammentrug und verbreiten konnte. Zumindestens war das ihre Annahme. Es könnte auch für Adel oder für höhere Offiziere oder Würdeträger dienen. Vielleicht für die alten Priester und Mönche.
      Während in den unteren Bereichen noch Quartiere waren, fand sie hier noch bewachste Bereiche und natürlich Türen mit Rotem Beschlag, darunter einige bewacht, andere nicht. Aber noch würde sie kein Risiko eingehen, eine Tür zu öffnen, selbst wenn Niemand auf dem Stockwerk war.
      Sie seufzte. Von Außen wirkte es durch die hohen Abschnitte viel weniger aufwändig, den Turm zu erklimmen. Innen aber gab es alle paar Meter ein Stockwerk, das über Treppen erreicht wurde. Manche Räume lagen außen, und boten über Schlitze und Fenster auch Lichteinfluss und eine Sicht nach draußen, andere Räume lagen innen, dort wo der Turm dick gemauert war, als Stabilisation.
      Es gab theoretisch also überall Möglichkeiten einen geheimen Raum anzulegen.
      Sie musste sich mehr auf die Wände konzentrieren.
      Schließlich kam sich ganz oben an.
      Tür eine Tür fand sie ein paar Meter geraden Weg, der seitlich schon eine beachtliche Aussicht bot. Erneut eine abknickende Treppe hinauf gelangte sie auf eine Plattform. Mittig gab es weitere Steine die zu einem Aufbau verbaut wurden, der wie eine schmaler werdende Stützsäule des Turm aussah. Sie mussten also bald an der gewünschte Bauhe angekommen sein. Aber er wurde wohl nie fertig.
      Ein paar Flaggen Vultjags schlugen im warmen Wind, der hier oben spürbar war, im Gegensatz zu unten, wo die Hitze größtenteils zu stehen schien.
      Dennoch war es hier oben nicht unbedingt kühler.
      Hier standen noch einige Kisten, Fässer und anderer Krimskrams herum. Außerdem fand Vanya mehrere Fernrohre an einigen Brüstungen. Mit ihnen spähte man wohl die Umgebung aus.
      "Hallo? Ist hier Jemand?", fragte sie, und lauschte. Sie rhielt nur Antworten vom Wind, der den Stoff der Flagge schlagen ließ.
      Sie ging zum Mauerrand und lukte über diese nach unten. Ganz schön winzig die Leute da unten. Von hier oben wirkte es wie bei jeder anderen Burg viel Höher als von unten.
      Sie nutzte kurz ein Fernrohr, das sich quietschend drehte. Der Sand war wirklich überall zu finden. Sie wischte die staubige Linse kurz ab und spähte hindurch. Sand. Weit und breit Sand. Dann schaute sie zum Himmel, der inzwischen ein prächtiges Farbenspiel präsentierte, während die Sonne langsam hinter dem Horizont versank. Sogar erste Sterne waren zu erkennen.
      Dieser Ort wäre einen Sonnengöttin würdig. Aber beschmutzt war er von Kriegern der Wüste. Eine Schande.
      Sie drehte sich um, und machte sich innerlich bereit, den ganzen Weg wieder nach unten zu laufen, um sich irgendwie in den Keller zu schleichen. Sicher hatte der Turm ein tiefes Fundament mit weiteren Räumlichkeiten zu bieten. Was dort wohl für Schätze lagerten?
      Da bemerkte sie etwas an dem inneren Aufbau. Ein Idiot wie ein Vultjag hätte das sicher nicht erkannt, aber das Muster der Kopfgroßen Steinquader war zum Teil zu gerade, selbst wenn man sie absichtlich unregelmäßig aneinander gebaut hatte.
      Sie begab sich zu der Stelle und begutachtete diese. Es dauerete nur Zhn Minuten, bis sie alle Steine berührt und verschiedene Muster ausprobiert hatte, einen als versteckten Türöffner zu identifizieren. Tatsächlich konnte sie eine schwere Steintür, die mit einer Reihe Quadern und massiven Holz in das Mauerwerk eingelassen wurde. Ihre Augen weiteten sich, als sie die versteckte Treppe fand. Wie tief sie wohl hinab führte?
      Sie hörte Stimmen. Irgendjemand kam. Verflucht. Sie wusste nicht, was sie jetzt machen sollte. Außen gab es kein Griff, um die Tür wieder fest zu verschließen. Und ohne Lärm ginge das sicher auch nicht.
      Sie seufzte und fasste den Entschluss, in die Treppe zu gehen und die Tür von innen zu schließen. Selbst wenn sie etwas hörten, und nach dem Geräusch suchten, würden die Wachen nichts finden.
      Gesagt - getan. Schwerfällig krachte die Tür wieder in ihre Verriegelung, und sie stand in der Finsternis. Aber schlau wie sie war, würde sie langsam und vorsichtig an der Wand entlang die Treppenstufen hinabschreiten. Gut das sie noch eine Fackel dabei hatte. Auch wenn ihr Feuer fehlte, so konnte sie an dem langen Stock den Boden vor ihr abtasten. Mühselig, aber es würde sie davor bewahren plötzlich zu stolpern.
      Und so begab sie sich auf den langen Weg nach unten.
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    • Abgesandte von Garlingen

      Kal nippte an dem Wein herum, der ein wenig süßlich schmeckte, und versuchte dabei nicht allzu interessiert zu wirken bei dem, was Turmherr Ildes ihm erzählte. Nun war es doch fast ein Fehler gewesen, dass Vanya so schnell gegangen war, denn sonst hätte sie noch mitbekommen, dass es wohl etwas mit der Turmspitze zu tun hatte. Aber der Mönch hatte etwas von einem unterirdischem Gang gesagt, oder etwa nicht? Wie konnte die Turmspitze etwas mit den Geheimgängen zu tun haben, wo doch beide so weit auseinanderlagen? Er konnte nur hoffen, dass Vanya bei ihrer Untersuchung fündig werden würde, denn sonst würden sie bei ihrer Rückreise noch einmal suchen müssen und das würde gefährlich werden.
      Kal lächelte bei dem lauten Gelächter ein wenig mit und trank noch einen Schluck. Das war tatsächlich kein schlechter Wein, wahrscheinlich genauso von Lyxaxu importiert.
      Allerdings stimmte es ihn ärgerlich, wie der Turmherr mit ihm sprach. Er war Kal der Elfenbotschafter, Geladener des Schlachtenfürsts Vultjag, aber doch nicht "Waldelf". Was implizierte dieser Begriff überhaupt, dass es auch Wasserelfen gab? Und Steinelfen? Oder wollte er Kal nur auf seine Herkunft reduzieren, was ihm schon bei "Elf" nicht zusagte. Er nannte ihn ja auch nicht "Herr Mensch Ildes" oder einfach nur "Wüstenmensch". Was für ein rücksichtsloser Rüpel.
      "Goldfield ist unser direkter Verbündeter, so wie Brerandt. Ich stehe in engem Verhältnis zu der Hausherrin und kann Euch deshalb darüber berichtigen, dass es sich bei der neuen Königin von Mehyve nicht um eine Goldfield handelt, sondern um Aranis persönlich. Ihr seid sicher über Aranis und ihre Schwester Arana vertraut, wenn ihr diesen Turm bewohnt, habe ich recht? Dann freut es mich derjenige sein zu dürfen, der Euch erzählen kann, dass die Göttin Aranis persönlich die Macht über Mehyve ergriffen hat. Sie nutzt dafür lediglich den Körper der jungen Miss Goldfield."
      Es freute ihn sicherlich nicht diesem schleimigen Mann etwas von Flora Goldfield zu berichten, besonders nachdem die anwesenden halbnackten Frauen bereits einen Einblick in den Verstand dieses Kerls gegeben hatten, aber er musste Ildes dazu bringen weiter über den Turm zu reden.
      "Man berichtete von Mehyve, dass Aranis die Rebellen in einer einzigen Schlacht zur Aufgabe zwang und damit das Land in nur einem Tag einte. Außerdem ermächtigte sie sich durch die Heirat des Königstitels, den ihre Vorgängerin zu vermeiden versucht hatte, und zog sogleich in einen Krieg mit Camisse. Ich habe das Verständnis, dass das Volk sehr beeindruckt von ihrer Tatkräftigkeit ist. Vielleicht sollte man ihr auch einen Turm widmen, so wie Arana einen hat? Möglicherweise einen Turm, der in das Erdreich führt und damit die Dunkelheit von Aranis widerspiegelt? Man sollte ihn wohl genauso mit Geheimgängen ausstatten, so wie dieser Turm welche hat."
      Er warf dem Fettsack einen kurzen Blick zu, um seine Reaktion auf die Andeutung zu sehen.

      Die Geheimtreppe schien hinter den Räumen entlang zu laufen, denn an manchen Stellen drangen Stimmen durch den Stein, wenn auch sehr gedämpft. Zwei davon unterhielten sich über das fade Abendessen, eine andere berichtete über ein neues Pferd in den Stallungen und wieder eine andere beschwerte sich darüber, dass der Turmherr ihn nur zu Gesicht zu bekommen schien, wenn er gerade einen schlechten Tag hatte. Allerdings waren nicht alle Gespräche so leicht zuzuordnen: In einem Stockwerk berichtete eine Frauenstimme laut und deutlich von den Arealen um den Turm herum und wie man sie zu vermessen plante, ein anderer schien Selbstgespräche mit sich zu führen, so leise, wie er dabei vor sich hin plapperte. Und aus einem Raum war schließlich auch weinen zu hören.
    • Abgesandte von Garlingen

      Ildes sah ihn ungläubig an und lachte. "Haha, eure verehrte Frau Goldfield soll von einer Göttin besessen sein, und schimpft sich jetzt Aranis? Diese dummen Mehyver. Sie glauben jeder dahergelaufenden was auch immer sie zu ihnen sagt."
      Doch war es auch so, das eben jene Frau auch Trakur Vultjag vernichtet hatte, und Vultjag einen schweren Schlag zuführte. Sie verstand es offenbar schnell und effektiv Ärger zu verursachen.
      Ildes meinte, das auch Zaina das Werk vollbringen hätte können, wenn sie nicht so langsam wäre. Es war natürlich auch ein Jammer, das Vultjag jetzt wohl einen Verbündeten weniger hatte. Das lang nicht unbedingt im Interesse von Skor.
      Als Kal vom Turm sprach, lachte Ildes nochmal. "Ihr wollt euer Licht in der finsteren Erde vergraben? Ihr seid ein wirklich seltsamer Elf."
      Letztenendes ging es aber nur um die Verherrlichung einer Person und dem damit verbundenen Aufwand ihr ein Denkmal zu setzen. Nur wer würde einen Turm bewundern, den man nach unten baut? Wer soll ihn sehen, wenn man ihm nicht sagt, er solle nach unten schauen, oder eine Höhle betreten, um ein Bauwerk von der Decke hängen zu sehen?
      Aber seine Mine verfinsterte sich etwas, als Kal von Geheimgängen plauderte.
      "Geheimgäng, hmm? Wie kommt ihr darauf, das es in diesem Turm überhaupt soetwas gibt?"
      Er trank etwas Wein, fing aber wieder an zu lächeln. "Vielleicht mag es in einer Wand ein geheimen Zugang geben, aber der Turm ist nicht dafür gebaut. Er wurde um eine feste und stabile tragende Steinsäule errichtet, die widerum aus Quadern in die Höhe gebaut wurde. Außer sind die Wände, Treppen, Gänge und Räumlichkeiten mit viel zu dünnen Steinen erbaut wurden, als das man irgendwas dahinter verbergen könnte. Vielleicht eine Schatulle hinter einem Stein. Aber, wir haben nichts gwfunden. Selbst im Keller hatten die Mönche, die ihn errichten ließen, darauf geachtet, das Fundament nicht mehr als nötig frei zu lassen. Wir haben sogar die Wände abgeklopft. Hier gibt es sowas nicht. Was würde es auch bringen? Man kann hoch gehen, und man kann herunter gehen, den Turm betreten und verlassen. Überall ist Wüstensand, selbst unten am Fundament. Wohin sollte man also gehen wollen, wenn nicht zu den Dünen rings umher? HAHA."
      Natürlich gab es auch bei Vultjag geheime Bauten. Hier war eine kleine Festungsstadt, genug Gebäude die unterirdisch vernetzt waren. Militärische Anlagen hatten zu Lagerräumen oftmals geheime Zugänge, von denen der Feind nichts wusste.
      Ob Ildes aber mit dem Turm die Wahrheit sprach? Oder spielte er die Sache einfach nur runter?

      Vanya

      Vanya stieg die Treppe immer tiefer hinab. In gebeugter Haltung, mit der Fackel, die sie oben aus einer Verankerung gerissen hatte, tastete sie die Stufen ab, damit sie sicher den nächsten Schritt wagen konnte, stützte sich dabei mit der anderen Hand an der Mauer. Unterwegs bemerkte sie, wie Geräusche durch die Wand drangen. Von Gesprächen bis hin zu einen Schluchzen, auf das sie leider keine Rücksicht nehmen konnte. Aber sie vermutete Sklaven oder Frauen die zum Vergnügen gehalten wurden. Diese Sandbarbaren.
      Auch Vanya sprach innerlich zu sich selbst, das man niemals allen helfen konnte. Ihr Schicksal stand fest und vielleicht wurden sie bals erlöst.
      Sie schritt tiefer. Sie war jetzt schon eine Viertelstunde unterwegs, weil sie sich vorantasten musste. Aber sie hatte das Gefühl, mehr Treppen hinabgestiegen zu sein, als aufwärts. Hier unten schien es noch kühler als weiter oben im Inneren des Ganges. Dann erreichte sie staubigen Boden. Keine weitere Treppenstufe mehr, sondern kalter Steinboden, der in alle Richtungen zu gehen schien. Irgendwo in der Dunkelheit musste aber eine Wand lauern. Nun tastete sie sich mit der Fackel in der Luft voran und suchte nach einer Mauer, Säule, irgendetwas, woran sie sich orientieren konnte, und fand nach einigen Schritten tatsächlich festes Mauerwek, das typische Rillenmuster aufwies.
      Sie tastete sich entlang, fühlte mit der flachen Hand von Brusthöhe über ihren Kopf und stieß plötzlich an etwas.
      "Was mag das sein ... eine Lampe?"
      Sie tastete an dem Gebilde herum und kicherte plötzlich. Es war tatsächlich eine Lampe, aber keine gewöhnliche aus Öl, Kerzen oder einer Fackel, sondern ein magischer Leuchtstein. Sie hatte soetwas schon mal gesehen und auch genutzt in ihrer Heimat. Sie musste den unteren Teil der Lampe etwas drehen, so das der zweite kleinere Stein, der darin eingefasst war, mit dem oberen, fest montierten in Verbindung trat. Die gespeicherte Magie wurde durch den Verbindungszauber aktiviert. Und tatsächlich fing der Kristall in einem warmen Geldorange an zu leuchten.
      "Endlich Licht. Mal sehen wo ich hier bin...", hallte es dumpf.
      Sie fand eine zweite Lampe, drehte auch an dieser und der Raum schien gut ausgeleuchtet zu sein. In der Mitte die Treppe, die zu einem schgmalen Aufstieg geworden war, bis hin zur Decke, wo wohl die dicke Innensäule stand. Hier sah man wohl an dessen Boden hinauf.
      Der Raum hier unten war etwa so groß wie eine gewöhnliche Scheune. Es gab noch zwei weitere Säulen mit Lampen und Inschriften. Und als sie in deren Richtung blickte, bemerkte sie die Rillen an der Mauer dahinter. Dort musste ein Zugang sein. Aber er war anders gesichert. Sie musste wohl die Schriften studieren. Zum Glück konnte man das auch recht gut. Nach dem alle Lampen erleuchtet waren, war der Raum recht hell. Weitere Muster erschienen an den Wänden. Vanya erkannte auch am Boden unter dem Staub etwas glänzendes. Sie schob den Staub mit dem Schuh beiseite und stelle bald fest, das um den runden Treppenbau spitze Zacken im Boden waren. Nach genauerer Betrachtung konnte man es als Sonne identifizieren. Also war das ein Hinweis, das die Treppe zum Licht führte? Oben gab es soetwas nicht. Aber der Turm war wohl noch nicht fertig geworden.
      "Hoffentlich hat der Keller nichts mit Aranis zu tun.", sprach sie zu sich selbst.
      Nach weiteren Zehn Minuten - sie hoffte, das Ildes und Kal noch eifrig in Gespräche vertieft waren, und sie keiner vermissen würde, schaffte sie es irgendwie etwas aus den Schriften zu deuten.
      "Ewig verschlossen in der Dunkelheit, offenbart nur der Pfad des Lichtes den Weg für jene, die reinen Geistes sind ..., hmm, was das wohl zu bedeuten hat?"
      Vermutlich blieb jeder hier im Inneren gefangen, sofern man nicht den Pfad findet, der einem den Weg nach draußen zeigt. Notfalls musste sie wieder die Treppe hinauf. Aber das war sicher der falsche Weg.
      Sie sah sich weiter um und dachte nach einigen Minuten an den unterm Staub verborgenem Flammensymbolen der Sonne. Sie schabte an weiteren Stellen im Boden und fand Symbole. Sonnen und Monde. Tatsächlich führzen sie bis zu der Stelle, wo Vanya einen Durchgang vermutete. Es waren jeweils zwölf Symbole im Zickzack versetzt. Sicher standen sie für Tag und Nacht. Jedes Symbol eine Stunde. Der längste Tag und die längste Nacht des Jahres.
      Weitere fünf Minuten rätselte sie, bis sie eine mögliche Lösung hatte. Es war ein Pfad, soviel stand fest. Aber nur wer klug genug war und einen klaren, reinen Geist besaß, würde dort durch die Mauer kommen.
      Also stellte Vanya sich zwischen den Säulen auf. Die Symbole vor ihr. Nun schritt sie auf jeden Stein mit der Sonne, achtete darauf, keinen Mond zu berühren. Tatsächlich gaben die Steine etwas nach.
      Als sie die letzte Sonne betrat, hörte sie ein Knacken. Ein Riegel hatte sich gelöst. Etwas wie ein Griff hing aus der Wand. Vanya zog mit aller Kraft daran und langsam konnte sie die Mauertür aufziehen. Vorsichtig spähte sie in den nächsten Raum. Er war dunkel, und nur das Licht aus dem Vorraum spendete etwas Sicht. Sie fand seitlich an den Wänden erneut Lichtsteine, die sie aktivierte. Und unter ihren Füßen weitere Symbole wie schon zuvor.
      Aber viel wichtiger war das, was sie weiter hinten im Raum sah. Ein Podest dessen Aufbauten einem Altar glichen. Links und rechts daneben standen Truhen.
      Der Altar war fast leer, eine Art Buch lag mittig, schräg gestellt, und ein großes Abbild einer Sonne ragte an der Wand dahinter empor. Vor dem Altar gab es noch ein Wasserbecken, eine Säule, die etwas Wasser aus einem Eimer an ihrem Kopfbecken aufnehmen konnte. Reichlich verziert mit Gold.
      An den Podestecken gab es noch zwei große Ständer für Kerzen, aber die waren längst abgebrannt. Was sich wohl in den Truhen versteckte? Und das Buch? Es war festgekettet. Auch die Truhen waren versiegelt. Sie musste sie aufbrechen, oder wenn sie später wieder kamen, mussten sie etwas mitnehmen und hoffen, das wertvolle und brauchbare Dinge darin lagen. Aber das Buch schien den größten Wert zu besitzen. Eine goldene Sonne war auf dem Einband zu sehen.
      Sie hatte gefunden, wonach sie suchten. Jetzt musste sie nur noch hier raus und zurück zu Kal.
      Hinter dem Altar ging es wieder mit Symbolen weiter, und Vanya folgte diesen, und erneut schien sich irgendwo ein Riegel zu lösen.
      Diesesmal rollte eine schwere runde Steintür auf und offenbart das Kellergewölbe des Turms, wo Vultjag sein Zeug lagerte. Sie musste sogar über Kisten klettern, und aufpassen, das sie das Regal nicht umstieß, das halb vor der Tür stand. Ein Anzeichen, das noch niemand den Geheimgang gefunden hatte? Kaum war sie draußen, rollte der Stein auch schon wieder zurück und verriegelte sich. Es sah nun wieder wie eine gewöhnliche Wand aus. Ein Symbol der Sonne erkannte sie außen auf der Tür. Aber das gab es auch in regelmäßigen Abstanden an anderen Mauerstellen. Täuschung, oder weitere Zugänge?
      Jedenfalls brannten hier Fackeln und sie hatte Licht. Sie klopfte sich ab und suchte nach dem Ausgang.
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    • Abgesandte von Garlingen

      Kal konzentrierte sich für den Moment auf den Wein in seinem Kelch, denn jeder Satz, den der Turmherr aussprach, entflammte einen neuen Ekel in ihm, den er herunterzuschlucken versuchte. Irgendwie hatte es dieser schleimige Fettwanst tatsächlich geschafft, gleichzeitig Mehyve und Flora Goldfield in einem Satz zu beleidigen und Kal hätte gerne beide verteidigt. Mehyve war nicht dumm und Miss Goldfield auch nicht irgendjemand dahergelaufenes. Steckte überhaupt irgendein richtiger Gedanke in diesem von Wein und Früchten vernebeltem Verstand? Wahrscheinlich nicht. Vultjag hatte ihn sicher nur hierher versetzt, damit er ihn aus den Augen hatte.
      Nichtmal seinen Vorschlag vom umgekehrten Turm hatte er schätzen können und dabei hätte er zumindest die Höflichkeit einhalten und ihn nicht "seltsam" nennen müssen. Was für ein durch und durch grauenvoller Mann. Kal spülte diese Abneigung mit Wein hinunter, der ihm langsam das Gefühl von Leichtigkeit verlieh. Das war gut.
      Nur das einzig wichtige Thema schien dem Herren nicht zu gefallen und das war wiederum schlecht. Kal musste sich irgendwie wieder herausreden, ohne Verdacht zu schöpfen. Wenigstens offenbarte er zumindest eine Andeutung, nämlich die eines Gangs in den Wänden, und es blieb zu hoffen, dass er damit Kal in kein Täuschungsmanöver führte.
      "Bitte verzeiht meine Neugier, wenn sie unangebracht ist. Ich komme mit 188 Jahren aus einer Generation, die den Göttern sehr zugewandt war und da habe ich auch einiges von meinen menschlichen Artgenossen mitgenommen. Wenn es eine Architektur gab, die Geheimgänge beinhaltete, dann kam es von der Liebe der Menschen zum Mysteriösen. Die meisten Paläste auf Taranoke besitzen Geheimgänge, um den Monarchen einen unbemerkten Ausgang zu schenken, und so gehe ich anhand des Alters des Turms davon aus, dass er auch welche haben muss. Aber, lasst uns nicht weiter von einem Bauwerk sprechen, wenn Ihr es nicht wünscht. Meine Neugier zur Architektur ist nicht für Jedermann empfänglich."
      Ups - war ihm das tatsächlich herausgerutscht? Vielleicht sollte er doch langsamer trinken und vor allem darauf hoffen, dass dieser Idiot seine unterschwellige Beleidigung nicht bemerkt hatte. Wo war nur Vanya, ging es ihr gut? Hatte sie den Geheimgang entdeckt oder war sie selbst entdeckt worden? Er würde sie suchen gehen müssen wenn sie in der nächsten Stunde nicht auftauchte. Hoffentlich war ihr nichts geschehen, er könnte es sich niemals verzeihen eine so junge Elfe mit hineingezogen zu haben.
    • Abgesandte von Garlingen

      Vanya lief durch den Keller, in dem Vultjag Allerlei lagerte, und plötzlich hörte sie gedämpfte Schritte und eine Holztür schwang auf. Licht erstrahlte und ein Soldat blieb plötzlich überrascht stehen und starrte Vanya an.
      "Was ist das? Wie kommst du hier herein? Bist du ein Dieb? Dann sollen die Götter dir ihre Gnade erweisen ...", polterte er los und sah schlecht gelaunt aus, aber Vanya räusperte sich und setzte ihr bestes und schönstes Lächeln auf. "Ähm, verehrter Vultjag, ich fürchte da liegt ein Missverständnis vor. Ich ... bin eine Abgesandte aus Garlingen.. Zusammen bin ich mit Botschafter Kal huier, der zur Zeit mit dem Turmherren Ildes dinniert. Ich erhielt die Erlaubnis, mich in dem Turm umzusehen, da ich selten in den Genuss komme, solch imposante Bauwerke bewundern zu dürfen. Und irgendwie bin ich dann wohl im Keller gelandet. Einige Türen standen offen. Ich hatte mich nur kurz hingesetzt, da das Treppensteigen hier recht anstrengend ist. Und irgendwer hatte wohl die Türen geschlossen und gerade wollte ich wieder hinaus ...."
      Sie blickte so, als sei es ihr peinlich. "... weil der Ruf der Natur sich bemerkbar mach ...., ihr wollt doch nicht ... das eine feine Dame wie ich ..."
      Die Wache hielt inne und wusste nicht, was er von der Geschichte halten sollte. Botschafter? Abbgesandte? Garlingen? Ruf der Natur? Das überforderte die Wache komplett.
      "Ja, ähhh, ja, natürlich. Selbstverständlich befreie ich euch aus dieser misslichen Lage. Aber, kommt nie wieder in den Keller. Ähhh, hier entlang."
      Vanya lächelte und nickte. "Wie ist euer Name, mein Held?"
      "Äh, Goff."
      "Nun, Goff, ich werde eure Hilfe wohlwollend aufnehmen und dem Turmherrn berichten. Und womöglich auch Skor Vultjag von der Führsorge seiner Soldaten, und der damit verbundenen Ehre berichten."
      Ein wenig Honig um den Bart schmieren war bei solchen Trotteln sicher ganz einfach. Und die Wache nahm es auch so auf. Als hätte er gerade einen magischen Kraftschub erhalten, presste er seine Brust raus und wirkte gleich viel kraftvoller.
      "Es ist mir eine Ehre, Mylady."
      Unterwegs trafen sie wieder die Wachen vom Eingang, die sich auch wunderten, warum Vanya plötzlich mit einem anderen Soldaten aus dem Keller kam.
      Eine der Wache fragte, ob sie denn mit dem was sie besichtigt hatte, zufrieden wäre?" Dabei grinste er sogar ein wenig, und dachte wohl an schmutzige Dinge, wegen dem Soldaten.
      Vanya winkte ab, und der Soldat glaubte der Elfe mehr den je. "Oh ja, es war sehr aufregend. Nicht selten bekommt man etwas so großess zur Besichtigung präsentiert. Aber es war auch sehr anstrengend, dieses Auf und Ab. Ich bin froh, wenn ich später einen erholsamen Schlaf genießen kann.
      Während die beiden Wachen sich grinsend ansahen, der andere nichts verstanden hatte und Vanya sich unglücklich ausdrückte, verabschiedete sich der Soldate, meinte das er stets wieder zu Diensten sein würde, sollte sie ihn brauchen.
      Vanya stieg die Treppen hinauf, wunderte sich über das Gelächter der Wachen und kam schließlich wieder zur Räumlichkeit des Turmherren.
      Sie trat ein, wurde sogleich begrüßt und zu den Sitzgelegenheiten gewunken. Herr Ildes fragte, ob sie zufrieden sein, und sich an alles gehalten hatte, was man ihr gesagt hat. Vanya nickte, gähnte gespielt und verneinte das Angebot, etwas Wein zu kosten.
      An Kal gewandt: "Kal, ich bin müde. Es ist schon spät, und ich konnte oben beobachten, wie die Sonne hinter dem Horizont versank. Das Treppensteigen hat mich ebenfalls erschöpft. Ich würde mich gern zurückziehen. Und ihr solltet euch auch ausruhen. Die Wüste hat euch Kraft gekostet, und wir müssen morgen früh weiterreisen. Denkt daran, das Skor uns pünktlich erwartet."
      Herr Ildes klatschte in die Hände. "DIENER! Räumt hier gefälligst auf, und begleitet die Angesandten zur Tür hinaus. Und gebit ihnen noch für die Reise ein edlen Wein mit, den wir frisch aus Lyxaxu bekommen haben. Ihr würdet ihn doch in meinem Namen dem Schlachtenfürst überreichen?", fragte er noch vorgebeugt zu Kal.
      Sie nahmen an und zogen sich zurück, während gerade als die Tür sich schloss, der Turmherr über die Sklavinnen her fiel und sich wohl vergnügen wollte.
      Als sie den Turm verlassen hatten, und außer Hörweite der Wachen waren, die Vanya wieder grinsend angesehen hatten, und etwas sagten, dass wie "Wir stehen auch jederzeit zur Verfügung" klang, musste sie Kal erklären, das sie auch nicht wusste, was das sollte.
      "Ich habe einen geheimen Zugang zu den verborgenen Gewölben unter dem Turm gefunden. Ein direkter Zugang ist im Inneren des Turmes, in der Stützsäule. Dazu müssen wir nach ganz oben gelangen, und im Inneren dann eine Treppe hinab steigen. Unten kommt man in einen großen Raum, der ein Geheimnis birgt. Betritt man die Sonnennkacheln am Boden, so öffnet sich ein Zugang zum nächsten Raum. Dort fand ich einen Altar, ein Buch und Truhen, doch sind sie mit Ketten versiegelt. Der Ausgang liegt im Keller. Von dort wäre es einfach, ungesehen hineinzugelangen, aber ich weiß nicht, wie man die schwere Steintür öffnen kann. Nicht ohne Magie."
      Die Vermutung, dass das Gesuchte möglicherweise das angekettete Buch war, war sicher nicht verkehrt. Und was mochte noch in den Kisten lagern?
      Und wie würden sie dort unbemerkt ran kommen? Auf der Rückreise würden sie sich damit befassen müssen. Eine zweite Besichtigung wärewohl nur möglich, wenn Kal das ebenfalls tun wollte. Aber dann käme der Turmherr sicher auch mit. Und wenn sie plötzlich verschwinden würden? Oder mit Dingen aus dem Keller aufstiegen? Die Wachen standen dummerweise im vor dem Zugang an der Eingangstür.
      Das wird sicher nicht einfach werden. Und erstmal mussten sie zu Skor, und dort ihr Anliegen vortragen.
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    • Abgesandte von Garlingen

      Vanya kam zu Kals Rettung, gerade rechtzeitig, bevor der sich noch verplappert hätte und eine Beleidigung niedrig genug herausgelassen hätte, damit auch Turmherr Ildes sie verstehen konnte.
      Es erleichterte ihn außerdem zu sehen, dass Vanya nicht nur wohlauf, sondern ganz anscheinend gesund genug war, um Turmherrn Ildes von ihrer Müdigkeit überzeugen zu können. Wie dankbar er ihr für den Köder war, den sie ihm zuwarf und den er sich sofort schnappte.
      "Sicher, ich muss die Zeit vergessen haben. Turmherr Ildes, ich bedanke mich für das außerordentlich erfrischende Gespräch und die Verpflegung. Wir werden Schlachtenfürst Vultjag nur gutes erzählen."
      Er stand auf, überreichte sein Weinglas einem heranrauschendem Diener und verneigte sich dann vor Ildes - tief genug, um ihm seinen Respekt zu zollen, aber nicht so tief, um unterwürfig zu erscheinen. Dann nahm er auch noch den Wein entgegen und senkte erneut den Kopf.
      "Wir werden ihn in Eurem Namen überreichen", bestätigte er und wandte sich dann ab, damit er ungesehens das Gesicht verziehen konnte. Er hätte Skor gerne in aller Ausführlichkeit von der Verschwendung dieses Mannes berichtet, aber leider waren sie auf seine Gunst angewiesen. Das hatte Kal sich aber auch irgendwie selbst eingebrockt.
      Sie verließen das Zimmer, aus dem zuletzt noch ein anzügliches Kichern zu hören war, und ließen sich von dem Diener die Treppe hinab führen. Es war durchaus ein hübscher Turm, soviel musste Kal zugeben, und wenn nicht die ganzen Waffen an den Wänden hängen würden, hätte er sogar etwas religiöses an sich. Nur zu schade, dass er so sehr mit Vultjag beschmutzt war.
      Die Wachen am Eingang riefen Vanya etwas nach, was man als freundlich hätte einstufen können, würden sie dabei nicht so dämlich grinsen und die Worte eher wie eine Aussage, als ein Angebot formen. Kal runzelte die Stirn in ihre Richtung, aber Vanya konnte dieses Verhalten auch nicht erklären. Es hatte wahrscheinlich etwas mit ihrem Aufenthalt zu tun.
      Als sie außer Hörweite waren, eröffnete sie ihm endlich ihren Erfolg. Es war ein Geheimgang an der Turmspitze, der zu einem Kellerraum führte, in dem ein Buch und Truhen gelagert wurden. Nun, zumindest schienen sie fündig geworden zu sein, aber wie sollten sie alles dort rausschaffen und dazu noch ungesehen? Was, wenn Ildes ihnen bei ihrer Rückkehr keinen so großen Freiraum schaffen würde, wie er jetzt getan hatte? Schließlich würde er dann nicht mehr fürchten müssen, dass sie Skor gegenüber etwas schlechtes über ihn erwähnten. Kal musste sich noch etwas überlegen, wie er ihn binden konnte, aber schließlich hatte er noch genug Zeit, über sämtliche Aspekte nachzudenken.

      Sie traten am frühen Morgen die Weiterreise an, diesmal mit gefüllten Vorräten und einer Weinflasche, die sie kaum für ihre Ankunft kühlen könnten. Ildes erschien kein letztes Mal, um sie zu verabschieden, aber seine Soldaten beobachteten ihren Aufbruch mit harten Mienen, während ein paar von ihnen auf Vanya deuteten und kicherten. Kal glaubte mittlerweile, von was sie ständig redeten und er warf ihnen deshalb einen finsteren Blick zu. Nur weil sie eine Elfe war, bedeutete das noch lange nicht, dass sie sich über sie lustig machen konnten.
      Der restliche Weg erwies sich, bis auf zwei Zwischenfälle, als ruhig. Kal war in Gedanken über die weitere Umsetzung ihres Plans vertieft, Vanya ritt manchmal aus um zu spähen und die Lyxaxer plauderten über alles, was ihnen gerade in den Sinn kam. In den meisten Fällen war dieser Sinn Bier, die herrschenden Schwestern Lyxaxu, die hohen Steuern und natürlich Aranis. Heutzutage kam man wohl nicht darum herum, ihren Namen im Gespräch mindestens ein Mal zu erwähnen.

      Sie erreichten Destone, wo sie ihr Anliegen ein weiteres Mal hervorbrachten und wo man ihnen auch endlich eine Eskorte zur Verfügung stellte, die sie zum Palast begleiten würde. Destone war eine gewaltige Stadt, die sich aus dem kargen Umfeld der Wüste erhob wie ein strahlender Stern an einem sonst dunklen Nachthimmel und dessen Palast - sowie Colosseum - ragten weit über die Dächer hinaus. Es war eine Stadt, die mit ihrem geschäftigen Leben im direkten Kontrast zu dem restlichen Land von Vultjag stand, das eher arm oder verlassen wirkte. Hier war es zwar noch immer heiß und staubig, aber die Straßen waren von Menschen überfüllt und in der Luft hing ein ständiger Lärm. Kal mochte es.
      Die Eskorte, bestehend aus drei Kavalleristen, brachte sie auf direktem Weg zum Palast, wo sie ein Wachtrupp ablöste, dem Kal - schon wieder - seinen Anwesenheitsgrund nannte und das Mehl auf dem Wagen enthüllen ließ. Die Wachen nahmen den Wagen gründlich unter Begutachtung und schickten einen von ihnen los, wohl um Skor zu informieren. Kal trug noch immer sein Reisegewand und hoffte, dass man ihm noch die Gelegenheit geben würde sich umzuziehen.
      Sie warteten einige Minuten auf dem Vorplatz des Palastes, ehe eine Frau vor den Toren auftauchte, die die Stufen zu ihnen herab kam. Sie war etwa mittleren Alters, trug die Haare in einer aufwendigen Flechtfrisur und trug ein prunkvolles Kleid, das ihr nur bis zu den Knien reichte und im Licht funkelte. Sie trug ein Klemmbrett mit sich und wirkte äußerst erhaben, als sie vor Kal zum Stehen kam und ihn kühn betrachtete. Er wusste nicht, ob er sich vor ihr verneigen sollte, also neigte er nur den Kopf.
      "Name und Anliegen?"
      Er unterdrückte ein Stöhnen und wiederholte zum dritten Mal, Wort für Wort, ihre Namen und den Grund ihrer Reise. Die Dame richtete ihren Blick auf das Klemmbrett, studierte ein paar Zeilen darauf und nickte sich schließlich selbst zu.
      "Hier ist es. Wir haben euch später erwartet. Ein paar Tage später."
      Sie sah von ihrem Brett auf und musterte Kal mit einem kühlen Blick. Ihr Gesicht war es wohl nicht gerade gewohnt zu lächeln.
      "Wie kommt Ihr darauf, Frau…?"
      "Wir dachten nicht, dass es Goldfield so wichtig sein muss, dass sie sofort Gesandte losschickt. Wir hielten es eher für… eine Laune."
      Eine Laune? Was sollte das denn heißen? Und sollte er das nicht lieber mit Skor besprechen und nicht mit dieser Unbekannten auf einem öffentlichem Platz, an dem die gesamte Soldatenschaft zuhören konnte?
      "Falls Seine Exzellenz uns zu einem späteren Zeitpunkt erwartet, können wir gerne auch -"
      "So wie es der Zufall will, befindet er sich bereits in der Arena und erwartet heute auch keinen hochrangigen Besuch. Ich werde Euch vorführen."
      "Das ist schön. Und wann wird er wieder im Palast sein?"
      Die Frau hielt den Kopf schräg.
      "Wie meint Ihr das?"
      "Wann wir eine Audienz mit ihm haben können."
      "Sobald wir dort sind. Ich werde Euch hinbringen."
      "Etwa in die Arena?"
      Sie nickte. "Schlachtenfürst Vultjag empfängt alle seine ausländischen Besucher in der Arena. Das ist vor zehn Jahren zu so etwas wie einer Tradition geworden."
      Vor zehn Jahren? Kal konnte sich vorstellen, wer diese Tradition ins Leben gerufen hatte. Aber das war kein schöner Gedanke.
      "Wir werden doch nicht etwa in der Arena antreten müssen?!"
      "O nein. Zumindest hat er so etwas nicht für Eure Ankunft erwähnt, aber sonst kann ich für nichts versprechen."
      Die Frau grinste ihn bei diesen Worten an und da wurde ihm mulmig zumute. Würde er sich etwa genauso behaupten müssen wie Flora Goldfield damals? Vultjag würde es doch niemals wagen! Er war schließlich doch nur Botschafter, die steckte man nicht zu Kämpfern in Arenen. Er sah sich hilfesuchend nach Vanya um, die natürlich genauso wenig wusste wie er und dann sah er wieder zu der Frau, die gerade dabei war, einen Soldaten nach einer Kutsche loszuschicken.
      "Was ist mit dem Mehl und meinen Soldaten? Werden sie mitkommen?"
      "Wollt Ihr Schlachtenfürst Vultjag etwa das Mehl einzeln unter die Nase halten?"
      Sie hob eine Braue hoch und Kal ärgerte sich über die Respektlosigkeit dieser Frau.
      "Nein, aber-"
      "Es wird hier bleiben. Das Mehl werden unsere Soldaten ins Lager bringen und Eure Männer können gerne in einer eigenen Kutsche mitfahren und den Eintritt in die Arena bezahlen, wenn sie unbedingt dabei sein wollen."
      "Schon gut."
      Er ärgerte sich noch immer, als die Kutsche vorfuhr und die drei einsteigen ließ. Die Frau war äußerst schweigsam während der Fahrt und antwortete einsilbrig auf Kals Versuche, eine Unterhaltung zu führen. Schließlich gab er es auf und warf Vanya einen raschen Seitenblick zu.

      Sie fuhren eine halbe Stunde lang durch das Gewühl der Stadt, ehe die Arena sich vor ihnen auftürmte und die Schlangen an den Eingängen die Straßen verstopfte. Der Fahrer der Kutsche fluchte lauthals in die Gegend, als das Gefährt sich seinen Weg durch das Gedränge suchte und schließlich vor einem schwer bewachten Eingang zum Halten kam, an dem niemand anstand. Die Frau stieg als erstes aus und anscheinend war sie hier schon bekannt, denn die Soldaten traten bei ihrem Anblick sofort zur Seite und öffneten den Weg für das Trio, das in einen dunklen Gang eintrat. Sie folgten dem Gang bis zu einer Treppe, an der Kal doch nervös wurde. Das Geschrei der Menge dröhnte bereits zu ihnen hinein und er wünschte sich für den Moment tatsächlich, dass er wieder bei Turmherr Ildes sitzen und seinen Wein verkosten durfte. Das war zumindest entspannt gewesen.
      Sie machten an einem Privatzimmer halt, in dem Kal seine Kleidung zu der prächtigen Uniform eines Botschafters wechseln konnte, und dann gingen sie über die restlichen Treppen hinauf zur Galerie. Die Wachen öffneten ihnen die Tür und sie traten hinaus in das gleißende Licht und den lautstarken Lärm.
      Die Arena war gewaltig, sowohl nach oben hin als auch zu den Seiten. Mehrere tausend Menschen mussten hier Platz finden und sie alle waren so ausgerichtet, um an jeder Stelle die Grube beobachten zu können, in der die Kämpfer um ihr Leben rangen. An diesem Tag schien es nicht so voll zu sein, zumindest konnte Kal von seiner Stelle aus ein paar leere Plätze sehen, aber das änderte nichts daran, dass ein beständiger Lärm von schreienden Menschen herrschte, dumpf begleitet von dem metallischen Klirren von Waffen. Die Zuschauer auf den Rängen nahmen, mal mehr und mal weniger, rege Teil an dem Kampf, der gerade unten stattfand, und brüllten ihren Frust heraus oder spornten ihre Krieger an. In der Grube selbst waren gerade etwa fünfzig Kämpfer damit beschäftigt sich gegenseitig aufzuspießen, wobei sie alle nur im Zweikampf gegeneinander antraten. Sobald ein Mann einen anderen gefällt hatte, hob er seine Waffe in die Luft und sobald ein anderer auch seine Waffe erhob, bahnten sich die zwei einen Weg zueinander und begannen den Kampf von Neuem. Es ging wohl um den Besten der Besten und die Anzahl der Leichen, die bereits auf dem staubigen Boden lagen, zeugten davon, dass dieser Kampf schon eine Weile lang dauerte.
      Kal konnte sich nur schwer von dem Anblick der sich anfallenden Männer lösen, deren Körper von ihrem Schweiß glänzte und die sich gegenseitig angrunzten, wenn sich ihre Waffen trafen. Der Boden war unter dem Blut, das sich bereits angesammelt hatte, kaum mehr zu sehen und viele rutschten auch darin aus, wodurch sie sich davon gänzlich beschmierten und umso furchterregender aussahen. Kal zwang sich dazu, den Hinterkopf der Frau anzustarren, während sie die beiden zu Vultjag führte.

      Schlachtenfürst Skor Vultjag hatte seinen eigenen Thron in der Arena, der von einem Baldachin überschattet wurde und mittig in der Galerie platziert war, sodass er zwar noch alles sehen konnte, aber nicht so weit vorne saß um von irgendwelchen Geschossen getroffen zu werden. Unter dem Baldachin war insgesamt Platz für fünf weitere Personen samt ihrer Dienerschaft, doch momentan saßen dort nur ein Mann und eine Frau, die sich wenig mit dem Schlachtenfürst unterhielten und wohl nur zur Zierde da waren. Hinter ihnen allen stand eine Reihe Sklaven, die ihnen beständig Wind zufächerten, ähnlich wie Turmherr Ildes' Diener es auch getan hatten.
      Die Frau redete mit einem der Wachen, die ihnen den Weg versperrte, und die Wache ging wiederum zu Skor, um ihm von der Ankunft der Elfen zu berichten. Sie wurden kurz darauf zu ihm durchgelassen und Kal verneigte sich gleich in einem perfekten 90° Winkel.
      "Schlachtenfürst Vultjag, Eure Exzellenz, Herrscher über Vultjag, es ist mir eine besondere Ehre Euch in diesem Etablissement besuchen zu dürfen. Ich bin jedes Mal erneut überwältigt von der Großartigkeit dieser Stadt und seiner berühmten Arena, aber noch überwältigter bin ich von der Großzügigkeit, die Ihr uns entgegen bringt. Mit unserer Ankunft möchte ich aber auch nicht die herzlichen Grüße vergessen, die die gegenwärtige Hausherrin von Goldfield, Codren Goldfield, Euch übermitteln lässt. Sie hat von Eurer Liebe zum berühmten Goldfield-Brot gehört und lässt ausrichten, dass sie sich geehrt fühlt, dass Ihr, Schlachtenfürst Vultjag, ihrem Brot so angetan seid. Sie hofft, dass die momentane Situation in Mehyve Euren Geschmack auf ihre Weizen nicht verderben gelassen hat."
      Er vermied es in die Grube hinab zu blicken, in der die Männer laut brüllten.
    • Abgesandte von Garlingen

      Auch Vanya war nach der langen Reise durch den trocknen und heißen Wüstensand froh, die Hauptstadt Vultjags erreicht zu haben, die sich wie eine gewaltige Oase erstreckte, eben so hoch die Türme des Palastes. Sie war beeindruckt von der Größe der Stadt, die ihr Wasser über einen Fluss bezog, auch wenn es nicht wirklich trinkbar war, und man erst reinigen und abkochen ließ. Wasserhändler gehörten hier zu gefragten Leuten. Auch Wasserträger oder Wasserreiniger waren beliebte Arbeitsbereiche, und brachten den Arbeitern Ehre. Vorallen Kraft, wenn sie 50 Liter Fässer auf Schultern trugen, um sie in kühlere Keller und Lagerräume zu bringen. In der Stadt gab es auch in vornehmeren Bereichen regelmäßig Wasserbcken und etwas Vegetation drum herum, um den Ort zu kühlen. Die meiste Bevölkerung hingegen genoss die Hitze der Wüste, die auch vor Mauern nicht halt machte.
      Was sie noch mehr beeindruckte war offenbar der Versuch, den Turm der Wüste nachzubauen. Die Mitte der Stadt wuchs in immer höhere Höhen und würde sicher bald den Himmel erreichen. Ein Bauvorhaben, das mit Skor Vultjag einzug gehalten hatte.
      Er hatte viel verändert, hielt sich stark zurück und ließ nur seine Söldner für ihn sprechen. Vanya entdeckte viele Soldaten, während sie durch die Stadt fuhren. Die Begleiterin war nicht sehr gesprächig und Kal suchte wohl Hilfe bei Vanya, aber die ignorierte die Frau so gut es ging. Sie bemerkte, das es auffällig viele junge Burschen und Mädels gab, vielleicht gewrade erst zum Mann und zur Frau geworden, die von Veteranen angetrieben wurden, zu Übungen an der Waffe, oder sie liefen in großen Gruppen in voller Ausrüstung durch die Straßen, zwischen all jenen hindurch, die ihre Tagesgeschäfte vollzogen. Das waren in der Regel aber auch Krieger, die eben nur gerade ihren Hof pflegten, und ihre Familie - bis sie gebraucht werden, um in eine Schlacht zu ziehen.
      Und wenn es soweit wäre, wären vermutlich acht von zehn Vultjags aus der Stadt raus. Zurück blieben Alte und schwaache Leute, die zu jungen Kinder und ein paar trächtige Frauen so wie eine Notwache. Der Rest würde voller Begeisterung seine Zähne fletschen, um dem Land Ruhm und Ehre zu bringen.

      Sie erreichten die Arena, in der jeden Tag etwas los war. Das konnte man zumindestens an einigen Tafel erkennen, die das ein oder andere anprangerten, um entsprechende Interessenten darauf aufmerksam zu machen. Nicht jeden Tag konnte alle stundenlang auf einer Bank sitzen und jubeln, wenn mehr als tausend Liter Blut vergossen werden. Haus und Hof musste gepflegt sein. Daher suchte man sich wohl jene Dinge aus, die man am ehsten sehen wollte.
      Die Soldaten waren zurückgeblieben. Dank der Behandlung am Turm waren soweit auch alle wieder fit. Sie genossen anderswo die Gastfreundschaft Vultjags, und tranken sicher Bier, speisten Fleisch vom Spieß und erzählten Gesichten aus anderen Teil Taranokes.
      Kal begrüßte den Schlachtenfürst, der gemütlich unter seinem Baldachin saß und sich mit frischen Früchten, Getränken und einigen Frauen um ihn herum bedienen ließ. Eunuchen wedelten mit großen Palmblättern etwas kühlere Luft herbei.
      Wer wohl die Frau und der Mann bei ihm waren? Vielleicht jene, die mit ihm um die Geschehnisse dort unten in der Arena sprachen. Vielleicht berater, oder sie erklärten, ob jemand Glück hatte oder tatsächlich Können bewies.
      Die andere Frau hatte sich inzwischen wieder zurück gezogen.
      Skor, der trotz aller Annehmlichkeiten eine Maske trug, ragte auch im Sitzen hoch auf. Der Mann war wie Trakur ein Hüne von über zwei Metern Körpergröße. Von Trakur sagte man, er war stets in einem rötlichen Ton gekleidet, was wohl dem Blute zustand, während Skor schwarz wie der Tod auf seinem Knochenthron saß.
      Auch Vanya verneigte sich und versuchte so freundlich wie möglich zu lächeln.
      Skor musterte kurz beide und nickte dann, ehe er mit gedämpfter, dennoch beeindruckend kraftvoller Stimme, die vermutlich eine ganze Armee übertönen würde, zu ihnen sprach.
      "Abgesandte aus Garlingen, seid willkommen in meiner Stadt. Ihr dürft euch zu mir setzen und euch bedienen. Sagt den Dienern, was ihr möchtet, sie sollen es euch bringen."
      Nach dem sie Platz genommen hatten, blickten beide zu Skor, und warteten ab, wie es nun weiter ginge. In der Arena brüllten die Krieger, Metall traf Metall oder Fleisch, Schreie ertönte, die Zuschauermengen jubelten und lachten. Auch Skor wirkte amüsiert, selbst wenn die Maske alles verbarg, aber wenn er etwas Aß oder Trank, so erhaschte man doch einen Blick auf Kinn und Mund, das makelos glatt rasiert war.
      "Ihr ehrt mich zu sehr, verehrter Kal. Ja, ich ließ euch trotz gewisser Umstände, die nun vorherrschen, hier bei mir empfangen. Das Mehl wird wohlwollend aufgenommen, auch dafür mein Dank. Ich freue mich darüber, das Goldfield auch in so schweren Zeiten durchaus Gedanken an mich spendet. Sehr lobenswert."
      Er sah zu Vanya, die ihn anlächelte. "Und dass das Volk der Waldelfen, die nahe mit Goldfield stehen, sich in die trockne Wüste begiebt, um mich zu sehen, lässt mein Herz höher schlagen. Eure Reise war sicher nicht sehr angenehm."
      Kal berichtete kurz von ihren Erlebnissen, und dachte auch an den Wein, den sie vom Turmherrn Ildes bekommen hatten. Vanya hatte sie getragen und überreichte sie nun Skor persönlich, der sie nickend nahm und betrachtete.
      "Wein aus Lyxaxu, und dazu ein äußerst teurer von gutem Jahrgang. Insbesondere von einer Sorte, die ich überhaupt nicht leiden kann. Ildes scheint mich zu verspotten, wie eh und je. Hier, kostet den Wein."
      Er reichhte die Flaxche weiter zu dem Mann, der aufstand, demütigst die Flasche nahm und bereits einen Diener her winkte, der schon losgelaufen war und einen Kelch reichte.
      Der Mann entkorkte die Flasche und schnüffelte kurz daran, goss sich etwas davon in den Kelch und prostete allen zu. Dann trank er.
      Zeitgleich mit einem Jubel der Zuschauer viel er mit geweiteten Augen auf die Knie und hustete, während Skor sich leicht lachend vorbeugte.
      "GIFT! Wie ich es vermutete hatte, hehehe."
      Skor wedelte mit der Hand und mehrere Leute brachten die Leiche fort und wischten den vergossenen Wein auf.
      "Ich vermute mal, das er euch höchste Gastfreundschaft angeboten hat. Nun, Ildes ist ein Adelsmann nahe Trakurs Blutlinie, und hätte zum nächsten Schlachtfürst gewählt werden können. Ich jedoch war die bessere Wahl. Er herrscht jetzt über den Turm der Wüste. Ich gestatte es ihm. Jedoch darf er diesen niemals verlassen, solange ich lebe. Seitdem versucht er es immer wieder, HAHAHA."
      Vanya war geschockt, das Skor wissentlich einen seiner Mannen vergifteten Wein trinken ließ, nur um ihnen zu zeigen, wie abgebrüht Ildes war, wie verzweifelt, das man ihm verboten hatte, den Turm zu verlassen, obwohl er eine hohe Stellung im Reich hatte, mit Trakur verwand war, aber von Skor entmachtet wurde, bevor er überhaupt Macht genießen konnte.
      Und sie und Kal waren noch unfreiwillige Helfer des Turmherren geworden, ein Attentat auf Skor Vultjag auszuführen. Hätten sie Erfolg gehabt, wären sie beide sicher hier nicht mehr lebend weggekommen.
      Das musste auch Kal bewusst sein, denn er wirkte etwas bleich um die Nasenspitze, blieb aber gefasst.
      In der Arena geschah etwas. Es war still geworden und einige räumten da unten auf. Die Grube wurde verschlossen, die Leichen davongeschleift mit Gespannnen, an dessen Wagen sich breite Ausläufer aus Holz befanden. Man zog die Toten förmlich damit über den Boden aus der Arena hinaus.
      Irgendwer brüllte etwas aus dem Sprachrohr, das seine Stimme über jeden Sitzplatz hallen ließ.
      Skor zeigte auf die Arena. "Bevor wir uns später in meinen Palast zurück ziehen werden, würde es mich freuen, wenn sie dem nächsten Schauspiel beiwohnen würden. Ich bin sicher, das es euch ebenso munden wird, wie mir das Brot von Goldfield."
      Man konnte seine Mimik nicht deuten, da es nur die Maske war, die einen ansah, aber die Aussage hatte einen seltsamen Unterton. War Kal zu weit gegangen?
      Er und Vanya beobachteten das Geschehen in der Arena. Der Sprecher kündigte nun das "Kopflose Glücksrad" an. Mehrere muskelbepackte Krieger schoben einen großes Holzgestell in die Arena, aus einem der Tore. Ein Wagen musste unter einem runden Podest montiert sein, da man die Räder nicht sah, nur dessen Spuren im Sand. Außen am Holzgestell waren die Halte und Zuggriffe. Mittig war ein großer Stamm befestigt, der hoch hinauf ragte, mehrere Meter weit. Weiter oben gab es ein größeren runnden Aufbau, der einem Rad glich. Zwanzig Balken, ählich eines Galgens, ragt von der Mitte wie Speichen, mehrere Meter über den Radaufbau hinaus. An dessen Spitzen gab es Gewinde, und durch diese lief jeweils ein Seil, das bis in die Mitte zum Stamm führte, der wie ein Rohl ausgehüllt war.
      Vorn baumelten am Seilende Schlingen, die das Gebilde tatsächlich als Galgen ausschreiben konnten. Aber es war keiner.
      Mittig am Stamm, zwischen Bodenplatte und Dachrad, war eine weitere Auswäölbung zu sehen, an dessen Rand ein Metallbeschlag war, der viele Kratzer und Dellen aufwies. Die Seile liefen alle darüber und über Metallringe am Boden wieder irgendwo hin, oder sie waren dort einfach nur befestigt.
      Sie beobachteten den Aufbau, wie Krieger die zwanzig Balken mittig mit schweren Kugeln ausstatteten, die an einem Seil bzw. der Kette ein Stück runter hingen.
      Ein weiteres Tor öffnete sich und mit Ketten an Füßen und Händen wurden zwanzig Gefangene in die Arena gebracht. Man führte sie bis zum Kopflosen Glücksrad, und legte ihnen die Schlingen um den Hals.
      Es stand an einer bestimmten Stelle, denn im Boden fanden sich Verankerungen, wo man die Gefangenen mit Händen und Füßen ankettete, so das sie zwar aufrecht stehen, aber nicht mehr weglaufen konnten. Sie standen fest am bOden, und konnten nicht mal einen Fuß heben.
      Nun erklärte Vultjag ihnen noch kurz, was es damit auf sich hatte. Unter den Gefangenen waren allesamt Verräter und Entehrte. Normalerweise würde man sie einfach alle töten lassen, und ihrer Körper besudeln. Aber jetzt bot man ihnen an, die Ehre zurück zu gewinnen, in dem sie nicht nur besonders viel Glück hätten, sondern auch noch bereitwillig ihre Mitschuldigenn opferten, um selber mit heiler Haut davon zu kommen.
      Der Wulst mittig am Stamm ist mit 25 Seilen gespikt und nummeriert. Die Seile laufen zufällig oben aus dem Rad, so das man nicht weiß, welches Seil zu welchem Schlingenseil gehört. Es gibt mehr Seile als Gefangene, was bedeutet, das maximal fünf Krieger eine zweite Chance erhalten können, sollten zwanzig Seile durchtrennt worden, und fünf von ihnen übrig sein. So oder so würde auch der letzte der noch steht ein Seil für sich wählen müssen. Sollten unterdessen schon die fünf nutzlosen Seile durchschlagen worden sein, so wählt er selbst seinen Tod.
      Die schhweren Gewichte mittig oben an den Balken werden durch die Seile gehalten. Einer wählt eine Zahl, und ein Krieger mit Axt trennt das Seil durch. Fällt die entsprechende Wahl auf eine Kugel, so löst sie sich. Die Steinkugeln wiegen 250 Kilo, rauschen drei Meter hinab und reissen dann vom Opfer den Kopf ab. Ein herrlicher Spaß, wie Skor lachend meinte und auch Kal und Vanya bekamen plötzlich eine Schreibtafel mit Papier und einem Kohlestift ausgehändigt. Skor beugte sich vor.
      "Warum wetten wir nicht ein wenig? Jedesmal wenn einer eine Zahl wählt, kreuzen wir an, ob en anderer einen Kopf verliert, oder ob ein leeres Seil durchtrennt wird. Außerdem hat jeder eine andere Farbe am Kopf angebunden. Wir raten zudem, welche Farbe es wohl sein wird. Jedesmal wenn einer von und richtig liegt, erhält derjenige eine Goldmünze. Solltet ihr am Ende mehr Münzen haben als ich, ja, ihr dürft zusammen zählen, so erfülle ich der verehrten Lady Codren Goldfield einen Wünsch. Habe ich am Ende jedoch mehr Münzen, so werde ich eine Bedingung stellen."
      Er beugte sich vor, und starrte beide durch seine Maske an. Man konnte das schelmische Grinsen dahinter förmlich erahnen.
      "Weigert ihr euch, so sehe ich den Versuch mich zu vergiften auch in eurer Schuld. Ihr wisst, was das bedeuten kann?"
      Er verwies auf die Arena. "Nun, eure Begleiterin könnte ich ja noch in meinen Harem aufnehmen. Mein letztes Geschenk ist leider abhanden gekommen. Und ... es waar eine Goldfield, die meine Pläne etwas durcheinander gebracht hat."
      Damit war wohl die Einigung Mehyves gemeint, und Flora Goldfield, die schon Trakurs Pläne zunichte gemacht hatte.

      Unten in der Arena war bereits der Henker mit der Axt aufmarschiert, und stiefelte brummig um den Stamm herum, wedelte mit der Waffe und genoss den Jubel, den das Volk runterregnen ließ. Ein Mann ging mit einem Korb umher, in den die Gefangenen reingriffen und eine Kugel herausnahmen. Nur eine von ihnen war weiß, die andere schwarz. Erst als der Siebte die Weiße zog, beendete er den Rundgang. Der Siebte durfte zuerst wählen, danach ging es im Uhrzeigersinn weiter.
      Skor, Kal und Vanys mussten ihre Wahl treffen.
      Vanya, die sich inzwischen sehr unwohl fühlte, als wäre sie in eine falle gelaufen, machte schnell ihre Wahl, und hoffte das Beste. Sie wählte Kopf und Farbe Grün. Dann sah sie zu Kal.
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • Abgesandte von Garlingen

      Kal und Vanya nahmen neben Schlachtenfürst Vultjag Platz, dessen Präsenz alleine schon den ganzen Bereich unter dem Baldachin auszufüllen schien. Er war durch und durch ein Vultjag mit dem Körper eines Riesen und der Autorität eines Generals, so wie allein schon seine Haltung dafür sorgte, dass man sich in seiner Umgebung unbedeutend fühlte. Kal fühlte sich schrecklich unterwürfig, als er neben dem Hünen Platz nahm und dabei versuchte trotz seines wesentlichen Körperunterschieds würdevoll auszusehen. Vultjag ließ ihn vor allem Fehl am Platz fühlen, so wie ein Lamm, das sich in das Revier eines Wolfsrudels verirrt hatte.
      Und dann erst das Schauspiel der Arena! Kal sah mit erschreckender Genauigkeit, wie die Männer sich dort unten aufspießten und sich dabei anbrüllten, als wollten sie ihrem Herrscher nicht nur zeigen, wer am besten kämpfen konnte, sondern wer dabei auch noch am lautesten schrie. Es war ein gottloser Anblick und Kal ließ seinen Blick lieber über die Menge schweifen, während er sich - so würdevoll wie nur möglich - mit Vultjag unterhielt. Trotz allem war er ja doch ein manierlicher Mann - ein furchteinflößender und grausiger Mann, aber doch ein manierlicher. Er genoss das Gespräch deutlich mehr als mit Turmherr Ildes.
      Doch genau das war letztlich das Thema, das die Unterhaltung mit einem Mal zum Kippen brachte. Vanya überreichte den Wein von Ildes an Vultjag, der ihn wiederum von seinem anderen Gast verkosten ließ, der doch tatsächlich davon in die Knie ging und nach Luft rang. Keiner der Wachen kam ihm zu Hilfe und Vultjag lachte auch noch, als sei es nur ein weiteres von vielen Schauspielen gewesen. Kal spannte sich alarmiert an und bemühte sich um einen gemäßigten Tonfall, als er sogleich mit Entschuldigungen herausprasselte.
      "Ich bitte vielmals um Vergebung, Eure Exzellenz, es war unser eigenes Versagen, indem wir den Wein nicht vorher kosteten. Wir waren nicht in der Lage sein Vorhaben zu durchschauen, ich leiste den Schwur im Namen meiner Königin, dass wir nicht beabsichtigten, in irgendeiner Weise einem Attentat dienlich zu sein - oder sogar selbst eines durchzuführen."
      Ohh, das war schlecht. Das war so schlecht. Ildes wusste genau, dass sie den Wein an den Schlachtenfürst in seinem Namen überreichen würden und damit hatte er sie nicht nur dem Urteil des Schlachtenfürsts persönlich ausgesetzt, er hatte ihnen zudem die Chance genommen, bei ihrer Rückkehr Schutz in seinem Turm zu finden. Nun würde er sie sicher nicht mehr mit offenen Armen empfangen, ganz im Gegenteil, es bestand sogar die Gefahr, dass er sich ihnen feindlich gesinnt entgegenstellte. Schließlich brachte der Tod eines Botschafters ein schlechtes Licht auf das besuchte Land und das war es doch genau, was Ildes wollte: Er wollte Skor vom Thron befördern. Sie konnten sich also nicht mehr darauf verlassen, dass er ihnen die Tür öffnete; Sie würden sich hineinschleichen müssen.
      Das war wirklich ausgesprochen schlecht. Sie besaßen kaum die Kapazitäten für sowas und obwohl Vanya sicherlich am meisten Erfolg hätte, mussten sie auch noch alles herausschaffen und zudem verschwinden. Konnten sie sich sowas überhaupt leisten? Aber schließlich mussten sie. Goldfield konnte unmöglich eine Armee zum Turm schicken, nachdem sie dem Schlachtenfürst ein Geschenk überbracht hatte und Lyxaxu würde sich weigern, eine indirekte Kriegserklärung auszusprechen. Sie hatten nur diesen einen Versuch.

      Kal sackte verzweifelt in sich zusammen und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Sie mussten erstmal das Schlamassel mit Vultjag aufklären und sich vergewissern, dass er ihnen und Goldfield nicht feindlich gesinnt war und dann mussten sie sich doch irgendwie in den Turm hineinkämpfen. Aber erstmal musste er Vultjag zu seinem Verbündeten machen. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Arena, in der es mittlerweile still geworden war. In Vultjags Worten schwang ein Ton mit, bei dem Kal fast zurückschreckte. War das Teil des heutigen Programms oder hatte der Schlachtenfürst bereits seine Vergeltung geplant? Seine Nerven waren zum zerreißen angespannt, als er beobachtete, wie ein paar Soldaten ein Holzgestell in die Grube fuhren. Die Leichen waren beseitigt worden, aber der Sand war noch immer rot verfärbt vom Blut. Nahm er überhaupt jemals die ursprüngliche Farbe an, oder sah die Grube immer aus, als wäre sie von Blut durchtränkt? Kal mochte sich gar nicht näher damit beschaffen. Leider wirkte aber auch die angebrachte Vorrichtung nicht so, als entspräche sie seinem Geschmack einer Vorstellung.
      Eine Reihe Gefangenen wurden hereingeführt, wohl für jeden der Balken einen, und am Boden der Arena festgekettet. Kal packte das Grauen immer mehr, als er die Vorrichtung zu verstehen glaubte und sie in Zusammenhang mit dem Namen brachte. Das kopflose Glücksrad, zwanzig Balken, an denen schwere Kugeln befestigt waren. Er griff nach seinem Tee, den ein Diener ihm gebracht hatte und versuchte nicht an die kommende Vorstellung zu denken. Der Tee hatte einen staubigen Nachgeschmack und wies noch vereinzelte Kräuterblätter auf, aber Kal konzentrierte sich so sehr auf ihn, dass er fast wieder gut schmeckte. Bloß nicht zu viel darüber nachdenken. Vorstellungen wie diese beobachtete Vultjag sicherlich täglich.
      Die Elfen bekamen beide eine Schreibtafel ausgehändigt, während Vultjag ihnen eine Wette vorschlug, die sich mehr wie ein eigenes Glücksspiel anhörte. Die einzige Möglichkeit daraus war daran teilzunehmen, denn Kal würde Vanya ganz sicher nicht in der Wüste zurücklassen, geschweige denn bei diesem blutdurstigem Mann. Er versuchte seine Nerven zu beruhigen, während er sich ein wenig straffte und die Schreibtafel auf seinen Knien ablegte.
      "Es wäre mir eine Ehre, Eure Exzellenz."
      Dann versuchte er nicht allzu sehr seine Fassung zu verlieren, während er auf Seil und Rot tippte. Ein kurzer Blick zu Vanya gab ihm die Erkenntnis, dass sie mindestens genauso verstört von der Vorstellung war wie er.
      Der Gefangene wählte seine Zahl mit lauter Stimme, so als wäre er beinahe stolz dort zu stehen. Die meisten von ihnen sahen nicht so aus, als müssten sie leiden, sondern sie versuchten ihre Haltung zu bewahren und vor dem Schlachtenfürst das Kinn empor zu recken. Es waren tapfere Männer, doch schließlich hatten sie dieses Schicksal selbst gewählt und wussten schon, was auf sie zukam. Der Henker schlurfte zu den Seilen, holte mit seiner Axt aus und kappte unter tosendem Gebrüll das elfte Seil.
      Dem Mann mit der Farbe Gelb wurde mit einem Ratschen der Kopf vom Körper gerissen. Die Kugel raste hinab und gleichzeitig der Kopf herauf, dicht gefolgt von einer Blutfontäne, die in alle Richtungen spritzte und die Gefangenen neben sich besudelte. Die Menge brüllte vor Begeisterung und Kal zuckte zusammen, kurz bevor er sich die Hand vor den Mund legte. Er konnte das Blut nicht nur spritzen hören, er war sich auch sicher es riechen zu können, als der Körper auf den Boden platschte und in seiner eigenen Blutlache liegen blieb. Kal musste seine ganze Konzentration darauf richten nicht aufzustoßen, während er zum Tee griff und seine Übelkeit hinunterzuspülen versuchte. Leider gab ihm der Henker kaum Zeit sich zu beruhigen, er marschierte bereits zum nächsten Seil und Kal notierte sich schnell seine Vorhersage, bevor der Schlachtenfürst noch auf ihn aufmerksam werden würde. Glücklicherweise schien er sehr angetan von diesem Spiel zu sein und schenkte seinen Gästen nur die nötige Beachtung.
      Der Henker zerschnitt das Seil Nummer Zwei und dem Unglücklichen mit der Farbe Weiß wurde der Kopf von den Schultern gerissen. Kal hatte auf Kopf Blau getippt. Er kniff sich in den Nasenrücken und biss sich auf die Zunge, während das Blut in einer hohen Fontäne hervorspritzte und an dem Körper herablief. Dieser fiel vornüber und offenbarte das allzu weiße Rückrat, das aus dem Stumpf herausragte. Kal glaubte, er würde gleich seinen eigenen Kampf verlieren und genehmigte sich einen weiteren Schluck aus seinem Tee. Ihm war so übel, dass er die Aufregung des Publikums nutzte, um es zu beobachten. Was für ein barbarischer Ort das war, mit einem allzu barbarischem Anführer. Würde er wirklich 20 Köpfungen aushalten können? Es gab zwar die Chance, dass jemand überlebte, aber sie war so verschwindend gering, dass sie eigentlich nicht wahrzunehmen war.
      "Eure Exzellenz", brachte er mühsam hervor und räusperte sich. "Das ist eine äußerst... interessante... Methode. Ihr seid ausgesprochen kreativ in den Vorführungen. Erzählt mir mehr davon; Gab es denn auch schon Gefangene, die in diesem Glücksspiel tatsächlich gewonnen hatten und die Freiheit erlangten?"
      Wenn Vultjag reden würde, würde ihm sicherlich nicht auffallen, wie bleich Kal geworden war und wie sehr er mit seinem Magen kämpfte. Er tippte erneut und zu seiner Überraschung lag er dieses Mal sogar richtig: Kopf und Blau. Ein Diener überreichte ihm eine Goldmünze, die er behutsam auf seiner Schreibtafel platzierte, ehe er sich erneut darum bemühte, nicht allzu genau hinzusehen. Die Besucher der Arena waren auch sehr interessant und er lenkte sich ab, indem er versuchte zu entschlüsseln, zu welcher Stellung sie gehörten. Dabei vergaß er das Spiel allerdings nicht und tippte beim fünften Mal sogar wieder richtig. Sein Blick wanderte kurz zu Vanya; Irgendwie würden sie es aus diesem Albtraum schon heil herausschaffen.
    • Vultjag

      Das Kopflose Glücksrad war in die letzte Runde gekommen, und tatsächlich hatten es zwei Krieger geschafft, ihre verräterische Ehre mit ihrem Mut an der Teilnahme des Spiels, wieder gut zu machen. Achzenh Leiche lagen im Sand, deren Köpfe oben in luftiger Höhe unter den Balken baumelten, und ausgetropft waren.
      Man erlöste sie von ihren Ketten, auch wenn der Krieger mit der Axt gern auch ihre Köpfe aufsteigen hätte sehen wollen, so musste er ihnen Respekt zollen.
      Zu zweit marschierten sie unten vor Vultjag auf, schlugen die rechte Faust auf ihre Brust, dort wo das Herz lag, und schworen erneut ewige Treue und Ehrerbringung dem Schlachtenfürst und dem Reich Vultjag.
      Skor prostete ihnen zu, machte eine anerkennende Handbewegung und nickte. Das Volk in den Reihen jubelte und polterte mit den Füßen, Waffen oder den bloßen Fäusten, die gegen ihre Brüste trommelten.
      Dann wurde unten auch schon wieder aufgeräumt, während der Sprecher durch sein Sprachrohr verkündete, das es nun zur Abschlussvorführung käme. Mehrere wilde Tiere wurden an Ketten aus einer sich öffnenen Wand hinausgeführt. Sie waren kaum zu halten, und selbst die Krieger dahinter, die fast vollständig in Eisen gehüllt waren, und durch Gitterschlitze fluchten, hielten respektvoll so viel Abstand wie möglich.
      Eine weitere Gerätschaft rollte in die Arenamitte. Ein langer Balken, sicher 20 m lang, an dem erneut Gefangene angebunden wurden. Fünfzehn an der Zahl wurden mit Ketten angeschmiedet, aber sie waren weit genug, um sich normal bewegen zu können. Gegenüberr auf der anderen Seite war ein schweres Gegengewicht für den langen Balken. Außerdem ein Korb, in dem ein Vultjag stand und Anweisungen brüllte, wild mit den Armen gestikulierte.
      In der Mitte gab es einen Ring, auf dem drei Öllampen montiert waren und angezündet worden. Darüber hing erneut ein Ring, mit dünnen Seilen, die aber zwischen den Flammen der Lampen hingen. Die Aufgabe war einfach. Sie mussten so schnell laufen wie sie konnten, und solange durchhalten, bis das Öl verbrannt und die Flammen aus gingen. Allerdings drehte sich der Lampenring mit, und die Flammen kamen an die Seile. Diese waren zudem unterschiedlich dick, und jeweils ein Seil löste die Verankerungen von einer der Bestienketten und fünf der Gefangenen.
      Sollte das geschehen, so konnten diese frei in der Arena laufen, aber die Bestien auch, und sie hatten großen Hunger, und waren auch so sehr feindselig auf ihre Peiniger, denn das waren sie auch, die Gefangenen. Sie mussten einen Monat lang die Bestien ärgern, wütend machen, sie mit Stöcken pieksen und dergleichen. Allein schon der Geruch machte die Viecher angriffslustig.
      Und mit jedem Seil, das durchbrannte, kamen mehr Biester in die Arena. Zuerst nur eine, dann sieben und am Ende wären es Fünfzehn. So würde jede eine Beute vorfinden. Allerdings konnte man die Biester auch töten. Alles andere wäre zu langweilig. Es gab aber nicht genug Waffen für jeden.
      Vorteil für alle, die noch am Balken angebunden waren. Ein kleiner Metallkäfig umrandete sie, der aber auch mit dem Seil zusammengehalten wurde. So war sichergestellt, das nur die ersten fünf auch frei erreichbar waren, und keinen Schutz mehr genossen. Wie gut würden sie wohl zusammenarbeiten? Außerdem gab es noch eine Blockade, die das Drehen für drei Sekunden stoppen konnte - an jeder Stelle. Was, wenn dabei zufällig ein Seil unter einer Ölflamme hing? Sie aren so versetzt, das nie alle gleichzeitig im Feuer hingen, aber je langsamer sie drehten, desto länger verblieb das Feuer am Seil. Und zu schnell bedeutete, dass das Seil kaum abkühlte und immer heißer werden würde. Und Niemand wusste, welches Seil zu welchem der fünf Krieger führte.

      Skor lachte, und erklärte das Spiel. Auch wenn er zugeben musste, das Kal und Vanya mit zwei Münzen mehr die erste Wette gewonnen hatte. Jetzt aber wollte er den Einsatz erhöhen, und wettete erneut gegen die Abgesdandten, das mindestens drei Biester erschlagen werden, aber alle Gefangenen ums Leben kommen.
      Kal und Vanya mussten ebenfalls Zahlen nennen. Skor erhöhte den Einsatz auf einen großen Gefallen. Verlor er erneut, so bot er 1000 fähige Söldner für Garlingen an, die das Land solange verteidigen würden, wie es angemessen wäre. Codren Goldfield könnte sie nach eigenem Ermessen nutzen und verbrauchen.
      Gewann er allerdings, so müsste Goldfield ihm 1000 Soldaten zur Seite stellen, sobald er sie einfordert.
      Vanya knirschte mit den Zähnen, und sah zu Kal, der noch bleicher geworden war.
      Als wäre es ganz normal, als die Leichen aus der Arena geschleift wurden, folgten hier schon wieder Hinrichtungsspiele, und der Schlachtfürst wettete dabei mit seinen Gästen um Soldaten und Gefallen, die man stellen und einfordern könnte.
      Kal musste mit ihr ansehen, wie Köpfe an Schlingen von Hälsen gezogen wurden. Jetzt sollten sie dabei zusehen, wie fünfzehn Krieger dabei waren, bei lebendigem Leibe verspeist zu werden. Diese Bestien waren größer als Löwen, mächtige Raubkatzen aus Übersee, und Wappen von Mehyves Streitmächten.
      Vanya hatte einmal einen gesehen, der über Handelswege nach Taranoke gebracht wurde. Zum Glück war es die Letzte Atraktion für heute, wenn man dem vertrauen konnte, was der Sprecher sagte.
      Und danach würden sie zu Gesprächen in seinen Palast gehen und auf die Toten trinken und genüsslich speisen?
      "GENUG!", zischte Vanya, und sprang auf, waf das Papierstück und den Kohlestift zu Boden. "Wir sind nicht hier um zuzusehen, wie Menschen sterben. Wir sind keine Vultjags. Und quälen sie Kal nicht länger. Meinetwegen machen sie mit mir was sie wollen, Schlachtfürst Skor Vultjag, aber lassen sie ihn in Frieden."
      Wütend schnaubte sie aus und sah Skor grimmig an, der für einen Moment still wie eine Salzsäule da saß und die Diener große Augen machen, ebenso die Frau, die irgendwie Luft zwischen ihren Zähnen leicht pfeifend ausspie.
      Skor setzte seinen Kelch ab.
      Jetzt bereuhte Vanya es irgendwie, den Schlachtenfürst hier angeschien zu haben.
      Stille. TOTENSTILLE ... in der ganzen Arena. Irgendwie hatten einige das Sxhauspiel mitbekommen und es hatte schnell die Runnde gemacht. Alle starrten zum Baldachin, wo eine wütende Vanya stand mit geröteten Wangen.
      Dann lachte Skor. Selbst ohne Maske klingelten Kal die Ohren, so laut lachte er, und dannn lachte die ganze Arena.
      "Ihr habt reichlich Mut, Elfenfrau. Es ist ehrenvoll, für seine Freunde und Kameraden aufzustehen, und Forderungen zu stellen, ganz gleich worum es auch gehen mag. Das gefällt mir. Nun, ihr seid doch eine Schützin, nicht wahr? Ich vergebe euch, wenn ihr euch an dem Schauspiel beteiligt. Ich erlaube euch einen Pfeil. Aber ihr dürft ihn nur von hier aus schießen. Und ich erlaube es, das die Gefangenen den Pfeil aufsammeln, und zurück werfen dürfen. Schaffen sie es, diesen bis zum Baldachin zu werfen, so erhaltet ihr einen weiterrn Pfeil. Damit dürft ihr die Bestien töten. Sogar alle, wenn ihr es schaffen könnt. Anderenfalls muss ich euch leider strafen."
      Vanya seufzte und schien kleiner geworden zu sein, aber dann strafte sie sich wieder, sah zu Kal und nickte. "Ich nehme an. Aber nur, wenn wir die Wette ausbauen. Schaffe ich es, egal unter welchen Bedingungen und Umständen, mindestens die Hälfte der Bestien zu töten, so gelten wir als Wettsieger, unabhängig davon, wie es bisher lief. Und für jede Bestie die ich töte, darf einer aus der Arena flüchten und ist frei."
      Jetzt grinste Vanya, und beugte sich leicht vor. Sie packte Vultjag dort, wo es am meisten weh tat. "Ihr seifd doch nicht so feige, das ihr ablehnen würdet, oder? Schließlich hörte ich vom großen Mut des Skor Vultjag, der sogar noch den von Trakur übertrumpft."
      Sie starrte fordernd auf die Augenschlitze der Maske, und sah dennoch, wie eine Hand Vultjags zuckte. Dann nickte er. "Einverstanden. Bringtr Pfeil und Bogen. Wir wollen sehen, welch großen Können man Waldelfen nachsagen kann."
      Wieder jubelte die Menge, die heute mehr geboten bekam als sonst. Der Schlachtfürst selbst wurde herausgefordert ... von einer Frau.
      Vanya erhielt Bogen und einen stabilen Pfeil.
      Weitere Pfeile waren in einem Köcher, falls der erste unbrauchbar wurde. Aber nur einen durfte sie nutzen, und dann auch nur erneut, wenn diesen bis hier hin zurück werfen konnte. Ein weiter Weg. Ein guter Werfer könnte das sicher schaffen. Ein schlechter Werfer käme vermutlich maximal bis zur halben Strecke.
      "Was, wenn der Pfeil nicht bis zum Baldachin kommt?"
      "Dann wird er zurück in die Arena geschossen."
      Weitere Schützen marschierten auf, und postierten sich in jeder Sitzreihe von unten bis zum Baldachin. "Er darf erneut geworfen werden. Allerdings steht es den Soldaten frei, ihn irgendwohin zu schießen - auf den Boden der ganzen Arena."
      Vanya nickte. Kleine Chancen sind immer noch besser als gar keine. Außerdem besaß sie Windmagie. Zur richtigen Zeit würde jeder Pfeil zu ihr zurück finden - und auch sein Ziel treffen.
      Sie würde es diesem Barbar schon zeigen, einigen Vultjags das Leben schenken, und Kals Psyche irgendwie schützen, damit er Nachts halbwegs ruhig schlafen könnte.


      Östliches Tor Camisse
      Aranis Lager

      Tage waren bereits vergangen, und Aranis rechnete jeder Zeit damit, frohe Kunde aus Anvil und Silver Helm zu erhalten. Bis es soweit wäre, würde sie hier noch zu Gast sein, ehe sie nach Mehyve zurück in den Palast reisen würde. Haus Negrell und Servic müssten die Ersten sein, die einen gloreichen Sieg verkünden, und voller Stolz ihr Zelt betreten würden.
      An diesem Abend stand sie wieder vor ihrem Spiegel, rieb sich mit der Hand vom Kin ab über Brust und Bauch, drehte sich, begutachtete sich, fand nichts, was man verbessern müsste.
      Sie grinste, als sie zu einem kleinen Tisch spähte, auf dem ein Schreiben lag, das von einem Piraten unterzeichnet wurde.
      Der König von Mehyve hat seinen Weg zum Grund des Meeres gefunden. Sein Schiff sei Treibgut, und es gab keinerlei Überlebende, die etwas ausplaudern könnten.
      Sehr gut. Der König war für eine längere Zeit eh als Abwesend zu betrachten, und Niemand würde daher nach ihm suchen oder Verdacht schöpfen. Und er würde auch nie wieder heim kehren, und sich ihr in den Weg stellen. Ihre Pläne durften von keinem auch nur ansatzweise gefährdet werden.
      Sie nahm den Brief und warf ihn in eine Feuerschale. Piraten waren Marionetten die man leicht steuern konnte. Sollten sie einestages nicht mehr gebraucht werden, würden sie dem König auf den Meeresgrund folgen. Aber, das lag noch viele Jahre in der Zukunft.
      Jemand betrat das Zelt, blieb stehen und verneigte sich kurz.
      "Was ist? Was kommst du hier so ungefragt rein?", fragte Aranis scharf, und der Bedienstete fing an zu stottern, fasste sich und sprach dann möglichst ruhig, um keinen Fehler zu machen.
      "Ve-verehrte Göttin, Königin Aranis von Mehyve, ich melde, das soeben ..... soeben ..."
      Aranis wurde ungeduldig, forderte scharf nach. "NUN REDE SCHON, oder soll ich dich bestrafen?"
      Sie wandte sich ihm zu und der Mann erschrack, zuckte zusammen und hätte sich fast eingenässt."Melde gehorsams, das Haus Negrell und Haus Servic eingetroffen sind. Der Hausadel persönlich ist bereits auf dem Weg, euer Hoheit!"
      Draußen wurde es lauter, und Aranis schien nicht ganz mitzubekommen, was genau der Lärm war. War dort Gelächter zu hören?
      Sie runzelte die Stirn und scheute den Diener fort. "Sie sollen eintreten.", sagte sie beinahe fröhlich und gut gelaunt, begab sich aus ihrem Wohnbereich zum Empfangsbereich, wo ihr Thron stand, und nahm erwartungsvoll Platz.
      Sie entspannte sich sogar, aber behielt ihre Aura dennoch bei.
      Ein langer schwarzer Teppich führte bis zum Eingangsvorhang. Zwei Wachen standen links und rechts neben dem Thron. Mehrere Feuerschalen erhellten den Raum, und zwei weitere Offiziere, die an einem Tisch standen, auf dem Karten ausgerollt waren, nahmen ebenfalls Haltung an und stellten sich vor den Tisch, um dem Empfang mit voller Aufmerksamkeit beizuwohnen.
      Ein weiterer Diener stand nahe dem Thron, kam herbeugehuscht mit einer Flasche Wein, und Aranis hielt ihren Kelch hin, der sofort entsprechend ihrer Wünsche gefüllt wurde.
      Sie roch an ihm, nippte und schwenkte ihn sanft in der Hand vor ihrem Körper, während der Vorhang von weiteren Wachen beiseite geschoben wurde, und den Adelsleuten Zugang gewährte.
      Das Gelächter und Fluchen wurde kurz lauter, und Aranis fragte sich, was dort draußen vor sich ging. Feierten die Soldaten? Waren einige so trunken, das sie beim Laufen gar ihre Hosen verloren? Aranis würde sie öffentlich auspeitschen lassen, für solch eine Schmach, sollte jemals ein Feind soetwas in Reihen mehyvischer Soldaten erblicken.
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • Abgesandte von Garlingen

      Kal schaffte es, wie auch immer er das getan hatte, die Vorstellung über, sein Essen im Magen zu behalten. Er versuchte sich hierfür in einen Zustand seiner tieferen Meditation zu versetzen, was allerdings gefährlich war, denn schließlich musste er auch noch mit dem Schlachtenfürst plaudern und nicht so wirken, als wäre er zu einer Statue geworden. Also hatte er sich auf alles möglich andere konzentriert und dabei möglichst lebendig gewirkt: Er hatte die Zuschauer gezählt, hatte die Rüstungen der Wachen gemustert, hatte sich einige Zeit genommen einen Diener herauszusuchen, den er für Tee wegschicken konnte, und war in sich gegangen, um über die Manufaktur von Goldmünzen und deren Wert für die Gesellschaft nachzudenken. Alles, um nur das Ratschen auszublenden wenn ein weiterer Kopf entfernt wurde, um nur den metallenen Geschmack von Blut aus seiner Nase zu vertreiben und nicht hinzusehen, wenn ein weiterer lebloser Körper zu Boden fiel und den Boden mit seinem Innersten tränkte. Dreimal glaubte er, dass es doch nichts nützen würde, als sich sein Mageninhalt seinen Weg durch seinen Hals zu bahnen versuchte, aber er schluckte mehrere Male, goss sich den Tee herunter, sodass er ihn schon gar nicht mehr schmeckte und verkrallte seine Finger in die Lehnen seines Sitzes.
      Und schließlich war es tatsächlich vorbei. Es gab sogar zwei Gefangene, die wirklich überlebt hatten und befreit wurden, bevor sie vor Vultjag ihren Salut ausführten und die Arena als freie Männer verließen. Das war doch wenigstens etwas - auch wenn 18 andere auf kümmerlichste Weise gestorben waren. Kal hätte in diesem Moment gerne das Gespräch gesucht und gefragt, ob eine solche Rate üblich war, aber er war noch zu sehr mit seinem Magen beschäftigt, um vernünftig reden zu können. Ein Diener stellte ihm gerade sein fünftes Glas Tee hin. Er entspannte sich ein wenig und lächelte dem Diener sogar zu.
      Das Holzgestell wurde unter großer Mühe wieder entfernt und dann wurde auch schon die letzte Vorstellung für diesen Tag verkündet. Zweifellos würde es hinterher in der Arena immer noch Kämpfe geben, doch die großen und aufwendigen Vorführungen, die man für Vultjag aufspielte, waren damit vorbei. Das war gut. Kal konnte sich sogar etwas beruhigen, bevor er allerdings die Tiere hörte.

      Vultjag erklärte die Regeln und Kal hörte missmutig zu. Zumindest hatten die Gefangenen den Hauch einer Chance, wobei ihm auch die Tiere ans Herz gingen. Sie sollten nicht in die kaltblütigen Spiele der Menschen hineingezogen werden, geschweige denn Teil von ihnen werden. Aber Tiere waren irgendwie das Markenzeichen dieser Arena, jeder im Land hatte schließlich mindestens eine Ballade über Flora Goldfields Kampf gegen die Wildschweine in dieser Arena gehört. Eigentlich hätte Kal damit rechnen müssen, dass Vultjag so etwas wieder vorzeigen würde.
      Zusätzlich forderte Skor eine weitere Wette ein. Diesmal ging es um nichts vages wie ein Versprechen oder eine Bedingung, diesmal waren es konkrete Zahlen und deren Streitmächte. 1.000 Soldaten, entweder für Goldfield in seinem Kampf oder für Vultjag wenn er danach verlangte. 1.000 Soldaten, eine ganze Kompanie, war für Vultjag sicher ein kleiner Einsatz, aber für Goldfield, die - so schätzte Kal - vielleicht 3.000 Männer für eine Schlacht entbehren konnte, wäre es ein gewaltiger Verlust. Außerdem schlug ihm die Wortwahl von Skor sehr gegen den bereits empfindlichen Magen: "Sobald er sie einforderte" bedeutete, dass er nach den Soldaten verlangen und im gleichen Schritt sie dazu benutzen konnte, in Goldfield selbst einzufallen. Er müsste noch nicht einmal kämpfen, er könnte seine Truppen vor die Grenze schicken, seiner neuen Kompanie den Angriff befehlen, dabei zusehen wie Goldfield gegen ihre eigenen Männer kämpfen musste und danach einfach einmarschieren. Es war eine durch und durch ungerechte Wette und Kal fühlte sich nicht in der Lage sie im Namen von Goldfield abzuschließen, aber Vultljag hatte bereits deutlich gemacht was passieren würde, wenn sie sich seiner Wetten verweigerten und so stimmte er kleinlaut zu und nannte seine Prognose: Alle Biester würden erschlagen werden und mindestens drei Gefangene erhielten die Freiheit. Er fühlte sich waghalsig genug, Vultjag mit seinem Einsatz direkt entgegenzutreten. Schließlich konnte es doch nicht mehr schlechter werden als es eh schon war.

      Allerdings kam es schlimmer, und zwar in Form von Vanya, die zu Kals größtem Entsetzen aufsprang und sich Vultjag entgegenstellte. Was tat sie da bloß?! Kal war von ihrer plötzlichen Respektlosigkeit so überwältigt, dass er eine gefühlte Ewigkeit brauchte, bis er selbst aufgesprungen war und sie mit der bloßen Macht seiner Stimme zurück auf ihren Platz zu verweisen versuchte.
      "Vanya!!"
      Aber sie hörte nicht auf ihn. Um sie herum wurde es allmählich still und Vultjag, dessen Miene man unter der Maske nicht erkennen konnte, schien auf seinem Platz zu erstarren. Kal glaubte sein Leben vor seinen Augen vorbeiziehen zu sehen und er verneigte sich schnell vor Vultjag, viel zu tief - unterwürfig tief - ehe er lossprudelte:
      "Ich erbitte Eure gnädigste Vergebung, Eure Exzellenz, ich weiß nicht, was über meine Begleitung gekommen ist, die Wüstensonne muss es gewesen sein, die ihr den Verstand benebelt hat, sie ist eine äußerst fähige Kriegerin und neigt gewöhnlich nicht zu seiner solchen Hysterie, es muss die Hitze der Sonne sein, ich bitte Euch um Eure Vergebung, ich werde sie gleich zurückbringen lassen wenn Ihr es wünscht, sie steht nur ein wenig neben sich, ich werde sie sofort nach draußen begleiten..."
      Oh wie gerne er im Boden versunken wäre vor all den Blicken, die sich auf sie richteten, als würde die ganze Arena den Atem anhalten! Vultjag würde sie für ein solches Verhalten sicher in den Kerker befördern, ach was, er würde sie auspeitschen lassen, ach was, er würde sie hier und jetzt in die Arena befördern und seinen Wein trinken, während er dabei zusah, wie sie Vanya und Kal die Köpfe von den Schultern rissen. Was hatte sich Vanya nur dabei gedacht!

      Aber dann lachte Vultjag. Kal erlaubte sich aus seiner tiefen Verbeugung heraus aufzublicken, während Skor diesen Aufstand wohl als höchst amüsant empfand. Ja, er lachte nicht nur, er lobte Vanya sogar für ihren Ausfall und Kal glaubte sein Herz in die Hose sinken zu spüren, als Skor sie dazu aufforderte, selbst an der Vorführung teilzunehmen. Wenigstens durfte sie den Gefangenen helfen und damit ihre Siegchancen erhöhen, aber - unter welchen Umständen? Und als wäre das noch nicht genug, beobachtete Kal entsetzt, wie Vanya Skor an einer Stelle ergriff, an die sich wohl Vultjags ärgste Feinde nicht getraut hätten. Oh Vanya!! Das konnte alles doch nur ein sehr böser Albtraum sein!
      Die Rüstungen der Wachen an den Seiten klirrten, als sie sich regten und auf Vultjags Zeichen warteten. Er würde sie hier und jetzt umbringen, das war es dann, Goldfield würde ihre Leichen aus dem Sand graben müssen und die Elfen würden von Vanya als die Frau reden, die es gewagt hatte, Vultjag in aller Öffentlichkeit unsittlich zu nahe zu kommen und damit im Alleingang Vernichtung über ihre ganze Rasse gebracht hätte. Und woran würde man sich bei Kal erinnern? Dass er tatenlos dabei zugesehen hatte.
      Kal ergriff ihren Arm.
      "Vanya, bitte", jammerte er, "bei allen Göttern!!"
      Aber sie hörte nicht auf ihn - und Vultjag stimmte auch noch zu. Arana musste ihre Hand im Spiel haben, anders war es nicht zu erklären, dass sie beide nicht schon längst selbst unten in der Grube waren. Eine andere Erklärung gab es einfach nicht.
      Ein Diener brachte Vanya ihren Bogen und ihre Pfeile, von denen sie nur einen verschießen durfte, und Kal schleppte sich zu seinem Platz zurück, in dem er regelrecht in sich zusammensank. Was für ein äußerst düsterer Tag das war, was für eine Katastrophe! Wie sollten sie das jemals wieder gut machen, wie konnten sie hiernach es überhaupt wagen in Vultjags Nähe zu atmen? Wie würden sie nur den Heimweg antreten, er würde ihnen Häscher hinterherschicken, er würde Vanya nicht damit davonkommen lassen und Kal erst recht nicht, Kal, der Vanya auserwählt hatte ihn zu begleiten, der allein dafür verantwortlich war, dass sie einen solchen Ausfall gehabt hatte! Kal wollte noch nicht sterben, er war doch so knapp vor seinen 200 Jahren, wenn er seinen Titel als Botschafter ablegen und in den Ältestenrat eintreten konnte, er wollte nicht, dass seine letzte Tat darin bestanden hatte, dem Wüstenherrscher die Stiefel lecken zu wollen, damit er ihn und Vanya verschonen würde und sie beide sicher nachhause kämen! Oh, was für ein äußerst, äußerst düsterer Tag! Er beugte sich erneut hinüber, um dem Schlachtenfürst seine Entschuldigungen darzubieten, aber da konnte er sehen, dass Vultjag längst nicht mehr interessiert an seinem Gerede war, sondern vielmehr seine ganze Aufmerksamkeit auf Vanya und das Schauspiel gerichtet hatte. Oh, das wäre ja noch die Krönung des Tages, er würde Vanya in seinen Harem schicken und sie zu seiner persönlichen Mätresse machen, sie würde den Rest ihres Lebens in der Wüste verbringen und widerliche Halbelfen auf die Welt bringen, die die schlechten Eigenschaften beider Rassen verbinden und dann Vultjag als spezielle Söldnertruppe dienen würden! Wie sollte Kal das nur der Königin beibringen? Ein furchtbarer Krieg würde ausbrechen!
      Er gab seine verzweifelten Entschuldigungsversuche bei Vultjag auf, beugte sich auf die andere Seite und scheuchte den nächstbesten Diener nach dem stärksten Wein fort, den es in der Arena zu finden gab. Dann lehnte er sich zurück, versuchte seine Nerven zu beruhigen und beobachtete Vanya.

      Die ersten fünf Gefangenen wurden freigelassen und damit auch die erste Bestie. Sie schoss los, schneller, als der wuchtige Körper zu vermuten gab, und fixierte sich gleich auf den ersten Mann, der in vollkommener Panik aufschrie und reißaus nahm. Die anderen schienen einem geordneterem Plan zu folgen, zumindest peilten sie die wenigen Waffen an, die es in der Arena verstreut gab, aber dann gerieten zwei von ihnen in eine Prügelei über eine Keule und der eine schlug sie schließlich dem anderen über den Schädel. Das war nichts, womit man hätte rechnen können, aber die Menge brüllte vor Begeisterung und zumindest versuchte der Mann es anschließend, sich der Kreatur zu nähern, um sie mit seiner Waffe zu bedrängen. Vanya schoss derweil ihren ersten Pfeil, traf in die Flanke des Tieres, wodurch es seine Verfolgung jäh aufgab, im Laufen auf den Boden krachte und vor Schmerzen aufbrüllte. Drei Gefangene näherten sich dem Tier und der Mann mit der Keule wagte einen mutigen Angriff, bei dem er nach dem Kopf des Ungeheuers schlug. Derweil näherten sich ihm die anderen beiden, schafften es schließlich den Pfeil herauszuziehen und schleuderten ihn zurück auf Vanya.
      Kal hielt den Atem an. Der Pfeil beschrieb einen guten Bogen, dann richtete er sich in der Luft unmerklich neu aus, stieg noch ein wenig höher, so als hätte der Wind ihn aufgegriffen und sauste schließlich auf den Baldachin zu. Vanya tänzelte ein wenig zur Seite und fing ihn im Flug auf, ehe sie ihn gleich wieder einspannte. Kal sah zu Vultjag hinüber, aber der schien nichts von der Magie mitbekommen zu haben - Vanya hatte sie ja auch sehr unterschwellig eingesetzt. Zumindest etwas.
      Sie traf die nächste Kreatur ebenso zielsicher, doch diese Bestie ließ sich von einem einzelnen Pfeil nicht so leicht aufhalten. Sie sprang in hohem Bogen über ein paar Gefangene hinweg, landete fauchend vor Raserei auf ihrem Opfer und vergrub sogleich ihre Klauen in ihm. Der Mann kreischte gequält auf, da fauchte ihn das Tier an, schlug sein Maul in dessen Schulter und riss an ihm, während sie ihn mit den Klauen auf den Boden drückte. Der Kiefer zerbrach das Schulterblatt mit einem lauten Knacken und der Mann schrie noch immer, während die Bestie seinen Arm mitsamt seiner Schulter herausriss und hungrig darauf rumkaute. Von hinten näherten sich zwei Gefangene, rissen den Pfeil aus dem Leib des Tieres und liefen danach um ihr Leben, als die Bestie wild fauchte, von ihrem Opfer abließ und sich das nächste suchte. Der Mann schrie noch immer in Todesqualen, aber langsam wurde er durch den Blutverlust leiser und starb schließlich.
      Ein allzu grausamer Tod. Kal griff sogleich nach dem Weinglas, das der Diener ihm überbrachte, leerte es in einem Zug und verlangte, dass man ihm nachschenkte. Der Diener bemühte sich seinem Wunsch nachzukommen und kurz darauf trank er schon von dem zweiten Glas.
      Unten in der Grube warf einer der Gefangenen den Pfeil nach oben, aber er war zu sehr von der anstürmenden Bestie abgelenkt, um den Pfeil ordentlich zu werfen und so brachte er nicht einmal die Hälfte des Weges richtig hinter sich. Entweder Vanya konnte den Pfeil doch noch unbemerkt zu ihr lenken, oder sie würde ihn eben den anderen Schützen überlassen. Wenn sie sich nicht allzu viel Zeit beim Verschießen nahmen, könnte sie ihr Glück gleich wieder versuchen.


      Mehyves Lager

      Die Rückkehr ins Lager war die reinste Schmach. Das Schicksal der Armee musste sich schon rumgesprochen haben, denn Servic wurde mit spöttischen Blicken und Gelächter empfangen, während er sich wie ein nasser Hund voran schleppte. Die beiden Negrell Schwestern waren auf der Reise äußerst großzügig mit ihren Beschimpfungen gewesen und hatten ihm mindestens ein Dutzend neuer Wörter beigebracht, die er davor niemals mit einer Beleidigung in Verbindung gebracht hätte, die ihn und sein Versagen aber doch sehr deutlich hervorgebracht hatten. Er hatte bei diesen Beschimpfungen genügend Zeit gehabt, über sein weiteres Leben nachzudenken.

      Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn er in Anvil geblieben wäre. Die Behandlung der Zwerge wäre, egal wie kaltblütig sie ausfallen mochte, doch sicherlich noch besser gewesen, als das, was ihn bei Aranis erwartete. Dabei glaubte er nicht, dass sie ihn gleich hinrichten würde - eher würde sie an ihm ein Exempel statuieren.
      Er hätte sich gern noch etwas anständiges angezogen, aber die beiden Schwestern flankierten ihn wie Leibwächter und trieben ihn zu dem größten Gebäude, das zusätzlich die meiste Bewachung genoss. Soldaten höhnten ihm auf seinem Weg zur Schande zu, manche wandten sich angewidert von ihm ab, andere machten sich über ihn lustig oder warfen ihm Flüche zu. Servic versuchte aufrecht zu gehen, aber er hatte seinem Körper nie besondere Aufmerksamkeit geschenkt und so fühlte er sich, als würde er nur noch einen größeren Buckel machen, als er den Kopf einzog und voranschlich. Er ging geradewegs auf sein Ende zu.

      Die Wachen machten ihnen bereitwillig Platz und er trat in die übergroße Halle ein, die auf die Bedürfnisse der Königin zugeschnitten worden waren. Ein prächtiger Teppich führte geradewegs auf dem Thron zu, auf dem Aranis bereits Platz genommen hatte und ihm neugierig entgegen sah. Er wollte gleich wieder umdrehen, wirbelte dafür herum, aber Ariel stach ungehalten mit dem Schwert nach ihm und nannte ihn einen "erbärmlichen Schlirk", während beide ihn auf Aranis zutrieben. Was war überhaupt ein Schlirk?! Anthein verzog die Miene, drehte sich schließlich um, beschritt den letzten Weg mit einigermaßen sicheren Schritten und fiel schließlich vor Aranis' Thron auf die Knie. Er trug lediglich den Umhang, den ein Soldat ihm erübrigt hatte und der schon völlig verdreckt war, und außerdem Stiefel, die ihm zu groß waren. Wieso hatten alle Soldaten nur so riesige Füße?? Er kam sich vor wie ein Kind, während er vor Aranis auf den Knien herumrutschte und nach den richtigen Worten suchte. Schließlich befahl sie ihm zu sprechen, ihre Geduld war an diesem Tag nicht sehr weit gespannt. Er konnte fast das höhnische Grinsen der Schwestern hinter sich spüren.
      "Eure Majestät, Eure Dunkelheit, wir äh... wir haben versagt."
      "Wir haben gar nicht versagt, Aranis!", empörte Ariel hinter sich und schürzte die Lippen. "Verdreh hier nicht die Tatsachen, Servic!"
      "Ja gut, also ich, ich habe... kapituliert", nuschelte er.
      "Was hast du?! Sprich lauter, Mann", fauchte Ariel.
      "Ich habe kapituliert, Eure Majestät. Der Feind hat mich in eine Falle gelockt. Wir wurden getrennt, Negrell und ich, als ein Steinbruch den Weg vor uns zerbrach und Perrot, der unfähige Maschinist, hat es nicht geschafft eine Brücke aus seinen Geräten zu bauen. Negrell haben den Weg durch die Berge genommen, während ich mit der Armee unten lang gezogen bin und die Burg von vorne angriff. Wir haben die ersten beiden Torposten eingenommen, aber auf dem Weg zum dritten, auf der Treppe und dem Platz davor, löste die Burg eine Steinlawine vom Hang aus, die meine Armee in Stücke riss. Wir konnten nicht vorwärts zu dem besetzten Torposten und wir konnten auch nicht rückwärts, weil dort eine ausgesandte Kompanie der Burg unser Lager entzündete und voranrückte. Wir konnten uns nicht formieren, weil das Gestein überall im Weg lag und wir auch keinen Ort mehr hatten, an den wir die Verletzten bringen konnten, also habe ich kapituliert um das Leben meiner verbliebenen Soldaten zu schützen. Äh, mit Verlaub, Eure Majestät, sie nahmen einen Teil gefangen und einen Teil ließen sie gehen, äh, mein General befindet sich noch immer in Gefangenschaft und, und Perrot wahrscheinlich auch."
      Ariel schnaubte verärgert.
      "Aufgegeben hat er, während wir uns in die Burg einschleichen und sie von innen heraus angreifen wollten! Er hatte noch genug Soldaten, um den dritten Torposten einnehmen zu können, Eure Majestät, wir haben alle gesehen! Wie ein Feigling hat er sich ergeben!"
      "Das stimmt nicht", protestierte Servic, kauerte sich unter dem Blick von Aranis allerdings zusammen und schlang den Umhang um sich. Sehr viel kleinlauter murmelte er:
      "Mein General bestätigte mir, dass die Einnahme des Torpostens nichts gebracht hätte. Perrot hatte zu wenig Maschinen für einen richtigen Angriff auf die Burg und unser Rückzug war durch die Kompanie von Reitern verhindert. Unser ganzes Lager stand in Flammen! Wir hätten die Tore der Burg nichtmal ankratzen können, bevor alle meine Soldaten draufgegangen wären. Und dann hätten wir ja doch kapituliert müssen. So haben wenigstens ein paar mehr überlebt."
      Hinter ihm schnaubte Ariel abschätzig und verschränkte die Arme vor der Brust. Servic machte sich noch kleiner, obwohl das kaum mehr möglich war.
    • Abgesandte von Garlingen

      Es grenzte fast an ein Wunder, aber Vanya hatte es geschafft, alle Bestien zu töten, jedenfalls jene, die nicht noch durch die Krieger erledigt worden waren, sofern sie an Waffen kamen. Mit ihrer Magie hatte sie jeden Pfeil wieder bis zum Baldachin empor schweben lassen, sobald ein Krieger diesen hoch warf. Es war auch nicht verboten gewesen. Und ob Skor davon etwas mitbekommen hatte, oder nicht, das zeigte er auch nicht, als sechs Krieger das Spiel überlebten, und in einer Reihe stehend zum Schlachtenfürsten hoch schauten, der mit einer symbolischen Geste ihre Freiheit bekundete.
      Der Jubel war groß unter den Zuschauern. Auch war der arme Vultjag, der mittig auf dem Gestell stand, schon fast ein Blickjfänger, denn er hatte sich gefühlt bei jeder vierten Drehung übergeben, was dazu führte, das die innersten zwei definitiv immer durch sein Erbrochenes gelaufen waren, und ihren hinzufügten.
      Die Eintönigkeit dieser Folterspiele wurde heute förmlich durch frischen Wind in eine andere Richtung gelenkt.
      Nun waren sie aber vorbei, und die Krieger huldigten noch mit einigen Schlachtrufen ihren Herrscher, ehe sie nach und nach die Arena verließen, während Sklaven unten aufräumten, Erbrochenes und Blutreste aus dem Sand fischten, um die Arena wieder glanzvoll am nächsten Tag erstrahlen zu lassen.
      Vanya, die Vultjag persönlich herausgefordert hatte, entschuldigte sich schnell bei Kal, dem es gefühlt gar nicht gut ging. Seine Hände zitterten förmlich, und er schwankte etwas, weil er wohl doch etwas viel vom Wein konsumiert hatte. Am Ende hatte er ihn glatt aus der Flasche getrunken, und den Kelch stehen lassen.
      Dann starrte sie zu Skor, der noch immer da saß, und sie zu mustern schien. Und sie forderte eine Antwort. Ihr Blick verriet es ihm.
      Skor lachte erneut. "Ich wurde überrascht. Der heutige Tag bot reichlich Abwechslung. Und ich scheine auf der Treppe der Verlierer zu stehen. Euer Mut wird nur noch von eurem Glück in den Schatten gestellt. Ich muss euch loben."
      "Ihr haltet euer Wort, Skor Vultjag? 1000 Söldner für Garlingen?", fragte Vanya nochmals nach.
      Skor nickte. "Ja, ich bin ein Mann von Ehre. Ich stehe zu dem, was wir in der Wette vereinbart haben. Goldfield erhält von mir 1000 Söldner. Fähige Krieger, die Vultjag Ehre bringen werden."
      "Darf ich einen Handel vorschlagen? Einen Tausch der Soldaten gegen etwas anderes, das in eurem Besitz ist. Vielleicht wisst ihr nicht einmal davon, aber Turmherr Ildes eventuell. Unsere verehrte Codren Goldfield ist auf der Suche nach alten Schriften. Sie erzählen Geschichten zu Arana, der Sonnengöttin. Wäre es möglich, sofern ihr es erlauben würdet, das wir sie Herrn Ildes abnehmen und studieren, wenn wir dafür auf die Söldner verzichten, und Vultjag zusätzlich für jeden Söldner Kräuter aus den Elfenwäldern, und einen Sack Getreide aus Goldfield schenken? Selbstverständlich erhaltet ihr auch alles zurück, sobald wir die Schriften studiert haben und möglicherweise Flora Goldfield vor sich selbst retten können. Sie würde tief in eurer Schuld stehen."
      Was tat Vanya da? Sie verriet förmlich einen geheimen Plan, und dieser beinhaltete den Raub alter Schriften im Besitz von Vultjag. Andererseits bot sie Skor wiederum einen großen Handel an, von dem sie nicht mal sicher sagen konnte, das Goldfield noch so viel Getreide abgeben könnte. Jedenfalls nicht in diesem Jahr. Und dann wäre da noch die Schuld Floras, die sie ihm erbringen müsste. Dieses Angebot war durchaus reizvoll.
      Und tatsächlich schien Skor über alles nachzudenken, was Vanya ihm berichtete.
      "Ein großzügiges Angebot, Waldelfe. Schriften über Arana interessieren mich nicht. Doch wenn sie euch so wichtig sind, dann biete ich sie euch an, im Tausch der von euch gebotenen Waren."
      Dann beugte Vultjag sich vor, denn auch er witterte jetzt eine Gelegenheit. Er hob einen Finger. "Aber...."
      Vanya schluckte. Er würde jetzt sicher noch etwas verlangen. Was war mit Kal? Von ihm kam kein Einwand, oder eine Reaktion. Stattdessen nippte er an der Flasche und schaute seltsam abwesend vor sich hin, und murmelte etwas. War er betrunken?
      Skor fuhr fort.
      "....wenn ich euch diese alten Schätze überlasse, und euch euer Leben ebenso, dann verlange ich einen Vertrag mit Goldfield! Goldfield, Garlingen, wird sich im Falle eines Inselweiten Krieges, Vultjag anschließen. Das gilt ebenso für euch Waldelfen. Ihr werdet für uns Partei ergreifen, und uns mit nötigem Nachschub versorgen, sollten wir welchen anfordern. Ich werde ein entsprechendes Schriftstück verbereiten lassen, das ihr zwei mir unterzeichnet. Euer Leben hängt davon ab. Betrügt ihr mich, lass ich euch jagen. Ihr müsst es nur zu Goldfield bringen, und unterschrieben zurück schicken lassen.Dann werden wir uns gegenseitig Schutz und Unterstützung gewähren."
      Vultjag grinste hinter seiner Maske. Das Bündnis mit Vermell war Geschichte. Seine Pläne waren damit fast zerstört worden, aber jetzt, jetzt konnte er sich mit dem Haus verbünden, das Vultjag wohl am Meisten verabscheute oder von Vultjag verabscheut wird. Eine Goldfield war es schließlich, die Vultjag besiegte und in die Flucht schlug. Jetzt würde er das Haus mit seinen eisernen Krallen ergreifen, und an sich binden.
      Was mochte ihnen wohl mehr Wert bieten? Die Rettung Floras, oder ein Bündnis mit Vultiag? Vielleicht bot sich ihnen so sogar die Chance, beides zu erhalten. Und Skor? Der hatte sich erstmal den Rücken frei gehalten, und einen Verbündeten geangelt. Das bedeutete auch Nachschub, denn der Sommer würde bald für Missernten und teure Handelswaren sorgen, um sein Volk inmitten der Wüste zu ernähren und bei Kräften zu halten. Ihm fehlte das Geld aus Vermells Schatzkammern. Flora Goldfield trägt die Schuld daran, und Haus Goldfield würde sie auch wieder ausbaden.
      Skor stand auf. "Es ist nicht nötig, das ihr mich noch in den Palast begleitet. Ich werde euch zu euren Leuten zurück schicken. Ein Bote wird euch morgen den Vertrag bringen. Ebenso die Erlaubnis, Schätze aus dem Keller des Turms zu entwenden. Tut mit ihnen, was ihr für Richtig haltet. Aber denkt daran, mich nicht zu betrügen. Es könnte zum Untergang des Hauses Goldfield führen, und zur Verwüstung Garlingens ... und der Elfenwälder. GEHT!"
      Skor wandte sich ab und marschierte lacxhend eine Treppe hinauf.
      Vanya blieb mit Kal zurück. Einerseits hatte sie das Problem lösen können, wie sie ungehindert an die Schätze gelangen. Aber andererseits, hatte sie ihre Heimat und Garlingen vermutlich an den Teufel verkauft. Erst jetzt wurde ihr das so richtig bewusst. Diese Reise durch die Wüste, das Morden und Abschlachten zum Spaß als Schauspiel der Unterhaltung, das alles musste ihren Veratand ausgetrocknet haben. Dieses Land war so furchtbar ... trostlos und verdorben.
      Die Schuld würde sie aber nicht auf Kal`s Schulter ablasten, sondern ganz alleine tragen.


      Östliches Tor Camisse
      Aranis Lager

      Aranis saß auf dem Thron, und bewunderte das Schauspiel, das Negrell und Servic ihr dar boten. Allerdings sah ihr Blick nicht danach aus, als wollte sie fröhlichen Beifall klatschen, und der Kelch in ihrer Hand war längst zusammengedrückt worden, und hatte seinen Inhalt vergossen, welcher nun neben dem Thron im Boden versank. Ihre Hand zitterte vor Wut, und dann warf sie den zerdrückten Kelch mit einem wütenden, fast schmerzverzerrtem Aufschrei auf Servic, der diesen gegen die Brust bekam, und kurz aufhustete.
      "WIE .... WIE KANNST DU ES WAGEN....DU....DUUUUUHHHH....nutzloses Stück DRECK!"
      Sie erhob sich von ihrem Thron, warf eine Feuerschale um, fluchte, spuckte in Servics Richtung, der wie ein ängstlicher Hund immer kleiner wurde und mit den Lippen bebte, als würde er über Stock und Stein fahren.
      Aranis rieb sich mit der Hand am Kinn beginnen den Hals hinab, zuckte und zeigte auf Servic. "Verräter. Falsche Schlange ..... HOCHVERRAT AN DEINER GÖTTIN, AN MIR! Dein Haus soll aufgelöst werden. Es wird in nEgrell integriert, all dein Besitz, alle deine Leute. Alles was du je erreicht hast was wohlwollend Mehyve galt. Und den ganzen nutzlosen Rest wirst du mitnehmen."
      Jetzt grinste Aranis wieder, aber es war kein Fröhliches. Ihr Blick wurde wieder ernst.
      "WACHEN! Schafft ihn mir aus den Augen. Bringt ihm zu einem Schmied. Brennt ihm mit heißem Eisen das Mal der Schande in den Rücken. Es soll den ganzen Rücken ausfüllen. Dann legt ihm einen Balken über die Schultern, schlagt seine Hände daran fest. Er soll nach Mehyve zurückkehren. Er wird jede Ortschaft, jede Festung und jede Mine bereisen, und sich präsentieren ... NACKT! Er soll singen, seine Geschichte, wie er versagt hat, als der Sieg in greifbarer Nähe war. Zum Dank soll man ihn mit Kot bewerfen, und mit faulem Obst. Wenn er durst verspürt, soll er aus Pfützen saufen. Wenn er Hunger hat, soll er Essen, was die Leute ihm zuwerfen. Und auf der Reise zu den Orten, kann er wie ein Schwein im Dreck nach Würmern wühlen. FORT MIT IHM!"
      Sofort wurde Servic von mehreren Wachen gepackt und davon geschleift. Sein Schicksal stand fest. Er würde überleben, aber dafür nackt durch Mehyve wandern und sich beschimpfen lassen, und allen vorsingen, wie nutzlos er sein. Verloren hat er nun alles was er besaß. Titel, Haus und Reichtum. Undf die Negrell Schwestern hatten alles bekommen. Ja, sie wurden förmlich belohnt, dafür, das sie die Burg hätten im Alleingang erobern können, wäre er nicht zu feige gewesen. Vielleicht hätte er einfach nur die Reiter zur Ablenkung bekämpfen müssen.
      Oriel und Ariel hatten das Schauspiel stillschweigend verfolgt. Auch Oriel war ins Schwitzen gekommen. Sie waren einer Bestrsfung haarscharf entgangen, und das Beste, sie hatten soeben an Macht gewonnen. Haus Servic existierte seit diesem Moment nicht mehr. Das brachte sie selbst wieder einen Schritt näher an ihre eigenen Pläne, einestages selbst auf dem Thron zu sitzen. Später, wenn der König wiederkehrte, konnte man die Pläne neu aufgreifen. Bis dahin würden sie treu Aranis folgen. Es war richtig gewesen, alles Servic in die Schuhe zu schieben, auf ihn einzureden, das er selbst daran glaubte. Sie hatten nicht den kleinsten Anteil einer Schuld. Nur er allein hat alles versaut. Im wahrsten Sinne des Wortes.
      Oriel schluckte, und wagte es dann, Aranis anzusprechen.
      "Verehrte Göttin, wir danken euch für dieses großzügige Geschenk. Wir geloben euch weiterhin tiefste Treue und wir werden die Burg erobern. Der zweite Versuch wird nicht darin enden, das jemand wie Servic alles zu nichte macht. Wir ..."
      "GENUG! Es ist nicht nötig, das ihr die Burg ein Weiteresmal angreift. Sollte Krend Erfolg haben, was ich ihm nur wünschen kann, wird er sich darum kümmern. Nein, ihr erhaltet eine andere Aufgabe. Kommt."
      Aranis winkte sie zum Kartentisch, und die beiden Schwestern folgten sofort und spähten wissbegierig auf den Tisch, auf der eine Karte von Camisse ausgerollt lag. Auch die Offiziere beugten sich über den Tisch. Aranis zeigte auf die östlichen Bereiche von Camisse, von Cutrol bis zum See bei Burg Holm, einer weiteren Bastion der Zwerge.
      "Ich will, das ihr vom Fluss an, von beiden Gabelungen, bis zum See hinunter, das gesamte Landgebiet säubert. Crutol und jedesd kleine Bauernkaff was ihr findet, werdet ihrt in Schutt und Asche legen. Ihr werdet jeden Camisser gnadenlos abschlachten und ihre Kadaver in Kisten packen lassen. Schickt sie dann über den Handelsweg nach Veristol. Als Geschenk, für den Eisenfürst. Legt ihm auch eine Botschaft bei. Er soll selbst entscheiden, wie viele Kisten er noch erhalten möchte. Wenn er genug hat, so möge er persönlich zu mir reisen. Er hat freies Geleit. Ich erwarte seine bedingungslose Kapitulation."
      Das würde eine Menge Arbeit kosten. Holz dafür musste geschlagen und angefertigt werden. Zudem brauchten sie Transportwagen und freie Händler, die die Karren ohne jemals ihren Inhalt gesehen zu haben, zur Hauptbastion Camisses fahren, um sie dem Eisenfürst vor die Füße zu legen.
      Außerdem könnte es Wochen dauern, das ganze Gebiet zu säubern. Sie konnten kaum alle Truppen aufteilen, da jederzeit mit Gegenwehr aus Camisse zu rechnen war.
      Aranis Plan lag jetzt wohl darin, weitere VErluste zu vermeiden, und den Rest von Camisse mit mehr Nachdruck gänzlich zu erobern. Zum einen die Eroberung der halben Bergregion. Zum anderen aus Säubern seiner Gebiete. Der Eisenfürst musste entscheiden, ob er noch mehr Opfer wollte, oder ob er sich dem Teufel, nein, der finsteren Göttin beugte und ihr die Treue schwören würde.
      Oriel sah Ariel an, und beide nickten sich zu.
      "Eure Majestätische Gottheit, gebt uns etwas Zeit, und wir säubern Ost Camisse von all dem Unrat, der euch im Wege steht. Euer Wunsch wird wortgetreu umgesetzt werden."
      Trotzdem rannen beiden Schwestern Schweißperlen am Hals hinab. Ein wiederlicher Plan, den Aranis verfolgte. Lag es an Servic? Hatte er sie so wütend gemacht, das sie jetzt einen Wald aus Zwergen roden wollte? Und was würde geschehen, sollte Krend ebenfalls versagen? Mehyve hat große Verluste erlitten, und das in wenigen Tagen. Eine solch schnelle Vorgehensweise hatte also nicht nur Vorteile. Monate lange Schlachten wurden vermieden, aber unzählige Leichen in wenigen Tagen aufgetürmt. Wie viele Mehyver werden sich dem wohl noch anschließen? Hoffentlich war Aranis nicht Mehyves Untergang.
      Und dann war da ja noch Vermell. Sie zog bereits nach Norden in die Wüste, um sich mit Vultjag anzulegen.

      Als die Schwestern fort waren, scheuchte sie alle aus dem Zelt, fiel genervt in den Thron und rieb sich den Kopf. Sie murmelte etwas, schlug auf die Armlehne und krallte dann mit ihren Nägeln Furchren hinein. Dann sprach sie mit kratziger Stimme zu sich selbst.
      "Ich werde nicht verlieren ... ich werde Taranoke beherrschen, hehe, ich werde gewinnen ....hahaha, der Sieg ... ist MEIN HAHAHAHA..."
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    • Abgesandte von Garlingen

      Die Vorstellung war schließlich doch zu Ende und wie ein unglaubliches Wunder hatten die Elfen die Wette gewonnen. Natürlich bestand dieses Wunder in Form von Vanya, die sich ihrer Windmagie zu Nutzen gemacht hatte, aber Vultjag hätte sie schließlich auch dafür anklagen können, die Wette zu ihren Gunsten manipuliert zu haben. Aber er sagte nichts. Schlachtenfürst Vultjag, der seine freie Zeit damit verbrachte, Menschen geköpft werden zu sehen, ließ sich von einer Elfe in einem unfairen Spiel schlagen. Wahrscheinlich waren seine Beweggründe keinem normal Sterblichen verständlich.
      Kal hatte den Wein um Hilfe gebeten und der Wein hatte geantwortet. Er hatte es aufgegeben Vanya zurückzuhalten und er hatte es auch aufgegeben sich bei Vultjag zu entschuldigen, denn der schien mit seinem Blick Vanya schon in seinem Harem aufgenommen zu haben, aber bei dem Wein hatte er noch nicht aufgegeben. Der Wein war sehr zuvorkommend, besänftigte ihn, sprach ihm Mut zu, machte ihm Komplimente über seinen Aufzug. Und schließlich sah er doch auch sehr schick aus, oder etwa nicht? Er war so strahlend und rein wie der Sohn einer Göttin, der Sohn einer ganzen, von der Verdammnis geholten, Göttin. Vielleicht war das ja seine Berufung, er konnte Priester werden. Priester für Arana - aber halt, Arana war doch nicht mehr hier. Oder waren sie nicht hier wegen Arana? Es war schwierig einen Gedanken zu fassen, nachdem sich der Wein wie eine sanfte Decke um sein Gehirn geschlossen hatte. Seine Gedanken trieben träge dahin, so wie Wolken an einem fast windstillen Sommertag, und er musste sich jedes Mal nach ihnen ausstrecken, um sie zu fassen zu bekommen, aber selbst dann entglitten sie doch wieder seinen Fingern wie weicher Flaum. Sie waren wegen Arana hier, so viel bekam er aus einer seiner Gedankenwolke heraus, aber die Wolke löste sich auf, bevor er sie weiter ausfragen konnte. Was für eine unkooperative Wolke. Er schimpfte sie und befahl dem Wein im gleichen Atemzug, sie ein wenig besser unter Kontrolle zu halten. Dann nippte er an seiner Flasche. Das hatte der Wein nun davon, er würde den Rest seines Lebens in Kals Magen verbringen.
      Kal zwang sich dazu, sich wieder auf die Wirklichkeit zu konzentrieren und richtete seinen Blick auf die beiden Personen neben ihm. Vanya und Vultjag. Skor war wirklich ein Hüne - vielleicht kam er auch von einer Göttin? O nein. Würden sie sich um die Gunst der Göttin streiten müssen? Oder, waren es vielleicht unterschiedliche Göttinnen? So wie... hm... Arana und die andere Arana.
      Nein, das war die falsche Wolke, nach der er hatte greifen wollen. Wo war denn die richtige? Der ganze verdammte Himmel war von ihnen bedeckt! Waren das etwa alles seine Gedanken? Kein Wunder, dass er regelmäßig hereinschauen musste, um hier Ordnung zu schaffen. Der ganze Himmel war ein einziges Wolkenmeer!
      Er strengte sich an und konnte schließlich Gesprächsfetzen der anderen beiden verstehen. Etwas über Schätze, einen Vertrag, Krieg. Das waren doch Themen für einen Botschafter, oder nicht? Kal richtete sich in seinem Sessel auf - er war ziemlich tief gerutscht - und stellte die Weinflasche für einen Moment beiseite. Der Wein beschwerte sich nicht, sondern reagierte verständnisvoll und fürsorglich auf diese Geste. Verfluchter Wein! Er ergriff ihn doch wieder beim Hals, trank davon und genoss die Wärme, die seinen Körper erfüllte. Das hatte er jetzt davon - ein restliches Leben in seinem Magen.
      Er konzentrierte sich wieder auf das Gespräch und lauschte den Fetzen. Vertrag, Schätze, Goldfield. Das waren wichtige Worte, Worte, die definitiv eine Bedeutung hatten, die es zu entschlüsseln galt. Würde Goldfield einen Vertrag abschließen, in dem sie ihre Schätze Vultjag übergab? Oder würde Vultjag einen Vertrag abschließen, in dem er Goldfield seine Schätze gab? Oder würden die Schätze... einen Vertrag abschließen... um Vultjag und Goldfield an die Schätze zu geben? Nein, das machte keinen Sinn. Wieso sollte Vultjag freiwillig Goldfield Schätze geben?
      Kal schüttelte sich. Diese verfluchten, trägen Wolkengedanken. Es war so ermüdend die richtige einfangen zu wollen - wie bekam er das nur sonst immer hin? Neben ihm erhob sich Vultjag und mit ihm setzte sich auch seine ganze Gefolgschaft in Bewegung. Wie ein Schwarm Bienen umrundeten sie ihn, während der Riese sich in Bewegung setzte und auf den Ausgang der Arena zuging. Zeitgleich erhoben sich auch viele aus dem Publikum und lösten sich aus den Gruppen, um den Ausgang ebenso aufzusuchen. Damit war die Vorstellung wohl offiziell vorüber.

      Vanya kam zu Kal herüber und er beugte sich zu ihr vor.
      "Vanya..."
      Er musste Vanya etwas sagen, aber erst musste er dafür die richtige Wolke finden. Zum Glück dauerte seine Suche nicht lange.
      "Vanya, wie konntest du nur? Du hast uns alle... du hast..."
      Oh, das hatte er nicht vorhergesehen. Eine Wolke zu fassen und gleichzeitig zu sprechen war äußerst schwierig. Hätte er mal lieber das zur Vorstellung gemacht, dann hätte er auch selbst daran Spaß gehabt. Vielleicht Vultjag ja auch, wenn man ihm nur die richtige...
      Nein! Falsche Wolke!
      "Sie werden uns umbringen, Vanya, umbringen!"
      Er ergriff sie mit seiner freien Hand bei der Schulter.
      "Wie konntest du nur?"
      Das war genug Wolkenfangen für heute. Das war schwierig. Er ließ wieder von ihr ab, bedankte sich bei dem Wein für seine lieben Worte und kippte sich gleich einen weiteren Schluck hinab. Nicht, weil er ihn bestrafen wollte, sondern einfach nur so. Vanya, die gute Vanya, nahm ihm schließlich die Weinflasche ab und gemeinsam zogen sie sich aus der Arena zurück.

      Sie unterschrieben den Vertrag am Morgen, kurz bevor sie abreisten, und Kal war zumindest nüchtern genug, um die Auswirkungen der Klauseln zu verstehen. Es stimmte ihn wütend, auf Vanya, weil sie zu so etwas drastischem zugestimmt hatte, aber am meisten auf sich selbst, weil er der Verführung des Weins in dem Augenblick nachgegeben hatte, als er gebraucht worden war. Vanya war keine Botschafterin und obwohl sie Bemerkenswertes erreicht hatte, hatte sie doch einen diplomatisch großen Fehler begannen. Er musste der Königin davon berichten und natürlich musste er Goldfield diesen Vertrag irgendwie unterschieben. Sie würde sicherlich nicht erfreut darüber sein.
      Aber zunächst konnten sie sich auf den Turm konzentrieren und bis dahin würde er Vanya die Strafe auferlegen, sich einen seiner Lektionen zu unterziehen, denn er wusste um die Ungeduld der jungen Frau und daher war es nur umso wichtiger, dass sie lernte, was die richtigen Worte ausmachen konnten und weshalb sie oft wichtiger waren als das Schwert - oder in ihrem Fall der Bogen.


      Mehyves Lager

      Anthein Servic erhielt eine Strafe, die wohl einem Hochverräter angemessen gewesen wäre, nicht allerdings einem Hausherrn, der eine Schlacht verloren hatte. Er wurde enteignet, das Haus wurde aufgelöst und Aranis bestrafte ihn mit öffentlicher Demütigung und Qual. Daher dachte er auch kein einziges Mal darüber nach, den letzten Rest seiner Würde beizubehalten, und als die Wachen ihn wegschleiften, schrie er, flehte er, bettelte er, suchte nach Vergebung, machte Versprechungen, bot Kompromisse, verhandelte und weinte schließlich auch. Sein Abgang war, trotz aller vorheriger Scherze über sein Auftreten, ein dramatischer Anblick unter den Soldaten und hinterließ eine dunkle Note. Servic' Soldaten, die plötzlich Negreller waren, waren bestürzt von dieser Entwicklung und schockiert über die Ausmaße eines solchen Versagens. Obwohl ihn viele bei seiner Ankunft verspottet hatten, wurden sie nun still und beobachteten, wie der letzte Hausherr eines Hauses, dem sie ihr ganzes Leben schon gefolgt waren, wie ein Hund durch das Lager geschleift wurde und dabei nach Aranis schrie. Keiner widersetzte sich diesem Befehl, doch es säte eine Art von Gedanken aus, den wohl niemand in Mehyve auszusprechen wagte.
      Und nicht nur seine Soldaten waren davon betroffen: Obwohl Negrell quasi eine Belohnung erhalten hatte, fragten sich auch hier die Truppen, wie lange es wohl dauern würde, bis auch Negrell aufgelöst werden würde. Ein Jahr war erst vergangen und trotzdem waren schon drei mehyve'sche Häuser untergegangen. Die Rebellion mochte geschlagen sein, doch wenn es so weitergehen würde, würde es in zwei Jahren kein Mehyve mehr geben, sondern nur noch Aranis.
      Dieser Gedanke wurde nicht in Worte gefasst, aber er breitete sich aus. Ehemalige Servicer fingen an, sich untereinander dazu zu überreden nur solange mitzumachen, bis sie einen Ausgangsweg gefunden hatten und dann nach einem neuen Leben suchen konnten. Ihr General, ein guter Mann, wurde noch in der Camisser Burg festgehalten und unter ihm könnten sie das Haus neu gründen. Eventuell könnte man Servic ja befreien und den Rest der Familie ebenso: Die Schwester, den Onkel, den Neffen. Irgendwie würde man Servic zurückholen können und weiterhin unter seinem Banner kämpfen. Es war besser als das negrell'sche Wappen und viel besser als das von Aranis.
      Und Servic' Auflösung würde auch noch andere Konsequenzen nach sich ziehen, die bislang noch nicht eingetroffen waren: Anthein hatte den größten Zirkel an Boten unterhalten, seine Informanten hatten die Berichte der Grenzen weitergeleitet, seine Spione hatten in den anderen Ländern spioniert und ihre Ergebnisse mit allen Generälen geteilt. Er besaß ein festes Netz zu Lyxaxu, Brerandt und Teilen von Vultjag, bei dem er den Mittelpunkt darstellte und das mit seinem plötzlichen Verschwinden auseinanderfallen würde. Informanten würden den Dienst zu Negrell verweigern, da sie sich nur in Antheins Dienste begeben wollten, unter das nicht-bestechbare Haus Servic, bei dem Anthein schon seit Jahren einen beständigen Anker bildete, der durch keinen Krieg gebrochen werden konnte. Er verschwendete seine Zeit nicht damit auf das Schlachtfeld zu ziehen, sondern Briefe zu schreiben. Er dachte nicht über Kriegsführung nach, sondern über den Austausch und die Verschlüsselung von Informationen. Er inspizierte keine Soldaten und keine Waffen, sondern förderte Handelsrouten, stellte Verbindungen zu ganz Taranoke her und vermittelte. Anthein hatte einen fähigen, vertrauenswürdigen Mittelmann dargestellt und mit der Auslöschung des Hauses würde all das in sich zusammenbrechen.
    • Abgesandte von Garlingen
      Turm der Wüste

      Tage war es her gewesen, als sie dieser Ort verlassen hatten, und sich Nacht für Nacht Gedanken darum gemacht hatten, wie sie an die tief im Turm verborgenen Schätze kommen sollten. Zumindestens schien dieses Problem nun beseitigt zu sein, denn Skor Vultjag persönlich erlaubte es ihnen, die Schätze aus dem Keller zu nehmen.
      Allerdings, schien auch genau dass das Problem zu sein. Denn als sie zurückkehrten, und erneut beim Turmherrn Ildes vorsprachen, schien er nicht mehr so amüsiert zu sein, wie vorher. War also alles von Anfang an nur gespielt, damit sie gedankenlos den vergifteten Wein annahmen und ihn fröhlich Skor überreichten? Fast hätte er womöglich den Thron besteigen und selbst Schlachtfürst werden können. Nun schien es so, als säße er weiterhin hier inmitten der Sanddünen im Turm fest. Skor lebte noch, Vanya und Kal lebten noch, und das Schlimmste von allen, sie durften auch noch alles mitnehmen, was sie für ihre Situation, in der sie sich befanden, benötigten.
      Kal, Vanya und die Soldaten standen vor dem Turm, und Ildes, begleitet von den Wachen, etwas Höher am Eingang, und blickte verärgert hinab.
      "So ist das also. Dieser Narr hat mich vorher durchschaut. Naja, da kann man wohl nichts machen. Erwartet von mir jedoch keine Gastfreundschaft mehr. Nrehmt, was ihr benötigt, aber, wenn ihr diesen Turm verlassen habt, solltet ihr nie wieder her kommen. Anderenfalls werde ich euch hinrichten lassen. WACHE! Führt sie in den Keller."
      Vanya trat einen Schritt vor. "Wartet, euer Hoheit.", warf sie dazwischen, und Ildes schiren diese Huldigung zu gefallen. Vanya fuhr fort.
      "Ich weiß nicht, ob wir den Ort vom Keller aus betreten könnem. Ihr erinnert euch sicher daran, das ich den Turm besichtigte."
      "Ja, das ist wahr. Und, was wollt ihr mir damit sagen?"
      "Nun, ich fand in der Spitze des Turms einen geheimen Zugang, der bis tief unter den Turm führt, dort, wo der Keller ist. Es gibt versteckte Räume hinter den Wänden. Ihr werdet sie nutzen können, sobald wir die benötigten Dinge, die Arana betreffen, herausgeholt haben. Wenn es sonst noch etwas dort zu finden gibt, so gehört es euch. Das dürfte euren Reichtum steigern. Selbst wenn es nur Dinge sind, die ihr einem Händler verkaufen könnt."
      Ildes nickte. "Einverstanden. Zeigt den Wachen den Zugang im Keller. Wir versuchen ihn aufzubrechen. Sollte das misslingen, führt ihr uns über den Geheimgang in die Räume, verstanden? Und spätestens morgen Mittag seid ihr hier verschwunden. Sonst garantiere ich für nichts mehr. Schließlich ... hähähähäää... habt ihr nur das Recht, mitzunehmen, was ihr braucht. Ob ihr dabei tot oder lebending in eure Heimat zurückkehrt, davon war nie die Rede. Auch eure Leichen können einre Nachricht Skors weiterleiten."
      In seinen Augen funkelte es. Er würde sie am liebten töten, so viel stand fest.
      Zumindestens bekamen sie jede Hilfe die nötig war, um an das gesuchte Zeugs heranzukommen. Ein Wermutstropfen.

      Es dauerte fast eine Stunde, bis sie alles aus dem Raum mit dem Altar genommen hatten, inklusive dem Buch, das von den Ketten befreit wurde. In den Truhen fanden sich weitere Schriften, Gewänder und einige Dinge, die für Messen benötigt wurden. Vanya hatte ihnen gezeigt, wie man die Symbole auf dem Boden berühren bzw. betreten musste, um die Verriegelungen zu lösen. So war es unnötig, die schwere Steintür aufzubrechen. Ildes würde den Geheimen Ort selber nutzen.
      Bereits eine Stunde später war alles auf einem Karren und der Rest in Satteltaschen verstaut. Die Abreise hätte sofort beginnen können, jedoch war die Sonne bereits am Untergehen und Sandwolken am Horizont kündigten einen Sturm an. Es hieß, das es nur ein kleiner wäre, der über Nacht abflauen würde. Vielleicht noch vor Mitternacht.
      Daher würden sie so oder so noch eine Nacht Gastfreundschaft genießen.


      Turm der Wüste
      Mehyves Armee Vermell - Menglin und Miria Isard, Kommandantin der 4. mehyvischen Armee

      Eine furchtbare Nacht hatten die Truppen Mehyves hinter sich gebracht. Noch bevor sie das geplante Ziel erreicht hatten, wurden sie von einem Sandsturm überrascht und waren gezwungen, unter Decken und Zeltstoffen Schutz zu suchen. Es gab keine warmen Mahlzeiten, nur Wasser, etwas Wein und kalte Küche, da sie kein Feuer machen konnten. Erst spät in der Nacht flaute der Wind ausreichend ab. Und Scarlett nutzte die Gelegenheit, und ließ nach stundenlanger Marschpause schon in der Früh vor vier Uhr die ganze Armee weiter marschieren.
      Gegen neun Uhr am nächsten Morgen erreichten sie die Nähe des Bauwerkes, das man den Turm der Wüste nannte. Vultjag war unlängst über ihre Ankunft informiert, angesichts der Höhe des Bauwerkes. Aber das war so oder so klar gewesen.
      Mehyve hatte hinter den ersten Dünen vor der Festung sein Lager errichtet. Mehrere weitere Lagerstellen rund um den Turm, und einige Wacht und Patrouillenpunkte festgelegt, damit kein Vultjag diesen Ort heimlich verlassen und verstärkung ordern könnte.
      Scarlett, Isard und weitere Offiziere, darunter Vertreter für Haus Menglin, standen nun oben auf einer Düne, und begutachteten den Turm, und die darum liegende Stadt. Eine einsame Festung in der Wüste, die zugleich auch eine Oase für Reisende war. Mehyve hatte viel Wasser verbraucht, um die Tage durch die Wüste zu marschieren. Zu Fuß waren sie langsamer als mit Reittieren, und es waren sicher 150 Km von der Grenze bis hier her. Durch den Sand, das ewige Auf und Ab, und durch die Hitze, hatten sie inklusive der Transportwagen nur knapp 25 km am Tag, trotz Gewaltmarscheinlagen zwischendurch. Eine gute Woche war seit Vultjags Grenzen verstrichen.
      Seltsam war es, das sie bis auf ein paar Händler, niemanden angetroffen hatten. Nicht ein Späher, weder Söldner noch Bandit war in ihrer Nähe aufgetaucht. Aber das war egal. Sie standen jetzt am Ziel, und das war das Wichtigste.
      "Ein solcher Ort ist sicher mit einigen Hundert, vielleicht über Tausend Kriegern gesichert. Aber es ist auch eine trostlose Gegend, voller Sand. Es sollte kein Problem werden, den Turm zu erobern. Bis Vultjag Verstärkung her bekommt, liegt diese Ortschaft in Schutt und Asche. Ich will keine Überlebenden. Vielleicht ein paar armselige Trottel zum Foltern, aber mehr nicht. Sollten wir harmlose Reisende finden, so nehmt sie fest und durchsucht sie.", begann Scarlett das Gespräch und spähte an den Mauer entlang, auf dem hastig alles für einen Angriff vorbereitet wurde. Die Mauern waren höher als gewöhnlich, wohl wegen der Standstürme. Und mehrmals im Jahr musste man sicher aus unzählige Wagenladungen von den Mauern abtragen und zurück in die Wüste kippen. Das hatte durchaus Ähnlichkeiten mit Schnee im Winter, den man gelegentlich an wichtigen Stellen räumen musste.
      Was hier erschwerend hinzu kam, sie hatten keine Belagerungswaffen dabei. Nur eine Menge Haken und Leitern, die sie hier noch vor ort zusammennagelten. Allein zwanzig Wagen waren nur mit Leiterstücken beladen gewesen, fünf weitere mit Seilen und Stangen. Den Kram würde man am Ende hier lassen. Aus den Wagen selbst würde man noch einen Rammbock bauen. Genug Material gab es dafür. Heute würden sie belagern, und heute Nacht einen ersten Angriff mit Schützen starten und Feuerpfeile verwenden. Die Bewohner sollten nicht zur Ruhe kommeen, während die eigenen Soldaten sich eine Nacht ausruhen konnten.
      Morgen Mittag dann sollte der Hauptangriff statt finden. Der beinhaltete einen gleichzeitigen Sturm von allen Seiten. Die Hauptstreitmächte sollten die beiden vorderen Mauern und das Torhaus stürmen. Weitere Truppen sollen nebenbei versuchen, in kleineren Gruppen die anderen Mauern und Nebentore sofern vorhanden, erstürmen. Der Verteidiger musste so vom Haupttor Truppen abziehen. Eine Kavallerie hielt Scarlet bereit, wenn das Tor offen stünde. Sie sollten dann den Feind hinterm Tor überrennen und sich weit in die Stadt wagen und Chaos verbreiten. Die Infanterie rückt nach, gefolgt von den Offizieren. Isard aber sollte die Infanterie direkt anführen und zuerst stürmen. Ein Offizier aus Menglin war für die Kavallerie zuständig. Mnglins Offiziere waren zudem für Nord und Ostmauern zugeteilt, Vermells für die Westmauer. Der Hauptangriff fand von Süden statt.
      "Welche Informationen haben wir bisher zur Verteidigung?", fragte Vermell in die Runde. Natürlich sondierten Späher die Festung des Feindes, zählten Soldaten oder fanden Abwehrmöglichkeiten heraus, so gut es ging.

      Hinter den Mauern war Alarm geschlagen worden. Vanya und Kal konnten es nicht glauben, was dort draußen vor sich ging. Das ausgerechnet jetzt eine Armee von Vermell hier inmitten der Wüste aufmarschierte, schien ein schlechter Witz zu sein. Schon der Sturm schien einen schlechten Geschmack für Humor gehabt zu haben, denn sie hätten mühelos inmitten der Wüste lagern, und unlängst den Turm hinter sich gelassen haben.
      Auf jedes Glück schien ihnen jetzt ein Berg Unheil seinen Schatten zu werfen. Vultjags Soldaten hatten die Stadt abgeriegelt. Allen war es verboten, den Ort zu verlassen. Schon, um keine Geheimnisse auszuplaudern, wie es im Inneren aussah. Ferner waren alle Gäste sogar aufgefordert, bei der Verteidigung mit zu helfen. Das galt auch für die Abgesandten aus Garlingen. Ildes selbst hatte ihnen grinsend ins Gesicht gesagt, das sie wohl für ihre Weiterreise kämpfen müssten. Vorallem, wenn sie überleben wollten. Für ihn war es ein Segen, das Garlinger in seiner Ortschaft waren, und sich beteiligten.
      Vanya saß mit Kal und den anderen an einem großen Tisch, und sie tranken Wasser. Jedoch hatte es einen faden Beigeschmack.
      "Kal, ich werde mein bestes geben, um so viele Mehyver wie möglich davon abzuhalten, unser wichtigstes Transport gut zu stehlen. Wir haben keine andere Wahl. Bleibt ihr bei den Wagen. Vielleicht müsst ihr so nicht kämpfen."
      Sie dachte zurück an die Arena, wo Kal beim Anblick der vielen Toten, bleich wie Kalkstein wurde. Hier, inmitten der Stadt am Fuße des Turms war er womöglich am Sichersten. Sie selbst wollte auf den Turm und von oben alles überblicken und mit ihrem Bogen zu beschießen zu können. Ildes stimmte dem natürlich zu. Aber die anderen Soldaten sollten auf die Mauern gehen. Es war wichtig, das der Feind diesen Ort nicht eroberte. Ildes meinte, das er höchstens 1500 kampffähige Krieger hier hatte. Das waren fast alle Anwohner und dazu etwa 300 Reisende und Händler, die wohl oder übel jetzt Krieger Vultjags waren. Viele Frauen und Kinder, die nicht kämpfen konnten, blieben in den Häusern.
      Und so sehr es Ildes auch wurmte, er musste noch die 200 Sklavinnen aus seinem Harem opfern, und mit Schwertern bewaffnen, oder mit Messern. Sie sollten sich irgendwo in den Häusern verstecken, und mit ihren freizügigen Körpern die feindlichen Soldaten locken, und dann überraschend töten. Weigerten sie sich, so würden sie lange und qualvolle Strafen erwarten.

      Wenig später stand Vanya auf der Turmspitze und spähte über die Mauern. Weitere Soldaten mit Bögen waren hier oben, und verteilten sich. Ein Offizier brüllte mit geschwollener Brust und markierte hier den Starken, hielt gleichzeitig eine Weinflasche in der Hand. Vanya grinste. Ein Vultjag der sich fürchtete sah man auch nicht alle Tage.
      Aber er hatte damit sicher nicht ganz unrecht. Vermells Lager war groß, und Vanya schätze, anhand der kleineren Lager ringsum und den Zelten, das hier gut und gerne vier bis fünftausend Krieger aufmarschiert waren. Sicher noch mal zweitausend Arbeiter und Diener, die zum Teil gewisse Dinge im Kampf unterstützen würden.
      Das Hauptlager war gut aufgeteilt, und die Lazarette weit abgelegen. Zu weit auch für Vanyas Bogen und Windmagie. Selbst die ersten Zelte waren hart an der Reichweite angegrenzt. Selbst von hier oben aus.
      Der Offizier blaffte Vanya quer an. "Baahh, ich hoffen das du mit deinem Bogen wenigstens einen Feind triffst, wenn du schon keine Pfeile nutzt, HAHAHA. Und sowas nennt sich eine Waldelfe, die berühmt dafür sind, schneller als jeder andere mit Pfeil und Bogen zu kämpfen."
      Vanya grinste. "Sicher. Ich Wette, das ich am Ende mehr Mehyver erschossen habe, als der Rest hier zusammen. Warts nur ab."
      Der Mann lachte auf. "HAHAHAHAHA, wenn das passieren sollte, trinke ich ein Krug Ziegenpisse, und sage dem Wein ab. Dummes Gör , hahaha.."
      Er wandte sich ab, sog den Wein aus seiner Flasche und Vanya widmete sich wieder ihrer Aussicht auf den Feind. Die Kavallerie, die sich hinten neben dem Lager versammelt hatte wäre später ein wichtiges Ziel. Aber noch wichtiger wäre es, den Trupp dort mit dem Rammbock mit Pfeilen zu spicken.
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    • Abgesandte von Garlingen

      Gestärkt mit einem weiteren herrschaftlichem Siegel und einem ungerechten Vertrag, zog die Truppe ein weiteres Mal zurück zum Turm, diesmal allerdings mit einem leeren Wagen, den sie neu befüllen würden. Turmherr Ildes war alles andere als begeistert über ihre Rückkehr, was schon allein an seiner verkniffenen Miene zu sehen war, die er ihnen zeigte. Wenigstens trafen sie ihn dieses Mal nicht in seinem Esszimmer, wo er wie ein riesiger Sack Kartoffeln auf dem Boden schimmelte, aber sein Auftritt war deswegen trotzdem nicht würdevoller. Und so etwas sollte einen Anspruch auf den Thron erhoben wollen? Es sprach für das Volk von Vultjag, dass sie es nicht so weit hatten kommen lassen.
      Kal erbrachte ihm nur so viel Ehrfurcht, wie er verdient hatte, was lediglich so aussah, dass er schwieg und Vanya das Reden überließ. Die jüngere Elfe schien Schuldgefühle zu plagen, dass sie Vultjag so weit getrieben hatte und es war eine gute Gelegenheit, diese Schuldgefühle durch richtige Diplomatie auszugleichen. Und dabei schien sie nicht schlecht zu sein, wenn sie denn wollte: Ihre Ausdrucksweise war durchaus noch nicht auf einen gepflogenen Umgang ausgelegt, aber sie schien doch das Wesen hinter Ildes begriffen zu haben und wie sie dieses Wesen am besten um ihren Finger wickeln konnte. Kal verspürte fast so etwas wie Stolz, als sie Ildes erfolgreich zu ihrem Vorhaben überredete. Wer weiß, vielleicht würde sie eines Tages seine Position einnehmen. Die Königin würde schließlich einen neuen Botschafter benötigen, wenn er sich in ein paar Jahren dem Ältestenrat anschloss, und eine Elfe, die nicht nur reden, sondern auch noch kämpfen konnte, schien in der heutigen Zeit, in der es jeden nach Blut trachtete, die richtige Wahl zu sein. Die alten Lehren, die sein Meister ihm beigebracht hatte, waren immerhin schon fast überholt. Sie könnte einen frischen Wind in die Politik der Elfen bringen.
      Aber erst einmal mussten sie dafür sorgen, dass es in ein paar Jahren noch Elfen gab und nicht alle unter Aranis' Macht verdorben waren. Also widmete sich die ganze Truppe ehrgeizig dem Ziel, den Keller des Turmes auszuräumen und dabei den eigenen Wagen damit zu befüllen. Die Plane, die sie zum Schluss darüber schnürten, sorgte dafür, dass das ganze wie ein billiger Haufen Waren aussah und damit vielleicht abschreckend für mögliche Räuber war. Schließlich würde sich der Kampf gegen ein paar Garlinger Soldaten kaum lohnen, wenn dabei nichts ordentliches herauskäme.

      Ein aufziehender Sturm sorgte dafür, dass sie in die überraschende Belagerung durch Mehyve gerieten. Das war nicht nur ein Hindernis in ihrer Weiterreise, es war auch eine lebensgefährliche Lage, in die sie unversehens gebracht worden waren. Sie mussten nicht nur mit dem Wagen durch ein ganzes Armeelager fliehen, sie mussten dabei auch ungesehen bleiben, bis sie weit genug in die Wüste gereist waren, um nicht mehr aufzufallen.
      Aufgrund der Unmöglichkeit dieses Vorhabens saßen sie erstmal fest. Dabei hatten sie wahrscheinlich noch Glück im Unglück: Wären sie in der Nacht noch abgereist, wären sie der Armee direkt in die Arme gelaufen - und so wie es aussah, war sie nicht wirklich friedlich gestimmt.
      Die Truppe hatte sich im Gasthaus versammelt, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Hier herrschte bereits die reinste Panik mit herumlaufenden Händlern und Soldaten, die sich gegenseitig anschrien. Inmitten dieses Aufruhrs zu sitzen und darüber nachzudenken, wie sie am besten aus dieser Lage kommen konnten, hatte schon etwas merkwürdiges an sich. Aber sie durften wohl behaupten, dass ihr Entkommen wichtiger war als das der anderen Besucher. Von ihrer heilen Flucht hing das Schicksal von ganz Taranoke ab.
      Deshalb erklärte Kal sich auch einverstanden mit dem Vorschlag, bei den Wagen zu bleiben. Schließlich mussten sie, sobald sich die Möglichkeit ergab, so schnell wie möglich verschwinden und zusätzlich konnte er so verhindern, dass die vielen Schriftrollen Feuer fingen. Wenn nur die Verteidigung des Turmes so gut standhielt, wie man es sich sagte. Dies war wahrscheinlich der einzige Moment in seinem Leben, an dem er Ildes den Sieg wünschte. Mochte sein großspuriges Gehabe ihm in diesem Fall den Rücken stärken.

      Also trennten sich ihre Wege und Kal und die Soldaten gingen zu den Stallungen, wo alle Wägen untergebracht waren, während Vanya den Turm bestieg. Sie waren nicht die einzigen, die auf eine solche Idee gekommen waren, denn viele Händler fürchteten um ihre Ware und so war schon eine ganze Ansammlung beim Stall, um gegen die streitlustigen Soldaten anzuschreien. Auch Kal und seine Soldaten hielt man auf und befahl ihnen barsch, dass sie auf die Mauer gehen sollten. Der Elf musste seine sämtlichen Überzeugungskünste dafür aufwenden, den Mann dazu zu überreden, dass sie in der Nähe des Turms am besten aufgehoben waren und schließlich gab er auch nach. Allerdings beorderte er sie dennoch zu den Schützen auf den Hausdächern, die eine letzte Verteidigungslinie zum Turm darstellen sollten. Kal gab sich geschlagen und versicherte dem Soldaten seine Hilfe. Als die Gruppe wegging, sprach ihn der glatzköpfige Herck von der Seite an.
      “Werden wir uns wirklich auf die Dächer stellen? Ich bin nicht so gut im Bogenschießen.”
      “Nichts dergleichen werden wir machen. Die Verteidigung dieses Dorfes unterliegt dem Turmherrn persönlich und soweit ich mich erinnern kann, sind wir weder seine Soldaten, noch sind wir überhaupt Vultjags. Oder Mehyver. Wir sind Zivilisten, auch wenn das nicht so aussehen mag.”
      Er entfernte sich von den Stallungen, aber nur so weit, bis der Soldat seine Aufmerksamkeit einem anderen Tumult widmete, und strebte schließlich die kleine Schneiderei an. Die Fenster waren schon von innen mit Brettern vernagelt und die Tür verschlossen, doch als er beharrlich klopfte, entriegelte sie sich und eine verängstigte Frau sah durch den Türspalt heraus.
      “Guten Tag die Dame. Gibt es noch Platz für sechs weitere Männer?”

      Den ganzen Tag und die ganze Nacht verbrachten Kal und die Lyxaxer in der Schneiderei, zusammengepfercht mit sechzehn anderen Männern, Frauen und Kindern, die sich in dem engen Raum zusammendrängten. Die Luft wurde schnell stickig und war beständig von ängstlichem Weinen erfüllt, das aus allen Ecken kam. Als die Feuerpfeile kamen, war es noch einmal viel schlimmer, als sich Kal, die Lyxaxer und drei andere Männer sich darum bemühten, fünf Feuer zu löschen, die schnell auf die Stoffe der Schneiderei übergreifen wollten. Die Nacht war eine einzige, nervenzerreißende Tortur und als der tatsächliche Angriff begann, waren viele schon so übermüdet und hatten so lange geweint, dass die Panik sich nicht mehr ganz so stark ausbreitete. Dennoch ertönte allgemeines Wimmern, als das erste Brüllen der Soldaten zu ihnen hineindrang.
      Die Armee näherte sich dem Turm von allen Seiten. Es mochten fünftausend Krieger sein, doch in dieser Formation war ihre Anzahl unwichtig. Sie näherten sich dem Turm wie eine einzige, dunkle Masse aus Kriegern, welche den Sand unter sich verschwinden ließen und die Luft mit ihrem Schlachtgebrüll erfüllte. Unter ihrem Ansturm gab es um den Turm herum nichts mehr außer Mehyve und wenn man hinaus in die Wüste sah, konnte man dort auch nur noch Mehyve an den Lagern erkennen. Sie kamen angerauscht wie eine unaufhaltbare Flut.
      Zwei Stunden lang dauerten die Kämpfe an der Mauer, ehe das erste Tor schließlich brach und den ersten Strom an Kavalleristen hereinließ. Damit hatten die Vultjags gerechnet und zogen ihre Truppen vom Tor zurück, um sich dem Feind in den Straßen zu stellen, aber die Kavalleristen waren schnell genug, um sich diese Neu-Formierung zu Nutzen zu machen und an den Infanteristen vorbei in die Ortschaft zu preschen. Chaos säen war ihre Aufgabe und das taten sie, indem sie die Dächer der Bogenschützen in Brand setzten, auf ihren rasenden Pferden den Pfeilen auswichen und Soldaten niedermähten, die sich ihnen in den Weg zu stellen versuchten. Während der Rest von Mehyve durch das Tor brach und sich den Verteidigern zwischen den Torpfosten stellen musste, steckten sie das Gasthaus in Brand und preschten schon zum Turm vor, dorthin, wo am wenigsten Widerstand auf sie wartete.
      Auch die Schneiderei verschonten sie nicht und nachdem jemand versuchte die Bretter an den Fenstern wegzuschlagen, zündeten sie schließlich die Tür selbst an. In Kals Raum brach die Panik aus. Er bemühte sich darum die hysterischen Leute zu beruhigen, aber er konnte nichts dagegen machen, als sie die Bretter von den Fenstern rissen und heraussprangen. Die Reiter nahmen sie in Empfang, trieben sie zusammen, doch wenn jemand Widerstand leistete, wurde er dafür mit dem Tod bestraft. Sie ritten so manches Kind um, das vor die Hufe der Pferde gelaufen war und nicht rechtzeitig aus dem Weg gesprungen war. Kal konnte das Kreischen der hysterischen Mütter hören. Auch er zwang sich mit seinen Männern durch ein Fenster und sie sahen sich gleich einem Reiter gegenüber, der mit erhobenem Schwert auf sie zustürmte. Die Lyxaxer bildeten einen Halbkreis um Kal und stellten sich ihm, während Kal nach einem Ausweg suchte. Der Stall war nahe, aber noch unbeschadet. Noch hatte er Zeit woanders auszuhelfen.
      Er zwängte sich hinter seinem Schutzwall hervor und rannte auf die kleine Menschenmasse zu, die von den Reitern zusammengedrängt worden war. Er wusste nicht, ob er von den Spielen in der Arena abgehärtet worden war, oder ob er um das Wohl dieser Leute zu besorgt war, aber er würde sich dieses eine Mal nicht zurückziehen, während andere starben. Er wollte sein Schwert nicht ziehen, er würde alles tun um es zu verhindern, aber er konnte anders helfen.
      Der Reiter, der ihm am nächsten war, erblickte ihn und brüllte ihm etwas zu. Kal wurde langsamer, aber er streckte die Hand aus und suchte nach dem Blick des Pferdes. Es war ein wildes Tier, für den Kampf rasend gemacht mit riesigen Hufen und gewaltigen Muskeln, die sich selbst unter der Rüstung noch zeigten. Es schnaubte und wieherte und tänzelte und als seine Augen sich auf Kal richteten, in diesem einen Moment, entfesselte er den Energiestoß, den er in sich angestaut hatte, und sandte ihn durch seine ausgestreckte Hand geradewegs auf das Pferd zu. Das Tier zuckte, als wäre es getroffen worden, warf dann den Kopf zurück, bäumte sich auf und schmiss den Reiter von seinem Rücken. Dann lief es auf Kal zu, blieb vor ihm stehen und Kal sprang auf. Es war kein besonders geschicktes Manöver, aber wenn er seine Magie weiter bündeln konnte, würde er weitere Pferde dazu überreden können, ihre Reiter abzuwerfen. Allerdings war es schwierig bei seiner Müdigkeit - er hatte die ganze Nacht lang kein einziges Auge zugetan. Er würde seine gesamte Kraft auf seine Magie verwenden müssen, aber letztlich war es so eine Möglichkeit, den anderen zu helfen. Er musste es versuchen.
    • Turm der Wüste
      Mehyves Angriff

      Der Angriff begann zur Mittagshitze, was auch immer Scarlett sich dabei gedacht hatte. Sicher, es war auch hinter den Mauern heiß, aber dort gab es auch mehr Schatten und kühle Orte, als im Feldlager, wo die Luft zum Teil auch im Zelt zu wabern schien. Aber die Soldaten waren alle ausgeruht, gut ernährt und mit Wasser versorgt worden. Ebenso die Tiere. Heute sollte nichts schief gehen, wenn sie den Turm erobern würden. Feiern und sich erholen könnte man auch danach noch.
      Vanya, die oben auf dem Turm ausharte, hatte sich einen Umhang mit Kapuze besorgt, und einen prallen Trinkschlauch an ihrem Gürtel befestigt. Den aber rührte sie nicht an, sondern nahm aus den Krügen und Töpfen, die Diener nach oben schleppten und regelmäßig frisch füllten. Sollte sie fliehen müssen, so hatte sie das wertvolle Nass bereits bei sich.
      Sie hatte Kal gesagt, das sie ihm folgen würde, sollten sie fliehen und entkommen können. Hoffte aber, das sie den Angriff abwehren könnten. Aber das würde wohl so oder so nicht der Fall sein. Vielleicht sollte man Mehyve ein Angebot machen. Aber welches? Würden sie die Schriften Aranas finden, wären sie schnell erledigt, denn Aranis führte Mehyve an. So oder so würde man sie durchsuchen, und Fragen stellen, was so wichtig wäre, das es nach Garlingen transportiert werden müsste.
      Vanya war vorbereitet. Von hier oben hatte sie eine gute Aussicht auf das Geschehen unten und konnte den Überblick behalten. Es gab Nebentore und Türen in den Mauern, wo auch ein Wagen durch passte. Und der Hauptangriff fand vorn statt. Ihr Plan war es, zunächst den Angriff zu erschweren. Sie feuerte auf die Infanterie, die die Mauern stürmte. Dann auf den Rammbock Trupp, der zunächst gestoppt werden konnte, da ihre Luftpfeile auch seitlich trafen, und die nach vorn und oben gerichteten Schilde umgehen konnten. Bis Truppen auch die Seite mit Schilden absicherten, und der Trupp wie eine Schildkröte abgepanzert zum Tor marschierte.
      Irgendwann schafften sie es dann auch, dieses zu brechen.
      Als die Kavallerie losstürmte wurde sie zu Vanyas Ziel. Sie schoss auf die vorderen Reihen, um die dahinterliegenden auszubrtemsen, die Ordnung zu stören, wenn sie über die fallenden Pferde springen oder ausweichen mussten.
      Dennoch ergossen sich die Mehyver wie eine Flut in die Stadt und stürmten so schnell es ging durch mehrere Straßen, stellten sich Vultjags Kriegern oder ritten an ihnen vorbei.
      Inzwischen waren die Mehyver auch nah genug heran, um auch ihre Schützen in eine bessere Position zu bringen. Hunderte Pfeile schossen plötzlich auf die Turmspitze zu, und sie ging hinter den Mauersteinen in Deckung. Vultjags Idioten jedoch verpassten ihre Chance, und schon war ein Drittel der Schützen erledigt worden, klappten um, und fielen über die Mauer hinab.
      "Ihr Dummköpfe, behaltet die Umgebung im Auge, der Feind schießt jetzt auch bis hier her!", mahnte sie die Soldaten, aber die schenkten ihr kaum Gehör.
      Sie tauchte auf, als der größte Beschuss aufhörte, überblickte schnell die Situation, schoss mehrere Pfeile und sah, wie vier Schützen zeitgleich fielen. Sie wiederholte die Prozedur, erspähte vier Ziele, feuerte und verschanzte sich dann wieder, als die nächste Pfeilflut nach oben regnete.
      Es fiel gar nicht auf, das bereits acht Schützen auf Mehyves Seite nur durch ihre Hand gefallen waren. Als wären es noch mehr als davor.
      Unten stiegen bereits Rauchsäulen in der Stadt auf. Die Kavallerie zündete die ersten Gebäude an. Bald würden sie auch jene ins Freie treiben, die zu gut verschanzt und versteckt waren.
      "Verdammt, sie wollen hier alles niederbrennen. Dieser Angriff ... er dient nicht zur Eroberung ansich, sondern zur Demütigung Vultjags. Vielleicht wollen sie sogar den Turm einreißen ...", sprach sie zu sich selbst. Sie lief auf die andere Seite, sah hinab. Dort war das Gebäude, wo Kal mit dem Wagen wartete. Dachte sie zumindestens. Aber dann sah sie einen Reiter, der sich von den anderen Unterschied.
      "Verflucht, Kal, was treibst du da."
      Wieder rannte sie zu anderen Stellen der Turmspitze und spähte hinab. Der Feind war an allen Ecken bereits durchgebrochen, und die Kämpfe verlagerten sich auf die Mauer und die dahinterliegenden Gebäude und Straßen.
      Sie suchte etwas bestimmtes. Ah, sie fand es auch. Sie feuerte ein paar Pfeile auf Schützen, die später am gefährlichsten werden könnten. Nach dem sie sieben erledigt hatte, sah sie sich hier oben um. Sie fand Kohle aus Feuerschalen. Schnell holte sie Papier aus einer ihrer Taschen und schrieb etwas auf, rollte es zusammen und band sie zu. Dann ging sie wieder zur Vorderseite, spähte hinab, und fand Kal mit einigen weiteren Pferden im Schlepptau, auf denen mal Mehyver gesessen hatten.
      "Ich bete dafür, das du verstehst was ich meine!"
      Viel Zeit hatte sie nicht, und hielt ihren Bogen in Position. Ein Luftpfeil entstand, waberte und schimmerte in der Manaenergie, die ihn kanalisierte. Vanya schob die Rolle darüber.
      "Oh Wind, steht mir bei. Weise dieser Nachricht den Weg!", flüsterte sie und schoss.
      Der Wind trug die himmlische Nachricht hinab zum Erdboden und traf perfekt die Wölbung vorn vom Sattel. Kal konnte diesen Pfeil einfach nicht übersehen. Vanya selbst quietschte fast vor Freude, denn es war ihr Meisterschuss gewesen. Die Rolle flatterte vor Kal und noch ehe sich der Pfeil auflöste, hatte er sie bereits gegriffen und entrollte sie.
      Darin stand: Osttor - Wagen - Wenig Mehyver
      Als Vanya sah, das Kal die Nachricht gelesen hatte, widmete sie sich der Ostseite und feuerte so viele Pfeile wie möglich auf die Mehyver. Hier gab es keine Reiter, weshalb sie die Schützen als Primärziel wählte.


      Scarlett Vermell
      Auch die Baronin selbst stieg nun in die Schlacht ein. Mit Elitekriegern im Schlepptau marschierte sie durch das Tor. Hinter den Mauern wurde bereirs wild gekämpft, und der Geruch von Feuer machte sich breit. Zufrieden lächelnd marschierte sie die Hauptstraße entlang zum Turm hin.
      Unterwegs wurde sie von Vultjags Soldaten angegriffen. So bullig die meisten auch wirkten, so plump waren auch ihre Angriffe. Alles richtete sich auf pure Gewalt. Etwas, was Scarlett selbst auch ausführte, wenn auch mit mehr Denken dahinter.
      Sie wehrte einen Speerhieb ab, und schlug lachend mit ihrer Axt zu, die den ersten Soldaten mittig spaltete. Seine Hälften platschten zu Boden und Scarlett schritt inmitten durch.
      Das verscheuchte bald nach einigen Wiederholungen weitere Gegner, die im Alleingang nicht mehr den Mut fanden, und sich zurück zogen.
      Erst 200 m vor dem Turm traf sie dann auf Wiederstand. Zuerst flogen Pfeile auf sie zu. Einige wehrte sie mit der Axt ab, andere prallten wirkungslos von ihrer Rüstung ab.
      "Ist das Alles, was das mächtige Reich Vultjag zu bieten hat? Das macht mich wütend."
      sie war enttäuscht. Schon bei der Schlacht um Mehyve waren Vultjags Soldaten nichts wert gewesen. Sollte man sich so in ihnen getäuscht haben? Nun aber waren dort Viertig Krieger Seite an Seite und blockierten in zwei Reihen die Straße.
      "Hahaha, hier kommst du nicht durch, Mehyverin. Dein Untergang ist besiegelt!", warf einer der Krieger auf sie zu und brüllte dann einen Befehl. Stampfend rückte die Truppe in Linie vor, fuchtelten mit Speeren, Äxte, Schwertern und anderen Waffen.
      Scarlett spuckte auf den Boden." Pahh, ich lasse mich von Winzlingen wie euch nicht aufhalten. Zur Seite. Beugt euch mir und meiner Macht. Huldigt meiner Axt! Leckt euer Bluuuuut...."
      Sie stürmte los. Ihre Soldaten folgten, und gemeinsam preschten sie mit Vultjags Truppe zusammen. Ein wildes Gemetzel entstand, und Scarlatt verfiel mehr und mehr dem Blutrausch ihrer Axt, die eben jenes in der Umgebung verteilte. Knochen, Innereien, Blut, alle glitt von ihrer Axtklinge ab, jedesmal wenn sie sie schwang. Straße und Häuserwände färbten sich rot, zeugten von ihrem Weg, den sie beschritt. Ihr Ziel war klar. Der Anführer der Stadt. Ein Mann den man Turmherrn Ildes nannte. Er versteckte sich im Turm. Dieser Wicht. Oh ja, sie würde ihn nicht sofort töten. Er sollte leiden. Entweder machte sie ihm zum Geschenk von Aranis, oder ... oder sieschickte das jämmerliche Paket zu Skor Vultjag, nur um ihn darauf hinzuweisen, das sein Kopf auch bald von seinen Schultern hüpft.


      Tatsächlich hatte Kal ihre Nachricht verstanden, und war zurückgekehrt, um die anderen zu holen. Das war nicht einfach, da Vultjags Leute ihn daran hinderten, die Soldaten von den Dächern zu holen. Kal musste ihnen wohl irgendwas gesagt haben, das sie es am Ende doch noch gestatteten. Vielleicht, weil sie Vultjags Vertrag erfüllen mussten. Und Mehyves Krieger waren plötzlich auch noch da. Eine gute Beschäftigung für Vultjag, während Kal den Wagen holte.
      Jetzt oder nie. Sie mussten versuchen östlich aus dem Tor zu flüchten, weit in die Wüste hinein, ehe sie den Weg zurück nehmen könnten. Keine Reiter, die ihnen sofort faolgen würden. Die meisten Schützen hatte sie schon erledigt. Und die Infanterie wäre kaum zu gebrauchen, im Sand Reittieren und Wagen nachzulaufen.
      Aber schon Kals Weg war mit Schwierigkeiten gepflastert, da ja bereits Mehyver in der Stadt waren. Und dort mussten sie durch.
      Er hatte einiges um die Ohren und war schon fast am Tor. Zwei Straßen fehlten noch. Aber Vanya sah es von hier oben. Von einer Nebenstraße kamen bereits Mehyver, die eine Barrikade durchbrochen hatten. Sie würden Kals Truppe noch vor dem Tor kreuzen.
      "Verdammt. Jetzt muss ich dir mein Leben anvertrauen, oh Wind. Mögest du mir auch ein weiteresmal zur Seite stehen, mich leiten und zu meinem Freund bringen."
      Vanya stieg auf die Mauer und zielte auf einen weiteren Soldaten, der etwas zu nah am Weg stand, den Kals Wagen verfolgte. Dann sprang sie. Sie flüsterte etwas und eine mächtige Windböhe erfasste sie, bließ ihren Umhang auf, während sie mit dennoch hohem Tempo in die Tiefe stürzte, jedoch schräg, auf den Ort zu, wo in wenigen Sekunden der Wagen mit den Schätzen des Turms entlangfahren würde.
      Gerade als Kal die Kreuzung erreichte, selbst Mehyves Krieger erspähte und schon sein Fluchtversuch als Gescheitert ausrugfen wollte, polterte etwas auf den Wagen. Es war Vanya. Wie zum Teufel hatte sie das gemacht? Sofort rollte sie sich über die Planen nach vorn und richtete sich auf, zielte mit dem Bogen und traf drei Mehyver zugleich.
      Der Trupp hielt sofort an, verschanzte sich hinter Schilden, und bot nun die zwei oder drei fehlenden Sekunden für den Durchbruch.
      "Lass die Peitsche knallen, Kal! Ich sprang nicht vom Turm, um jetzt hier zu sterben ... aus dem Tor etwa 50 m nach links, danach direkt nach Osten. Dort ist am wenigsten Wiederstand zu erwarten."
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    • Abgesandte von Garlingen

      Die Taktik mit den Pferden funktionierte gut, aber auch nur so lange, wie Kal die Verbindung zu jedem einzelnen der Tiere aufrecht erhalten konnte. Er war ein guter Reiter und hätte wohl keine Probleme, das Tier selbst unter Kontrolle zu bekommen, doch schließlich war das noch nicht das Ende dieses Albtraums und sie würden es sich kaum leisten können, dass eins der Pferde störrisch wurde.
      Er versammelte genug um sich herum, damit die Lyxaxer auch aufsteigen konnten und ließ dann ein paar andere Mehyver aus ihren Satteln fallen, aber dann beschränkte er sich auf die Tiere, die ihn umgaben. Diese Pferde waren für die Schlacht gezüchtet worden und hatten keine Probleme damit seinen Befehlen zu gehorchen, aber es war schwierig, die Köpfe der Pferde aus seinem eigenen herauszuhalten. Sinneseindrücke, Gefühle und sogar Gedankenfetzen - wenn auch sehr abstrakte - prasselten auf ihn ein und er konnte unter diesem ganzen Einfluss kaum einen eigenen Gedanken fassen. So war er glücklich, als die Soldaten sich um ihn ringten und einen erneuten Schutzwall bildeten.

      Ein plötzlicher Windpfeil schlug direkt neben seinen Händen in den Sattel ein und er zuckte zurück, ehe er zum Turm hochsah. War mit Vanya alles in Ordnung? Noch hatte kein Soldat den Turm in Angriff genommen, aber das könnte sich sekündlich ändern und dann musste sie von dort verschwinden. Er würde sich noch überlegen müssen, wie er Vanya von der Turmspitze herunterbekam.
      Er schnappte sich den Papierfetzen, überflog die wenigen Wörter und steckte ihn sich gleich in die Tasche, ehe er sein Tier herumwand und zum Osttor blickte. Auch dort fanden Kämpfe statt, das war unschwer zu übersehen, aber das Tor selbst lag frei. Immerhin etwas. Gleich darauf erblickte er auch mehr Pfeile, die durch die Luft zischten und zweifellos von Vanya abgeschossen worden waren, denn sie trafen jedes ihrer Ziele. Nun gut, er würde ihrer Einschätzung vertrauen müssen.
      Gemeinsam mit den Soldaten peilte er die Straße an, die zum Osttor führte. Sein Tier setzte sich allzu bereitwillig in Bewegung, dicht gefolgt von den anderen und dem Wagen, den der letzte Soldat antrieb, und preschte auf die Häuser zu. Er spürte seine Begeisterung bei diesem wilden Lauf, bei dem es einen so leichten Reiter tragen durfte, den es fast gar nicht mehr spürte, und er spürte auch die Nervosität eines hinteren Pferdes, das sich ziemlich stark auf die ausbreitenden Feuer zu konzentrieren schien, und er fühlte einen beißenden Hunger eines anderen Tieres, das wohl nicht richtig gefüttert worden war. Oder war es etwa sein eigener Hunger? Es war so schwierig zu unterscheiden. Zum Glück überspielten diese neuen Empfindungen seine Müdigkeit, die er sonst verspürte.
      Die Pferde bogen an einer kleinen Kreuzung ab, passierten zwei mehyv'sche Reiter, die zu sehr damit beschäftigt waren Zivilisten umher zu scheuchen und liefen an Vultjags vorbei, die sich eilig zu formieren und die Reiter zurückzudrängen versuchten. Auch hier standen einige Häuser bereits in Flammen und die instinktive Angst des einen Pferdes, das hinter ihm nervös wieherte, hätte auch beinahe ihn selbst ergriffen und gelähmt. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um sich nicht von den Empfindungen überfluten zu lassen und schickte einen einzelnen Gedanken an die Tiere, in dem er ihnen ein freies Land hinter dem Tor versprach. Das Pferd hinter ihm hörte auf zu wiehern und alle beschleunigten ihren Galopp.
      Das Tor war nur noch wenige Sekunden entfernt, als ein kleiner feindlicher Trupp von der Seite aufzog und sich hinter seinen Schildern formierte. Kal setzte sich rasch auf und riss an seinen Zügeln, ehe sie alle in die vorgehaltenen Waffen rennen würden, und verlangsamte den Galopp. Den Schmerz, den die Zügel im Mund des Pferdes verursachten, spürte er selbst und für den Moment verfluchte er die grobe Lederkunst der Menschen, mit denen sie alles so rau schnitten. Mehr konnte er sich darüber allerdings nicht aufregen, als ein plötzlicher Knall ihn herumfahren ließ und er entsetzt Vanya zu Gesicht bekam - Vanya, die mit erhobenem Haupt auf dem Wagen stand. Sie hatte den Bogen bereits gezückt und schoss ihre Pfeile, schneller, als Kal überhaupt begreifen konnte, was eigentlich los war. War sie nicht gerade noch auf der Turmspitze gewesen? Wie, im Namen von Arana, hatte sie es so schnell runtergeschafft? War sie etwa gesprungen?
      Er wollte sie danach fragen, aber jetzt war nicht die Zeit dafür. Das Tor. Er erkannte die Gelegenheit, die Vanya ihnen bieten wollte und trieb sein Pferd wieder an, die anderen folgten ihm wie selbstverständlich. Die Mehyver erhoben wieder ihre Waffen gegen sie, aber die Tiere preschten durch die Lücken hindurch, die Waffen schabten an den Rüstungen entlang und schließlich stob der Rest der Soldaten von selbst auseinander, als auch noch der Wagen durch sie hindurch raste. Sie preschten durch das Tor, hielten sich an Vanyas Anweisung und sahen tatsächlich einen großen Fleck Wüste hinter einigen wenigen Truppen. Hier gab es kaum Kavallerie, die sich größtenteils sowieso schon beim Turm aufhielt, aber dennoch waren ein paar Einheiten dort stationiert worden mitsamt ihren jeweiligen Reservisten. Einer der Lyxaxer stieß beim Anblick der Wüste einen Freudensschrei aus, aber sie waren noch nicht hindurch. Sie waren längst nicht aus der Gefahrenzone.

      Kal lenkte sein Tier voran, doch dann ließ er sich doch wieder zurückfallen, um dem Wagen Platz zu machen. Nur mit den Pferden hätten sie es leicht schaffen können vor den feindlichen Truppen zu fliehen, aber sie waren nur so schnell wie der der Wagen und das Zugtier verausgabte sich bereits vollkommen. Der Soldat ließ in regelmäßigen Abständen seine Peitsche knallen, aber das Pferd hatte bereits seine höchste Geschwindigkeit erreicht. Mehr konnte es nicht geben.
      Kal wandte sich nach den wenigen Einheiten um, die hier belagerten, und beobachtete, wie zwei von ihnen sich zu den Pferden ausrichteten. Ihre Truppführer brüllten etwas und scheuchten Boten herum, während die Infanteristen tatsächlich die Verfolgung aufnahmen; Doch dann erschien auch noch eine dritte Einheit hinter ihnen - Bogenschützen-Reservisten. Sie mussten von ihrem Posten nicht großartig abweichen und so spannten sie sofort ihre Sehnen, richteten ihre Bögen aus und feuerten auf den Befehl ihres Truppführers. Es waren nicht viele, vielleicht fünfzig Mann, aber dennoch flogen im nächsten Moment fünfzig Pfeile in einer riesigen Wolke auf sie zu.
      Kal ließ die Zügel seines Pferdes los und verschränkte seine Finger ineinander. Er bündelte seine Energie zwischen ihnen, oder zumindest das, was davon übrig war, und versetzte sich in Sekundentrance. Das war zwar alles andere als die richtige Methode, um Magie zu wirken, aber mit seiner enormen Müdigkeit und den ständigen Gefühlswallungen sämtlicher Pferde, war es im Moment die einzige Möglichkeit, die Energie anständig zu manifestieren. Er hoffte nur, dass sie ausreichen würde.
      Es dauerte nur drei Herzschläge lang, bevor die Luft um die Truppe herum flirrte und sich stückweise hell-blaue Farbkleckse zu bilden schienen. Sie waren größtenteils durchsichtig und für das ungeschulte Auge leicht zu übersehen, aber sie bildeten nach und nach die Form einer Kuppel, die sich über die Reiter legte. Allerdings besaß sie riesige Lücken - hätte Kal mehr Zeit gehabt, hätte er sicher etwas besseres projizieren können - und so hielt sie nur einen Bruchteil von dem auf, was schließlich auf sie einschlug. Viele Pfeile schossen in den Sand hinter den letzten Reiter und einige schlugen auch unmittelbar neben dem künstlichen Schild auf, doch der Rest prasselte auf sie nieder. Das Schild fing davon noch immer eine gute Menge ab, aber so waren es dennoch ein Dutzend, die auf sie herabschossen. Zwei davon schlugen auf dem Wagen ein, drei trafen die Rüstungen der Pferde, wo sie stecken blieben und einer traf Kal in der Schulter. Er war mit einer solchen Wucht eingeschlagen, dass er ihn fast vom Pferd gestoßen hätte und Kal schrie erschrocken und vor Schmerz auf. Das bläuliche Schild fiel abrupt in sich zusammen und die Bogenschützen legten in der Ferne bereits weitere Pfeile an, doch mit jeder verstreichenden Sekunde, entfernten sich die Pferde weiter von ihnen.
      Kal wurde schwindelig vor Schmerz, als er sich vornüber über den Hals des Pferdes beugte. Der Pfeil hatte sein Schulterblatt durchbrochen und ragte vorne wieder heraus, als wäre er sorgsam hindurchgeführt worden. Das hatte er nun davon, dass er keine Rüstung trug. Mit einer Stahlplatte an der Schulter wäre der Pfeil sicher abgewehrt worden.
      Eine Hitzewelle ergriff ihn, von der er sich sicher war, dass sie von dem hohen Energieverlust herkam, den sein Manöver gekostet hatte, und die jetzt durch seine Blutung verstärkt wurde. Allerdings bestand die Verbindung zu seinem Tier noch immer aufrecht und so musste er sich nur am Sattel festhalten, während das Tier von selbst voranlief und den Wagen flankierte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und kämpfte gegen den Schmerz, der bei jedem Satz des Pferdes auf ein Neues in seiner Schulter explodierte. Dann drehte er sich zu den anderen um - war Vanya getroffen worden?
    • Turm der Wüste
      Vermell

      Während Kal mit der wertvollen Fracht im Wagen eine erfolgreiche Flucht umsetzen konnte, und mit seinen Leuten in der Wüste verschwand, wurde der Turm der Wüste letztenendes von Mehyve erobert. Vultjags Truppen wurden fast vollständig vernichtet, als Turmherr Ildes aus dem Turm trat und um Einhalt dieses Gemetzels bat.
      Scarlett Vermell, die sich mitten im Blutrausch befand, musste zweimal von höheren Offizieren angehalten werden, um den Anführer nicht in feine Scheiben zu hacken.
      Vultjag ergab sich, aber nicht so, wie Scarlett es vermutet hätte. Stattdessen sprang der Fettwanzt vor ihr auf den Boden und kroch förmlich wie eine armselige Made vor ihre Füße, als wäre er auf dem Weg zu einem Stück Speck, von dem er gern mal abbeissen würde, und küsste ihre Füße.
      Angewiedert zog sie ihre Stiefel weg. "Ühhh, ist ja wiederlich. Das ich mal einen Vultjag in dieser Stellung vor mir sehe, hätte ich nicht mal in einem witzigen Traum erwartet. STEH AUF, DU KÜMMERLICHES INSEKT!"
      Sofort gehorchte Ildes und fing schon an zu plappern, das er ein furchtbar gutes Angebot für Mehyve hätte. Scarlett lachte. Was hätte er schon zu bieten? Die kurze Allianz zwischen Vermell und Vultjag war unlängst beendet, und sie würde auch keine Früchte mehr tragen, sollte man sie erneuern. Aranis war zu mächtig. Zu viele Mehyver standen hinter ihr. Sie brachte schnelle Erfolge - etwas zu schnelle, aber das alleine ließ das Volk zu ihren Füßen kriechen. Aber würdevoll, und nicht so abstoßend, wie das Bildnis, was man ihr hier dar geboten hatte.
      "Was könnte ein Fettwanzt wie ihr mir schon bieten, oder Mehyve, auf das ihr heute noch lebend diesen Ort verlassen könnt?", fragte sie trotzdem. Sie mochte es, einen Vultjag so gequält zu sehen. Ildes tupfte sich mit einem Tuch Schweiß von der Stirn, und suchte nach der richtigen Formulierung.
      "Nun, äh, nu, ... ich meine, was ich sagen will,...ähm..." REDE GREFÄLLIGST, ODER ICH LASSE ZEHN DEINER KRIEGER VOR DEINEN AUGEN AUSWEIDEN!", brüllte Scarlett ihn an, und als hätte er sich vor Furcht selbst besudelt, griff er sich an die Hose, fand dann doch noch Kraft, Wörte in Sätze umzuwandeln.
      "Hört, verehrte Vermell. Ich sitze nicht ohne Grund an diesem Ort fest. Eigentlich während wir uns nie begegnet, da ich eigentlich auf dem Schlachtenthron sitzen sollte. Allerdings hatte man Skor diesem zu Füßen gelegt, und mich hierher verdammt. Um mich damit zu qälen. Ich stehe nahe der Blutlinie Trakurs, bin also Adelsmann von höchster Stelle. Ich biete Mehyve die volle Unterstützung an, wenn ihr mich am leben lasst, und mir helf, Skor zu beseitigen. Wenn ich erst auf dem Thron sitze, wird Vultjag Meh, ähm, Aranis, zu Füßen fallen, und seine Krieger werden für sie Blut vergießen, wann und wo immer es nötig wäre. Ich biete euch diese eine Chance. Ein offener Krieg gegen Vultjag könnte auch für Mehyve teuer werden."
      Er schwitzte fast mehr, als er redete und dabei noch versuchte Luft zu holen. Aber was er sagte, klang im Grunde nicht verkehrt. Noch hatte Skor das Sagen, und das ihr hier am Turm ein - im wahrsten Sinne des Wortes - so FETTER Fisch in Netz ging, damit hatte sie auch nicht gerechnet.
      "Ihr stinkt! Habt euch wohl wirklich schmutzig gemacht. WASCHT EUCH GEFÄLLIGST! Eure Soldaten erhalten eine Gnadenfrist und wandern in den Kerker. Ich spreche heute Abend noch mal mit euch, und entscheide dann, ob ich einen Eilboten nach Mehyve sende, oder euer Kopf rollt. Zunächst werde ich mir den Turm genauer ansehen."
      Sie winkte Soldaten herbei, die rasch Anweisungen weitertragen würden. Vielleicht war dieser Ildes zu was zu gerbrauchen. Letztenendes aber musste Aranis das entscheiden.

      Burg Anvil
      Krend - Aranis

      Was für ein glorreicher Feldzug für Boros Krend. Gleich zwei der wichtigsten Orte Camisses in der nördlichen Bergregion waren Mehyve in die Hände gefallen. Boten hatten schon davon berichtet, das Negrell und Servic versagt hatten. Naja, Schuld allein trug wohl Haus Servic selbst. Dieses wurde aufgelöst und Anthein wurde aberkannt und hart bestraft.
      Dennoch hatte auch Krend einiges an Verlusten zu melden. Und es würde einige Wochen dauern, diese mit frischen ausgebildeten Soldaten zu füllen, auch wenn in Mehyve gerade große Aushebungen statt fanden, Töchter und Söhne eingezogen wurden, die nicht zwingend bei Hofe benötigt wurden. Die Frischlinge würden bald mit Veteranen gemischt werden, um auf deren Erfahrungen zu blicken. Viele würde man aber auch stationär stellen und weiter ausbilden auf ihren Wachdiensten, damit die Erfshrenen an der Front stehen würden.
      Es hatte Boros viel Arbeit gekostet, den Reitertrupp der Zwerge zu vertreiben. Aber er hatte es geschafft. Dann war Silver Helm gefallen. Und schon einen Tag später zog er weiter, um die Burg zu erobern. Da Hodmac keine größeren Überraschungen mehr besaß, konnte Krend sich zum Haupttor durch kämpfen und es brechen. Danach ging alles ganz schnell.
      Leider war der Burgherr mit einer größeren Anzahl an Camissern durch einen unterirdischen Stollen entkommen.
      Man rief sie als feige aus, doch Boros erkannte den Sinn dahinter. Sie entgingen einer Gefangenschaft, und waren weiterhin einsatzbereit für Camisse. Der Stollen wurde zudem zum Einsturz gebracht. Krend erlaubte es ihnen aber auch so, als geschundene, Wunden leckende Krieger zu ihrem Herrscher zu laufen. Das demoralisierte.
      Zudem moralisierte es Mehyves Krieger. Auch, als sie einen Haufen Gefangener befreiten, fast alle aus Haus Servic. Denen musste man natürlich reinen Wein einschenken, was ihren Status betraf. Sie hatten die freie Wahl sich Negrell oder einem anderen Haus anzuschließen. Das betraf in erster Linie die Offiziere und ihre Familien.
      Krend selbst zog zwei Tage später zurück zum Osttor, inklusiver der befreiten Mehyver. Dort sollten sie sich erholen und neu ausrüsten lassen. Und natürlich abklären, wo sie ihren Dienst fortführen wollten.
      Krend wurde wohlwollend von Aranis empfangen, deren Launen in den letzten Tagen für reichlich Gesprächsstoff und der ein oder anderen Leiche gesorgt hatte.
      Überhaupt erschien sie seit der Vermählung mit dem König äußerst launisch geworden zu sein. Selbst, nach dem er abgereist war. Zumindestens wäre er jetzt für ein gutes Jahr etwa nicht in Mehyve. Krend vermutete bereits, das der König ihr nur im Wege stand, aber so waren die Gesetze des Landes, des Reiches. Aber welche Aufgabe der König ganz genau zu erfüllen hatte, das wusste keiner. Vermutungen sagen nach, das er Bündnisse knöpfen soll. Und mit vollen Schatzladungen zurückkehren würde.
      Hier konnte man nur abwarten.
      Krend erfuhr auch von der Racheaktion Aranis, an Camisse. Negrell sollte den ganzen Ostbereich bis zum großen See gnadenlos säubern. Krend sah darüber hinweg. Es waren CCamisser Kinder, keine aus Mehyve, die ebenso darunter litten. Nichts, worüber man Zeit verschwenden sollte.
      Sein Haus erhielt mehr Macht, Boden und Anerkennung. Das allein war es wert gewesen, für Aranis in die Schlacht zu ziehen. Wenn es so weiter ging, könnte er sicher bald Scarlett Vermell ablösen. Er freute sich schon, auf ihr verzerrtes Gesicht.

      Der größte Teil der Camisser Berge war nun unter Mehyves Kontrolle. Nachschubtruppen wurden sofort aufgeteilt und nach Anvil und Silver Helm geschickt. In den nächsten Wochen und Monaten würde man diese Stellungen ausbauen, und vor Rückeroberungen absichern. Das galt auch für das Tor und die Minen.
      Aranis selbst kündigte an, in wenigen Tagen nach Mehyve zurückzukehren. Es stünden noch weitere Veränderungen an, die Aranis demnächst allen mitteilen würde.

      Aranis saß in ihrem Zelt und hatte gerade mit einigen Offizieren über weiteres Vorgehen gesprochen, und sich aktuelle Lageberichte vortragen lassen. Heute schien sie wieder gut gelaunt zu sein, da alle Gespräche in angenehmer Lautstärke statt fanden.
      Die kleinen Figuren, die man auf dem Kartentisch symbolisch hin und her geschoben hatte, zeugten von mehr Land für Mehyve. Zwei Figuren, stellvertretend für Vermell und Vultjag, standen dort, wo der Turm der Wüste eingezeichnet war. Es würde noch eine Weile dauern, bevor man von dort Nachricht empfangen würde. Aranis war aber auch dort zuversiichtlich, das Vermell und Menglin kein Problem dabei haben sollten, den schwach besetzten Turm zu erobern. Sie war zur Zeit die mächtigste Kriegerin ihres Reiches.
      Ein Soldat kündigte einige Offiziere an, die vor Aranis niederknien wollten. Sie ließ ihnen Einlass gewähren.
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • Garlingen

      Die Elfen kehrten mit göttlichen Schätzen zurück.
      Sie wurden von einer aufgeregten Schar Garlinger begrüßt, die ihnen sogleich entgegen eilten, kaum als sie die ersten Felder passiert hatten. Sie drängten sich wild schnatternd um die kleine Truppe und verlangten ihren Fund zu sehen, der sich noch immer unter der Plane verbarg. Die Lyxaxer mussten gute Arbeit damit leisten, die neugierige Schar auf Abstand zu halten und schließlich schlossen sich ihnen auch Garlinger Soldaten an, die ihre Neugier überwunden und sich ihrer Pflicht unterwarfen. Es dauerte lange - viel zu lange - bis jemand mal auf die Idee kam, der Hausherrin Bescheid zu geben.
      Die Elfen, der Lichtpriester Igast, Rehna Lyxaxu, Codren und ihre Sekretärin tummelten sich schließlich alle im Arbeitszimmer. Mit jeder verstreichenden Woche sammelte sich dort ein Papierstapel mehr, welche den Raum beengten, Stühle besetzte, den Tisch unter sich vergruben und auch in die Schränke gestopft waren. Die Flut aus Taranokern, die ihre Sorge um Taranokes Zukunft bei dem angeblichen Verursacher ausladen wollten, schien auch nach Monaten nicht zu schwinden.
      Codren lauschte dem Bericht der Elfen schweigend. Er schien unglaublich: Die Konfrontation mit den Deserteuren, der unliebsame Turmherr, die Spiele in der Arena und schließlich auch noch der Angriff von Mehyve wirkte wie eine willkürliche Zusammenstellung aus verschiedenen Berichten, die doch nicht von derselben Reise waren.
      Doch sie konnte die Wahrheit an Kal ablesen. Sie hatte sich während der vergangenen Monate soweit an seine Anwesenheit gewöhnt, dass er ihr nun zu schweigsam wirkte, auch wenn das kaum möglich war. Seine Schulter steckte in einer Schiene, trug einen Verband und er wirkte rundum eingefallen. Die Reise schien ihm nicht gut bekommen zu sein.
      Bei Vanya war es etwas anderes, sie berichtete voller Muße von ihren Komplikationen und wie sie es letztlich gelöst hatten und wirkte dabei so, als könne sie glatt noch einmal in die Wüste ziehen, um ein paar Mehyve mehr abzuschießen. Nun, Codren hatte sicher nichts dagegen, wenn sie die Zahl des Feindes dezimierte, allerdings blieben die Elfen eher unter sich. Solange nicht alle unter ihrer Königin in den Krieg zogen, würde es wohl keiner tun.

      Schließlich wandte sie sich auch dem eigentlichen Problem zu: Der Vertrag. Er lag ausgerollt vor ihr, ein weiteres Stück Pergament auf etlichen weiteren und er drohte vor ihren Augen fast mit dem Rest zu verschmelzen, aufdass er auf ihrem Tisch liegen bleiben und nie wieder hervorgeholt werden würde. Aber das durfte er nicht. Er war wichtiger als sämtliche andere Dokumente in diesem Raum zusammen.
      Bei einem inselweiten Krieg wären sie Verbündete mit Vultjag. Das bedeutete zwar, dass sie sich Vultjags Truppen bemächtigen konnte, welche ihr den Rücken stärken konnten, aber es bedeutete auch, dass sie nicht gegen Vultjag kämpfen konnte. Wenn Vultjag nun auch gegen Mehyve in den Krieg ziehen würde, wäre das sogar ein großer Vorteil, den sie sich zu Nutze machen konnte, aber wenn er sich auch mit Mehyve verbündete... wenn er sie zwang gegen Lyxaxu in den Krieg zu ziehen...
      Codren stand auf, stieg über einen Papierhaufen hinweg, schlängelte sich zwischen drei anderen hindurch und trat ans Fenster. Hinter ihr beteuerte Vanya kräftig, dass es ihre eigene Schuld gewesen sei, dass der Vertrag überhaupt ausgestellt worden war und dass sie dafür die alleinige Verantwortung trug, aber Codren hörte ihr nur mit einem Ohr zu. Ihr Blick glitt über die Weizenfelder und die sich tummelnden Bauern vor ihrer Tür. Die Wachen mussten sie mit ganzen Kräften davon abhalten, nicht das Haus zu stürmen, um an dieser wichtigen Besprechung teilzunehmen.
      "Wenn sich Vultjag dazu entschließt sich auf die Seite von Aranis zu stellen, haben wir verloren, oder nicht?"
      Vanya verstummte hinter ihr, Kal starrte ins Leere, Igast beobachtete die Anwesenden aufmerksam und Rehna grunzte. Codren drehte sich zu ihnen um.
      "Oder nicht? Sagt es mir. Ich will Fakten hören."
      Rehna räkelte sich auf dem Stuhl, auf dem sie breitbeinig wie ein Soldat gesessen hatte und stützte sich auf ihren Knien ab.
      "Verloren haben wir gar nichts. Wenn Vultjag sich mit Aranis verbündet, sobald ein inselweiter Krieg ausgebrochen ist, wird das den Krieg beenden, denn sie ist momentan die einzige Aggressorin. Wir wollen alle nur gegen sie kämpfen und nicht gegeneinander."
      "Aber wenn sich Vultjag nicht nur dazu entscheidet, sich mit Aranis zu verbünden, sondern auch noch mit ihr in den Krieg zu ziehen? Dann seid ihr und Brerandt die einzigen, die einen Widerstand leisten können und werden. Das ist ein inselweiter Krieg, nachdem Camisse so gut wie eingenommen ist und bindet uns damit an Vultjag."
      Rehna kniff die Augen zusammen und starrte Codren an. Man konnte sehen, wie sie imaginäre Schlachtenpläne von Taranoke durchging, um eine Kriegsführung zu ersinnen, die ihr dieser Situation angemessen schien. Aber Codren wollte keine Kriegsführung, sondern Fakten hören.
      "Ist es so oder nicht?"
      "Ja. Wenn Vultjag an der Seite von Aranis in den Krieg zieht, um mit Aranis - sagen wir - Brerandt einzunehmen, wird er zu uns, dem letzten neutralen Reich in Taranoke kommen und damit wird es zum inselweiten Krieg. Und wenn wir uns raushalten, wären wir sowieso als nächstes dran, egal ob Goldfield und die Elfen dabei mitmacht oder nicht. Die Söldner von Vultjag sind verflucht zäh, die würd' ich nichtmal waffenlos in meine Nähe kommen lassen."
      "Dann müssen wir nur Vultjag davon überzeugen, dass er sich nicht mit ihr verbündet. Das dürfte doch wohl nicht schwer sein, oder? Sie ist gerade dabei seinen Turm einzunehmen."
      "Aber genau deswegen könnte er sich auf ein Bündnis einlassen wollen. Aranis hat in einem Monat fast ganz Camisse eingenommen und deutlich gemacht, dass sie dort nicht aufhören wird. Wenn Vultjag das Gefühl bekommt, dass Aranis die Herrschaft über ganz Taranoke an sich reißen wird und niemand wird sie dabei aufhalten, könnte er ihr einen Vertrag vorschlagen, in dem sie ihn seine Ländereien überlässt und er sich ihr dafür unterwirft."
      "Vultjag unterwirft sich doch nicht freiwillig."
      "Vielleicht nicht freiwillig, aber wenn er dadurch seinen eigenen Kopf retten kann, vielleicht schon."
      "Also könnte der Angriff sogar zu unserem Nachteil führen."
      "Ich würde sogar davon ausgehen. Schließlich stand Vultjag schon einmal auf Mehyves Seite, wenn auch auf der Seite der Rebellen."
      Die Rebellen, stimmt ja. Natürlich hatte Codren schon die ersten Balladen gehört, die man über die tyrannische Aranis geschrieben hatte, die an einem Tag Mehyve vereint hatte. Selbst als Verkörperung einer Göttin sorgte Flora dafür, dass sie stets in aller Munde war.

      Nur leider brachte sie das nicht weiter. Es setzte sie sogar zwei Schritte zurück und Codren war es langsam müde. Sie war der ganzen Briefe müde, sie war der ganzen Verträge müde, sie war der Untätigkeit müde, sie war der Sorge müde und sie war der Planung müde. Nur immer aufpassen, was sie als nächstes tat, denn vielleicht machte sie einen Fehltritt und schon sank das Haus Goldfield weiter herab. Dann würden noch mehr Bauern kündigen und noch weniger Felder würden bestellt werden und schließlich würde sie den ganzen Hof verkaufen müssen und bei Vaisyl einziehen. Das war wirklich ein absolut grauenhafter Gedanke.
      Sie stieß sich vom Fenster ab, ging zurück zum Tisch, lehnte sich darüber und ergriff den Vertrag. Dann rollte sie ihn sehr sorgfältig zusammen und ließ ihn in einer Schlaufe an ihrem Gürtel verschwinden.
      "Ich werde selbst nach Vultjag reisen, ohne Wagen und nur mit ein paar Soldaten. Wenn wir reiten dürften wir in zwei Wochen dort sein, so lange gibt Mehyve sich vielleicht mit dem Turm zufrieden. Wir gehen über die Berge, das geht schneller. Den Weg habe ich mit Flora genommen, damals."
      Daran konnte sie sich noch gut erinnern. Damals war Flora noch so jung gewesen, fast noch ein Kind. Eben ihre kleine Schwester - und das würde sie auch immer bleiben.
      "Vultjag mag Spiele, oder nicht? Da war sein Vorgänger nicht besser. Ich gehe ihn in seiner Arena besuchen und dann spielen wir um den Vertrag. Wenn er gewinnt, unterschreibe ich und wenn ich gewinne, fügen wir eine Klausel hinzu, nach der ihm verboten wird, ein militärisches Bündnis mit Aranis einzugehen. Damit umgehen wir die Gefahr, dass sie sich auf eine Seite schlagen wollen und werden entweder mit Vultjag in den Krieg ziehen oder ohne ihn - aber nur gegen Aranis und nicht mehr. Und du", sie zeigte auf Igast, der sofort hellhörig wurde, "wirst während meiner Abwesenheit den Fund von Arana durchgehen. Ich will den Inhalt jeder einzelnen Schriftrolle hören, wenn ich zurück komme. Meine Sekretärin hat währenddessen das Sagen, aber niemand unterschreibt irgendwelche Schriftstücke. Ich werde in höchstens einem Monat zurück sein und dann wissen wir vielleicht, wie wir Flora zurückholen können, ohne dass ich sie töten muss."


      Mehyve

      Servic' General war ein breiter Mann mit einem schmalen Gesicht. Er hatte sein ganzes Leben schon unter Servic gedient, zunächst als Offizier und dann, als Anthein ernannt worden war, schließlich als vollwertiger General. Er besaß über 35 Jahre Kriegserfahrung und davon waren die letzten zehn Jahre zusätzlich auf Kriegsführung und Strategie draufgegangen, derer er sich nun sicher war sie verinnerlicht zu haben. Seine Siegesquote war nicht gerade gut, nachdem er häufig den Launen seines früheren Hausherren ausgesetzt worden war, der noch nicht einmal wusste wie man sämtliche Formationen nannte, aber angemessen eben dieser Umstände, hatte er sich bisher gut geschlagen. Er war ein Mann, der glücklich in seiner Rolle als Diener war, in der er versuchte, der gesamten Familie Servic einen Ruf zu erkämpfen. Servic war seine Vergangenheit, seine Gegenwart und würde für immer seine Zukunft sein.

      Erhobenen Hauptes schritt er auf Aranis zu, salutierte vor ihren Soldaten und ging schließlich vor ihr auf die Knie. Seine Erscheinung war gänzlich anders als die von Anthein: Anthein hatte sich vor Aranis in den Boden geduckt wie ein geschlagener Hund, aber der General nahm eine Position ein, in der er wirkte wie eine meisterhafte Statue. Seine ganze Körperhaltung zeugte von dem größtmöglichen Respekt für Aranis und der gleichermaßen hohen Würde, die er mit sich herumtrug, und das war für das Haus Servic ein erfrischender Anblick.
      "Eure Majestät, meine Männer und ich haben uns dazu entschieden, in den Dienst von Vermell einzutreten. Wir hoffen, Euch davon überzeugen zu können, dass das Versagen unseres früheren Herren nicht auf seine Soldaten zurückzuführen ist und wir werden uns dabei bemühen, den Namen von Aranis bis in die hintersten Ecken von Taranoke zu bringen. Wir wünschen nichts mehr, als Euch den gebürtigen Ruhm zu bringen und Euch damit in die rechtmäßige Position der Herrscherin über ganz Taranoke zu heben. Alles unter der starken Führung von Scarlett Vermell."
      Wenigstens war nur die Hälfte davon gelogen. Der General empfand tatsächlich den größten Respekt, den man vor Aranis nur haben konnte und er wollte ihren Namen verbreiten, aber er wollte nicht in den Dienst von Vermell eintreten. Er würde für immer ein Servic bleiben und fürs erste - so hatten sie es sich überlegt - war es das beste, wenn sie sich so weit von Aranis entfernten, wie es nur möglich war. Dann würden sie allesamt einen Schlenker machen, Servic befreien und über die Grenze in den Norden flüchten. Vielleicht würde man ihnen ja Asyl gewähren, wenn sie im Gegenzug Staatsgeheimnisse preisgaben - in jedem Fall wären sie dort erstmal vor Aranis' Zorn sicher, der ihnen wie ein Schatten folgen würde.
    • Mehyven
      Palast von Mehyve

      Die Abreise aus Camisse hatte sie zufrieden gestimmt. Die letzten Krieger aus Servics Hause schlossen sich anderen Häusern an, und tüchtiger General, der einen viel besseren Anblick dargeboten hatte, als dieser lächerliche Hausherr, bat darum, sich dem Hause Vermell anzuschließen. Dieses war zur Zeit noch das mächtigste direkt unter Aranis Haus Mehyve selbst. Sie gestattete es, damit Scarlett in der Wüste die beste Unterstützung hatte, die nötig war, um diese zu erobern. Oder zumindestens voerst Vultjag in Schach zu halten, damit er ihre Pläne nicht mehr störte als notwendig. Am besten gar nicht.
      Auf schneller Kutschfahrt und mehreren zu tode getriebenen Pferden, war sie schon nach einer Woche Reisezeit wieder im Palast angekommen.
      Uzin hatte sie sogleich in Empfang genommen, und berichtete von zwei erfolgreichen Ereignissen, die er und Aranis angesetzt hatte.
      Zum einen war seine Bibliothek fertig geworden, und man hatte schon mehrere hundert Bücher und Schriftrollen allein in Mehyve gefunden, und in dieser untergebracht. Dazu kamen noch seine Schätze, die er jahrelang gesammelt und nun ebenfalls dort verwahrt hatte. Eine hohe Anzahl an Schreibern kopierten Schriften über Aranis, um sie dem Volk zukommen zu lassen. Und eine erlesene Auswahl an würdigen Lehrlingen würden unter Uzins Anweisungen in finsterer Magie gelehrt werden. So, wie es in den Schriften geschrieben stand.
      Aranis nickte zustimmend dem Hohepriester zu, der ein Funkeln in seinen Augen hatte. Er hatte alles bekommen, was er wollte, musste sich nicht mal mit den politischen Dingen auseinandersetzen, weil er dafür Aranis selbst als Symbol ins Leben gerufen hatte, und konnte sich ganz auf seine Studien konzentrieren.
      Nur diese Kasli nervte ihn. Sie kroch und umschlängelte Aranis wie eine hungrige Schlange, die darauf wartete, zuzubeißen. Aber so lange sie Uzin in Ruhe ließ, sollte sie sich ruhig vergnügen. Irgendwann würde er sie heimlich beseitigen lassen, sollte sie ihm gefährlich werden. Noch aber war sie wohl wichtig. Dieses ferne Land und seine Bewohner schienen Aranis zu vergöttern. Wertvolle Verbündete also.
      Kasli war in seinen Augen voerst nichts weiter als eine schleimige Kröte, oder ein Insekt, das sich von Aufmerksamkeit nährte.
      Leider hatte sie auch die Position Merenas einverleibt, als Leibmagierin Aranis. Und auch sie hatte Adepten erhalten, denen sie ihr Wissen vermittelte.
      Uzin stand aber immer noch über ihr, und das ließ er sie im Notfall auch wissen.

      Nun saß Aranis wieder auf ihren Hauptthron und erhielt von Beratern und entsprechenden Offizieren und zuständigen Positionen die Berichte, wie es um die Hauptstadt und dem Volk standen. Natürlich auch den anderen Städten. Auf See war es relativ ruhi geworden. Ein paar Ärgernisse im Norden mit Vultjags Schiffen, südlich mit jenen aus Camisse, und dem ein oder anderen Piraten. Nicht alle folgten dem Piraten König, viele waren Einzelgänger oder in kleineren Gruppen unterwegs. Notwendiges Übel, das auch bald verschwinden würde. Durch Unterwerfung oder Versenkung auf den Meeresgrund.
      Nach einigen Stunden war dann endlich Ruhe eingekehrt. Es gab Ärgernisse, die von den Offizieren hart brstraft wurden, und wenn jemand schlecht über Aranis gesprochen hatte, wurde er öffentlich vorgeführt. Aber die Meisten Bürger standen inzwischen hinter ihr, zahlten brav ihre Steuern und halfen wo sie konnten, neben ihrem Lebensunterhalt dafür zu sorgen, das Mehyves Armeen gut versorgt wären, wenn sie in die Schlacht zogen.
      Täglich verließen aus allen Ortschaften Transporte mit allerhand Waren, und machten sich auf den Weg zu den Grenzregionen und Ortschaften, die als Anlauf und Umschlagsort gewählt wurden. Darunter auch junge Rekruten, die frisch ausgebildet waren, und ihren ersten Marsch zur Front ausführten. Ein Teil blieb in Mehyve, wo man auf dem sichersten Wege mehr Erfahrung erhalten konnte. Meist beim Wachdienst oder auf Patrouillen. Ältere Soldaten lehrten sie in allem, was wichtig wäre.
      Die Erfolge, die Aranis derweil in Camisse erzielt hatte, machten auch die Runde, und so schien es, war so mancher Jubel wohl aus ehrlichem Herzen an ihre Ohren gedrungen, als sie durch die Straßen fuhr.
      Gut. Sehr gut. So konnte man das Volk viel besser kontrollieren. Aber würde das auch reichen? Eine schwere Prüfung stand noch bevor, die sie ihrem Volk für einige Zeit auferlegen würde. Einen Monat würde sie noch im Palast bleiben, dann aber würde sie eine Zeit lang zu dem zweiten erfreulichen Ereignis aufbrechen, von dem Uzin erzählt hatte.
      Ganz im Süden auf einem Inselabschnitt, hatte man eine alte Ruine von Aranis wieder hergerichtet. Es mussten fast nur oberflächliche Sanierungen vorgenommen werden, und man hatte etwas Unrat beseitigen müssen. Aber für das, was Aranis vor hatte, sollte alles zu ihrer Zufriedenheit umgesetzt worden sein.
      Für einige Minuten saß sie still auf ihrem Thron, horchte Geräuschen, Wird, der durch Fenster wehte und warme Luft von draußen nach innen holte. Der Sommer war in seiner vollen Blüte aufgegangen, und manche Tage wurden sehr sehr warm. Die Hitze aus dem Nordwesten und aus Vultjags Wüste hatte begonnen, sich in Teilen Taranokes wieder zu verbreiten. Sie fragte sich, wie es wohl um die Ernte in Garlingen stand? Goldfield würde sicher Verluste einfahren. Der ganze Handel und die Preise waren stark angegriffen, und da sie selbst vom Licht zur Finsternis wurde, und allen damit Schaden zufügte, dürfte das ein schwerer Schlag für Haus Goldfield werden. Sie grinste bei der Vorstellung, Codren vor einem verdorrten Acker stehen zu sehen, mit verzweifeltem Gesicht. Alles, ALLES war verdorben worden, durch ihre Macht.
      Aber, wie sicher konnte sie sich sein, das es Haus Goldfield wirklich schlecht erging? Eine Warnung sollte sie an das Landgut senden. Eine, die ihnen zeigen sollte, das Goldfield nicht vergessen wurde. Ein Ärgernis, der den Handel betreffen sollte. Zunächst würde Aranis einen Boten senden, der alle Vorräte zu einem unschlagbar günstigen Preis abkaufen sollte, für Haus Mehyve. Ein absolutes Minusgeschäft für Goldfield. Und sollte codren sich weigern, so würden Felder brennen, oh ja. Was Mehyve nicht bekam, was sie Aranis nicht bekam, das sollte keiner bekommen.
      Der Weizen war trocken und schnell entflammbar. Sie rief nach einen Bediensteten.
      "Kasli, wo ist Kasli? Holt sie sofort her.", orderte sie an. Auf sie konnte Aranis sich verlassen. Sie würde es tun, ohne mit der Wimper zu zucken. Mit ihren Adepten. Eine Übungsmission.
      Der Diener verließ den Saal, und hatte schon vor der Tür eine Schar weiterer Diener, die er schnell scheuchte, Kasli zu suchen. Er selbst begab sich um sein Leben fürchtend zum Turm, den sie erhalten hatte. Vielleicht war sie dort. Aber auch die anderen Ortte wo man sie antraf, wurden zeitgleich aufgesucht. Niemand wollte Aranis länger als nötig warten lassen.


      Nördlicher Abschnitt Camisser Berge
      Geheimes Höhlensystem

      Etliche Wochen waren bereits verstrichen, seit Valgresia und die Reste von Goss sich hier in den Höhlen verschanzt hatten. Sie hatten nicht viel von dem mitbekommen, was draußen vor sich ging. Und man war sehr vorsichtig gewesen, wenn man späher schickte. Die meisten Informationen ließ man sich von fahrenden Händlern verkaufen, um zu erfahren, was in Mehyve gerade aktuell los war. Vermell hatte sich wiedervereint, unter der Herrschaft der Göttin Aranis. Diese trat wohl aus der Frau Flora Goldfield hervor. Ein schwerer Brocken, den man ihnen servierte.
      Man berichtete weiter von Haus Vermell, das in die Wüste zog. So wurden einst Verbündete zu tiefsten Feinden. Und was Camisse betraf, so soll Aranis es angeblich geschaft haben, die Mauer zu durchbrechen. Angeblich mit ihrer Faust, die auf obzöne Art und Weise. Das sind natürlich nur Gerüchte, und jeder schien diese anders zu deuten. Acht Jahre Bürgerkrieg endeten damit, das Aranis in wenigen Monaten Mehyve vereinte und begann, Camisse zu invasieren.
      Vor einer Woche war Awara Goss an ihrem unerträglichem Leid endlich verstorben. Die Götter mussten sie hart bestraft haben, weil sie sich vor Aranis fürchteten, oder sie gaben ihr noch genug Zeit, um das zukünftige Bündnis zu festigen, ehe sie ihre Gnade walten ließen. Das würde man Scarlett Vermell niemals vergeben, auf welch schändliche Art sie leiden musste.
      Man hatte über viele Dinge nachgedacht, und Rulf Valgresia sollte ja für Awaras Cousine als zukünftiger Mann und zur Hausvereinigung zur Verfügung stehen.
      Er würde neuer Hausherr werden, und man einigte sich vollständig neu anzufangen, und so wurde aus Valgresia und Goss das Haus Valgross geboren. Wo sich das neue Haus letztenendes niederlassen und neu aufblühen würde, war noch unklar. Noch waren die Höhlen ihr neues Zuhause, doch niemand wollte länger als nötig wie ein Zwerg unter den tiefen der Berge hausen und nach Erzen graben.
      Avina Valgross war aber von beiden die Fähigere Anführerin, und wie vermutet, hätte man bei Rulf eher zusehen können, wie alles vor die Hunde ging. Aber er lernte fleissig, um nicht zu weit hinter seiner neuen Frau zu stehen, und um seine Ehre und seinen Namen zu wahren.
      Avina Valgross.jpg
      Alvina wirkte mit ihrer Augenklappe eher wie die Tochter eines Priraten, aber die hatte sie einem Unfall zu verdanken, der wohl dabei half, ihr Denken anzukurbeln, und zu einer fähigen, aber auch durchaus wilden und frechen Frau zu werden, die nun als Hausherrin in dieser Vereinigung hervorstach wie keine Zweite. Aber auch sie hatte noch viel zu lernen, weshalb den beiden häufig von den Offizieren der richtige Weg gezeigt werden musste. Das Leben war nun mal kein Vergnügen, und nein, man konnte nicht überraschend ganz Mehyve niederbrennen und neu bevölkern. Nach zehn Versuchen hatte Avina dann auch aufgegeben diesen Plan zu verfolgen.
      Vorerst schlug man ihr vor, das sie ihre Kampfkünste etwas ausbauen sollte. Mit ihrem Schwert konnte sie gut umgehen, aber ihr fehlte noch der passende Blick. Schon, weil sie nur ein Augen und damit ein eingeschränken Blickradius hatte. Angriffe von Links konnte sie meistens nicht erkrennen, und das versuchten bereits schon mehrere gute Kämpfer ihr seit Wochen einzuttichtern und sie darin zu verbessern.
      Den Frust ihres Versagens bekam oft auch Rulf dann zu spüren, der sich gelegentlich überraschend plötzlich mit Rückenschmerzen auf dem Boden wieder fand. Aber auch er schien inzwischen geübter zu werden, und hatte es beim Letztenmal fast geschaft, sich ihrem Schulterwurf zu wiedersetzen. Aber nur fast.
      Zehn Zerrüttete Zahme Zebragestreifte Zauberhafte Zypern Ziegen Zogen Zum Zehnten Zehnten Zukunftsorientiert Zehnmal Zähneknirschend Zehn Zentner Zerstoßenen Zucker Zum Zoo Zurück
    • Palast von Mehyve

      Es dauerte ganze sieben Minuten, bis Kasli die riesige Eisentür durchschritt, die den Thronsaal abgrenzte. Kasli ging selbst wie eine Königin, mit erhobenem Haupt und ausfallenden Schritten, die durch den leeren Raum laut widerhallten. Sie trug ein fein besticktes Kleid mit kurzen Ärmeln und einer langen Schleppe, die hinter ihr auf dem Boden Wellen schlug. Das ganze Gewand war in einem tiefen Blau, das beinahe schon Schwarz war und mit Grautönen durchsetzt war, als würde sich ein leichter Schleier über den Stoff liegen. Die Enden ihres Kleides verschwanden in einem grauen Dampf, der sie den ganzen Tag umwaberte und die Farbe ihrer gräulichen Haut besaß. Der Dampf hatte überhaupt keinen Nutzen und musste alle paar Stunden mit seinem Zauber erneuert werden, aber Kasli hatte herausgefunden, dass die bestmögliche Art, in diesem Palast ihre Macht zu untermauern, die Theatralik war. Und es wirkte: Sie wurde bereits aus der Ferne erkannt und dann gingen ihr stets Zivilisten aus dem Weg, Soldaten beäugten sie mit nervösen Blicken und Uzins Gefolge starrte sie finster an. Das war genau das, was Kasli haben wollte: Sie wollte, dass jedermann vor Aranis' Macht zurückschreckte.
      Sie durchquerte den Saal zügig und grinste Aranis dann entgegen. Der Anblick ihrer Königin versüßte ihr jeden noch so dunklen Tag.
      "Ich bitte um Verzeihung, dass Ihr warten musstet, allmächtige Aranesi. Die Dienerschaft ist so langsam."
      Sie blieb vor dem Thron stehen, verneigte sich und stieg dann noch die letzten Stufen zu Aranis herauf. Mittlerweile hatte sich ihr Akzent ein wenig verbessert, aber sie musste noch immer mit der Aussprache kämpfen und häufig nach dem richtigen Wort suchen.
      "Was kann ich für Euch tun?"
      Sie lauschte Aranis' Forderung gebannt und nickte begeistert.
      "Meinen Schülern wird es gut tun, ihre Fähigkeiten sinnvoll einzusetzen. Vielleicht begegnen wir unterwegs ja Räubern, hehehe."
      Ihr Kichern entblößte die schaurig spitzen Zähne, die sie besaß.
      "Ich werde noch heute losziehen. Aber sagt mir, Allwissende, soll ich auch ihre Kornspeicher abbrennen? Und ihre Häuser? Ihr Vieh? Ich könnte die Bauern selbst anzünden, das wäre sicher wirkvoll. Oder ich greife die Hausherrin persönlich an! Ich könnte ihr einen Mond auf die Brust brennen, aufdass sie für immer an Euch erinnert ist, wenn sie in den Spiegel schaut!"


      Höhlenzuflucht von Camisse

      Wochen der freiwilligen Gefangenschaft in den Höhlen fingen so langsam an, die Gemüter der Menschen anzukratzen. Hunderte hatten sich dort gesammelt, treue Untergebene aus den beiden Häusern Valgresia und Goss, die zahlenmäßig allerdings nicht annähernd so stark vertreten waren wie ihre ehemaligen mehyv'schen Partner, die diese Tage an der Eroberung von Camisse beteiligt waren. Das Leben in den Höhlen war schrecklich, geplagt von der Unbequemlichkeit und der Verunsicherung über die Zustände in Mehyve und ganz Taranoke. Die Menschen wurden ungeduldig, sie wollten etwas tun, aufhören sich zu verstecken, wollten in den Kampf ziehen und im besten Fall dabei auch noch Mehyve befreien. Niemand setzte je in Betracht, dass sie sich Aranis unterstellen würden - nicht, nachdem sie von ihrer Grausamkeit gehört hatten und zu dem Entschluss gekommen waren, dass Aranis sicher nicht gut auf jene zu sprechen sein würde, die einst gegen den Thron gekämpft hatten. Damit war eine Rückkehr also erstmal ausgeschlossen, aber sie waren trotzdem noch Mehyver und ihrem Land anhänglich.



      Rulf Valgross war ein dünner Junge, der wenig lächelte. Wie auch schon die letzten Valgresias vor ihm, hatte er mit der Last seines Hauses zu kämpfen gehabt, das über die Jahre hinweg immer mehr auseinandergefallen war. Der Tod seines Vaters, seines letzten verbliebenen Elternteils, den man vergiftet hatte, hatte ihn - nach Ansicht anderer - zu früh in die harsche Realität hineingeführt, aus der er nun nicht mehr herauskommen würde. Eine Kindheit hatte er nicht, dementsprechend ernst war er zu jeder Lebenslage.
      Die Vermählung mit Avina war dann allerdings etwas gewesen, das seinem Leben einen Lichtblick gegeben hatte. Avina war nicht nur unheimlich attraktiv und üppig gebaut, sie hatte außerdem noch temperament und war eine wild entschlossene Kämpferin. Ihre Schwäche mit dem linken Auge war dabei so unbedeutend, dass Rulf es sogar manchmal trotz der Augenklappe vergaß.

      Er kam hart auf den Brettern auf, die sie zu Übungszwecken ausgelegt hatten und rollte sich gleich, wie der Offizier es ihm schon mehrmals gezeigt hatte, zur Seite ab. Das war ein Manöver, das er mittlerweile ganz gut beherrschte, denn Avina war in letzter Zeit häufig frustriert und ließ es dann an ihm aus. Aber das machte nichts. Die Befriedigung in ihren Augen zu sehen, wenn sie ihn ein weiteres Mal über ihre Schulter befördert hatte, machte alles wett.
      "Du hast mich ausgetrickst", stellte er fest und drehte das Übungsschwert in seiner Hand. Auf dem temporären Übungsplatz, den sie in einer der höheren Höhlen erschaffen hatten, waren auch noch andere Soldaten am kämpfen, doch nur bei ihnen standen Veteranen herum, unterhielten sich und beobachteten die zwei mit kritischen Blicken. Rulf wartete nur darauf, dass der Offizier sie beide kritisieren würde, aber der war gerade abgelenkt. Natürlich, deswegen hatte Avina die Gelegenheit ja auch ergriffen.
      "Du musst nicht so stolz auf dieses Kunststück sein. Es gibt viele, die auch ohne beeindruckende Kunststücke wichtig sind. Servic kann zum Beispiel gar nicht kämpfen und Lyxaxu sitzt den ganzen Tag nur in ihrer Bank herum. Wenn ich dir unterlegen bin, heißt das noch gar nichts."
      Ausnahmsweise war er nun froh über die vielen Stunden in Politik, die seine Großmutter ihm verabreichte und er fühlte sich sogar ein wenig stolz dabei, dass er dieses Wissen so verinnerlicht hatte. Andere in seinem Alter wurden dazu abgeschoben Rüstungen zu polieren und er erhielt eine vollständige Kampfausbildung, wurde zum nächsten Hausherren herangezogen und hatte eine Frau. Eine Wahnsinns-Frau.
      "Nochmal!"
      Er ging in die Kampfhaltung, die ihm der Offizier beigebracht hatte, hielt das Schwert vor sich ausgestreckt und sprang dann auf Avina zu. Er war dazu verpflichtet, bei diesen Übungskämpfen ihre linke Seite anzugreifen, damit sie lernen konnte sich dort zu verteidigen und er dennoch vom Kampf profitierte. Das war auf die Dauer zwar ganz schön langweilig, immer nur die selbe Seite anzugreifen, aber so konnte er zumindest seine Techniken meistern.
      Er täuschte einen Seitenhieb vor, ging dann allerdings in einen Aufwärtshieb über und stach zum Schluss zu. Seine Bewegungen waren noch nicht so geschmeidig wie die der Veteranen und er musste sich aktiv in den Kopf setzen, welche Bewegung er als nächstes durchführen würde, aber der Offizier hatte ihm versichert, dass das alles mit der Zeit kommen würde. Er würde eines Tages auch ein vollwertiger Soldat sein und dann würden er und Avina Mehyve zurückerobern.
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