spellbound. (earinor & akira)

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    • Könnte er, dann würde er wohl über Rain herfallen und ihn tatsächlich drücken - nicht, um ihn schlussendlich in sein nächstes Abendessen zu verwandeln, sondern weil er tatsächlich etwas von sich gegeben hatte, das Nayantai zum ersten Mal in so langer Zeit erfreute. Er war er, dabei hatte der Blonde recht, und er würde sich wohl auch kein Halsband von einem Schaf anlegen lassen müssen, das es für nötig hielt sein neues Haustier dort draußen, irgendwo in der Kälte, anzuleinen. Doch anstatt all die positive Energie nach draußen zu konvertieren, war es eher ein unheilvoller Blick, der auf Nayantais Zügen lag und diese schon beinahe definierte. Erleichtert atmete er auf. "Danke, Rain", sagte er, da nahm er das Haarband auch schon wieder von seinem Hals und legte es wiederum auf den Rest der Kleidung die er am Vortag von Sara wiederbekommen hatte. Egal, wie lange er hier war - irgendwann würde er seinen Weg wieder zurück nach Hause finden, und kostete ihm das sein Leben, dann bezahlte er voraussichtlich gerne damit.

      Seine Ohren waren gespitzt, seine Augen auf das Lamm vor sich fokussiert und nicht auf all das, was um sie herum geschah, so wie Nayantai es sonst gerne tat, nein. Selbst, wenn er wohl verstand was Rain mit seinen ersten Gesten meinte, schluckte er lediglich schwer, wollte verneinen, doch ehrlich gesagt wäre das wohl eine Lüge. Brach man sein Vertrauen, dann brach er schon gerne das ein oder andere Genick, oder fügte seinem Gegner zumindest Wunden zu die wohl auch so enden würden wie die an seiner Seite. "Ich ... werde mich am Riemen reißen und dir nicht sofort den Hals umdrehen." Gelogen war es nicht, doch eine Erklärung seinerseits blieb dadurch aus, das Nayantai sich nun einmal darin bestärkt fühlte, dass es besser wäre, würde er derartige Kommentare für sich selbst wahren und sie nicht verdeutlichen. "Meine Wunde? Was ist damit?" Es gab Dinge, die der Wolfsprinz dann doch eher nicht erriet, selbst wenn er dem Verlauf des spindeldürren Fingers folgte, den man auf die genähte Wunde an seiner Seite deutete. "Es ist kalt, das weiß ich, Rain", versuchte er ihm klar zu machen und seufzte etwas, aber die Erklärung die darauf folgte hörte sich um einiges länger an. "Glaubst du, dass ich mir den Tod hole, wenn ich einen Fuß aus deinem Steinhaus setze?", wollte er wissen, interpretierte das Gesagte zumindest so und die darauffolgenden Worte waren wohl eindeutig. Anders als Rain war Nayantai die Kälte jedoch gewohnt, auch, wenn er sie die letzten Jahre hatte missen müssen. Auch, wenn er von sich selbst aus gesagt hatte, er würde im Bett bleiben, rutschte er etwas ungemütlich zur Bettkante, vermied jedwede Art von Geräusch seinerseits und stapfte auf wackeligen Beinen die wenigen Schritte zum Fenster, bevor er sich dort an dessen Fensterbank festhielt. "Kein Tod, zumindest nicht für mich", versuchte er zu erklären, deutete auf sich selbst und dann auf den Schnee vor dem Fenster. "Meine Heimat sieht auch so aus. Fast das ganze Jahr lang."
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    • Rain wich einen Schritt zurück als Nayantai einfach von seinem Bett aufstand und hob die Arme, als bestünde Gefahr, dass der Wolf jeden Moment umkippen konnte. Nicht dass Rain glaubte, er konnte den schweren Mann vor sich wirklich auffangen, sollte es dazu kommen. Erneut musste er an seinen Vater denken, den wilden Eber, der seinen Körper ebenfalls ständig an seine Grenzen trieb, der manchmal in den kalten Wind hinaus gegangen war und erst nach ein paar Tagen wieder heim kam, durchgefroren, aber stärker. Er konnte sich auch daran erinnern, dass er oft mit seiner Mutter gestritten hatte, sagte Rain fehlte es einfach nur an solchen Unternehmungen, um seinen Körper zu stählen. Er erinnerte sich an eine Begebenheit, er war noch sehr jung gewesen, in der sein Vater ihn mit nach draußen nehmen wollte, aber seine Mutter hatte ihn aufgehalten, hatte an dem riesigen Eber gezerrt, bis er schließlich nachgegeben hatte. Früher dachte Rain oft, dass sein Vater vielleicht recht gehabt hatte, aber was auch immer der Fall war, Rain spürte, dass er nicht nach draußen konnte. Die kalte Luft brannte in seinen Lungen, ließ ihn nicht atmen... wenn er nicht an einer Krankheit starb, dann deshalb, weil die kalte Luft seinen Körper von innen heraus zerstörte, so wie sie es jetzt tat. Die kalte Luft an der Türschwelle, an der sein Vater erklärt hatte, was er ihm mitgebracht hatte, die kühle Luft die Nayantai helfen sollte, während der Arzt das tote Fleisch heraus geschnitten hatte und Nayantais eigenes Zimmer, das kühler war, als das von Rain, weil es nicht schon den ganzen Herbst über beheizt worden war. Er spürte, dass die kalte Luft sich in seiner Lunge abgesetzt hatte und er schwerer atmen konnte, als es normal war, aber es war nicht so schlimm, als das er es nicht ignorieren konnte und er wollte viel lieber Zeit mit dem Wolf verbringen, ihn verstehen und seine Sprache lernen, statt sich in seinem Zimmer einzuschließen.

      "Du solltest dich wieder hinlegen...", riet er dem Wolf, der aussah, als könnte er sich kaum auf den Beinen halten. "Du kannst da draußen nirgends hin... es gibt kein trockenes Holz um Feuer zu machen, du hast kein Dach über dem Kopf, kein Zelt. Auf den Pässen gibt es kaum Pflanzen und du bräuchtest zu lange, selbst mit Ausrüstung..." Rain deutete aus dem Fenster, auf die hohen Berge die das Tal an allen Seiten umgaben, auch wenn Nayantai gerade nur die Berge direkt vor sich sehen konnte. "Gebirge... Ein Berg, zwei Berge... zusammen Gebirge." Rain zog mit seinem Finger einen Kreis in die Luft und zusammen mit der Karte die Nayantai in seinem Arbeitszimmer gesehen hatte, sollte er verstehen. "Überall. Hoher Schnee... Lawinen... kein Feuer." Er deutete auf das Feuer im Kamin des Zimmers. "Feuer nein. Verstehst du?"
    • Wovon lebten Thrianer schon, wenn das Land nichts hergab? Von Wurzeln, die sie mühsam ausgruben oder aber von Fischen, die sie unter zugefrorenen Flüssen herausangelten, kaum hatten sie eine Stelle gefunden, an denen sie mit diversen Speeren ein Loch schlagen konnten. Manche Kräuter wuchsen das ganze Jahr über, überlebten die frostigen Temperaturen der Tundra sogar im Winter und verbargen sich lediglich unter der eisigen Schneedecke, die sich über das ganze Land legte, kaum hielt der Winter Einzug. Auch das Jagen lag ihnen nicht fern, forderte von ihnen, dass sie sich in die hohen Schneemassen begaben, meist fernab von der eigentlichen Siedlungen – lebte man als Nomade, so wusste man sich stets zu helfen, auch wenn man sich sicher sein konnte, dass selbst der Fußmarsch von dort nach da für so manchen Wolf den Tod bedeutete. Nayantai war sich dessen bewusst, hielt sich dennoch am Fensterbrett und der anliegenden Mauer an und starrte nach draußen – hier draußen, in Faerghus, gab es nicht mehr als der Schnee der ihn an seine weit entfernte Heimat erinnerte und doch wusste er nicht, ob er sich nicht einfach geschlagen geben und das Steinhaus zu seinem neuen Zuhause erklären sollte.

      Sich selbst dazu zu zwingen, auf den eigenen Beinen zu stehen war wohl etwas, das Nayantai mit einem Mal mehr bereute – doch war der Wolf wiederum zu stolz um sich eben das einzugestehen, stand lieber neben Rain und starrte in die Ferne, die immer wieder das gleiche Bild bot. Beinahe schon vehement schüttelte er den Kopf, kaum bat man ihn wieder zu Bett. „Ich weiß“, seufzte er lediglich und versuchte, in der Ferne etwas zu erspähen, das nicht in das Gesamtbild dieser Welt passte, die den Schafen als so friedlich vorgegaukelt wurde. Die Hoffnung, die Wölfe würden kommen um ihn – ihren Prinzen – zu retten, die hatte er schon lange aufgegeben und wollte auch keinerlei Gedanken mehr daran verschwenden. „Ich verstehe dich, Rain. Aber …“, Widerworte fielen dem Prinzen immer wieder ein, egal wie sehr er sich bemühte es nicht zu tun. „Ich will nicht jetzt nach draußen“, er deutete auf sich, dann auf den Schnee und schüttelte den Kopf, damit er verstanden wurde. „Ehrlich gesagt wäre es wohl auch nicht möglich, aufgrund meiner Wunde und meines allgemeinen Zustandes, die Welt da draußen zu überleben.“ Zuerst auf die Wunde gedeutet, dann auf den Rest des Körpers, der ihm zu schaffen machte.

      Besäße er mehr Möglichkeiten, so glaubte er, dann würde er sich selbst nicht dabei zusehen müssen wie er nun mehr ein Schatten seiner ehemaligen Selbst war und von dem stolzen Wolf zwar noch genug Charakter aber wenig seines Aussehens übrig war. „Kein Feuer, kein Zelt, kein Essen – da draußen gibt es momentan nichts, ich weiß“, brummte er unzufrieden und versuchte schlussendlich, die Konversation in eine andere Richtung zu lenken. Eine flache Hand gegen die Fensterscheibe gedrückt, die sich gänzlich kalt anfühlte, versuchte er wiederum ohne Hilfe seiner Hände auf den Beinen zu bleiben und das Stechen in seiner Seite einigermaßen zu ignorieren. Viele kleine Narben zogen sich, fast schon wie Flüsse, über seine Hand bis hin zu seinem Arm, während in der Mitte dieser eine große Narbe war, die auch auf seiner Handinnenfläche an der gleichen Stelle präsent war. Zuerst deutete er auf diese, dann nahm er die Hand wieder vom Fenster und zeigte Rain seine Handinnenfläche. „Woher glaubst du, habe ich diese Narbe?“, fragte er doch etwas neckend, wobei Nayantai vermutlich keine Frage stellte, die Rain sofort verstand, weswegen er den Kopf schief legte und erneut auf die Narbe selbst deutete. Normalerweise trug er, aus solchen und diversen anderen Gründen, Handschuhe, die ihm hier aber verwehrt blieben.
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    • Rain machte sich Sorgen, entspannte sich erst, als der Wolf bestätigte, dass er zumindest jetzt nicht nach draußen gehen würde. Jedoch konnte Rain ihn nicht ewig hier einsperren, in dieses Zimmer, das Haus, das Tal. All das würde ihm nie genug sein, war es doch nicht einmal Rain genug, dessen Heimat dies war. Er fragte sich, für wen von ihnen beiden dieses Haus schlimmer war. Für den Wolf, der die frische Luft draußen gewohnt, der dort aufgewachsen war, der wusste was es dort alles gab? Oder für das Lamm, das gar nichts wusste, das noch nie Freiheit gekostet hatte. Mittlerweile hatte sich Rain allerdings fast schon damit abgefunden, dass er hier sterben würde, ohne jemals einen Fuß nach draußen gesetzt zu haben. Dieses Haus war sein Grab.
      "Es tut mir Leid.", murmelte Rain, wissend, dass der Wolf nicht hier sein wollte, Rain ihn aber auch nicht einfach so gehen lassen konnte.

      Rain blickte aus dem Fenster, ließ seinen Blick aber bald zu Nayantais Hand gleiten, folgte dem Arm bis zu seinem Körper und sah, wie der Wolf darum kämpfte auf den Beinen zu bleiben. Vielleicht lag es an all den Augen die auf ihn gerichtet waren und ihn als schwach abstempeln konnten, als gebrochen. Ein alter, verletzter Wolf, der nichts mehr tun konnte, außer zu knurren.
      Womöglich hatte Rain ihn zu lange angestarrt, denn der Wolf zeigte ihm nun seine Hand, die eine große Narbe aufwies. Er fragte etwas, Rain zog die Augenbrauen zusammen und versuchte die gedeutete Erklärung zu verstehen.
      "Ich...", begann Rain, aber wusste eigentlich gar nicht, was er sagen sollte. Er verstand nicht recht was der Wolf wollte, sah von seiner Handfläche hoch in dessen dunkle Augen und zuckte mit den Schultern.
    • Erneut schüttelte der Wolf den Kopf, verneinte, wollte keine Entschuldigung hören – stattdessen stand er nun dort, gegenüber des Adeligen und war sich nicht mehr bewusst als genau einem Fakt: Hielt er sich zu lange hier auf, so glaubte er, würde er womöglich noch versauern, doch so lange er sich zumindest an die feinen Details heften konnte, so lange diese Wunde wieder verheilen würde, würde er auch den Winter überleben. Natürlich fehlte es ihm an Muskelmasse, an der passenden Kleidung und der Unterstützung der Rest der Wölfe, doch Nayantai wusste auch, dass es in diesen vier Wänden zumindest ein Lamm gab, dass sich nicht davor scheute dem müden Wolf in sein Gesicht zu sehen und für sich selbst zu entscheiden, dass ausgerechnet von ihm keinerlei Gefahr ausging. „Du hast keinen Grund, dich zu entschuldigen“, entgegnete er, wusste, dass selbst das Kopfschütteln seinerseits wohl nur bedingt die wahre Bedeutung der Worte vermitteln konnte, die er in den Mund nahm.

      Seine Beine waren nicht das Problem, das wusste Nayantai, viel eher war es der Schmerz in seiner Seite und die leichten Kopfschmerzen, die ihn noch immer zu plagen schienen. Außer Atem wollte er nicht sein, wollte seinen Körper dazu bewegen, all diesen Dingen zu trotzen die er sonst so gewohnt war – eine Naht dieser Art sollte ihn nicht dermaßen in Schach halten, ihn nicht dazu zwingen, sich auf die Beine kämpfen zu müssen. „Du … weißt nicht, was ich will, oder?“, fragte er, während sich sein grimmiger Gesichtsausdruck entspannte. Nayantai hielt die vernarbte Hand seitwärts, drehte sie, damit Rain die Narbe auf beiden Seiten sehen konnte und dann fiel ihm ein, dass vermutlich auch das nichts bringen würde. Seufzend deutete er auf seinen Körper, zog an dem Fleisch an seinem Unterarm.

      „Fleisch“, bemerkte er. Danach deutete er auf die Stelle an seiner Seite, die ihm derartige Schmerzen bereitete. „Wunde“, erklärte er, bevor er schlussendlich auf die Narbe an seiner Hand deutete und danach auf eine, die irgendwo am Brustbein saß. „Narbe.“ Danach fing Nayantai an zu grübeln, wandte allerdings den Blick ab, wollte er Rain doch nicht direkt in die Augen starren, sondern lieber auf den Boden, der sich zu ihren Füßen befand. Wiederum deutete er auf die Narbe an seiner Hand, danach auf sich selbst. „Eine Narbe – meine Narbe“, erläuterte er dem Blonden. Wie sollte er auch erklären, dass er den anderen raten lassen wollte, woher diese Narbe kam? Verdammt. „Rain. Faerghus. Nayantai. Thria. Narbe … hm.“ All das war schwieriger als gedacht.
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    • Rain fragte sich, wie viel Schuld der Wolf Rain an seiner Misere gab. Direkt hatte er jedenfalls nichts mit seiner Gefangenschaft, oder dem Mord an seinem Volk zu tun, aber er war immer noch Teil des Systems, das diese Verbrechen beging. Irgendwo war er aber auch wohl der Grund dafür, warum der Wolf noch lebte, in mehrerlei Hinsicht. Er hatte ihn hier aufgenommen und er hatte seine Wunde versorgen lassen, die ihn andernfalls womöglich getötet hätte. Trotzdem fragte Rain sich, der sich gegenüber dem Wolf selbst nicht verhielt, wie andere seines Volkes, was der Wolf wohl dachte. Womöglich sah er Rain, mit seinem dünnen, schwachen Körper einfach nicht als Gefahr an und auch nicht als jemanden, der den Krieg befürworten, oder verhindern konnte.

      Eine Entschuldigung wollte der Wolf wohl nicht hören, verstand wohl, warum er nicht einfach tun und lassen konnte, was er wollte, so wie er es von seiner Heimat gewohnt war. Immer noch stand er am Fenster, wollte sich nicht wieder in sein Bett begeben und Rain sah ungern dabei zu. Jedoch wurde er abgelenkt, von dem, was der Wolf ihm erklären wollte, betrachtete seine Hand und lauschte den fremdartigen Worten. "Wunde. Narbe.", wiederholte er in seiner eigenen Sprache, damit ihr Vokabular auf dem selben Stand blieb und folgte weiter dem, was der Wolf da vor ihm tat.
      "Ich komme aus Faerghus... du aus Thria, die Narbe von...? Du willst wissen woher sie kommt? Oder vermutlich eher, soll ich raten? Ich nehme an du kennst die Antwort auf deine eigene Frage.", schloss Rain und lächelte wieder ein wenig. Er konnte nicht sagen, dass er in seinem Leben viele Narben gesehen hatte und er wusste nicht worauf der Wolf hinaus wollte. Er glaubte jedoch nicht, dass die Wunde aus seiner Zeit in Gefangenschaft stammte, sah sie doch dafür zu gut verheilt aus und er glaubte auch, Nayantai war nicht dabei, erneut ein großes Fass aufzumachen, das besser verschlossen blieb.
      "Hm.. Jagd?", fragte er und überlegte. "Suche nach... Essen? Draußen?" Er machte noch eine Bewegung die das jagen mit Pfeil und Bogen nachahmen sollte, um zu verdeutlichen was er meinte.
    • So unbändig wie der Wind der die Tundra heimsuchte - das Volk der Wölfe, die Thrianer, genossen keinerlei Anstand in den Augen der Schafe die sie nicht in ihrem Land oder gar auf ihrem Boden wissen wollten. Die Wölfe hingegen waren der Meinung, dass das Land, das schon seit Jahrzehnten ihnen gehört hatte, auch noch immer ihnen gehören sollte. So oder so kämen sie wohl nicht auf einen grünen Zweig, egal wie viele von ihnen die Ansichten von Rain teilten und den Wölfen eigentlich nichts wollten, egal wie viele von ihnen so waren, wie Enebish es war - öffneten die Wölfe ihnen ihr Herz und sie wussten, dieses Vertrauen zu missbrauchen, so würden sie sich wieder verschließen und vor der Wahrheit verstecken, die diese Welt war - sie hatten kein Verlangen mehr danach, bei denjenigen zu verweilen, die nichts Anderes taten als ihr Vertrauen mit Füßen zu treten und sie aus ihren eigenen Ländereien zu verbannen. Eher würde jeder Wolf so werden wollen, wie die Geschichten der Schafe sie darstellten: Unbändig, verlogen und unheimlich - so, als würden sie die Seele eines Schafes durchaus an irgendeinen dunklen Gott verkaufen.

      Tatsächlich wurde er dieses Mal verstanden, was dazu führte, dass Nayantai nicht darum herum kam, sich zu freuen - auch, wenn der Blick auf seinem Gesicht wiederum nichtssagend war, so waren es die darauffolgenden Worte vermutlich nicht. "Mhm, genau. Ich glaube, du hast verstanden, was ich meine", bemerkte der Wolf mit einem leichten schmunzeln, das allerdings sofort wieder von seinem Gesicht verschwand, als er seinen Kopf ein kleines Stück anhob um Rain wieder anzusehen. Vielleicht, nur vielleicht, hätte er das nicht tun sollen, sich darauf konzentrieren sollen, wie er am besten sein Gewicht auf das andere Bein verlagerte damit die Schmerzen ausblieben oder zumindest eingedämmt werden konnten, doch all das war jetzt belanglos, viel lieber spielte er dieses Spiel. "Nicht ganz", sagte Nayantai, als er den Kopf schüttelte. Dennoch interessierte ihn die Bewegung, die Rain machte, bevor er sie nachahmte ... das, ja. "Pfeil und Bogen."
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    • "Pfeil und Bogen.", wiederholte Rain die Worte um sie sich besser merken zu können und zu versuchen die Aussprache zu imitieren, bevor er sich wieder auf die eigentliche Frage konzentrierte. Nayantais Hände waren groß und rau, das hatte Rain bemerkt, als er ihn vor zwei Tagen einfach an der Hand genommen hatte, um mit ihm durch das Anwesen zu spazieren. Er fragte sich woher all die vielen Narben kamen, die auf seiner Hand, über seinen Arm und weiter führten. Er musste viele Schlachten geschlagen haben und vieles erlebt haben. Es machte auch den Nachteil bewusst, den die Wölfe gegenüber den Schafen in diesem Krieg hatten. Sie trugen keine Metallrüstungen, waren flink und wendig, aber auch leichter verwundbar. Die Kleidung die Nayantai trug... Rain glaubte nicht, dass er einfach so irgendwo aufgegriffen wurde, hatte er nichts weiter als das getragen, als er gegen Rains Volk gekämpft hatte?

      Rain schüttelte unmerklich den Kopf, diese Gedanken führten zu nichts und erneut hatte er Fragen, die er sich für einen späteren Zeitpunkt aufheben würde, wenn sie einander besser verstanden und vielleicht auch ein wenig mehr Vertrauen zueinander hatten. Stattdessen dachte er über die Worte des Wolfes nach. "Nicht...ganz? Heißt das... fast?", fragte er mehr sich selbst, da sie andernfalls nur wieder in einem endlosen Frage Antwort Kreis steckten, aus dem sie nur schwerlich heraus kamen. Er glaubte einfach daran, dass er es richtig verstanden hatte und überlegte was es hätte sein können, wenn nicht eine Jagd.
      "Dann doch vermutlich ein Kampf...?", spekulierte er, denn er glaubte nicht, dass der Wolf so tollpatschig war, sich diese Wunde bei einem Unfall zuzuziehen. "Wolf gegen Wolf?", versuchte Rain es und sah auf seine eigene Hand, öffnete und schloss sie ein paar Mal und bewegte seine Finger. dann deutete er auf Nayantais Hand und machte die selbe Bewegung noch einmal, nur hob er dabei seine Hand, damit der Wolf auch sah, was er da machte. "Kannst du sie normal bewegen?", fragte er ihn interessiert.
    • Bejahend nickte er, schien richtig verstanden worden zu sein und konnte schlussendlich nur hoffen, dass ihnen diese Worte in Erinnerung bleiben würden. Grundsätzlich war sein Körper ein Minenfeld, zumindest glich es diesem, und die Narben, die auf diesem eingezeichnet waren, symbolisierten wohl die Stellen, an denen tatsächlich eine Mine hochgehen würde, trat man erst auf diese. Viele Geschichten trug er auf diese Art und Weise mit sich herum - an manche konnte er sich erinnern, während wiederum andere gar einfachen Trivialitäten glichen, deren Erwähnung es in keinster Weise wert war. Manche davon waren bei der Jagd entstanden, Frischere waren von den Schafen und wiederum andere so alt, dass sie beinahe schon verblasst waren aber dennoch so sichtbar, dass man sie von seinem normalen Hautton unterscheiden zu vermochte. Ein Wolf gab wahrscheinlich eine gute Jagdtrophäe ab, aber dieser Meinung war jeder außer der Wolf selbst, dessen geschundener und zerstörter Körper von so viel mehr als nur einer einzigen Schlacht und einer einzigen Jagd zeigte. Nayantai war, ohne dass man heißes Eisen auf seine Haut gesetzt hatte, gebrandmarkt.

      Hielt man sich zu lange in fremden Reihen auf, dann wurden viele Dinge unklar, unscharf und man verlor sein eigentliches Ziel aus den Augen, die sich gar nicht mehr offen halten ließen. Auf Rains Frage entgegnete er mit einem Schulterzucken, wusste nicht, ob dieser das Wort richtig erraten hatte und doch würde er es spätestens dann merken, wenn Nayantai selbst das Wort 'fast' benutzte, um irgendwelche Dinge zu beschreiben. Missverständnisse würden auftreten, das war lediglich die Wahrheit, die sie alle ereilen sollte. "Ja. Wolf gegen Wolf ... ich gegen meinen Vater", murrte er und starrte die Narbe so eindringlich an, als würde diese ihm seine Fragen beantworten können, die er nun über seinen Vater hatte. Von seinem Vater eine Narbe verpasst zu bekommen war nichts Schönes, und doch war es etwas, womit er leben würde. "Er hat es nicht absichtlich getan. Glaube ich zumindest. Zumindest waren keine schlimmen Intentionen dahinter", brummte er erneut. Sein Blick fiel auf die Bewegung, die Rain machte, welche er neugierig verfolgte. Anders als Rain machte er eben diese Bewegungen in der umgekehrten Reihenfolge, nur um zu offenbaren, dass er zwar seine Finger durchaus normal zu bewegen wusste, aber sie nicht gänzlich zu einer Faust ballen konnte, selbst nachdem er es ein paar Mal versuchte. Aber gleich wie der Wolf wohl realisieren musste, dass diese Narbe zumindest eben das beeinträchtigte, so musste er auch realisieren, dass seine Beine ihn nicht sonderlich lange halten wollten, weswegen er sich geschlagen gab und sich zumindest zurück auf das Bett setzte, von welchem aus er zu Rain und dem Fenster sah.
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    • "Dein...Vater?", fragte Rain etwas verwirrt. Das Folgende verstand er nicht wirklich, weswegen er auch nicht sicher war, ob es eine Erklärung dazu gab, ob er das absichtlich getan hatte, als Bestrafung, um seinem Sohn eine Lektion zu erteilen vielleicht? Für Rain war sein eigener Vater lange so etwas wie ein Held gewesen, ein Mythos fast, den er nur selten zu Gesicht bekam, über den es aber so viele abenteuerliche Geschichten gab. Nun aber war Rain erwachsen und er teilte die Ansichten seines Vaters nicht unbedingt. Obwohl... er eigentlich gar nicht wusste, was diese Ansichten waren. Hat Liebe zu seinem Sohn ihn dazu gebracht Nayantai hier her zu bringen? Weil er dachte, es ist wie eines der anderen Stücke die er ihm mitgebracht hatte, nur etwas, das mehr Geschichten erzählen konnte? Rain war sicher, der König wollte den Prinzen der Wölfe nicht mehr lebend wissen, sein Vater hatte bisher immer alle Befehle befolgt, nur diesen möglichen Befehl nicht? Hatte das einen Grund? Rain wusste nicht einmal, wie sein Vater zum Krieg stand. Er war ein Krieger, ja, aber... konnte sein Vater wirklich dafür sein, so viele Menschen zu töten? Er war dem König gegenüber immer schon loyal gewesen, ob er nur deshalb kämpfte? Rain wusste es nicht.

      Rain sah zu, wie der Wolf sich wieder auf das Bett setzte, zumindest war er nicht ganz so stur. Die Hand schien etwas ihrer Beweglichkeit eingebüßt zu haben, es wunderte Rain. "Stört das nicht beim führen eines Schwertes? Oder beim schießen mit Pfeil und Bogen?", fragte er verwundert. "Wolf gegen Wolf. Kampf.", erklärte er das Wort. "Beim Kämpfen... braucht man eine Waffe." Er deutete auf die Soldaten die an der Tür standen, dann auf seine Hüfte, dort wo das Schwert hängen würde, würde Rain eines besitzen. "Schwert. Pfeil und Bogen. Beides sind Waffen." Nun deutete er erneut auf die vernarbte Hand des Wolfes, bewegte seine eigene wieder so wie zuvor. "Stört das, beim Benutzen einer Waffe?", fragte er erneut, nun da er zumindest einen Teil des Vokabulars erklärt hatte.
    • Wie wollte man solche Dinge auch erklären, wenn man der Sprache der Schafe nicht mächtig war? Eigentlich war die gesamte Situation etwas verzwickt gewesen, doch diese jemals in all diese fremden Worte zu verpacken fühlte sich eher wie ein Traum an, dessen Ende bereits begonnen hatte. Riss man sich selbst also den Schleier vom Kopf, der metaphorisch die eigenen Augen verdeckte, dann würde man endlich die Chance dazu bekommen, zu sehen, was genau Nayantai meinte. Dazu fehlte es ihm lediglich an Vokabular und dem Verlangen, sich den Schafen zu öffnen. "Mein Vater, ja. Er ist kein ... schlechter Vater", nein, das war der alte Mann mit Sicherheit nicht, auch, wenn er Nayantai in diversen Träumen mit unverständlichen Worten plagte, so war der alte Wolf noch immer derjenige, der seine Sippe zusammenhielt und dafür sorgte, dass diese in der eisigen Gegend überleben konnten, die sie nun einmal umgab. Die Auseinandersetzung, die schließlich zu einer derartigen Narbe geführt hatte, musste um die zehn Jahre her sein, als Nayantai noch leichtsinnig und kindisch war, diverse Regeln einfach nicht verstehen wollte und sich schlussendlich damit konfrontiert sah, für einen Fehler gerade stehen zu müssen.

      "Kampf? Kampf.", versuchte er, das Wort in seinen Sprachschatz zu integrieren, wiederholte es dennoch in der eigenen Sprache um Rain wohl oder übel auch an seiner Sprache teilhaben zu lassen - er verstand so vieles nicht, wollte sich allerdings davon nicht aufhalten lassen. An irgendeinem Punkt würden sie einander verstehen, da war sich der Wolf sicher, aber das musste nicht heute, morgen oder innerhalb des nächsten Monats passieren - sie konnten sich Zeit lassen, bis der Schnee schmolz. Aufgeweckt folgte sein Blick den Fingern des Blonden wiederum, sah nach, wohin dieser führte und fand sich in der Theorie bestätigt, die er eigentlich gar nicht wissen wollte. "Pfeil und Bogen. Schwert ...", kurz überlegte er, dann schüttelte er den Kopf und verneinte. "Ich ... habe kein Schwert, das ich benutzen könnte. Die Narbe schränkt mich weniger ein, als du glaubst", sagte er, raunte dann und hob sein Bein an, um dieses über das Andere zu legen und die Hose hochzukrempeln. Rain dürfte flüchtig einen Blick auf diese erhascht haben, als sich Nayantai gewaschen hatte, aber jetzt, da die durchaus oberflächlichen, blauen Flecken einigermaßen abklangen, sah man viel mehr. "Das hier", er deutete auf eine Narbe an seinem Schienbein, sie zwar nicht so breit wie die auf seiner Handinnenfläche, dafür jedoch in die Länge gezogen. "Stört", um es in Rains eigenen Worten zu sagen. Ihm zu erklären, dass die Narbe bei plötzlichen Wetterumschwüngen brannte wie Feuer wäre schwer, dafür ersparte er Rain die Raterei. "Wildschwein. Oink oink."
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    • Je mehr die Beiden miteinander sprachen, desto mehr Fragen hatte Rain, desto neugieriger wurde er. Er war immer schon neugierig gewesen, vielleicht lag es daran, dass er so vieles nicht selbst sehen konnte, also beschäftigte er sich mehr mit alltäglichen Dingen als andere. Vieles war für ihn interessant, obwohl er glaubte langsam den Punkt erreicht zu haben, in dem er alles gesehen hatte, was er sehen konnte, ohne nach draußen zu müssen. Der Wolf allerdings war etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte und der ihm so vieles erzählen konnte, so vieles beibringen. Auch von seinem Vater hatte er die ein oder andere Geschichte erhascht, wenn er im Winter da war, aber Rain war vielmehr daran interessiert, die Welt auch durch die Augen eines anderen kennen zu lernen, eines Wolfes. "Dein Vater. Wie?" Er deutete noch einmal auf die Narbe auf Nayantais Hand. Die Geschichte hatte gerade erst angefangen, auch wenn es schwierig war, er wollte mehr wissen.

      "Ich möchte mehr wissen. So viel mehr.", lächelte er und machte nun selbst einen Schritt vom Fenster weg, räusperte sich kurz, als könnte diese Geste die Kälte von ihm stoßen, die sich ihren Weg durch das Fenster gesucht hatte.
      Rain sah sich die lange Narbe an Nayantais Bein an, ließ seine Augen auch über den Rest an blauen Flecken, Blutergüssen und Narben wandern, die scheinbar keinen Fleck auslassen wollten. Als er sich dabei ertappte, lächelte er etwas verlegen. Manchmal wusste er nicht was er tun, oder sagen sollte und sein Körper reagierte selbst, versuchte die Unsicherheit mit einem Lächeln zu kaschieren.
      "Wildschwein.", wiederholte er. "Wildschwein." Dann sah er noch einmal auf Nayantais Hand, sein Vater hatte nie erwähnt, wie genau die Wölfe kämpften. Als Rain jünger war hatte er die Wölfe meist wie in einer Fabel auch als Wölfe beschrieben, sagte sie kämpften mit ihren Klauen und Reißzähnen. Aber auch ein großer, starker Wolf wie Nayantai, konnte wohl kaum ein Wildschwein mit bloßen Händen erlegen und seine Zähne wirkten ebenfalls nicht scharf genug. Rains Blick fiel auf Nayantais Mund, um diese Annahme zumindest ein wenig bestätigen zu können, würde er ihm wieder antworten.
      "Kein Schwert? Was dann?", fragte er und beließ es für jetzt bei diesen beiden Fragen, auch wenn ihm noch viele mehr durch den Kopf schossen.
    • Wölfe waren eigen. Sie musste nicht wild sein, könnten die Sprache der Schafe perfekt beherrschen und müssten gar keine eigene haben, und doch täte man wohl alles um sie dazu zu zwingen, diese Welt zu verlassen, die unwegsame Tundra freizugeben, damit man versuchen konnten, den gefrorenen Boden zu kultivieren und das Beste aus der notgedrungenen Situation zu machen, in der man sich nun einmal befand. Für viele Schafe waren die Wölfe nichts anderes als Störenfriede, die ihren Platz in dieser Welt kaum bis gar nicht verdient hatten und die es galt, so wie Ungeziefer, auszumerzen - denn mehr waren sie wahrhaft nicht. "Wie?" Nun, es gäbe wohl kaum Möglichkeiten genau das richtig zu erklären, so lange er sich nicht bemühte sein bereits vorhandenes Vokabular zu erweitern, so, wie die Schafe es wohl auch mit ihrem Land taten. "Ein Messer", genauer genommen war es ein Dolch gewesen, aber die Beschreibung musste erst einmal genügen, hatte er doch keine Zeit, all das genau zu erklären - oder aber er wollte sich viel eher die Zeit nicht nehmen. "Still", er hielt seine vernarbte Hand hoch. "Drehen", und wie auf Kommando drehte er diese von links nach rechts und rechts nach links, damit er verdeutlichen konnte, was genau er meinte. "Wenn du ein Messer still hältst, ist die Narbe klein", er deutete auf eine der kleineren Narben, die sich auf seiner Hand befand. "Drehst du das Messer, wird sie größer."

      "Mehr?", fragte er nach, verstand nicht ganz, was genau von ihm verlangt wurde, doch wollte er sich nicht erst etwas daraus zusammenreimen, das im Endeffekt weder Sinn ergab, noch sonderlich wahr für die Sprache der Schafe war. Rain machte sich all die Mühe einem Wolf seine Sprache näher zu bringen, also wollte er ihm entgegenkommen, insofern er konnte - nur wusste Nayantai oft nicht, wie er jemandem erklären sollte, was er zu tun hatte. Die Instruktionen, die man austauschte, lernte man eine neue Sprache, waren so anders als die, die man benutzte, um einem jungen Wolf das Fischen beizubringen. "Wildschwein", meinte er bestimmt, nickte - er hatte verstanden und fand, dass so manches Tier wohl gar keinen so schlecht auszusprechenden Namen in dieser fremden Sprache besaß, die sich wie ein Berg vor ihm auftürmte. Der Blick seines Gegenübers fiel wiederum auf ihn, er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Habe ich Suppenkräuter im Gesicht?", legte dabei den Kopf schief, doch wurde nicht schlau und sah Rain an, nahm dieser doch seine Augen nicht von ihm. "Einen Speer. Groß ... lang", sagte er und deutete erneut mit seinen Händen auf dessen Größe hin.
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    • "Wie, ja.", wiederholte Rain seine Frage, blickte Nayantai interessiert an und versuchte zu verstehen was er sagte, aber so ganz erschloss sich die ganze Geschichte für ihn immer noch nicht. Messer... drehen... das erklärte das Aussehen der Narbe, aber warum würde sein Vater so etwas tun? "Hm...Er drehen... oder du drehen?", fragte er gebrochen, wollte wissen, wer denn nun Schuld an so einer großen Verletzung war. "Schmerzen?", fragte er außerdem und, "Wie alt warst du? Kind..? Erwachsener?" Rain fand es selbst überraschend wie sehr er von Nayantais Hand in den Bann gezogen wurde, oder eher, von ihm als Ganzes. Er konnte wohl kaum die Geschichte jeder Narbe auf seinem Körper erzählen, aber er hatte das Thema aufgebracht und nun hatte Rain nun einmal viele Fragen dazu.

      Er lächelte als Nayantai nicht recht verstand, winkte nur ab und lächelte erneut, als er dabei ertappt wurde, wie er ihn ansah. Nun, Reißzähne wie ein Wolf schien der Mann vor ihm nicht zu haben. Dann erklärte er auch womit er nun kämpfte, wenn es kein Schwert war. Erneut wurde Rain ein wenig herausgefordert, um zu verstehen, was Nayantai sagte. "Groß...? Hm... eine Lanze vielleicht? Oder eher ein Speer..." Sein Blick fixierte die vernarbte Hand erneut. "Speer. Den muss man doch auch gut festhalten? Hm... ich würde dich gerne kämpfen sehen, aber selbst wenn ich dir eine Waffe in die Hand drücken würde, dann bestimmt nicht solange du verletzt bist. Das muss wohl warten."
    • Anfänglich wollte er kein bodenloses Fass öffnen, doch wie es den Anschein hatte, hatte Rain ihm dabei geholfen, es schlussendlich ganz aufzureißen und jetzt lagen die Inhalte eben jenes Fasses verteilt auf dem Boden - man müsste sie nur aufheben und richtig zusammenstückeln, dann ergaben sie wieder Sinn - und wer wäre er, wenn nicht der Wolfsprinz, dass er er sich nicht dazu breitschlagen ließ? "Er", antwortete er knapp, konnte den ganzen Sinn dieser Narbe nicht erklären, wollte es aber zu diesem Zeitpunkt auch nicht. Man würde sehen, dass auch Wölfe nicht rein waren, aber noch lange kein Schaf anfallen würden, das es nicht verdient hatte. "Nicht mehr", seufzte er und drückte seinen Mittel- sowie Zeigefinger der anderen Hand auf die große Narbe, die nur eine Hand zierte. Mit diesen drückte er gegen die vernarbte Haut, bohrte regelrecht in diese, doch alles, was er verspürte, war absolut nichts. "Nichts", alles, was davon geblieben war, war lediglich benutzbares Fleisch mit einigen Sehnen die zumindest noch intakt waren. Wirklich zählen konnte er in der Sprache der Wölfe zwar bis in die Unendlichkeit, aber alles weitere Wissen - vor allem in Schafssprache - stoppte bei zehn. "Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn - vierzehn", sagte er, hielt zuerst zehn Finger hoch, danach vier. Ein Kind war er zu diesem Zeitpunkt wohl in der Definition der Schafe, für die Wölfe war er immerhin alt genug, damit man ihn bald alleine auf die Jagd schicken würde.

      Blau und schwarz, violett und gelb - das Mosaik, das sich schon viel zu lange über seinen Körper zog, mit roten Tupfern und Rissen, hatte nun endlich Zeit voll und ganz zu verschwinden, insofern er sich dazu zwingen könnte, für einen Moment Ruhe zu geben und endlich verstand, dass er hier nicht in der Tundra war, nicht unter seiner Familie, für die Schwäche mehr als nur der Abgrund bedeutete. "Mhm, einen Speer", das war zumindest die Waffe gewesen, die neben Pfeil und Bogen am Nützlichsten für die Thrianer war, die nun einmal keinen Nahkampf anstrebten, sondern mit ihren Waffen viel eher Wild jagen wollten, das sich oftmals nicht kampflos ergab - deswegen war Abstand wichtig, oder sie alle würden aussehen wie das Bein Nayantais, das noch so viel mehr Narben aufwies als eine, die ihm ein einfaches Wildschwein zufügte. Schlussendlich sah er zu Rain auf, sah diesen an und grübelte. "Pfeil und Bogen?", fragte er und deutete auf Rain, der wohl eher nicht so aussah, als wolle er sich in irgendeiner weise in einen Kampf verwickeln.
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    • "Du fühlst nichts?", fragte Rain noch einmal nach, sah von der Narbe auf und in das Gesicht des Wolfes, der so Anders war, besonders verglich man ihn mit Rain. Höchstens dass ihrer beider Haut die Sonne schon lange nicht mehr gesehen hatte, traf auf sie beide zu. Rain selbst hatte keine Narben die von seiner Vergangenheit zeugen konnten, auch wenn sein Körper am Ende vermutlich gezeichneter war als der des Wolfes, das spielte sich jedoch alles in seinem Inneren ab. Er konnte fühlen, dass er schwächer wurde, als Kind fiel es ihm leichter durch das Haus zu laufen, doch nun hatten die vielen Krankheiten seinen Körper gezeichnet. Selbst wenn es ihm gut ginge, die Kälte nicht schon wieder einen Weg in seinen Körper gefunden hätte, würde er tief einatmen, würde sein Körper sich wehren, die Luft mit einem kräftigen Husten wieder aus der Lunge drücken. Würde er versuchen ein paar Schritte zu laufen, so würde seine Lunge dasselbe tun, rebellieren, gegen die Anstrengung und ihn atemlos zurück lassen, bis ihm schwarz vor Augen wurde. Seine Arme, seine Beine... sein ganzer Körper war schwach, er war sich nicht sicher, ob er einen Bogen überhaupt noch spannen konnte, wenn er es versuchte.

      "Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn.", wiederholte er. "Du warst vierzehn Jahre alt." Er lächelte, begann selbst zu zählen. "Eins, zwei , drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechszehn, siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig. Zwanzig - mein Alter jetzt. Und du?", fragte er den Wolf, blickte erneut auf seine Hand, von der er immer noch nicht genug hatte. "Hm... Eine Strafe?", fragte er, hoffte insgeheim, dass Nayantai dieses Wort im Kerker von den Schafen aufgeschnappt hatte, denn er wusste nicht, wie er es erklären sollte. Er selbst hatte sowas nie erfahren, sein Vater war ein großer, starker, stolzer Mann und womöglich hätte er seinen Sohn, wäre er gesund gewesen, ab und zu bestraft, um ihn zu erziehen, oder ihm eine Lektion zu lehren, nicht aber bei Rain. Für seine Eltern war Rain wie eine zerbrechliche Puppe, dachte er manchmal, womöglich weil er ihr einziger Sohn war, das einzige Kind. Sein Vater hatte ihm den Schwertkampf nicht beibringen können, auch nicht das Reiten, nur den Umgang mit Pfeil und Bogen hatte er ihm gelehrt, aber es war lange her, seit Rain einen Bogen benutzt hatte.

      "Ich? Ob ich mit Pfeil und Bogen umgehen kann? Hm...", er blickte auf seine eigenen Hände, die zwar nicht vernarbt und auch sehr beweglich waren, aber sonst zu nicht viel taugten. "Mein Vater hat es mir gebracht. Also ja... ein wenig.", erklärte er nur, wollte gar nicht zu viel Detail preisgeben, vermutlich interessierte es den Wolf auch nicht sonderlich. "Ich habe mit meinen Händen meist etwas anderes getan. Geschrieben oder... ich könnte es dir zeigen. Wenn es dir besser geht und du aufstehen kannst."
    • "In dieser Hand nicht mehr, nein", zumindest oberflächlich, dort, an den Stellen an dem die Narbe existierte, für die sich der ein oder andere Wolf grämen würde. Nayantai hatte nur das aufgegeben, oder zumindest versucht eben das aufzugeben, das er einem Anderen geraubt hatte und das war schlussendlich ein fruchtloser Versuch gewesen, ihm eine Lektion für sein Leben zu erteilen. Seine Hand war noch dort, wo sie sein sollte, er war der Krieger, den sein Vater schon immer unter den Nomaden wissen wollte und sie beide hätten nicht glücklicher sein können, aber jetzt war all das hinfällig. Egal, wie oft er die Zähne blecken würde, nach einem Schaf schnappen würde, oder zehn von ihnen im Alleingang niederriss, wozu führte das, außer mehr Vorurteilen? Nicht länger war es relevant, was ein Wolf tat, außer, dass er ausgerechnet das schaffte. "Hast du ... Narben?", fragte er vorsichtig nach, doch auf den ersten Blick sah Rain aus wie ein unbeschriebenes Blatt, das all das Leid dort draußen, nicht am eigenen Leibe ertragen musste, dafür aber auch nicht sonderlich viel von den Geschehnissen in dieser Welt mitbekam.

      Mit einem Nicken bestätigte er, dass Rain ihn richtig verstanden hatte, wusste, dass Taten öfter besser waren als Worte und nicht immer ein einfaches Ja fallen musste. Dunkle Iriden auf den bleichen Mann vor sich gerichtet zählte auch jener - und stoppte bei zwanzig. Sein jetziges Alter. Also gab es doch einen Altersunterschied zwischen ihnen. "Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, vierundzwanzig", also war es doch schon zehn Jahre her, seitdem er diese Narbe hatte. "Vierundzwanzig", ließ er verlauten, als hätte gerade etwas wichtigeres gesagt, als es eigentlich war. "Eine Strafe? Ja", mehr als das war es auch nicht, und ehrlich gesagt wollte er dieses Wort in der Schafssprache nicht hören, ließ es ihn doch ein kleines bisschen zusammenzucken. Je länger er daran dachte, desto eher hatte er den modrigen Geruch des königlichen Kerkers in der Nase und sein Magen drehte sich um, kaum wollte die Suppe ihm wieder aus dem Hals herauskriechen. Wie es seinen Geschwistern wohl erging? Vermutlich nicht anders, womöglich aber lebten sie auch noch immer dort draußen, mussten sich nicht damit beschäftigten, wie es in alten Steinhäusern roch oder wie man sich Schafe vom Leibe hielt.

      Nayantai hatte recht behalten - Rain wusste zumindest, wie man mit Pfeil und Bogen umging - etwas, das seinerseits wohl die wenigste Anstrengung benötigte. "Dein Vater?", fragte er, wollte mehr wissen, auch, wenn er die Erklärung wohl nicht verstehen würde und ihm lediglich der saure Nachgeschmack im Mund blieb, den schon der Mann hinterlassen hatte, der ihn hier abgegeben hatte. Die beiden hatten sich nicht verstanden, weder auf verbaler Ebene noch sonst irgendwie, zog er doch einen frierenden Wolf mit sich, dessen Beine vermutlich irgendwann einfach abgefallen wären. Ohne zu überlegen sprang Nayantai wiederum auf, hatte er doch das Wort "aufstehen" gehört, und fiel prompt, lauthals fluchend auf seinen Rücken in das Bett zurück. "WIESO TUE ICH DAS AUCH?", keifte er schlussendlich in die Luft, vergrub das schmerzverzerrte Gesicht in seinen Händen und brummte.
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    • Rain betrachtete weiter die Hand des Wolfes. Er spürte also nichts mehr, das musste anfangs schwierig sein. manchmal merkte man nicht, welche Muskeln man brauchte, auf welche Nerven man sich verließ, bis eben diese fehlten, oder schmerzten. Rain konnte nicht sagen, dass er damit Erfahrung hatte und diese Erfahrung wollte er auch gar nicht machen. Auch mit Narben konnte er nicht dienen, er hob also nur abwehrend die Hände. "Nein. Keine Narben.", sagte er, nicht unbedingt ein ehrenvoller Zustand. Die Wölfe waren in dieser Hinsicht, zumindest erzählte man sich das, anders, waren stolz auf ihre Narben, die davon zeugten was für mächtige Krieger sie waren. Es wäre falsch zu sagen, dass die Schafe dabei nicht ähnlich waren, prahlten mit Geschichten über glorreiche Schlachten, bei denen eine Narbe davon getragen wurde. Rain hatte nichts dergleiche, nichts das eine glorreiche Geschichte haben könnte, an seinem Leben war auch gar nichts glorreiches. Während andere Adelige in seinem Alter schon an Schlachten teilgenommen hatten, gesiegt und wieder heim gekehrt waren, hatte Rain niemals etwas dergleichen erlebt. Er machte sich deshalb Sorgen, war doch sein Fürstentum bekannt für den wilden Eber, der die Streitheere des Königs anführte und für das Erz, das hier abgebaut wurde, um die Waffen zu produzieren, die das Land im Überfluss brauchte. Wie sollte er dem gerecht werden? Und wie würde das reiche Fürstentum dastehen, wenn der Eber sterben sollte und nur ein krankes, lahmes Lamm zurück ließ?

      Rain wollte sich nicht gedanklich mit solchen Dingen beschäftigen, nicht wenn er einen gast hatte und doch kam er immer wieder darauf zurück. Womöglich hatte er eine böse Vorahnung seinen Vater betreffen, aber die Schafe waren nicht abergläubisch, er konnte nicht spüren, wenn sein Vater sterben sollte.
      Er folgte lieber dem erneuten Zählen, versuchte sich die Zahlen in der Sprache der Wölfe zu merken. "Zwanzig, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, vierundzwanzig.", zählte er in der Sprache der Schafe um den Wolf auf das selbe Level zu bringen. Der Wolf war also vier Jahre älter als er, eine Menge, wenn man in Rains Haut steckte. "Strafe? Wieso?", fragte er weiter, hatte immer noch nicht genug von der Geschichte und hofft dem Wolf damit nicht zu sehr auf die Nerven zu gehen.

      "Du... möchtest auch etwas über meinen Vater wissen?", fragte er nach, überlegte, aber wusste nicht recht, was er da erzählen sollte. Er kam auch nicht dazu zu antworten, als der Wolf auf die Beine sprang, da hatte er seine Frage noch gar nicht beendet. Kurz darauf landete er wieder im Bett, er hatte sich wohl zu sehr angestrengt, die Wunde war vor noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden erst vernäht worden und ein großes Stück Fleisch wurde aus Nayantais Körper entfernt, da konnte es ihm nicht sonderlich gut gehen. Der Wolf fluchte, die Wachen warfen einen prüfenden Blick auf ihn, Rain wollte nur wissen, ob es ihm gut ging.
      "Alles in Ordnung?", fragte er und besah sich den Wolf der vor ihm in seinem Bett lag. "Tut mir Leid. Ich meinte nicht jetzt aufstehen. Ein Tag. Heute. Zweiter Tag. Morgen. Dritter Tag. Übermorgen. Vielleicht können wir Übermorgen ein wenig spazieren, wenn es dir besser geht.", erklärte er und lächelte. "Du bist meinem Vater ähnlich. Er wollte auch nie im Bett bleiben, wenn er verletzt war."
    • Zuerst waren es Schmerzen, die nicht nur durch gebrochene Knochen und zerrissene Sehnen hallten, sondern auch durch das Fleisch, das sich langsam aber sich wieder selbst zusammenflickte, gleich wie es die Knochen und die Sehnen zu tun schienen. Etwas fehlte jedoch, führte dazu, dass Nayantai nichts mehr in der Hand verspürte und anfangs weder seinen Speer richtig halten konnte, noch die Sehne des Bogens richtig spannte - danach fing er an, die andere Hand zu präferieren, die, die noch keine Probleme aufwies - strengte sich aber dennoch an, die zerstörte Hand nicht außer Augen zu lassen, wollte er doch nicht, das sie verkümmerte. "Keine? Nicht eine?", wollte er wissen, doch die Antwort darauf war klar, weswegen er den Kopf schüttelte. Narben waren lediglich Zeichen die man sein ganzes Leben mit sich herumschleppen würde, die niemals richtig verblassen würde, weil das Gewebe zerstört war, und doch machte es ihm nichts aus, hatte das Lamm vor sich keine. "Du ... brauchst keine Narben", denn nicht jede davon erzählte eine schöne, oder gar freudige Geschichte und selbst wenn sie einen Wolf zeichneten, zeigten, dass er zu so viel mehr imstande war als das, das man ihm zutraute, dann waren sie oftmals nichts womit man in den Reihen der Wölfe groß prahlte. Jeder hatte sie. Manche von ihnen durch das Flechten von Körben, vom Schnitzen von Speeren oder gar von Draht in dem sie sich verheddert hatten - die, die sie wirklich von Schlachten trugen stellten die, die sie nicht von eben solchen Dingen hatten nicht in Frage.

      Wo auch immer seine Familie war, sie war nicht hier - aber das war Nayantai egal, zumindest für den Moment, in dem er sich dazu zwang, seinen Kopf nicht von solchen Gedanken überfluten zu lassen. Es bewirkte rein gar nichts, würde er Trübsal blasen, behielt er weiterhin diese Einstellung und fokussierte er sich nur auf das Eine - aber ausgerechnet das war es, das ihn am Leben erhielt und ihn beinahe schon dazu zwang, sich wieder auf seine eigenen Beine zu stellen und tief durchzuatmen. Für den Wolf waren vier Jahre lediglich eine Zahl die im Raum stand, in denen er mehr erleben konnte als Rain es tat, doch verglich er sich ausgerechnet mit diesem, so hatte er in dem letzten Jahr, das er eingepfercht in einem kalten Raum verbrachte, wohl mehr erlebt als das kranke Lamm in seinem gesamten Leben. "Vier Jahre", stellte er fest - das hieß, er war älter als der Adelige, das hieß, das Lamm war allerdings nicht mehr lange ein Lamm, wäre es ein Welpe gewesen. "Wieso? Ich ... ah. Ich habe ... einen Wolf ... uhm", er versuchte sein Bestes, den Satz in der fremden Sprache zu beenden, doch stattdessen deutete er wiederum auf die bandagierte Naht an seiner Seite. "Wunde. Verletzung. Ich habe einen älteren Wolf verletzt", erklärte er das Gehabe. Respekt vor den Älteren war für einen Wolf wichtig und hin und wieder rutschte man eben auf eben jener Schleimspur aus, tat etwas, das man nicht tun sollte - und wurde dementsprechend bestraft.

      "Ja!", rief er beinahe schon aus, wollte er doch wissen, wer der Mann war, den der Blonde seinen Vater nannte - realisiert, dass es ausgerechnet der Mann gewesen war, der ihn hierher gebracht hatte, das war Nayantai noch nicht eingefallen. Aber nachdem Rain das Wort "Vater" zuvor schon ein paar Mal in den Mund genommen hatte, so schien es zumindest für den Wolf, hatte dieser sicher irgendeine interessante Geschichte über den alten Herren parat. War er wohl auch so wie Rain? Gut vorstellen konnte er es sich. Sich vor Schmerz leicht grämend, wälzte er sich für einige Sekunden im Bett, bevor er sich aufsetzte - Schmerz war gut, um bei Bewusstsein zu bleiben, aber hier störte er einfach nur. "Mhm. Übermorgen aufstehen?", fragte er, etwas heiser, als er seine Hand leicht gegen die Seite drückte, damit der Schmerz und Druck etwas nachließ, der sich aufgestaut hatte. "Deinem Vater ähnlich? Ist er auch so unüberlegt? Das passt gar nicht zu dir", da hatte er sich wohl doch ein falsches Weltbild erschaffen.
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    • "Ich verrate dir ein Geheimnis.", sagte Rain verschwörerisch und beugte sich leicht nach vorne, als müsse er geheim halten, was er gleich sagte. "Ich bin eigentlich unsterblich. Deshalb keine Narben." Er sagte das so, als wäre es kein Ding, trotzdem aber so, als meinte er es ernst, erst nach ein paar Sekunden konnte er sein Grinsen nicht mehr zurück halten. Der Wolf verstand ihn vermutlich nicht, aber das machte nichts, es war ja nur ein Witz, weswegen er auch gleich den Kopf schüttelte. Was er gesagt hatte, war nicht wichtig.
      Stattdessen wandte er sich wieder der Geschichte zu, über den älteren Wolf, den Nayantai verletzt hatte. Er war gleichzeitig ein wenig stolz auf ihn, wie gut er ihre Sprache schon beherrschte, nach nur ein paar Tagen. Rain verstand zumindest so viel, dass er jemanden verletzt hatte, das Wort älter war ihm in der Sprache der Wölfe noch nicht geläufig. "Verletzt...?", fragte Rain und tat ebenfalls sein Bestes, in der ihm fremden Sprache zu sprechen, aber für das was er fragen wollte, kannte er die Worte nicht. "Ist das... eine normale Strafe...? Wie ein Gesetz... hm. Wenn ich oder du etwas Falsches machen... dann gibt es... auch eine Strafe in Faerghus. Zu jedem... mh... Falsch...? Eine Strafe." Er überlegte noch etwas weiter. "Dein Vater... König Wolf? König... gibt Strafen?"

      "Zu meinem eigenen Vater hm... ja. Du ähnlich. Ich bin nicht er? Ich bin nicht wie er." Rain lächelte leicht, er dachte in letzter Zeit oft an seinen Vater, aber was konnte er groß erzählen? Ob Nayantai wusste, wer ihn hier abgesetzt hatte? Er hatte ihrem Wortwechsel wahrscheinlich nicht gefolgt, oder hatte das Wort Vater da noch nicht als dieses erkannt.
      "Mein Vater... Eber. Wildschwein Mann. Viele Narben. Nicht wie ich. Wenn er... verletzt war... Bett nein. Wie du." Rain wusste, dass er hier nur einfache Worte aneinander reihte, hätte aber gerne in ganzen Sätzen gesprochen. Es fiel ihm schwer, jedoch schien es, als kannte er schon viele Worte die ihm halfen sich ohne seine Hände zu verständigen. "Mein Vater... wäre heute schon aufgestanden. Spätestens morgen. Aber... du Übermorgen." Nun seufzte Rain leicht, es hatte wohl keinen Sinn ein großes Geheimnis um seinen Vater zu machen, Nayantai würde früher oder später selbst darauf kommen, wenn er es nicht schon wusste.
      "Du kennst meinen Vater. Mh... der Mann und du. Hier her gegangen. Der Mann der dich hier abgesetzt hat, ist mein Vater."