spellbound. (earinor & akira)

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    • Grundsätzlich interessierte sich der Wolf oftmals für alles andere außer sich selbst, als würden sich alle Wunden und Narben wegdenken lassen und die Zeit selbst stillstehen, insofern er sich darum bemühte, die offensichtlichen Aspekte des vorherrschenden Geschehens zu ignorieren. Was erhoffte er sich mit seinem Zutun, wenn nicht, dass die Schmerzen verschwanden als hätten sie nie existiert und worauf freute er sich, wenn nicht auf etwaige Freiheiten, die er gar nicht erst haben würde, wenn er sich weiterhin Steine in den Weg legte? "Was soll ich sonst tun?", seufzte er, aufgelöster als sonst, als würde Rain gerade damit beschäftigt sein, das Dach von seinem Kopf zu reißen, das darüber prangerte, weil er sich selbst mit eigenen Lügen davor wahrte, den Ernst seiner prekären Situation zu erkennen? Dass der Wolf sich nicht gut fühlte stand ihm, wenn auch wortlos, explizit in sein Gesicht geschrieben und dennoch wollte er nicht aufhören, das zu tun, das er unmöglich Rain aufhalsen konnte - oder gar wollte. Nayantai war sich sicher, dass das Stechen in seiner Seite von alleine vergehen würde, vermutlich deshalb, weil es nur eine Stichwunde war, die schon unlängst nicht mehr bluten dürfte, aber die Wunde in seinem Gesicht, die sich so verdammt warm anfühlte, als würde ihm zähflüssiges, frisches Blut aus der Wunde triefen.

      Auf die darauffolgende Antwort des Lammes verzog der Wolf lediglich das Gesicht, auch, wenn nicht für lange, bevor ihn stechender, brennender Schmerz heimsuchte, der kurz darauf in alle Windrichtungen zerstoben wurde, bevor seine Wunde sich wieder so anfühlte, als würde sie - mitsamt seines Herzens - aus seinen Ohren herauspochen. "Bist du dir sicher?" Nicht mehr, als sich die vermaledeite Visage auszuwaschen wollte der Wolf und doch stand er plötzlich wie festgewurzelt da, als Rain nach seiner Hand griff - obgleich der zärtlichen, dennoch einigermaßen bestimmten Berührung, zuckte er für einen kurzen Moment zusammen, als wäre es eine Überraschung gewesen und Rain aus dem nichts aufgetaucht. "Ich sagte doch: Mir die Wunde auswaschen.", erwiderte Nayantai lediglich, der sich nicht sicher war, ob er die eigene Hand losreißen wollte, oder Rains doch noch eine Weile in der seinen halten wollte. Vielleicht lag es an den zugezogenen Kopfschmerzen und den unterschiedlichen Schmerzsignalen die sein Körper vor lauter Verwirrung in alle Richtungen zu senden schien; Nayantai murrte lediglich bei dem Gedanken daran, bevor er die Hand des Lammes hielt, wohl eher drückte, und mit seinem Daumen über Rains Handrücken streichelte. "Dann sollte ich das Blut wegwaschen, oder? Außerdem kriege ich das Blut sowieso nicht aus der Kleidung ... Rain, was willst du von mir? Ich kann mich schlecht hinsetzen und mir das Blut aus dem Gesicht wischen." Nicht, dass er es nicht versuchen konnte, aber im Endeffekt brachte es nicht viel - vermutlich würde er nur mehr Dreck in die Wunde bringen, als ohnehin schon daran haftete. "Also?"
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • „Du solltest dir um dich selbst Sorgen machen!“, erwiderte Rain aufgelöst. Wieso tat Nayantai so als wäre mit ihm alles in Ordnung? Wieso tat er so, als wäre Rain derjenige der verletzt war? Rain wusste nicht mehr was er machen sollte, wie er Nayantai überzeugen konnte vernünftig zu sein. Wenn er so weiter machte, dann würde er irgendwann noch umkippen und dann half Rain ein dämliches Zelt auch nicht mehr! Er würde Nayantai nicht in das Zelt schleifen können, gar nichts würde Rain tun können. Er konnte keine Vorräte besorgen, Nayantai nicht auf das Pferd helfen und wo er Wasser auftreiben konnte wusste er auch nicht. Nayantai musste sich jetzt um sich selbst kümmern und nicht wenn es zu spät war. Sie hatten schon viel zu viel Zeit vertrödelt, waren viel zu wie geritten und selbst jetzt ließen sie sich mehr Zeit als sie brauchten. Das Zelt war sowas von unwichtig. Rain wusste aber nicht, wie er Nayantai all das begreiflich machen sollte und wie er ihn dazu bringen konnte Rain etwas mehr Verantwortung zu geben, damit er auch helfen konnte. Immerhin war er selbst kein Kind mehr.

      „Aber wo willst du denn hin? Wo willst du Wasser finden? Sauberes Wasser. Das Wasser das wir haben, reicht das nicht?“, wollte Rain wissen. „Und willst du ganz alleine gehen? Wenn du die Wunde auswaschen willst, dann musst du sie doch auch wieder verbinden, du hast nichts dabei!“ Die Verbände die an Nayantais Gesicht klebten konnte er jedenfalls vergessen. Sie waren bereits tiefrot verfärbt, er brauchte neue, auch wenn sie bald keine mehr haben würden. Rain hätte selbst nicht so viele verschwenden sollen. Er hätte auch nicht darauf bestehen sollen sich zu waschen. All das war seine Schuld und Nayantai wollte nicht einmal seine Hilfe. Zurecht, Rain wusste nicht was er tun konnte, oder sollte. Er hatte noch nie eine Wunde versorgt, geschweige denn aus der Nähe gesehen und er war sich nicht einmal sicher, ob er das wollte. Ihm war schon jetzt übel wenn er Nayantai ansah, oder wenn er an die toten Männer zurück dachte.
    • Einfacher wäre es, würde er das tun - würde er auf Rain hören und sich und seine Verletzungen wirklich ernst nehmen. Tat er das? Nein, Nayantai bezweifelte, dass er überhaupt wusste, wie er sich wirklich in ein ernstzunehmendes Gewand hüllen konnte, geschweige denn, wie er dafür sorgen konnte, sich auf das, was wirklich wichtig war, zu konzentrieren. Was stellte er auch an? Er traute sich nicht einmal, Rain mit zusammengebissenen Zähnen an den Kopf zu werfen, dass es ihm doch sowieso gut ging - nein, das schaffte Nayantai nicht und er wusste, dass er damit nicht nur sich selbst belog, sondern auch die einzige Person, die sich wirklich um ihn scherte. Schnauben - unzufriedenes Schnauben - verließ seine Lippen, als hätte man soeben bittere Medizin in seinen Rachen gekippt, die er bitter nötig hatte und nicht als solche akzeptieren wollte, weil er weiterhin der Meinung war, sie nicht zu brauchen. "Warum!?", rief er stattdessen aus, auch, wenn er sich nicht wütend anhörte sondern eher verwirrt, als war Rain derjenige, der gerade unsinnigen Stuss von sich gab und ihm zeigen wollte, dass er ein Idiot war, der sich nicht nur nicht anhören wollte, dass er sich gerade zu etwas zwang, das er nie hätte tun müssen, sondern auch, dass er sich unbeholfener verhielt, als ein kleines Kind, das sich das erste Mal ein Knie aufschürfte.

      Mittlerweile tat Nayantai wohl nicht mehr, als Rain ungläubig anzustarren, als hätte er allerhand Wissen vorhin ausgestreut, als hätte er vergessen, wer er war und wohin er wollte, was er mit sich brachte und wie weit sein Weg noch war. Wovon hatte er überhaupt Ahnung? "Ich ... aber wir brauchen das Wasser ...", erläuterte er heiser, als würde es einen Unterschied machen, ob er Teile ihrer Wasservorräte nutzte, um seine Wunden zu reinigen oder nicht; sie konnten in der nächsten Dämmerung an einem Fluss halt machen, sie wieder auffüllen und sich sicher sein, dass ihnen nichts geschehen würde, weil sie weit genug gekommen waren, um sich zumindest fünf Minuten Ruhe zu erlauben. "Aber ..." Aber was? Nayantai war nicht einmal in der Lage dazu, sonderlich gut zu argumentieren - er hatte auch keine Möglichkeit dazu. Was sollte er auch tun? Behaupten, er hätte all das hier bis ins kleinste Detail durchgeplant und die Wagemut rannte nicht mit ihm durch war nicht nur falsch, sondern auch eine komplette Lüge - alles, was ihm übrig blieb, war den Kopf hängen zu lassen und seine Optionen nochmals durchzugehen. "Mir wäre schon etwas einge- ... was versuche ich überhaupt?" Nichts wäre ihm eingefallen und das ernüchternde Ergebnis war, dass er nun hier herumstand und sogar versuchte, Rain nach Strich und Faden zu belügen - stattdessen zischte er, ließ Rains Hand los und setzte sich langsam auf den Boden. "Mir fällt überhaupt nichts ein. Und wenn ich das alles ignoriere, dann wird es auch nicht besser." Seine zittrigen Hände versteckte er viel lieber, als er den Boden anstarrte - Rain hatte recht.
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    • Nayantai schien zuerst nicht einlenken zu wollen und Rain wusste nicht, wieso er so stur war. Der ehemalige Fürst war vielleicht keine große Hilfe, aber das hieß noch lange nicht, dass Nayantai sich jetzt selbst kaputt machen sollte, nur um sich weiter um ihn zu kümmern. Rain konnte mit anpacken, er konnte Holz, oder Steine sammeln, er konnte Wasser holen, wenn er wusste wo welches zu finden war und wenn er etwas mehr Zeit hatte, dann konnte er bestimmt auch irgendwelche essbaren Beeren finden. „Nayantai, deine Verletzungen zu ignorieren lässt sie nicht verschwinden!“, erklärte er besorgt und betrachtete Nayantai, der zumindest immer noch hier stand, statt in die Dunkelheit zu marschieren. Ob sich der Wolf des Ausmaßes seiner Verletzung vielleicht gar nicht bewusst war? Selbst die Wunde die er sehen konnte, hatte er als ‚nur‘ eine Stichwunde abgetan, als würde das ständig passieren! Rain wusste nicht, wie er ihm begreiflich machen sollte, dass er sich ausruhen musste und dass er Rain helfen lassen sollte die Wunden zu versorgen, auch wenn er sich nicht wirklich auskannte. Immerhin sah er was er tat, im Gegensatz zu Nayantai.

      „Wir können auch morgen frisches Wasser finden.“, antwortete Rain. Nayantais Wunden waren wichtiger, sie konnten einen Tag ohne Wasser überleben, am Besten Nayantai trank trotzdem etwas, immerhin hatte er Blut verloren. Rain brauchte keines, wenn sie das Wasser brauchten. Bevor sie angegriffen wurden hatten sie aber ja noch ihre Vorräte aufgefüllt und etwas getrunken, es war also halb so schlimm, oder? Der Wolf schien einzulenken, keine Gegenargumente mehr zu finden und sich einzugestehen, dass er verletzt war. Nayantai ließ Rains Hand los und ließ sich auf dem Boden nieder. Es wurde bereits dunkel, also mussten sie sich beeilen, wenn sie kein Feuer anzünden wollten. „Warte hier!“, erklärte Rain und machte sich daran mit schnellen Schritten in Richtung Pferd zu marschieren. Aus den Satteltaschen holte er ihr Wasser und die letzten Verbände die sie noch übrig hatten, außerdem nahm er eine der Decken mit, damit er die Sachen nicht auf den Waldboden legen musste. Mit den Sachen kam Rain zurück zu Nayantai. Er breitete die Decke ein wenig aus und stellte alles ab, dann setzte er sich neben Nayantai. „Brauchen wir sonst noch etwas? Ich will dir helfen… du musst mir nur sagen, was ich tun soll.“
    • Mit einer konkreten Anleitung über seine eigene Misere sah sich selbst der Wolf nicht präsentiert; Nayantai hatte nicht nur keine Ahnung, was genau es war, das er eigentlich machen sollte, er wollte auch gar nicht erst wahrhaben, dass er etwas machen musste. Zugegeben, hätte er sich während des Kampfes besser anzustellen gewusst, so wäre er ziemlich sicher mit weniger Schrammen davongekommen, oder zumindest weniger gravierenden Wunden als jene, die er nun sein eigen nannte. "Ich weiß!", äußerte der Wolf mit Nachdruck, als hätte ihn die Realität - in Form von Rain - gerade vor den Kopf gestoßen und ihn daran erinnert, dass er nicht länger mit Karten spielte, sondern mit seinem eigenen Leben, das vermutlich erst dann in Gefahr war, wenn er die Wunden wirklich ignorierte. Wollte er das denn? Nein, zumal er sich auf Teufel komm raus wohl auch nicht dazu bringen konnte, Rain jemals im Regen stehen zu lassen, verletzte er sich - das Lamm hatte dementsprechend recht, er sollte sich um sich selbst kümmern oder sich zumindest in irgendeiner Kapazität helfen lassen, auch, wenn ihm vermutlich mehr als ein bisschen Adrenalin zu Kopf gestiegen war. Die Wunde in seiner Seite schmerzte weiterhin, auch, wenn sein Gesicht all das überdröhnte und sich die zwei verschiedenen Schmerzpole nicht auf einen Rhythmus einigen konnten. "Es ist nur einfacher, als zu jammern.", bemerkte er knurrend, auch wenn er damit vielleicht nicht recht behielt. Den eigenen Mund geschlossen zu halten und sich nicht darüber zu beklagen, was ihn plagte, erschien um ein vieles einfacher als sich direkt damit zu befassen, wie tief der Fall im Nachhinein war - auch, wenn die Wenigsten eben jene Meinung teilen würden. "Aber wir sollten ... nein, du hast recht." Wasser zu finden bedeutete nicht, herumzutrödeln, dennoch hieß es wohl auch, dass sie die Zeit anderweitig wieder aufholen mussten. Wieso? Wovor rannten sie überhaupt davon? Hatten sie Glück, auf das Nayantai sich nun einmal nicht verlassen wollte - einfach weil er es viel zu oft getan hatte -, dann war man ihnen nicht mehr so dicht auf den Fersen als zuvor; und doch wäre es nicht gerade ratsam, die fortlaufende Zeit weiterhin damit zu verbringen, im Glauben zu sein, sie hätten einen gesunden Abstand zu ihren Verfolgern. Der Wolf schüttelte sachte den Kopf, auch wenn er den Versuch als solches nicht unbedingt unternehmen sollte, stattdessen tat er gut daran, sitzenzubleiben und sich an Rains Worte zu halten - zugegeben, auf die Stimme der Vernunft zu hören war vermutlich das Beste, das er an diesem Punkt tun konnte. Erst als Rain wiederkam verdrehte der Wolf den Kopf, legte ihn für einen Moment schief aber schien schlussendlich doch zu verstehen, was er vorhatte.

      "Ich glaube nicht. Ich kann die Wunde an meiner Seite selbst nicht nähen und ... ich glaube nicht, dass ich sie nähen muss.", erläuterte er, kaum kämpfte er sich aus dem verdreckten Oberteil und der Wunde, die er vorhin noch notdürftig und hastig verarztet hatte, damit sie nicht zu viel Zeit verloren. Tatsächlich schien es so, als wäre das Blut, das am Verband klebte, einigermaßen trocken, kaum hielt Nayantai ihn in eine Richtung, in der er sehen konnte - das war zumindest ein gutes Zeichen. "Hm, so lange ich mich nicht zu sehr bewege, sollte die Stichwunde in Ordnung sein.", mutmaßte der Wolf, der sich ungemein nicht sicher war, ob es das wirklich war - aber anstatt sich ungeniert dreckige Finger in eine offene Wunde zu stecken, nahm er stattdessen einen der Wasserbehälter und wusch sich die Hände davor, ehe er den ohnehin dreckigen Verband nutzte - oder zumindest die sauberen Teile eben jenes - sie mit Wasser benetzte und anfing das angetrocknete Blut an seiner Seite abzutupfen, das sich wenigstens nur spärlich verteilt hatte. Der Wolf zuckte alsbald zusammen, als er die Wunde selbst berührte und grummelte nur unzufrieden, weil er noch immer nicht sehen konnte, wo sie lag. Eher aus Frust fummelte er an dem Verband in seinem Gesicht herum, den er sich einigermaßen unsanft abriss, als er sich locker genug anfühlte - was auch immer sich Nayantai erhoffte, wusste er nicht, und doch, kaum warf er einen erneuten, fragenden Blick auf seine Seite, erkannte er nicht viel mehr als dunkle, leicht rot-getönte Umrisse, die ihm auch nicht sonderlich viel verrieten. War er zuvor nicht schon frustriert genug, so war er es mittlerweile - und vermutlich verzweifelt. In sich zu gehen, sich seine eigene Unschuld einreden zu wollen, mehr als das konnte er nicht und doch schnaubte er frustriert als er aufsah und Rain anstarrte. Schloss er das Augenlied seines gesunden Auges, so waren es nicht mehr als schlechte Umrisse, die keinerlei Sinn ergaben - und tat er es mit dem Auge, das vermutlich mehr als nur einen leichten Schwerthieb abbekommen hatte, so war er sich nicht einmal sicher, ob er in der Lage war, zu blinzeln. Unzufrieden schnalzte Nayantai mit der Zunge, beinahe so, als würde er sich über seine Lappalie aufregen. "Rain, wir ... haben ein Problem?", äußerte der Wolf lediglich verwundert, als er dem Lamm die Bandagen präsentierte, mit denen er zuvor noch seine Seite abtupfen wollte. "Und ... ich glaube, ich brauche Hilfe, ansonsten tue ich mir nur noch mehr weh. Kannst du die Wunde abtupfen?"
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    • Rain fühlte sich schlecht, weil er das Gefühl hatte, dass Nayantai nichts von dem was er zu sagen hatte hören wollte, aber es musste gesagt werden, oder? Zumindest fing Nayantai an einzusehen, dass er sich nicht entsprechend seines Zustandes verhielt. Natürlich war es einfacher nicht wahrzuhaben, dass er schwer verletzt war, aber es machte seinen Zustand nicht besser, eher das Gegenteil war der Fall. „Du jammerst nicht…“, erklärte Rain. Sich einzugestehen, dass man verletzt war, das war doch kein Jammern. Rain verstand nicht ganz, wieso Nayantai so stur war, andererseits behauptete er selbst oft es ginge ihm gut, auch wenn es nicht so war. In Rains Fall allerdings konnte man dagegen meist sowieso nichts tun und deshalb machte es auch keinen Sinn, sich darüber zu beklagen. Nayantai hingegen musste versorgt werden, auch wenn Rain nicht genau wusste wie. Jetzt mit Wasser zu sparen war falsch und auch Nayantai sah das endlich ein. Rain wollte ihm helfen wo er konnte, auch wenn seine eigenen Hände vermutlich genau so sehr zitterten wie die des Wolfes. Rain machte sich Sorgen und er gab sich die Schuld an dem was passiert war.

      Rain sah zu wie Nayantai sich aus seiner Kleidung schälte und sich zuerst um die Stichwunde kümmerte. Sie blutete zumindest nicht unkontrolliert, aber Rains Augen blieben darauf fixiert, als müsste er auch ganz sicher gehen. Rain gefiel das alles nicht, die Wunde würde aufreißen, weil Nayantai Rain etwas aus der Hand nahm, oder ihm aufs Pferd helfen wollte. All das nur, weil Rain selbst zu nichts zu gebrauchen war. „Es tut mir leid…“, nuschelte er, dann biss er sich auf die Lippe. Jetzt die Nerven zu verlieren brachte keinem von ihnen etwas. Rain konnte nichts tun außer Nayantai zuzusehen wie er Hände und teile des Verbands wusch, damit er die Stelle um die Wunde reinigen konnte. Als er jedoch anfing an dem zweiten Verband herum zu reißen hob Rain seine Hände. „Nayantai was…“, begann er, aber der Wolf hatte sich den Verband schon unsanft vom Kopf gerissen, nur um ein viel größeres Problem zu offenbaren. Rain zuckte beinahe zusammen als Nayantais Blick nach einigem Schnauben auf ihn fiel und er war bestimmt nicht gut darin zu verbergen, dass das was er sah, alles andere als gut aussah. Nochmal zuckte Rain als Nayantai anfing zu sprechen, dann sah er auf die Verbände. „Was ist mit der Wunde an deinem Auge…?“, wollte er wissen, riss sich aber zusammen und wusch nun auch seine eigenen Hände, bevor er die Verbände entgegennahm. Nayantai wusste es wohl besser, obwohl… Rain war sich nicht so sicher. Trotzdem fing er an die Wunde an Nayantais Seite zu reinigen und zwar so vorsichtig, als könnte Nayantai einfach in tausend Teile zerspringen, wenn er es nicht war.
    • Hätte er sich besser angestellt, so würde er vermutlich weniger Probleme haben - sich jedoch weiterhin in Vorwürfen gegenüber sich selbst zu ertränken erschien nicht nur unmöglich, sondern auch viel zu theatralisch. Es war nicht seine Art, geschweige denn glaubte er, dass er auch nur irgendetwas damit erreichen konnte, zwang er sich auch nur annähernd dazu, sein Gesicht nicht in einer schmerzverzerrten Grimasse zu verziehen, damit es Rain besser erging und er nicht gleich mit ansehen musste, dass der Wolf, der derartig hohe Töne gespuckt hatte, mehr als nur verweichlicht war. "Ich habe es mir abgewöhnt.", gestand er, als wüsste er nicht, wovon er wirklich sprach. Aus freien Stücken waren derartige Dinge noch nie passiert, viel eher sah er sich dazu gezwungen, die vorherrschenden Schmerzen herunterzuschlucken und als solche zu akzeptieren, selbst wenn jedweder, noch existierende, Fleck seiner Haut brannte und mit Dreck und Blut besudelt war - es war immer noch besser sich auf die Lippen zu beißen, bis sie blutig waren, als herumzuschreien und auch nur irgendjemandem eine Genugtuung zu geben, die sie nicht verdienten. Nayantai wusste jedoch auch, dass er zumindest etwas jammern könnte, dass Rain der Letzte wäre, der ihn dafür verurteilen würde, wenn er sich doch nur - nach seinem menschlichen Recht - über seine Schmerzen beklagte. Der Wolf stieß ein tiefes Seufzen aus, als würde es ihm helfen, jedwede Luft aus seiner Lunge zu verbannen - beinahe so, als wäre es durchaus einfacher, jemand zu sein der er nicht war, wenn er nicht daran erinnert wurde, dass er noch lebte. "Rain ... du musst dich für nichts entschuldigen. Ich habe mich wie ein Idiot angestellt, hätte ich mehr aufgepasst, dann wäre das nicht passiert. Aber dafür kannst du nichts."

      Kaum fixierte er Rain in seinem Blickfeld und nicht sich selbst, so erschien jedoch einigermaßen klar, dass er bei weitem nicht der Einzige war, der unter den Verletzungen litt, die er davongetragen hatte - das Lamm schien sonst beherrscht und verständnisvoll, als würde es durchaus verstehen, dass er eine gewisse Art von Gelassenheit ausstrahlte, mit der er seinem Umfeld vermittelte, dass alles in Ordnung sei und nichts dergleichen falsch oder ein schlechter Ansatz war. "Ich ...", murmelte er vor sich hin. In eben jenem Moment erschien es Nayantai jedoch so, als würde er sich mit Rain darum streiten, wer zuerst die Fassung oder den eigenen Verstand verlor - sonderlich viel fehlte ihnen beide nicht, vor allem als er sich von dem Verband in seinem Gesicht befreit hatte, woraufhin das ohnehin bleiche Gesicht Rains allerhand Farbe verlor und der Wolf sich sicher war, dass er dem Lamm gerade etwas gezeigt hatte, das er nicht hätte sehen sollen - aber der Wolf schien nicht in der Lage zu sein, Ruhe zu geben, selbst dann nicht, als er die Berührung an seiner Seite spürte, um die er gebeten hatte und nicht länger in das traurige Gesicht starren konnte, das sich einer anderen Aufgabe widmete; dass er aus Reflex kurz zurückweichen wollte, bevor er sich selbst wieder ins Gedächtnis rufen konnte, dass Rain nur das Beste für ihn im Sinn hatte, ließ ihn zischen. Was war er? Ein verschrecktes, wildes Tier? Nayantai schluckte schwer, als würde sein Hals vor lauter Aufregung zuschwellen und ihm die Luft ausgehen, auch wenn er sich im klaren darüber war, dass nichts davon wahr war. "Ich schätze ... wir sollten sich reinigen? Aber ... ich ... sehe noch immer nichts? Also ... nicht viel ...", erläuterte er kurz daraufhin, bevor er sich überlegte, wie er das Blut am besten aus seinem Gesicht bekam, ohne es überall auf sich selbst und der Decke, oder gar Rain, zu verteilen. "Du musst mir aber nicht helfen ... ich verlange viel zu viel von dir.", argumentierte er alsbald, kaum verzog er das eigene Gesicht noch einmal schmerzverzerrt; wenigstens war Rain nichts passiert - zum Glück. Wieso zitterten sie dann beide? War es wirklich so kalt?
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    • "Es ist doch kein Jammern, wenn es... nicht so wichtig.", erklärte Rain, darüber zu streiten machte keinen Sinn und Nayantai konnte mit seinen Verletzungen umgehen wie er wollt, solange er sie nicht ignorierte. Er musste auf sich selbst Acht geben, er brauchte Rain nicht hinterher laufen, nicht jetzt zumindest. Was wenn es schlimmer wurde? Schon jetzt ging es Nayantai schlecht und er hatte ihr Pferd kaum lenken können. Das hatte bestimmt nicht daran gelegen, dass ein Verband eines seiner Augen bedeckt hatte. Rain biss sich selbst auf die Lippe bei Nayantais Worten und er schüttelte den Kopf ohne Nayantai ins Gesicht zu sehen. "Nein... wenn ich nicht...", fing er an, der Kloß in seinem Hals wurde größer und zu schlucken tat beinahe schon weh, dabei war es nicht Rain der verletzt war. Diese Situation war neu, normalerweise war er derjenige der alle um sich herum beruhigen musste. Selbst wenn sein Vater verletzt nach Hause gekommen war, hatte er sich nie solche Sorgen gemacht. Hier draußen waren aber keine Ärzte, nur Rain und der hatte keine Ahnung was er tun sollte. "Ich hätte auf dich hören sollen...", sagte er heiser. Nayantai hatte von Anfang an gesagt, dass es nicht sicher war.

      Rain kümmerte sch um die Stichwunde, stoppte aber als Nayantai zurück zuckte. "Ich wollte dir nicht wehtun...", erklärte er und war nur umso vorsichtiger, als er weiter machte die Haut von dem Blut und Dreck zu befreien. Rains Finger zitterten und er musste seine Hand an Nayantais bauch aufstützen, damit er die Kontrolle einigermaßen behalten konnte. Selbst wenn er Nayantai nicht ins Gesicht sah ging ihm der Anblick von vorhin nicht aus dem Kopf, ebenso wenig vergaß er die drei toten Männer. Er wusste, dass es nötig war sie zu töten und dennoch... Rain sah wieder auf als Nayantai seine Frage beantwortete. Er wollte ihm sagen, dass es wider besser werden würde, dass sein Auge vermutlich nur zu geschwollen waren, als dass er etwas sehen konnte, aber Rain schaffte es nicht einmal sich selbst einzureden, dass das stimmte. "Nein!", rief er beinahe aus. "Ich will dir helfen." Rain richtete sich auf und suchte sich eine andere saubere Stelle an dem Verband, die er dann befeuchtete, während er schwer schluckte. Er kämpfte jegliche Tränen beiseite als er Nayantai erneut ins Gesicht sah und dann versuchte das getrocknete Blut in Nayantais Gesicht herunter zu waschen.
    • Die Hoffnung starb zuletzt, so hieß es doch immer, und doch wollte sich der Wolf nichts einreden, sich nicht selbst belügen und behaupten, er täte ohnehin schon mehr als das Nötigste, nein - dem war nicht so und im Endeffekt war er es, der sich auf Rain verließ und der sich immer wieder einreden musste, dass er nur das tat, was er wohl wirklich tun musste, sollte und konnte. "Was wolltest du sagen? Ich kann die Wahrheit verkraften.", gestand er und damit lag er wohl alles andere als falsch. Nayantai war sich sicher, dass er alt genug war, um zu verstehen und sinngemäß Dinge zu interpretieren. Nahm Rain ihn in den Schutz, hatte Nachsicht mit ihm, weil er sich selbst für all das, was passiert war, als verantwortlich sah? "Rain, dir jetzt Dinge einzureden, die so gar nicht stimmen, hilft weder dir noch mir. Und einen Schuldigen zu finden bringt auch nichts, wir verschwenden unnötig Zeit und Energie.", bemerkte er, so ruhig wie er konnte und schüttelte seinen Kopf erneut, wenn auch nur leicht und so kurz er konnte, um zumindest den Eindruck zu erwecken, dass er für diesen einen Moment noch einigermaßen Verstand besaß und seine eigenen Verletzungen als das ansah, was sie waren. Verletzungen, Schmerzen, die vermeidbar waren und die er doch abgefangen hatte, weil er es nicht besser wusste. "Du ... hast mir nicht wehgetan, ich habe mich nur erschreckt.", bemerkte er beschämt - und es war die Wahrheit. Nicht nur hatte er sich erschreckt, er verstand auch nicht, wieso er sich so verhielt, als wäre er nicht mehr als ein verletztes, zusammengekauertes Tier, das die Zuwendung erhielt, die es brauchte aber nicht gewohnt war und dementsprechend ablehnte. Hoffnungsvoll war er dennoch, vor allem sich selbst gegenüber - und Rain, der sich an ihm abstützte, hatte mehr als jedwede Berechtigung dazu.

      Wer von ihnen beiden war überhaupt stur? Unter normalen Umständen hätte er vermutlich darüber lachen können, aber das hier war alles andere als normal und Rain war eindeutig nicht derjenige, der sich sonst so beschwert hätte - sie beide waren stur, der Wolf besonders, vor allem wenn er versuchte, seine eigenen Probleme klein zu reden und sich selbst einzureden, dass die Hautfetzen, die sich von seinem blutendem Fleisch schälten, nichts weiter als eine winzige Schürfwunde waren. "Ich ... in Ordnung, aber du musst dich zu nichts zwingen.", entschied Nayantai, als würde er Rain den Verband wieder wegnehmen, wenn sein Gesicht noch bleicher wurde, als es ohnehin schon war. Je näher die dürren Finger den Wunden kamen, desto eher spürte er ein unangenehmes Ziehen und doch entschied er sich dazu, den Mund zu halten, jede Art von Beschwerde herunterzuschlucken und dem Lamm die Erlaubnis zu geben, das zu tun, das er tun wollte und musste. Kaum sah Rain ihn jedoch an, richtete seinen Blick auf das Gesicht des Wolfes und versuchte, jedwedes Blut aus diesem zu entfernen, griff Nayantai nach ihm, nach seinem Handgelenk und drückte ihn mit dem anderen Arm an sich, so sanft er konnte. "Rain, du musst das nicht tun ... ich kann genau sehen, dass es dir mehr wehtut, als mir." Vermutlich übertrieb er, wenn er an den tropfenden, brennenden Schmerz dachte, den er immer wieder verspürte, aber für den Moment wollte er nicht daran denken, während er dem Lamm über den Rücken strich. "Und selbst wenn, dann sollte ich dir zumindest helfen und dir nicht solche Sachen aufhalsen."
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    • “Du jammerst nicht, wenn du tatsächlich Schmerzen hast. Du musst dich nicht verstellen…“, antwortete Rain nun doch mit sorgenvollem Blick. Nayantai wollte stark sein, für sie beide, aber das musste er nicht sein, nicht ständig. Er hatte schon in Rains Armen geweint und das war in Ordnung so. Nayantai konnte ruhig sagen wie es ihm wirklich ging, Rain würde ihn nicht für schwach halten und es war ihm lieber der Wolf tat es jetzt, als er brach irgendwann auseinander, weil er alles in sich hinein fraß. Rain wusste, dass Wölfe – nein selbst die meisten Schafe, sein Vater eingeschlossen, nie Schwäche zeigen wollten, aber im Moment waren sie alleine. „Aber ich…“, begann Rain zu widersprechen, aber er biss sich auf die Lippe und sagte nicht mehr als das, stattdessen nickte er nur. Auch wenn er nicht darüber diskutieren wollte wer an allem Schuld war, so hörte er aber nicht auf die Schuld bei sich zu suchen. Er wollte nicht von der Lichtung verschwinden, er hatte Nayantai abgelenkt und nicht auf ihn gehört und gäbe es Rain nicht, wäre Nayantai ohnehin schon zu Hause angekommen. „Gut…“, murmelte Rain der zumindest froh war zu hören, dass er Nayantai nicht verletzt hatte als er sich um seine Wunde kümmerte. Trotzdem machte er vorsichtiger weiter.

      „Tu ich nicht…“, erwiderte Rain leise als Nayantai ihm sagte, er solle sich zu nichts zwingen. Aber das hier war Rains Schuld! Das mindeste was er tun konnte war Nayantai jetzt zu helfen und sich ausnahmsweise um ihn zu kümmern so gut er konnte. Es tat ihm weh Nayantai so zu sehen, aber wegzuschauen machte es auch nicht besser und es ließ die Bilder in Rains Kopf auch nicht verschwinden. Gleichzeitig wusste er nicht wie er Nayantai erklären sollte was es denn war das er selbst mit all dem Blut sah, nämlich, dass von seinem Auge nicht viel übrig zu sein schien. Rain war sich sicher, dass diese Verletzung nichts war, das einfach nur eine Narbe hinterlassen würde. Es war nicht wie die Stichwunde an Nayantais Seite, oder die Striemen an Rains Rücken. Gerade als er das Blutabwaschen wollte, um wirklich zu sehen wie schlimm es war, packte Nayantai Rain und nahm ihm die Sicht auf den verletzten Kopf. „A-aber… wir haben keinen Spiegel… du siehst die Wunde selbst nicht…“, erwiderte Rain. Seine dürren Finger umklammerten den Verband, damit er nicht zu Boden fiel und auch, weil er das Gefühl hatte sich an irgendetwas festhalten zu müssen. Den Kopf drückte er an Nayantais Brust, weil jetzt wo er ihn nicht mehr sah und ihn stattdessen festhielt, da konnte Rain seine Tränen nicht mehr zurück halten. Dabei war es Nayantai der alles Recht dazu hatte zu weinen und nicht Rain.
    • Glücksgefühle kamen keine auf - das sollten sie auch nicht, auch, wenn sie beide wohl froh sein konnten noch zu leben und noch in die richtige Richtung unterwegs zu sein, so schien es doch wichtiger, sich die eigenen Wunden zu lecken und aufeinander achtzugeben, als dass sie allebeide auch nur darüber nachdenken konnten, dass man es so oder so nicht gut mit ihnen meinte. Rain davon zu erzählen, dass es ihm - obgleich der vorherrschenden Ausgangssituation, der triefenden Wunde in seinem Gesicht und der Stichverletzung an seiner Seite - gut ging, wäre ungefähr so, als würde man jemandem ins Gesicht lügen. Dass es dem Wolf nicht gut ging, dass musste selbst Rain ihm nicht sagen, das wusste Nayantai, auch wenn er es sich nicht eingestehen konnte; das tat er noch nie, selbst dann nicht, als er glaubte, sein letztes Stündlein hatte geschlagen. "Wieso sollte ich mich verstellen?", entgegnete er lediglich, auch wenn die Wahrheit war, dass er bis jetzt seine Zähne zusammengebissen hatte, auch, wenn er himmelhoch fluchen hätte können und jede falsche Bewegung schmerzte, als hätte er sowohl das Messer in seiner Seite stecken und das Schwert hatte sich in seinem Sturschädel selbst verkeilt. "Rain, lass es. Dir selbst einzureden, dass du schuld bist, tut uns beiden weh. Wir können die Energie für komplett andere Dinge brauchen.", nuschelte Nayantai, der ebenfalls wusste, dass er keine Schuld an dem Lamm sah. Rain wollte nicht mehr als Dinge sehen, erleben und sich die Welt einverleiben, die ihm bis dato fremd war; wieso sollte der Wolf ihm all das ausschlagen? Vermutlich war es falsch gewesen, Rain an sich zu ziehen und ihnen beiden einen Moment der Ruhe inmitten all der - berechtigten - Aufregung zu bescheren. Schlussendlich war klar, dass nicht nur beide ihrer Gemüter erhitzt schienen, sondern auch, dass sie sich beide zu etwas zwangen, das außerhalb der vorherrschenden Möglichkeiten lag.

      "Bist du dir sicher?", wiederholte er abermals, nicht aber, weil er Rain vor sich selbst retten wollte, oder sich so fühlte, als müsse er, sondern weil er den Gesichtsausdruck auf der immer bleicher werdenden, kalkweißen Visage des Schafes nicht ausstehen konnte. Wenn Rain an seinen Verletzungen schuld trug, dann war Nayantai mindestens genau so schuldig, weil er sich erst verletzen ließ. "Wenn ich mir das ganze Gesicht wasche und vorsichtig bin, dann sollte das trotzdem kein Problem sein, oder?" Die Gefahr, nur noch mehr Schaden anzurichten, bestand auch, und doch wollte Nayantai sie in Kauf nehmen, zumindest um Rain den Anblick zu ersparen, den er ihm gerade gestohlen hatte, indem er ihn an sich drückte und festhielt, ihm vermitteln wollte, dass alles in Ordnung war und die Welt nicht kopfstand - sie beide hatten ihre eigenen Probleme zu bewältigen, mit dem kleinen, aber feinen Nachteil, dass jedwedes Problem hier draußen zu einer Hürde für sie beide wurde. Der Wolf seufzte, beinahe schon erleichtert, als er Rain hörte, der all seine Sorgen in Form von Tränen in seiner Kleidung zu ertränken versuchte, weswegen er ihm lediglich eine Weile lang über den Rücken und dann über das Haar strich, kaum nahm er seine zweite Hand um ihn näher an sich heranzuziehen und festzuhalten. Wonach war ihm selbst? Die Ruhe, die plötzlich vorherrschte und nur von Rain selbst zeitweise durchbrochen wurde, schien schwer und beinahe unmöglich zu durchbrechen - seine Kehle fühlte sich trocken an, seine Augen komischerweise trocken - nur, dass zumindest eines von ihnen im nächsten Moment unsagbar brannte, als hätte man es in Flammen ertränkt. Dem Wolf war unlängst klar, dass seine Hände merklich zitterten, dass Rain nicht der Einzige war, der weinte - und trotzdem war er derjenige, der Einzige, der etwas von sich gab. "Es wird alles in Ordnung, einverstanden?", bot er dem Lamm lediglich an, seine Stimme selbst einigermaßen aufgelöst - hätten sie sich nicht einen besseren Zeitpunkt aussuchen können? Vermutlich nicht, so unbeholfen wie er sich die Tränen aus der einen Seite seines Gesichts wischte.
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • “Ich weiß, dass du es tust…“, erwiderte Rain nur, aber er konnte Nayantais Zittern spüren, er hörte wie heiser seine Stimme klang und wie er mit sich selbst kämpfte. Nayantai war nicht gut darin zu überspielen wie es ihm ging, das war er auch nicht gewesen, als sie noch in Fhaergus gewesen waren. Rain wusste nur zu gut wie es war, wenn man niemandem Probleme bereiten wollte, aber Nayantai ging es so offensichtlich schlecht, dass es beinahe noch schlimmer mitanzusehen war, wenn er so tat als ginge es ihm gut. „Ich weiß…“, erwiderte er erneut, aber seine eigenen Gedanken konnte er trotzdem nicht ausschalten. Nayantai hatte ihm gesagt, dass sie hätten gehen sollen und Rain hatte nicht gehört, wie ein verzogenes Kind. Nayantai musste die Sache alleine ausbaden. Rain hatte ihm nicht einmal helfen können und selbst jetzt wollte Nayantai es nicht erlauben. Diese Pause gerade, die Nayantai initiiert hatte, die half ihnen auch nicht und setzte Nayantai nur noch größerer Gefahr aus, sie sollten die Wunde zumindest wieder verbinden. Selbst das war jedoch ein Problem, bei dem spärlichen Vorrat an Verbänden der ihnen noch blieb.

      „Ich bin sicher…“, erwiderte Rain noch einmal heiser und schüttelte den Kopf. „Lass mich dir helfen… bitte. Ich kann nicht einfach nur neben dir sitzen und nichts tun… ich tue die ganze Zeit schon nichts. Bitte lass mich nur einmal dir helfen…“ Rain bekam den Anblick ohnehin nicht aus seinem Kopf und er wollte alles tun was er tun konnte. Die Wunde zu reinigen war nicht mit körperlicher Anstrengung verbunden, er konnte das für Nayantai tun. Nayantai hatte Rains Wunden doch auch versorgt, mehrere Wochen lang und jetzt war Rain an der Reihe. Er konnte nicht erwarten, dass ihm immer jeder jegliche Arbeit abnahm… Seine Tränen konnte er trotzdem nicht trocknen, auch weil er nicht wusste wie er Nayantai sagen sollte, dass von seinem Auge kaum etwas übrig zu sein schien. Andererseits hatte der Wolf gesagt, dass er noch etwas sehen konnte. Umrisse zumindest, vielleicht gab es doch Grund zur Hoffnung und keinen Grund Nayantai noch mehr aufzuregen. Die Worte des Wolfes klangen kaum glaubwürdig und Rain war derjenige der Nayantai trösten sollte und nicht umgekehrt. Rain nickte trotzdem und verbannte die Tränen aus seinem Gesicht, bevor er sich wieder von Nayantai löste. „Bitte lass mich das jetzt fertig machen…“
    • Zugegeben, Nayantai war noch nie gut darin gewesen, jemanden zu mimen, der er nicht war - nicht nur das, es half auch nicht weiter, dass er sich selbst nicht als solches erkannte und keinerlei Ahnung hatte, ob es wirklich sinnvoll war, vorzugeben, jemand zu sein, der sich so verstellen konnte, dass jedwede Emotion auf sein Gegenüber glaubwürdig wirkte. "Ich weiß, aber ... ich will dir keine Sorgen bereiten.", erklärte der Wolf, als wäre er lediglich darüber bekümmert, ob Rain ihn als schwach oder stark ansah, oder wie sich seine eigene, emotionale Lage auf ihn auswirkte. War er ehrlich, so hatte er keinerlei Ahnung, was es eigentlich war, das er tat oder tun sollte; viel lieber schien er seine Zeit damit zu verbringen, sich den eigenen, wunden Kopf darüber zu zerbrechen, wie weit und tief er fiel, wenn er weiterhin glaubte, jemand zu sein, der er nicht war. "Mhm, also lass uns an andere Dinge denken.", mahnte er lediglich, eher mit sanftem Nachdruck als alles andere, und schwieg weiterhin, als wollte er für einen Moment gar nicht erst an die Schmerzen denken, die sein eigener Tränenfluss auslöste und an all jene Gefühle, die sich in seiner Brust breitmachten und seinen Atem für den ein oder anderen Moment stocken ließen, kaum versuchte er sich zu beruhigen. Schlussendlich starb die Hoffnung zuletzt und die ungeteilte Wahrheit war nun einmal, dass sowohl er als auch Rain noch einen weiten Weg vor sich hatten.

      Wie war das noch gleich? Er konnte sich nicht weiterhin wie ein wildes Tier vor sich selbst verstecken, seine Wunden lecken und sich einreden, dass es ohnehin nichts brachte, wenn er sich helfen ließ? Immerhin machte Rain den ersten Schritt, tat es eigentlich immer, und streckte ihm metaphorisch die Hand entgegen, die er lediglich in die seine nehmen musste - aber konnte er denn akzeptieren, sich einfach helfen zu lassen? "Habe ich denn großartig eine andere Wahl?", fragte er, viel eher an die abkühlende Luft als Rain gerichtet, der sich ihm vermutlich nicht aufzwingen wollte, aber rein in der Theorie musste. Die Hoffnung starb zumindest zuletzt und Nayantai war sich sicher, dass Rain sein Bestes gab; er tat schon mehr als genug und allein die Tatsache, dass er sich dazu überwand, ihm überhaupt zu helfen, trotze zumindest vor Mut, den manch ein anderer gar nicht erst hatte, wenn er sich mit derartigen Tatsachen - und all dem widerlichen Blut und offenen Wunden - konfrontiert sah. "Na gut, aber du lässt dir so viel Zeit wie du brauchst, verstanden?", äußerte der Wolf mit Nachdruck, kaum ließ er endlich von Rain ab und wischte sich selbst noch ein paar Tränen aus dem einen Auge, das er nicht dafür verteufeln würde, wenn er es anfasst - trotzdem streckte er eine Hand nach Rain aus und strich ihm mit dem Handrücken über die Wange. "Ja, ja - ich halte dich schon nicht davon ab. Ich weiß, dass du mir nur helfen willst.", rief er ihnen beiden ins Gedächtnis, als wäre es nicht vollkommen offensichtlich. Könnte er sich selbst zusammenreißen, dann würde er vermutlich nicht noch mehr mit Tränen verdünntes Blut auf seinem Gesicht verteilen, aber anscheinend lag es Nayantai doch nicht, angebrochene Emotionen einfach herunterzuschlucken.
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    • “Nayantai, ich mache mir bereits Sorgen!“, erklärte Rain bestimmt. Nayantai konnte diese Wunde nicht verstecken und selbst wenn er Rain an sich zog, so hatte der Blonde sie bereits gesehen und würde nicht so bald vergessen, dass sie existierte. Den Starken zu spielen half dabei auch nichts und auch das Schniefen das plötzlich Nayantais Kehle verließ zeugte davon, dass es ihm tatsächlich nicht gut ging. Rain war froh, dass Nayantai es zumindest nicht mehr versteckte. Rain wollte ihn gerne trösten, aber die Wunde musste versorgt und zumindest wieder bedeckt werden, bevor noch irgendwelche Pollen, oder sonstiger Dreck der in der Luft schwebte, in die Wunde eindringen konnte. Sie so offen zu lassen, mitten im Wald und ohne auch nur ein Zelt über dem Kopf war keine gute Idee. „Lass mich die Wunde verarzten, danach können wir an etwas anderes denken.“, widersprach Rain, auch wenn er Nayantai noch einen Moment gab und ihm stattdessen über den Rücken strich. Dabei versuchte er sich nicht zu sehr gegen den Wolf und die Wunde an seiner Seite zu lehnen. Die gehörte auch wieder verbunden.

      „Nein hast du nicht.“, erwiderte Rain auf die Frage hin, ob Nayantai eine Wahl hätte. Rain würde ihm helfen, weil der Wolf es alleine nicht konnte und er nur einmal nützlich sein wollte. Während Rain also seine Tränen herunterschluckte schien der Wolf das nicht zu können, nicht nachdem sie einmal angefangen hatten zu fließen. Rain suchte sich noch einmal eine saubere Stelle auf den letzten Resten der Verbände die sie noch hatten und benetzte diese mit ein wenig Wasser. Noch bevor er anfangen konnte das Blut aus Nayantais Gesicht zu wischen, wurde er allerdings erneut davon abgehalten. Rain war sich schon gar nicht mehr sicher, ob Nayantai ihn oder eher sich selbst beruhigen wollte. Rain sah ihn an, schluckte den riesigen Kloß in seinem Hals herunter und nickte nur, ehe er endlich anfing das Blut aus Nayantais Gesicht zu waschen so gut er konnte. Langsam legte er die Wunde selbst frei, erlaubte sich aber nicht sich von dem Anblick beeinflussen zu lassen. Die Wunde blutete immer noch ein wenig, das machte alles schwieriger und schließlich griff Rain nach einem kleinen sauberen Tuch das sie noch übrig hatten, um es auf die Wunde zu legen, er traute sich allerdings nicht es fest auf die Wunde zu drücken. Es war das erste Mal in den letzten zehn Minuten, dass er zögerte. „I-ich… ich will dir nicht wehtun… aber es blutet immer noch.“, ließ er verlauten und blickte auf seine eigenen Finger, die das Tuch an Ort und Stelle hielten und ebenfalls etwas von dem Blut abbekommen hatten.
    • Rain um einen Gnadenstoß zu bitten war eigentlich nicht länger nötig, immerhin fühlte er sich schon miserabel genug und wenn er ehrlich war, dann waren die Worte, die an ihn gerichtet wurden, immer wieder ein Grund erneut aufzusehen und beinahe beschämt dreinzublicken, während sich ein widerlich warmes Gefühl in seinem Körper ausbreitete, das ihm wohl oder übel aufzeigte, dass er gerade auf frischer Tat ertappt wurde und seine Sorgen - die selten ihn selbst beinhalteten - ihre Existenz bestätigten, einfach nur, weil Rain den Mund öffnete und ihm aufzeigte, dass er nicht länger so leben konnte, als wäre jedwede Verletzung nicht mehr als kurzlebender, stechender Schmerz. "Ich ... es ... es tut mir Leid!", war das Einzige, das dem Wolf in seiner Verzweiflung einfiel, obgleich er zuvor gar noch daran festgehalten hatte, dass er sich zumindest für Rain zusammenreißen sollte; nicht, dass das schon jemals funktioniert hatte, geschweige denn, dass er schon jemals gut darin gewesen war, sich auch nur in irgendeiner Form zusammenzureißen. Sich die eigenen Tränen aus dem Gesicht zu wischen brachte allerdings nicht viel, all das erschien dem Wolf offensichtlich und klar; zumal Rain derjenige war, der seine Finger gerade behutsam damit betraute, sich um die frische Wunde zu kümmern. "In Ordnung, ich kann dich so oder so nicht davon abhalten.", gestand er lediglich.

      Nicht, dass er derartige Reaktionen nicht erwarten könnte - zumal sich der Wolf nicht nur sicher war, dass Rain es ihm verübeln konnte, dass er sich derartig benahm. Aber wieso auch? Nayantai musste nicht mehr tun, als sich für einen Moment zusammenzureißen, um im Endeffekt zu verstehen, dass er nicht Gefahr lief, zu sterben, oder sonstige Gedanken ihn heimsuchen mussten, nein. Nichts davon war wahr, genauso wenig wie es Richtigkeit hatte, dass er in jedem erdenklichen Abschnitt seines Lebens Herr der Lage sein musste. "... Dachte ich mir.", brummte er. Rain wollte ihm nichts antun, so viel war auch einem verwirrtem, erschöpften und verletztem Wolf klar und doch wusste er nicht, ob er sich nicht lieber um sich selbst kümmern wollte - verdammt, er besaß nicht einmal die Möglichkeit, seine eigenen Wunden zu versorgen, die er ohnehin nicht sehen konnte; warum benahm er sich dann wie ein unzufriedenes Kind, das seinen Willen nicht bekam? Für einen Moment verteufelte er sich selbst und im Nächsten Rain, nicht aber dafür, dass er Schuld an dieser Situation und der vollendeten Tatsachen hatte, vor denen sie jetzt standen, sondern weil er all seine Angst und Sorge wohl für einen Moment herunterschluckte, als er so behutsam als möglich dem sturen Wolf das Blut aus dem Gesicht wischte, bevor er nach einer halben Ewigkeit wohl keines mehr fand; zumindest war Nayantai für einen Moment eben jener Meinung, kaum hatten sich seine eigenen Hände in seiner Hose verkrampft. "Es ... was?", hinterfragte er stattdessen, versuchte, mit seinem gesunden Auge Rains Finger anzustarren und für sich selbst zu realisieren, was das Lamm da gerade getan hatte. "Was ... machen wir dann? Ich ... wir ... du kannst das nicht nähen."
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    • „Es muss dir nicht leid tun!“, seufzte Rain, er wusste einfach nicht mehr wie er Nayantai sagen sollte, dass er genau sah wie es ihm ging und Nayantai sich deshalb auch nicht verstellen brauchte. Rain wusste vermutlich sogar besser wie es Nayantai gerade ging, als der Wolf selbst, immerhin sah er das Ausmaß seiner Verletzung gar nicht – das war vermutlich besser so. Sich zusammenzureißen würde die Wunde auch nicht wie von Zauberhand schließen. An Nayantais Kopf klebte so viel Blut, dass aber auch Rain erst ein wenig später erkannte wo die Wunde überhaupt saß und wie tief sie war. Nayantai konnte ihn tatsächlich nicht davon abhalten alles frei zu legen und Rain merkte indes, dass er nicht der Einzige war der nervös war und versuchte nicht zu Zittern, damit er nicht alles noch schlimmer machte. Nayantai sagte nichts mehr, aber sein Gesicht sah blasser aus als sonst, seine Lippen waren trocken und seine ganze Körperhaltung schien unbequem und verkrampft zu sein. Vielleicht lag es an den Schmerzen, vielleicht an der Situation, vielleicht aber auch an Beidem. Egal was es war, Rain schwieg für den Moment.

      Als sie endlich wieder miteinander kommunizierten war Rain nicht sicher ob Nayantai ihn nicht verstanden hatte, oder ob er einfach ungläubig war, oder einfach noch einmal bestätigt bekommen wollte, dass er richtig gehört hatte. Wörter wie Blut und dergleichen lagen nicht gerade in dem gemeinsamen Wortschatz den sie aufgebaut hatten, Nayantai schien trotzdem zu verstehen und Rain schüttelte schnell den Kopf. „N-Nein… ich glaube nicht, dass ich das kann.“, erwiderte er und zupfte stattdessen an Nayantais Hand, damit er sie nach oben und zu dem Tuch führen konnte, dass die Wunde gerade bedeckte. „Ich will… kann…“ Rain wollte keine Kraft anwenden um das Tuch fest genug auf das Auge zu drücken, er wollte Nayantai nicht weh tun und er wollte auch nicht alles noch schlimmer machen. „Kannst… kannst du das Tuch auf die Wunde drücken?“, wollte Rain von dem Wolf wissen. „Ich fixiere es.“ Rain griff bereits nach einem der schmutzigen Verbände – einer der nicht voller Blut und auch nicht durchnässt war. Das Tuch auf der Wunde war sauber, der Rest musste es nicht sein, oder?
    • Wohin auch mit Gedanken und Gefühlen die er sonst als solches nicht verspürte? Nayantai konnte nicht länger davonrennen und behaupten, er hätte aus seinen Fehlern gelernt, oder aber, dass er verstand was es war, das Rain von ihm wollte, nein. Nichts dergleichen machte auch nur annähernd Sinn und der Wolf musste sich eingestehen, dass sie beide sich in einer Situation wiederfanden, der sie nicht gewachsen waren - die sie vermeiden sollten - und dennoch fanden sie sich in einer Misere nach der Nächsten wieder. Wollte er aufgeben? Nein. Konnte er aufgeben? Auch nein; all jene Gedanken verurteilten sie weiterhin dazu, unwissend durch die Gegend zu streifen, allein deswegen, weil Nayantais Selbstzweifel überwogen - wieso. Was auch immer dazu führte, dass er sich derartig aufführte, das konnte der Wolf selbst nicht in Worte fassen, und dennoch war der metaphorische Stein, der in seinem Magen lag, nicht mehr als Ballast, der ihm weiterhin aufzeigte, dass er sich selbst in diese Situation geraten hatte, aus der es kein Entrinnen gab. "Es tut mir aber leid! Wir wären gar nicht in dieser Situation wenn ich mich zusammengerissen hätte!", spottete er über sich selbst, als wäre es ohnehin nicht schon genug, dass zumindest eine der beiden Wunden ihnen mehr als nur Kopfzerbrechen bereitete. Alle Anstalten, die er gemacht hatte, sich für Rain zusammenzureißen, hatte er einfach aus dem Fenster geworfen - war Nayantai ehrlich, dann verdiente er den Tod in Thria vermutlich. Das wiederum würde wohl oder übel bedeuten, dass Rain auch kein langes Leben vor sich hatte, kaum verschwanden sie über die Grenze - vermutlich sollte er den Mund halten und nicht weiter darüber nachdenken, seine Gedanken aussperren und sich selbst einen Moment geben, um den Schwall an geballten, unverständlich ineinander verworrenen körperlicher und geistiger Empfindungen aus sich selbst zu verbannen.

      "Das will ich auch gar nicht ...", bestimmte er heiser. Rain tat, was tun konnte und Nayantai wollte ihm nichts aufhalsen, wollte ihm nicht vermitteln, dass die Dinge, die er tat, nicht gut genug waren, nein - sie waren bei weitem mehr als das, wonach er verlangen könnte. Dass sein eigener Körper sich verkrampfte, jeder Atemzug schmerzte, als wäre er nicht sein eigener und seine Lunge von Löchern durchsiebt - seine Augen waren schmerzhaft trocken, nachdem er die ersten Tränen unterband und seine zittrigen Hände fühlten sich kälter an, als so manch thrianischer Winterwind, als würde Nayantai in den nächsten Sekunden anfangen, zu schlottern, weil seine Knochen unlängst aus Eiszapfen bestanden. "Ich ... du ... ich ... ja, kann ich.", antwortete der Wolf schlussendlich und folgte mit seiner eigenen Hand der von Rain, bevor er sie behutsam auf das Tuch legte, damit es an Ort und Stelle bleib. Wieso hatte er solche Angst davor, eine Wunde versorgen zu lassen? Zuvor hatte er noch gemeint, schlimmeres durchlebt zu haben - und tatsächlich war nichts davon eine Lüge. "Mhm.", gab er Rain lediglich zu verstehen, bevor das Lamm die ganze Farce beendete, indem es zumindest die Wunde notdürftig aber richtig versorgte. Kaum konnte der Wolf die Hand von seinem Auge nehmen, verkrampfte sich diese wieder in seinem Hosenbein, eine gemischte Reaktion auf den Schmerz und die Angst; zwei Dinge, die er eigentlich gar nicht verspüren sollte, sondern lieber herunterschluckte. Wieder in Tränen auszubrechen stand ihm nicht, selbst dann nicht, wenn er vermutlich schlimmer aussah, als er es sonst tat - Rain verdiente einen Moment der Ruhe und Nayantai brauchte einen, um sich zusammenzureißen. "Danke ...", murmelte er lediglich, bevor er Rain anstarrte und nach seiner Hand griff. Was wollte er damit? Sie halten war eine gute Idee, aber mehr auch nicht. Oder? Wieso trödelte er hier herum? "Es tut mir leid ... Ich ... hätte dir das ersparen können."
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    • Rain biss sich auf die Lippe, vermutlich fester als er es sollte. Er war bisher nie in einer solchen Situation gewesen, wenn er mit jemandes bevorstehenden Todes konfrontiert war, dann mit seinem eigenen, aber er hatte nie jemand anderen bereut der schwer verletzt war. Ich wusste nicht ob er alles richtig machte, er bemühte sich, aber er hatte niemals gelernt wie man sich um eine Wunde kümmert. Das alles war nicht Nayantais Schuld, es war seine eigene, weil er darauf bestanden hatte sich zu waschen, als wäre er noch ein Adliger der jeden Abend ein heißes Bad genießen konnte. Er war es nicht, er hatte nichts mehr und hier draußen konnten sie sich keinen Luxus leisten. "Hör auf!", erwiderte Rain lauter als er es sonst war, es war schwer sich zusammen zu reißen, wenn Nayantai solchen Blödsinn von sich gab. Rain drängte die Tränen zurück, blinzelte ein paar Mal und band schließlich den Verband um Nayantais Kopf. "Es ist nicht deine Schuld!", ergänzte er streng nachdem er den Kloß in seinem Hals herunter geschluckt hatte. Der Verband hielt das Tuch an Ort und Stelle und hoffentlich würde die Wunde aufhören zu bluten, noch drang kein Blut bis nach außen, aber das hieß noch nichts.

      Rain hatte nicht all das Wasser verbraucht. Er hatte etwas übrig gelassen und den Rest bot er nun Nayantai an. "Du musst etwas trinken." Das Sprechen auf Thrianisch fiel ihm schwer, die letzten paar Sätze die sie gewechselt hatten hatte Rain häufig auf Adrestianisch gesprochen, einfach nur weil er zu aufgeregt war und gar nicht merkte, in welcher Sprache er nun wirklich redete. Er fiel auf seine eigene zurück, vermutlich fielen ihm im Moment die hälfte der Thrianischen Wörter die er kannte gar nicht ein. Rain selbst wollte kein Wasser, nayantai sollte es trinken, immerhin hatte er einiges an Blut verloren und er musste das Volumen irgendwie wieder auffüllen. Er brauchte es im Moment mehr. Nayantai jedoch griff nach Rains Hand, hielt sie einfach fest und entschuldigte sich schon wieder. Rains Aufgabe war erledigt, er musste sich nicht mehr zusammenreißen, er konnte es auch gar nicht. Er sank in sich zusammen und ließ den Kopf mit seinen Haaren als Sichtschutz hängen. "Hör auf! Es ist meine Schuld!", platzte es endlich aus ihm heraus. "Ich hätte nicht darauf bestehen sollen zu bleiben! Ich hätte auf dich hören sollen! Wir hätten dort gar keine Pause machen sollen, ich habe darauf bestanden und ich habe dich nicht ernst genommen! Es ist meine Schuld und ich konnte dir nicht einmal helfen! Wenn du mich nicht hättest beschützen müssen, dann.... dann wäre das alles gar nicht erst passiert! Wenn du nicht für mich zurück gekommen wärst...! Es tut mir so Leid! Ich wollte nie, dass so etwas passiert, ich...!" Rain konnte seine Tränen nicht mehr zurück halten, er wagte es aber auch nicht Nayantai anzusehen, stattdessen hockte er vor ihm, den Blick auf seine eigenen Knie gerichtet und wollte sich für etwas entschuldigen, für das es keine Entschuldigung gab. Sollte Nayantai mit dem einen Auge nie mehr sehen können, dann war es Rains Schuld. Am Liebsten wäre es ihm gewesen, Nayantai wäre von jetzt an ohne in weiter gezogen, oder er wäre vorhin auf der Lichtung einfach ohne Rain abgehauen.
    • Verlangte er zu viel von Rain? Nayantai konnte sich eben jene Frage nicht beantworten und doch wusste er, dass es eigentlich seine Aufgabe war, den Starken zu spielen und dafür zu sorgen, dass sowohl Rain als auch er keine weiterführenden Beschwerden, geschweige denn Ängste hatten, die sie tiefer in den Brunnen stießen, aus dem sie entkommen wollten; und stattdessen schaffte es der Wolf nicht einmal für einen Moment sich zusammenzureißen, zu verstehen, dass es um sie beide ging und es durchaus wichtig war, den Verstand nicht zu verlieren - und was tat er? Genau all das. Rain hingegen riss ihn aus seinem Gedankenschwall, kaum hatte er die Hände von ihm genommen - die Worte fühlten sich wie ein eiskalter Schauer, der durch Mark und Bein zog, der ihm aufzeigte, dass er nicht immer recht hatte, dass er das Lamm nicht auch noch vor sich selbst beschützen konnte. Seinen verdammten Mund zu halten, das war noch nie seine Stärke gewesen, vor allem ab dem Zeitpunkt nicht, an dem er nach einer gefühlten Ewigkeit wieder ein Stück Freiheit kosten durfte, das man ihm wie einen dünnen Film Frost auf die Zunge gelegt hatte, damit sie gleich davonschmolz. "Aber ...! Du hättest es nicht besser wissen können!", versuchte er zu argumentieren - wenn er Pech hatte, das ohnehin schon metaphorisch an jeder seiner Poren klebte - dann war Rain ähnlich stur wie er selbst. Welche Gegenargumente konnte er Rain überhaupt anbieten? Dass er ihn einfach dazu zwingen hätte sollen, etwas zu tun, das er andererseits nicht tun wollte, weil er für ein einziges Mal in seinem Leben wahrhaft frei war? Nein, Nayantai wollte ihn zu nichts zwingen, wollte ihm die Welt zeigen, die er von einem einfachem Fenster aus lediglich missen konnte und ihm wahrhaft präsentieren, dass er sich keine Sorgen machen musste, nur weil er keine dunklen, steinernen Wände um sich herum wusste, die ihn beinahe umklammerten und einsperrten. Beinahe zögerlich griff er nach dem Wasserbehälter, den Rain ihm reichte, bevor er einen Schluck daraus trank, dann zwei und danach einen dritten - keiner davon war groß, sein Kopf schmerzte noch immer bei jeder Bewegung.

      "Danke, aber ... du solltest auch etwas trinken.", entgegnete er lediglich zwischen seinen Schlucken, nur um ihn kurz darauf Rain anbieten zu wollen. Tatsächlich schien es dem Lamm jedoch jedwede Lust vergangen zu sein, kaum sah der Wolf zu ihm. Rain wirkte, als wäre er in sich zusammengesunken und Nayantai wusste nicht so recht, wie er mit der Situation umgehen wollte - zumal er bei den nächsten Worten des Blonden zusammenzuckte und seinen Blick abwandte, lieber zu dem tänzelten Laub sah, und sein Gesicht verzog. Hatte Rain denn recht? War er denn schuld? All das konnte Nayantai nicht beurteilen, das wollte er auch gar nicht - aber er musste es, um ihre beiden aufgewühlten Gemüter zu beruhigen, zumindest erschien es ihm so. "Rain.", setzte er an, als er die Wasserflasche schloss und beiseite legte, seine Hände nach dem Gesicht seines Gegenübers ausstreckte und es in seine beiden, vermutlich viel zu rauen und kalten Hände nahm, mit denen er vorhin noch seine eigenen Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte. Beinahe demonstrativ kreiselten seine Daumen über die bleichen Wangen des Lammes um jedwede Träne, die sein Gesicht anderweitig benetzen würde, aus eben jenem zu wischen. "Du musst dich nicht dafür entschuldigen. Ich wollte, dass du alles siehst, das du sehen kannst - und das will ich noch immer. Du hast keine Schuld daran, es ist passiert - es hätte vermutlich nicht anders sein sollen. Dich selbst deswegen niederzumachen und zu beschuldigen, das musst du gar nicht. Und dich entschuldigen erst recht nicht. Es gibt nichts, weswegen ich dir böse sein könnte, in Ordnung?", versicherte er dem Lamm, bevor er sich herüberbeugte und seine eigene Stirn behutsam gegen die des Lammes legte. "Ich hätte es besser wissen müssen - du willst auch nicht mehr, als Dinge zu sehen und zu erleben, die du vermutlich sonst nie getan hättest. Das heißt einfach, dass wir ab jetzt vorsichtiger sein müssen, einverstanden?" Vielleicht verheilte die Wunde auch ohne große Probleme, aber das schien unwahrscheinlich, selbst wenn Nayantai sich selbst nicht des Problems besehen konnte - viel lieber ließ er beide Hände nach unten wandern, über Rains Hals und Schultern, unter seine Arme bevor er ihn in den eigenen hatte und festhielt. "Es wird alles besser, versprochen." Vermutlich half es nur halb, dass seine eigene Stimme noch immer etwas zittrig wirkte, eventuell sogar mehr bebte als sonst, und doch waren Worte der Zuversicht etwas, das Nayantai keinem ausschlagen konnte oder gar wollte.
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    • Es tat nichts zur Sache ob Rain es besser hätte wissen können oder nicht. Natürlich konnte er das nicht, aber umso mehr Grund hatte er auf Nayantai zu hören. Nichts hatte er für ihn tun können, stattdessen fühlte er sich schrecklich, weil drei Männer sterben mussten. Rain fühlte sich als verrate er Nayantai damit, als gäbe er ihm die Schuld, oder würde ihn Beschuldigen jemanden ermordet zu haben, während er im Gegenteil mit aller Kraft dafür gekämpft hatte, dass Rain nichts passierte. Rain konnte ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken und gleichzeitig kämpfte er mit sich selbst um Kontrolle über seine Gedanken und seinen Körper. Er wusste, dass er gerade dabei war sich in etwas hineinzusteigern und dass er nicht so schnell wieder heraus kommen würde, sollte er erst einmal in ein tiefes Loch fallen. Nayantai hatte genug Probleme, er brauchte nicht auch noch ein schwaches Schaf das mit einem weiteren Anfall zu kämpfen hatte, nur weil es sich nicht beruhigen konnte. Das Wasser das ihm angeboten wurde sah er nicht einmal an, er merkte gar nicht, dass Nayantai es ihm anbot, stattdessen rollten weitere Tränen über Rains Gesicht.

      Rain wollte nicht derjenige sein der getröstet wurde und dennoch kam Nayantai näher um sich um ihn zu kümmern. Die Worte des Wolfes taten gut und dennoch konnte Rain sie nicht akzeptieren. Nayantais Hände waren außerdem kalt, kälter als sonst und Rain machte sich nur noch größere Sorgen. Er wusste nicht was er tun sollte und wie er mit dieser Situation umzugehen hatte. Nayantai war alles was Rain noch blieb, was wenn er gestorben wäre? Rain wollte das nicht und er hatte Angst. Er konnte nicht weiter so tun als wären sie sicher, als machten sie nur eine Reise in ein anderes Land. Sie beide sollten hingerichtet werden und Nayantai würde sein Leben opfern um Rain zu beschützen. Der Blonde konnte noch so eine Situation nicht ertragen, er wollte hier weg, er wollte endlich irgendwo ankommen und sicher sein, aber sie würden niemals irgendwo sicher sein. Für jede Träne die Nayantai fortwischte folgte eine neue und als der Wolf näher kam um seine Stirn gegen Rains zu drücken, presste Rain die Augen zusammen, als würde es dabei helfen nicht gesehen zu werden. Alles was er dem Wolf brachte waren nur noch mehr Probleme, auch wenn Nayantai das niemals aussprechen würde und Rain stattdessen fest umarmte. Rains Hände klammerten sich an den Wolf, aber er brachte kein Wort heraus.