spellbound. (earinor & akira)

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    • Den Kopf in den Sand zu stecken war nicht ihrer beider Art, soviel stand fest, und doch fühlte sich der Wolf so, als wäre er ertappt worden, als wäre Rain ihm auf die Schliche gekommen und hätte realisiert, dass der Wolf eigentlich nicht mehr wollte, als ihn in Sicherheit zu wissen, selbst dann, wenn er mit sich selbst keinenfalls im Reinen war. "Das hört sich bedrückender an, als es wirklich ist. Mir geht es nicht darum, dass ich mehr Arbeit habe, sondern eher darum, dass ich nicht will, dass du überhaupt krank bist - oder, dass du dir irgendetwas einfängst, gegen das ich nichts tun kann.", entgegnete er, beinahe schon beschämt darüber, das Thema ihrer Konversationen wieder in eine Richtung zu leiten, aus der sie scheinbar nicht entkamen. Nicht nur schien es schwer, zu entscheiden, was genau es war, das Nayantai von Rain wollte, er war sich auch nicht sicher, was genau er verlangen konnte oder gar sollte. Womit sollte er sich um Rain kümmern, fing er sich erst eine Infektion ein? Ein Murren verließ sein Lippen, kaum dachte er daran, dass er Rain vermutlich wiederum nur Angst einjagte, wenn die Aussprache des Gedankens allein schon in ihm eine gewisse Reaktion hervorrief, die er sich eigentlich hätte sparen können. "Doch, hätte ich! Wieso glaubst du mir nicht?", lachte der Wolf, eher gespielt empört als wahrhaftig - beinahe so, als hätte das Lamm ohnehin nicht recht, sondern zog ihm gerade die Fakten aus der Nase. Rain jemals etwas anzutun stand nicht auf Nayantais Agenda.

      Eigentlich hatte er vorgehabt, sich nicht ablenken zu lassen und uneigentlich hatte Rain womöglich doch recht; er war paranoid, auch, wenn das Lamm derartige Dinge nicht in den Mund genommen hatte, sondern der Wolf selbst, der vermutlich besser daran tat, den eigenen Mund und die eigenen Gedanken für einen kleinen Moment ins Jenseits zu verbannen, dort, wo sie sich nicht wie ein bis zwei Dutzend Pfeile in seinen Rücken bohrten. Wäre er in der Lage, all das plötzlich zu bewerkstelligen, so wäre er vermutlich nicht mit den etwaigen Gedanken gesegnet, seine eigenen Empfindungen wären noch weniger wert als ein Moment der Ruhe, den er sich selbst schon unlängst nicht mehr gewährte oder gar geben wollte. "Äh, weit ... läufig? Ich meine, ich weiß, was weit bedeutet.", stimmte er zu - und Rain hatte irgendwo recht, selbst dann, wenn er vermutlich mit dem Blick eines verwirrten Welpen angesehen wurde. Weit war jedes Gebiet, durch welches sie stapften und trotzdem war Nayantai, dessen durchaus merkbarer Akzent vermutlich eine Qual für jeden sein musste, der sich nur mit Gleichgesinnten umgab, sich nicht sonderlich sicher, aus was sich besagtes Wort zusammensetzte. Worüber dachte er auch gerade nach? So sehr er anfangs auch behauptet hatte, die Schafe zu hassen und all das, was er mit ihnen assoziieren zu wusste, so sehr hatte er sich verändert. Den Verband, den Rain gerade noch getragen hatte, nahm er vorerst nicht an sich. "Und ich dachte, du wehrst dich! Aber ich sollte mir vorher deinen Rücken ansehen und ... dir vermutlich beim waschen helfen.", neckte er, derjenige, der ohnehin schon übertrieb, als er eine seiner noch-nassen Hände nahm und sie auf Rains Rücken legte - eigentlich war er ziemlich gemein.
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • "Ich weiß ich weiß...", erwiderte Rain mit einem Kopf schütteln. "Ich bin es der dir keine Arbeit machen will." Und vielleicht war er ein bisschen aufgebracht, weil er selbst hier draußen und von Nayantai behandelt wurde, als konnte er sich nicht einmal alleine die Schuhe zu binden, ohne sich womöglich dabei zu verletzen. Er nahm es niemandem übel, es war nur eine konstante Erinnerung daran, dass er eben anders war, dass sein Körper nicht mit anderen mithalten konnte und er so viel vorsichtiger sein musste, als alle anderen. Jedenfalls musste Nayantai schon so viel für ihn tun, da brauchte er es ihm nicht auch noch schwerer machen, indem er wieder krank wurde, jetzt da es ihm besser ging. Rain ertappte sich dabei wir er einfach da saß und nichts mehr tat, weil er sich mal wieder in seinen eigenen Gedanken befand. Nicht nur sein Körper war anders, er war auch ein wenig sonderbar, oder etwa nicht? "Selbst wenn es Sommer wäre, würdest du dir viel zu viele Sorgen machen!", schloss Rain mit einem Lächeln und wandte sich wieder dem Wasser zu, um sich weiter zu waschen.

      Rain lebte oft in seinen Gedanken, statt in der Realität und vermutlich war das so, weil er so oft alleine gewesen war. Mit Nayantai an seiner Seite verhielt er sich vermutlich oft seltsam und unhöflich, wenn seine Gedanken abdrifteten und er nicht mehr auf seine Umgebung achtete. Wäre Rain ein Wolf, wäre er vermutlich schon gestorben, weil er nicht Aufmerksam war, nicht so wie Nayantai der ständig auf alles gefasst sein wollte. "Nicht so wichtig.", lächelte Rain anschließend. Zu sagen die Ebene hier war offen reichte völlig aus, Nayantai brauchte sich nicht den Kopf zu zerbrechen. "Und ich dachte wir haben es eilig.", schmunzelte Rain nur und merkte nur immer wieder, dass Nayantai ihn mit voller Absicht herausforderte und Rain ihn enttäuschte. Der Blonde war sich langsam fast schon sicher, dass er nicht genug für Nayantai war, nicht auf lange Sicht, nicht wenn er jemanden wollte, der sich ihm stellte. Rain gab meistens nach, oder er versuchte es nicht, warum sollte er auch einen Kampf ausfechten, den er ohnehin nicht gewinnen konnte? Rain zuckte zusammen als er Nayantais Hände auf einmal auf seinem Rücken spürte, aber er sagte nichts, er glaubte eigentlich auch nicht, dass Nayantai ihn mit voller Absicht die kalten Hände auf den Rücken gelegt hatte.
    • Zähneknirschend über die eigene Vorsicht nachzudenken war nicht Nayantais Art, zumal er es sich gar nicht erst erlauben konnte oder wollte, zu behaupten, dass er sich nicht um Rain sorgte, dem so viel mehr passieren konnte, nur weil er es nicht schaffte, für einen kurzen Moment aufmerksam zu sein. Nayantai vermochte sich nicht auszumalen, was passieren würde, würde er zu lange darüber nachdenken, was es war, das Rain passieren könnte und noch viel weniger wollte er sich selbst oder seinem eigenem Gejammere weiterhin Gehör schenken; seitdem er das Lamm kannte, nicht konstant empfand, als würde man mit bloßen Händen an jedweden Nerven reißen, die er hatte und sich durch seine eigene Misere belustigt fühlen, hatte er noch mehr nachgelassen. Sich selbst als weich zu bezeichnen, nur, weil er einen Gesprächspartner fand, der nicht seinen eigenen, hirnrissen Gedanken entsprang, erschien dem Wolf fehl am Platz und doch haftete an der Aussage selbst wohl der ein oder andere Funken Wahrheit. "Das weiß ich, aber mach dir darüber keine Sorgen. Das tust du nicht." Wenn es denn so wäre, dann hätte der Wolf das Lamm vermutlich schon längst am Wegesrand ausgesetzt, oder gar nicht erst nochmals aufgelesen, weil er wollte, dass es ihm gut ging, dass er nicht sein Leben wegen einer Lappalie ließ. Hoffnung stand nicht sonderlich großgeschrieben, nicht in seinem Wortschatz. "Du glaubst mir nicht? Dann muss ich es dir wohl beweisen! ... Kannst du überhaupt schwimmen?", hinterfragte Nayantai plötzlich, als wüsste er nicht, ob er Rain einfach so in einen Fluss werfen konnte. Dennoch war die Frage an sich obsolet.

      Sich einzubilden, jemand wie Rain konnte schwimmen, war er doch noch nie zuvor in seinem Leben unter der gleißenden Sonne gestanden, erschien im Endeffekt ungefähr so schlau, als hätte er einen Blinden gefragt, ob er die Welt sehen könne, zumindest für das, was sie war. Hoffnung war nichts, das er sich groß auf die Fahne schreiben musste und doch war sie zumindest einen Funken Aufmerksamkeit wert, wenn auch nur für ein paar Minuten seines Tages, den er lieber mit den Kopf in den Wolken verbringen wollte, als weiterhin daran zu denken, wie viel ihnen allen noch passieren könnte, strengte er sich nicht an. "Bist du dir sicher? Es ist ja nicht so, als würde ich es nicht irgendwann wissen müssen.", bemerkte der Wolf beschämt, der sich immer mehr und immer öfter dafür hasste, nicht auf seinen Vater gehört zu haben, Rikiya nicht wenigstens ein paar Minuten seines Tages Gehör geschenkt zu haben und die vermaledeite Sprache der Schafe als seine eigene erachtet zu haben, weil er unlängst nicht gewusst hatte, jemals in den Genuss des Gebrauchs eben jener kommen zu müssen. Vielleicht war es dennoch besser so, hätte er doch den wahnsinnig gewordenen König der Schafe in seiner eigenen Sprache beschimpft und vermutlich gleich einen schnellen, schmerzhaften Tod kassiert - vermutlich wäre es dem Wolf lieber gewesen, als jedwedes Identitäs- und Selbstwertgefühl zu verlieren. "Wir sollten weniger trödeln, aber wir können uns zumindest erlauben, hier und da kleine Pausen zu machen. Außerdem solltest du sowieso nicht mit nassen Haaren auf einem Pferd sitzen.", erinnerte Nayantai ihn, wobei es schlussendlich doch eher egal war. Das Zucken selbst war nicht genug, um den Wolf schmunzeln zu lassen, weswegen er die zweite Hand nahm und guten Gewissens anfing, Rain Rücken zumindest abzuwaschen, so gut er konnte, ohne zu viel Druck auf die Kerben auszuüben, die ihn seine Nase rümpfen und sein Gesicht verziehen ließen - auch, wenn Rain wollte, dass er die hässliche Grimasse des Scheusals vergaß, das ihm all das angetan hatte, so schwor er sich selbst, ihm besagte Visage eigenhändig aus dem Gesicht zu reißen, nur, um ein Exempel zu statuieren. "Und außerdem, was habe ich davon, wenn ich dich immer hetze?"
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    • Rain wusste nicht, ob er sich tatsächlich keine Sorgen machen musste, aber um ehrlich zu sein wollte er sich damit auch gar nicht weiter beschäftigen. Nayantai sah man es an, wenn er Trübsal blies, oder ein ungutes Gefühl ihn heimsuchte. Man sah es ihm an, wenn er wütend war, weil er Rains Rücken betrachtete, oder wenn er Angst hatte, weil er an seine Zeit im Kerker zurück dachte. Rain war anders, er wusste solche Dinge zu verstecken, wusste wie man nach außen hin positiv erschien und voller Optimismus. Er wollte daran glauben, dass sie es nach Thria schafften und dass sie dort absolut keine Probleme haben würden, aber er wusste, dass das nur Wunschdenken war. Und nicht nur die Zukunft beschäftigte ihn, auch die Vergangenheit, der Tod seines Vaters, sein verlorenes Land, seine Soldaten, die Bediensteten. Wenn er nicht zu müde war, um wach zu bleiben und wenn Nayantai sich nicht mit ihm unterhielt, dann geisterten diese Sachen zusammen mit anderen durch seinen Kopf und er fragte sich, was er hätte besser machen können. Genauso fragte er sich weiterhin ob er in Thria bestehen konnte, was die Wölfe von ihm halten würden und ob er Nayantai tatsächlich genug war. „Ob ich was kann?“, fragte Rain ein wenig verwirrt, das Wort kannte er nicht, aber er konnte es sich aus dem Kontext zusammenreimen. „Ich kann nicht schwimmen, wo hätte ich es lernen sollen?“

      „Musst du nicht, vielmehr sollte ich deine Sprache lernen. ‚Weit‘ reicht aus, es bedeutet im Endeffekt dasselbe.“, erklärte Rain mit einem Lächeln. Sie reisten nach Thria, also sollte Rain wohl Thrianisch lernen, besser als er es jetzt konnte, mit Adrestianisch würden sie beide dort nicht viel anfangen können. Rain war sich sicher, dass er es lernen würde, solange jemand mit ihm sprach, er machte sich aber auch Sorgen, dass er in Thria auch nichts weiter tun konnte, als alleine in einem Zelt zu sitzen und darauf zu warten, dass Nayantai heim kam. „Du machst dir schon wieder zu viele Sorgen, nasse Haare werden mich nicht umbringen.“, erklärte Rain, auch wenn es nicht von der Hand zu weisen war, dass er sich so eventuell erkältete. Trotzdem. Nayantai wollte eben noch gehen, vielleicht sollten sie das, aber stattdessen fühlte Rain auch noch eine zweite Hand an seinem Rücken. Nayantai war vorsichtig und es war angenehm seine Finger zu spüren. Rain schloss die Augen und horchte für einen Augenblick auf die Geräusche um sie herum. „Je schneller wir in Thria sind, desto eher haben wir Zeit füreinander und desto weniger Sorgen müssen wir uns vorerst machen.“
    • Wo hatte der Wolf auch seinen Kopf? Offensichtlich in den Wolken, wenn er sich wie ein Blatt im Wind wendete, links von rechts nicht zu unterscheiden wusste und sich selbst immer wieder in eigenen Aussagen korrigierte, die eben das gar nicht benötigten. Nayantai wusste nicht, was er wollte, wenn auch gleich Rain vermutlich erahnen konnte, dass es eine baldige Weiterreise war - würde man sie sehen, würde man sie finden, dann wären sie so gut wie tot und doch wollte der Wolf das Gefühl des Unmuts, die heiß aufquellenden Tränen, die er ohnehin so gut zu unterdrücken wusste, nicht länger als eine Möglichkeit wissen. Passierte Rain etwas, so hatte er sich nicht nur blamiert, sondern hielt sich auch nicht an das Versprechen, das er dem Lamm gemacht hatte - nie wieder wollte er seine Worte brechen, behaupten, er habe nur heiße Luft von sich gegeben und doch brauchte er dafür vermutlich mehr Verstand als Fäuste, der für ihn sprechen konnte. "Äh ... stimmt. Irgendwie ... hab' ich das für einen Moment vergessen?", bemerkte der Wolf, beinahe schon beschämt genug darüber, dass es eigentlich nur wenige Wochen brauchte, um die kleinsten Dinge als Selbstverständlichkeit anzusehen. Welcher seiner Artgenossen konnte nicht schwimmen? War man zu unfähig, ertrank man eben, als wäre natürliche Selektion nicht präventierbar - Schafe waren anders, so erschien es. "Ich kann es dir beibringen, wenn es wärmer ist, wenn du möchtest? Ich suche mir auch kein tiefes Gewässer aus.", schlug Nayantai vor, als wolle er lieber von seinen eigenen Fehlern ablenken.

      Rain in Thria das Schwimmen beizubringen wäre, an sich, vermutlich ein Fehlgriff. Aber nicht nur das, er musste sich vermutlich auch überlegen, was genau er tat und wie er es tun sollte; musste. Dem Lamm konnte nicht kalt werden, das Wasser durfte nicht zu tief sein, wahlweise keinerlei Strömung haben - einen See in Thria zu finden erschien beinahe schon so absurd wie Temperaturen, die wärmer als eine adrestianische Frühlingsbrise waren. "Du verstehst Thrianisch schon gut genug.", bekannte Nayantai. Natürlich war auch Rains Gerede nicht akzentfrei, aber es war besser als am Anfang, dort, als es vermutlich leichter gewesen war, sich mit Hand und Fuß zu verständigen, als mit ihrer beiden Stimmen. Sich zu erhoffen, in solche Einfachheit zurückzukehren, erschien jedoch abwegig, wenn nicht absurd. Seine Lippen hatten sich unlängst zu einer dünnen Linie geformt, das Gesicht verzogen - Stirn gerunzelt, der Blick angespannt. Der Wolf hörte nichts, das er nicht vorher schon gehört hatte und doch wusste er nicht, ob es nicht das plätschernde Wasser war, in das er seine Hände erneut steckte, bevor er sich gegen Rains Rücken drückte, um ihm nochmals abzuschrubben, bevor er seine eigene Kleidung benutzte, um ihn abzutrocknen. "Das meine ich nicht. Ich weiß, dass ich mir zu viele Sorgen mache, aber wenn du ernsthaft krank wirst, dann weiß ich nicht, ob ich dir eine große Hilfe sein kann. Ich sollte in Thria weniger jammern ...", grummelte er, bevor er die zwei verheilenden Wunden noch einmal anstarrte. Morbider Humor gehörte wenigstens dazu, auch, wenn Nayantai sich nicht als sonderlich humorvoll bezeichnen würde. "Zumindest passen wir zusammen, was unsere Rücken angeht.", nuschelte er, bevor er etwas belustigt schnaubte - auch, wenn keine der beiden Erinnerungen für den jeweiligen Besitzer der Narben sonderlich schön sein musste. "Wo du recht hast, hast du recht. Ich sollte mich vermutlich trotzdem etwas waschen." Bevor er das tat, drückte er dem Lamm einen Kuss auf den Rücken, dann noch einen, wenn auch hastiger als sonst, weil er nicht länger herumtrödeln durfte. "Mir wäre es lieber, wenn wir gar nicht erst davonrennen müssten."
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    • „Ich denke es wird eher kälter als wärmer, Nayantai“, schmunzelte Rain der das Angebot zwar zu schätzen wusste, aber eben auch wusste, dass es eher unmöglich war in Thria warmes Gewässer zu finden. In einer Badewanne würde Rain auch nicht schwimmen lernen. Brauchte er es überhaupt? Wenn sie es erst einmal nach Thria geschafft hatten, wenn sie nicht mehr weglaufen mussten, dann brauchte Rain auch nicht schwimmen zu können. Er würde vermutlich nicht viel nach draußen kommen, so wie es in Fhaergus war, aber er stellte sich bereits darauf ein. Zu hoffen, dass er aus seiner Hülle ausbrechen konnte, dass er so sein konnte wie jeder andere, das machte keinen Sinn. Nach über zwanzig Jahren hatte sich sein Zustand nur verschlechtert, nie verbessert und bisher war er froh gewesen, wenn er es die Treppe im Anwesen hinauf geschafft hatte. Warum sollte das jetzt anders werden? Ohne das Pferd hätte man sie bestimmt schon geschnappt, Nayantai war nämlich auch nicht in der Lage Rain einen ganzen Tag durch die Gegend zu schleppen, weil er selbst nicht mehr laufen konnte. Vielleicht sollte er aber auch einfach aufhören über all das nachzudenken.

      "Findest du?" , antwortete Rain anschließend mit einem Lächeln. „Dein Adrestianisch ist auch gut geworden.“ Zumindest mussten sie sich nicht mehr mit Händen und Füßen verständigen, auch wenn es vermutlich so war, dass für sie beide das Verstehen einfacher war als das Sprechen selbst, aber das war wohl in Ordnung so. Solange sie sich unterhalten konnten, war alles in Ordnung. Rain hatte nicht damit gerechnet, dass Nayantai ihm beim Waschen helfen wollte, aber er hatte auch nichts dagegen. Er vermisste die Zeit die sie im Anwesen zusammen verbracht hatten ohnehin viel zu sehr, auch wenn es nicht immer einfach gewesen war. „Mach dir nicht zu viele Gedanken. Selbst die Ärzte konnten meistens nicht viel für mich tun wenn ich krank war. Du tust ohnehin schon genug.“ Und Rains Aufgabe war es wohl einfach nicht krank zu werden. Ihre Rücken zu vergleichen war aber etwas weit hergeholt, Nayantais war ein einziges Schlachtfeld und Rains hatte nur zwei Kerben die vielleicht sogar wieder verschwinden würden. „Ich weiß was du meinst. In Fhaergus war alles einfacher… und wir hatten mehr Zeit füreinander.“, stimmte er schließlich zu, da gab es mehr als nur zwei hastige Küsse, aber selbst über die freute sich Rain. Er zog sein eigenes Hemd wieder über seine Schultern, ebenso wie den Mantel und dann wandte er sich dem Wolf zu, der ebenfalls dabei war sich zu waschen. Rain entschloss sich dazu ihm dabei zu helfen die langen Haare zu waschen und zu entwirren und gleichzeitig fragte er sich, wie die Blumen hier wohl darin aussehen würden.
    • "Mh, ich darf träumen, oder?" Als täte er das nicht oft genug, malte er sich tatsächlich ein Thria aus, in dem es warm genug war, um selbst Rain davon abzuhalten, der Kälte zum Opfer zu fallen und sich als etwas eigenes, etwas anderes zu behaupten. Wie lange, bis sie die Grenze fanden, die seiner Meinung nach gar nicht mehr als solche fungieren konnte und wie lange noch, bis all das, von dem er glaubte, zu wissen, was genau es war, nicht mehr als das Seine ansehen konnte, weil die roten Striemen, die sich als das triefende Blut eines Schafes präsentierten, ihn davon abhielt, das zu nehmen, das rechtmäßig ihm gehörte? "Außerdem wäre es vorteilhaft, zumindest dir gegenüber, wenn es wärmer werden würde.", beklagte er sich, als wäre das Wetter ihr größter und einziger Feind, der noch weiterhin zu existieren hatte. Wohin auch mit jedweder Hoffnung, die er tief in seinem Herzen vergraben hatte und Niemandem mehr auszuschütten wusste? Nayantai wusste selbst nicht, wohin mit seinen Gedanken, wohin mit all den Worten, die ihm im Hals stecken blieben und was genau es war, das ihn davon abhielt, einfach ein einziges Mal in seinem Leben nicht auf die Gedanken zu hören, die sich in seinem Hinterkopf ausbreiteten und jedwede anderweitige Empfindung übernahmen. "Ja, tue ich. Wir sind zwar beide nicht perfekt, aber ich schätze, dafür sprechen wir die jeweils andere Sprache auch noch zu kurz." Perfektionieren musste sie keiner von ihnen, obwohl sie beide ambitioniert genug dazu sein dürften.

      "Das freut mich, ich bin mir trotzdem noch oft unsicher bei dem, was ich sage.", gestand er, als wäre es nicht ein jeder, der nicht gerade wusste, was es war, das er tun konnte, tun sollte - woran er sich halten musste, durfte oder für den Moment einfach stützen würde. Einfacher war es, zu glauben, die Welt drehte sich nicht um sie beide, als wären sie nicht gerade der Mittelpunkt einer verkorksten Reise, die sie in den größten Krisenherd des Kontinents führte - Nayantai war müde, wenn nicht ohnehin noch von alledem ausgelaugt, das ihn bis jetzt ereilt hatte; Rain durch die Gegend, gen Horizont, zu bringen, war nichts, das er sich jemals erhofft hatte. "Ich versuche mein bestes, aber ... ich sollte vermutlich weniger aufdringlich sein, du hast recht. Du weißt selbst, was am besten für dich ist." Sich in Dinge einzumischen, von denen er kaum bis wenig Ahnung hatte, war auch nicht wirklich Sinn der Sache. Woran versuchte er sich, wenn nicht daran, Rain alles recht zu machen und woran scheiterte, wenn nicht seinem eigenen Sturschädel, den er gerade hochkant in kaltes Bachwasser drückte, um einen Gang zurückzuschalten und die Geräusche auszublenden, die er hörte? Fährtenlesen und in Ruhe jagen war einfacher, als die Beute zu sein - aber selbst wenn er könnte, würde er nicht tauschen. "Wenn das alles vorbei ist, dann will ich, dass es wieder so wird, wie es war.", grummelte der Wolf, kauf erhob er den Kopf wieder aus dem Bach, der für einen Moment ihn selbst reflektierte, bevor all das davonschwamm, davongerissen wurde und als solches nie mehr wiedergesehen werden würde - nicht, dass es im Endeffekt etwas besonderes ausmachte. Die eigenen Haare zu waschen erwies sich als eine kleinere Herausforderung, wenn auch gleich Nayantai der Meinung war, dass es nicht weiter wichtig wäre - sie von dem Dreck und dem Staub zu befreien war wichtiger, weswegen er die Hilfe des Lammes schätzte, die er ohnehin nur bekam, weil sich Rain vermutlich so fühlte, als würde er dem Wolf etwas schulden. "Rain, kann ich dich etwas fragen?", nuschelte Nayantai, der alsbald eher damit beschäftigt war, das Wasser aus seinen Haaren zu wringen, damit sie nicht zu schwer waren. Wie oft hatte er in den letzten Wochen eigentlich darüber nachgedacht, sie abzuschneiden?
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    • Rain musste lachen, wenn auch nur kurz. „Warst du es nicht, der sich beschwert hat, dass es dir ständig zu warm war?“, fragte Rain den Wolf. Auf einmal wollte er anderes Wetter als das zu dem sie reisten? Zugegeben, er wollte eigentlich mit Rain in den Süden abhauen und dort wäre Nayantai vermutlich geschmolzen, aber wenigstens Rain hätte es dort sicher besser ausgehalten. Wie auch immer, es war nun einmal so wie es nun war, es würde kälter werden und sie würden ihren Weg auch durch den Schnee fortführen müssen. Sie hatten es schon einmal geschafft, als sie Fhaergus Berge erklommen hatten, sie würden es auch schaffen, wenn sie Thria erreichten. „Ich weiß ich bin nicht so anpassungsfähig wie andere, aber das Wetter muss sich auch nicht an mich anpassen. Wir haben es schließlich auch über die Berge geschafft.“ Rain hatte schon mehr gesehen als er sich jemals erhofft hatte, dafür war er dankbar. Niemand hätte ihm das zugetraut und vermutlich wurde auch nur Nayantai verfolgt, während Rain bestimmt schon für tot erklärt worden war, einfach weil jeder wusste wie es um ihn stand. Fhaergus hatte also ihren Fürsten und dessen Nachfolger verloren. Rain konnte nur hoffen, dass es seinem Volk weiterhin gut ging. Er schämte sich aber auch dafür einfach wegzulaufen, alle im Stich zu lassen und seine Pflichten zu ignorieren, aber was konnte er schon ausrichten?

      „Das wird sich auch noch legen. Wir haben noch viel Zeit uns zu unterhalten.“, lächelte Rain optimistisch. Was würde eigentlich passieren wenn Nayantai Rain tatsächlich nicht leid wurde und Rain eines Tages sterben würde? Er wusste nicht wieso er gerade jetzt auf den Gedanken kam, aber er machte sich fast schon Sorgen um den Wolf. Rain hatte nicht vor aufzugeben und zu sterben, aber er wusste auch, dass er den Wolf niemals überleben konnte. „Ich bin nicht sicher, ob ich immer das tue was für mich am Besten ist, aber es ist an der Zeit für mich, mir zumindest ein bisschen mehr zuzutrauen.“, erklärte Rain mit einem weiteren dankbaren Lächeln. Wenn er jetzt schon hier draußen war, dann konnte er sich auch noch ein wenig weiter wagen, oder? Auch wenn er seinen Kopf nicht wie der Wolf in einen Bach tunken konnte und trotzdem aufpasste nicht nass gespritzt zu werden als Nayantai wieder auftauchte. Rain nickte als Antwort, auch er wollte, dass alles wieder so wurde wie vorher, zumindest wollte er sich Abends ein wenig entspannen und am nächsten Morgen ausschlafen, auch wenn sie das mit dem Schlafen beide nicht so gut konnten. Rain entwirrte weiter Nayantais Haare und kämmte sie mit seinen Fingern durch so gut er konnte. Wieso wurde Nayantai auf einmal so geheimnisvoll? „Natürlich.“
    • Zugegeben, Rain hatte ihn auf frischer Tat ertappt - nicht, dass Nayantai sein eigenes Limit nicht kannte, nein. Viel eher wusste er genau so gut, dass er sich nicht übernehmen sollte, es jedoch trotzdem tat und viel zu oft wurde ihm eindeutig klar, dass er zu viel wert auf Fähigkeiten legte, die er im Endeffekt weder benötigte, noch wirklich beherrschte. "Wenn es für dich angenehmer ist, wenn es wärmer ist, dann halte ich das bisschen Hitze auch aus.", erwiderte er, leicht schnaubend, wenn es sich auch eher danach anhörte, als würde er sich gerade auf eine Wette einlassen, die Rain nie als solche angedacht hatte. Womöglich empfand der Wolf, nachdem er all seine Fesseln ablegte, doch viel eher, dass er sich in Freiheit befand; er konnte nicht sagen, ob all das, was er tat, wirklich sinnvoll war, gleich wenig wie er behaupten konnte, dass er nicht müde war und bei dem kleinsten Temperaturunterschied greinen würde, weil er das widerliche Wetter der Adrestianer noch immer nicht gewohnt war. Dennoch - aus irgendeinem Grund misste er nicht nur die leichte Kälte, die dauerhaft an Rains Körper haftete, sondern auch das warme Feuer, das dauerhaft im Kamin brannte, kaum hielt sich Rain nur in der Nähe des Raumes auf. "Du hast recht, jetzt den Kopf in den Sand zu setzen würde wohl wenig Sinn machen." Nicht nur das, Nayantai wusste auch gar nicht, wieso er ausgerechnet jetzt aufgeben sollte - wozu auch? Es bestand keinerlei Grund dazu.

      "Und genau so viel Zeit, alles zu lernen.", bestätigte der Wolf dem Lamm, als hätten sie ohnehin nicht genug Zeit gehabt, sich bis dato miteinander zu unterhalten; als hätten sie nicht die letzten Monate damit verbracht, einander beinahe die Ohren abzukauen, so viel wie sie voneinander wissen wollten. Gab es denn überhaupt irgendetwas anderes, worauf sie sich konzentrieren konnten, wenn nicht die Tatsache, dass sie augenscheinlich ebenso aneinander klebten, wie anfänglich? Wobei das vermutlich das falsche Wort war, hatte er doch zuerst nichts von dem Lamm wissen wollen, oder gar in dem finsteren Gemäuer hausen wollen, das er jetzt beinahe schon kläglich vermisste. Oft genug schien er unentschieden, selbst jetzt, wenn ihm kaltes Wasser von der Nasenspitze tropfte und er es mit seinem dreckigem Ärmel abwischen wollte, bevor er sich selbst davon abhielt. "Woher kommt das? Aber ich stimme dir zu, obwohl ich sagen muss, dass du dich ziemlich gut schlägst." Nayantai log nicht, er grinste sogar seicht, als wäre er stolz auf Rain, allerdings nicht in der Lage, es tatsächlich auszusprechen und darum bemüht, es eher mit Gestik und Mimik zu demonstrieren - nur, um Rain kurzerhand durch die Haare zu fahren und diese vermutlich etwas zu zerzausen, während sich das Lamm gerade noch die Mühe machte, die Haare des Wolfes zu entwirren, als sähe er sonst aus, wie ein Seemonster. "Ich dachte, wir könnten ...", begann der Wolf, der sich gerade noch den Satz zusammenreimen wollte, bevor ihn das Rascheln der Blätter aufscheuchte und das Geräusch von schnaubenden Pferden, die nicht ihr eigenes waren. "Verflucht.", zischte der Wolf gerade noch, bevor er nach Rains Hand griff, nachdem er selbst hochgeschnellt war. "Wir sollten verschwinden."
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    • Nayantai wollte immer so viel für Rain tun und so viel für ihn ertragen. War es dann nicht auch legitim wenn Rain einfach versuchen wollte mit der Kälte in Thria klar zu kommen? Nayantai musste sich nicht immer auf Rain einstellen, das musste er sowieso jeden Tag, Rain wollte ihm entgegen kommen. Abgesehen davon wusste Nayantai vermutlich noch gar nicht was richtige Hitze war, Rain auch nicht, aber er konnte es vermutlich wesentlich besser vertragen. Myriad war auch nicht kalt, aber es war auch nicht heiß dort, vermutlich erst recht nicht in einem Kerker. Der Süden wäre etwas ganz anderes gewesen, wärmer als sie beide jemals gedacht hätten, vermutlich. Nayantai hatte schon in Rains Badezimmer gejammert. Rain lächelte dankbar und nickte, während er seine Finger weiter durch Nayantais Haar fahren ließ und einen Vogel beobachtete, der sich nicht weit von ihnen auf die Wiese setzte und sie neugierig betrachtete. Rain hätte ihm gerne ein paar Krümel angeboten, aber er flog vermutlich davon, sollte Rain aufstehen. Rain nickte erneut, sie hatten noch viel Zeit sich zu unterhalten, mehr als jetzt gerade, wo sie es eigentlich ein wenig eilig hatten, aber trotzdem eine Pause einlegten. Die warme Sonne auf Rains Körper fühlte sich so angenehm an, dass er fast wünschte nicht immer in einem Wald unterwegs zu sein.

      „Woher das kommt? Ich hätte nie gedacht einmal vor die Tür zu gehen und es auch noch zu überleben. Jetzt wo ich weiß, dass alle wohl etwas übertrieben haben, kann ich vielleicht noch mehr erreichen, oder?“, wollte Rain mit einem Lächeln wissen. Er wusste selbst, dass er niemals ‚normal‘ sein konnte, aber vielleicht konnte er lernen zu reiten, oder zu schwimmen, oder ein Feuer anzuzünden. Selbst zu jagen schminkte er sich aber jetzt schon ab. Nayantai wollte ihn aus seinem Gefängnis befreien und das hatte er. Der Wolf schien auch stolz auf Rain zu sehen, auch wenn er bisher nicht mehr getan hatte als zu überleben. Rain kümmerte sich weiter um Nayantais Haare, aber sogar er hörte das Schnauben eines oder mehrerer Pferde. Er wusste nicht was er tun sollte, wurde im nächsten Moment aber auch schon von Nayantai auf die Beine gezogen, ohne zu erfahren was er eigentlich fragen wollte. Rain wollte glauben, dass das Pferd einfach nur einem Wanderer gehörte und nicht ihren Verfolgern. Sie mussten hier weg, aber Rain kam ja nicht einmal selbst auf den Rücken des Pferdes!
    • Sich wie ein aufgescheuchtes Tier zu verhalten fiel Nayantai nicht sonderlich schwer, war er doch ohnehin nichts anderes gewohnt - in Wahrheit wusste er gar nicht, wie er sich verhalten sollte, ob er weiterhin sein Leben in Angst leben durfte - wohl eher musste -, oder an irgendeinem Punkt endlich von denjenigen befreit war, die ihn immer wieder auf ein Neues plagten. Wohin mit seinem Kopf, wenn nicht in den Sand? Sich selbst zu bemitleiden stand auch einem gefallenem Kronprinzen nicht, auch wenn er nicht mehr zu verlieren hatte, außer ein leben, auf das er ohnehin nicht länger warten wollen würde. Zugegeben; was sollte er auch tun, wenn das Lamm nicht nehmen und an seiner Hand zu zerren, ihn in die richtige Windrichtung zu reißen, während sein Herz sich so fühlte, als würde es in seinen Ohren klopfen, aus seiner Brust springen, wenn seine Aufregung weiter anstieg, weil er gewusst hatte, dass all das passieren würde? Nayantai hasste sich selbst, hasste seine Naivität, seine Unfähigkeit, auch nur für einen Moment irgendetwas richtig zu machen, leere Versprechungen machen zu müssen, die er im Endeffekt nicht halten konnte und die Tatsache, dass er Rain in die Misere gebracht hatte, die er selbst nicht weiter durchleben wollte. Tränen über derartige Dinge zu vergießen stand ihm nicht, auch, wenn ihm gerade für den Moment danach zumute war - und trotzdem würde Rain ihn nicht retten, gleich wenig wie er ihn retten würde.

      Rain dazu zu zwingen, mit ihm Tempo zu halten, war vermutlich verdammt unfair, wenn nicht auch unmöglich, weswegen die beste Fluchtmöglichkeit wohl noch immer daraus bestand, sich das eigene Pferd zu schnappen und so schnell es ging gen Horizont zu reiten, den nächsten Dickicht finden und sich zu verstecken, oder aber Kapitulation in Erwähnung zu ziehen - aber genau das wollte Nayantai nicht. Ein unzufriedenes Grummeln war vermutlich alles, das er von sich gab - dass es aussichtslos war, musste ihm wohl keiner predigen, gleich wenig wie er selbst daran geglaubt hatte, dass die trabenden Pferde, die ihnen ohnehin schon zu nah gewesen waren, Einhalt geboten und nicht explizit auf sie zusteuerten. Dem Lamm hastig auf das Pferd zu helfen, ihm die Zügel in die Hand zu drücken, kaum band er sie los, brachte ihm wohl nichts - wohin mit ihm, wohin mit ihnen, die hier offensichtlich nicht erwünscht waren? Nayantai fiel nichts ein, außer Rain unsanft in ein dichtes Gebüsch zu schubsen, das hoffentlich nicht mit Dornen gefüllt war. Hatte man ihn gesehen? Wen kümmerte das schon? Der Wolf lag wohl von Anfang an richtig in der Annahme, dass er sich nie und nimmer auf dieser Lichtung hätte aufhalten sollen und noch viel eher fühlte er sich darin bestätigt, dass er zu viele Dinge nur behauptete, um Rain kein schlechtes Gewissen einzureden - ihm war nicht länger danach, zu weinen oder den Kopf in den Sand zu setzen. Verzweiflung und Angst entfaltete sich in ihm, hatte sich ohnehin schon wochenlang in ihn gefressen und auch, wenn er eher daran glauben wollte, dass die Welt selbst ihm einen schlechten Streich spielte, so wollte er nicht weiter, als daran zu glauben, dass das Schicksal ihm doch noch bessere Karten schenkte; womit hatte er all das verdient? Wieso wehrte er sich nicht einfach, wieso rannte er nicht einfach davon, auf dem schnellsten Weg in seine Heimat, die er so sehr misste und mit seinen Gefühlen für Rain verriet? Der Wolf redete sich selbst wieder Dinge ein und fummelte an den Satteltaschen herum, nur um sich guten Gewissens zu sein, dass er noch etwas hatte, um sich im Notfall zu verteidigen, aber auch ein verdammter Speer war nicht gut genug, um sich gegen wen auch immer zu wehren.

      Sein Herz fühlte sich an wie ein Stein, der in seinen Magen sank, kaum drehte er sich um und erblickte die Gestalten, die ihnen hinterhergeeilt waren - die widerliche, gelbe Farbe, in die sie sich gehüllt hatten, schrie nach Ärger, nach Verrat und doch gab es nichts, das der Wolf dieses eine Mal zu seinem Vorteil nutzen konnte; es gab keinen idiotischen Adeligen, der mit einer Peitsche herumfuchtelte und auch, wenn die drei Männer nicht gerade in Rüstungen aufkreuzten, so waren sie hoch erhobenen Hauptes auf ihren verdammten Pferden nicht gerade einfache Gegner, gleich wenig wie Nayantai das Eigene dazu benutzen wollte, um sich gegen sie zu behaupten. Mehr als ein verdammtes Messer, das er in seinem Ärmel versteckte, hatte er auch nicht - der Speer, von dem er sich nicht sicher war, ob er damit überhaupt etwas ausrichten konnte, war nicht mehr als Dekoration, die er dafür benutzen wollte, um sich mindestens in einem der vielen Szenarien wehren zu können. Wüsste er es nicht besser, dann hätte er sich spätestens dann übergeben, als er belustigtes Pfeifen hörte - so, als hätte der Jäger seine Beute in eine Ecke gedrängt und wartete lediglich darauf, den Gnadenstoß zu setzen, den sich ein verschrecktes Tier nicht geben lassen wollte, obwohl der eigene Körper nicht mehr gehorchte. "Na sieh' einer an!", bemerkte eine der grässlichen Gestalten mit gehässigem Gelächter, das wohl vor der Euphorie sprühte, sie beide einzuholen und zumindest ihn zu sehen, als hätten sie nicht bemerkt, dass Rain nur in einem Gebüsch lag. "Ihr habt uns mehr als genug Kopfzerbrechen bereitet und jetzt zieht ein Köter wie du es nicht einmal in Erwägung, davonzurennen? Hättest du es uns nicht gleich einfach machen können?", beschwerte sich ein anderer, und dennoch bis Nayantai lediglich die Zähne zusammen. Er hatte keinen Plan, zumindest keinen Schlauen, und selbst wenn, dann würde all das nur in seiner eigenen Misere enden - aber das war in Ordnung, solange es Rain besser erging. "Und, wo hast du Rain versteckt? Oder bist du diesen nutzlosen Knirps schon los geworden? Wundern würde es mich nicht!", lachte einer von ihnen. "Hoffen wir, er hat wenigstens etwas Benehmen, immerhin will Grayson sie beide lebend!" "Lebend? Dann soll er mich verdammt nochmal besser bezahlen!", hob der Andere an - hatte Nayantai Glück, so brach vielleicht ein Streit zwischen ihnen aus, auch, wenn es unwahrscheinlich schien. "Habt euch nicht so, König will nur den Wolf zurück. Außerdem, was, wenn sie sich beide gewehrt haben? Wir können nichts dafür, wenn sie selbst in ein Schwert laufen!", gackerte eine neue Stimme. Sie kamen näher, so nah, dass der Wolf der Meinung war, er könnte einen gezielten Tritt in sein Gesicht kassieren, nicht nur von dem Reiter, sondern dem Pferd selbst. "Bist du taub? ... Naja, mehr als ein Hund bist du sowieso nicht.", zischte der Dritte im Bund, der sich lediglich des verfinsterten Blick des Wolfes ausgesetzt sah. Gerade noch, als besagter Reiter allerdings das eigene Schwert erhob - vermutlich um dem Wolf entweder den Schädel abzuschlagen, oder aber zumindest den Speer aus der Hand zu schlagen, ließ Nayantai ihn fallen, ehe er sich mit einem verwirrtem Blick des Fremden konfrontiert sah, bevor er das Messer von vorhin nahm, um es seinem Pferd in den Hals zu rammen; dass es plötzlich seinen Reiter abwarf und eine Fluchtroute einschlug, schien abzusehen - dass es die anderen Pferde aufscheuchte, eine willkommene Abwechslung, weswegen Nayantai sich das Schwert des gefallenen Reiters schnappte und diesem jenes kurzerhand in die Brust rammte, in der Hoffnung, er würde sich nicht mehr rühren.

      "Was fällt dir ein, du Hund!?", knurrte eine der zwei unwichtigen Stimmen. Sonderliche Freude darüber, zu töten, schien er nicht zu haben, zumal er seine eigene Kleidung besudelte und sich alsbald mit einem anderen Problem konfrontiert sah - einer der beiden Hinterbliebenen war von seinem eigenen Pferd abgestiegen und wählte eine direkte Konfrontation, in der sich der Wolf kaum zu wehren wusste. Allein mit dem Schwert einen der Schläge zu blockieren brannte in seinen müden Armen; und so gerne Nayantai auch unfair kämpfen wollte, so schien sein Gegenüber die gleiche Idee zu haben, kaum spuckte man ihm in sein Gesicht und stieß ihn zurück, damit er auf dem Boden landete - und fast eine Klinge in seinem Gesicht wusste, wäre es nicht darum gegangen, das hier zu gewinnen, zu leben und einen neuen Tag zu sehen, weswegen er die vorherrschende Situation ausnutzte, um dem Fremden gegen das Bein zu stoßen und ihn selbst zum Fall zu bringen. Die Wut, die in ihm aufkochte, beinahe Überhand nahm, wisperte ihm noch zu, er sollte die hässliche Fratze des voreingenommenen Schafes einschlagen, all die aufgestauten Aggressionen an ihm auslassen, aber dafür war keine Zeit, kaum versuchte er sich selbst wieder auf die Beine zu stemmen, nur um daran erinnert zu werden, dass sie nicht zu zweit waren, dass jemand an seinen Haaren zerrte. "Du machst es dir selbst nur schwerer.", feixte der Mann, der noch immer auf seinem vermaledeiten Sattel thronte und das schwarze Haar des Wolfes wohl gar nicht erst anfassen wollte, weswegen es ihm viel leichter war, sich aus dem Griff zu winden, als gedacht, auch, wenn er für einen Moment damit gerechnet hatte, er hatte verloren. Sein Atem war ungleichmäßig, sein Körper auch ohne Kampf erschöpft genug und die Klinge in seinen Händen schwerer als erwartet - und doch nicht schwer genug, um sie nicht nach dem Reiter zu schwingen, nach dessen Pferd, das keinerlei Gefallen an der Bedrohung zu finden schien, das austrat und das Leben des gerade eben noch zufrieden grinsenden Mannes ein kleines Bisschen schwerer machte. Zugegeben, es war ohnehin nicht leicht, wenn man der Bedienstete eines widerlichen Kotzbrocken war; kein Wunder, dass Nayantai sich lieber der Person widmete, deren Gesicht er liebend gerne zu Brei verarbeitet hätte, wenn auch gleich nur, um Zeuge eines präzisen - und doch irgendwo verfehlten - Schwertschwungs zu werden. Für einen Moment fühlte er nicht mehr als das kalte Eisen auf seiner Haut, bevor sich wohlige Wärme und stechender, brennender Schmerz in seinem Gesicht ausbreitete und er instinktiv das Auge zukniff, auch, wenn er im Affekt glaubte, man hätte die rechte Hälfte angezündet und er lediglich einen unverständlichen Wortschwall ausstieß, kaum schaffte er es, die Kehle seines Gegners zu treffen, aufzuschneiden und ihn auf den Boden fallen zu lassen, auf den er gehörte. "Du verf-!", stieß er noch aus, als er sich an den Hals griff, aber anscheinend reichte die Luft nicht mehr aus, weswegen der Wolf ihm lediglich noch einen Tritt gab, der wohl gar nicht erst nötig gewesen war.

      Dass die dritte Person im Bunde allerdings noch immer übrig geblieben war, wenn auch gleich eingeschüchtert von dem Wolf, der nun auf ihn zu rannte - die fremde Klinge in den Händen, das eigene Pferd verscheucht - ließ ihn panisch aufschreien und über den Boden kriechen wollen, als hätte er alle Kraft verloren, die er zuvor noch aufgewandt hatte. Nayantai hingegen, obgleich des vorherrschenden Schmerzes in seinem Gesicht und dem Fakt, dass er plötzlich nicht mehr alles so sah, wie gewohnt, fand gefallen daran, zu jagen und nicht gejagt zu werden, und kaum erreichte er den letzten Mann, der offensichtlich nicht mehr konnte als zu wimmern, zu jammern und versuchen, davon zu hinken, machte es nicht besser. Im Grunde war nichts davon gut, hatte der Wolf doch keinerlei Ahnung, was er mit ihm anstellen wollte, stattdessen entschied er sich jedoch für die einfache Methode - auf ihn zuzuspringen und mit ihm im Dreck zu rangeln, obwohl er sich gerade erst gewaschen hatte, nur, um schließlich ein Messer in seiner eigenen Seite zu finden, das ihn wenig interessierte. "Was willst du Monster!? Hör endlich auf!", fauchte der Fremde unter ihm, doch Nayantai ließ sich davon nicht beirren sondern nutzte die Chance eher, um ihm in sein Gesicht zu spucken, eine seiner Hände in der Kleidung des bald-gefallenen Soldaten festzukrallen nur um mehrmals auf eben ihn einzuschlagen, in der Hoffnung, dass entweder die Knochen nachgaben, oder das ständige Wimmern endlich ein Ende nahm, das plötzlich unter ihm ausbrach. Widerwärtig war es doch, aber selbst die feinen Blutspritzer, die alsbald sowohl seine Hände als auch sein Gesicht und Teile seiner Kleidung benetzten. Schlussendlich nahm der Wolf kurzerhand das Messer, der in seiner eigenen Seite steckte und durchstieß damit die Kehle des Soldaten, oder was davon noch übrig war, und ließ von seiner baldigen Leiche ab, bevor er sie noch weiter verunstaltete und tatsächlich einem Blutrausch verfiel. Sein Herz pochte noch immer tief in seiner Brust - als wäre sein Brustkorb ein Gefängnis-, seine Finger waren schwitzig und angespannt und das Adrenalin war ihm wohl zu Kopf gestiegen, kaum fing er an und hörte ähnlich schnell auf. Plötzlich kehrte Beruhigung ein, wenn auch nur in verringertem Maße, griff er instinktiv an die Stelle, an dem ihn der Schwerthieb getroffen hatte; nicht, dass der Wolf aufschrie, dennoch sog er scharf Luft ein, als wolle er es gerade tun, bevor er sich auf die eigenen Beine zwang, das gestohlene Schwert sowie den Speer wiederum einsammelte, und schließlich zu dem Gebüsch kam, in der er Rain versteckt hatte. "Alles ... in Ordnung?", schnaufte der Wolf, ausgelaugt, bevor er die Hand von seinem Aug nahm und sie Rain anbot, nur um das Blut zu sehen, das sich offensichtlich nicht nur über seine Hand verteilte, sondern auch über sein Kinn und sich mit dem wenigen Wasser vermengte, das übrig geblieben war, und ihm nun aus dem Gesicht triefte. "Äh ... uh ... nimm meine ... andere Hand.", überlegte er noch, bevor er Rain eben jene anbot. Wann hörte das unsägliche Pochen in seinem Gesicht auf? So schlimm konnte es doch gar nicht sein. "Wir sollten verschwinden."
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • Rain ließ sich von Nayantai mitzerren, aber statt zum Pferd zog er ihn ein wenig weiter. Sie würden doch nicht zu Fuß fliehen? Bevor Rain fragen konnte fühlte er einen Stoß der ihn von den Füßen wehte und in das Gebüsch warf, der die Lichtung auf der sie sich befanden säumte. Bis auf ein paar Kratzer passierte Rain nichts, dennoch keuchte er auf, hielt aber sofort die Luft an, als das Getrappel von Pferdehufen näher kam. Was hatte Nayantai nur vor? Rain verhielt sich still, er konnte kaum etwas sehen, aber das wollte er vermutlich auch gar nicht, er hörte nur die Stimmen ihrer Verfolger die Nayantai verhöhnten und sich sehr sicher schienen einen einfachen Kampf vor sich zu haben. Rains Herz schlug wie wild, das war nie ein gutes Zeichen und er versuchte sich selbst zu beruhigen und leise zu atmen. Die Position in der er sich befand war unbequem, aber er wagte es nicht sich auch nur einen Millimeter zu bewegen und die Blätter um sich herum zum Rascheln zu bringen. Er zuckte zusammen als er hörte, dass ein Kampf entbrannte und zusätzlich zu den Ästen und Blättern die ihm die Sicht versperrten, schlug er auch noch die Hände vor seine Augen und betete zu allen Göttern, dass Nayantai nichts passierte.

      Es dauerte eine ganze Weile bis alles still wurde. Rain hatte Schwerter zischen, Pferde wiehern und Wimmern gehört, aber dann war alles still. Als Schritte auf sein Gebüsch zukamen machte er seine Augen wieder auf und blickte auf. Da war Nayantai – lebendig, aber er war verletzt. Rain schlug die Hand die ihm angeboten wurde beiseite und stand alleine auf so schnell er konnte, auch wenn das Gebüsch an seinen Haaren zerrte. „Du bist verletzt!“, rief er voller Sorge aus, er war sich sehr sicher, dass das meiste Blut Nayantai gehörte. So konnten sie hier nicht weg und die Gefahr war doch gebannt, oder? Rain lief etwas zerstreut an Nayantai vorbei und wandte seinen Blick ab, als er die drei Männer auf dem Boden sah, es war das erste Mal, dass er einen Toten sah, aber er zwang sich den Kloß in seinem Hals herunter zu schlucken. Stattdessen steuerte er auf das verschreckte Pferd zu, hoffte dass es nicht nach ihm treten würde und holte schließlich den Rest ihrer Verbände aus den Taschen um damit zu Nayantai zurück zu kehren. Sie sollten die Wunden waschen, aber Rain hatte schon einmal nicht auf Nayantai gehört und das hier war passiert – es war Rains Schuld. „Drück das wenigstens auf deine Wunde.“, verlangte Rain mit einem Zittern in der Stimme und reichte Nayantai ein paar weiße, saubere Tücher die das Blut aufsaugen sollten, er drückte sie ihm sogar in die Hand als hätte er Angst Nayantai würde sie nicht nehmen und alles nur herunter spielen. „Bitte. Wir tun was du sagst, aber… „ Rain fühlte etwas nasses auf seiner Wange,eine Träne, dann noch eine, aber er wischte sie mit dem Ärmeln weg, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt um zu Weinen und wenn er sich in etwas hinein steigerte, hatte Nayantai nur noch mehr Probleme.
    • Hatte er übertrieben? Nayantai konnte lediglich behaupten, er war gerade noch so davon gekommen. Sein Plan war alles andere als schlau, gleich, wie er sich wohl überschätzte und nun zwei Wunden davontrug, weil er im Affekt nicht mehr nachdachte und eigentlich nur seiner Wut freien Lauf lassen wollte. Zugegeben, rasch und unüberlegt zu handeln war dennoch das Einzige, das ihm in einer derartigen Situation einfiel. Für den Moment überlegte er, ob er sich der Leichen entledigen sollte, aber kurz darauf rief er sich ins Gedächtnis, dass es doch ohnehin nicht weiter wichtig war - ob er nun drei Schafe mehr oder weniger auf dem Gewissen hatte, interessierte keinen; man trat ihn und sein Volk ohnehin mit bloßen Füßen zu Boden, einfach nur, weil man sie nicht ausstehen konnte - es interessierte dabei vermutlich auch keine Menschenseele, welcher Wolf welches Schaf auf dem Gewissen hatte - nichts davon war wichtig. Noch immer fiel ihm das gleichmäßige atmen schwer, als wäre er ohnehin aufgebracht genug und würde sich nicht länger beruhigen wollen, weil er sich - trotz des plötzlich und stetig abklingenden Adrenalins - so fühlte, als könnte er es mit noch ein paar Schafen mehr aufnehmen. Schlechte Idee. Sein Blick fiel erst auf die Gesamtsituation, als Rain sich wie wirr bewegte, ihm die helfende Geste wortwörtlich ausschlug und zu ihrem eigenem Pferd marschierte und durch die Satteltaschen kramte. War es wirklich Rain, der sich komisch benahm und nicht eher der Wolf? Sein Herz pochte noch immer in seinen Ohren, seine Augenlider fühlten sich schwer an und doch war es noch immer sein Gesicht, das sich stetig fühlte, als stünde es in Flammen, als brannte es lichterloh, ohne Gnade, und keiner von ihnen beiden wusste, wie man das Feuer löschte. Hierzubleiben war ein Todesurteil und doch wollte Nayantai eigentlich nicht mehr, als seine Ruhe zu haben. Was war bloß los mit ihm? "Verletzt? Sehe ich so schlimm aus? Ich hatte nur ein Messer in der Seite und ... naja, mein Gesicht tut etwas weh.", nuschelte er, eher beleidigt als erschöpft - beinahe so, als hätte man ein Kind dabei ertappt, wie es etwas tat, das es eigentlich nicht tun sollte.

      Wieso wirkte Rain so aufgebracht und bot ihm Verband an? Zugegeben, Nayantai konnte selbst weder sehen noch wissen, wie sein Gesicht wirklich aussah und wenn er ehrlich war, dann drehte sich allein bei dem Gedanken, dass er sich überhaupt verletzten ließ, sein Magen um. Noch bevor er sich allerdings beschweren konnte und behaupten durfte, er brauchte die zusätzlich erhaltene Aufmerksamkeit nicht, hatte Rain ihm auch schon einen Verband in die Hand gedrückt; brauchte er ihn denn? Eigentlich war eben jener für Notfälle gedacht, aber ... "Rain, es ist alles gut.", wollte er das Lamm aufheitern und die kippende Stimmung zu retten, ehe er eine Hand nach dem Lamm ausstreckte, die allerdings mit Blut besudelt war, weswegen er sie zurückzog. Stattdessen tat er, was ihm aufgetragen wurde und befestigte den Verband so gut er konnte - sich selbst zu verarzten, hatte man keine Ahnung wo die Wunde denn wirklich lag, erschien dem Wolf eher mühsam, und doch war es gut genug, um zumindest das warm träufelnde Blut davon abzuhalten, weiter von ihm und aus seinem Gesicht zu tropfen. Erst dann wischte Nayantai sich die blutigen Hände am Gras zu seinen Füßen ab, zumindest so gut er konnte, und verfluchte die ebenfalls dazugewonnene Stichwunde an seiner Seite, die sich über die Bewegung mit einem unangenehmen Schmerz echauffierte. Die eigenen Zähne biss der Wolf zusammen, bevor er er wieder nach oben schnellte - schlechte Idee, zumindest sagten ihm das die Sterne, die er wohl für einen Moment sah - nur um mit dem Rücken seiner linken Hand über Rains Wange zu streicheln, beinahe so, als wäre gerade nichts passiert. "Aber ... es geht mir gut, Rain. Ich hatte schon viel schlimmere Wunden, das verheilt wieder. Und außerdem, wir sollten uns beeilen - wenn sie die Einzigen waren, dann haben wir Glück, aber irgendwie bezweifle ich das.", versuchte er dem Lamm verständlich zu machen, bevor er wiederum nach seiner Hand griff. "Du musst nicht weinen, in Ordnung? ... Außer du möchtest, dann lass mich dich wenigstens umarmen." Dass Rain alles zu viel wurde, war irgendwann absehbar - und doch ging es Nayantai nicht anders, war er doch jetzt nur noch ausgelaugter als zuvor. Aber dafür hatte er eigentlich keine Zeit.
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    • Ob Nayantai schlimm aussah? Meinte der Wolf das etwa ernst? Rain hatte um ehrlich zu sein keine Ahnung, wann eine Verletzung schlimm war und wann nicht, aber das hier war definitiv zu viel Blut und Rain sah Nayantai verständnislos an. Ein Messer in seiner Seite stecken gehabt zu haben konnte auch nichts gutes bedeuten und Rain suchte mit den Augen nach der zweiten Verletzung von der er bisher noch gar nichts gewusst hatte. „Nayantai!“, rief er aus, streng, vielleicht auch ein wenig trotzig, aber er konnte es nicht einfach so hinnehmen, dass Nayantai seine Verletzungen nicht ernst nahm. Rain machte sich Sorgen, große Sorgen und auch Vorwürfe, weil er darauf bestanden hatte hier zu bleiben. Er hatte nicht geglaubt, dass ihre Verfolger, nachdem sie schon so lange unterwegs waren und keine einzige Menschenseele getroffen hatten, so dicht an ihren Fersen waren, dabei hatte Nayantai es ihm doch gesagt! Rain hätte den Wolf gerne verarztet, aber er wusste nicht wie, er hätte ihm gerne geholfen, aber er traute sich nicht nach ihm zu greifen. Rain hatte noch nie so viel Blut gesehen, nicht einmal als sein eigener Arzt Nayantai helfen wollte und Rain von der Tür aus zugesehen hatte. Und die toten Männer die er absichtlich aus seinem Sichtfeld heraus hielt… Rain wurde übel.

      „Nichts ist gut…“, wiedersprach Rain mit einem dicken Kloß in seinem Hals und damit ringend seinen Herzschlag und Atem unter Kontrolle zu halten, aber es wurde zunehmend schwerer, je mehr er sich aufregte. Einen Zusammenbrechenden Rain konnte Nayantai aber jetzt nicht auch noch brauchen. „Was ist damit?“, fragte Rain, deutete auf die Wunde an Nayantais Seite und hielt ihm noch mehr von dem Verbandszeug entgegen. Es ging dem Wolf nicht gut, ganz und gar nicht, auch wenn er den Starken vor Rain spielte – das musste er gar nicht tun. Rain wollte nur, dass er wieder gesund wurde, aber er wollte auch auf Nayantai hören, es nicht zu tun hatte sie schon Mal in Schwierigkeiten gebracht. Die Umarmung wollte er deshalb nicht annehmen, stattdessen versuchte er seine Tränen zurück zu halten und schüttelte den Kopf. „Nein…“, erwiderte er während er einen Schritt von Nayantai fort machte, für eine Umarmung hatten sie keine Zeit und für einen Streit darüber, ob es Nayantai gut ging oder nicht, auch nicht. „Dann lass uns gehen.“
    • Wohin nur? Nayantai konnte sich nicht ausmalen, dass er es in seinem jetzigen Zustand nach Thria schaffte - nicht aber, weil er ohnehin schon alle Hoffnung verloren hatte, aufgrund seiner Begegnung mit den Adrestianern aufgegeben hatte und nicht mehr wollte, sondern viel eher, weil er glaubte, das Schicksal - sein schlechtes Karma - suchte ihn plötzlich heim. Wieso? Wofür? Nicht, dass er sich für einen Moment auch nur eine passende Antwort zusammenreimen konnte, nein; viel eher zwang er sich gerade dazu, weiterzugehen und mehr zu tun, als jemals zuvor, weil er es nicht auf sich sitzen lassen konnte, besiegt zu werden oder aber jemals wieder in die Fänge des Königs zu geraten. Rains empörter Ausruf ließ ihn für den Moment zusammenzucken, als hätte er gerade den größten Fehler seines Lebens begangen und das Lamm war der Meinung, der Wolf war nichts weiter als die schwache Karikatur einer Person, die als solches gar nicht erst existieren sollte. Hatte er Rain mit seiner Aussage beleidigt. "Ja?", hinterfragte er lediglich, nichtssagend und gutgläubig, als würde sein Gegenüber sich nicht gerade von ihm abwenden und ihnen beiden das Leben schwerer machen als es nun wahrlich sein musste. "Ich will nicht, dass du dich schuldig fühlst. Rain, mir geht es gut.", bestimmte der Wolf, nicht aber, weil er den Starken spielen musste, sondern viel eher, weil er sich dazu verpflichtet sah, sich um das Schaf zu kümmern, das eher wie ein Häufchen Elend wirkte, als er.

      Hätte er noch eine Schicht Kleidung getragen, dann hätte das Messer ihn vermutlich nicht einmal gepiekt - und doch konnte er nicht wählerisch sein, immerhin hatte man sich in Fhaergus bemüht, einen Haufen Fetzen wieder in das zu verwandeln, was es einst gewesen war. Warum? Hatte man Mitleid mit ihm oder war es wirklich nur weil Rain es Sara auftrug? Er schüttelte den Kopf, auch wenn er es nicht hätte tun sollen - sein Kopf bedankte sich nicht sonderlich bei ihm, gleich wie die Übelkeit, die bereits zuvor in ihm aufgestiegen war. "Das? Eine Stichwunde. Rain ... du musst dir nicht so viele Sorgen um mich machen, mir ging es schon schlimmer.", seufzte der Wolf, welcher - allein um Rain zu beruhigen - seine eigene Kleidung über die Schultern hinabstreifte und sich der Misere an seiner Seite besah ... oder zumindest besehen wollte. Ein leichtes Grummeln kam aus seinem Mund, als es der Verband über seinem Auge schwer machte, zu sehen, was genau das Problem war - oder er sich zumindest einreden wollte, dass es ausgerechnet daran lag, und nicht, dass er den Schwerthieb mit voller Wucht in sein Gesicht bekam. Ungeschickt griffen seine Finger nach dem Verband, der ihm erneut präsentiert wurde, bevor er die Wunde mehr als nur hastig verarztete und einen festen Knoten zog, damit er dort blieb, wo er war. Das Rain nichts von ihm wollte, oder ihm zumindest nicht zu nahe kommen wollte und von ihm abwich, ließ den Wolf erneut unzufrieden grummeln, als er seine Kleidung wieder hochzog. "Du hast recht. Wir sollten verschwinden.", offerierte er lediglich, bevor er mit Rain zurück zu ihrem Pferd ging - das eingeschränkte Sichtfeld nervte mehr als gedacht. Zögerlich streckte Nayantai die Hand nach dem Tier aus, als wüsste er nicht über die Gemütslage eben jenes bescheid, und doch atmete er auf, kaum war er sich sicher, dass es zumindest einigermaßen ruhig war. Ohne wirklich auf eine Antwort zu warten, half er Rain auf das Pferd und setzte sich diesmal hinter ihn, bevor er die Zügel in die Hand nahm und sie gleichzeitig Rain offerierte. "Für den Fall, dass ich etwas nicht sehe, kann ich mich auf dich verlassen, oder?" Das Pferd in Gang zu setzen und die richtige Richtung anzusteuern war noch das Einfachste ...
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    • “Du solltest das alles nicht herunter spielen!“, erklärte Rain seinen Aufruf, aber er wollte auch nicht diskutieren, nicht jetzt zumindest. Nayantai sagte sie mussten hier weg, also sollten sie das schleunigst tun und dennoch sollen sie auch etwas Zeit finden um Nayantai zu verarzten bevor er zu dunkel wurde. Am Besten fanden sie auch noch ein Gewässer in der Nähe, damit sie das Blut von seinem Körper und vielleicht auch aus seiner Kleidung waschen konnten. Wie konnte es Nayantai gut gehen, wenn er so zugerichtet war? Und was sollte Rain tun, wenn es ihm auf einmal nicht mehr gut ging? Er konnte vermutlich nicht einmal Nayantais Arm anheben. Was wenn er vom Pferd fiel? Was wenn ihre Verfolger noch einmal zu ihnen aufschlossen? Rain konnte nichts tun, gar nichts und er hasste das Gefühl der Hilflosigkeit. Diese Soldaten hatten Recht gehabt, Nayantai hätte ihn vielleicht einfach irgendwo zurück lassen sollen. Nicht einmal der König interessierte sich mehr für Rain, er wollte nur Nayantai, weil jeder wusste, dass der Erbe von Fhaergus sowieso nichts ausrichten konnte. Selbst wenn er ein Messer gehabt hätte, er glaubte nicht, dass er es geschafft hätte jemanden damit zu verletzen.

      Nayantai wollte immer noch nicht zugeben, dass er schwer verletzt war, aber zumindest entblößte er seinen Oberkörper um die Blutung an seiner Seite zu stoppen. Rain konnte nur zusehen, er wollte sich nicht einmischen und wusste auch gar nicht wo er hätte anfangen sollen. Er zitterte immer noch, das zumindest merkte er und er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Er fühlte sich ein bisschen besser als zumindest das erledigt war und folgte Nayantai zu ihrem Pferd. Er ließ sich nur ungern nach oben helfen, da Nayantai schon genug durchmachen musste, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Der Wolf nahm hinter ihm Platz, das gab Rain zumindest die Möglichkeit ein paar Tränen zu vergießen, ohne dass Nayantai ihn dabei sah. Kurz darauf bot Nayantai Rain die Zügel an und einen Moment lang starrte der ehemalige Adelige auf diese ohne zu wissen was er überhaupt tun sollte. Er wusste vom Prinzip her wie man ein Pferd steuerte, mehr aber auch nicht. „I-ich… in Ordnung.“, antwortete er zögerlich und legte seine Hände locker um die Zügel, um im Notfall eingreifen zu können. Dass Nayantai sowas überhaupt anbieten musste machte Rain nur noch mehr Sorgen…
    • Rain hatte recht - er war verletzt und dennoch verhielt er sich so, als wäre nichts passiert, als ginge es ihm noch immer gut und als hätte er den ehemaligen Fürsten nicht gerade in eine unangenehme Situation gezwungen, weil er sich selbst nicht einmal mehr zutraute, in der Lage zu sein, ein vermaledeites Pferd richtig durch die Gegend zu lenken. Unter dem Vorbehalt zu leben, es Rain lediglich beibringen zu wollen, war nicht mehr als eine schlecht maskierte Lüge und das Zugeständnis, zu verletzt zu sein, um einer einfachen Aufgabe nachzugehen - dem Wolf war schlecht, kotzübel, und der stechende Schmerz in seiner Seite, der schlimmer war, jetzt, wo er saß, half ihm absolut nicht dabei, sich zu konzentrieren. Ging es nach ihm, dann wäre all das hier nicht passiert - der Ausgang war dennoch glimpflich gewesen, zumal Rain nichts passiert war, außer, dass er eventuell ein paar Kratzer abbekommen hatte. Nayantai war zumindest darüber erleichtert, auch, wenn er nun derjenige war, der Rain über die Schulter lugte und sein Auge kein einziges Mal von ihrem Pfad abnahm, den er eingeschlagen hatte, außer um eventuell das ein oder andere Mal den Pfad zu korrigieren, den sie einschlugen, um in der richtigen Richtung zu bleiben. "Du musst dir trotzdem nicht so viele Sorgen machen. Sobald wir weiter weg sind sehen wir uns das Ganze an.", versuchte der Wolf ihn zu beschwichtigen.

      Das letzte Mal, dass dem Wolf ein konkretes Konzept von Zeit fehlte, war viel zu lange her - vermutlich im Kerker des Königs, oder allgemein in seinem Schloss - in Fhaergus verging die Zeit stetig und hier draußen war ein Tag viel zu schnell vorbei, als hätte er vor fünf Minuten angefangen und hörte schon wieder auf. Wieso hatte er diese Lawine überhaupt losgetreten? Wäre er einfach verschwunden, als Rain ihn das erste Mal im Schnee spielen ließ oder gar nicht erst zurückgekommen, dann würde es ihm besser gehen - aber nicht Rain, der sich auf ihn verlassen musste, der dem Wolf vertraute, als kannten sie einander schon mehr als eine halbe Ewigkeit. Was sollte Nayantai nur mit ihm anstellen? Ehrlich gesagt tat Rain ihm leid, weswegen er sich dazu zwang, sich einigermaßen zusammenzureißen, selbst dann, als der Schmerz in seinem Gesicht immer schlimmer wurde und er das Gefühl hatte, die Bandagen hatten sich schon mit dem Blut vollgesogen, das die Wunde offerierte und wollte gar nicht mehr aufhören, triefte noch für Tage, bis der Körper des Wolfes keinen Tropfen Blut mehr in sich hatte. Musste er sich übergeben oder fühlte sich sein Körper lediglich komisch? Der Wolf wusste eben jene Frage nicht zu beantworten, weswegen er sich lieber auf die Wegstrecke konzentrierte, auch, wenn er vermutlich nach einem Nachtlager suchen sollte, das erst dann gefunden war, als er sich so fühlte, als wäre er weit genug von der Blumenwiese und dem Bach entfernt, der sich mit zwei neuen Narben in sein Gedächtnis brennen würde. Er hielt das Pferd an, bevor er selbst abstieg und Rain eine helfende Hand anbot - die Zügel des Pferdes befestigte er an dem nächstbesten Ast, nachdem er sie allesamt tief in den Wald gelockt hatte, weit weg von jedweder offenen Lichtung, die er sich ausmalen konnte. "Geht es dir besser?", murrte er lediglich, als er das nötige Zeug aus den Satteltaschen zutage förderte. "Ich baue nur unser Zelt auf, dann ... kannst du dir die Wunde ansehen, wenn du willst?" Einen Bach gab es hier nicht, zumindest glaubte Nayantai das, auch, wenn sich ziemlich sicher war, dass etwas weiter ein Rinnsal mit Regenwasser sein musste, das vor sich hin gluckte, als es irgendwo im Boden versickerte. "Dir ist nichts passiert, oder? Und ... danke." Hätte er ohne Rain auf diesem Ross gesessen, hätte er sich vermutlich irgendwann - mit Hilfe eines schief stehenden Astes - selbst zu Boden manövriert.
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • Rain macht sich Sorgen, nicht nur einmal musste er an den Zügeln ziehen, damit sie nicht von einem Ast vom Pferd gemäht wurden. Sonst brauchte Nayantai nie Hilfe und Rain war nur sehr zögerlich. Sein Ziehen an den Zügeln war wohl auch nur gut, um die Aufmerksamkeit des Wolfes zu erregen, der das Pferd dann korrigierte. Das Pferd selbst achtete zumindest auch darauf nicht direkt in einen Baum zu laufen. Rain sagte die ganze Zeit über nichts, er wusste nicht was, aber er fühlte sich so schuldig. Hätte er nicht darauf bestanden sich zu waschen und eine längere Rast als nötig auf dieser Lichtung einzulegen, dann wäre das alles nicht passiert. Er glaubte Nayantai also, wenn er sagte, dass da bestimmt noch mehr als diese drei Männer hinter ihnen her waren, irgendwo in der Nähe und deshalb widersprach er auch nicht, als sie bestimmt mehrere Stunden lang durch den Wald ritten, bis Nayantai doch entschied, dass sie weit genug gekommen waren. Rain wollte seine Hilfe beim Absteigen vom Pferd nicht, dennoch nahm er sie an und sah Nayantai immer noch besorgt an.

      "Mir geht es gut...", erwiderte Rain stirnrunzelnd, er war es nicht um den es hier ging, ihm war absolut nichts passiert. "Das Zelt? Nein, das musst du nicht tun, du solltest dich hinsetzen!", widersprach Rain und war sich nicht einmal sicher, ob sie heute ein feuer anzünden konnten, oder ob sie das nur zu sehr verraten würde, wenn ihre Verfolger ihnen vorhin schon so nahe gekommen waren. Wäre es nicht besser für heute irgendeine Höhle zu finden? Andererseits konnten sie as Pferd sowieso nicht verstecken. Rain fasste also den Entschluss sich gleich darum zu kümmern Dinge zu sammeln, die sie zum Beschweren der Plane nutzen konnten, so wie jeden Abend. Er beeilte sich damit und trug ein paar Steine und größere Äste selbst zu Nayantai hinüber, auch wenn manches davon für ihn beinahe schon zu schwer war. Wenn er nur mehr selbst tun könnte, wenn er nur selbst ein Zelt aufbauen konnte, dann müsste Nayantai nicht so viel tun und alles schlimmer machen. Selbst wenn Rain sich die Wunden dann ansehen konnte, er wusste gar nicht was er tun sollte, wie er ihn verarzten konnte.
    • Der Wolf grummelte lediglich - nicht, dass er die Sorge Rains nicht wertschätzte oder aber glaubte, das Lamm faselte wirres Zeug, nein. Viel eher war er der Meinung, dass es nicht weiter wichtig war, sich den Kopf über derartige Dinge zu zerbrechen - seine Wunden waren noch immer geheilt, das wusste Rain auch, und wenn er dafür eine Narbe davontrug, dann war es lediglich seine eigene Schuld, weil er nicht aufgepasst hatte und die direkte Konfrontation gewählt hatte, anstatt zu versuchen, ihren Verfolgern zu entkommen. "Wirklich? Das ist gut. Ich wollte dich nicht einfach ohne Vorwarnung in das Gebüsch schubsen, aber ... mir ist nicht wirklich viel übrig geblieben.", beklagte er sich, wohlwissend, dass er wohl auch dem Lamm nichts Gutes damit tat, wenn er seine eigenen Verletzungen weiterhin ignorierte und sich lieber um ihn sorgte, als wäre Rain derjenige, der sich mit Händen und Füßen gegen drei Soldaten gewehrt hatte. Das Ziehen in seiner Seite und das unangenehme, warm tropfende Gefühl in seiner rechten Gesichtshälfte halfen nicht dabei; Nayantai fühlte sich unwohl, das hatte er schon bevor er sich überhaupt Hals über Kopf in den Kampf gestürzt hatte, und doch war es nicht mehr wert, als die Tatsache, dass er das nächste Mal einen besseren Plan brauchte.

      "Wenn nicht ich, wer dann? Ich will nicht, dass wir erfrieren.", greinte er. Womöglich würde er nicht erfrieren, aber Rain wäre - überlebte er die Nacht ungeschützt im Freien - entweder krank oder zumindest ein unterkühlter Klumpen Eis, den selbst ein warmer Wolfskörper nicht wieder aufwärmen konnte. Wenn es davor wichtig war, dass Rain nicht krank wurde, dann war es mittlerweile umso wichtiger, dass ihm nichts geschah, weil der Wolf ohnehin nicht mehr war, als ein kleines Häufchen Elend, das sich hoffentlich bald wieder zusammenreißen konnte. Nayantai holte die Plane und weitere Dinge aus ihren Satteltaschen und begann schlussendlich, das Zelt zu konstruieren - der Verband störte ihn, gleich wie das komische Gefühl, das sich in seinem Gesicht ausbreitete, wenn er seinen Kopf zu schnell nach rechts bewegte. Könnte er sich übergeben, dann hätte er es vermutlich getan, allerdings hatte er dafür wohl zu wenig gegessen - und eigentlich wollte er Rain nicht noch mehr Sorgen bescheren, als er sich offensichtlich schon machte. "Rain, du weißt, dass du mich um Hilfe fragen kannst?", stellte er lediglich fest, als das Lamm einen Stein anschleppte, der ihm früher oder später aus den Händen gefallen wäre. Dennoch wollte er nicht weiter darauf herumreiten, kaum stand ihr Zelt für die Nacht - ein Feuer zu entfachen wäre falsch, würde es durch nur weiterhin unsägliche Motten anlocken, die nicht nach Licht sondern ihren beiden Leben dürsteten. Anstatt sitzen zu bleiben, so wie es ihm aufgetragen wurde, stand er allerdings wieder auf. "Ich sollte die Wunden zumindest auswaschen.", gestand er und deutete willkürlich in irgendeine Richtung, aus der er Wasser vermutete.
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • “Hör auf dir um mich Sorgen zu machen!“, erwiderte Rain. Es war ja schön und gut, dass Nayantai sich darüber Gedanken machte, aber Rain war es nicht, der verletzt war und dessen Kopf von einem bereits durchnässten Verband zusammen gehalten wurde. Abgesehen davon waren Rains Knochen nicht aus Glas, um genau zu sein, hatte er sich noch nie etwas gebrochen und er war sich ziemlich sicher, dass sein Körper in dieser Hinsicht sehr normal war. Er brach sich nicht leichter etwas als andere Leute und ein kleiner Kratzer auf seiner Wange würde ihn auch nicht umbringen. Es kam Rain beinahe schon so vor, als würde Nayantai die ganze Zeit nur versuchen von sich selbst abzulenken, aber das konnte er nicht, so wie er aussah. Vielleicht brauchte es einen verdammten Spiegel um Nayantai klar zu machen wie ernst die Lage war, aber Rain hatte keinen und seine Worte reichten scheinbar nicht aus. Nicht einmal die Tatsache, dass Nayantai Hilfe gebraucht hatte um das Pferd zu steuern und nicht einmal die Tatsache, dass sein Gesicht bleicher wirkte als sonst. Rain steckte ein riesiger Kloß im Hals und der wurde nur noch größer, als Nayantai ihn fragte, wer denn sonst das Zelt aufbauen sollte und Rain nicht einfach sagen konnte, dass er es machen würde.

      „Ich brauche keine Hilfe!“, erwiderte Rain trotzig als er einen großen Stein angeschleppt hatte, den Nayantai ihm sogleich aus der Hand nehmen wollte. Nayantai sollte sich ausruhen und Rain wusste selbst wann es ihm zu viel wurde, er brauchte Nayantai nicht, um auf ihn aufzupassen. Er sollte sich lieber hinsetzen und seine Wunden ordentlich verarzten. Was wenn etwas davon genäht werden musste? Wenn die Blutung nicht stoppte, war das der einzige Weg. Als das Zelt endlich aufgebaut war, sprang Nayantai schon wieder auf und Rain verzweifelte langsam. „Wohin gehst du?“, fragte Rain und machte ein paar schnelle Schritte um Nayantai an der Hand packen zu können. Rain war nicht sicher, ob Nayantais Verletzung ihm vielleicht nicht noch mehr beschert hatte, als eine triefende Wunde, weil er sich absolut nicht verhielt, wie er sich verhalten sollte. „Nayantai, da ist überall Blut, du kannst nicht weiter so herum laufen. Bitte.“ Was, wenn das hier endete wie das letzte Mal, nur dass Rain dieses Mal keinen Arzt hatte, den er um Rat bitten konnte? Nayantai wäre damals fast gestorben, hier draußen standen seine Chancen noch schlechter.