spellbound. (earinor & akira)

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    • Gab es keinen festen Ort, an den man sich band, so hatte man wohl oder übel erst Fernweh, wenn man das gesamte Gebiet verließ. Nayantai konnte sich an seinen genauen Geburtsort nicht erinnern, hatten die Wölfe doch keine Namen für die Orte an denen sie sich ansiedelten, sondern nur Namen der Nomadenvölker, die als Beschreibung der einzelnen Siedlungen galten – sie wanderten umher, ließen sich nun einmal nicht festsetzen und waren zusätzlich der Meinung, dass es genügte, ein ganzes Land – ihr Land – zu benennen, aber nicht aber die einzelnen Orte in der Tundra, an denen sie sich niederließen. Oftmals wusste ohnehin Niemand, wo sich ein anderes Volk aufhielt. Alle von ihnen wahrten eine gewisse Distanz zueinander, wollten sich nicht auf die Pelle Rücken und doch war es immer wieder schwer, herauszufinden wo sich diejenigen befanden, nach denen man eventuell sogar schon eine Zeit lang suchte. Egal wohin man blickte, die Tundra war leer, zumindest auf den ersten, schweifenden Blick. Alles, was danach folgte, war die Realisation, dass man in Gebiet eindrang, in dem man keine Existenzberechtigung besaß.

      Sich einfach so aufzugeben – sein Volk aufzugeben – lag dem Prinzen nicht. Wenn die Schafe sie schon als heißblütig und wild beschrieben, dann wäre es wohl eine Schande, gab man so leicht auf und ließ sich von einer Distanz unterkriegen, die er schon einmal bezwungen hatte, wenn auch auf zwei Etappen. Nayantai vermochte sich nicht mehr so leicht auf das zu fokussieren, was Rain ihm sagte, und doch versuchte er die gesagten Dinge zu verstehen. Also befanden sie sich in Faerghus – so benannte das Lamm seine Heimat zumindest. Bedeutete das dann, dass das Land selbst Adrasteia hieß? Fragend begann er, das zu wiederholen, was man ihm gezeigt hatte – zuerst dorthin, wo sie sich nun befanden. „Faerghus“, murmelte er, dann zog er den Finger nach oben, dort, wo die Karte bereits endete, so, als wäre es eine Überschrift. „Adrasteia.“

      Bevor er jedoch Vargland wiederholte, so wie es Rain nannte, zog er wieder einen Kreis um die Tundra, die sich dort befand. „Vargland, hm? Wir haben zwar keine Bezeichnung für die euren Reiche, aber dasselbe gilt wohl nicht für euch.“ Nicht, dass es den Wolfsprinzen störte, doch fühlte es sich beinahe schon so an, als tat man all das mit Absicht, um den Nomaden zu zeigen, dass noch nie etwas ihnen gehört hatte. „Meine Heimat heißt Thria – oder Vargland, so wie es die Schafe sagen würden.“ Damit schien auch diese kurze Konversation zu enden, die sie über die Namen der Länder hatten, in denen sie sich aufhielten., oder zumindest aufhalten sollten. Trotzdem zog er einen weiteren Kreis um Thria. „Wölfe“ und danach einen um den Rest von Adrasteia. „Schafe“, stellte Nayantai fest.
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • Erneut prasselten viele Wort auf Rain nieder und keines davon verstand er wirklich. Selbst wenn sich inmitten ein Wort versteckte, das er in der Sprache der Wölfe schon entdeckt hatte, so konnte er es in dem Gewirr nicht erkennen. Einzig und alleine Vargland hörte er in dem Satz heraus, es war schließlich ein Wort aus seiner eigenen Sprache. Jedoch nickte er, als Nayantai den Orten auf der Karte Schafe und Wölfe zuordnete, trotzdem fehlte noch eine wichtige Information und so deutete der Blonde auf die Heimat des Wolfes.
      "Name?", fragte er ein einziges Wort, dessen Bedeutung er dem Wolf noch gar nicht beigebracht hatte, weswegen er, bevor er auf eine Antwort wartete, auf sich deutete. "Rain." Dann deutete er auf den Wolf. "Nayantai.", kam es etwas holpriger und schließlich deutete er wieder auf das Land der Wölfe und sah seinen Gast fragend an. Er musste einen Namen für eine Heimat haben. Einen Ort ohne Namen, konnte Rain sich gar nicht vorstellen. Ein Ort ohne Namen wirkte irgendwie trostlos, verlassen und leer. Als würde es dort nichts geben, das einen Namen verdiente.

      "Wieso lasst ihr euch nirgendwo nieder?", fragte Rain anschließend in den Raum und mehr sich selbst, als den Wolf. Auch wenn er gerne wissen wollte, was die Welt bereit hielt, so wäre es ihm doch lieber von Gasthaus zu Gasthaus zu reisen und ein Dach, sowie einen warmen Kamin vorzufinden. Die Wölfe jedoch hatten keine Raststätten an Straßen, oder überhaupt Straßen. Sie wanderten mit ihren Zelten dort hin, wo es gab was sie suchten, blieben aber nicht. Rain verstand nicht ganz wieso. Wieso wollte man nicht einen Ort, an dem es sicher war. An den man sich zurück ziehen konnte, wenn die Reise zu beschwerlich, oder der Winter zu kalt wurde?
    • Nayantai sollte sich zügeln, nicht all diese fremden Worte auf einmal in den Mund nehmen und das Schaf vor sich unnötig verwirren. Ihm die Sprache der Wölfe näherzubringen widerstrebte vermutlich so manchen Mitgliedern seines Volkes, die ihren Prinzen ohnehin schon als einen Verräter abstempeln würden, erfuhren sie erst, dass er noch nicht ins Gras gebissen hatte und seine Tage in den wohlig warmen Steinhäusern der Schafe verbrachte, während er sich bei diesen integrierte und mit ihnen spielte, als wäre er schon sein Leben lang handzahm – als wäre er kein gezeichneter Krieger, dem in seiner Jugend mehr Leid widerfuhr als einem Schaf in seinem ganzen Leben, nein. Davon zeugte vermutlich sein Körper, aber nicht sein Geist – zumindest noch nicht. „Du verstehst mich also doch nicht, einen Versuch war es zumindest wert“, bemerkte er bedrückt, als ihm das Konzept von Namen erklärt wurde – oder zumindest, was es bedeutete. In seiner eigenen Sprache wiederholt, zeigte er dann wieder auf Vargland. „Thria“, sagte er, bestimmt, wohlwissend dass er dafür in Schwierigkeiten geraten konnte, hörte jemand Falsches mit. Danach deutete er wieder auf die Position, von der man sein Volk vermutlich mittlerweile schon vertrieben hatte. Nicht war das falsche Wort – oder etwa doch nicht? Die Sprache der Schafe war ihm nicht geläufig. „Nein“, klang voller Überzeugung – aber was das eigentlich zu bedeuten hatte, das wäre wohl ein Rätsel.

      Was auch immer Rain von ihm wollte, verstand er selbst nicht ganz – wie auch? Ihm fehlte der Wortschatz selbst, weswegen er überlegte, was die Worte bedeuten konnte, doch eine Antwort darauf gab es ohnehin nicht. Nayantai gab sich geschlagen, legte den Kopf in den Nacken und starrte für eine Sekunde an die Decke. „Ich verstehe kein Wort“, nuschelte er, unzufrieden. Gab es hier keine Bücher, die die beiden dazu benutzen konnten, einander besser zu verstehen? Vermutlich nicht, befasste sich doch keiner mit der Sprache der Wölfe, wenn er nicht unbedingt musste. Nayantai stellte sich wieder gerade hin und deutete auf die vielen Bücher, die Rain überall über diesen Raum verteilt hatte. „Du hast nicht zufällig ein einziges Buch in meiner Sprache?“, wollte er wissen, auch wenn er die unausgesprochene Antwort schon kannte. Nein. Oder zumindest glaubte er, dass das der Fall sein würde. Kurzerhand drückte er seine Finger flach auf seinen Daumen, öffnete diese und schloss sie ein paar Mal. „Sprechen“, danach hielt er diese Hand flach auf seinen Hals, während unsinnige Worte von seinen Lippen kamen, die auch in der Sprache der Nomaden keinen Sinn ergaben und wiederholte das Wort. „Schafe. Wölfe. Licht. Schatten. Worte.“ Danach deutete er auf Rain. „Schafe sprechen eine Sprache“, dann wieder auf sich selbst. „Wölfe sprechen auch eine Sprache.“
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    • Thria hieß also das Land der Wölfe in der Sprache der Wölfe. Es war ein schöner Name, fand Rain, schöner zumindest als sein eigenes Wort für das Land, das dem Prinzen gehörte und in einer alten Sprache, die schon ausgestorben war, ebenfalls nichts anderes Bedeutete, als 'Wolfland'. Die Sprache wurde nur noch in Schriften der Tempel verwendet, Rain beherrschte sie ein wenig, aber nicht perfekt. Zu seinem Bedauern hatte weder die eine, noch die andere Sprach etwas mit der Sprache der Wölfe gemeinsam. Zumindest schien es so.

      Als Nayantai schließlich auf die Bücher deutete, war Rain ein wenig überrascht. Er tat das so bestimmt und stellte eine Frage, die mehr war als ein einfaches 'Was ist das?'. Bisher hatte er angenommen, dass Nayantais Volk nicht lesen und schreiben konnte, aber vielleicht hatte er sich da geirrt, immerhin waren viele Geschichten über die Wölfe falsch. Als Nayantai weiter sprach und Rain die Worte Sprechen und Sprache näher gebracht wurden, war er sich sicher, dass Nayantai ein Buch suchte, das er lesen konnte.
      "Ich glaube ich weiß was du mir sagen möchtest... vielleicht gibt es Bücher, die in deiner Sprache geschrieben sind. Wenn wir nur zwei Bücher hätten, die dieselbe Geschichte erzählen, dann würde uns das Lernen sicher leichter fallen. Aber ich denke unsere Völker haben keine gemeinsamen Geschichte.", überlegte er laut, machte sich aber dennoch zielstrebig zu einem Stapel Bücher auf. Die ersten fünf räumte er herunter und stellte sie auf einen neuen Stapel daneben. Das sechste Buch nahm er auf, öffnete es und hielt es Nayantai hin. Es war tatsächlich in einer Sprache geschrieben, die Rain nicht lesen konnte, nicht einmal die einzelnen Buchstaben kannte er, er wusste aber nicht, ob es die richtige Sprache für den Wolf beinhaltete.
    • Womöglich gab es eine Zeit, in der alle Wölfe ein und dieselbe Sprache beherrschten, zusammenlebten und vielleicht auch kurz davor gewesen waren, ihre eigentlichen Ideologien dafür aufzugeben, um sich mit den steinernen Städten der Schafe messen zu können, aber bevor das geschah, teilten sie sich. Viele Wölfe hörten sich gar anders an, kaum nahmen sie Worte in den Mund und doch waren es nur kleine Unterschiede, die oftmals daran lagen, dass eine Aussprache sich für ein Volk festsetzte, weil sie entweder einen Buchstaben überlasen oder aber, weil es für sie einfacher war, dieses Wort so auszusprechen. Dennoch teilten sie sich keine Sprache mehr – auch, wenn ein jeder Wolf spätestens durch Schriften wusste, was ein anderer zu meinen vermochte. Ein Großteil der Völker verständigte sich lediglich durch Briefe, die sie einander mit Vögeln sandten, nicht durch einen Boten – also musste zumindest etwas überein stimmen, selbst dann, wenn man den Schafen beibrachte, dass die Wilden nicht mehr waren als unfähige Bestien, die keinerlei Anstand besaßen.

      Vermutlich war es nicht klug, sich den Schafen derart zu öffnen, seine wunden Punkte gleich zu offenbaren, doch im Moment fühlte sich all das noch einigermaßen trivial an, erst später würde es ihm wohl sauer aufstoßen, kaum drehte er sich mit dem Rücken zu Rain und musste feststellen, dass man ihn betrügen und belügen würde. Nayantai schweig, richtete seinen Blick lediglich auf den Blonden, der wieder vor sich hinredete, ohne dass der Wolf sonderlich viel davon verstand – verübeln konnte er es ihm nicht, denn Nayantai war selbst nicht unschuldig, wenn es darum ging. „Hätte ich diese Sprache von meinem Vater gelernt, dann würden wir uns hier nicht vor einer schier unüberwindbaren Mauer befinden. Was auch immer du sagst, ich glaube zumindest, dass es etwas Gutes ist – oder etwas Neutrales.“ Was auch immer es war, es hörte sich weit entfernt von einer Drohung an, sondern eher wie laut ausgesprochene Gedanken, die wohl nicht versiegen wollten, egal wie sehr man sich bemühte.

      Erstaunt war er erst, als Rain ihm tatsächlich ein Buch überreichte, das er aus seinem Stapel herausnahm. Schön verziert, wie so manch anderes war es kaum, aber es erfüllte seinen Zweck, so fand Nayantai zumindest, kaum schlug er dieses auf. Selbst dann, als er merkte, dass wohl kein Nomade das Buch verfasst haben konnte – die Schrift schien an diversen Stellen undeutlich und so mancher Satz schien etwas ruckelig zu wirken – freute er sich dennoch darüber. Was auch immer ihm dieses Buch beichten wollte, er würde es früher oder später erfahren, und doch blätterte er in diesem umher und fand das ausgeschrieben Wort für Buch am Anfang einer Seite. „Buch“, sagte er, deutete auf das Wort selbst und las sich durch den vollständigen Satz. „Wolf“, sagte er noch, als er bei einem anderen Wort stehenblieb, das sich auf derselben Seite befand. „Ein Schaf hat dieses Buch geschrieben“, um zu verdeutlichen, was er meinte, tat er so, als würde er eine Feder in der Hand halten und machte Bewegungen mit dieser. „Dennoch, danke.“ Zu sagen, er war nicht froh, wäre glatt eine Lüge.
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    • Ein erneuter, langer, bedeutungsloser Satz, aber vielleicht war es nicht schlecht so miteinander zu sprechen, Kinder lernten genau so, sie hörten zu, versuchten den Kontext zu verstehen und irgendwann verstanden sie das gesprochene. Nayantai schien sich jedenfalls über das Buch zu freuen, auch wenn es wohl nicht war, was er erhofft hatte. Ein Danke kam dennoch über seine Lippen. "Schafbuch?", fragte Rain, dem es so befremdlich vorkam nur ein Wort zu sprechen, statt einem ganzen Satz. Bei seiner Erziehung wurde immer schon darauf geachtet ihm beizubringen, schön zu sprechen, in ganzen Sätzen. Aber sie sorgten beieinander schon für genug Verwirrung, wenn sie immer aussprachen, was sie dachten. "Ich kenne die Sprache aber nicht. Schafsprache, nein.", erklärte er noch und schüttelte den Kopf, zuckte dann aber mit den Schultern. Im Moment hatte das Buch wohl keinen großen Wert für sie Beide. "Mir it aber eine andere Idee gekommen. Einen Moment.", lächelte er und hob den Finger.

      Er schritt auf einen anderen Stapel zu und zog ein Buch von ganz unten heraus. Der Stapel wackelte bedrohlich blieb aber stehen. Es war ein dünnes Buch, viele dünner als die anderen und auch das einzige seiner Art hier. Es hatte einen sentimentalen Wert, ein Kinderbuch, das ihm seine Mutter oft vorgelesen hatte, das er aber schon lange nicht mehr betrachtet hatte. Er kam damit zurück zu dem Wolf und schlug das Buch auf, zeigte es ihm. Neben ein paar einfach Sätzen fand sich eine große Illustration, die zeigte, worum es in der Geschichte ging. So sah jede Seite aus und Rain glaubte, so fiel es ihnen vielleicht einfacher voneinander zu lernen.
      "Da ist eigentlich ein Kinderbuch. Lammbuch.", lächelte er und drückte es Nayantai in die Hand. "Ich habe noch mehr in der Bibliothek."
      Auf der ersten Seite fand sich ein Bild von drei Hasen, zwei großen und einem kleinen Hasen.
      "Es war einmal eine glückliche Hasenfamilie.", sagte er den ersten Satz auswendig auf und deutete dann auf das Bild.
      "Ein Hase. Zwei Hasen. Drei Hasen. Familie. Sie sind glücklich.", er deutete nun auf ihre Gesichter, die alle ein Lächeln aufwiesen. Dann lachte er leise. "Wir können uns das aber auch für morgen aufheben, wenn du lieber etwas anderes tun möchtest, als weitere Worte zu lernen."
    • Voneinander genug lernen zu können würde Zeit beanspruchen - allerdings würde es auch lange genug brauchen, bis sie einander nicht nur physisch die Hand reichten, sondern auch soweit waren, sich gänzlich zu öffnen. Zumindest ging es Nayantai so, der noch nicht wusste wohin mit ihm und ihm dem wohl noch immer die Angst keimte, dass er eines Tages entweder nicht mehr aufwachte, oder sich irgendwo gefesselt in einem Kerker dieses Anwesens wiederfand, weil Rain sich dazu entschied, dass er ihn nicht gehen lassen wollte. "Nein", entgegnete er Rain. "Wolfbuch ... von einem Schaf", ergänzte er. Die Sprache war ihm geläufig, die minimalistischen Fehler häufig, fing man erst an, die Sprache sein eigen zu machen und das Alphabet zu lernen, das aus geschwungenen und verzerrten Zeichen bestand, die wohl kaum jemand entziffern wollte, der sich nicht anzustrengen vermochte oder sich einbildete, er müsste die fremde Sprache der Thrianer erlernen, die sie alle als wilde Wölfe verteufelten und ihnen nachsagten, sie brachten Krankheiten und Unheil mit sich, wohin sie auch zogen. "Wolfssprache ja", antwortete er dem Schaf vor sich, das der plötzlichen Meinung war, es müsse sich etwas anderes einfallen lassen um den wissensdurstigen Wolf bei Laune halten zu können. "Aus dir werde ich wohl wirklich nicht schlau."

      Aufgerissene Augen folgten dem Schauspiel, das sich erneut wiederholte, betrachteten Rain, dessen endlos wirkende Stapel aus Büchern und die anderen Teile dieses Zimmers, die er im Augenwinkel erspähen konnte, aber vorerst keine weitere Beachtung schenken wollte. Nichts Neues war es, dass man versuchte, ihn bei Laune zu halten, wenn man ihn aus den Gefilden eines Kerkers fischte, damit er dem Kaiser höchstpersönlich nicht sofort die Nase abbiss, legte dieser auch nur kurz Hand an um sich seines Juwels zu besehen - leider schien er hier wie ausgewechselt, zumindest für den Moment. "Lammbuch ... Kinderbuch." Nayantai räusperte sich, setzte streckte sich etwas gen Boden und setzte seine Hand bei seinem Oberschenkel an. "Kinder?", fragte er etwas verwirrt, schien jedoch zu verstehen, um was es genau ging. Wölfe besaßen auch derartige Geschichten, allerdings waren diese nicht niedergeschrieben, sondern wurden von Mund zu Mund überliefert und miteinander geteilt. Auch, wenn er nicht wusste, wie er diese übersetzen sollte, kannte er einige Geschichten dieser Art, die seine Mutter ihm immer erzählt hatte und er seinen jüngeren Geschwistern. "Hase. Ein Hase, zwei Hasen, drei Hasen", sprach er dem Blonden nach, bevor er jedoch über das Wort "Familie" stolperte. Um das arme Schaf nicht außen vor zu lassen, wiederholte er für diesen das gerade Gesagte in der Sprache der Wölfe, nickte dann aber allerdings nur, um ihm zu symbolisieren, dass er zuhörte, aber nicht ganz verstanden hatte. "Glücklich?", harkte er nach, besah sich dann der Gesichter der Hasen und nahm seine zwei Zeigefinger, zog die Ränder seines Mundes nach oben in ein Lächeln und fragte erneut: "Glücklich?" bevor er diese wieder losließ.
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    • "Wolfbuch...", wiederholte Rain und dachte kurz darüber nach. Womöglich war er nichts Besonderes, nicht der Einzige, der versuchte die Wölfe zu verstehen, sich ihnen anzunähern. Vielleicht gab es vor ihm jemanden, der den selben Gedanken hatte, einen Adeligen womöglich, denn er konnte schreiben. Erneut hatte Rain viele Fragen, doch das Buch konnte ihm nicht helfen, er verstand es genau so wenig wie den Wolf. Aber womöglich half es dem Wolf das Schaf zu verstehen. "Behalte es.", sagte Rain also und deutete noch einmal auf das Buch. "Dein. Dein Buch.", lächelte er, widmete sich aber wieder dem Kinderbuch, aus dem sie sicher viel lernen konnten. Die Illustrationen würden ihnen helfen, auch wenn es für ein Kind wohl leichter war zu lernen. Ein Kind lauschte gerne der Stimme der Mutter, egal was sie sagte, egal ob das Kind verstand. Nayantai und Rain, sie wollten verstehen, lernen und sie waren beide frustriert, brauchten sie lange dafür. Obwohl... an nur einem Tag hatte Rain eigentlich schon Vieles gelernt.

      Als Nayantai seine Hand auf Hüfthöhe hielt nickte Rain lächelnd. "Ja. Kind.", bestätigte er und sah ihm zu, wie er das Buch weiter betrachtete und die Worte aussprach, die Rain versuchte ihm beizubringen. Nicht alles schien sofort verständlich für den Wolf, vielleicht waren solche Geschichten über Hasen die sich wie Menschen verhielten auch fremd, vielleicht war all dies verwirrend für ihn.
      Rain musste allerdings zunächst lachen, als der Wolf seine Mundwinkel nach oben zog und ein Lächeln symbolisierte, als könne er nicht ohne Hilfe lächeln. Womöglich hatte der Wolf es aber verlernt, er war so lange eingesperrt. "Tut mir Leid.", räusperte Rain sich, nachdem er sich beruhigt hatte, er wollte den Wolf nicht vor den Kopf stoßen. "Ja. Glücklich."
      Nur das Wort Familie schien nicht ganz klar zu sein. "Ein großer Hase, kräftig.", sagte Rain und klopfte sich hochtrabend auf die Brust. "Ein weiblicher Hase. Frau.", sagte er und hatte nun ein Problem, er wusste nicht wie er das erklären sollte, ohne sich komplett zum Affen zu machen. "Sara!", rief er plötzlich aus, "Erinnerst du dich an Sara? Sara ist eine Frau. Du bist ein Mann. Du, Mann. Ich bin auch ein Mann.", er deutete erneut auf Nayantai und dann auf sich selbst. Dann wieder auf die Hasen. "Mann, Frau, Kind. Familie. Verstehst du?"
    • Wie viele der Schafe sich davor schon an der fremden Sprache der Wölfe versucht hatten, das konnte er nicht sagen, doch schien es Beweise darüber zu geben, dass Rain nicht der Erste war, der sich der Thrianer annehmen wollte und schon gar nicht der Letzte, der versuchte, das zu verstehen, das nicht für ihn gemacht worden war. Die Sprache der Wölfe war sonderbar, das musste man ihr lassen, hatte sie doch keinerlei Verbindung zu einer anderen Sprache auf diesem Kontinent - zumindest schien es so, bedachte man, dass sie sich ihr Alphabet mit keinem teilten und nur einander verstanden, selbst, wenn sie versuchten es den Fremden auch recht zu machen. "Mein Buch ... ich darf es behalten?", harkte er verwirrt nach, als er von dem Buch, das er in seiner Hand hielt, zu sich selbst zeigte. Meinte Rain wirklich, dass er dieses Ding haben durfte? Wieso ging man hier so mit ihm um? Hatte man sich einen Narren an ihm gefressen, oder war das alles wirklich nur eine Taktik um ihn dazu zu bekommen, sich zu öffnen, zu entfalten und ihm danach ein Messer in die Rippen zu rammen, dort, wo es nicht hingehörte? Nein - er musste positiv denken, sollte sich nicht vom Pessimismus übermannen lassen.

      Also hatte er doch recht gehabt, wie er merkte - es wäre eine Untertreibung, zu meinen, dass er sich nicht freute, doch selbst wenn er genau das tat, dann fiel es ihm wiederum nicht leicht, das zu zeigen, weswegen er sich etwas beschämt im Nacken kratzte. Sie beide wussten, dass sie sich nur helfen konnten, wenn sie versuchten, voneinander zu lernen, egal welche Differenzen sie hatten. Nayantai hustete erneut in seine Armbeuge, wusste, dass all das hier noch lange nicht vorbei war und das jede Medizin der Welt nicht dabei helfen konnte, fing eine Krankheit erst an, sich bei jemandem einzunisten - egal, ob es ein starker Wolf oder ein schwächliches Lamm war. "Ich hoffe, mein Husten stört dich nicht ..." Selbst, wenn es das tat, könnte er noch immer zurück in sein Bett kriechen und dort vor sich hin siechen, während er wartete bis die Welle über ihn hinweg gezogen war und er sich wieder einigermaßen gesund fühlte. Nayantai nickte, dann hörte er zu - Hasen, was vermochten diese Tiere einem schon zu erzählen? Die Erklärung Rain's überschlug sich, doch er verstand einigermaßen, was damit gemeint war und die Worte, die damit in Zusammenhang hingen. Seine Finger legte er nicht auf das Kinderbuch, stattdessen deutete er nur auf die einzelnen Hasen. "Also meinst du eine Familie?" bevor er die einzelnen Hasen benannte. Mann. Frau. Kind. "Ja, denke ich zumindest." Danach zog er einen Kreis um die drei Hasen. "Eine Familie?", fragte er zur Bestätigung nochmals nach.
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    • Der Wolf schien nicht ganz fassen zu können, dass das Buch ihm gehören sollte. Was besaß der Wolf denn noch? Nichts, vermutlich, bis auf dieses Buch nun. Rain konnte damit nicht viel anfangen, der Wolf sollte es behalten, sollte es lesen. Auch wenn es von Rains Volk verfasst wurde, die Sprach der Wölfe konnte Nayantai vielleicht Trost spenden und ihm helfen. Rain wusste nicht was darin stand, ob es nun Geschichten der Wölfe waren, Geschichten über die Wölfe, oder etwas über Rains Volk, vielleicht sogar seine Sprache. Vielleicht half es am Ende sogar ihnen beiden. "Behalten... ja.", wiederholte Rain und hoffte er hatte aus dem Kontext richtig auf dieses Wort geschlossen.

      Nun wandte Rain sich wieder dem Buch zu, doch zuerst schien Nayantai etwas zu sagen, das nichts damit zu tun hatte. Sprach er sein Husten an? Eine Frage...? Es klang nicht wie eine. Rain war nicht sicher, was der Wolf sagte, was er wollte.
      "Bett?", fragte er deshalb, "Möchtest du zurück ins Bett? Wenn es dir nicht gut geht, dann sehen wir morgen weiter." Der Husten selbst störte Rain nicht, obwohl er wusste, dass er besser Abstand halten sollte. Nicht jede Krankheit war ansteckend, doch wenn sie es war, konnte es für Rain zu einem Problem werden. Wenn einer der Bediensteten eine laufende Nase hatte, oder hustete, dann wurde er meist für einige Tage nach Hause geschickt, bis es besser wurde. Rain wusste, er ignorierte hier ein Problem, das ihm das Leben kosten würde und er war egoistisch, weil er es tat. Seine Bediensteten würden von dem Nichts stehen, sein Vater hätte keinen Erben mehr und Nayantai... er würde vermutlich doch hingerichtet. Doch Rain wollte sich die Zeit hier nicht nehmen lassen, indem er sich in seinem Zimmer versteckte und Angst hatte, ein Husten könne ihn töten. Und was würde der Wolf denken, wenn er ihn einfach alleine ließ, ihn in dieses Zimmer sperrte? Rain konnte nicht erklären, wo das Problem lag... noch nicht.

      Er blickte wieder auf das Buch, der Wolf versuchte zu verstehen. Er zog einen Kreis um die drei Hasen, Rain glaubte er habe verstanden. "Ja, Familie.", lächelte er. "Sie gehören zusammen. So wie..." Rain blickte von dem Buch auf, sah den Wolf an und schüttelte schließlich den Kopf. "Vergiss es." Das war wohl das falsche Thema. Der Wolf musste schon seit Jahren alleine sein und seine Familie vielleicht restlos ausgelöscht. Auch Rain hatte viele Menschen verloren, Menschen die viel stärker gewesen waren als er. Der Tod war unausweichlich, aber manche wurden zu früh aus dem Leben gerissen.
    • Die Lumpen, die Sara mit sich genommen hatte und der letzte Funken Stolz, den Nayantai noch nicht ganz verloren hatte - seine Sprache und auch sein Leben gehörten noch immer ihm, dennoch waren die Aussichten darauf, dass er eines Tages wieder über Felder rennen konnte, sich seinen Weg durch die Tundra bahnte und mit seinen Brüdern auf die Jagd ging, gering. Wenn sie noch alle lebten, dann wäre es Nayantai der nicht mehr zu ihnen finden würde - taten sie es nicht, dann würde er sie nicht dort vorwinden, wo er die zerrütteten Reste seines Volkes vorfand, aber auch dann wäre es wohl schon lange nicht mehr sein Volk. "Danke, Rain", nuschelte er. Etwas, das ihm gehörte, das man ihm vorerst nicht nehmen konnte, oder gar wollte - es erfüllte ihn mit einem kleinen Stück Freude, würde doch ein Schafbuch den Anker seines Lebens bilden, aber das war ihm egal. Wer auch immer es verfasst hatte, hatte sich die Mühe gemacht, sein Volk zumindest soweit kennenzulernen, dass er ihre Sprache erlernte - so jemand konnte den Thrianern nicht feindlich gesinnt sein.

      "Nein, nicht", versuchte er sich zu artikulieren, schüttelte den Kopf - er würde vorerst keinen Fuß mehr in dieses vermaledeite Bett setzen, zumindest nicht bevor er wieder wirklich müde war. Nayantai wollte lernen, wollte verstehen, was genau er alles vor sich hatte und später, wenn er wieder alleine war, dieses Buch ergründen. Es würde durchaus gut tun, die eigene Sprache wieder zu lesen - sehen zu können, was man über sie schrieb und ob auch dieses Schaf es nicht verstand, wie man mit ihnen umging und sie nicht mit den Füßen trat. Aber eines wurde ihm klar: Man erkundigte wohl aufgrund seines Hustens darüber, ob er wieder in sein Bett wollte. "Mir geht es gut, ich wollte dich lediglich fragen, ob dich mein husten stört ... wie erkläre ich dir das?" In der Hoffnung, irgendwie Sinn zu machen, drückte er seine Hand wieder auf seine Kehle, klopfte sich dann allerdings auf die Brust, bevor er wieder hustete. "Mein Husten", danach deutete er auf Rain, weil ihm keine gute Beschreibung dafür er einfiel. "... stört er dich?", wollte er wissen, auch, wenn sie die Möglichkeit nicht hatten, sich einwandfrei zu verständigen, musste genau das reichen. Hatten sie eine andere Wahl? Wohl eher nicht.

      Wohin auch immer die Worte des Lammes führten, der Wolf verstand nicht, sondern ließ seine Augen auf dem Bild der Hasenfamilie ruhen, die glücklich war, so wie es ihm beschrieben wurde. Eine glückliche Familie - etwas, das der Prinz der Wölfe nicht mehr hatte und Rain schien auch nichts davon zu besitzen, nur Bedienstete, die sich um ihn sorgten. Zumindest schien es so. "So wie?", erkundigte er sich, ohne dass er die Worte wirklich verstanden hatte - aber er richtete seinen Blick nicht länger auf Rain, dieser klebte förmlich schon an den Hasen, bevor Nayantai erneut seufzte. "Wenigstens sind wir uns in einer Hinsicht ähnlich. Oder täusche ich mich? Hast du eine Familie?" Vielleicht sollte er sich doch hinlegen, sich metaphorisch die Wunden lecken und darauf warten, dass ihn die Geister der Vergangenheit in verfluchten Träumen heimsuchten. Aber zu was sollte das auch nur führen? Nayantai klopfte Rain auf die Schulter. "Bett", der Stein, der ihm im Magen saß, sank - er hatte genug für heute.
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    • Rain hatte offenbar falsch verstanden, denn Nayantai verneinte, deutete noch einmal ein Husten an und fragte erneut. Vielleicht war es tatsächlich so, dass der Wolf ihn nicht anstecken wollte, auch wenn er nicht von seinem Zustand nutzte. Seine dünnen Arme, die schmalen Wangen... das reichte vielleicht, um zu fürchten, alles könne Rain verletzen.
      Er schüttelte lächelnd den Kopf, winkte ab. "Alles gut.", versicherte er, er wollte weiterhin nicht daran denken, was für Risiken er hier einging. Er wollte nicht an eine mögliche Krankheit denken, an ein Messer in seiner Brust, die Hände des Wolfes um seinen schlanken Hals... All das konnte ihn töten und doch wollte er es mit Vertrauen versuchen und einem Fünkchen Ignoranz. Denn eine Krankheit war nichts, was der Wolf absichtlich weiter geben konnte.

      Das Buch bekam wieder ihre Aufmerksamkeit und es schien als hätte Rain damit Recht gehabt, dass das Thema vielleicht doch genau das falsche war. "Meine Familie?", fragte Rain nach. Fragte der Wolf nach Rains eigener Familie? Er hatte seinen Vater kennen gelernt, unter schlechten Umständen und niemand anderer blieb. Es war ebenfalls ein Thema, über das Rain lieber schweig. Wer wusste schon, wa Rains Vater mit dem Wolf gemacht hatte und wer wusste schon, ob der Wolf wusste, dass Rains Vater bestimmt hunderte seines Volkes getötet hatte. Er war fast froh, dass der Wolf das Wort Bett aussprach und das Gespräch damit beendete. Rain sah zu ihm auf, lächelte leicht und nickte.
      "Tut mir Leid.", murmelte er seufzend und stellte nur noch sicher, dass der Wolf das geschenkte Buch auch mitnahm und verstand hatte, dass es nun ihm gehörte. Anschließend begleitete er ihn zu seinem Zimmer und verabschiedete sich schließlich für die Nacht.
    • Zu behaupten, Wölfe setzten auf Herdenimmunität war nicht gänzlich richtig - manche von ihnen taten es, während andere sich komplett zurückzogen, versuchten, ihre vorläufige Schwäche zu verstecken und sich Niemandem mehr zu zeigen, bis sie genesen waren. Nayantai war eigentlich einer von ihnen - kaum zeigte er Anzeichen einer Krankheit isolierte er sich in seinem Zelt, bewegte sich kein Stück aus diesem, bis es ihm nicht besser ging und ließ lediglich diejenigen an sich heran, denen er vertraute. Sein Vater. Seine Mutter. Sein Bruder. Aber all diese Leute gab es hier nicht, sie waren - wenn es sie noch gab - in Thria, oder gar an anderen Punkten dieser Welt angekommen, aber sicherlich nicht hier bei ihm in Faerghus, schon gar nicht in der Nähe des jungen Fürsten, der ihn wie einen Ebenbürtigen behandelte und nicht wie ein verrottetes Stück Fleisch, das schon so zerkaut war, das es keinerlei Wert mehr besaß. Würde es morgen anders aussehen, verflog die Erkältung, die er sich wohl eingefangen hatte wie im Flug, dann wäre es wohl nichts weiter gewesen als eine kurze Krankheit, die ihn nicht verschluckte. Ansonsten würde er sich einfach in seinem Zimmer verstecken, damit er wieder gesund wurde.

      "Deine Familie", entgegnete er dem Schaf sofort, als ihm eine Rückantwort gegeben wurde. Dennoch bohrte er nicht weiter nach, sondern schüttelte den Kopf und drückte seinen Zeigefinger gegen die eigenen Lippen. "Du musst mir nichts erzählen, das du mir nicht erzählen willst." Nayantai war der Letzte, der Rain dazu zwingen würde, ihm etwas zu erzählen das ihm eventuell schaden konnte, oder nicht in seinem Sinn stand. Fremde Worte - sie klangen wehmütig, fand der Wolf - drangen über die Lippen des Blonden, aber er schüttelte erneut den Kopf, als wolle er ihm sagen, dass es keiner Entschuldigung bedarf. "Du hast nichts falsch gemacht, mach dir keine Sorgen", antwortete Nayantai. Das Buch fest umklammert, folgte er ihm zurück zu seinem Zimmer, in welchem er sich dann also einnisten würde. "Schlaf gut", sagte er, faltete dabei die Hände und legte seinen Kopf auf diese. "Wir sehen uns", und mit diesen Worten ließ er Rain auch schon alleine, schloss die Tür hinter sich und atmete tief ein. Würde er sich das Gesicht von seinem Kopf reißen, dann würde es in diesem Fall auch nichts bringen, aber er fühlte sich so hilflos und verloren an, so allein und einsam - das Buch über die Thrianer legte er auf seinen Nachttisch, kaum hatte er sich ein klein wenig beruhigt.

      Undeutliche Worte nuschelte er vor sich hin als er sein Hemd aufknöpfte und dieses beiseite legte, nur um danach wahrhaft wieder in sein Bett zu schlüpfen und die Decke über sich zu ziehen. Sollte er Passagen des Buches lesen? Oder versuchen, einen abwesenden Sternenhimmel zu erkennen, der gar nicht erst existierte? Der Wolf wusste nicht so recht - und kaum drehte er auf seine Seite, so schmerzte ein und dieselbe Wunde wie gestern. Verfluchter Mist. Wohlwissend, er bekäme so keinen Schlaf, setzte er sich auf und begann, durch das Buch zu stöbern, das man ihm gegeben hatte - und ehrlich gesagt las es sich wie ein Tagebuch, versehen mit einem geläufigen Namen und Daten, die in Thria bekannt waren. Auf den ersten Seiten stand kaum etwas interessantes, so war es auch kein Wunder, dass Nayantai nach einiger Zeit aufgab, das Buch wieder weglegte und sich erneut umdrehte - und den inneren Frieden fand, den er brauchte, um einzuschlafen.
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • Das war kein gelungener Abschluss gewesen. Rain sollte es besser wissen und vorsichtig sein, worüber er mit dem einsamen, verletzten Wolf sprach. Es gab bestimmt viele Themen, die ihn verletzen konnten, die ihn womöglich sogar wütend machten, oder ihn hinaus in die Kälte trieben. Wenn der Wolf sich dem Schaf weiter öffnete, wenn sie einander langsam verstanden, dann war es bestimmt auch nur eine Frage der Zeit, bis der Prinz nach seinem Volk fragte und wissen wollte, wie es um seine Familie stand. Rain konnte da nur schlechte Nachrichten überbringen, aber irgendwann würde dieses Gespräch wohl stattfinden müssen.

      Rain machte sich nicht sofort zu seinem Zimmer auf, stattdessen begab er sich zurück in das Zimmer, in dem sie beide eben noch gewesen waren und holte seine Notizen. Er schrieb weiter auf, was er sich gemerkt hatte und nahm das Stück Papier mit in sein eigenes Zimmer, um die Worte des Wolfes noch einmal durchzugehen, bevor er sich schließlich ins Bett legte.

      Er fragte sich was die Bediensteten wohl dachten, was sie über den Wolf und ihn selbst sagten. Sie mussten sehen, dass es Rain besser ging, als die Wochen und Monate zuvor, gleichzeitig aber mussten sie besorgt sein. Es gab viele Geschichten über die Wölfe die nicht nur blutrünstig mordeten, sondern auch Menschen verhexten, ihnen ihre Seelen raubten... Ob sie dachten, der Wolf könnte sowas bei Rain versuchen, oder dass er es schon getan hatte? Warum sonst, sollte er ihn so freundlich behandeln?
      Rain seufzte, er wusste, dass seine Bediensteten ihm niemals widersprechen würden, aber es würde noch schwierig werden, den Wolf weiter hier zu behalten und als eine Art Freund zu behandeln.

      Am nächsten Morgen ließ Rain ein Frühstück bereiten und brachte es, zusammen mit der sauberen und geflickten Kleidung zu seinem Zimmer. Wie üblich klopfte er, nur dass er diesmal auf eine Antwort wartete, bevor er eintrat. Immerhin hatte er dem Wolf diesen Brauch gestern noch erklärt, ob er es verstanden hatte, war eine andere Frage.
    • Lag man noch stundenlag wach im Bett und wälzte sich von der einen schmerzenden Seite zur anderen, nur weil man aufgewacht war, dann musste man wohl oder übel realisieren, dass etwas nicht ganz stimmen konnte. Was auch immer es jedoch war, Nayantai konnte es nicht so recht deuten. Vielleicht wurde ihm all das hier zu viel, eventuell war ihm das zur Verfügung gestellte Bett zu weich oder aber er fühlte sich in seiner Haut einfach unwohl, gerade deshalb, weil es aus seiner jetzigen Situation nur einen Ausweg gab – und das war leicht bekleidet durch das Fenster in den Schnee, dort, wo er sich den Tod holen würde. Wölfe waren robust, das wusste er, aber auch wenn die Bewohner Adrasteias die Menschen aus Thria mit wilden Tieren gleichstellten, so glichen sie diesen noch lange nicht auf Haut und Haar. Selbst dann, als Nayantai immer wieder einschlief und wenige Minuten später aufschreckte, fühlte er sich miserabel – sein Hals schmerzte, sein Kopf fühlte sich schwerer an als er sein sollte, ihm war heiß, dann wieder warm und sein Husten hörte sich ungefähr so an, als würde ihm ein Forsch im Hals stecken.

      Der nächste Morgen fühlte sich ungefähr so holprig an, wie es die letzte Nacht tat – mit dem feinen Unterschied, dass nicht nur sein Hals durchgehend schmerzte, sondern auch die Wunde an seiner Seite, die ihm gestern schon Probleme bereitet hatte. Nayantai hatte eine gewisse Vorahnung, die sich bestätigte, kaum riss er sich die Decke vom Körper – der Bereich um sie, der nicht von heilenden, blauen Flecken förmlich verschlungen wurde, war gerötet und fest, sie hatte sich also doch entzündet. Raunend und mit gehörigen Kopfschmerzen griff er zu dem Rest der Flüssigkeit, die ihm Rain’s Arzt bereitgestellt hatte und schluckte diese, in der Hoffnung, sie würde sich zumindest irgendwie auf seine Misere auswirken. Danach nahm er die Decke, schlang diese um seinen Körper und wollte nichts von der Welt dort draußen sehen, die durch den vielen Schnee so weiß und wunderlich erstrahlte.

      Nicht viel später klopfte es an seiner Tür – vermutlich war es Rain, es war immerhin schon morgen. Aber gerade jetzt empfand Nayantai kein sonderliches Verlangen danach, sich mit einem wissbegierigem Lamm zu beschäftigen. „Nein“, entgegnete er dem Klopfen an der Tür, schüttelte das Gelernte von gestern ab und hörte sich selbst bei einem Satz eher so an, als wäre er heiser und würde seine Stimme ziemlich bald verlieren. „Lass mich in Ruhe.“
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    • Rain war schon drauf und dran gewesen die Tür zu Öffnen, als das Wort Nein in der Sprache der Wölfe von der anderen Seite der Tür zu ihm drang. Doch der Wolf klang anders als noch am Tag zuvor, womöglich weil Rain ihn geweckt hatte, womöglich war es mehr als nur ein Husten. Wenn Rain eines wusste, dann wie sich jemand anhörte, der krank war, dem etwa fehlte. Und ein Wolf leckte seine Wunden meist im Stillen, alleine, um seine Schwäche nicht zu zeigen, damit sein Rudel ihn nicht auffraß. Natürlich war Nayantai kein echter Wolf, aber es konnte durchaus Wahrheit in dieser Analogie stecken und deshalb öffnete Rain dennoch die Tür, obwohl er nicht hätte eintreten sollen.

      Der Anblick der sich ihm bot machte mehr als klar, dass es dem Wolf nicht gut ging und auch Eraqus, der Rain auf Schritt und Tritt begleitete, sah den Schweiß auf der Stirn des Wolfes, packte Rain an der Schulter und zog ihn zurück, als könnte es ihn umbringen, bloß den Raum zu betreten. "Schon gut.", beschwichtigte der Blonde etwas säuerlich, ob der in seinen Augen übertriebenen Fürsorge, die dazu geführt hatte, dass Rain die Kleidung des Wolfes, die er zuvor noch in den Händen gehalten hatte, auf dem Boden verteilt hatte. Sara hob sie bereits auf, in der anderen Hand balancierte sie das Tablett mit dem Frühstück.
      "Junger Herr, ich sagte nichts als sie dem Wolf näher kamen als mir lieb war, aber dieses Fieber... wenn es einen Wilden in die Knie zwingt, wird es Sie umbringen!"
      Rain schnaubte, aber er wusste seine rechte Hand hatte Recht mit dem was er sagte, vielleicht machte gerade das ihn unzufrieden. "Lasst zumindest den Arzt kommen, er soll ihn erneut untersuchen und dieses Mal gründlich, als ginge es um mein eigenes Leben."
      "Sehr wohl, junger Herr."
      Sara erhob sich gerade vom Boden, da nahm Rain ihr das Tablett aus der Hand. "Und du lauf in die Küche und lass Suppe zubereiten. Ich glaube kaum, dass er jetzt etwas Festes zu sich nehmen möchte." Auch Sara nickte und verschwand kurz darauf mit den selben höflichen Worten.
      Rain selbst seufzte, drückte einem Soldaten das Tablett mit dem Frühstück darauf in die Hand, da er jetzt sowieso nicht viel zu tun hatte und schloss die Tür, um Nayantai seinen Wunsch zu gewähren, bis der Arzt eintraf.
      Dieser brauchte nicht lange bis er hier war. Die Tür öffnete sich nur Minuten später wieder und der Arzt trat ein, alleine, Rain wartete weiterhin bei der Tür.
    • Grämte man sich zu sehr, so wie es der Wolf in diesem Moment tat, dann wurde einem einiges klar. Ein einfaches Fieber fang keinen Wolf in die Knie, aber auch Nayantai war schon lange nicht mehr der Meinung, dass er überhaupt ein Wolf war. Die letzten Monate hatte er damit verbracht, irgendwo in einem modrigem Steinkeller seine Tage zu fristen, sich kaum von irgendetwas sinnvollem zu ernähren und an den Tag zu denken, an dem das Licht nicht mehr nur aus den kleinen, viel zu hoch gelegenen Fenstern drang, die mit Gitterstäben abgesichert waren. Befand man sich in solchen Situationen, war einem klar, dass man – egal wie verletzt man war – keine Sekunde an eine etwaige Krankheit verschwenden durfte, so würde sie ihn doch sofort einholen und dahinraffen, als sei er nicht mehr wie ein Blatt im Wind. Aber jetzt, nachdem er sich an einem Ort wiederfand, and dem man ihn mit einigermaßen offenen Armen empfang und an dem man sich tatsächlich um ihn sorgte, ließ er sich selbst ruhen. Ein Fehler, wie er nun herausfand. Die fehlende, permanente Angespanntheit und der Stress darüber, ob er den nächsten Tag wohl noch erleben würde, waren verebbt. Nayantai wusste, dass er leben würde – dass es nichts mehr gab, wovor er sich großartig zu fürchten hatte. Nun, da all das verblasst war, fand sich der Wolf in der Situation wieder, in der er nicht sein wollte: Er wurde krank und vermutlich schwach, musste sich auskurieren und hatte ohnehin keine Wahl, außer Hilfe zu akzeptieren.

      Die Schafe unterhielten sich, sichtlich aufgebracht, in ihrer Sprache – dass man seinem Wunsch, die Tür geschlossen zu lassen, kein Gehör schenkte, war nicht sonderlich verwunderlich. Kaum waren sie jedoch damit fertig, sich über – für ihn zumindest – belanglose Dinge zu unterhalten, schloss sich die Tür. Nayantai hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, auch nur einen von ihnen anzusehen, stattdessen war es sein Zustand, der seine Aufmerksamkeit forderte. War er nicht zugedeckt, war ihm zu kalt, deckte er sich jedoch zu, wurde ihm zu heiß – kalter Schweiß perlte von seiner Stirn und von seinem Rücken, aber vergleichsweise dazu war seine Stirn viel zu kalt. Kaum hatte sich die Tür wieder geschlossen, so fühlte es sich an, öffnete sich diese jedoch auch wieder. Der Arzt trat ein, der ihn das letzte Mal auch schon untersucht hatte, doch Nayantai fühlte sich, trotz seiner miserablen Verfassung nicht danach, dem Mann auch nur ein einziges Wort zu schenken. Die Decke hatte er um seinen Körper geschlungen, der Blick selbst war finster, während er selbst versuchte, nicht außer Atem zu kommen, hin und wieder hustete und jeden Versuch, den der Arzt machte, an ihn heranzukommen, abblockte. Thrianer waren temperamentvoll, so nannten sie die Schafe zumindest, doch selbst, wenn Nayantai sich alle Mühe gemacht hatte, nicht aufzufallen oder gar in jenes Abbild, das die Schafe von ihnen gemacht hatten, zu fallen, riss ihm langsam der Geduldsfaden.

      Ohne Vorwarnung, und trotz unverständlicher, rauschender Beschwichtigungen des Arztes, packte er diesen am Handgelenk. „Lasst mich in Ruhe – habt ihr keine Ohren?“, fauchte er, bevor er seine eigene Hand auch schon wieder von dem Arm des Fremden zog, als hätte er sich an ihm verbrannt. „Ich brauche eure verdammte Hilfe nicht.“ Welches Schaf half einem Wolf schon?
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    • Als der Arzt ankam und die Tür öffnete, stellte Rain sich in den Türrahmen um zuzusehen, was passierte. Er wäre selbst zu dem Wolf gegangen, hätte ihm alles erklärt, aber die Gefahr selbst krank zu werden, war zu groß und von hier hinten, wollte er nicht zu ihm hinüber brüllen. Abgesehen davon, hätte der Wolf vermutlich nicht verstanden, warum Rain das machte.
      Der Arzt tat sein Bestes, wollte den Mann beschwichtigen und musste natürlich Hand anlegen, um den Wolf vernünftig untersuchen zu können, aber hatte keinen Erfolg. Er wich einen Schritt zurück, als der Wolf ihn packte und wie es schien, wild um sich schlug.
      "Für ein wildes Tier kann ich nichts tun!", beschwerte er sich und war schon auf dem Weg zurück zur Tür.
      "Vielleicht hat er starke Schmerzen und ist deshalb so aufgebracht. Ich rede mit ihm...", versuchte Rain eine Erklärung zu finden und trat in den Raum hinein, der Arzt legte ihm bestimmt eine Hand auf die Schulter, um ihn aufzuhalten. Wie kamen nur plötzlich alle auf die Idee ihn antatschen zu können, als wäre er hier nicht derjenige, der das Sagen hatte?
      "Wenn er Sie ansteckt..."
      "... dann können sie die Krankheit bei mir behandeln und danach dasselbe bei ihm machen!", gab Rain zurück und schlug die Hand von seiner Schulter. Dann trat er einfach ein, trat an das Bett heran in dem der Wolf sich quälte und sah ihn für einen Moment nur an.
      "Wir wollen dir nur helfen.", versucht er es beschwichtigend. "Weißt du was dir fehlt? Lässt du mich nachsehen?"
      "Junger Herr, Sie sollten nicht...!", kam es von der Tür, die Soldaten hatten ihre Hände auf ihren Schwertern.
      "Shht!", zischte er über seine Schulter, bevor er den Wolf wieder besorgt betrachtete.
    • All diese Dinge waren so befremdlich, ihm so ungeheuer – der Wolf wollte nicht länger an dieses Bett gebunden sein, an dieses Haus aus Stein. Nayantai wollte nach draußen, in den Schnee, und die eiskalte Luft einatmen, bevor er wieder zu Sinnen kam und bemerken sollte, dass all das hier nur ein schlechter Traum sei, aus dem es kein entrinnen gab. Doch dieser Albtraum war schon unlängst die bittere Wahrheit, die sich an ihm zerfraß und von der er wusste, dass er nichts gegen sie tun konnte. Er konnte nicht und noch viel mehr wollte er nicht – raffte ihn das Fieber über Nacht dahin, dann sollte es so sein. Nicht der erste und auch nicht der letzte Wolf wäre er, der weit entfernt von seiner Heimat starb, nur weil sein Körper endlich die Freiheit gekostet hatte und glaubte, man würde ihn wieder in seine Heimat zurückbringen – nach Thria, dort, wo sie alle keine Angst mehr davor haben mussten, von Schafen verletzt zu werden. Dass er nun hier lag, oder eher hier saß und sich in die Decken der Fremden einhüllte war wohl ein Privileg, das kaum einem von ihnen zuteilwurde und das der Wolf auch gar nicht erst haben wollte.

      Der Arzt nahm, wie zu erwarten, reißaus und würde Nayantai liebend gerne seinem bevorstehendem Schicksal überlassen, krachte aber dabei in eine Wand, die nun einmal Rain war, der noch immer vor der Tür herumlungerte, als gäbe es ein Wunderheilmittel, das den Wolf soweit brachte, dass er zumindest gleich wieder mit dem Schaf durch das Steinhaus schlendern konnte. Dass er sich einfach Sorgen um ihn machte schien ihm beinahe so, als wäre es ein schlechter Scherz – er kalkulierte diese Möglichkeit auch gar nicht erst ein. Selbst dann nicht, als Rain auf ihn zuschritt, sich ihm annäherte und erneut ach so fremde Worte sprach. Vermutlich erkundigte er sich um seinen Zustand. Nayantai sah ihn auf jeden Fall nicht an. Vielleicht ließ er aber auch einfach verlauten, dass er nun getrost in diesem Bett sterben konnte. Er wusste es nicht. Schafe waren hinterlistig und verdorben. „Lass mich in Ruhe“, kam es heiser über die Lippen des Wolfes, der die Decke nur noch enger um seinen ohnehin beanspruchten Körper zog. Dass ihm dadurch noch wärmer wurde, war ihm egal. „Lasst mich doch einfach alle in Ruhe – was bringt euch Schafen ein verdammter Wolf schon?“, brummte er, hob den Kopf noch immer nicht an, sondern starrte gen Boden. Seine Ruhe wollte er, nach nichts mehr sehnte er sich.
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    • "Nayantai...", sprach Rain sanft, in der Hoffnung, es würde ihn beruhigen bei seinem Namen genannt zu werden, statt Worte an den Kopf geworfen zu bekommen, die er nicht verstand.Fast schon hätte Rain sich auf den Boden gekniet, um sich zu veränken und dem Wolf ins Gesicht zu sehen, doch es war vorhin eher sein Trotz gewesen, der ihn in das Zimmer gedrängt hatte, als die Tatsache, dass er tatsächlich keine Angst hatte an der Krankheit des Wolfes zu sterben.
      "Warum lässt du dir nicht helfen? Willst du sterben?", fragte er und hätte diese Frage genauso gut sich selbst stellen können. Er sah zur Tür, bei der der Arzt stand, die Soldaten und sein treuester Diener Eraqus, die allesamt besorgt aussahen. Nicht besorgt weil sie das Leben des Wolfes interessierte, der zitterte und sich vor Schmerz krümmte, sondern besorgt, dass Rain es genau so erging, oder noch viel Schlimmer. Was wurde aus allen, wenn Rain nun einfach sterben würde, es würde auch für den Wolf nur mehr Schmerz bedeuten, hatte er dann niemanden mehr, der ihn beschützte. Rain seufzte schwer und legte zumindest noch die geflickte Kleidung an das Fußende von Nayantais Bett, bevor er mit gesenktem Kopf wieder zur Tür wanderte. Er zog seinen Mantel ein wenig enger, als könnte er ihn vor mehr als nur Kälte schützen und überlegte was er tun sollte. Er konnte den Wolf schwerlich zwingen sich helfen zu lassen.
      Sara kam gerade mit einer Suppe zurück und Rain trug ihr auf diese neben das Bett des Wolfes zu stellen, zusammen mit einer Kanne Tee.
      "Warten wir, bis das Fieber ihn in den Schlaf zwingt, dann versuchen wir es erneut.", seufzte er und sah die beiden Soldaten an, die bei der Tür stationiert waren. "Holt mich, wenn sich etwas ändert."
      Kurz darauf verschwand Rain aus dem Türrahmen, die Tür selbst blieb aber dieses Mal offen. Dem Arzt deutete er ihm zu folgen, um sich zu beraten und zu spekulieren, was es war, dass den Wolf so quälte.