spellbound. (earinor & akira)

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    • Gäbe es diesen Kaiser nicht, dann wären die Ideologien dieser Welt womöglich anders - dann hätte sich keiner in den Haaren und sie alle würden nicht nur mehr das Nötigste tun, um sich zu verstehen. Vermutlich aber war die Saat der Zwietracht schon so tief in ihnen gesät, dass er bereits keimte und es keinerlei Möglichkeiten mehr gab, die Pflanze zu vernichten, sondern nur dabei zuzusehen, wie sie gedeihen würde - schlussendlich müsste man eben einige Äste abhacken. Metaphorische Fesseln trugen sie alle, doch in diesem Fall verankerten sich seine gerade eben im Boden dieses Zimmers wie es schien - sie würden ihn nicht gehen lassen, bis sie im Frühling auftauten - und bis dahin war es noch ein langer Weg, lange, kalte und dunkle Monate, die mit so viel mehr als Hass gefüllt sein wollten. Rain war es nicht wert, diesen Hass über sich ergehen zu lassen, niemals - dafür behandelte er ihn zu gut, ging mit ihm um, als wäre er kein wildes Tier und pflanzte ebenfalls etwas in Nayantais Inneres, das eines Tages noch keimen würde: Das Verlangen, ihn vor dieser Welt, aber allem voran vor seinem eigenen Körper zu beschützen. Doch bis hier ein Keim entsprang, würde es wohl noch dauern, denn die Kälte des Winters sorgte oftmals dafür, dass Pflanzen nicht sonderlich gut gedeihten, egal wie sehr man sie hegte und pflegte. Seine Augen klebten beinahe schon an dem Schaf, das ihn gefangen hatte, als es versuchte, ihm Dinge zu erklären, die schwer zu deuten warne. Tatsächlich benutzte er allerdings das Wort, Wolf, das Nayantai vorhin erwähnt hatte - und im selben Atemzug wollte er wohl etwas erfragen. "Frei ... hm. Frei. Zumindest glaube ich, dass es frei ist", war die Aussage des Wilden, der gerade noch zu überlegen schien, wie er es am besten übersetzte. "Frei ...", murmelte er noch gedankenverloren vor sich hin, als er den Blick aus dem Fenster warf.

      Nahm er sich die Zeit, auf seine Hände zu starren und sie mit denen Rains zu vergleichen, wurde ihm vieles klar - sie waren zart, weich und ohne jedweden Makel, während seine Hände um einiges robuster und größer waren, rauer und zerschlissener als es dem Schaf jemals in seinem Leben gehen könnte. Nayantai bereute nichts dergleichen, war froh, dass er er war, und doch wusste er nicht so recht, was er von alledem halten sollte, nun, da er hier feststeckte. Eine der Hände wanderte erneut auf die linke Schulter des Lammes, das er vor sich hatte und er klopfte ihm, zur Aufmunterung, leicht auf die Schulter - den trüben Blick kannte er nur zu gut, auch, wenn er einem Mann in seinem Alter nicht unbedingt stand, eher einem Kind. Auch die Hand auf Rains Schulter entfernte er besser früher als später, lauschte ihm aufmerksam und nickte, bevor er begann, wieder neue Worte lernen zu wollen. Sein Blick fiel auf das Stück Käse, das er übrig gelassen hatte. "Käse. K-ä-s-e ... und du?", in diesem Atemzug fiel Nayantai gleich noch etwas besseres ein. Ein Bild oder ähnliches gab es nicht, doch hielt er zwei Finger hoch, als wolle er etwas symbolisieren. Viel eher wollte er zwei Fragen auf einmal stellen. Seine Finger benutzte er, um sich durch die langen Haare zu fahren - er wollte einen Kamm haben, um sie zu kämmen - und hoffentlich verstand Rain auch, was er damit meinte. "Ich glaube zwar, dass ich sie mir abschneiden sollte, aber vorerst würde ich sie wohl lieber kämmen", sprach er. Danach zeigte er Rain nur seinen Zeigefinger, weil er die erste Frage schon gestellt hatte. "Wie nennt ihr Schafe?", aber wirklich etwas, mit dem er diese Tiere symbolisieren konnte, hatte er nicht - weswegen er sich an einem "Mäh" versuchte und sich peinlich berührt kurzerhand die Hand gegen seine Stirn drückte. "Ein Schaf. Mäh. Schaf."
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • "Frei." Rain war es, der von ihnen beiden derjenige war, der Frei war, aber war er das wirklich? Oft beschwerte er sich, oft wollte er aufgeben, was hatte es für einen Sinn hier in diesem Haus zu leben, wenn man niemals raus konnte? Besonders nachdem seine Mutter gestorben war, hatte er die Hoffnung aufgegeben jemals hier raus zu kommen. Aber er wusste er hätte es schlimmer treffen können. Er lebte ein gutes Leben, er hatte alles was er brauchte, Diener die für ihn taten was er wollte, er hatte ein Dach, ein warmes Bett, etwas zu Essen... Wie konnte er sich da noch beschweren, wenn es andere gab, die Tag ein Tag aus hungerten, die ebenso Angst haben mussten jederzeit zu sterben, nur unter anderen Umständen. Es war nicht fair, beschwerte er sich. Doch für solch betrübliche Gedanken wollte er sich jetzt keine Zeit nehmen.

      "Käse...hm.", wiederholte Rain das Wort also, das Nayantai in seiner Sprache aussprach. "Käse... in unserer Sprache." Anschließend beobachtete er die Bewegungen des Wolfes, der sich durch die Haare fuhr und Rain nickte. "Ah. Ja ich verstehe, einen Moment." Er drehte sich um und schritt zu einem Tisch mit Spiegel der in einer Ecke des Raumes stand. Er öffnete die Schublade darunter und kramte ein wenig darin, es befand sich allerlei in dem kleinen Stauplatz. Schließlich fand er wonach er gesucht hatte, nahmes heraus udn schloss die Schublade wieder. Mit einem Kamm in der Hand kam er zurück zu Nayantai, reichte ihn ihm mit den langsam ausgesprochenen Worten "Kamm".
      Kurz darauf musste er Kichern als der andere offensichtlich ein Schaf imitierte. Die Laute die der andere machte ließen ihn auch weiterhin schmunzeln, während er antwortete. "Schaf." Anschließend wollte er ihn noch auf eine Eigenheit seiner Sprache aufmerksam machen und hob einen Finger. "Ein Schaf." Dann nahm er einen zweiten Finger dazu. "Zwei Schafe" Gleichzeitig konnte er ihm gleich das Zählen näher bringen.
    • Nayantais Vater war schon immer ein Befürworter der Freiheit seiner Kinder gewesen, die offensichtlich den lieben langen Tag damit verbringen konnte, das zu tun, wonach ihnen der Sinn stand, wenn sie die nötigen Leistungen am Tagesende erbracht hatten. Auch seine Mutter war in dieser Hinsicht kaum anders gewesen – ein Wildfang, nach dem alle ihre Kinder zu kommen schienen und deren fröhliche Art auf so manchen abfärbte, mit Ausnahme ihres ältesten Sohnes, wie es den Anschein hatte. Auch innerhalb seines eigenen Volkes war Nayantai wohl oder übel dafür bekannt, sich mit saurer Miene zu distanzieren, je älter er wurde – und sich lediglich seinem Vater anzuvertrauen. Das wiederum bedeutete zwar nicht, dass der Prinz sich selbst auf ein höheres Podest stellte, oder sich gar abschottete, sondern eher, dass er zu realisieren hatte, dass sein Volk noch immer sein Volk sein sollte – und dass es gewisse Regeln gab, die ein Prinz zu befolgen hatte. Flausen und Schabernack blieben dennoch nicht aus, doch mit der Zeit wurde man reifer, erkannte, welche Grenzen man nicht überschreiten sollte und dass man für seine jüngeren Geschwister – und allgemein dem Rest des Volkes – eine gewisse Vorbildfunktion hatte, die es nicht zu vernachlässigen galt. Trotz dessen würde er sein Leben nicht als langweilig oder gar eintönig beschreiben – nur so anders, im Vergleich zu dem, was hier der Norm entsprach. „Frei zu sein wäre wirklich schön.“

      Als Nomade eignete man sich viele Dinge an – Dinge, die wohl kaum einer der Menschen, die sich in Steinhäusern niederließen, als wichtig erachteten. Die Wenigsten von ihnen wussten womöglich, wie man ein Loch in einem Zelt flickte, wie man Feuer entfachte, wie man das ein oder andere Schaf scherte, oder wie man Pilze voneinander unterschied. „Käse“, wiederholte Nayantai nochmals, als wolle er die Aussprache verstehen und ergründen – auch, wenn er selbst merkte, dass er einen Akzent hatte, den es wohl irgendwann auch abzulegen galt. Die Frage bezüglich des Kamms wurde, mehr oder weniger, beantwortete, indem man ihm den gewünschten Gegenstand gab. Verziert war er, sah beinahe so aus, als wäre er zu prunkvoll, um für die Haare eines Wilden missbraucht zu werden – dennoch fing der Wolf an, sich das einigermaßen zerzauste Haar zu kämmen. Währenddessen sah er sein Gegenüber dennoch an, wiederholte das von ihm ausgesprochene Wort – „Kamm“ – und tat es in seiner Sprache gleich, damit er Rain zu verstehen geben konnte. Einen Satzbau würde er dadurch zwar nicht erlernen, aber Worte, die wohl oder übel Sinn ergeben mussten. „Schaf. Ein Schaf. Zwei Schafe … Ein Schaf, zwei Schafe“, faselte er vor sich hin, fing an, an seinen Fingern mitzuzählen und wiederholte. Rains Sprache war nicht sonderbar, nur schwer zu erlernen, hatte man keinerlei Punkte, an denen man sich orientieren konnte, sondern nur einfach Wortfetzen. „Ein Schafe, zwei Schafe, drei Schafe. Eins, zwei, drei.“
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    • Rain fragte sich, ob Nayantai verstand, dass er selbst zwar das Haus nicht verließ, dies aber nicht für alle Adeligen in diesem Land galt. Das nicht alle so waren wie er, blass, dünn und schwach. Womöglich glaubte er, hier war es Brauch so zu leben, vielleicht um die Anführer der Streitmächte zu schützen, die die Pläne schmiedeten und dergleichen. Wenn es denn nur so wäre, das hätte nämlich bedeutet, dass zumindest ein Familienmitglied beim Begräbnis von Rains Mutter hätte dabei sein können. Nicht einmal ihr Grab konnte er besuchen, aber er hatte ja auch selbst darauf bestanden, sie im Freien zu bestatten, bei ihren Blumen, die man vom Fenster aus sehen konnte. So oft hatte er dort oben gestanden, während seine Mutter sich selbst um die Pflanzen gekümmert hatte, statt diese Aufgabe einem Gärtner anzuvertrauen. Sie hatte zu ihm hochgelächelt und ihm später eine Blume mitgebracht. Dort draußen war sie besser aufgehoben, als in der dunklen, modrigen Gruft die Rain nur ungern betrat und wo der Rest seiner Familie bestattet war.

      "Eins, zwei, drei... vier?", wiederholte Rain schließlich, gleichzeitig fragend wie es denn weiter ging. Das spielten sie eine Weile lang hin und her, auch wenn Zählen nicht wirklich etwas Nützliches war, wenn man nichts hatte das man Zählen konnte, außer Schafe, Wölfe und Kämme. Womöglich war es die Einfachheit dahinter, zu verstehen, worum es ging und die Möglichkeit eine Anzahl an Fremdartiger Worte aneinander reihen zu können, die Tatsächlich Sinn machten. Doch Rain realisierte auch, dass sie fast alle Zutaten für einen vollständigen Satz beisammen hatten. Er lächelte nun, als er damit aufhörte die Zahlwörter aneinander zu rein und deutete auf sich selbst. "Ich.", sagte er, deutete anschließend auf Nayantai. "Du." Dann klaubte er im Gedächtnis die Worte zusammen, die er gelernt hatte.
      "Du bist ein Wolf. Ein Wolf. Rawr.", sprach er langsam aus, deutete auf Nayantai und hob einen Finger als er das Wort 'ein' benutzte. Zudem führte er einen Laut an, der ein Knurren darstellen sollte, weil er sich nicht sicher war, dass Nayantai auch verstand, was Wolf eigentlich bedeutete und sicher gehen wollte, dass sie auch von der selben Sache sprachen.
      "Ich bin ein Schaf. Mäh.", fügte er lächelnd an und machte die selbe Bewegung, nur deutete er diesmal auf sich selbst. "Ein Schaf. Das war es doch, weswegen du vorhin nach dem Wort gefragt hast, oder?"
    • Der Wind verwehte die Asche und den Sternenstaub, aus dem sie alle gemacht waren und zu dem sie alle wurden, kaum versanken sie im Äther dieser Welt und ihnen wurde bewusst, dass das Leben, das sie lebten, zu kurz war, um Trübsal zu blasen. Anders als die Schafe, die in Steinhäusern lebten und Steine aufstellten, um jeden wissen zu lassen, wer von ihnen dort unter der Erde lag. Wölfe behandelten ihre Toten anders - wenn sie ihre Asche nicht verstreuten, wenn sie von einem Ziel zum nächsten stapften, dann waren es krumme Holzkreuze, die aus der Erde empor ragten und lediglich blutverschmierte Lumpen, die langsam im Wind flatterten, während sie von eben jenem Kreuz hingen. Ein jeder von ihnen wusste, dass keiner von ihnen das eigene Ende selbst zu wählen hatte und doch war es das Schicksal, das sie alle zu ihrem Glück - oder Unglück - geleiten sollte, niemals sollte sich ein anderer Mensch dazu entscheiden über das Leben oder den Tod einer anderen Person zu bestimmen. Wie viele seiner Brüder und Schwester Nayantai wohl begraben müsste, wenn man ihn nicht verschleppt hatte? Würden die Holzkreuze überhaupt lange genug stehen um zu zeigen, dass die heilige Erde nun den Zorn ihrer Kinder in sich trug? Oder war es doch bloß eine Einbildung, dass sich Körper über Körper stapelte während die Wenigen, die zurückgeblieben waren, sich um ihre Angehörigen kümmern mussten? Nicht auch nur einen Fetzen von Wahrheit war ihm geblieben - lediglich Mutmaßungen an die er sich klammern musste, weil er nicht verstand.

      "Eins, zwei, drei, vier ... fünf, sechs, sieben, acht, neun und zehn", ergänzte Nayantai, bevor er für sich selbst die gelernten Worte nochmals im stillen wiederholte, damit er sie auch festigte und nicht gleich wieder vergaß. Tatsächlich wollte er zumindest einen Teil der Schafsprache lernen, damit er das Schaf vor sich und noch so viele andere verstehen konnte. Nicht länger wollte er still sein, sich dazu zwingen lassen, sich unterzuordnen und wollte verstehen, was man ihm an den Kopf warf, wenn es schon keine schönen Worte sein würden. Selbst dann, wenn er sich sonst so sehr dagegen sträubte. "Ich", er deutete auf sich. "Ich", wieder deutete Nayantai auf sich. "Du", wiederholte er. "Du", sprach er, als er auf Rain zeigte. Einen Satz zu formen schien in dieser Sprache schwerer als gedacht. Viele der gesagten Worte ergaben bis zu diesem Punkt noch einen Sinn und auch der Satz, den Rain aussprach, ließ sich leicht formen, aber waren alle Sätze so einfach? Wohl kaum. "Ich bin ein Wolf. Ich bin ein Wolf" - machte dieser Satz wirklich Sinn? Zu behaupten, Rain wäre ein Wolf, war immerhin falsch und doch versuchte er, das Beste aus der Situation zu machen, konnte sich aber ein leichtes, durchaus unterdrücktes Auflachen nicht verkneifen, als Rain versuchte, das Heulen eines Wolfes zu imitieren. "Du bist ein Schaf. Mäh", diesen Laut konnte sich der Wolfsprinz dann wiederum nicht verkneifen, als läge sich ein gewisser Schleier von Belustigung auf diese Situation und er selbst wusste nicht wohin damit. Die darauffolgende Frage beantwortete er tatsächlich auch noch. "Ja, du bist ein Schaf", als würde er verstehen, wieso man ihn nochmals gefragt hatte, weswegen er sich nach diesem Wort erkundigte. Nachdenklich lehnte er sich zurück in seinen Sessel, hustete in seine Armbeuge und versuchte, ein weiteres, interessantes Wort zu finden. Schafe. Wölfe. Talisman. Kamm. Frei(heit). Ja. Nein. Wirklich groß war sein Sprachschatz nicht, aber er wuchs. Nayantai deutete auf den Sessel, auf dem er saß. "Sessel", gab er Rain zu verstehen.
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    • Auch Rain wiederholte die Zahlen die er gelernt hatte noch ein paar Mal, bevor er sich den ganzen Sätzen widmete, die er gerade gelernt hatte. "Ich bin ein Wolf. Du bist ein Schaf.", wiederholte er, was Nayantai gesagt hatte, anschließend überlegte er kurz, um die Sätze in die richtige Form bringen zu können, denn so wie sie nun waren, mussten sie falsch sein. Zumindest wenn Rain sie aussprach.
      "Du bist ein Wolf. Ich bin ein Schaf.", sagte er schließlich langsam in Nayantais Sprache lächelnd, klang aber mehr als wolle er eine Frage stellen. Er fragte sich, ob sie mit etwas sinnvollerem als leeren Metaphern hätten anfangen sollen, aber es amüsierte sie wohl beide über Wölfe und Schafe zu sprechen. "Ich bin ein Schaf. Oder eher ein Lamm... kleines Schaf. Lamm.", lachte er und versuchte Nayantai die Bedeutung des Wortes Lamm klar zu machen, indem er Zeigefinger und Daumen nah aneinander führte als er das Schaf als klein bezeichnete.

      Auch das Wort "Sessel.", brachte er dem Wolf bei, nachdem er es in seiner eigenen Sprache gesagt hatte, machte sich aber mehr Sorgen wegen des erneuten Hustens. Vielleicht übertrieb er, weil ein Husten bei ihm selbst oftmals zu einer schweren Krankheit führte und ihn mit Fieber ins Bett zwang. So sehr, dass er kaum noch etwas davon mitbekam, was um ihn herum passierte, dass er oft tagelang schlief, oder auch nicht. Halb wach, halb schlafend wusste er oft nicht zu sagen, was von dem was er sah real war und was nicht. Aber ein Husten konnte einem Wolf womöglich gar nichts anhaben, ein Wolf war stark und das hart Leben draußen gewohnt. Die Kälte war hart, aber konnte einen Wolf nicht in die Knie zwingen, niemand konnte das. Der Prinz der Wölfe war immer noch am Leben.
      Rain deutete nun hinter Nayantai. "Bett.", sagte er. "Du. Du solltest dich ausruhen. Wir haben noch genügend Zeit uns zu unterhalten."
    • Selbst der Gedanke, irgendein Buch lesen zu können, lag weit von der Wahrheit entfernt, die hier der Fall war. Vermutlich gab es keinerlei Schriften in seiner Sprache, so kurz sie auch waren, sondern nur Dinge, die man Rain gebracht hatte, deren Bedeutung er nicht entziffern konnte, so wie es bei dem Talisman gewesen warn. Der Weg, der noch vor ihnen stand, war nicht nur durchaus steinig, sondern definitiv auch mit Stolperfallen übersät. Neue Worte zu lernen half, aber an irgendeinem Punkt müsste er sich wohl der Tatsache beugen, dass es ein ganzes Alphabet gab, das es zu lernen galt, da er nicht davon ausging, dass Wölfe und Schafe dasselbe benutzten - das wäre viel zu leicht. "Lamm ... kleines Schaf, huh?", erwiderte er in der Sprache der Schafe. Es war nicht ein Schaf, sondern ein kleines Schaf - Nayantai sah zu Rains Fingern und ihm wurde die Bedeutung klar. "Ein Lamm", antwortete er dem Blonden. Das Gelernte niederzuschreiben würde wohl ungemein helfen, doch das wäre wohl etwas, das es an einem anderen Tag zu tun galt. Die wenigen Worte, die Nayantai nun lernte, konnte er sich getrost merken, da sie ohnehin den Grundstein für einen hoffentlich bald nützlichen Wortschatz bildeten. Wie lange hatte er sich dagegen gesträubt, diese Sprache zu lernen? Monate? Jahre? Irgendwann hörte man auf, die Tage zu zählen und fing an, sich zu merken, wie viele Steine von Boden bis Decke die eigene Zelle umfasste.

      Er saß also auf einem Sessel, befand sich in einem Haus aus Stein und stand einem Lamm gegenüber, das so neugierig zu sein mochte, es glich einem Welpen. Dennoch wagte er es nicht, auch nur einen Fuß in die kalte Welt zu setzen, als würde er augenblicklich all die Farbe aus seinem Sicht entweichen, setzte er einen Fuß in den Schnee - nachzufragen, was genau ihn davon abhielt, wollte Nayantai nicht, zumal er es nicht konnte. Viel eher wollte er sich selbst, kaum taute der Schnee, auch schon wieder auf dem Weg in die Tundra wissen. Warmes Klima lag ihm selbst nicht - natürlich konnte er einigermaßen damit umgehen, aber verbrachte man sein ganzes Leben in einer eher frostigen Gegend, dann war der Sommer in einer normalen Gegend wie der sichere Tod. Nur, dass sein Körper sich wohl dazu entschieden hatte, dass er hier und jetzt krank sein durfte. "Bett. Bett", wiederholte Nayantai für sich selbst un Rain, bevor er von eben jenem Sessel aufstand, als man ihn mit 'du' ansprach. Eine Antwort auf den Satz konnte er nicht finden, stattdessen legte er sich allerdings in besagtes Bett und deckte sich zu. "Willst du, dass ich schlafe? Oder bist du eher besorgt um meine Gesundheit, weil ich die ganze Zeit huste?"
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    • Rain klatschte einmal erfreut in die Hände als Nayantai verstand und wiederholte das Wort, das er eben gesagt hatte. "Lamm" Es war einfacher mit ihm zu kommunizieren, als er gedacht hatte. Man erzählte sich Geschichten, über Wilde, Wölfe, er hatte gedacht er hatte einen Wolf hier, ungezähmt, wütend... jemand der ihm jederzeit an die Kehle springen konnte. Vielleicht hatte er tatsächlich geglaubt, dass er ein normaler Mensch war so wie er, oder dass er zu verletzt und krank war, um etwas zu tun... oder Rain war es egal gewesen, sollte sein Leben durch den Wolf beendet werden. Immerhin war das besser, als von einer einfachen Erkältung dahin gerafft zu werden.
      So oder so stellte sich heraus, dass der Wolf keineswegs wild war, auch wenn sin Gesicht verriet, dass er nicht sehr erfreut über seine Situation war. Und er war auch nicht weniger Intelligent, als ein Adeliger der sein leben lang nichts anderes zu tun gehabt hatte, als zu lernen, der mit seinen Vertrauten über hochtrabende Dinge gesprochen hatte als er noch ganz jung war. Mit diesem Wolf war er auf dem selben Level, er war intelligent... er würde ihre Sprache bestimmt schnell lernen.

      Rain stand ebenfalls auf und begleitete seinen Gast zu dessen Bett. "Bett.", nickte er lächelnd. Die Frage die Nayantai stellte konnte Rain nicht verstehen und selbst wenn einfache Worte darin lagen die er kannte, konnte er sie nicht identifizieren. Vermutlich wollte er wissen, ob er richtig verstanden hatte. Rain nickte, denn er hatte sich ja hingelegt, so wie es am Besten für ihn war.
      "Du solltest dich ausruhen, bevor die Krankheit schlimmer wird.", sagte er und griff anschließend nach der Flüssigkeit die er neben Nayantais Bett gestellt hatte, hob sie langsam hoch und deutete auf seine Schläfe. "Gegen die Kopfschmerzen." Dann stellte er das Fläschchen wieder ab. "Ich lasse dich ausruhen." Mit diesen Worten wandte Rain sich zum Gehen. Er würde am Abend noch einmal nach ihm sehen und etwas zu Essen bringen lassen. Auch wenn er neugierig war und weiter lernen wollte... mit Kopfschmerzen machte das Lernen dem Wolf selbst sicher keine Freude.
    • Vorurteile waren es, die auch die Wölfe prägten - die ihnen vermittelten, dass die Schafe nichts weiter waren als Heuchler, die ihre Stimmen erhoben um ihrem Unheil zu entkommen, sobald sie sich so fühlten, als würde man ihnen Schmerzen zufügen wollen. Während viele von ihnen die Schafe als Heuchler ansahen, sie beschimpften und glaubten zu wissen, dass es sich bei ihnen um nicht mehr handelte, als Menschen, die sich ihre Münder gebührend über sie zerrissen, kaum fanden sie einen Wolf, den sie so weit in die Enge getrieben hatten, dass er sich angegriffen fühlte und sich gegen die Ungerechtigkeit, die ihm widerfuhr, wehrte. Stillschweigend lag er nun also in seinem Bett, während ihm Rain noch erklärte, wofür die Flüssigkeit gut war, bevor er den Raum verließ. Nayantai war allein, in der Welt der Schafe, und ausgerechnet ein Lamm war es, das ihn kaum noch gehen lassen wollte, geschweige denn ihn in Ruhe ließ, sondern sich allem Anschein nach einen Narren an dem zotteligen, verdreckten und kranken Vieh fraß, das ein einst so stolzer Wolf gewesen sein sollte. Nayantai griff nach dem Fläschchen und nahm einen Schluck daraus. Kaum drehte er sich um, wusste, dass er allein war, seufzte er und fing an, zu überlegen. Wieso war er hier? Warum tat er all diese Dinge, die er normalerweise nie tun würde? Weshalb öffnete er sich Rain, versuchte sein Bestes, seine Sprache zu lernen und ließ ihn so nah an sich heran? All diese Dinge konnte er sich in diesem Moment nicht beantworten, lieber konzentrierte er sich darauf, dass er so verdammt müde wurde und nicht mehr wollte, als zu schlafen.

      Träume über sich selbst, über die nahe Vergangenheit und darüber, dass er ein Nichtsnutz war, suchten ihn heim. Nayantai wusste genau, welche Worte ihn die Geister aus seiner Vergangenheit an den Kopf werfen würden, existierten sie wahrhaft und hatten noch Stimmbänder, die sie dazu benutzten, ihm diverse Dinge vorzuwerfen. Sein Vater hatte recht behalten - unterwarf man sich, führte es zu nichts gutem. Es war später Nachmittag, oder zumindest fühlte es sich so an, als er die Augen wieder öffnete. Von seinen Kopfschmerzen gab es keinerlei Spur, dennoch kratzte sein Hals ein klein wenig. Ein weiches Bett war ihm noch immer unvertraut, aber noch lange nicht der Auslöser für Albträume solcher Art. Unzufrieden setzte er sich auf und warf einen Blick durch den Raum, der sich vor ihm erstreckte. So fremd, so kalt - was machte er hier noch? Um sich selbst von seinem Leid zu befreien sollte er fliehen, nach draußen in den Schnee, doch dafür besaß er momentan weder die Kraft noch den Willen. Lieber blieb er hier, im warmen und ließ sich von seinem Leid zerfressen. Ihm blieb wohl oder übel nichts anderes übrig, als hier zu warten und sich zu langweilen, weswegen er damit begann, sein Hemd aufzuknöpfen und den Talisman abzunehmen, welchen er auf den Nachttisch legte. Kurz danach fing er an, einen Teil seiner Verbände wieder zu öffnen - zwar blutete er nicht mehr, aber dennoch wäre es von Vorteil, den versorgten Wunden zumindest etwas Luft zu lassen.

      Narben würden bleiben, ob Nayantai es wollte oder nicht, aber sein Torso sah, auch ohne die blauen Flecken und frischeren Wunden aus wie ein Schlachtfeld. Das Hemd erst abgelegt und die Verbände losgeworden und zusammengerollt, stand er auf, streckte sich und versuchte, herauszufinden, was genau er in dieser Einöde tun sollte, bis ihn Rain wieder mit seinem Besuch beehrte. Ein Griff nach dem Haarband später, versuchte er damit und mit dem Kamm, einen einigermaßen akzeptablen Zopf zu binden, bevor er sich auf den Boden setzte. Diese Kleidung war nicht dafür gemacht, allerhand Aktivitäten nachzugehen, weswegen Nayantai sich wohl oder übel darauf beschränken musste, seine Arme zu dehnen, während er seine Gedanken daran vergeudete, weswegen ausgerechnet er in solch einer Situation stecken musste.
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    • Rain vertrieb sich den Nachmittag damit, zu versuchen zu lesen, doch war er leider viel zu aufgekratzt dafür. Er konnte sich nicht konzentrieren und seine Gedanken schweiften immer wieder ab, zu dem Wolf den er in dieses Zimmer dort oben gesperrt hatte. Er konnte ihn nicht gehen lassen, würde es doch nur seinen Tod bedeuten, versuchte er sich durch den eisigen Winter zu kämpfen. Und er konnte ihn nicht im Haus umher laufen lassen, würden doch Rains Untergebene sich die Mäuler darüber zerreißen, während die anderen Angst hatten ihrem Tagwerk nachzugehen. Auch jetzt sprach man vermutlich bereits, über den Wolf der den jungen Herren verführte, ihn manipulirte, nur um ihn eines Tages zu verraten und Vorteil aus seiner falschen Freundlichkeit zu ziehen. Vielleicht war es so, aber Rain war das egal. Selbst wenn der Prinz der Wölfe dieses Spiel nur spielte, damit er überlebte, so konnte Rain trotzdem von ihm lernen. "Schaf...", murmelte er in der Sprache seines Gastes, der eigentlich sein Gefangener sein sollte und stand schließlich auf um Papier und Feder zu holen und die gelernten Worte zu notieren, so wie er eben glaubte schrieben sie sich am Leichtesten.

      Gegen Abend ließ Rain etwas zu Essen bereiten. Etwas von dem er glaubte, es würde dem Wolf vielleicht eher zusagen und auch wenn er nicht tatsächlich ein Wolf war, so glaubte Rain, dass ihm ein gebratenes Ferkel womöglich schmecken würde. Zudem wollte er mit ihm nicht auf einem kleinen Teetisch essen, sondern ihn in den Speisesaal einladen. Er ließ ihn deshalb am Nachmittag schon beheizen, damit sie es warm haben würden. Desweiteren musste der Raum einmal ordentlich durchgefegt werden, hatte doch der junge Herr in den letzten Monaten weder Appetit gehabt, noch wollte er in Gesellschaft sein. Seine Bediensteten konnten über den Wolf sagen was sie wollten, aber Rain tat er zumindest im Moment gut.

      Als alles vorbereitet war, holte Rain Nayantai persönlich zum Essen ab, denn er befürchtete mit den Wachen, den es an Motivation mangelte mit ihm zu kommunizieren, wollte er nur ungern mitgehen. Rain klopfte also an die schwere Holztür die zu Nayantais Zimmer führte und betrat kurz darauf den Raum. Für einen Moment sagte er nichts, betrachtete nur den geschundenen Körper vor sich, den er schon am Tag zuvor betrachtet hatte. Erst danach besann er sich darauf, weswegen er eigentlich hier war, richtete sich aber erst an Eraqus, der ein paar frische Verbände für Nayantai auftreiben sollte.
      "Ich hoffe du hast gut geschlafen und es geht dir besser.", sagte er und lächelte, wie er es fast die ganze Zeit über tat. "Ich habe etwas zu essen vorbereiten lassen, ich hoffe es wird dir schmecken."
    • Warf man sich selbst der Langeweile dieses Lebens zum Fraß vor, dann hatte man schon verloren - sonderlich viel zu tun hatte Nayantai nicht und doch versuchte er das Beste aus seiner Situation zu machen, um nicht zu verkümmern. Nichts, das er hier tun konnte, glich dem Jagen oder gar der körperlichen Arbeit, die man ihm in seiner Heimat aufhalste, aber all die Dinge, die er als Ersatz dafür verwenden konnte, waren auch davon weit entfernt. Klein anzufangen wäre ein Schritt in die richtige Richtung, selbst wenn er wusste, dass er mehrmals auf den Mund fallen würde, bevor er endlich den Dreh heraus hatte. Beneidete er die Schafe dafür, das nicht alle an einem Strang zu ziehen schienen? Nein. Würde er ihnen die Ideologien der Wölfe aufhalsen? Vermutlich nicht. Sie alle waren von Grund auf verschieden - strengten sie sich an, dann wäre eine Koexistenz möglich, doch bis dahin war es ein langer Weg, den keiner der beiden bereit schien, zu gehen. Schafe waren der Ansicht, das ihnen diese Welt gehörte - und wenn sie sich dafür der Wölfe entledigen mussten, die lieber die unbesiedelten Gebiete in Ruhe bewohnten, dann waren sie wohl oder übel größenwahnsinnig geworden. Frieden war ein wünschenswertes Konzept, das sich nicht immer und überall erzwingen ließ - und doch war es kein unwahrscheinliches.

      Die Wahrheit stand in den Sternen geschrieben, zumindest fühlte es sich zeitweise so an, aber von hier aus konnte man nichts von ihnen erkennen. Vielleicht war die Wolkendecke einfach nicht erpicht darauf, sich wieder zu verziehen, oder aber es war noch nicht spät genug, konnte man doch noch das weiße Land vor dem Fenster erkennen, wenn er einen kurzen Blick darauf erhaschte. Müde Gliedmaßen wurden sogleich wieder angestreckt und Nayantai hoffte - vermutlich, weil es am besten für ihn selbst wäre - dass es sich um einen kurzen Winter handelte, dessen Ende bald bevorstand. Wünsche wurden allerdings oftmals nicht erhört. Lediglich ein Klopfen riss ihn aus dem Konzept, gleich wie die Tür, die sich auftat und Rain offenbarte - Schafe, ihre Steinhäuser und ihre Sitten waren komisch. Tatsächlich verstand er den Satzanfang, allerdings hörte sich der Rest so fremd wie eh und je an, weswegen Nayantai den Kopf schief legte. Ich. Was war der Rest davon? "Dich zu verstehen wird wahrscheinlich noch Ewigkeiten dauern", seufzte er, sprang von seiner sitzenden Position beinahe auf und bereute es, kaum war er wieder auf den Beinen. Schmerz. "Verflucht nochmal", feixte er, als er seine Hand in seine Seite drückte, damit das Stechen, das von einer Wunde ausging, nachließ. Sie war nicht aufgebrochen, also griff er nach seinem Hemd. Ich. Essen. Das machte noch nicht sonderlich Sinn, weil einfach viel zu viele Worte dazwischen und danach fielen, aber es machte mehr Sinn als ein 'Ich'. "Wenigstens habe ich keine Kopfschmerzen mehr, das ist zumindest schon ein Anfang", sagte er, als er anfing, das Hemd zu zu knöpfen - ob er die Wunden früher oder später versorgte, war egal, so lange er nicht glaubte, dass sein Körper schon wieder vollkommen in einem Stück war.
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    • "Du musst deinem Körper Zeit geben.", seufzte Rain als er Nayantai dabei betrachtete, wie er seinen Körper zu schnell bewegte. Er kannte dieses Verhalten von seinem eigenen Vater, der oft im Winter hier gewesen war, um seine Wunden zu lecken, bevor er im Frühjahr wieder in die Schlacht gezogen war. Auch er war ein Mann, der nicht still sitzen konnte, der hier oben jagen ging, um sich selbst zu beschäftigen und dessen Wunden aufgunddessen oft länger zum Heilen brauchten als nötig. Konnte er sich nicht bewegen, weil eine Lanze seine Seite durchstoßen, oder ein Schwert seine Rüstung aufgerissen hatte, dann wurde er wütend, ob seiner Frustration. Nicht selten hatte er Rain in seine Wut hinein gezogen, aber er wusste sein Vater liebte ihn, er wusste nicht wieso. Bestimmt hatte er sich einen Sohn gewünscht, der stark war und nicht ihn. Und bestimmt hatte er sich eine Frau gewünscht die ihm mehr als nur einen Sohn geschenkt hätte, oder zumindest einen, der sein Erbe auch antreten konnte.

      Rain trat auf Nayantai zu, legte eine Hand auf die Stelle unter seinem Hemd an dem die Wunde war, die eben noch geschmerzt hatte. "Zeit...", sagte er, dann deutete er Nayantai ihm zu folgen und führte ihn in den Speisesaal. Der Speisesaal war ein prunkvoller Raum, hell erleuchtet, ein großer Kamin und eine noch größere Tafel. Zu groß eigentlich, für nur zwei Personen. Gedenkt waren zwei Plätze mit Silberbesteck, die Teller standen schon bereit. Rain achte sich, Nayantai fände den Brauch seltsam, brachte man ihm das Essen erst wenn er saß. Ob Nayantai normalerweise mit Besteck aß? Rain wusste es nicht, aber er würde es gleich erfahren. Er führte ihn zu seinem Platz und setzte sich neben ihn, an das Kopfende des Tisches. Sie benutzten nur wenig Fläche des Tisches, aber Rain wollte sich ja auch unterhalten können. Der blonde Adelige deutete auf das Fleisch vor Nayantai und erklärte was es heute zu essen gab. "Schwein. Oink." Die Geräusche hatten zuvor schon funktioniert, hoffentlich verstand er auch jetzt.
    • Verbrachte man zu lange mit Trivialitäten, verfiel man. Aber in diesem Fall durfte die eigene Genesung keine Trivialität sondern die höchste Priorität sein, das musste auch Nayantai einsehen. Tiefe Narben - Kerben - aus der Vergangenheit zierten seinen Körper von Kopf bis Fuß und all die neuen Wunden würden wie frische Teile in den Rest des Mosaiks fallen. Sie alle hatten Geschichten, an die einen konnte er sich mehr erinnern, an die anderen weniger - und manche davon entsprangen Dummheiten aus seiner Jugend, die davon zeugte, dass auch er ein Wildfang war, den es erst zu bändigen galt. Jemand, der reifer und älter wurde und dennoch eine gewisse, kindliche Sturköpfigkeit wahrte. Unterkriegen wollte er sich nicht lassen und doch schrie sein Körper beinahe schon nach Ruhe, nach einem langsamerem Leben, zumindest für eben diesen Moment, während Nayantais Geist darauf beharrte das zu tun, was er schon immer tat - auch, wenn man es ihm verweigerte. Liebend gerne würde er dieses Leben verschenken, wenn er dadurch seine Kindheit wieder durchleben durfte - und doch, die Vergangenheit ließ man ruhen, ignorierte man, man schloss mit ihr ab. Unzufriedenheit war nun einmal kein Dauerzustand, aber dennoch im Moment etwas, das Nayantai verspürte.

      Die Berührung Rain's war sanft und kurz, das Wort ihm fremd - dennoch wiederholte er es, im stillen, und überlegte, welche Bedeutung es haben könnte. Rains Sprache war so unverständlich und wirr für den Prinzen der Wölfe, es würde - seiner eigenen Meinung nach - noch Jahre dauern, bis er endlich verstehen würde. Nichts schien richtigen Sinn zu machen, zu wenig davon war für ihn verständlich, und doch brauchte es keine Worte damit er Rain folgte. Das Anwesen war groß, größer als jedes Zelt, das er je in seinem Leben gesehen hatte und umfasste so viele Räume, die er wohl oder übel nie betreten würde. Wer lebte freiwillig an so einem unübersichtlichen Ort? Rain, so wie es den Anschein hatte - oder war er gar nicht freiwillig hier? Fragen über Fragen türmten sich erneut in Nayantais Kopf auf, kaum setzte er sich an den Tisch und Rain nahm neben ihm Platz. "Oink oink", sagte er, riss sich dabei allerdings zusammen um nicht tatsächlich auch noch in schallendes Gelächter auszubrechen, sondern lediglich ein kleines bisschen zu schmunzeln - wieso ließ er sich auf solche Dinge eigentlich noch ein? Bevor er jedoch eine Antwort auf die Frage wusste, sah er die silbernen Utensilien, die neben seinem Teller lagen. Aß man damit? Womöglich. "Ach, die Welt der Schafe wird nicht einfacher", raunte er, kaum nahm er das Messer in die Hand, um es zu inspizieren. Stumpf war es allemal. Anstatt sich allerdings darauf zu konzentrieren, fiel ihm gar ein, dass er Rain nicht sachgemäß geantwortet hatte. "Schwein. Oink", bemerkte er noch, bevor er sich wieder dem Besteck widmete.
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    • "Schwein.", wiederholte Rain lächelnd und beobachtete anschließend wie der Wolf das Besteck inspizierte. Was die Wölfe wohl aßen? Wie sie es zubereiteten? Und wie aßen sie es am Ende? Mit den Fingern? Dagegen war wohl nicht unbedingt etwas einzuwenden, trotzdem wollte er Nayantai zeigen, wie er es gewohnt war. Er hob sein eigenes Messer hoch und sprach das Wort dafür aus. "Messer." Dann machte er dasselbe mit der Gabel. "Gabel." Anschließend nahm er beides in die Hand, stach die Zinken der Gabel in das Fleisch und schnitt ein Stück ab, bevor er es sich in den Mund schob und kaute. "Einfach.", lächelte er, nachdem er das Gekaute herunter geschluckt hatte und nickte Nayantai zu es zu versuchen.

      Selbst war er etwas überrascht darüber, dass es schmeckte. In den letzten Monaten schmeckte nichts wie es sollte, er würgte hinunter was man ihm hingestellt hatte, weil Essen notwendig war, um zu überleben, aber nicht, weil er Hunger gehabt hätte. Seine Bediensteten hatten alles versucht, alles gekocht was es zu kochen gab. Aber sobald er etwas davon in den Mund genommen hatte, hätte er es am Liebsten wieder ausgespuckt. Er aß, um Niemandem noch mehr Sorgen zu machen... ein wenig zumindest. Wer hätte gedacht, dass es nur einen Wolf brauchte, um Rain wieder dazu zu bewegen zu essen.
    • Saß man nun also fest, irgendwo, an einem Ort an dem man nicht sein wollte - wahlweise dem kaiserlichen Palast und dessen nach Verwesung stinkenden Kerkern - dann war man froh darüber, dass man ein Leben gelebt hatte, das außerhalb der vier Steinwände existierte, die es dort gab. Landete man erst einmal in diesem Kerker, so gab es zwei Möglichkeiten, diesem wieder zu entkommen: Durch Glück und weil man sich eingestand, den Falschen erwischt zu haben, oder aber dadurch, dass man seinen letzten Weg zum Scheiterhaufen antrat. Zu flüchten schien unmöglich, weswegen Nayantai diese Option auch nie in Erwägung gezogen hatte. Das, worauf es einzig und allein ankam, war der Wille überleben zu wollen und so viel mehr als nur einfaches Leid über sich ergehen zu lassen, bis man realisierte, dass das fehlerhafte System dieser Welt einem oftmals nicht mehr als den kleinen Finger reichte, selbst dann, wenn man nach der ganzen Hand verlangte. "Messer. Gabel", wiederholte Nayantai, während er überlegte, ob es in seiner Sprache ein Äquivalent dazu gab, doch es schoss ihm nichts in den Kopf. Besteck dieser Art war seiner Sippe fremd - zumindest die Gabel an sich, Messer waren auch noch nie so klein gewesen. "Messer", sagte er bestimmt, als er dieses hochhielt - als er nun auch die Gabel in die andere Hand nahm, schüttelte er den Kopf. Natürlich benutzten sie größere Messer, meist um Fleisch klein zu schneiden, aber das war es auch schon. Die Devise seines Volkes war, wenn es sich nicht gerade um eine Suppe handelte - welche man einfach aus der Schale trank-, dass man Stäbchen verwendete. Aber alle Nomadenvölker schienen in dieser Hinsicht verschieden.

      "Einfach, hm?", harkte er nach, bevor er das Fleisch auf seinem Teller mit der Gabel anstach und mit dem Messer schnitt, bevor er die Gabel nahm, das klein geschnittene Fleisch in den Mund nahm, kaute und danach schluckte. Selbst, wenn es dem Essen aus seiner Heimat keineswegs glich, war es Nayantai in diesem Fall egal. Lieber aß er akzeptables Essen, bevor er sich wieder mit immer gleich aussehender, grauer Pampe konfrontiert sah, die er viel zu oft während seiner Gefangenschaft heruntergewürgt hatte. "Ihr Schafe werdet immer sonderbarer", murmelte er, als er noch ein Stück abschnitt. Eine Gabel selbst war ihm nicht sonderlich geheuer, aber mit einem Messer umzugehen war wohl etwas das Nayantai nie verlernen konnte. Dennoch war es für ihn ein Rätsel, wofür man ein derart kleines, theoretisch gesehen instabiles Messer haben konnte - auch, wenn es nur einen Zweck zu erfüllen hatte, schien es seiner Meinung nach fast so, als wäre eine Begründung für dessen Existenz aus der Luft gegriffen. "Wir benutzen zwar auch ein Messer, aber im Vergleich dazu ist das hier ... winzig", sprach Nayantai, kaum hatte er einen weiteren Bissen heruntergeschluckt. Wüsste er darüber bescheid, was in Rains Innerem vorging, würde er sich wahrscheinlich gar die Mühe machen, das Lamm bei Laune zu halten - aber dem war nicht so. Stattdessen konzentrierte er sich lieber auf sein Essen und darauf, den Rest davon nicht von seinem Teller zu katapultieren, wenn er sich ein Stück herunter schnitt.
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    • Was Rains Volk wohl dazu sagen würde, sähen sie den Prinz der Wölfe an einem Tisch mit Messer und Gabel essen? Die Geschichten erzählten sich, sein Volk äße das rohe Fleisch von dem was sie gejagt hatten, wie Tiere. Rissen die Eingeweide aus dem erlegten Tier - oder wahlweise Menschen - und stopften sich das zähe Fleisch in die Mäuler. Und nicht nur aßen sie Tiere, sie nutzten sie auch für ketzerische Rituale, aßen ihre Herzen, tranken Blut... Rain fragte sich, wie viel davon wirklich wahr war. Er hatte einen verängstigten Wolf gesehen und wollte ihm helfen und schnell hatte sich heraus gestellt, dass er nicht so unzivilisiert war, wie er sein sollte. Er kannte keine Gabel, aber das hieß nicht, dass er rohes Fleisch aß, das er direkt von den Knochen seiner Beute zerrte. "Ich habe so viele Fragen... wenn ich sie dir doch stellen könnte.", murmelte Rain. Wie lange es wohl dauern würde, bis sie einander wirklich verstehen konnten? Die Worte die sie bisher ausgetauscht hatten waren einfach zu beschreiben. Solange man auf etwas deuten konnte, verstand der andere, aber es gab noch so viel mehr, das eine Sprache ausmachte. Wie lernte ein Kind eine Sprache? Durch zuhören? Dann hätte Nayantai wohl die besseren Karten.

      "Messer.", wiederholte Rain auch dieses Wort und bemerkte, dass der Wolf es eher skeptisch betrachtete. "Wir haben auch große Messer. Das hier ist nur zum Essen. Es reicht schließlich aus." Er deutete auf seinen Teller. "Winzig...?", wiederholte er anschließend auch dieses Wort, dessen Bedeutung sich nicht sofort erschloss. Rain wollte so viel lernen wie möglich, sog die Informationen förmlich auf wie ein Schwamm. Er hatte einen scharfen Verstand, schließlich war sein Verstand, das Einzige worauf er sich verlassen konnte. "Ich würde gerne den ganzen Satz verstehen... Ob du ihn mir erklären kannst? Ich schätze nicht..." Immerhin konnte er Nayantai nicht einmal die Frage verständlich machen... zumindest wusste er nicht wie.
    • Vorurteile gab es, wie es wohl oder übel Sand am Meer zu geben schien - so viele, dass man nichts davon abzählen konnte, geschweige denn im Blick darüber war, was genau vor einem passierte. Versuchte man es, würde man alsbald den Verstand verlieren und tat man es nicht, so war man doch fast weltfremd. All die Dinge, die Nayantai über die Schafe hörte, entsprachen bis jetzt mehr oder minder der Wahrheit - vermutlich, weil keiner sich die Mühe machte, einen guten Eindruck zu hinterlassen, bis auf ein einzelnes Lamm, das ihn umhegte und pflegte als läge er im sterben. Machte man den Versuch, sich zu integrieren, dann war es beinahe schon so, als ergab man sich denjenigen, die die Wölfe nicht mehr in dieser Welt wissen wollten, aber tat man es nicht, so hoben die Schafe die Axt hoch empor und ließen sie auf den Hals eines Wolfes zuschnellen, bevor sie realisierten, dass sie durchaus einen Treffer erzielten. Gelernte Dinge waren nun einmal nicht mehr als das - Vorurteile, die man in sich aufnahm und nie wieder aufgab. War man frei und hielt sich nicht an die Regeln der Gesellschaft war man wild und sonderbar, doch integrierte man sich, so galt es zu realisieren, dass man nicht mehr war als jeder andere, der in dieser Welt sein Leben lebte. "Wenn deine Worte doch nur Sinn machen würden."

      Nickend bestätigte er Rain die Aussprache des Wortes, während er aß - er beeilte sich keineswegs, sondern richtete seine Aufmerksamkeit mittlerweile auch schon wieder auf den Blonden, anstatt sein Essen. Nicht, dass es ihn nicht interessierte - eher war es so, dass der Drang danach, zu verstehen und zu lernen, viel höher war als ein anderes Bedürfnis, das Nayantai in diesem Moment verspürte. Die Bewegung des Anderen verfolgend, schüttelte er den Kopf, legte sein Besteck für den Moment weg und sah Rain an - wie sollte er beschreiben, was genau er mit diesem Wort meinte? Schlussendlich entschied er sich dazu, mit seinen Händen einen Abstand zu zeigen. Zuerst einen ziemlich hohen. "Groß", verdeutlichte er, bevor er die Distanz seiner Hände zueinander verringerte. "Klein", sagte Nayantai, bevor er kurz darauf den Abstand seiner beiden Hände wieder verringerte - so sehr, dass sie sich fast berührten. "Winzig." Daraufhin nahm er sein Messer wieder in die Hand. "Dieses Messer ist winzig", gab er Rain zu verstehen. Tatsächlich wäre es wohl kein Problem für Rain, diesen Satz zumindest etwas zu verstehen - so hoffte der Wolf zumindest, der seine freie Hand benutzte, um auf das Teller vor sich zu deuten, welches das Schaf vorhin falsch benannt hatte. "Teller." Wenn sie schon von einander lernten, dann wollte Nayantai natürlich auch, dass Rain ihn verstand.
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    • "Ahh...", nickte Rain lächelnd, als er den Bewegungen Nayantais gefolgt hatte und nun verstand, was das Wort "Winzig" bedeutete. Dann betrachtete er das Messer, das der Wolf in der Hand hielt. Es war wohl wirklich winzig und auch das kleinste Messer, das es in diesem Haus gab. "Hm... es erfüllt seinen Zweck. Es muss nicht groß, groß, sein, um das Fleisch zu schneiden." Er musste diesen Satz wohl selbst mit weiteren Gesten erklären, damit sein Gast verstand und wiederholte deshalb einzelne wichtige Teile des Satzes noch einmal langsam, bevor er sie erklärte.
      "Nicht.", sagte er deshalb und schüttelte dabei seinen Kopf. "Nicht groß, klein. Nicht groß. Klein." Dann deutete er auf sein Fleisch. "Fleisch.", sagte er und deutete auf die Beilage, die aus Kartoffeln bestand. "Kartoffeln." Dann machte er eine große Bewegung, das beides mit einschloss. "Essen." Zum Schluss tippte er auf den Rand des Tellers und teilte auch dieses Wort mit dem Wolf. "Teller." Kurz machte Rain nun eine Pause, um dem Wolf Zeit zu geben, die Worte zu verinnerlichen. "Eines noch.", lächelte er und schnitt ein weiteres Stück Fleisch ab, während der schneidenden Bewegung, sagte er das Wort "Schneiden."
      Nun hatte er fast alles beisammen, was er brauchte um Nayantai verständlich zu machen, was er gesagt hatte. vereinfachte den Satz allerdings. "Das Messer ist nicht groß, aber es schneidet trotzdem."
    • Je länger sie hier sein würde, zusammengepfercht auf einem Fleck, desto besser wäre es für sie beide, die Sprache des jeweils Anderen zu erlernen um sich ihr Leben hier zu erleichtern, oder gar um in Zukunft den Schafen zu zeigen, dass Wölfe durchaus zivilisiert waren und nicht ihren Ansichten entsprachen, wenn sie wirklich an das Volk der sogenannten Wilden dachten, deren Ebenbilder sie fürchteten, als würden sie aus dem Gebüsch schlüpfen, ganze Dörfer niederbrennen und Frauen sowie Kinder entführen - nein. Wölfe waren einfache Nomaden die natürlich nicht frei von Schuld waren, doch unprovoziert würden sie wohl nie zur Gewalt greifen - zumindest glaube Nayantai, dass das nicht nur für ihn, sondern auch den Rest seines Volkes galt. Sie waren bei weitem nicht so, wie die Schafe versuchten, sie zu brandmarken. "Groß", sagte er, ging damit mit seinen Händen wieder in die ursprüngliche Position, als sie den meisten Abstand zueinander hatten und folgte dann mit einem "klein", während die Hände wieder eine gewisse Distanz zueinander schlossen. Er wollte verstehen, koste es, was es wolle. "Nicht ... hm. Nicht groß. Klein. Also das Gegenteil?", fragte er, bevor er wieder realisierte, dass Rain diesen Satz gar nicht verstehen konnte - oder ihn vielleicht nur an dem Kontext erraten durfte.

      Nayantais Blick wanderte zurück zu seinem Teller - Fleisch und Kartoffeln, von dem noch einiges übrig war. "Fleisch ... Fleisch", ergänzte er, als er auf eben jenes deutete und widmete sich dann den Kartoffeln, die er sogleich auch benannte. "Kartoffeln. Eine Kartoffel, zwei Kartoffeln", wieder verfolgte er die Gestik und Mimik seines Lammes. Er wusste, was Essen war - auch in deren Sprache und doch wiederholte er es einmal in der seinen, damit Rain auch verstand. "Essen. Teller." Lernte er wirklich so viele Worte, dann müsste er sich diese fürs Erste, wohl oder übel, wirklich niederschreiben - aber um nach Schreibutensilien zu fragen, das würde auch nach dem Essen reichen, wenn sie fertig damit waren. Bevor er sich diesem allerdings wieder widmen konnte, sprach Rain ihn erneut an - und bekam Nayantais volle Aufmerksamkeit. "Schneiden", meinte er, bevor er es selbst versuchte. "Schneiden", war das Wort in seiner Sprache. Egal wie lange er noch an diesem Tisch sitzen musste, er konnte sich zumindest mit Rain unterhalten und lernte von diesem mehr als genug. Dennoch, selbst dann, als er einen Satz vorgeworfen bekam, legte er den Kopf leicht schief - Wörter, die er nicht verstand, gab es in diesem Satz noch immer, dennoch wollte er sich nicht die Blöße geben und wiederholte ihn. "Das Messer ist nicht groß ... aber es schneidet trotzdem?", entkam es ihm, mehr wie eine Frage als eine Wiederholung des Gesagten. "Das Messer ist nicht groß. Hm. Das Messer schneidet? Ach, verdammt."
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    • Rain konnte sich nicht erinnern, wann zuletzt Gäste in diesem Raum diniert hatten. Im Winter war er sowieso selten benutzt worden, meistens hatte Rain alleine mit seiner Mutter gegessen. Als sie gestorben war, kam Rain gar nicht mehr her, zu viele Erinnerungen hingen hier in diesen Wänden... die Meisten nicht unbedingt schön.
      In den Sommermonaten hatte seine Mutter oftmals Gäste hier gehabt, auch seine Großeltern hatten die Fürsten und deren Familien aus der Umgebung eingeladen, nur im Winter kam hier ohnehin niemand her.
      Rain hatte diese Festivitäten noch nie gemocht, er kam sich vor wie ein Ausstellungsstück. Der arme, kranke Junge... viele wollten ihn sehen, sah man ihn doch sonst nie, er konnte schließlich Einladungen selbst nicht wahr nehmen. Manche betrachteten ihn wie ein Wunder, priesen die Götter, die ihn so lange leben haben lassen, trotz seiner gesundheitlichen Probleme. Rain dachte immer, wenn die Götter ihn wirklich mögen sollten, warum hatten sie ihm dann keinen besseren Körper gegeben?
      Jedoch war dies nicht die einzige Meinung gewesen, vor Allem die jungen Adeligen in seinem Alter, hatten ihn nie gemocht. Wie konnte er sich auch jemals mit ihnen messen, wenn er sie nicht einmal in den Garten begleiten konnte und stattdessen nur in einer Ecke saß und las? Wie konnte jemand wie er mit ihnen gleich gestellt sein?

      Rain besann sich lieber wieder auf sein Gespräch und wiederholte die Worte, die er eben gelernt hatte. "Fleisch. Kartoffeln. Essen. Schneiden." Jedoch schien der Wolf frustriert, schien er auch immer noch nicht zu verstehen, was Rain gesagt hatte. Und wie sollte man jemandem das Wort 'Trotzdem' erklären und das ganz ohne Worte? Womöglich gab es nicht einmal ein Wort dafür in der Sprache der Wölfe und es wurde nur anders dasselbe ausgedrückt. "Das Messer ist klein.", versuchte Rain es noch einmal. "Das Messer schneidet... trotzdem. Verstehst du? Naja, mach dir nichts draus. Wir fangen ja erst an uns zu verständigen."