spellbound. (earinor & akira)

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    • Wurmte es den großen, bösen Wolf nicht danach, seine Freiheit auszukosten, die Fesseln des Krieges abzulegen und seinem Land zu beweisen, dass er auch ohne metaphorische Krone regieren konnte, dass er leben konnte, ja, verdammt nochmal, dass er wusste, wie er sich in dieser Welt unterzuordnen hatte? Anscheinend schon, wenn auch nur für einen ungeküssten Augenblick in welchem er sich mit Rain außerhalb der Siedlung aufhielt, die ihn sonst so sehr beschäftigte; normalerweise hätte er sich verkrochen, wie ein zorniges, sterbendes Tier, das glaubte, die Wahrheit befände sich außerhalb seiner Kontrolle, in den Händen der Götter, aber er wusste mittlerweile wieder einmal mehr, dass nichts davon der Realität entsprach und dass er, schlaftrunken oder nicht, aus einem vergifteten Bottich trank, wenn er sich weiterhin einreden würde, dass er womöglich falsch an alles heranging. Das tat er nicht, das hatte er noch nie. "Du hast wohl recht. Dieser Krieg ... ich wäre froh, wenn er gar nicht erst existieren würde, auch, wenn ich dich dann wohl nie gefunden hätte. Nein, warte, du hättest mich nie gefunden.", entgegnete der Größere salopp. In Wahrheit wäre es Rains Vater, der ihn gefunden hatte und gut verpackte, der ihn nach Fhaergus brachte und ihn dort liegen ließ, nachdem er sich noch darum fürchtete, dass er auf dem Weg durch die Kälte erfrieren könnte. Ein Tier der Nacht, im dunklen Schatten und jetzt, ohne dass Nayantai seinen Dank jemals kundtun konnte, war er nicht mehr, einfach und allein weil ein Krieg wütete, den keine Seite zu kontrollieren wusste - loderndes Feuer züngelte sich über zahllose Existenzen und verschluckte sie, ohne auch nur einen Moment darüber nachzudenken, wie schmerzhaft das Leben ohnehin schon war.

      Unter seinen Stiefeln gab selbst alter, vereister Schnee nach und Nayantai wusste, dass die Wärme seine Heimat in Jahrhunderten noch nie derartig früh heimgesucht hatte - dass er dieses Geräusch vermisst hatte und dass er Rain anstarrte, als hätte er die Antworten auf all die missbilligenden Fragen, die ein sterbender Mann auszusprechen wusste. "Dafür steht es länger als ein Zelt! Da bin ich mir ziemlich sicher! Eigentlich ... ich schätze, das Einzige, das noch beständiger ist, als ein Haus aus Stein, ist hier draußen ein Haus aus Eis.", schlug er vor. Aber nicht hier oben, sondern dort unten, an der frierenden Küste, die Rain nie in seinem Leben sehen würde; nie in seinem Leben spüren würde, weil auch himmelhohes Jauchzen nicht dazu führen würde, dass sein Körper beständiger würde. "Und jetzt beschwere ich mich über alles in Thria, ist das so schlimm?", lachte Nayantai auf. Womöglich waren seine Sinneswandlungen gespielt, vermutlich war es aber auch einfach um davon abzulenken, dass er sich nicht gut fühlte, dass er nicht wusste, wie er sich fühlte, und dass er - verdammt nochmal - sowieso mit einem Fuß im Grab stehen würde, wüsste er es nicht besser. Wohin mit seinem Kopf, wenn nicht in den eiskalten Schnee unter seinen Füßen? Der Goliath seufzte als Rain innehielt und versuchte, seine Gedanken zu schildern. "Wieso machst du dir darüber eigentlich solche Gedanken?", hinterfragte der verstoßene Kronprinz schließlich mit verzogener Miene. Ob es ihm nun schmeckte oder nicht, dass sein rechtmäßig angetrauter Ehemann Gedanken zu ihrem Überleben hatte, musste er beim besten Willen nicht herausposaunen - allerdings stand wohl fest, dass Nayantai es als vergeudete Liebesmüh bezeichnen würde, sein Volk zu beschützen. Keiner von ihnen würde ewig leben, Niemand von ihnen hatte das Privileg diesen Krieg wirklich zu überleben; die Lage war so oder so hoffnungslos. "Nicht, dass es mich etwas angeht, aber ... dir ist klar, dass wir von Schnee umgeben sind und das meiste Holz und Stroh definitiv nass sein wird, ja? Ich meine, brennende Pfeile schön und gut, aber vielleicht sollten wir unsere Karten nicht auf einen Graben und ein bisschen Öl setzen. Das kann genau so gut nach hinten losgehen."
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • "Eigentlich hat mein Vater dich gefunden.", ergänzte Rain mit einem leichten Lächeln. Er wusste immer noch nicht was es überhaupt damit auf sich hatte und was aus ihm geworden war. Vermutlich war er tot, aber unter welchen Umständen er gestorben war konnte Rain nicht sagen und auch Rikiya schien nicht mehr zu wissen. Hätten die Wölfe im Winter oder Frühjahr gegen die Adrestianische Armee gekämpft, dann wüssten sie es, aber Rain fand mit Nayantais Hilfe keine solche Berichte und auch der König der Wölfe hatte viel zu viel Zeit damit zugebracht alle Papiere durchzugehen, ohne jemals eine Antwort zu erhalten. "Aber ich weiß was du meinst. Wenn es keinen Krieg gäbe, dann hättest du allerdings frei reisen können, vielleicht hättest du als Prinz dann ja die Adrestianischen Fürsten besucht, vielleicht hätten wir uns also doch getroffen!" Nicht dass solch eine Beziehung zwischen ihren Völkern je bestanden hatte. Vielleicht war es besser sich an der Fantasie festzuhalten, dass der Krieg zumindest eine gute Sache zutage gefördert hatte, ihre Beziehung, aber am Ende konnte man sich was wäre wenn Fragen nie mit Sicherheit beantworten.

      "Klar steht es länger und ich bin mir nicht sicher ob Eis beständiger ist als Stein, selbst wenn es sehr dick ist. Hm... nein womöglich hast du recht, erst recht wenn alles zusammen geschmolzen ist und es keine einzelnen Blöcke mehr gibt. Dafür ist es noch kälter darin als in unseren Häusern." Schließlich wäre ein Feuer dann etwas gefährlich. "Du bist ziemlich faul geworden, jetzt wo du reichlich zu Essen bekommst, musst du vielleicht aufpassen, dass du nicht zu dick wirst.", grinste Rain und blickte zu seinem Ehemann auf. "Warum ich mir darüber Gedanken mache? Ich lebe doch schließlich auch hier. Ich meine... ich will nicht sagen, dass ich alles besser weiß als ihr, bin ich unhöflich?" Vielleicht war er das. Die Wölfe brauchten wohl nie Verteidigungsmaßnahmen, ihre Maßnahme war in Bewegung zu bleiben und warum mehr Kraft aufwenden, wenn man einfach weiterziehen konnte? Nayantai schien jedenfalls nicht allzu begeistert von Rains Ideen. "Ich sage ja nicht, dass wir sonst nichts tun können. Einfache Gräben alleine würden schon helfen die Armee auszubremsen." Rain wusste allerdings nicht wie einfach oder schwer es sein würde hier Gräben auszuheben. Er hatte keine Ahnung was sich unter dem Schnee befand, oder wie hart die eisige Erde hier draußen sein konnte. "Gräben bräuchten zumindest keine Ressourcen... Pfähle schon. Ich weiß ihr baut keine Mauern und Befestigungen und all zu viel Holz habt ihr dieser Tage auch nicht zur Verfügung, aber... naja, vielleicht war es eine dumme Idee." Rain zog seinen Handschuh wieder an und stand auf. Außerdem zog er sich seinen Schal über Nase und Mund, die kalte Luft brannte in seiner Lunge und er wollte nicht wieder krank werden.
    • "Eigentlich hat er mich nur zu dir gebracht.", murmelte Nayantai, und um Wahrheitswillen wollte er nicht unbedingt darüber streiten, wer nun derjenige war, der Recht behielt und wer es war, der nur zur Hälfte eine Ahnung davon hatte, worüber sie da eigentlich gerade schwafelten. Mit einem Moment war dieser kleine Spaziergang vermutlich doch keine schlechte Idee gewesen, zumindest insofern, damit man ihn endlich aus seiner Schale pellen konnte, in welcher er sich immer weiter verkroch, weil es doch der Wahrheit entsprach, dass er ziellos durch eine Welt irrte, der er nicht mehr dienlich werden sollte. Nayantai war ein Prinz gewesen, der Kronprinz eines Volkes das im Krieg verschluckt worden war und außer einem Schlachtfeld, einem Massaker, einem Gemetzel kannte er noch nie viel. Rain dagegen schien so, als wären ihm selbst die Taktiken in Büchern oft fremd, oder viele Begriffe, die er in Theorie verstand, nicht mehr als ein Stein in einem verkeilten Weg, den er kaum zu beschreiten wusste. "Meinst du? Glaubst du nicht eher, dass ich gar nie einen Fuß aus meiner Heimat gesetzt hätte? Ich gebe zu, das wäre ein trauriges Ende gewesen, aber wer weiß, wenn es den Krieg nicht geben würde, dann wäre ich vielleicht auch ein anderer Mensch - vielleicht wäre ich auch einfach ein Landstreicher geworden!", sinnierte er beherzt vor sich hin. Nayantai hatte oft noch eine blühende Fantasie, zumindest wenn man sie ihm abverlangte, oder wenn er tief genug in Eventualitäten versunken war, so dass die Wahrheit nur mehr ein auszublendendes Fünkchen in seinem Oberstübchen schien und nicht die eiskalte Realität, die er soeben durchlebte.

      "Ich wünschte, ich könnte sie dir zeigen! Sie sind überhaupt nicht kalt und wirklich putzen musst du sie auch nicht. Und wenn doch etwas kaputt geht, dann reicht ein wenig Wasser um das Problem zu lösen, weißt du? Aber hier oben ist es dafür viel zu warm - wenn ich dich in den Westen verschleppe, dann erfrierst du mir wirklich. Vielleicht finde ich jemanden, der sie für dich zeichnen kann?", schlug er schließlich vor. Würde dieser Krieg nicht enden, dann eben innerhalb der nächsten Monate. Sie hatten Zeit, zumindest ein wenig, bevor sie weiter in das Innere Thrias ziehen mussten, ehe sie sich vollends zu ergeben hatten oder womöglich Gift schlucken durften, um der Hölle auf Erden zu entkommen. Diesmal, so glaubte er, würde er wohl doch liebend gerne den einfachen Ausweg suchen, den er sonst gar nicht erst in Erwägung ziehen wollte. "Pff, was soll das denn heißen? Glaub mir, das passiert schon nicht!", prahlte er stolz, als hätte er etwas anderes getan außer faul herumzuliegen und seinen Kopf in seinen Fellen zu verstecken. Rain hatte Recht, aber gemein war er schon! "Unhöflich? Hast du jemals mit einem Wolf geredet der nicht ich bin? Nein. Insofern du nicht ... naja, anfängst dich als die beste Person in dieser Siedlung zu präsentieren." Oder wie ein Nebelreiher durch den Schnee zu stolzieren, aber das musste er einer kleinen Flauschkugel wie Rain wohl nicht sagen; sein Lamm sah ziemlich dumm aus, eingewickelt in warme, dicke und vor allem weite Kleidung die früher oder später noch von seinem Körper fallen würde wenn man sich nicht darum kümmerte. Dennoch, gefährlich schien dieses Ding ohnehin zu sein, auch ohne die richtigen Mittel zu haben. "Ich schätze, das lässt sich einrichten, und wenn ich sie alle alleine aushebe, dann sei's drum.", seufze er schlussendlich. "Es wäre einfacher, wenn das Wetter hier beständiger wäre, aber das ist es nicht. Anzünden können wir auch nichts, vor allem nicht wenn es die Hälfte der Zeit nass ist." Nayantai stand schließlich auf, drückte sich schon fast nach oben und starrte das rötliche Gesicht Rains an, das alsbald hinter einem Schal verschwand. "Und, wie fühlst du dich hier draußen, komplett ohne Mauern, nach ... naja, allem?"
      Looking back, it maybe is like the toy carts you rode when you were a kid. But those toy carts could never go beyond the walls of the lawn. We want to follow the rugged concrete road beyond the wall. As we've grown, we've decided to leave behind the toy cart.
    • "Du magst meinen Vater nicht besonders, oder?", fragte Rain nach. Nicht, dass es noch wichtig wäre, er war höchstwahrscheinlich tot und selbst wenn nicht, dann würde Rain ihn wohl nie wieder sehen. Was er wohl tun würde, jetzt da Fhaergus verloren war? Würde er versuchen es zurückzuerobern? Würde er den König anflehen ihm sein Fürstentum wiederzugeben? Nein, das war eher unwahrscheinlich, Rains Vater war niemand der anderen bereitwillig die Füße küsste. Vermutlich würde er sich ein paar willige Männer zusammen suchen, gegen die Armee von Lavern oder gar des Königs rennen und dabei sterben. Rain seufzte. Vielleicht war er selbst unfair gegenüber seines Vaters und wenn er tatsächlich tot war, dann sollte er wohl nicht so schlecht von ihm denken. "Ich weiß nicht, du warst doch ziemlich wild, hätten dich andere Orte nicht interessiert? Ich meine ihr reist ohnehin viel, aber Adrestia sieht doch noch einmal anders aus. Selbst als wir uns kennengelernt haben hast du viel davon gesprochen den Süden zu bereisen.", erwiderte Rain und versuchte zu erläutern warum er sich eher nicht vorstellen konnte, dass Nayantai mit dem zufrieden gewesen wäre, was er schon kannte.

      "Nicht kalt? Aber du kannst doch gar kein Feuer in einem Gebäude aus Eis machen?" Rain verstand nicht ganz. Vielleicht, wenn das Eis dick genug war, ging das schon, aber er konnte sich das eigentlich nicht vorstellen. Vielleicht reichten eine Menge Decken und Felle und dicke Kleidung, auch aus, aber selbst mit alledem war ihm in seinem Steinhaus immerzu kalt gewesen. "Aber ich fände es schön wenn ich Bilder davon sehen könnte." Rain lächelte. Bücher und Bilder waren jahrelang sein einziger Zugang zur Außenwelt gewesen. Vielleicht sollte er seine Erfahrungen in Thria selbst auch aufschreiben. Besonders gut zeichnen konnte er nicht, aber für Skizzen würden seine Fähigkeiten reichen. Fürs erste grinste er allerdings ein wenig und warf einen Blick auf Nayantais Bauch. "Sehe ich da etwa schon etwas Fett ansetzen?" Natürlich nicht, Nayantais Kleidung war um irgendetwas erkennen zu können zu dick und weit, aber Rain wollte ihn dennoch aufziehen. Vielleicht half das ja dabei ihn dazu zu bewegen auch mal wieder etwas zu tun. "Ja habe ich, mit deinem Vater und deiner Schwester und mit eurem Heiler." Das waren ehrlich gesagt nicht allzu viele Personen, aber Rain traute sich auch nicht nach draußen und schon gar nicht sprach er irgendwelche fremden Wölfe an. Es musste schon komisch sein ein Schaf im Zelt ihres Königs hausen zu haben, das nicht einmal herauskam. Beinahe als wäre er ein Gefangener. "Sollte ich vielleicht... mit mehr von euch sprechen? Ich weiß nicht ob irgendjemand meine Hilfe überhaupt wollte... abgesehen von Rikiya natürlich." Rikiya gab sich teilweise viel zu viel Mühe Rain alles recht zu machen und ihm das Gefühl zu geben, dass er hier willkommen war. Rain wusste wieso, auch wenn er es gegenüber Nayantai definitiv nicht ansprechen würde. "Naja wenn wir es abdecken können, wäre es trocken und hätten wir Öl, würde Nässe auch nicht so schlimm sein. Aber ich schätze davon habt ihr bestimmt nicht viel..." Vielleicht konnten sie welches erbeuten, sollten sie die Adrestianischen Außenposten angreifen, aber das war gefährlich und es war nicht Rains Intention irgendjemanden in Gefahr zu bringen, schon gar nicht nur einer seiner wahnwitzigen Ideen wegen. Er blickte zu Nayantai auf, sein Gesicht wieder halb bedeckt. Die Frage die er stellte kam plötzlich und Rain hatte eigentlich noch gar nicht darüber nachgedacht. "Uhm... Ich weiß nicht. Ich... habe zumindest keine Angst davor auf der Stelle tot umzufallen. Nach allem was wir überlebt haben kommt es mir dumm vor, dass ich niemals auch nur unseren Garten betreten habe..." Jetzt wo Rain darüber nachdachte stimmte es ihn traurig und vielleicht auch ein wenig wütend. All diese Sorgen und Ängste die ihm eingeredet wurden, wenn auch nicht völlig haltlos, waren zu viel des Guten gewesen. Er hätte den Garten betreten können, hätte die Hügel besuchen können und Blumen pflanzen können. Nachdem er durch das eisige Fhaergus, über die Berge, durch Wald und Schnee, Höhlen und Dörfer geschleppt wurde und immer noch atmete, da konnte er sich nicht vorstellen, dass ihn ein einfacher Spaziergang umgebracht hätte. Natürlich hatte ihn Nayantai beziehungsweise ihr Pferd die meiste Zeit getragen, aber zumindest hätte er Fhaergus zu Pferd bereisen können. Ja, er war schwach und kränklich und endete nicht nur einmal mit hohem Fieber, aber das hatte er auch in seinen eigenen vier Wänden bekommen. "Um ehrlich zu sein ist Thria ein wenig... unheimlich. Fhaergus ist umringt von Bergen und voller Hügel und Wezette war voller Wälder, aber hier kann man seinen Blick so weit schweifen lassen..." Es war ungewohnt und bisher hatte Rain andere Probleme gehabt als sich darüber Gedanken zu machen. Seit sie die Siedlung erreicht hatten, hatte Rain sie auch nicht wieder verlassen - bis jetzt. "Und du? Bist du froh wieder hier zu sein?"