Downfall of Arcadia // The Eight Cursed Waves (Cada & Crow)

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    • Die Beine hingen in der Luft, der Körper der jungen Frau verharrte steif auf dem ihr zu hohe gelegenen Bett und auf ihren Schoss trug sie ein großes, aufgeklapptes Buch. Neugierig blätterte sie in jenem umher und las sorgfältig Seite um Seite, eines der Bücher ihres Bruders in welchem einige Artefakte einer vergangenen Zeit erklärt wurden. An einer der Seiten klebte ein Zettel als Vermerk, der Beitrag handelte um eine Art Reisebeutel der mit einer Art schwarzen Loch zu einem unbekannten Ort verbunden war und dort sämtliche Gegenstände beherbergen konnte. Die Erklärung hinter jenem Phänomen schien fragwürdig auf einen Begriff mit den Namen ´Magie´ rückzuführen, doch ein Zettel mit der Schrift Rens klebte klemmte zwischen den Seiten auf welchem die These vermerkt war, das es sich bei der Tasche um die manifestierte Fähigkeiten eines Stigmata Nutzers war, der diese irgendwo verlor, allerdings aufgrund des möglichen Gebrauchs der Tasche noch am Leben sein müsse. Stigma, dieser Begriff lauerte schon unlängst in den Köpfen der Bevölkerung unserer Welt und obgleich schon seit Jahrhunderten diese einzigartige, auf den Charakter zugeschnittene Kraft existiere, mangelte es an sinnvollen Erklärungen ihrer Herkunft gegenüber. Einige Forscher Van Zephyrs erwähnten, das es sich bei dem Stigma um eine Art Partikel oder Element handelte, welches neben den herkömmlichen Elementen wie Luft und Wasser bestehen würde und das die Evolution unsere Körper so veränderte, das jenes Stigma von uns aufgenommen, kanalisiert und ausgestoßen werden könne. Doch der simple Ausstoß unseres Stigmas würde zum Kollaps unseres Verstandes führen, während unser Körper die Kräfte unkontrollierbar befreit und es zu einer gewaltigen Explosion kommen würde, die schwere Folgen mit sich ziehen würden. Um diese Kontrolle zu gewähren, benötigt man die Alchemiewaffen, Geräte die in der Lage sind das Stigma dosiert zu kanalisieren und den Ausgleich zu schaffen. Das Stigma äußert sich in verschiedenen Variationen und kann zum Einen in kämpferische Talente übergehen oder in Hilfstalente erscheinen die in der Landwirtschaft, auf der See oder innerhalb von Luftschiffen an Verwendung finden. //..Ich frage mich was wohl mein Stigmata ist..//
      Das Mädchen sah auf ihre geöffnete Handinnenfläche und warf ihren Blick kurz darauf auf jenes schwarze Schwert, welches neben ihr ruhte. Die Fähigkeit eine Barriere zu erschaffen, nein, die wahre Fähigkeit Formen durch Berührung zu erschaffen und diese sinnvoll zu verwenden. Dies war das Stigma meines älteren Bruders, während es sich augenscheinlich bei der Form seines Freundes, dem König, um die Kraft der Illusion handelt. Stigma außerhalb einer Alchemiewaffe zu kontrollieren ist schier unmöglich, und doch gibt es Auserwählte die in der Lage sind diesem Naturgesetz zu widersprechen und wirkliche ´Magie´ zu wirken. Diese Gabe war lediglich dem Orakel des Schicksals vorherbestimmt, einst unsere Mutter die jene Kontakte mit den Urwesen an Kindern vererbte die sie auf ihrer Reise kennenlernte und nun die Träger der Elementare sind. Die genaue Aufgabe des Orakels ist Ungewiss, doch dem Namen nach zu urteilen muss es sich um eine Art Aufseher handeln, der die Gegebenheiten begutachtet und urteilt. Doch wem überreicht das Orakel dieses Urteil? Sollte es verboten sein sich als Orakel aktiv in die Geschehnisse der Welt einzumischen, wird dieser jemand dafür gesorgt haben das die tragischen Geschichten an Überhand nahmen und die Konflikte geschnürt wurden. //...Shin erwähnte das er einst meine Mutter kannte und in ihre Lehre trat. Sollte er demnach die Rolle des Orakels einnehmen, so müsse jener Strippenzieher im Endeffekt Kontakt zu ihn aufnehmen.. Vielleicht weiß er etwas, doch diese Informationen aus ihn herauszulocken wird sicher nicht einfach... Was würdest du tun, Nero?..//
      Der Kopf qualmte und die Gedanken fanden kein Ende. Ein tiefes Seufzen entwich den Lippen der jungen Dame, bevor sie aus der Shoji Tür sah und sich dazu entschloss das Buch zur Seite zu legen um sich die Beine zu vertreten. Bevor sie jedoch vom Bett sprang, blickte sie auf sich hinab und begutachtete missmutig ihr derweil ziemlich zerzaustes weißes Kleid. //..Wäre sicher keine schlechte Idee auf meinem Spaziergang neue Kleidung zu besorgen. Fragt sich nur wo ich das dazugehörige Gold herbekomme...//
      Sich innerlich fragend, die Hände hinter ihrem Körper verschränkend, fiel ihr schlagartig ein Umschlag vor der Tür auf einem Holzbrett mit einer Schüssel Suppe und einem Krug mit Milch ins Gesicht. „Opa..War ich wirklich so sehr in den Büchern vertieft?“ Ihre Schritte trugen sie zum Holzbrett, den Umschlag mit der Währung begutachtend mit der in Arcadia gehandelt wurde, die Suppe und die Milch auf einen Tisch legend. Lilly strich sich das Kleid straff und begab sich auf den Kissen in den Sitz auf den Knien nieder, schlug die Hände gegeneinander um sich für das Mahl zu bedanken und genehmigte sich ihr Mittag, bevor sie sich erhob und aus dem Dojo verschwand. Ihr Weg führte sie durch das geschäftige Viertel der technologisch weit fortgeschrittenen Stadt. An jeder Ecke gab es etwas Neues, etwas was es in den Ländereien der Logos nicht gab, von Springbrunnen bis zu mechanische Zweiräder die sich durch die speziell angefertigten Wege begaben, bis hin zu Kreisförmigen Geräten deren Zeiger in verschiedene Richtung zeigten und den Stand der Uhrzeit offenbarten. Helle Haare, klare blaue Augen, lächelnde Gesichter mit edlen Gewändern, keine Trennung der Armen und der Reichen sondern alles Gleichgestellte, Gleichgesinnte Wesen die ihre Zeit auf der schwebenden Insel in vollständigen Frieden genossen ohne Kummer, ohne Sorgen über Gespräche von den heutigen Abendessen bis über den endlosen Himmel und deren Weiten am Springbrunnen philosophierend, Kinder die einen Luftballon hinterherjagten, eine Frau die aus einen Laden kam und einen Apfel aus ihrer Tasche verlor die sie mit beiden Armen nah an ihren Körper bettete und jener junge Mann der ihr half den verlorenen Apfel wieder aufzuheben, bevor sie sich schüchtern bedanken konnte. In ihren Gesichtern spiegelte sich die Sorglosigkeit wieder, die in der falschen Mimik der Erdbewohner unter dem herrischen Adel nie zu vernehmen war. Es war als wäre dies die ideale Welt, die sich ihr Bruder ersehnt hatte, eine Welt in der die Menschen ihre Augen öffneten und der Wahrheit ins Gesicht blickten denn unter den Personen mit den hellen Haaren waren ab und an auch die Schwarzhaarigen Revenus zu vernehmen, die im Munde der Logos als die Dämonen und der Abschaum dieser Welt galten. „Schwesterchen, wieso sieht dein Kleid so schmutzig aus?“ Ein kleines Mädchen zupfte an der Seite der in Gedanken verlorenen Aschblonden Dame, die ihr Blick zur Seite wandte und in das Gesicht eines Mädchens sah, das umgeben von vielen weiteren Kindern war. Mit einem Lächeln setzte Lilly ihre Hände auf ihre Knie ab und beugte ihren Oberkörper nach vorn damit sie auf Augenhöhe mit ihren Gegenüber sprechen konnte. „Wie ist dein Name, kleine Maus?“ Das Mädchen verzog ihre Mundwinkel nach unten. „Ich bin keine kleine Maus... Mein Name ist Maya, und du?“ „Mein Name ist Cha-... Mein Name ist Lilly! Sag mir Maya, kannst du mir einen Laden zeigen in dem ich neue Kleidung kaufen kann? Ich habe eine lange Reise hinter mir und möchte gerne das schmutzige Kleid ersetzen.“ „Eine lange Reise? Bist du etwa ein Weltenbummler?“
      Überrascht vernahm Lilly die strahlenden Augen ihres Gegenübers und legte dabei den Kopf leicht schief. „Ein Weltenbummler?“ Das Mädchen nickte freudig, ballte ihre Hände zu Fäusten und wackelte mit diesen vor ihren Körper nach oben und unten. „Ja! Schwester Wiese erzählte mir von einen ehemaligen Freund von ihr, der sich auf die Suche nach seiner Familie begab und zum Weltenbummler wurde..“ Ein Junge stupste das Mädchen an die Schulter. „Sie heißt Schwester Vyse und nicht Schwester Wiese!“ Das Mädchen wandte sich zu den Jungen und warf ihre Arme wütend nach unten. „Aua! Warum schubst du mich? Ich hab doch Schwester Viese gesagt!“ „Na Na, nicht streiten ihr beiden!“ Der Junge verschränkte seine Arme vor der Brust und wandte sein Gesicht zur Seite ab, während das Mädchen ihm die Zunge ausstreckte und ihren Blick wieder zu Lilly wandte. „Mein Name ist Seth und anders als diese doofe Kuh, erinnere ich mich sehr wohl an unseren großen Bruder Ren. Wenn du möchtest zeig ich dir gern das Kleidungsgeschäft zu welchem wir Ren immer folgten“ Als der Name des Mannes ertönte, weiteten sich für einen kurzen Moment ihre Augen, doch mit einem gefassten Nicken entgegnete sie dem selbstbewussten Jungen während die Stimme des Mädchens noch einmal ertönte. „Ich bin keine doofe Kuh!“
      Ein einfaches Tätscheln auf den Kopf Mayas genügte um die Tränen in ihren Augen zu trocknen, bevor sich Lilly streckte und ein wohliges Seufzen von sich gab. „In Ordnung Seth und Maya.. Dann zeigt eurer großen Schwester mal den Weg!“
      Die Zeit raffte dahin und in ihrer Erkundungstour mit den Kindern, verendete ihr Weg nicht im Geschäft in welchem sie Kleidung anprobierte und die Meinung der Kinder dazu einholte, die jedes mal in einem Daumen hoch oder runter endeten, sondern begleitete sie bis zum Abendrot noch bis zum Waisenhaus in welchem sie wohnhaft waren und vor welchem eine Blondhaarige Frau in der Verkleidung einer Zofe wartete um den Kindern eine Standpauke darüber zu geben, das sie erst so spät nach Hause kamen. „Aber Schwester Viese, wir sind nur so spät dran, weil wir Schwester Lilly die Stadt gezeigt haben. Schwester Lilly ist nämlich ein Weltenbummler, weißt du?“ Die Blondhaarige Dame, die in diesem Moment die Ohren Seth langzog, der ihr stetig freche Kommentare entgegen warf, schaute zu der Aschblonden jungen Frau hinauf und erkannte in ihrem Gesicht etwas ihr Bekanntes. „Ich verstehe, habt Dank dafür das ihr die Kinder nach Hause geleitet habt und entschuldigt mir bitte die Umstände die euch die Kinder zugemutet haben!“ In ihrer Höflichkeitsnorm verbeugte sie die Frau vor Lilly, welche lediglich mit ihren Händen vor ihren Körper fuchtelte und vergeblichst nach Worten suchte. „S-Schon in Ordnung. Ohne die Kinder hätte ich mich hier hoffnungslos verlaufen und ich bin dankbar für ihre Hilfe!“ „Ist dem so?“, entwich es der jungen Frau überrascht bevor sie sich dem Kindern zuwandte und in die Hände klatschte. „In Ordnung, dann ab mit euch nach drinnen, die Hände waschen und schleunigst an den Esstisch zu den Anderen, die bereits auf das Abendessen warten!“ Ein gemeinsames „Ja~“, ertönte von den Kindern, ehe sie sich von Lilly verabschiedeten und nur Maya und Seth kurz zurückblieben. „Bis später, Schwester Lilly!“, ertönte es aus Mayas Lippen, während Seth noch einmal kurz stehen blieb und die junge Frau noch einmal anstarrte. Danach begab auch er sich, jedoch ohne Verabschiedung, in das Anwesen bis nun auch Vyse sich von ihr verabschiedete. Lilly wank schließlich nur noch verträumt hinterher, bevor ihr auffiel das sie vollkommen vergessen hatte Vyse nach ihren Bruder zu fragen. //...Besser ich störe jetzt nicht nochmal, die Kinder haben sicher Hunger und meine Fragen rennen nicht davon..//
      Doch so wie der Name gefallen war, entschloss sie sich das Abendrot zu nutzen um noch einmal dem Gedenkstein einen Besuch abzustatten, an welchem sie stoppte und in Gedanken verharrte. Erinnerungen aus ihrer Zeit in der Untergrundstadt in welcher Nero und ihre vorherige Version hausten, wie er Bücher wälzte, Artefakte erforschte, von seinem Traum schwärmte in einer Welt in Eintracht als Kapitän eines Luftschiffes fliegen zu können, an Maschinen herumbastelte und mit ihr lange Spaziergänge durch die Slums zu der großen Wiese mit den Ascherkronen hinter sich legte. Nero der an einem Bett lehnte und zu Lilly aufsah, die neben ihn auf jenem Bett saß, ein Buch auf ihren Schoss ruhend mit einem leichten Schmunzeln zu ihn nieder blickend. Eine sich im Kreis drehende Lilly, die innerhalb eines Tunnels zu ihren Bruder sah und deren Stimme zaghaft ertönte. „Was sagst du? Wie findest du mein neues Kleid?“ In Erinnerungen zu schwelgen war einfach, doch mit ihnen abzuschließen war so unglaublich schwer, denn jene Ereignisse würden sich nie wiederholen können und neue Ereignisse würden nie geschaffen werden können. „Ruhe in Frieden, Nero..“

    • Schweigend saßen die beiden Frauen noch eine Weile nebeneinander. Nachdem Suzume Rachel wieder und wieder erklären musste, dass sie drei Jahre erinnerungslos in der Welt herumgelaufen ist, gab es die Braunhaarige auf, es zu verstehen. Sie konnte es ihr natürlich nicht verübeln. Auch für Suzume klang ihre eigene Erzählung mehr als suspekt und fragwürdig. "Das schlimmste an dieser Amnesie war, dass... kaum wurde ich mit Teilen aus meiner Vergangenheit konfrontiert... fügte sich das Gesamtbild ein bisschen mehr zusammen. Und dennoch konnte ich nichts damit anfangen...", fast schon vorwurfsvoll streckte die Schwarzhaarige ihre Arme vor und lies ihre Hände kraftlos nach vor fallen. Im nächsten Augenblick ballten sich jene zu Fäusten und Suzume schloss für einen Moment die Augen. Es tat nichts mehr zur Sache... es war vergangen... Ein tiefes Einatmen reichte, um ihr erhitztes Gemüt wieder zu zähmen. "Wir sollten zurückgehen...", nachdem die Schwarzhaarige ihre Augen wieder geöffnet hatte um ein letztes Mal in die bereits von Dämmerlicht umarmten Landschaft zu sehen, kam ihr dieser Entschluss schneller, als Rachel wohl damit gerechnet hatte. Sie war aufgestanden und die Braunhaarige sah mit überraschtem Blick zu ihr hoch. "Äh.. ja, klar doch...", kleinlaut strich sich Rachel einzelen Grashalme und Blätter von ihrer Hose und stemmte ihren nach wie vor geschwächten Körper in die Höhe, während Suzume sich hinabbückte um die Teetassen und die Kanne auf dem Tablett zu arrangieren. Der nur mehr lauwarme Tee in ihrer Tasse war bitter geworden und lies Suzume eine Grimasse ziehen, als sie den letzten Schluck nahm, ehe sie das hölzerne Konstrukt aufhob und sie neben ihrer alten Freundin den Weg zurück in Wisemans Haus bestritt.

      Der Weg wurde von verhaltenem Schweigen begleitet. Als die äußeren Mauern des Anwesens des älteren Herren sichtbar wurden, rang sich Suzume dann jedoch nochmals zu einem Gesprächsansatz durch. "Was... was wirst du jetzt machen... nun, wo du weißt... was mit den beiden geschehen ist?", unsicher sah sich zu Rachel hinüber, die ihren müden, aber gleichzeitig untröstlichen Blick in die Ferne gerichtet hatte. Kurz sagte sie nichts. Es schien, als würde sie unsicher auf ihrer Unterlippe herumkauen, als würde ihr in diesem Moment klar werden, dass sie keinen Ort hatte, zu dem sie gehen konnte. Da aber öffneten sich ihre Lippen und sie stieß pfeifend die Luft aus ihren Lungen zwischen ihren Zähnen hervor. Es war ein gequältes Seufzen. Mit Elan hob die Grauäugige ihre Arme an und verschränkte ihre Finger im Nacken. "Ich... ich gehe zurück nach Canard... die Menschen dort brauchen jemanden, der ihnen die Hoffnung erhält.", kurz flackerte ihr Blick im Augenwinkel in Suzumes Richtung. Sie wusste genau, was Rachel ihr damit sagen wollte. So lange sie selbst nicht zurückkehrte um das Wunder der Auferstehung zu wiederholen, war es an Rachel, die Bewohner der Stadt des Aufstandes Treue zu halten. Eine Pflicht, die die Braunhaarige wohl besser erfüllte, als die rechtmäßige Anführerin es wohl jemals handhaben konnte. Beschämt über sich selbst, all das was ihre Taten in der Vergangenheit ausgelöst hatten, sah Suzume zur Seite hinab, wog dabei die Stirn in grämenden Falten. Sie war der Ursprung... sie allein. An einfach allem was sich nach Red Christmas ereignete, hatte sie Schuld. Auch, dass Rachel und sie gerade nebeneinander herspazierten, war einer der willkürlichen Ausgangspunkte der fehlgeschlagenen Rebellion... So in Gedanken vertieft, hatte die Blauäugige nicht bemerkt, dass sie den Toren nahe gekommen waren. Rachel stoppte und sah ihr nun zum ersten Mal mit der selben Schärfe im Blick in die Augen, wie sie es damals schon immer tat, wenn sie Antworten wollte. Egal ob es nun eine strategische Entscheidung oder einfach die Wahrheit zu einem privaten Thema war. "Wirst du zurückkommen, Suzu? Was soll ich ihnen sagen?", kühl und entschlossen waren ihre Worte, wobei der offensichtliche Unterton der Verzweiflung sich wie eine dünne Schicht über sie legte. Mit angespanntem Kiefer erwiederte Suzume den starren Blick ihrer treuen Freundin, doch jagten ihre unentschiedenen Augen von links nach rechts. Sie leckte sich kurz über die Lippen. "Sag ihnen nichts... bleib neutral... sofern ich... bereit bin, diese Aufgabe wieder aufzunehmen... kehre ich zurück, ich verspreche es dir." - "Du willst sie also belügen?" - "Es ist besser, als ich mache ihnen und auch dir Hoffnungen, wo keine sind... ich weiß nicht was passieren wird Rachel. Mir wäre es anders auch lieber... aber das letzte Mal, dass ich Initiative ergriff... du weißt, was geschah. Ich möchte dieses Leid nicht noch einmal über all die unschuldigen bringen." Sah es im ersten Moment so aus, als würde keine Erklärung das erboste Funkeln in ihren Augen lindern, so schlich sich eine ermattende Trauer in Rachels Blick, als Suzume den Umstand des Untergangs von Canard erneut ansprach. "Ich kann nicht zurück, solange ich eine größere Bedrohung als Hilfe bin für euch."

      Der Abschied fiel beiden in diesem Moment nicht leicht. Rachel, die unbedingt noch Ruhe brauchte, nahm Suzume das Tablett aus den Händen, worauf diese ihr anbot, doch diese Nacht in ihrem Zimmer zu nächtigen. Sie nahm es an, aber die unterkühlte, enttäuschte Spannung klang daraufhin nicht ab. Mit Verdruss in den Zügen, sah Suzume der jungen Frau hinterher. Es war bereits dunkel geworden. Rund um sie begannen die Tiere der Nacht, vor allem Grillen, ihr abendliches Lied zu singen. "G-gute Nacht!", rief sie der Braunhaarigen noch hinterher. Rachel stoppte nochmals kurz, drehte den Kopf kaum sichtbar über die Schulter, stapfte dann aber weiter und war hinter einer Shoji Tür verschwunden. Zittrig atmete Suzume durch und drückte sich im Anschluss die Handballen in ihre Augen. Natürlich war es enttäuschend für Rachel... sie hatte die junge Frau lange genug mit Aufgaben allein gelassen, mit Verantwortung, die nicht die ihre war. Aber was hätte sie tun sollen... sie war buchstäblich eine Gefangene ihrer verlorenen Erinnerung. Langsam sanken ihre Arme wieder hinab und ihre brennenden Augen richteten sich gen Himmel. Einzeln funkelten Sterne von oben herab, der Mond versteckte sich noch hinter dem Horizont. "Ach Ren...", kam es ihr heiser über die Lippen. Ihre Hände fanden den Weg in ihre Hosentaschen. Nichts lieber als seinen Rat hätte sie jetzt gehört, nichts lieber wie seine Stimme, die ihr half die rechte Entscheidung zu treffen. Ihre Lider sanken hinab, das Brennen wurde stärker, doch bevor sich die Hitze der Tränen in ihrem Gesicht ausbreitete, erklang eine ihr bekannte Stimme neben ihr. "Wie geht es ihr?", aufgescheucht riss sie ihren schwarzen Schopf herum und blickte in das fragende Gesicht des Weißhaarigen. Shin stand ein paar wenige Schritte entfernt, weit genug um die bröckelnde Fassade ihrer Stärke nicht zu bemerken. Suzume räusperte sich und strich sich die Haare hinter die Ohren. "Besser... aber sie sollte noch Schlafen... und vorallem Essen... und Trinken... man erkennt ihre Erschöpfung zu gut.", sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf den Kiesweg hinab, durch welchen ihr rechter Fuß eine kleine Schneise zog. Mehr als ein "Mh", war von Shin nicht zu hören. Es klang weder interessiert, noch desinteressiert. "Und wie geht es dir? Ich habe gehört, was im Abyss passierte... dass du die Kontrolle über-" - "Du musst mir nicht sagen, was ich nicht schon längst weiß.", eisiger Stimme fuhr sie dem jungen Mann dazwischen und verkrampfte ihre Haltung. "..."

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • „Wiseman?“, entwich es der Rothaarigen Frau die im Schneidersitz auf dem hölzernen Parkett saß und aus einer Schüssel Suppe löffelte, einen kurzen Blick durch die Shoji Tür werfend in welcher Wiseman gerade seine Schwertsammlung reinigte, und danach ihren Blick zu den Gärten wendend. Der Grauhaarige Mann sah aus seinen Augenwinkeln heraus zur Tür und widmete seinem Blick im Anschluss wieder der silbernen Schwertklinge. „Hm?“
      „Du weißt doch bekanntlich alles...“ Ihr Appetit schien ihr vergangen zu sein, ihr Blick verharrte auf der Suppe, die Mundwinkel neutral liegend mit ihren Gedanken an Suzume verweilend. „Wenn es notwendig ist alle Elementare zu kontrollieren und es ausreichen würde die Welt ins Chaos zu stürzen insofern auch nur einer außer Kontrolle raten würde, hätte dann die Suche nach dem vierten Element nicht Priorität bevor das Elementartraining beginnt und man für das vierte Element von vorn beginnen müsse?“ Der ältere Herr legte sein Schwert beiseite und umfasste mit seiner rauen Hand seinen Bart, striff diesen glatt und schloss seine Augen. „Nicht notwendig. Wir wissen bereits vom Träger des vierten Elements und der König hat unlängst einen seiner stärksten Verbündeten losgeschickt um ihn zu holen.“ Die Rothaarige Frau sah auf und hielt sich beim einfallen der Sonnenstrahlen ihre linke Hand vor ihr Gesicht. „Und um wen handelt es sich dabei?“ „Es handelt sich um den Schrecken des Todes.“, entgegnete es der Grauhaarige trocken während der Blick Hestias blitzschnell voller Überraschung zu Wiseman wandte. „Wie kann das sein? Der Junge ist doch gestorben!“ Wiseman warf der Rothaarigen Frau einen kurzen Blick zu, bevor es bei ihr Klick machte und sie verstand. „Ein Hochstapler.. Wer wurde mit seiner ´Abholung` beauftragt?“ „Zest..“
      Hestia schlug ihre Hände auf das Holzparkett und verschüttete dabei versehentlich ihre Suppe während ihrem Gesicht die Zweifel plagten. „Mein älterer Bruder?! Das ist gefährlich Wiseman, Zest hat sich in Kämpfen nicht unter Kontrolle! Seine unheimliche Stärke ist der Grund weshalb man ihn lediglich mit Überwachung zu simplen Suchaktionen schickte. Das wird übel enden..“
      Der Graubärtige lauschte den impulsiven Worten der aufgebrachten Rothaarigen Frau, nahm sich dabei ein weiteres Schwert und zog jenes aus der Scheide um die Klinge zu bereinigen. „Wer weiß.“

      In einer Untergrundarena auf dem Erdland

      Zittrig umfasste eine Person umhüllt in einer schwarzen, zerfetzten Kutte ein Katana. Ihm gegenüber stand ein düster dreinblickender Schwertkämpfer, mehrere Narben im Gesicht, sein rechter Arm frei, sein linker Arm unter seinem weiten Oberteil ruhend, auf seinen Gegner herabblickend und enttäuscht seufzend. „Kleiner, dies ist kein Ort für dich! Ergib dich und wir beenden diesen Kampf! Es würde mir keinen Spaß machen einen Anfänger zu töten, der sich vor Angst in die Hose macht.“ In den Rängen der Arena saß der übliche Pöbel, Adlige unter ihren Masken verdeckt um nicht aufzufallen, doch ihr Geld auf die Kämpfer wettend, nach Blut dürstend und den erfahrenen Schwertkämpfer mit Buh Rufen überfallend, die er jedoch links an sich vorbei ließ. Innerhalb der Meute, befand sich ein Rothaariger Mann, fein gekleidet mit einer weißen Halbmaske die nur die obere Hälfte seines Gesichts bedeckte. Die unzähligen Rufe an seiner Seite vereinnahmten ihn nicht und seine neutral dreinblickenden Mundwinkel, verzogen sich in Form eines schelmischen Grinsens. „Der Junge ist gefährlich.“
      „Hörst du mir zu, Bengel? Antworte mir, Kleiner!“ Der erfahrene Schwertkämpfer wurde langsam ungeduldig. Seine Hand verfestigte sich um den Griff seines Schwertes, jenes Rückhand nehmend um seinen Kontrahenten mit der ungefährlichen Seite zu attackieren. „Nimm es mir nicht übel, aber auf dieser Welt gibt es keine Helden. Ich muss es dir wohl mit Gewalt beibringen!“ Der Schwerkämpfer ging in eine Sprintstellung über und bewegte sich in einem schnellen Tempo auf den zittrigen Kämpfer zu, dessen Stand sich schlagartig stabilisierte und dessen zittern schlicht verschwand. „I have Control.“, entwich es den Lippen unter der Kapuze schlicht und unverständlich bevor er sich aus seiner Schutzhaltung aufbäumte und die rot aufglühenden Augen aus den Schatten der Kapuze hervor starrten. Seinen linken Fuß leicht anhebend und danach leicht auf den Boden stapfend, schossen ein Dutzend gewaltige Steinspeere vor seinem Stiefel aus der Arena gen Schwertkämpfer, der lediglich mit schnellen Schritten zur Seite und einigen gekonnten Schwerthieben eben jenen auswich und versuchte Abstand zu gewinnen. Seine Augen wurden ernster, denn er vernahm das er sein Gegenüber überschätzt hatte, doch kurz bevor er leichtfüßig in seinen Satz nach hinten aufkommen konnte, begann der Boden unter seiner Flugbahn Risse zu entfalten, welche die komplette Arena zerbarst und den Schwertkämpfer in einen Spalt abfing. Dieser Spalt besaß an beiden Enden, kleinere Variationen der Steinspeere, schloss sich schlagartig und bohrte die kleinen Steinspeere durch den Unterschenkel und Fuß des Mannes der vor Schmerz aufschrie. Ein diabolisches Grinsen entfaltete sich unter der Kapuze während der Schrecken des Todes zum finalen Schlag mit seinem Katana ansetzte und langsamen Schrittes auf sein Opfer in der Falle zulief. Als das Katana jedoch auf sein Gegenüber zu schnellte, schürfte es an einen anschnellenden Dolch vorbei den jener Rothaariger Mann in der rechten Hand trug, welcher sich zuvor noch auf der Zuschauertribüne befand. „Du bist also der Schrecken des Todes! Schätze da war ich wohl etwas zu langsam..“ Im Hintergrund war lediglich das dumpfe Geräusches eines zu Boden prallenden Körperteiles zu vernehmen, jedoch nur spärlich da die Zuschauer vor Wut bebten und die verbliebenen Kämpfer dazu anwiesen sich um diese Farce zu kümmern. Selbst der Kommentator war mit dieser Situation vollkommen überfordert und in der Arena brach ein Massaker aus. Nicht nur die Kämpfer, auch ein Teil der Zuschauer wurden von der Blutlust des Schrecken des Todes einher gesucht, während der Rothaarige Eindringling lediglich überrascht pfiff und seine Maske vom Gesicht löste. Schmale Augen, kaum sichtbar wie zwei simple Striche wirkend und ein überhebliches Lächeln schmückten seine Fassade während am Dolch befindlich eine Kette sichtbar wurde, am anderen Ende eine Kettensichel befindlich. Diese umher schwingend und in Richtung des wütenden Wolfs in Schafpelz werfend, diesen ummantelnd und in einer schnellen Drehung zur Seite zu Boden schmeißend, während die Zuschauer in Panik flohen, die eigenen überrennend und um ihr eigenes Wohl über das jener andere trampelt. Die Kapuze löste sich vom Haupt des Mannes, während seine roten Augen den Mann im feinen Geschmeide an fixierten. „Ich weiß was du denkst, Junge.. Schau sie dir an, diesen Unrat, der auf Menschenleben wettet und untereinander verkehrt doch eben jene die zu ihnen gehören beiseite werfen um ihr eigenes, unnützes Leben zu retten. Diese Maden haben es nicht verdient zu leben, ihnen gehört der qualvollste Tod der Welt, in Anbetracht dessen meine Rasse als Sklaven dieser jämmerlichen Gattung vereinnahmt wurden! Sehnst du dich nach Rache?“
      Ein simples Lächeln entwich den jungen Mann, dessen langes schwarzes Haar zu einem Zopf gebunden war. „Nein.. Ich töte alles was mir im Weg steht... ausnahmslos! Stehst du mir im Weg?“
      Der Rothaarige trat einige Schritte nach vorn und stoppte kurz vor dem Schwarzhaarigen, in seiner Übergröße auf ihn hinab schauend. „Jetzt schon.“ Die Mundwinkel des Schwarzhaarigen verzogen sich nach oben und drückten eine enorme sadistische Freude auf. „Steh mir nicht im Weg!“, entwich es seinen Lippen, kurz bevor Katana und Kettensichel aufeinander schnellten und sich Steinspeere über die komplette Arena verteilten.
    • Sie spürte den ruhigen Blick des Lehrmeisters noch ein wenig länger auf ihr. Suzume aber blieb hartnäckig und starrte wie ein beleidigtes Kind auf den Boden hinab, die Arme fest um sich geschlungen. Niemand sollte ihr zu nahe kommen. Als sie das Rascheln der traditionellen Kleidung Shin vernahms, huschten ihre Augen kurz zu ihm und sie sah, dass er sich wieder abgewandt hatte, den Blick nun ebenfalls auf das nächtliche Himmelszelt gerichtet. Unbewusst kehrte sich ihr Blick konzentrierter auf ihn und sie erblickte die verträumte Miene, das sorgenvolle, leichte Lächeln, dass nun sein Gesicht beherrschte. Betreten biss sie sich auf die Unterlippe und seufzte einen kurzen Moment später. "Tut... tut mir Leid, dass ich... so ein Ekel gewesen bin...", ihre versteifte Körperhaltung lockerte sich, sie lies ihre Arme fallen und verschränkte sie hinter ihrem Rücken. "Wie darf ich das verstehen?", ruhig und kontrolliert klang seine Stimme zu ihr. Man könnte vermuten, dass ihn wohl nichts und niemand aus der Fassung bringen konnte. Ermüdet strich sich die junge Frau über ihr Gesicht und legte ihre Hand dann an ihren Nacken. "Vorher... in Wisemans Räumen... und auch jetzt eben...", ganz kleinlaut war sie geworden. So kannte sie sich gar nicht. Doch Shin brachte ihr keine Standpauke vor, sondern fiel einfach in beinahe unhörbares Kichern aus und streckte dann seinen Rücken durch. "Eine einzelne schlechte Tat, überschattet noch lange nicht das gute Wesen in einem Menschen.", mit einem wissenden Lächeln kehrte er sich wieder zu ihr um und sah sie nun ganz offen an. Doch Suzume erwiderte den Blick nur mit Verwirrung in den Augen. Sie wartete auf eine Erklärung seinerseits, aber würde sie wohl lange warten. "Würden Sie mich ein Stück begleiten, Miss Rikoru?", aus seinem weiten Kimono löste sich sein rechter Arm, der eine ausholende Bewegung nach hinten machte und somit den Weg den Garten hinab andeutete. Unentschieden zwinkerte sie Shin an, der geduldig auf eine Antwort wartete, aber im Moment eher die Ausstrahlung hatte, als würde er kein Nein als Antwort akzeptieren. Eigentlich wollte sie sich nur zurückziehen... noch einen Tee machen, ein Buch aus der Sammlung des Wiseman lesen... auf der anderen Seite war Suzume schon auch neugierig, was er ihr zu sagen hatte. Sie huschte ein schmales Lächeln über ihre Lippen und sie machte ein paar Schritte auf ihn zu, ehe der Weißhaarige mit den Worten "Sehr schön.", seinen Arm wieder im Kimono verschwinden lies und losging.

      Für einige Momente waren nur die knirschenden Schritte der beiden zu hören, welche von dem orchestralen Gezirpe der Grillen beinahe übertönt wurde. Suzume hatte sich etwas nach hinten fallen lassen. Sie kannte Shin im Grunde gar nicht, da wäre ihr eine überbrücktere Enge nicht richtig vorgekommen. Aber es schien den jung wirkenden Herren kaum zu stören, denn er wusste, wo er hinwollte. "Sie suchen immer noch nach Antworten, nicht wahr?", schneidend, im Gegensatz zu den sanften Klängen der frühen Nacht, erklang seine Stimme durch die Dunkelheit. Sein weißer Schopf drehte sich im Anschluss etwas über die Schulter zurück. Shins Blick aber führte an jener hinab und nicht in ihr Gesicht. Überrascht hatten sich die Augen Suzumes geweitet, ihre Augenbrauen nach oben gezogen. "A-antworten...? Ich versteh´nicht...?", war sie so schwer von Verstand oder sprach dieser Mann wirklich nur in Rätseln um sein Gegenüber zu verwirren? Sie setzte eben an um zu antworten, als er ihr wieder ins Wort fiel. "Schon gut, schon gut. Setzen wir uns?", er war vor einer steinernen Bank stehen geblieben, die abschüssig am unteren Ende des Gartens angelegt war. Über ihnen thronte ein gewaltiger Hibiskusstrauch, der auch jetzt noch seinen zarten, süßlichen Duft verteilte und mit seiner üppigen Krone, ähnlich eines Pavillon, das Plätzchen überdachte. Zögernd setzte sich die Schwarzhaarige hin und hatte den Blick stur nach vor gerichtet, als sich auch Shin neben ihr niederlies. "Ein schöner Ort zum Nachdenken, nicht wahr?", meinte er wohl genau so ehrlich wie es klang und lies sich zurück an die Lehne. "Welche... Antworten... meintest du eben?", natürlich fiel Suzume auf, dass sie den jungen Herren neben sich nun wieder duzte, obwohl Shin wohl eine andere Höflichkeitsform vorzog, aber wollte sie durch die schnelle Frage eigentlich nur wieder verhindern, dass die Pause zwischen ihren Sätzen zu lange wurde. Mit gleichsam Neugier wie Sorge, wandte sich ihr Haupt zu ihm und sie erkannte die plötzliche Härte in seinen Zügen, die jedoch nichts von seiner Sorglosigkeit eingebüßt hatten. Er räusperte sich. "Nunja... hast du dich denn noch nie gefragt, woher du deine Kräfte hast?", ein Glitzern lag in seinen Augen, als sich der Blick seinerseits auf sie richtete. Einen Moment länger erwiderte sie seinen Blick, trug ihn dann aber wieder in die Ferne. "Ich dachte immer, ich hätte sie im Laufe meines Wachstums ausgebildet... ich hatte immer schon das Gefühl, schon damals, dass es etwas an mir gab, das anders war... oft bin ich Nachts aufgewacht, weil ich eine Stimme habe flüstern hören. Wörter in einer Sprache, die ich nicht verstand... aber ich dachte mir nichts dabei. Ich war ja noch ein Kind.", traurige Schlieren der Erinnerung mischten sich in ihre Stimme. "Warum fragst du?"

      Shin atmete kurz, fast schon schwer, durch und begradigte seinen Körper, als würde ihm das, was er zu sagen hatte selbst nicht leicht fallen. Unbehagen breitete sich in der Schwarzhaarigen aus. "Kannst du dich noch erinnern, wann du das erste Mal deine Kräfte entdeckt hast?" Kurz musste Suzume überlegen. "Ja... ich war acht und meine Mutter hatte mir ziemlich schlimm geschimpft, weil ich Seiten aus einem... wie hieß das noch gleich... Lexikon riss, auf dem Blumenwiesen, Schneelandschaften, Berge und Bäche abgebildet waren. Oh man, sie war fuchsteufelswild...", für einen Moment entkam ihr ein Lachen, dass von einer bleiernen Schwere unterlegt war. "Sie jagte mich förmlich in mein Zimmer... knallte die Türe hinter mir zu... Ich war so wütend in diesem Moment... Immerhin wollte ich bloß etwas von der Welt erfahren, die sie mir immer als die Hölle auf Erden beschrieb... ich hatte mich auf mein Bett geworfen, den großen Polster umschlungen und geheult... als mir der Brandgeruch in die Nase stieg... für einen Augenblick wusste ich nicht, woher er kam. Dann sah ich die kleinen Rauchschwaden die unter mir aufstiegen. Mit einem Schrei riss ich den Polster vom Bett und sah wie sich die tausend kleinen Daunenfedern im Raum verteilen. Ich hatte zwei Löcher in den Bezug gebrannt... mit meinen Händen... dort wo ich den Stoff umklammert hielt...", nur zu gut hatte sich jenes Ereignis in Suzumes Kopf eingemeißelt. Wie sie als kleines Mädchen verdutzt auf den Bett saß, rings um sie schneite es Daunen und der Polster starrte ihr mit zwei schwarzen, von Glut umrandeten Löchern auf der Oberfläche vom Boden aus entgegen. "Ich sah auf meine Hände hinab... von meinen Fingerspitzen, die in tiefstes Schwarz getaucht waren, zogen sich graue Linien durch sie. Ich bekam Panik und wollte schreien, als ich die Stimme wieder hörte... doch diesmal verstand ich sie... sie beruhigte mich, lobte mich für mein Können... und forderte mich auf, es nochmal zu versuchen... und ab diesem Abend, gab es fast keinen mehr, an dem ich nicht heimlich übte. Ich weiß noch genau, wie schockiert, aber tiefst stolz ich auf mich war, als ich das erste Mal meine Hand in Flammen aufgehen lies...", wieder stoppte die Schwarzhaarige um sich den Moment vorzustellen. "Und wann wurde dir bewusst, dass du einen Urgeist, einen Elementar, in dir trägst? Einen Schmarotzer, einen Parasiten, der nur darauf wartet, seine volle Macht über dich zu erlangen?", die Leichtigkeit war aus der Stimme und dem Erscheinen Shins verflogen, als er der jungen Frau die, für sie wohl, angenehme Erinnerung zerstörte.

      Ertappt presste Suzume die Lippen aufeinander. "Lass mich raten... diese Erkenntnis ist noch nicht so lange her, nicht wahr?". Sie sagte nichts. "Ich nehme an, du hast sie erlangt, als du vor den Geschehnissen in Canard, hier warst... im Haus von Wiseman, oder?" Ihre Finger gruben sich erfolglos in das harte Granit der Sitzplatte. "Deswegen fiel es dir auch immer so schwer, deine Kräfte zu kontrollieren... weil du nicht wusstest, wie du mit dieser enormen Stärke, die er dir brachte, umgehen sollst.", Shin seufzte, als hätte auch er gerade etwas verstanden, dass ihn jahrelang vor ein Rätsel gestellt hatte. Aber er hatte Recht... "... Ja.", heiser erklang ihre Stimme und sie schluckte den bitteren Kloß hinab, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Der Weißhaarige neben ihr nickte und strich sich, erneut seufzend über die Stirn. "Nun... du musst wissen, Urgeister wählen nicht blindlinks ihre Träger aus... es bedarf einem Medium, wie du bereits weißt... und der persönlichen Zustimmung ihrerseits..." - "Soll das heißen..." - "Genau. Mili ist dir irgendwann im Laufe deines Lebens begegnet und hat dich auserkohren. Du warst die Letzte, die die Kräfte eines Urgeistes erlangte... was bedeuten muss, dass Dantalion selbst, der Stärkste der vier Grundelemente, in dir ungeheures Potential sah, denn sonst hätte er sich schon längst für jemand anderen begeistern lassen." Suzume stockte der Atem. Es war nicht schwierig in diesem Zusammenhang eins und eins zusammenzuzählen. In ihrem inneren Auge rasten die Jahre ihrer Kindheit vorbei. "Aber... aber das ist nicht möglich... ich war stets eingesperrt... ich kann Mili nicht begegnet sein... niemals...", außer sich hatte ihr aufgeregtes Wesen sich Shin nun zugewand, die Arme verzweifelt vor und von sich gestreckt. Doch sah er sie mit Ruhe an. "Wenn nicht im Erdenleben... wann sonst, Suzume?", fast schon melodisch einschläfernder Stimme, versuchte er sie weiter und weiter in die richtige Richtung zu schubsen. Gehetzt wand sie ihren Blick ab. Was? Was meinte er? "... nicht im Erdenleben..." ... und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. "D-durch meine Mutter... als sie... als sie schwanger war mit mir... aber... das würde bedeuten, dass...", unter Strom riss sie ihren schwarzen Schopf empor und wollte mit vor überschwappender Aufregung weitere Antworten aus Shin hervorzaubern... aber der Weißhaarige war verschwunden. "Shin?", rief sie und hob sich rasch auf die Beine. "Shin!", unter dem Hibiskusstrauch hervortretend, sondierte sie die Umgebung... aber der junge Mann war verschwunden. In der Ferne leuchteten schwach die Laternen vor dem Anwesen des Ältesten. "Wiseman..."

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • „Kannst du mir noch einmal erklären, wie die Dämonen in unsere Welt kamen?“
      Dies war die Stimme eines Jungen, der seine Mutter in irgendeiner Zeit an irgendeinen Ort um die Geschehnisse dieser Welt fragte. Doch die Erklärung hallte in der Zeit wieder und umwog die Szenen die sich im Lauf der Geschichte abspielten. Die Stimme der Mutter ertönte, nach einem leisen Seufzen:

      „Einst gab es nur uns Logos, die wahren Menschen der Erde. Doch alsbald sich die Erde spaltete und den Himmel gebar, erschienen die Engel in Form der unseren, mit uns kommunizierend und uns die Gabe der Entfaltung schenkend. Doch mit den Engeln entwichen auch die schwarzen Kreaturen dem Abgrund und fielen über unsere Länder einher, in den Schatten verbergend die messerscharfen Zähne bleckend, anhand der schwarzen Hörner die nahende Gefahr erkennend.“
      In den Schatten Arcadia´s bewegte sich im schwindenden Abendrot und im sachten Schein des aufgehenden Mondes eine Kreatur deren Silhouette unklar, doch dessen Schatten Hörner, Klauen und messerscharfe Zähne offenbarte.

      „Die Dämonen krochen in den Schatten, verbargen sich vor den Engeln und labten sich an uns Menschen, bisweilen sich ein Held erhob der einen Heiligen Krieg anführte und die Dämonen zähmte.",
      führte es die Stimme der Frau fort, während eine Treppe in den Untergrund sichtbar wurde. Flackerndes Licht der Laternen drängte sich durch das Gemäuer, ein Wachmann auf einem Stuhl sitzend und vor sich hin gähnend bevor das Geräusch eines bröckelnden Steines in der Nähe ertönte und er schreckhaft aufsprang. Als sich der Wachmann umsah, nichts erkannte und wieder setzen wollte, vernahm er eine monströse Präsenz hinter seinen Rücken und den leichten Griff um seinen Hals, gefolgt vom kalten Atem in seinen Nacken.

      „Die Engel ersehnten nicht unsere Rettung, doch gaben uns die Möglichkeit unsere Rettung selbst zu erlangen. Alsbald der Held die Hoffnung ergriff und den Himmel eroberte, veränderte sich die Welt voller Angst wie wir sie einst kannten und wich einer Zeit voller Harmonie. Ihrem Körper beraubt, imitierten sie die Form der Menschen doch verloren in ihrer erbärmlichen Flucht vor ihren schamlosen Taten ihre Klauen, Zähne und Hörner nun für ihre Sünden büßend und als Fundament unserer Zukunft dienend.“
      Enorme Kratzspuren offenbarten sich im unterirdischen Gang, an den Wänden und den Boden befindlich mitsamt zerfetzter Klamotten und zerstörter Überreste der Metalltüren. Eine der Metalltüren aus der Verankerung reißend, stieß das Ungetüm in Schatten verborgen eine weiße Wolke aus und fixierte die vielen geöffneten Särge im Raum an. An einen von ihnen stoppe die Bestie, mit ihren rot glühenden Augen zu Aslan hinabblickend dessen verstorbener Körper vor Ort ruhte.

      „Ashiabal..“

      , ertönte es in einem tiefen, zornigen Stimme aus der Kehle der Kreatur die mit ihren Klauen den Hals des Schwarzhaarigen umschloss und seinen Körper anhob. Seine dunkle Gestalt in Form eines Teufels offenbarend, war der Größenunterschied durchaus zu vernehmen, wodurch der Teufel mindestens die doppelte Größe Aslans erreichte. Der Griff der Bestie verfestigte sich und schnürte die Luft des jungen Mannes ab, zumindest würde es so sein wenn er noch zu den Lebenden gehören würde. Der Schlund der Kreatur öffnete sich, während der Speichel zu Boden tropfte und jenen leicht zersetzte, die spitzen Zähne sichtbar wurden und die Klaue den Schwarzhaarigen näher zum geöffneten Maul trug. Innerhalb der Schatten erhob sich die Hand Aslans und sein Arm streckte sich aus, während die Zähne zusammen schnellten und die Kreatur jenen verschlang. Violette Blitze umgaben die Kreatur, die in einem finsteren Schwarz aufzuglühen begann und den Stumpf des jungen Mannes in einer schwarzen Aura ummantelte, die seine Gestalt auflöste und die Form eines neuen Armes erzeugte, deren schwarzen Male sich bisweilen jedoch bis in das Gesicht und des Brustkorbes Aslans zogen, den Körper des Mannes aus den nicht mehr vorhandenen Klauen der nicht mehr vorhanden Kreatur lösend doch in der Luft verweilend, alsbald sich schwarze Flügel aus den Rücken Aslans entfalteten. Die verschlossenen Augen öffneten sich schlagartig und entpuppten sein verbliebenes rotes Auge, während sein zuvor verlorenes Auge von einem schwarzen Augapfel mit violetter Iris ersetzt wurde. Zwei Hörner, eines bereits ausgewachsen, eines nur halb so groß neben dem ersten befindlich ragten auf den oberen Drittel der Stirn des jungen Mannes, während seine Stimme leblos ertönte.

      „Verstehe.. Ich werde dich zu Ashiabal bringen...“

      Leichtfüßig auf den Boden landend, die Flügel weit ausbreitend und seinen Körper leicht nach vorne beugend, seinen rechten, neuen Arm in Form einer Klaue und seinen linken menschlichen Arm nach hinten streckend, schoss der Schwarzhaarige in einem enormen Tempo durch die Schatten der Einwohner Arcadia´s, unmöglich sichtbar während die Zeit für einen kurzen Moment stillstand, als sein Blick sich zu einer Person wandte die an ihm vorbeigehen würde, falls die Zeit im normalen Tempo verging. Für diesen kurzen Moment, vernahm Aslan den niedergeschlagenen, fast schon verlorenen Gesichtsausdruck einer ehemaligen Person die ihm nah am Herzen lag, doch während eine einsame Träne aus seinem menschlichen Auge verblieb und in die Hand der Braunhaarigen tropfte, zeitgleich jedoch der Vorbote eines Regenschauers war, der sich über ihren Häuptern niederlegte, entfernte sich Aslan in einem enormen Tempo von Arcadia und katapultierte sich mit seinen Flügeln einige Kilometer weit weg, in einer Schraube und einer halben Drehung im Himmel stoppend und einen letzten Blick auf die Stadt niederwerfend in welcher noch vor wenigen Sekunden sein verstorbener Körper verweilte der in wenigen Tagen vergraben werden sollte.

      „Er wartet im Abyss, gewunden in Ketten versiegelt von jenem Schwert das einst die Welt schuf und zerstören sollte. Närrische Menschen, sich den Teufeln widersetzend und von ein Leben in Eintracht träumend während sich die Plage bereits inmitten eurer jämmerlichen Gestalten manifestiert, eurer Leben und Seelen beraubt bis nichts als schwarzer Staub von euch verbleiben wird. Dies ist eure Sühne für eure Sünden, die ihr an unseren Körper begingt um eure Körper an die Welt anzupassen die nicht die eure ist. Ihr seid Eindringlinge, Gewürm das sich vom Außerirdischen in unser Leben drängte, unsere Ordnung auseinanderbrach und trotz ihrer Überheblichkeit nach unserer vermeintlichen Auslöschung einander auslöschte. Logos... So nennt man euch im heutigen Zeitalter? Die wahren Menschen, die einst mithilfe eines Gottes diese schändliche Waffe zu kontrollieren versuchten. Eure Suche nach Vollkommenheit, nach Unsterblichkeit, nach Segen und nach Hoffnung ist vergeblich denn eure Existenz wird nach Jahrtausenden einfach dahinschwinden und keine Spuren hinterlassen. Verkommene Wesen, Parasiten die sich einnisteten doch nun von ihrem Wirt verstoßen werden, zermalmt, verbrannt, in alle Winde verstreut.“

      Seine Flügel einklappend und seinen Körper zum Fall wendend, schoss der Schwarzhaarige nun durch die Lüfte und steuerte geradewegs jenen Ort an, an welchem alles endete doch auch alles begann.
    • Kühl blies ihr der Fahrtwind durch die Haare, legte sich wie eine zweite, kalte Haut über ihre erste und zog ihr ironischerweise ein Frösteln über jene. Suzume schlang ihre Arme enger um sich, knöpfte jedoch unzufrieden einen weiteren Knopf, somit auch den letzten, zu, nur um ihren Körper vor der bevorstehenden Kälte zu wahren, die sie in Alkaid erwarten würde. Es war schon etwas komisch, das Feuer in sich zu tragen und zu frieren. Möglicherweise war es aber auch bloß die Nervosität die sich so elektrisierend durch ihre Muskeln fraß und erschöpfte Kühle in jenen zurücklies. Sie seufzte. Sie waren im Morgengrauen aufgebrochen... Vale, Logi, Lilly, Shin, Gaius und ihre Wenigkeit. Mittlerweile war das Luftschiff das sie in das Land Alseif bringen sollte, ihres Gespürs nach schon eine Stunde oder zwei unterwegs... und Suzume die einzige an Deck. Die anderen hatten sich zurückgezogen. Matt erstrahlte das Wasserblau ihrer Augen, als sie jene anhob um den sich schrittweise anbahnenden Sonnenaufgang zu beobachten. Golden schickte die Sonne ihre Strahlen über den Horizont und brach das dystopische violett-gelb, welches sich zuvor unter den Wolken befand auseinander, nur um einen zuckerwatterosa farbenen Himmel zu präsentieren, in welchem sich das leichte Orange von Glut-farbener Natur mischte. Ihre neutral ruhenden Mundwinkel zuckten bei diesem prächtigen Spektakel etwas nach oben, ihr Blick verfiel in Träumereien, als sie ein weiterer, kälterer Windstoß als zuvor, zurück ins Hier und Jetzt beförderte. Die Schwarzhaarige hörte das aufgeregte Flattern des Pergaments, welches sie seit ihrer Abreise aus dem Anwesen Wisemans in der Hand hielt und sah darauf hinab. Sie biss sich auf ihre Unterlippe. Ja, sie hatte ihn zur Rede gestellt. Doch die Stoik in seinem Wesen konnte von nichts und niemanden mehr aus der Ruhe gebracht werden. Es war, als hatte er damit gerechnet, dass sie eines Tages Antworten von ihm verlangen würde. Antworten, die ihn nur peripher betrafen, da ihre Mutter ja nichts mit ihm persönlich zu tun hatte. Und doch...

      "... ich bedaure es nicht, dir nicht mehr helfen zu können... du würdest die Wahrheit auch ohne mich finden, Suzume... immerhin bist du schon bis hierher gekommen...", er zögerte, damals, als sie nach dem Gespräch mit Shin in seine Gemächer geplatzt war und nur aufgeregte Wörter wie "Mili, Mutter, Du, Wissen, Ich und Wahrheit" gestammelt hatte... in einer nicht definierten Reihenfolge, ohne gröberen Zusammenhang oder andere Satzformende Zulagen. Er sah sie aus diesen alten, grauen, von Weisheit nur so triefenden Augen an und löste seine Arme voneinander, die in sich gefaltet an seinem Rücken ruhten. "... dennoch... unser nächstes Aufeinandertreffen ist nicht gewiss... somit...", langsam führte er einen seiner Arme nach vor und hielt eine Pergamentrolle in seiner Hand. Die langen Finger wirkten ebenso filigran wie das Stück Papier das sie hielten. Überrascht sah sie damals hinab auf die mit einem roten Band zugebundenen Rolle. Nahm sie dann aber vorsichtig und mit einem leisen "Danke" entgegen. Wisemans Antwort darauf war ein gelangweiltes Schulterzucken, begleitet von einem noch gelangweilterem "Hm", dass nichts weniger bedeuten konnte wie: "Ich bin nur froh, meine Ruhe wieder zu haben."

      Nun musste die junge Frau doch Lächeln. Auch wenn Wiseman ein undurchschaubarer, alter Mann war, so hatte er sein Herz doch irgendwie am rechten Fleck. Hineingesehen hatte sie trotzdem noch nicht. Es wurde ihr auch zu kalt. So faltete sie das feine Papier in der Mitte zusammen und steckte es in die kleine Tasche innerhalb ihres Mantels, machte am Stand kehrt und begab sich in ihre Kabine. Sie war genauso wie alle anderen Kabinen auf den Luftschiffen. Ein Bett, ein Spiegel an der Wand, ein kleines Bullauge mit einem Fetzen an Vorhang davor, an der Tür einen Haken für Kleidung... mehr brauchte es nicht und mehr bekam man auch nicht. Shin meinte, es wäre ein 5 Stunden Flug... oder sagte er 15? Während sich Suzume aus Mantel, Schuhe und dem dicksten Gewand schälte, versuchte sie das Gespräch zwischen ihr und ihrem Lehrmeister nochmals zu rekonstruieren, aber es fiel ihr nicht mehr ein. Ihre Stirn hatte sich in Falten gelegt, während ihre Fingern den Saum ihrer Hose über Ferse und Fuß zogen, nur um sich dann als gesamtes von ihrer Hose zu entledigen. Mit einem erschöpften Ächzen fiel ihr Körper auf das Bett, welches etwas quitschte. Aber es störte nicht... und eigentlich war es ihr auch egal, wie lange sie fliegen würden. Die Zeit bis zur Ankunft wollte Suzume noch ruhen. Sie drehte sich in die nach Mottenkugeln riechende Decke ein und war in den nächsten Momenten eingeschlafen.

      Nach für sie kurzer Zeit hämmerte es aufgeregt an der Kajütentür. "Suzume! Aufstehen! Wir sind im Landeanflug!", es war die bullige Stimme von Gaius. Wer sonst würde sich ebenso erdreisten jemanden so ungestüm aus dem Schlaf zu reißen. Sie war hochgeschreckt und saß Kerzengerade im Bett. Erst nach ein paar Sekunden dämmerte ihr, was geschehen war und die Müdigkeit holte sie wieder ein. Doch hatte die junge Frau ihre Beine schon wieder aus dem Bett geschwungen. Die Sonne war ein ganzes Stück gewandert. Bevor sie einschlief, erhellten ihre Strahlen den gesamten Raum. Nun fielen sie steil von oben herab und warfen eine dünne, grell leuchtende Linie auf den Boden. Verschlafen hob sich die Schwarzhaarige auf ihre Beine und trottete noch einen Moment unbeholfen im Raum herum, ehe sie sich ausgiebig streckte und ihre Kleidung wieder anzog. Kurz noch kratzte sie sich am Kopf, ehe ihr etwas komisch vorkam. Es war schon vorher, dass sie etwas am Licht von draußen gestört hatte. So schob sie den Vorhang zur Seite und erblickte ein von Eisblumen überzogenes Fenster und dicke Schneeränder an den Planken. Ein genervter Schatten schob sich über ihr Gesicht. Sie hasste die Kälte. "Alkaid also...", ihre Worte beschlugen das Glas sanft, hinterliesen einen Nebelfilm auf jenem. Doch konnte sie jetzt nicht mehr zurück. Sie schnappte sich ihren Mantel, schwang ihn sich um die Schultern, schlüpfte in ihre Schuhe und öffnete die Türe, welche sofort vom eisigen Wind zurückgeschlagen wurde und tausende und abertausende Schneeflocken mit in das Zimmer schickte.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Alkaid
      Land aus Eis und Schnee


      Eine Stadt aus Eis und Schnee, majestätisch im Dunkeln in hellen Lichtern aufleuchtend und die trostlose, weiße Landschaft in ein Farbenmeer hüllend. Alkaid befand sich auf einem gigantischen Berg, halb umrundet von einem Meer aus Eis aufgeteilt in zwei Hälften an jeweils einer Seite der gigantischen Treppe befindlich die zum Anwesen der Familie Suliman führte. Die Schneeflocken stürzten zaghaft auf die Häupter der Neuankömmlinge und Wiederkehrer nieder, die aus dem Luftschiff stiegen, welches am Fuße des Berges nahe des Hafens andockte und das Meer aus Licht begutachteten. „Das ist also Schnee..“, entwich es der jungen Dame mit aschblondem Haar, die neben Suzume Halt fand und trotz ihres kurzen Kleides der Kälte zu trotzen schien. Ihre Hand nach vorne ausstreckend, sammelten sich die Schneeflocken auf jener und schmolzen, sich der Wärme ergebend, dahin. Hinter ihr offenbarte sich die Silhouette Gaius, der ihre ohne jegliche Worte einen Mantel überwarf und an ihr vorbeilief, während er aus seinen Augenwinkeln einen kurzen Blick zu Suzume erhaschte. Der Braunhaarige Mann schloss zu Logi und Vale auf, die bereits einige Schritte voran gegangen waren und mit dem Hafenwart sprachen. Überrascht über die fürsorgliche Geste des sonst so wortkargen Mannes, lugten die grauen Augen Lillys unter dem Pelzmantel hervor, bevor sie in jenen hinein schlüpfte und ihre Arme zur Seite ausstreckte. „Hmpf..“ Wie unschwer zu erkennen war, besaß der Mantel nicht die für sie bestimmte Größe, weshalb nicht viel von ihren Körper sichtbar wurde, doch das Schmunzeln Suzumes erhellte die Gesichtszüge der jungen Dame, bevor die Stimme Shins aus dem Hintergrund ertönte. „Das ist also Schnee?“ Als Lilly die Weltfremde Shins vernahm, wandte sie sich zu ihm. „Nun..“, entwich es ihn mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen während er sich mit der rechten Hand am Hinterkopf kratzte. „Ich komme nicht so häufig vor die Tür, wie mein Lehrmeister. Herr Wiseman besitzt im Grunde genommen nicht die Autorität und die Zeit sein Anwesen häufig zu verlassen, weshalb er sich ständig hinausschleicht und damit all seine Aufgaben auf mich abwälzt. Dies wird wohl auch der Hauptgrund dafür sein, das man mich den `Nachfolger Wisemans` nennt.“ In den Gedanken Lilly´s spielte sich eine Szene ab in welcher sie sich den Grauhaarigen Mann dabei vorstellte wie er auf Zehenspitzen über das Holzparkett schlich, vor Shin´s Zimmer stoppte und die Shoji Tür leicht öffnete. Mit einem überheblichem Grinsen, den Zeigefinger an sein unteres Augenlid legend und dieses höhnisch nach unten ziehend, warf Wiseman den im Futon ruhenden Mann einen letzten Blick zu, der sich mitsamt seiner merkwürdigen Schlafmaske zur Seite umdrehte. „Muss ziemlich schwer gewesen sein..“ Verständnisvoll nickend entgegnete der Silberhaarige Mann ein schlichtes „Und wie..“, bevor er seine Arme vor seiner Brust verschränkte und seinen Blick für einen kurzen Moment zum Himmel wandte. Nachdem eine Schneeflocke direkt zwischen seinen Augen Halt fand, wandte er sein Gesicht wieder zu Lilly. „Wäre sein Tunichtgut von Sohn nicht einfach abgehauen, hätte er schon unlängst das Erbe Wisemans angetreten und das Dojo übernommen.“ Aus der Ferne war ein Niesen in der Nähe Logi´s zu vernehmen, kurz bevor sich Vale die Nase rieb und aus seinen Augenwinkeln heraus zu Shin sah, der ihn mit einem strengen Gesichtsausdruck entgegnete. Die Augen der Aschblonden Dame wandten sich von Shin zu Vale, von Vale zu Shin und verharrten am Ende auf dem weißen Schneebedeckten Boden. „Sollten die beiden nicht froh sein...“ Die zur Faust geballte linke Hand mit der rechten Handfläche ummantelnd trübte sich die vorangegangene Euphorie über die Neuheit des Schneelandes und wich der Bitternis dahin. „..noch Familie zu haben.“ „Manchmal ist es nicht so einfach, Lilly. Wir sind alle nur Menschen, mit verschiedenen Persönlichkeiten und meist wollen wir andere Dinge, als die die von uns verlangt werden. Wiseman genießt die eingeschränkte Freiheit seiner glanzvollen Jugend, doch Vale wollte eine andere Art von Freiheit. Während Wiseman stets den Worten des Königs Arcadia´s Gehör schenkte, wandte sich Vale der Gerechtigkeit zu und versuchte zwischen den Menschen zu vermitteln, doch benötigte dafür die Erfahrung im Umgang mit jenen.“ „Wir.. sind alle nur Menschen.. Wenn nur alle so gedacht hätten, wie Ihr. Dann wären Mutter und Vater, Ren und Nero vielleicht noch..“ „Die Wege die deine Mutter, dein Vater und deine Brüder einschlugen waren die, die ihre Persönlichkeiten zu denen formten die sie waren und dazu führten das du nun, heute hier stehen kannst und den Schnee auf deiner Haut spürst. Solche Gedanken wie, was wäre wenn, solltest du dir schleunigst aus den Kopf schlagen, denn das wäre ihnen gegenüber Ungerecht die stets dein Wohl wollten und dir eine Zukunft ermöglichten. Verschwende das dir gegebene Leben nicht mit Gedanken an die Vergangenheit, sondern richte deinen Blick nach vorne, spüre den Wind in deinen Haaren, die Kälte an deinen Fingern, die Nässe an deinen Knöcheln und die Freude in deinem Herzen die sich durch deine Neugier in deinen Augen entfaltet. So hätten sie es sich gewünscht..“ Ein Schimmer legte sich über die grauen Augen, während sich die eine Hand der jungen Dame in den Mantel nahe ihres Herzens verfestigte und die andere den Boden berührte. Als ihre Fingerspitzen den kalten Schnee erreichten, vernahm sie aus ihren Augenwinkeln heraus einen dicken Schneeball auf sie zufliegend direkt in ihren Nacken landend und die junge Dame aufschreckend, nun kerzengerade dastehend und sich schüttelnd während sich die Kälte über ihren Rücken ausbreitete und sie erschaudern ließ. Ihr Blick wandte sich zu Suzume die sich zur Seite weggedreht hatte und unschuldig vor sich hin pfiff, wenige Sekunden später allerdings die Rache zu spüren bekam. Eine Schlacht entstand zwischen den Beiden, die Aschblonde junge Frau zum Lachen aus vollem Herzen zwingend, beobachtet vom Silberhaarigen Mann der mit einem zufriedenen Schmunzeln die Szene begutachtete, bevor auch sein Gesicht vom Schnee verziert wurde. Einige Minuten später ertönte allerdings die Stimme von Logi, der mit einem kurzen Hüsteln auf sich aufmerksam machte. „Es ist ziemlich spät, wollt ihr uns nicht begleiten und eure Schlacht morgen fortsetzen?“ Der letzte Schneeball sackte zu Boden und den Worten des Rothaarigen folgend, begab sich die Gruppe entlang des Hafens in Richtung der Empore die zum steinernen Vorgehöft führte, die am Eingang Alkaids den Marktplatz bildete. Die gigantischen Treppen emporsteigend, die Häuser an ihren Seiten begutachtend und die dort lebenden Menschen beobachtend, schien die Zeit in Anbetracht ihrer bisherigen Reise in einem enormen Tempo zu vergehen, alsbald sie die Ende der Treppen erreichte ohne die Schwere vernommen zu haben. Nur Shin war es, der im Hintergrund zurück hing und bei jedem weiteren Schritt zu Schnaufen beging, dicht gefolgt von Gaius der dazu beauftragt wurde das Schlusslicht zu bilden, damit keiner verloren ging. Am Anwesen angekommen, öffnete sich das hölzerne Tor und gewährte den Ankömmlingen Einlass in einen schlichten Vorraum, der in zwei vorerst nach oben und dann aufeinander zulaufenden Treppen zu einem höheren Geschoss führte, an den Seiten der unteren Etage jedoch noch einige Türeingänge zu Nebenräumen besaß. Einige Blumenvasen waren auf hölzernen Tischen verteilt, einige Bänke an den Seiten in spezifischen Ecken für das Warten der Gäste und ein Butler im grauen Gewand der sich Logis Anwesenheit annahm. „Lord Suliman, willkommen zurück!“ Der Rothaarige vernahm die Verbeugung doch wank lediglich mit einem verlegenen Lächeln ab, bevor seine Stimme ertönte. „Bitte nicht so förmlich, Leon. Wärst du so freundlich meinen Gästen ihre Zimmer zu zeigen? Ich würde gern meine Schwester besuchen.“ Der Butler nickte lediglich und entgegnete mit erneut höflichem Ton. „Sehr wohl, mein Herr! Folgt mir Bitte!“ Als sich Suzume und Lilly auf dem Weg begeben wollten die Treppe empor zu steigen, ertönte die Stimme Logis die sie darum bat kurz zu stoppen. „Wartet bitte kurz... Mein Vater war stets darum bemüht unser Heim den Ort anzupassen um den Menschen zu vermitteln das wir nicht über ihnen stehen würden, sondern mit ihnen gemeinsam lebten und deshalb mangelt es uns ein wenig an Platz. Wäre es ein Problem wenn ihr euch ein Zimmer teilen könntet?“ Lilly suchte für einen kurzen Moment den Blick ihrer Weggefährtin und schüttelte danach lediglich ihren Kopf. „Für mich nicht.“
      Als sie ihren Weg fortsetzten, ertönte ein Seufzen von Vale, dessen Blick dem Hinterkopf Lillys anhaftete. „Willst du mir etwas sagen, Vale?“ Als Lilly und Suzume verschwunden waren, wandte sich der Blick des Mannes seinen Vorgesetzten zu während Gaius neben ihnen das Gespräch beobachtete. „Weshalb habt ihr zugestimmt das Mädchen mitzunehmen? Sie wird nur ein Hindernis für das Training darstellen und wenn jemand erfährt das sie eine Verwandte des Schrecken des Todes ist, wird dies nicht nur für Unruhe sondern zu möglichen Konflikten führen.“
      „Wenn das Mädchen für die Taten ihres Bruders geradestehen muss, ist es dann auch meine Pflicht die Sünden meines Vaters und meiner Schwester auf meiner Schulter zu tragen und sie als die meinen anzusehen? Ist es dann ebenfalls meine Schuld, dass dieses einst fruchtbare, grüne Land nunmehr als Land des ewigen Schnees bekannt ist?“ Vale stockte in seiner Antwort und vernahm aus seinen Augenwinkeln den erzürnten Gesichtsausdrucks Gaius, der jedoch im Nachhinein seine Augen schloss und seine Arme vor seiner Brust verschränkte.
    • Ihr Blick war länger als gewollt an der jungen Dame neben sich geheftet, als sich die Truppe durch das Schneetreiben hoch arbeitete in Richtung des Anwesens von Lord Suliman. Das erschöpfte Lächeln, welches sich auf dem blassen Gesicht ausgebreitet hatte, reichte Suzume, zumindest für den Moment. Sie waren sich recht ähnlich, Lily und Ren… schon damals, als der Schwarzhaarige Trübsal blies, war es, gerade im Winter, eine recht einfache Art, ihn wieder aufzumuntern. Das nach wie vor mit leichtem Kichern durchzogene Atmen der Weißhaarigen drang zu ihr hoch, in ihren Augen glänzte wieder Freude. So musste auch sie Schmunzeln. Ihr Blick kehrte sich herum und traf den von Shin, welcher ebenso ein leichtes Lächeln auf den Lippen trug. Suzume mochte Lily gern. Sie war unschuldig in dieses Geflecht reingeworfen worden und versuchte nun auch nur, das beste aus der Situation zu machen und nicht zurückzubleiben, wie es sonst immer war. Langsam kämpfte sich der kleine Zug durch die schneedurchzogene, vom Wind gebeutelte Straße, ehe sie dann doch vor den breiten Türen des Anwesens standen. Weiße Atemwolken vernebelten die Sicht, als mit einem Quietschen das Tor geöffnet wurde und den Reisenden Einlass gewährte. Schnell drängelten sich die verhüllten Gestalten in die rettende Wärme, um die Kälte von draußen abzuschütteln. Suzume atmete die sanft nach Blumen duftende Luft ein und lockerte ihre angespannten Schultern, alsbald ihre Füße wieder Wärme spürten. Es blieb ihr kurz Zeit, sich umzusehen, ehe sie schon von einem Diener in Empfang genommen wurden. Alle Blicke richteten sich auf Suliman und Leon, als diese einen kurzen Wortaustausch hatten. Gerne hätte Suzume den späteren Gesprächen auch noch beigewohnt, aber wurden sie schon von Leon zu ihren Zimmern gebracht. Natürlich machte es ihr nichts aus, mit Lily ein Zimmer zu teilen. Aber fehlte es ihr doch, nur einen Moment für sich zu haben. Als der Schwarzhaarigen das verklemmte Gähnen Lilys ins Auge fiel, erweichten sich ihre Gesichtszüge wieder. Es ging noch ein paar Meter empor, ehe sich die breite Stiege auf dem Podest im zweiten Stock säumnislos mit dem Boden verband. Roter Teppich war über dem sonst so kalten und hallenden Mamorboden ausgelegt und zierte beinahe jeden Fleck davon. „Hier entlang.“, Leon führte sie mit einer einfachen Handbewegung nach rechts in einen Gang, tiefer in das Anwesen hinein. Er steuerte zielstrebig eine der Türen an, die links gelegen waren. Geradeaus führte der Gang bis zu einem riesigen Glasfenster, welches mit wohl antik scheinendem Mosaik ausgearbeitet wurde und durch das einfallende, leichte Mondlicht, verzerrte Figuren auf den Boden warf und dem schwach ausgeleuchteten Gang eine durchaus düstere Atmosphäre auferlegte. Draußen pfiff der Winterwind mit all seiner Kraft gegen die Wände, zerrte an den Dachbalken und ließ die Fensterläden klappern. Fast, als stemmten sie sich mit aller Kraft gegen den Druck des aufgerissen werdens.

      Mit einem schnellen Griff in seine Jackentasche, fischte Leon einen Schlüssel heraus und sperrte mit flinken Handgriffen die Türe auf. „Bitte sehr… das Zimmer sollte für euch zwei reichen. Bitte lassen die Damen mich wissen, falls etwas nicht in Ordnung ist.“, bevor der junge Mann sich wieder den beiden zu wand, drehte er die Lichter an und zog die dicken Vorhänge zu. „Der Kamin hier darf natürlich benutzt werden.“, sein Blick haftete sich kurz auf Suzume, wand sich dann aber ab. Er lächelte verhalten, aber durchaus ehrlich, als würde er seine Arbeit hier wirklich ernst nehmen. Lily warf ihm ein schüchternes Lächeln zu und trat als erste ein. Die Ältere der beiden hinterher. Es war durchaus angenehm eingerichtet. Für Suzumes Geschmack, die lange im Wald in ihrer kleinen Hütte im Baum lebte, schon zu fiel. Ein großzügiges Doppelbett, dicke Teppiche am Boden. Dem Bett gegenüber der besagte, beinahe pompöse Kamin. Unter den nun verhüllten Fenstern ein breiter Divan, daneben ein Bücherregal. Auf den Nachtkästen stand jeweils eine Glaskaraffe mit Wasser und zugehörige Gläser. Ein kleiner Kronleuchter hang etwas verstaubt von der Decke und überall, in jeder Ecke, waren Kerzen verteilt. Es schien, als hätte man hier doch öfters mit Stromausfällen zu kämpfen, hatte sich aber über die Jahre gut damit arrangiert. Während sich die Blauäugige sondierend umsah, hatte sich Leon beinahe unbemerkt an ihr vorbeigemogelt. Sie schenkte ihm ein dankbares Nicken, als er sich in die Türe stellte und ihnen eine gute Nacht wünschte. Bevor er jedoch die Türe in die Angeln ziehen konnte, war es Lily, noch eine Frage stellte. „Ähm, entschuldigt, aber… Wo genau ist hier das Badezimmer?“, sie legte einen Zeigefinger unter ihre Unterlippe und zog die Augenbrauen kraus. Ihre Frage war durchaus berechtig. In solch alten Anwesen, waren die Badezimmer mit den Schlafgemächern durch eine kleine Türe im Raum miteinander verbunden, doch schien es hier nicht so. Leon hüstelte und rieb sich verlegen die Stirn. „Entschuldigt! Es befindet sich genau gegenüber.“, und so war er verschwunden.

      Lily hatte es sich in er Zwischenzeit auf dem riesigen Bett ausgebreitet, auf welchem sie sonderlich klein aussah. Sie breitete die Arme aus und ließ sich mit einem Seufzen auf den Rücken fallen, wodurch sie fast zeitgleich von den dicken Daunendecken verschlungen wurde. Ein Kichern wurde hörbar und auch Suzume konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. „Du kannst gerne das Bett haben. Ich nehme den Divan hier.“, mit einem Nicken lies Suzume ihre Habseligkeiten auf dem mit schwarzem Stoff überzogenen Möbelstück fallen und stemmte die Arme in die Hüfte. Es lag eine ungute Kühle im Raum und sie rümpfte die Nase. „Am besten wäre es, wenn wir hier erst einmal ein Feuer machen.“, murmelte sie zu sich selbst und drehte sich herum, die Schritte zum Kamin führend. Die Asche und Kohle war säuberlich entfernt worden und nur mehr die bekannte, graue Staubschicht überlagerte das geschmiedete Metall des kleinen Feuerkorbs inmitten der Brennkuhle. Mit einem Ächzen lies sich die junge Frau auf die Knie hinab, nahm kleineres Anzündholz und stapelte es zu einer Pyramide, nur um darüber dickere Scheite zu stapeln. Es bedurfte ihr nicht viel, so ballte sie ihre Hand zur Faust, konzentrierte sich kurz und ließ sie in Flammen aufgehen. Als hätte sie nie etwas anderes gemacht, befähigte sie das Feuer sich an ihren Zeigefinger zu sammeln. Die Kraft überlappte sich und bald war aus der kleinen, züngelnden Flamme, eine Art Bunsenbrenner entstanden. Suzume entzündete nun die kleineren Holzstücke, welche sofort zu knacken begannen. Gierig umwob das Orange des Feuers das organische Material und bald schon hatte es die dünnen Spreisse verschlungen, sodass die großen Scheite in Flammen aufgingen und nach einiger Zeit dem großen Raum Wärme spendeten.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Den Abend am Feuer spendend, die eine auf dem Bett die andere anderweitig der Nacht entgegen tretend, verbrachten die zwei Damen ihre Zeit bis der dringend benötigte Schlaf ihr Bewusstsein dahinraffte. Als die Augen der Aschblonden Dame ihren Lidschluss fanden und der Geist des Mädchens in die Träume abdriftete, erwachte sie in einer anderen Welt.

      Graveyard

      Eine triste Umgebung. In der Ferne, nicht mehr sichtbar, als die Endlosigkeit der blätterlosen Bäume. In der Nähe eine Vielzahl an Grabsteinen umringt von einem Zaun aus Eisen mit scharfen Spitzen, der Boden in einem Grauton der verbrannten Asche gleichend gefärbt. Aus ihrer Rückenlage erhebend, rieb sich die junge Dame ihre Augen, ihr schwarzes Kleid kurz darauf glatt streifend und mit ihren Blick die Gegend umschweifend. Ihre Schritte trugen sie zu einem der Grabsteine in ihrer Nähe entgegen, den Namen ihrer Mutter vernehmend in einer geraden, weißlichen Schrift auf dem dunklen Stein eingraviert und neben ihm der Name ihres Vaters befindlich. In die Knie gehend, ihre Hand zaghaft auf jenen schwarzen Stein ablegend, erhaschte sie aus ihren Augenwinkeln heraus den Ausblick auf die zwei weiteren Grabsteine, während azurblaue Lichter aus der Umgebung entstanden und sich mühelos ihren Weg in langsamen Tempo in den finsteren Himmel erarbeiteten. Ascherkronen waren es, die am Wegesrand, neben den vielen Grabsteinen ruhten und für die magere Beleuchtung sorgten, die auch in der Ferne ein großes Tor ins Ungewisse und ein kleines Tor in einen Hinterhof sichtbar machten. Den Blick jedoch vorerst auf die Grabsteine richtend, weiteten sich die grauen Augen des Mädchens als sie die Namen `Ren` und ´Nero` vernahm, alsbald ein Blitzschlag hinter ihr auf den Boden traf und für einen kurzen Moment die Silhouette eines Weißhaarigen Jungen mit tiefroten Augen hinter ihr erschienen ließ, seine Hände nahe ihres Halses richtend um gewillt diesen zu umgreifen. „Allein..“, entwich es dem Mädchen mit schwacher Stimme, mit ihrer rechten Hand ihren linken Arm ergreifend und fest zusammendrückend, während sie auf ihre Unterlippe biss und ihre obere Gesichtshälfte sich in Schatten barg. „..Es stimmt... Ich vergaß... Ich bin allein...“ Ein leerer Grabstein ohne Namen befand sich zwischen den Ruhestätten der beiden Brüder, einer der für sie bestimmt war, bisweilen noch ihr unklar, der Blitzschlag den Namen von Nero schlicht verschwinden ließ und nun zwei leere Grabsteine vor Ort standen. Ein weiterer Blitzschlag ertönte und die Silhouette des Weißhaarigen wurde erneut sichtbar, nun seine Hände den zierlichen Hals umschlingend und zusammendrückend, der jungen Dame jegliche Luft raubend, die Schwere ihrer schwindenden Existenz vor Augen führend, welche die Lichter in ihrer Leblosigkeit erblickten, die sich in den Himmel begaben und jenen mit grellen, weißen Licht füllten. Als der Blitzschlag verstummte, verschwand die Gestalt, doch das Gefühl der abgedrückten Luft, das Gefühl des Verlustes, der eigenen Unzulänglichkeit verschwand nicht. „Ein kleines Mädchen, verirrt und zu schwach um sich selbst zu retten!“, ertönte es aus dem Hintergrund von einer schemenhaften grünen Gestalt, während die leblosen Augen sich zur Seite abwandten und den Erbringer der Nachricht suchten. „Bemitleidenswertes Mädchen, dies ist die Welt jenes Mannes der dich suchte, die Psyche jenes Mannes der alles aufopferte um dir einen Ort zu schenken, den du dein eigen nennen kannst.“, entwich es einer weiteren Gestalt in blauer Form, den grünen Schemen umkreisend und schelmisch lachend während ein roter Schemen auf dem Grabstein Mili´s erschien und dem Satz etwas beifügte. „Trauriges Mädchen, was hast du an diesen Ort verloren, dem zukünftigen Grab jenes Mannes der sich mit dem Fluch der Teufel befasste und ihn in sich aufnahm um dir ein Lächeln zu schenken?“ Ein gelber Schemen war der letzte der erschien, im schnellen Tempo durch den grünen stoßend und knapp vor dem Gesicht Lilly`s stoppend. „Sterbendes Mädchen das dem Schicksal zu entrinnen versucht, dein Wunsch deinen Bruder wiedersehen zu können: Ist es dein Begehr dem Wahn zu verfallen um einen Blick zu erhaschen, alsbald wir deines und nicht sein Leben einfordern werden?“ Ein stummes Nicken entwich den dem Kopf der paralysierten jungen Frau, während die Schemen sich zusammenzogen und in einem Zirkel kreisten, während die grüne Stimme erneut ertönte. „Kleines Mädchen, der Tod ist keine Erlösung, sondern ein Gefängnis der ewig währenden Einsamkeit. Er ist es der ihm missliche Gedanken einflößt, ihm die Schaufel überreichte um sein eigenes Grab zu erschaffen, fernab eurer Ruhestätte um seine Schuld zu sühnen, als Preis für das Beugen des Schicksals, eingetreten durch jenes Buches das einst der falsche Gott schuf.“
      Hinter ihr erscheinend, unabhängig vom Blitzschlag, offenbarte sich die Gestalt eines Weißhaarigen Jungen, diesmal jedoch nicht mit tiefroten sondern mit azurblauen Augen und einem zaghaften Lächeln auf dem Lippen, ihr die Hand reichend um sich zu erhebend. „3 Geister, doch nur 1 Körper, 3 Wille doch nur eine Realität im ewigen Zwist um die Vorherrschaft um das Schicksal ein weiteres Mal zu betrügen und den Niederfall einzuläuten. Der Mittelpunkt, dem Teufel entgegenstehend der den guten Willen unterdrückt um die Mitte in die Tiefe zu reißen und in die Schwärze zu hüllen, den Teufeln den neuen Weg ebnend ein neues Zeitalter zu erschaffen das dem Alten gleichkäme. Er, der Er auserkoren wurde befindet sich im Hinterhof! Der Preis für dein Erheben ist dein Leben, insofern die Zeit auftrete jenes zu nehmen und in der Leere zu begraben!“ Ohne weitere Gedanken an die Worte der Schemen zu verschwenden, ergriff die Aschblonde Frau die Hand der Gestalt ihres älteren Bruders Ren, doch stoppte in der Hocke als die Stimme des roten Schemens ertönte. „Trauriges Mädchen, sei dir gewiss das dieser Weg in eine Welt voller Kummer und Schmerz, voller Zorn und Irrsinn führen wird, obgleich das Buch erbend das einst der Untergang deiner Vorgängerin und deines Originals darstellte, eine Wiederkehr des Zirkels des Verlustes und der Wiedergeburt darstellen sollte und ein weiteres Mal dein Dasein verwirken würde!“ Ihren Blick für einen kurzen Moment zum roten Schemen schickend, doch dann nur noch ernster in das Gesicht ihres Bruders blickend, ertönte in ihrem Stand noch einmal die Stimme des gelben Schemens. „So sei es, der Vertrag sei vollendet und deine Seele das Mahl unseres Herren insofern die Zeit seines Erwachens eintrete. Der Weg den du wähltest bietet keine Abzweigung, keine weitere Tür, nur ein stilles Ende vor dem es kein Entrinnen gibt.“ Vom Weißhaarigen zum Tor geführt, öffnete sich dieses in einem ungeölten, knarzenden Geräusch und offenbarte den Anblick eines Schwarzhaarigen Mannes, der mit einer Schaufel in der Hand nahe eines Baumes umhüllt mit Ascherkronen eine Grube in den Boden schaufelte. An seiner Seite befand sich die Weißhaarige Gestalt, die Augen bedeckt von einer schwarzen Augenbinde, die sich löste und die tiefroten Augen entpuppte, in seinem Bilde den Weißhaarigen Jungen mit den Namen Ren zu 100 Prozent gleichend. „Nero!“, ertönte es aus den Lippen der Aschblonden Frau, während sich ihre Hände nahe ihrer Brust ineinander falteten. Doch es entwich dem jungen Mann keine Antwort, kein Blick, kein Moment der ihn davon abhielt sein Grab zu schaufeln, bis die Stimme der Weißhaarigen Gestalt ertönte, die auf einem Ast des Baumes saß und seine Beine baumeln ließ. „Zwecklos, sein Schicksal ist geebnet und unveränderbar. Als seine Hände das Buch umfassten, schien die einzige Opfergabe seine eigene Existenz. Ein schlaues Mädchen, wie du, sollte sich im Gewissen darüber sein, dass eine solch mächtige Fähigkeit wie die Veränderung des Schicksals ein Opfer bedarf, welches einst dein vorheriges Ich, die Originale Lilly darstellte um deinen ersten Bruder die Flucht aus eurem Gefängnis zu ebnen, in welches man euch sperrte, an euch erniedrigende Menschenunwürdige Experimente ausführte um an einen Schlüssel für die ultimative Waffe zu gelangen.“
      „Ren!“, als das Wort aus den Lippen der jungen Dame ertönte, stoppte der Schwarzhaarige in seiner Bewegung und sah aus seinen Augenwinkeln heraus, nun ebenfalls mit einer schwarzen Augenbinde um den Augen in die Richtung aus welcher die Stimme kam. „Hoo~ Was ist...“, entwich es dem Weißhaarigen der in einem schwarzen Licht verschwand und im Bruchteil einer Sekunde vor dem Schwarzhaarigen erschien um ihn manipulative Gedanken etwas ins Ohr zu flüstern. „Was ist deine Aufgabe hier? Bist du es nicht deinen Eltern schuldig, deinen älteren Bruder und den unzähligen Menschen denen du das Leben nahmst nur um eines zu retten?“ Die Schaufel nahm die Form eines Schwertes an, eines Schwertes das endlose Qualen in Form von tausenden von Schreien ausdrückte, sich entfaltend aus tausenden von schwarzen Händen, der Grube entfleuchend und den Körper Nero`s ummantelnd. „Die Menschen aus Canard, die Eltern deiner Geliebten, die unzähligen Familien und zu guter Letzt, deine eigene Schwester in ´Eden´ die dem Abbild der dritten Kopie bis auf die Knochen gleicht. Erträgst du ihr Antlitz, gilt ihre Existenz als Rettung, als Sühne für deine Taten, die Erfüllung deiner Suche einer bereits verstorbenen Person deren Erinnerung lediglich im Körper einer fremden Gestalt widerhallen? Ist dieses Mädchen dort wirklich deine eigen Fleisch und Blut, oder eine Hochstaplerin jener Vergänglichkeit entspringend durch welche du einst dein Schwert bohrtest?“ In die Knie gehend, seinen Kopf haltend und vor Schmerz schreiend, löste sich die Augenbinde Rens und entblößte die Vermischung aus den goldenen und roten Augen, während seine Haare langsam eine weißliche Färbung einnahmen. „Begrabe deine Seele, begrabe dein Herz, begrabe deinen Schmerz, deinen Kummer, deine endlose Suche nach der Belanglosigkeit die du nie finden wirst, sondern erst im Jenseits wiedersehen kannst! Ruh dich aus, lass mich alles weitere übernehmen und die Welt in ein endloses Schwarz stürzen, den Untergang einläuten und den Neuanfang beginnen!“ Mit seiner Hand das Handgelenk des Weißhaarigen Jungen mit roten Augen umgreifend, drückte Ren sein Ebenbild gegen jenen Baum, bis seine Stimme ertönte. „Genug! Ich lasse nicht zu, das du meine jüngeren Geschwister in Form deiner falschen Gestalt mit deinen falschen Worten auch nur einen Moment weiter peinigst!“ Den Oberkörper des Schwarzhaarigen mit ihren Armen umschlingend, ertönte die Stimme des Aschblonden Mädchens, in ruhiger aber ernster Tonlage während sie ihr Kinn auf seinen Hinterkopf bettete. „Es ist nicht deine Schuld! Es ist nicht deine Pflicht! Du hast genug dagegen angekämpft, du hast genug gelitten und dir genug aufgebürdet. Es ist nicht deine Last allein, und es ist nicht deine Aufgabe Sühne zu leisten für die List eines Teufels. Dies hier ist nicht deine Welt, du gehörst hier nicht her und deine Zeit ist noch nicht gekommen!“ Die Gestalt des Mädchens löste sich bisweilen langsam auf, in Panik verfallend als sie nur noch ihre halbe Hand erblickte. „Noch nicht! Es ist noch nicht so weit! Nero, nein Ren, schau mich an! Ich habe das Buch gelesen und die Schwarze Lilie erhalten. Ich habe deine Worte gesehen, von deiner Reise erfahren und deine Gefühle vernommen. Nun bin ich an der Reihe nach dir zu suchen, also warte auf mich und lege das Schwert nieder! Diese Schreie sind nicht für dich bestimmt, wehre dich gegen das Schicksal welches ER dir aufbürden will! Du bist nicht mehr allein, Ren!“ Die verwirrten Augen schauten hinauf zur schwindenden Gestalt des Mädchens, bis nur noch die zwei Weißhaarigen Jungen verblieben, die Gestalt des Weißhaarigen mit roten Augen bröckelnd und die wahre Gestalt des weißen Teufels entweichend. „Nero... Zeig wir ihm die Kraft des Erbens von Galahead!“
      "Wer..", entwich es den Lippen der Schwarzhaarigen Person, welche nun seine zwei weiteren Identitäten erblickte und seine Hände vor seinen stetig farbwechselnden rot-goldenen Augen verkrampfte, während ein schneller, wiederholender Austausch zwischen der schwarz und weißen Haarfärbung stattfand. "..bin ich?"
      Die Augen der Aschblonden Dame öffneten sich, als ihr die gnadenlosen Sonnenstrahlen ins Gesicht schienen und sie abrupt aus ihrem Traum erwachen ließen. Schweißgebadet erhob sie ihren Rumpf und weitete ihre Augen, bis sich ihr Blick suchend nach Suzume umwandte, doch von ihr jegliche Spur fehlte. „Er muss leben..“

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    • Es dauerte nicht lange, da hörte Suzume das schwere Atmen der jungen Dame. Überrascht und gleichsam neugierig, spitzte sie ihre Ohren und richtete den zuvor im Feuer versunkenen Blick über ihre Schulter zurück zum Bett. Sie hatte ihre Arme auf den Knien verschränkt gehabt, doch stellte sie sich nun leichtfüßig auf die Beine, drehte sich im Aufstehen herum und erblickte Lily, die in ihrer Erschöpfung an Ort und Stelle Schlaf gefunden hatte. Amüsiert blickte sie auf das schlafende Mädchen hinab. Wohl überkam sie eine seltsame Flut der Sorge und der Traurigkeit. Es war ein Unverständnis, warum sich die Geschwister nicht einfach wieder in den Armen liegen konnten. Fröhlich lachend, die Vergangenheit vergessend… sie fand für diese Ungerechtigkeit keine Worte und spürte in ihrer Magengegend einen unguten Stich, der sich wie ein elektrischer Schlag durch ihren Körper schlängelte und ihr eine Gänsehaut über Arme und Beine schickte. Ihre verschränkten Arme hatten sich fester um sie gedrängt, ihre Hände fest und beinahe schmerzvoll in ihre Haut gegraben. Sie musste an die frische Luft. Doch bevor sie das in Angriff nahm, ergriff sie die zweite Decke der anderen Bettseite und legte sie über Lily. Ging zurück zum Kamin und öffnete den Luftschacht etwas mehr, um den Rauchabzug zu sichern und legte im selben Zug noch etwas Holz nach. Danach ergriff sie wieder ihren Mantel und warf ihn so geräuschlos wie möglich über ihre Schultern, steckte ihre schlanken Arme in die Ärmel und schlich auf leisen Sohlen aus dem Zimmer.

      So leise wie möglich, schloss die Schwarzhaarige die solide Türe hinter sich und lauschte einen Moment. Das Heulen des Windes war nach wie vor hörbar und zerrte mit aller Kraft an dem alten Haus. Von unten waren die gedämpften Stimmen der Herrschaften zu hören, die sie auf ihrer Reise hierher begleitet hatte. Nach wie vor war Suzume etwas verärgert darüber, dass sie bei diesen Unterredungen nicht teilnehmen durfte. Sie fühlte sich in gewisser Hinsicht wie ausgestoßen, durchschaut, schuldig an allem was passierte… und natürlich, sie hatten nicht ganz Unrecht. Aber dies alles war Vergangenheit… und sie könnten vielleicht den Rat von jemanden, der an der Front mit dabei war gut brauchen… jemanden, der diese unbändige Macht auch wirklich in sich trug und wusste wie sie agierte, so lange man sie unter Kontrolle hielt… Die Nase im Stolz verletzt rümpfend, schlug die junge Frau den Weg zu dem riesigen Mosaikfenster ein. In der Dunkelheit sah dieses monströse Gebilde aus weißem und grauen Glas noch viel eindrucksvoller, aber auch verbitternder aus. Es zeigte eine junge Frau, die ihren linken Arm schützend über eine kleine Stadt hielt. In der rechten ein Zepter halten, auf ihrem Kopf eine Krone, zu ihren Füßen den bekannten Reichsapfel liegend. So fern man aus geformten Glas ästhetische Gestalten schaffen konnte, so erkannte Suzume in diesem Bild für die Ewigkeit eine schöne, anmutige junge Frau, die möglicherweise in ihrem Alter war, als dieses Ebnis von ihr geschaffen wurde.

      Am Fuße des Bildnis angekommen, suchte die Blauäugige nur kurz nach dem, was sie erwartete. Es gab bei diesen alten Fenstern immer eine Art Türchen, die es möglich machte, nach draußen zu gelangen. Und auch hier fand Suzume zwei kleine Hacken an der linken Seite die sie nach oben schieben konnte. Mit einem leisen Quietschen schob sie das Fenster nach außen auf. Schnee stob sofort zu ihren Füßen herein, legte sich fleckig auf ihr Gesicht und in ihre Haare. Der Wind drückte es ihr kräftig entgegen, fast so, als wollte er nicht, dass die junge Dame noch einen kurzen Ausflug nach draußen wage. Doch war Suzume deterministisch in ihrem Vorhaben und stieg nach einem letzten zögerlichen Atemzug hinaus in die Kälte. Sie erkannte mit dem Schneetreiben kaum noch die Hand vor Augen, schloss jedoch langsam wieder das Türchen. Sie befand sich jetzt auf einem kleinen Plateau, an welchem kleine Leitern angebracht waren, von wo aus man damals auf die Dächer klettern konnte, um lose Schindeln zu reparieren oder Dachfenster auf ihre Dichtheit prüfte. Behelfe, sozusagen. Und nach so einer Leiter suchte sie jetzt. Die zierliche Hand durch den kalten Schnee streifen lassend, strich sie diesen zur Seite weg, tastete nach dem noch viel kälteren Metall unter der weißen Decke und ergriff schon bald eine der Mittelstreben. Suzume schloss für einen kurzen Moment ihre Augen. Ihre Haare und ihre Hand erglommen für einen Moment und so tat das Metall der Leiter. In wenigen Momenten war der Schnee von dieser weggeschmolzen. Sich nun mit beiden Händen festhaltend, begann die junge Frau nun den Aufstieg empor zum Giebel des Daches. Sie fror nicht, spürte die Kälte nicht auf ihrer Haut. Auch der stechend kalte Wind, der jeden anderen bis auf die Knochen frieren ließ, konnten ihr nichts anhaben. Stufe für Stufe kämpfte die junge Logos sich nur dem Wind und den Schneeflocken entgegen empor. Oben angekommen warf sie ihr linkes Bein auf die anderes Seite des Daches und setzte sich auf den schmalen, aber flachen Giebel des Anwesens. Von hier oben, konnte sie trotz des Schneetreibens, das um sie herum stob, auf Alkaid hinabsehen. Die glimmernden Lichter, die die Größe eines entfachten Streichholzes hatten, flackerten unscharf zu ihr hinauf. Großteils wurde ihr die Sicht genommen. Und auch über ihr war der Himmel mit so dicken Wolken verhangen, dass ein jeder Stern ein glücklicher Zufall gewesen wäre. So verharrte sie. Das Heulen um sie klang ab, dann wurde es wieder angefacht, zerrte und zurrte an ihr, zerzauste ihre Haare, peitschte ihr einzelne Schneeflocken und Graupelkörnchen ins Gesicht. Aber es war ihr egal… sie war taub. Sie spürte es kaum. So merkte Suzume auch nicht, dass die Nässe auf ihren Wangen, alsbald nicht mehr nur geschmolzener Schnee war.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • „Hier bist du..“, entwich es einer bekannten Stimme in der Nähe, während Suzume an einem Laden Halt fand und sich etwas essbares besorgte. Verschnaufend seine Handflächen auf seine Oberschenkel stützend, richtete sich der Weißhaarige schließlich auf und atmete schwer. „Wir haben dich überall gesucht... Vale rief eine Versammlung ein um den ersten Trainingstag zu beginnen, aber du warst nirgendwo aufzufinden. Ich weiß du bist eine erwachsene Frau die keinen Aufseher benötigt, aber bitte vergiss nicht zu welchem Zweck wir hierher kamen!“ Verlegen hinterm Kopf kratzend, richtete Shin schließlich seinen Blick auf die Quarkbällchen innerhalb der Hand Suzumes, die den Holzspieß zwischen Zeigefinger und Daumen befindlich in eines von ihnen gestochen hatte und zu ihren Mund führen wollte. Innerhalb des Getümmels der Einwohner, vernahm ein jeder schließlich das laute Knurren eines Magens. Die Blicke richteten sich allesamt zur Quelle des Geräusches, woraufhin Shin peinlich berührt die Hand Suzumes ergriff um aus der Menschenmenge zu verschwinden und einen ruhigen Ort zu suchen. In einer Seitengasse angelangt, richtete der Weißhaarige seinen Blick zur schlicht verwirrten jungen Dame und löste seinen Griff um ihr Handgelenk, bevor seine Stimme ungewohnt ernst ertönte. „Sag, fürchtest du dich vor dem Feuer? Du siehst nicht danach aus, als hättest du viel Schlaf bekommen. Ich verrate dir ein Geheimnis, Suzume... Es gibt eine Möglichkeit, den Urgeist an jemanden weiterzureichen, wenn dir diese Bürde zu viel werden sollte.“ Der Weißhaarige setzte ein unbekümmertes Lächeln auf. „Ich könnte den Urgeist für dich übernehmen. Schließlich bin ich der Nachfolger der Schicksalshexe und schulde ihr den Gefallen euch von eurer Last zu erlösen, die euch auferlegt wurde. Wenn dir also alles über den Kopf steigen sollte, steht dir immer eine Alternative zur Verfügung!“
      Noch bevor Suzume reagieren konnte, ertönten die Stimmen zweier Männer die an der Seitengasse vorbeiliefen. „Was soll das heißen er hat dich einfach bewusstlos geschlagen?! Er war an Armen und Beinen gefesselt, es gab keine Möglichkeit für ihn seine Kräfte zu verwenden!“ Die Stimme des zweiten Mannes ertönte und die Schritte der beiden wurden schneller. „Es ist wie Ich es sage, er ist kein Mensch sondern ein Monster! Schließlich wird er nicht ohne Grund der Schrecken des Todes genannt! Ich wusste diese Eskorte ist eine Nummer zu hoch für uns! Was denkt sich der König nur dabei einer Person wie ihm freies Geleit zu schenken?“ „Egal, wir müssen ihn finden, bevor er hier ein Blutbad anricht-“, noch bevor der Mann in der Uniform eines Soldaten aus Arcadia seinen Satz vollenden konnte, ertönte ein lauter Knall aus der Ferne in Richtung des Anwesens und schreckte die Bewohner auf. „Was war das?“ „Es schien aus dem Anwesen, Lord Suliman zu kommen?“ „Ob mit dem Lord wohl alles in Ordnung ist?“ Shin schnalzte fast unhörbar mit seiner Zunge und richtete seinen Blick in Richtung der Soldaten die sich auf schnellsten Wege in Richtung des Anwesens begaben. „Die Erde bebte für einen kurzen Moment, schlicht und kaum wahrnehmbar, als würde der Knall von einem Ort zu unter uns kommen und an der Oberfläche widerhallen. Suzume, lass uns nachsehen was es mit diesem Knall auf sich hatte!“ Der Quelle des Geräusches folgend, gelangten die Zwei zu einer Grünfläche in der Nähe des Anwesens und vernahmen einen Eingang in eine Art Katakomben, schwer einsehbar und gut versteckt nahe des Gestrüpps.




      Ein kalter Atemzug der eine weiße Wolke ausstieß, die Fingerspitzen zaghaft dem nassen Gestein an der Seite entlang gleitend, die steinernen Stufen hinabsteigend und den Blick gefasst an die Schwärze richtend, die den fad beleuchtenden Fackeln dahin wich und die Silhouette des Feuerroten Eiskönigs schwach aufschimmernd entpuppte. Ein großes Tor auf massiven Holz doch zeitgleich ummantelt mit ein Dutzend Ketten und umrahmt von massiven Stahl, durch dessen magere Öffnung aus Gitterstäben nahe des Kopfes der Tür ein Dunst aus Eiseskälte entwich und seinem Weg am Haupt des Königs vorbei wandte, seine Haare kurz verwirbelnd, seine Hand dazu bringend sich zu erheben, doch seinen Blick im selben Moment verbittert zu senken und von den Ketten abzulassen. Den Rücken gegen jene Tür lehnend, mit den Knien immer weiter zu Boden sinkend bis das Sitzbein seinen Halt auf dem harten Boden fand und die Arme des Königs seine angewinkelten Beine ummantelten, sein Kinn auf seine Knie bettend und erneut einen kalten Atemzug aus weißen Wolken ausstoßend, verweilten die Gedanken des Rothaarigen einzig in seinem Kopf und fanden keinen Weg um aus seinen Lippen in die Freiheit zu gelangen. Der Hinterkopf des Mannes lehnte sich gegen die Tür, sein Blick fand seinen Weg nach oben und erblickte die unzähligen Eiszapfen die an der Decke hingen, erschaffen von der Kühle des Raumes der sich hinter ihm verbarg, doch zerbrechend und auf ihn hinabstürzend, dem vermeintlichen Verlust seines Augenlichts nahend, doch unnachgiebig bis zur letzten Sekunde mit seinem gefassten Gesichtsausdruck den Fall beobachtend, alsbald die Eiszapfen schmelzten und auf ihn hinab regneten. „Siehst du, Schwesterherz?.. Schritt für Schritt lerne ich mit dieser Gabe besser umzugehen, in der Hoffnung dich eines Tages aus deinem Verlies befreien zu können... Doch die Meisterung dieser Gabe, die Führung dieses Ortes und nun mehr des ganzen Landes, sind nicht Dinge die für mich bestimmt wurden...“ Seine Beine ausstreckend, seine Arme nach hinten stützend, seine Augen schließend, doch den Kopf weiterhin nach oben richtend ertönte die Stimme des Königs erneut. „Vater war es der dir die Rolle des rechtmäßigen Erbens Alkaids vermachte und Mili war es, die in dir eine blühende Zukunft sah und ihre Gabe, den Urgeist des Wassers und Eises anvertraute. Du warst die Auserwählte, du warst die Person die stets im Licht wandelte, eine Heldin die alle mit ihrer Aufrichtigkeit, mit ihrer Stärke und Führungskraft um sich sammelte, diejenige die eigentlich an meiner statt diese große Aufgabe übernehmen sollte, die meinen Horizont übersteigt, des Jungens der stets in den Schatten seiner älteren Schwester wandelte.“ Sich langsam erhebend, zur Tür drehend und seine Hand gegen die Tür bettend, während seine Stirn am massiven Holz Halt fand und seine Lippen sich öffneten doch kein Ton von sich gaben, schwand die Zeit schließlich dahin bis nun doch Worte ihren Weg an die Oberfläche fanden. „Ich werde einen Weg finden dein Gefängnis zu brechen. Dies allein ist meine Aufgabe, das wozu ich als dein Schatten bestimmt wurde, dem Licht die Zukunft zu schenken sodass es hell genug strahlen und in den Herzen der Menschen widerhallen kann um sie zu einigen und ihnen Freiheit und Frieden zu schenken.“
      „Hah..“, ertönte es aus dem Hintergrund, kurz bevor sich Logi ertappt und verwirrt zugleich umdrehte und eine Kampfhaltung einnahm, dabei eine Schwarzhaarige Person erblickte, die mit einem diabolisch wirkenden Lächeln auf ihn hinabblickte und mit seelenlosen, rot aufglühenden Augen durch ihn hindurch zu schauen schien. „Wer bist du?! Wie bist du hier runter gekommen, ohne ein Geräusch von dir zu geben?!“ „I have Control!“, entwich es den Lippen des Schwarzhaarigen schlicht, dessen Hände in Handschellen verketten waren und an dessen Beinen sich die Überreste ähnlicher Ketten befanden, kurz bevor er sein rechtes Bein in einer Art Tritt nach vorne schnellen ließ und dabei einen Schwall aus Speersäulen aus den Boden erschuf die in direkter Linie auf die Tür zuschoss und sich durch das massive Holz bohrte, nun noch mehr Dunst aus kalter Luft aus den schlichten aber vielen Löchern entweichend, auch einige Ketten der Türe sprengend. Vorerst seine Arme in einer Schutzhaltung vor seinem Körper kreuzend, doch danach seinen rechten Arm zur Seite werfend um seinen Zorn Ausdruck zu verleihen, ertönte die bebende Stimme des Rothaarigen Königs. „Hast du deinen Verstand verloren?! WAS MACHST DU?!“ Mit der Bewegung seines rechten Armes zur Seite, erschuf er einen Schwall aus Eis der eine Schneise bildete und den Schwarzhaarigen entzwei teilen sollte, der mit dem Stampfen auf dem Boden jedoch ein Schild entstehen ließ. Die Unterseite seines Stiefels gegen jenen Schild drückend, schoss dieses auf geradem Wege zur Tür, doch Logi reagierte und erhob seine Hand, seinen Ring und kleinen Finger beugend, den Zeige- und Mittelfinger erhebend, doch nicht vollends durchgestreckt um ein Schild aus Eis zu erschaffen, gegen welches er einen kurzen Moment später seine Handflächen und sein ganzes Gewicht stemmte. Nach dem Aufprall der Säulenartigen Schilder, bebte die Umgebung und die Eiszapfen begannen erneut zu bröckeln, über den Häuptern der beiden einbrechend und auf sie nieder rasselnd. Doch in der Zeit in welcher Logi seine linke Hand nach oben wandte um die Eiszapfen über ihm zu Wasser zu wandeln, stürzte sich der Schwarzhaarige auf die Säulen während sich einer von ihnen direkt durch seine Schulter bohrte. Dem Schmerzen unempfindlich gegenüber, auf der Eissäule hockend und mit dem diabolischen Lächeln auf den Rothaarigen hinab schauend, ertönte die Stimme des Mannes, während Logi voller Entsetzen zu ihm hinauf starrte. „Stehst du mir im Weg?“ „Was für eine Art Monster bist du?!“ Seine Hand nach oben richtend und leicht öffnend, innerhalb seiner Handflächen einen Speer aus Gestein erschaffend und in Anschlag zum Wurf haltend ertönte die Stimme des Schwarzhaarigen erneut. „Antworte mir! Stehst du mir im Weg?“ „Nein, ich stehe unter dir du Idiot!“ Die Worte des Mannes missverstehend und ihm mit einem überraschten Gesichtsausdruck entgegnend, die Ketten an seinen Händen sprengend und dem Speere mit voller Kraft gegen die Tür werfend, entwich den Schwarzhaarigen ein diesmal eher schlichtes Lächeln. „Dann bist du also mein Untertan? Fein, dann lass uns nachschauen was sich hinter dieser Tür befindet!“ „NEIN!“ Die Säulen zerbrachen und Logi streckte seine Hand zum Speer aus, doch schnitt sich lediglich an dessen Spitze. Inzwischen landete der Schwarzhaarige leichtfüßig auf dem Boden und wandte seinen Blick zur Tür, in der sich nun ein großes, klaffendes Loch befand und den Blick in das Innere des Raumes offenbarte. Ein Raum in weiß umhüllten Schnee, verziert von 7 Säulen aus Eis, inmitten ein großer Kristall befindlich, in welchem eine grazil wirkende Frau mit geschlossenen Augen und langem roten Haar zu ruhen schien. Während Logis Augen sich weiteten und er auf seine Knie fiel, der Schwarzhaarige an ihn vorbeilief und mit strahlenden Blick die Frau begutachtete, seine Hand ihr entgegen streckte, trennte eine Schneise aus Eis in einem enormen Tempo jene von seinem Körper. Den Stumpf an der sich zuvor seine Hand befand begutachtend, wandte sich der Blick zur Seite ab und erhaschte einen kurzen Moment zum Antlitz von Logi, dessen Körper von einer unheilvollen, eisigen Aura umgeben war, Schwärze unterhalb seiner Augen entpuppend, vom Hass verzerrt dem verbitterten Ausdruck offenbarend, welcher die Furcht und damit die Freunde innerhalb des Herzens des Schwarzhaarigen schürte. Logis Pupillen wandelten sich reptilienartig und seine azurblauen Augen glühten förmlich auf, beide Hände von weißen Schleiern ummantelt, die sich im gesamten Raum zu verteilen schienen und die Überbleibsel jener Säulen wie Butter zerschnitt. „Forneus!“
      Genau in diesem Moment, ertönte eine weitere Stimme aus dem Hintergrund angelockt vom Krach der während des Gefechtes der beiden ertönte. „Genug!“ Mit schlichten Bewegungen zwischen den Schleiern fast schon tänzelnd bewegend, stieß Shin, mit Suzume im Schlepptau auf den Treppen wartend, seine Handkante in den Nacken Logis und warf eine Art Nadel in Richtung des Schwarzhaarigen, die ihn traf noch bevor er über die Möglichkeit zum Ausweichen nachdenken konnte. Nachdem beide bewusstlos zu Boden sackten, begab sich Shin auf dem Weg zum Schwarzhaarigen um diesen zu schultern und sah mit ernstem Gesichtsausdruck zu Suzume. „Zu viel auf einmal? Logi wird dir alles erklären insofern er erwacht.. Schaffst du es ihn hier raus zu bringen oder willst du dir Hilfe holen?“

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    • Nachdem sich die junge Frau des Nachts dann doch noch dazu bewegen konnte, ihre müden Knochen ins Bett zu verfrachten, war es ein unruhiger Traum, der sie alsbald wieder aus dem Schlaf riss. Auch nachdem sie die glühende Kohle im Kamin neu entfachte und der einsetzenden Kühle im Zimmer somit wieder einen würdigen Gegner bot, konnte sich Suzume nicht daran erinnern. Möglicherweise schlief sie doch tiefer und länger als zuerst angenommen. Ihre Stirn war nachdenklich gekräuselt, als sie das letzte Holzscheit in die züngelnden Flammen legte. Draußen stand bereits die Sonne, wenn auch niedrig am Himmel und drückte sich schwach leuchtend durch die dunkelblauen Brokatvorhänge. Die offenen Stellen, welche nicht durch die verhüllenden Eigenschaften des Stoffes eingefangen werden konnten, legten sich in leuchtenden, beinahe gleißenden Streifen auf den Boden und strahlenförmig an die Decke, zeichneten somit jedes herumschwebende Staubkorn detailgenau aus, die in dem hohen Raum ihre Heimat gefunden hatte. An sich schön anzusehen… Suzume schmunzelte und richtete ihren Blick davon wieder auf das Feuer, welches sich nun gierig um das Holzscheit legte. Lily war immer noch tief am Schlafen. Ihr schweres Atmen war nicht zu überhören. Die Schwarzhaarige war nicht darauf bedacht, die junge Frau zu wecken. Sie brauchte diese Ruhe, wenn sie seit mehr als 10 Stunden nicht aufgewacht war. So entschied sich erneut, dass Suzume sich ihren Mantel überwarf und in diesmal gewärmte, aufgetrocknete Stiefel schlüpfte. Sich die Kapuze über das Haupt ziehend, schlich sie wieder aus dem Schlafgemach. Im Anwesen war es noch ruhig. Es schien, als würden sich alle noch etwas ausruhen, nach den letzten, etwas zehrenden Tagen. Aber wieso schien es so, dass gerade sie sich nicht erholen konnte…? Sie hatte sich schon lange nicht mehr in einen Spiegel gesehen… warum fühlte es sich so an, als würde ihr Antlitz einfach nur erschreckend sein? Bevor Suzume aber länger Gedanken daran verschwenden konnte, meldete sich ihr Bauch mit einem vorwurfsvollen Knurren. Mit Missmut im Gesicht griff sie sich an ihren Magen, während ihre müden Beine die breite Treppe hinabstaksten. Kurz rümpfte die Schwarzhaarige ihre Nase. Sie sollte zwar nicht allzu weit vom Anwesen weg, aber niemand hatte ihr verboten, die Ländlichkeiten dieser Stadt auszukundschaften.

      So geschah es nur wenige Minuten später, dass sich der nun etwas wachere Körper der jungen Frau auf dem Markt wiederfand. Auch wenn es noch vor neun sein musste, tummelten sich bereits viele Personen auf den breiten Straßen, feilschten, brachten ihre Ware an. Auch wenn die kalte Luft sich über die Häupter aller Anwesenden ausbreitete, so drangen doch die verschiedensten Gerüche an ihre Nase. Es roch würzig, nach geschmolzenem Käse, gebackenen Kartoffeln und gebratenem Fleisch… die Süße von Zimt, Honig und Zucker, umwob ihre Sinne… die Frische von Äpfel, Birnen, gehacktem Gemüse… und wieder knurrte ihr Magen. Suzume gab es nicht gerne zu, aber sie war am Verhungern. So begann sie sich von den Hauptspeisen an, durchzufuttern und endete nach einer Waffel bei den Quarkbällchen, die sie als Kind immer besonders gern gegessen hatte. Gerade hatte sie sich mit dem kleinen Zahnstocher die ersten aufgespießt, so ertönte neben ihr eine Stimme, die sie nur zu gut kannte. Es war Shin, der mit erröteten Wangen auf sie zugestürzt kam. Der junge Mann schien sichtlich außer Atem, als er vor ihr zu stehen kam und sich erstmal von diesem kleinen Sprint erholen musste. Alsbald er dies geschafft hatte, gab er ihr eine kleine Standpauke. Mit großen Augen starrte die Schwarzhaarige zu dem etwas größeren Weißhaarigen empor, welcher seinen Blick auf ihre Nachspeise gerichtet hatte. Als ein weiteres Magenknurren die Szenerie durchzog, welches diesmal keinesfalls von der jungen Frau ausging, packte Shin sie bei ihrem Handgelenk und zog sie aus dem Trubel des morgendlichen Marktes, hinein in eine etwas abgelegene Gasse. Die junge Frau hatte zu tun, nicht ihre Quarkbällchen in dem Gehetze zu verlieren, doch war es erfolglos. Sie kullerten wie eine Spur aus Brotkrumen aus dem kleinen Papptütchen und vermischten sich unsichtbar mit dem Schnee am Boden. Danach erklang wieder Shins Stimme, diesmal aber ernster… beinahe erzürnt. Was er ihr dann sagte, ließ Suzume stocken.

      Weit kam sie dann aber nicht, sich zu verteidigen, denn im nächsten Moment kehrten sich die Ereignisse zum Unvorhersehbaren. Es dauerte nicht lange, da hasteten die beiden bereits wieder zum Anwesen hinauf. Auch wenn es sich möglicherweise um einen Notfall handelte, so trauerte die Schwarzhaarige doch noch wenige Augenblicke ihren Quarkbällchen hinterher, während sie Shin hinterhereilte. Er führte sie zu einer Art Geheimgang, die in den Keller des Anwesens führte. Oder die Katakomben. Shin kehrte sich nochmals kurz zu ihr um und bat sie danach, doch etwas Licht in die Dunkelheit zu schicken. Suzume sah ihn vorwurfsvoll an. Was erbat er da? Zuvor meinte er noch, er würde ihr ihre Kräfte abnehmen, weil sie laut ihm nicht damit umgehen konnte… und nun verlangte er gerade dadurch Hilfe von ihr? Die Schwarzhaarige konnte sich ein erbostes Schnauben nicht verkneifen, winkelte ihren rechten Arm dann aber an und ließ ihre Hand in Flammen aufgehen. Die erste Welle stob noch etwas auseinander, weswegen der Weißhaarige etwas zurückwich. Dann aber drosselte Suzume die Kraft und es umwoben nur mehr sanfte Flammen ihre Finger, züngelten ruhig herum. Shin, der diesen Wink mit dem Zaunpfahl wohl verstand, verzog seine Lippe zu einem schmalen Strich und ging nun langsam vor, hinab in die noch viel drückendere Kälte. Die Leuchtkraft der Flammen reichte gerade aus, um den Weg zu beleuchten. Suzume wollte es mit Absicht klein halten, sodass ihr Aufenthalt hier nicht enttarnt wurde. Erst, als Shin wohl etwas hörte, veranlasste die junge Frau ihre Flammen zu erlöschen. Der Krach wurde lauter. Verwobene Stimmen, Schreie beinahe, drangen an die Ohren der beiden. Alsbald gab es für den jungen Mann vor ihr keinen Halt mehr und er stob nach vorne. Sein respektabler Schrei fuhr wie ein Blitz durch die schwarzen Wolken einer Gewitternacht und setzte dem Tumult alsbald ein Ende. Ein Unbekannter klappte zu Boden… und auch Logi empfing die Schwärze der Bewusstlosigkeit. Er schulterte den Unbekannten und verlangte von ihr, dasselbe mit Logi zu tun. Kurz vor den Kopf gestoßen zögerte sie. Trat dann aber doch entschieden an den Körper des jungen Königs heran, zog ihn auf und stemmte ihn empor. „Wohin mit ihnen?“, Logi war leichter als angenommen, als sich Suzume wieder Shin zuwand und ihm fragend entgegenblickte.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Trotz der unbeantwortet Fragen, vergaß in jener Situation der Weißhaarige Meister keineswegs den Grund weshalb er sich auf die Suche nach Suzume begab und alsbald sie den Rothaarigen König in sein Gemach schafften um sich zu erholen, den Schwarzhaarigen derweil den Wachen übergaben die sich dem Aufruhr perplex anschlossen und den Gefangenen erneut in Ketten legten, machten sie sich auf dem Weg zum Arbeitszimmer Logis. Vor Ort angekommen, verharrte lediglich der Graubärtige Diener des Herren des Hauses neben dem Schreibtisch, die Arme hinter seinem Rücken verschränkt, die Augen verschlossen und das fragende Gesicht Shins mit einem schlichten Schulterzucken entgegnend. Die Hand an seinen Hinterkopf richtend und sich fragend über die Haare reibend, wandte sich sein Blick an Suzumes Seite ab, die ratlos zu erwidern schien bis sich wenige Momente später die robuste, dunkelbraune Holztür aufschob und Gaius Blick sich an die ratlosen Gesichter wandte. Die tiefe Stimme des Dunkelhaarigen Mannes ertönte, noch während sich die Hand vom Türgriff löste und in einer schlichten Bewegung den hölzernen Durchgang hinter sich zuschob. „Hieß es nicht, Kommandant Vale würde eine Versammlung einberufen um den ersten Trainingstag zu starten?“ Mit verlegenem Lächeln entgegnend, wandte sich die angesprochene Person zu Gaius. „Lord Suliman ist verhindert, was allerdings Vale selbst angeht bin ich mir über dessen unpünktlichen Auftretens nicht im Klaren, nachdem er heute morgen einen solchen Befehlston an den Tag legte.“
      Shin erinnerte sich an eine Szene zurück, in welcher er in einer halben Bauchlage auf seinen Bett lag und seelenruhig schlief, bis ein Knall durch das unsanfte öffnen der Türe entstand und Schritte ertönten. Da das Bett in der Mitte des Raumes stand, drückte sich ein Stiefel gegen die Seite des Mannes der perplex seine Augen im Halbschlaf öffnete und vom Druck von der Matratze gestoßen wurde um schließlich auf eine unschöne Art und Weise auf dem Boden Halt zu finden. „Geniest den Urlaub den dir der Alte vergönnt hat, huh? Mach dich nützlich du wandelnder Unrat und sammel alle Träger zusammen anstatt auf der faulen Haut zu liegen! In einer Stunde ist der Treffpunkt in Lord Sulimans Arbeitszimmer, wag es dir ja nicht zu spät zu kommen. Anders als der Alte hab ich reichlich wenig Geduld, was deine fadenscheinigen Ausreden angeht!“
      Ein kalter Schauer lief den zuvor noch sorglos dreinblickenden Weißhaarigen sowohl in seiner Erinnerung als auch in der Realität über den Rücken, bis sich nun auch wortlos der Silberhaarige Kommandant durch die Tür schob und am Schreibtisch Halt fand. Ihm dicht folgend, den Kopf jedoch betrübt und zugleich nachdenklich zu Boden gesenkt, folgte ihm die junge Frau mit Aschblonden Haar die sich jedoch zwischen Shin und Suzume positionierte und genug Platz für Gaius ließ um ihn aufschließen zu lassen. „Kommandant Vale, ist etwas vorgefallen?“ Der Silberhaarige wandte seinen Blick vorerst zu Gaius, dann für einen kurzen Moment zu Lilly, die jedoch auswich und danach wieder zu Gaius. „Ich wurde von einer törichten Person aufgehalten. Weshalb ist Lord Suliman nicht vor Ort?“ Shins Gesichtsausdruck verfestigte sich etwas bevor er vortrat und Vale etwas ins Ohr flüsterte. „Verstehe... Dann ist unser Neuzugang nicht so einfach zu zähmen..“ Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal, zwei Soldaten eintretend mit jenen Schwarzhaarigen an ihrer Seite, dessen Hände und Füße durch Ketten ummantelt waren, seine kalten Augen den Raum durch schweifend und das salutieren seiner Eskorte nicht weiter beachtend. „Kommandant, wir bringen wie befohlen den Träger des Urgeistes der Erde!“ „Wegtreten!“, entwich es schlicht von Vale, dessen Stimme die Soldaten erschaudern ließ, die noch vor der Tür tuschelten und heilfroh waren jenen gefährlichen Gefangenen übergeben zu haben. „Tritt vor!“, entwich es dem Silberhaarigen mit ernster Miene, der sich den durchbohrenden, furchteinflößenden Blick der roten Augen erntete. „Ist das ein Befehl?“ Stumm verbleibend, durchzog eine Ruhe den Raum, die Gesichter schlicht auf den Schwarzhaarigen fallend, bis auf Lilly deren Augen noch immer zu Boden gerichtet waren. Ohne etwas beizufügen, trat der Schwarzhaarige nun vor, die in Gedanken versunkene Person vor sich erbarmungslos nach vorne tretend um ihren Platz in der Reihe einzunehmen. „Du stehst mir im Weg...“ Nachdem Lilly abrupt gestoßen wurde und hart auf den Boden stürzte, wandte sich ihr Blick perplex nach oben und vernahm jene Augen die voller Verachtung auf sie hinabsahen. „He Mister Soldat, was sucht ein Schwächling wie sie hier bei uns, die wir von den stärksten aller Urgeistern auserwählt wurden?“ Vale sah für einen kurzen Moment auf Lilly hinab, deren Hand sich am Schwertgriff Kuroyuris verkrampfte während die Perplexität, dem Zorn dahin wich. „Beachte sie nicht weiter, ihre Anwesenheit wird nicht von Dauer sein. Er hier bekam die Aufgabe sich um ihr Wohlbefinden und ihr Training zu kümmern, doch ihr wird mangelnds ihres nicht vorhandenen Talentes schnell die Lust an ihren ohnehin eher geringen Erfolgen vergehen.“ Mit geweiteten Augen wandte das Mädchen ihr Gesicht zu den harschen Silberhaarigen, während die Stimme Shins ertönte. „Hör mal, geht das nicht ein wenig zu weit?“ Doch obgleich jener das Mädchen in Schutz nahm, biss sich diese auf die Unterlippe, richtete sich auf und stoppte vor den Schwarzhaarigen der ihr zuvor diesen abwertenden Blick zuwarf. Unter dem in Schatten gehülltem Gesicht offenbarte sich die Augen die jenen ihres verstorbenen Bruders sehr ähnelte, Kälte und Zorn ausstrahlend, den Griff um ihren Schwertgriff jedoch lockernd. „Bild dir nichts auf deine geborgene Kräfte ein... Du bist ein Nichts im Vergleich zum wahren Schrecken des Todes!“ Ein überhebliches Grinsen legte sich über die Lippen des Schwarzhaarigen, der sein Fuß in einer halbrunden Bewegung über den Boden gleiten ließ um Speersäulen durch den hölzernen Boden schießen zu lassen, die jedoch kurz vor Lilys Kehle Halt zu finden schienen, unter anderem auch weil Vale sich in einem schnellen Satz zwischen die beiden gestellt hatte und sein Schwert im Anschlag hielt. Alle Säulen die sich gebildet hatten zerbarsten in mehrere Teile, zerschnitten wie Gemüse in einer Bewegung nur schwer von den vorhandenen Personen sichtbar. „Missversteh deine Position nicht, Träger des Vassago... Einen neuen Wirt deines Urgeistes zu finden, ist bisweilen kein Ding der Unmöglichkeit mehr!“
      „Wie furchterregend, Mister Soldat.“, entwich es den Schwarzhaarigen mit dem gespielten Laut des Einverständnisses, während sich in seinen Gesichtszügen jedoch ein diabolisches Lächeln offenbarte, der Vorfreude den Weg ebnend einen Feind gefunden zu haben den es sich lohnen würde zu unterjochen. „Schwächliches Fräulein, zeig mir doch den Fortschritt welchen dein Training bringen wird. Es wird mir ein Vergnügen sein, eine Made unter meinen Füßen zu zerquetschen, ihren vergeblichen Traum ein Schmetterling werden zu können auszumerzen und ihr das eigene Unvermögen vorzuhalten!“
      „Große Töne für einen Mann der in den Schatten einer anderen Person lebt und sich dessen Namen zu eigen macht um überhaupt einen zu besitzen.“ „Hoo~“, entwich es Shin schlicht der eine Denkerpose einnahm und das Schauspiel lediglich beobachtete, voller Wiedererwarten jedoch die scharfe Zunge Lilys vernahm und auch in Vales harten Gesichtzügen einen kurzen Moment der Überraschung über die Veränderung des sonst so naiven Mädchen vernahm. „Shin, ich brauche dich nicht weiter. Nimm das Mädchen und verschwinde von hier, bevor dieses Gespräch noch weiter eskaliert und wir niemals dazu kommen das Training zu starten. Hey Shin, hörst du mir überhaupt zu?“ Der Weißhaarige sah auf und schaute zu seinem Silberhaarigen Gegenüber, bevor dessen Stimme ertönte. „Nein... Ich bin der Aufseher des Trainings, denn nur Ich bin in der Lage mit den Urgeistern zu kommunizieren und die Kanalisierung ihrer Kräfte nachzuvollziehen, gar zu unterbinden. Du wirst dich um das Mädchen kümmern!“ „Bist du übergeschnappt?“, entwich es den Kommandanten der zu seinem Gegenüber starrte, doch dessen schmale Augen und unheimliche Aura vernahm, die er mitunter seiner gemeinsamen Zeit des Trainings unter Wiseman zu kennen schien. „Soll ich dich an deine Position erinnern?“ Ein schlichtes Hüsteln entstand, während sich der Silberhaarige abwandte und Gaius auf die Schulter fasste, der sich in seinen Kommentaren doch nicht in seinem erzürnten Ausdruck zurückhielt. „Geleite alle zum Ahnenhort!“ Danach wandte sich sein Blick zu Lily, verharrte für einen kurzen Moment und verendete mit einer schlichten Bewegung seines Kopfes zur Seite um sie darauf hinzuweisen ihm zu folgen. Beide verließen den Raum, die anderen zurücklassend. Unter ihnen befand sich noch immer der Schwarzhaarige, doch anders als zuvor wich seine Überheblichkeit einem zittern das seine Mundwinkel dazu zwang nach unten zu weichen und mit geweiteten Augen auf den Weißhaarigen zu starren. //...Überragend!... Bemerkt keiner von ihnen diese überwältigende Präsenz die ihn umgibt?... Dunkler als das tiefste Schwarz, einem nie enden wollenden Abgrund gleichend... Es ist der Geruch des Abyss, der auf ihn lastet...//
      „Wir brechen auf!“, ertönte es mit einem sorglosen Ton Shins. Der erste dessen Lippen eine Antwort verließ war diesmal jedoch der unbekannte Neue. „Ja, Meister!“


      Einige Zeit zuvor, im oberen Flur des Anwesens
      „Bring sie mir bei!“, ertönte es aus den Lippen einer jungen Frau, den Blick voller Ernsthaftigkeit auf den Rücken des betroffenen gerichtet, der lediglich aus seinen Augenwinkeln heraus zur Aschblonden Dame schaute. „Das Mugendai Kuro, der Schwertkampfstil deines verstorbenen Bruders, welcher seine Kräfte missbrauchte und als einer der meistgesuchtesten Verbrecher endete, bevor er sein Leben auf seiner Flucht verlor. Und ich soll es dir beibringen, seiner lang verloren geglaubten Schwester deren Herz womöglich der Sinn nach Rache birgt, die Kräfte ebenfalls missbrauchend. Hört sich für mich nach einem schlechten Geschäft an... Welchen Grund solltest du haben eine solch gefährliche Gabe zu begehren, wenn einfache Selbstverteidigung genug Beihilfe für dein Leben bietet um dich vor Unmenschen zu schützen?“
      „Ich möchte die Welt mit meinen eigenen Augen sehen, meine eigenen Erfahrungen vernehmen, meine eigenen Reisen antreten und das Andenken meiner Brüder aufnehmen um es später ihnen gleich zu tun und es an meine Geliebten weiterreichen zu können. Es wird mir helfen meinen Weg zu finden und den Grund zu erwägen, weshalb Ich es bin die von uns Dreien noch am Leben ist, den Grund zu ergreifen der die Berechtigung meiner Existenz offenbart.“
      Vale gab ein verächtliches Schnauben von sich bevor er sich von ihr abwandte. „Einen solch egoistischen Grund vernahm ich bisher von keinen einzigen meiner Schüler und dennoch stehst du nach all meiner Fehlschläge vor mir, denen ich wertvollere Ideale abkaufte und ziehst in Erwägung ich würde mich so billig verkaufen einer Person für ihren reinen Eigennutz zu helfen? Wenn er dir um Stärke geht, kannst du auch Shin mit deiner selbstsüchtigen Bitte behelligen und das ebenso gefährliche Kikena Shiro erlernen, insofern du dazu in der Lage sein solltest.“
      „Aber das ist nicht die Kampfkunst die mein Bruder erlernte! Ich will in seine Fußstapfen treten und sein Vermächtnis in Ehren halten!“
      „Du willst also auch zum Massenmörder und meistgesuchten Verbrecher werden, fern aller Vernunft geleitet von Verachtung und Zorn, obgleich ein Ausweg der Sühne besteht?“, entwich es den Lippen des Mannes in zorniger Tonlage, bevor ein verwirrtes „Huh?“ dem Mund der Aschblonden Frau entwich. „Bedaure Kleine, doch auch wenn du die Schwester einer meiner von Weg abgekommen Schüler bist genießt du keine Sonderrechte. Ich nehme keine weiteren Schüler auf die mich enttäuschen können und du würdest mich gewiss enttäuschen! Such dir einen anderen Lehrmeister, der bereit ist über deinen Irrpfad hinweg zu sehen, törichtes Mädchen!“ Das entrüstete Mädchen zurücklassend, begab sich der Silberhaarige nun in Bewegung. Nach dem Ereignissen im Arbeitszimmer liefen die beiden jedoch erneuten diesen Flur entlang, das Mädchen stumm den Silberhaarigen folgend dessen Ausdruck voller Härte kaum Ausdruck auf seine inneren Gedanken offenbarte. „Gerade eben... wie hast du das gemacht?“, entwich es Vale der abrupt zu stoppen schien und seinen Blick zu Lily richtete. „Huh? Ich weiß nicht so genau... Alles verging auf einmal in Zeitlupe und die Erdsäulen erschienen nur sehr langsam. Das Schwert, welches Nero mir hinterließ durchschnitt sie wie Butter, selbst ohne viel Kraft gelang es mir innerhalb dieser kurzen Zeit alle Speere zu zerstören.“
      „Nero?“
      „Ah, verzeiht... Ihr kennt meinen Bruder nur unter seinen Alter Ego, Ren. Es ist eine ziemlich komplizierte Geschichte, deren Erklärung viel Zeit bedarf.“
      Vale wandte nun nicht mehr nur noch sein Gesicht, sondern auch seinen Körper in Richtung des Mädchens, seine Arme vor seiner Brust verschränkend. „Bis Lord Sulimans Erwachen wird gewiss genügend Zeit vorhanden sein und meine Meinung bezüglich deines Trainings ist unverändert. Erzähl sie mir, die wahre Geschichte deines Bruders!“
    • Nachdem sie Logi in seine Gemächer gebracht hatten, fanden sich Shin und Suzume in Benanntem Arbeitszimmer wieder. Die blassblauen Augen der jungen Frau suchten zögerlich die Umgebung ab. Irgendetwas störte sie an der Aufmachung aller und der drückenden Dusterheit die sie umgab. Kurz erwiderte sie mit dem gleichen verwirrten Blick, den des Weißhaarigen, welcher Suzume mit demselben Gesichtsausdruck ansah. Es herrschte eine viel zu aufgeladene Stimmung in dem, für die vielen Personen, zu kleinem Raum. Und diese verbesserte sich nicht, als sich dieser mit noch mehr von der hochoffiziellen Seite dieser Unternehmung füllten. Lilly hatte neben ihr Platz gefunden, rückte beinahe schon etwas dichter an sie heran, als im nächsten Moment der Randalierer aus den Katakomben hereingeführt wurde. Sein überheblicher Charakter breitete sich wie ein schlechter Scherz im Raum aus und hinterließ nichts als bedrücktes Schweigen. Suzume schenkte dem Neuankömmling kurz nur einen schneidenden Blick aus den Augenwinkel. Als jedoch das Rot in seinen Augen aufblitzte, jenes Rot, dass sie zuvor nur bei einer Person so durchdringend und intensiv wahrgenommen hatte, erhaschte der namenlose Träger des Urgeistes der Erde ihre volle Aufmerksamkeit. Auch das tiefe Schwarz seiner strähnigen Haare , die ihm ungeordnet und wirr ins Gesicht hangen, brachte vergrabene Erinnerungen hervor, die sie stocken liesen. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke und seine Augen, als wären sie zwei Rubine, brannten sich an den ihren fest. Erkannte Suzume ein kurzes, vernichtendes Lächeln in seinem Gesicht? Ein Lächeln, dass im Grunde aussagte, dass ihm keiner gewachsen war? Es war purer Hohn, den ihr der Unbekannte zukommen ließ, was der jungen Frau durchaus sauer aufstieß. Seine fahrige, prahlende Art, gab Suzume zu überlegen… Als wäre er noch nicht lange in Besitz seiner Kräfte… oder er hatte sie bis jetzt immer nur zu falschen, eigennützigen Zwecken genutzt und nie, auch nur ansatzweise Kontrolle darüber erlangen wollen. Ihre Züge, ein Gemisch aus Ratlosigkeit und Skepsis, formten ihre Lippen zu einer dünnen Linie. Ihr Unterkiefer spannte sich ungewöhnlich hart an, presste sich mit Zurückhaltung an das obere, sodass ihre Zähne beinahe zu schmerzen begannen unter dem Druck, der sich dadurch aufbaute. Fast schon hätte sie Lilly näher an sich herangezogen, Angst davor, dass sie möglicherweise dem Trugschein auf den Leim ging. Doch hatte diese das falsche Spiel des etwas zu leichtsinnig handelnden jungen Mannes bereits durchschaut. In die nächsten Momenten konnte Suzume nicht wirklich eingreifen, was ihr eine durchaus versteifte Haltung einbrachte. Sich neben dem einzigen Mädchen, welche sie als Schützling an sich nahm, als Frau in einem Raum voller Männer zu behaupten, verlangte ihr nach den letzten Tagen doch noch einiges an Kraft ab. Umso erleichterter war die Schwarzhaarige, als sich diese etwas außer Kontrolle geratene Unterredung endlich auflöste. Bevor Suzume nun aber dem Ruf Shins folgte, um das Training nun doch endlich zu beginnen, hielt sie Lilly noch kurz an den Schultern zurück. „Lilly…“, leise war ihre Stimme, sie wollte nicht auffallen. Das Arbeitszimmer hatte sich bereits geleert, die Stimmen der Männer entfernten sich. „Mh?“, mit den bekannt großen Augen sah die Silberhaarige zu der Größeren empor, mit Fragen im Gesicht, die wohl unbeantwortet bleiben würden. Da Suzume doch noch gute zwei Köpfe größer war als das Mädchen vor ihr, lies sie sich im halben Kniefall vor Lilly hinab und legte ihre Hände, zögerlich aber bestimmt in ihrer Schwere, auf die Schultern des Mädchens. Kurz, ihre Gedanken sortierend, suchte Suzume den Boden ab, nach Worten suchend. „Du bist viel stärker als du glaubst. Nutze das Training mit Vale, ja? Nutze die Kraft dieses Schwertes… dein Bruder wäre sehr stolz auf dich.“, so war es an der Schwarzhaarigen, die die Kleinere nun an sich zog und in einer wärmlichen Umarmung ihren Abschied für den Moment kundtat.

      Im Laufschritt nun versuchend zur Gruppe aufzuschließen, erkannte die junge Frau bald, dass sie vor den Toren nach draußen nochmals Halt gemacht hatten. Suzume stolperte geräuschvoll die breiten Stufen hinab und wurde demnach mit einem tadelnden Blick von Shin gestraft, welchen sie aber nur mit einem beiläufigen, entschuldigenden Schulterzucken und einem unschuldigen Lächeln abtat. Sie konnte das Augenverdrehen seinerseits auch aus dieser Entfernung wahrnehmen und musste beinahe Schmunzeln, während sie sich, weiterhin den Laufschritt vollführend, ihren Mantel überwarf und hastig zuknöpfte. Beinahe etwas außer Atem, hatte sie sich nun neben Gaius eingefunden. So wartete die Truppe noch einen Moment, bis das Tor nach draußen aufgestoßen wurde und ihnen die gleißenden Strahlen der höher gewanderten Sonne entgegenschlugen. Nicht nur Suzume verzog ob der plötzlichen Helligkeit kurz das Gesicht. Sie konnte es auch bei den anderen wahrnehmen, Gaius hob sich sogar die Hand vor Augen. Gefolgt davon, umwob sogleich wieder die beißende Kälte der Anwesenden Beine und Wangen. Die junge Frau schlug sich die Kapuze über und nach weiteren Sekunden, setzte sich ihre kleine Gruppierung in Bewegung. Shin führte sie durch Alkaid, wo die Gruppe planlose Blicke erntete. Suzume erkannte das Getuschel, dass sich plötzlich durch die Mengen zog, vorgehaltenes Deuten mit dem Zeigefinger, Kinder, die hinter die Beine von ihren Eltern geschoben wurden… ein unliebsames Seufzen entkam ihr. Es klang beinahe mehr wie ein genervtes Ächzen. Dennoch stapften sie weiter, raus aus der Stadt und in Richtung der anliegenden Lande, die sich waldreich und dicht um die vorgeschobene Felsklippe drängten und den Strand um das dunkelblaue Meer säumten. Sie hatten Alkaid schon hinter sich gelassen, als Shin sie auf einen Pfad führte, der wohl von Unwissenden niemals gefunden werden hätte können. Sie machten halt vor einer engen Felsspalte, die sich als einzelne Öffnung einer Art Schieferplattenmauer auftat. Der Weißhaarige zwängte sich als erstes durch, danach folgte der Unbekannte, Gaius und schließlich war es an der Blauäugigen, ebenso den Schritt zu wagen. Sie waren nur etwas tiefer in den Wald vorgedrungen. Links und rechts türmten sich ob des dichten Geästes die Schneemassen. Irgendwo zwitscherte ein einsamer Vogel. Ansonsten umgab die junge Frau nur klirrende Kälte und Stille. Suzume atmete nochmals tief durch, starrte einen Moment auf den Felsspalt hinab und bückte sich dann, um sich selbst hindurch zu quetschen. Es dauerte eine Weile. Das Licht hinter ihr wurde spärlicher, bis es stockfinster um Suzume geworden war. Vorsichtig tastete sie sich voran. Im Moment kam es ihr nicht mal in den Sinn, ihre Kräfte zu benutzen. Zu angetan war sie von der plötzlichen magischen Kraft, die ihr entgegenströmte. Nicht weit vor ihr, tat sich ein bläulicher Schimmer auf, der sie wie hypnotisiert anzog. Ehe sich die Schwarzhaarige versah, tauchte sie unter einem Gestrüpp von Lianen, kleinen, dünnen Ästen und Efeuranken hindurch und fand sich in einer Welt wieder, die viel zu absonderlich erschien, als ob sie wahr sein konnte. Ein seltsamer, durchdringend blauer Schein durchzog wie Nebelschwaden die Umgebung. Vom Boden stiegen kleine leuchtende Punkte wie Wassertropfen empor, die schimmerten, glitzerten wie kleine Kristalle und sich in die Luft bewegten wie Glühwürmchen. Dort schwebten sie eine Weile und lösten sich dann auf, nur um sich wie pudriges Pulver, glühend auf die Blätter, Rinde und Blüten der umstehenden Natur zu legen. „Moment…“, schoss es der jungen Frau durch den Kopf. Blüten? Zu verzaubert von dem Erscheinen dieser verwunschenen Welt, hatte Suzume doch glatt übersehen, dass es hier keinen Schnee gab. Und auch die Temperatur war eine angenehme. Zu überrascht erschien sie wohl, als ein freundliches, aber drängendes Räuspern an ihre Ohren drang und sie mit großen Augen in die Gesichter der anderen wartenden Herren sah, die wohl ähnliches erlebt hatten und an ihrem Erstaunen nun Amüsanz fanden. „Gehen wir weiter…“, meinte dann der Weißhaarige. Shin machte einen Armwink und zeigte somit das Fortsetzen ihres Weges an.

      Ihr Weg zum Ahnenhort dauerte nicht mehr lange. Shin führte sie auf einem bereits ausgetreten Pfad der links und rechts immer wieder von kleinen Laternen auf Pfosten markiert wurde, sicher und wissend, durch den Wald, ehe sich am Horizont ein noch grelleres Leuchten auftat. Suzume versuchte wie ein neugieriges Kind auf Zehenspitzen einen besseren Blick zu verschaffen, wackelte von links nach rechts. Sie spürte wie stark die magische Energie bereits geworden war, doch war sie dabei wohl nicht die einzige, da auch die anderen sich an Kopf, Arme und Brustkorb fassten, als sie den Ursprungsort ihrer Macht in ihrem eigenen Körper spürten. Auch die Schwarzhaarige spürte ein ziehendes Brennen in ihrer Magengegend, dass sich pulsierend in ihren Extremitäten ausbreitete. Dantalion konnte die Macht dieses Ortes wohl auch fühlen und versuchte etwas von der Kraft zu erhaschen. „Wir sind da.“, erklang es dann von vorderster Front. Sich nebeneinanderstellend, erblickten die von den Urgeistern Gewählten nun den Ahnenhort. Ein See, so unberührt und spiegelglatt, erstreckte sich im breiten Umfang eines Kreises vor ihnen. Über die Oberfläche glitten silbrig, weiße Fäden, welche sich mit den aufsteigenden, glühenden Wassertropfen ein Wettrennen lieferten. Nebeneinander glitten sie auf den leuchtenden Baum zu, welcher die Mitte dieses verwunschenen Ortes darstellte. Dort, so schien es, sammelte sich die gesamte Kraft und all das Wissen der einst auf Erden wandelnden Personen. Ein stilles Staunen glitt durch die Runde. Selbst der Neuzugang schien imponiert, als Suzume ruhig ihren Blick gleiten lies. Einzig und allein Shins Züge waren von Ruhe und Ehrgefühl gezeichnet. „Hört gut zu. Hier erwartet euch eure erste Aufgabe… nach dem Überschreiten des Sees werdet ihr euch müde fühlen, erschöpft, benebelt… ihr werdet in Träume fallen, in die auch eure Urgeister gesperrt werden. Gemeinsam müsst ihr einen Ausweg finden, wer von euch beiden die Macht über euren Körper bekommt. Ihr, die ihr den Urgeist befehligen solltet. Oder der Urgeist, der euch wie eine Marionette an seinen Fäden zappeln lässt.“, Shins ruhige Stimme durchdrang die hypnotisierende Stille. Die Blicke aller waren auf ihn gerichtet, als er Teilnehmer für Teilnehmer fest in seinen Blick zog und als hätte er irgendeine Ahnung, dem Unbekannten seinen letzten Satz und Blick widmete. „Ihr werdet erst dann erwachen, falls es zu einer Einigung zwischen euch und dem Urgeist kommt. Lasst euch dafür Zeit, denn ein schlampiger Vertrag beinhaltet viele Schlupflöcher… und die gesamte Arbeit war umsonst.“, die plötzliche Ernsthaftigkeit in der Stimme des sonst so unbekümmert wirkenden jungen Herren, lies auch Suzumes Augenbrauen kurz empor zucken. Dennoch ging ein verstehendes Nicken durch die Runde. Die Züge des Lehrmeisters erhellten sich wieder. „Also… Beginnen wir.“

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Crystal Garden
      Es war dieser Ort, der aufstrebenden blauen Lichter, des azurblauen Waldes im Horizont schlicht weiter Bäume erblickend, durch welchen sie Shin führte, im Gewissen die Erinnerung tragend einst mit Mili der Hexe durch jenen geschritten zu sein um ihre eigene Prüfung durch seinen eigenen Augen wahrnehmen zu können, in der Zukunft selbst der Träger der Urgeister zu werden, dessen Plan in der Vergangenheit jedoch aufgrund der Ereignisse rund um das Damokles Schwert eine andere Richtung einschlugen. Im vollen Bewusstsein der zukünftigen Ereignisse, doch keine Achtung an seine Begleiter widmend und sie dem Dunkel überlassend, setzten sie ihren Weg fort, alsbald ein jeder für einen kurzen Moment seine Augen schloss und sich jeweils vollkommen allein inmitten des Waldes wiederfand. Einzig Shin war es der weiter voranschritt, den hinaufsteigenden blauen Punkten folgend, die ihn jenen Weg zeigten der zu seinem Ziel führen sollte. Ein azurblauer Baum, inmitten eines riesigen Kreisen, abgegrenzt vom Rande des Kristallwaldes. Als Shin seinen Weg gen Baum weiter verfolgte, spiegelte sich sein Äußeres im Wasser wieder, welches flach unter seinen Knöcheln verharrte und sich über die gesamte Fläche erstreckte. Am Baum angelangt, verfinsterte sich die Miene des Mannes jedoch als er ein bekanntes Gesicht erblickte. "Yoh.. Das war vielleicht ein abartiger Traum. Du wusstest davon.. nicht wahr, Meister? Ziemlich kalt, das Mädchen und den Ritter durch solch einen Alptraum zu schicken und ihnen jegliche Details zu verheimlichen." Der Schrecken des Todes, er war es der dort, mit einem angewinkelten und einen ausgestreckten Bein am Baum gelehnt saß, seinen Arm auf das Knie des gebeugten Beines gelehnt und mit einem finsteren Grinsen zum Gesicht des Mannes mit weißem Haar hinaufschauend, der lediglich mit seiner gewohnten freundlichen, doch zugleich verpeilt wirkendenden Mimik entgegnete. "Ich kann dir leider nicht ganz folgen. Mir war nicht bewusst was es mit diesem Wald auf sich hat." Der Schwarzhaarige streckte seine Hand, die zuvor noch auf seinem Knie lehnte, nach vorn und ließ in kurzen Abständen einen Finger nach dem anderen aus seinen Sichtfeld verschwinden, indem er die gestreckten Zeige-, Mittel-, Ringfinger und den Daumen beugte. Nach einer Weile beugte sich auch der kleine Finger und die zuvor gestreckte Hand ballte sich zu einer Faust, welches für einen kurzen Moment durch die Sicht Shins, das Gesicht seinen Gegenübers verdeckte doch danach durch ein kurzes Geräusch der aufkeimenden Freude in seinem Herzen in Form eines breiten Lächelns sichtbar wurde. "14 mal wurde ich in allen erdenklichen Weisen durch Vassago hingerichtet, kurz nachdem er meine verdorbenen Erinnerungen verzerrte und mich in den Wahnsinn zu treiben versuchte. Es war so aufregend, das mein Herz einfach nicht mehr aufhört vor Freude zu tanzen. Hee Meister, sag... Kann ich nochmal?"
      "Du bist wirklich eine abstoßende Kreatur..", entwich es Shin der mit einem abwertenden Gesichtsausdruck auf den Schrecken des Todes hinabblickte und eine enorme Art von Kühle in seiner Präsenz ausstrahlte. "Da ist sie wieder! Diese unglaubliche Aura, voller Hass und Mordlust! Warum versteckt ihr diese Art unter eurer langweiligen Maske, Meister? Ihr habt die absolute Kontrolle über Leben und Tod, keiner könnte euch aufhalten!"
      "..." Es entstanden keinerlei Worte aus dem Munde Shins dessen Blick weiterhin auf den Schwarzhaarigen verharrte, sich dann jedoch zur Seite abwandte. "Ich will es sehen! Ich will wissen woher euer ganzer Hass kommt, von woher sich eure ganze Mordlust aufgestaut hat! Was ist es, das ihr begehrt?"
      Die Lippen Shins bewegten sich, doch die Worte die er offenbarte gewährte er lediglich den Schrecken des Todes, verharrten an diesen Ort und sollten niemals an die Öffentlichkeit gelangen.

      Der Windgeist
      Es war nur einen kurzen Moment, in welchem Ich meine Augen schloss. Doch als meine Augenlider sich wieder zu öffnen begannen, befand ich mich an einen vollkommen anderen Ort. Nein, war dieser Ort ein anderer? Vor meinen Augen entpuppte sich ein weiteres Mal der Wald aus azurblauen Bäumen, zwar waren die blauen Kugeln verschwunden die uns zuvor umgaben, doch auch mit ihnen meine Weggefährten bisweilen sich in meiner zugewonnenen Einsamkeit schließlich ein Riss in einen der Bäume bildete, der sich über den gesamten Wald und alsbald der Luft, den Himmel, den Boden und meinem Körper zog. Alles begann zu splittern, der Wald aus Kristallen zu zerbarste, der Himmel wich einer endlosen Leere dahin, der Boden einen Sumpf aus schwarzer Masse der mich in den Abgrund zog, mir die Luft abschnürte, mich dem einsamen Tod durch des Ertrinkens übergab. Meine letzten Gedanken an Ausschnitte meiner Vergangenheit richtend, meinen letzten Atemzug der verzweifelnden Röcheln weichend, erwachte ich schließlich am einem Tisch aus diesem Alptraum und vernahm die Augen eines Blondhaarigen Mannes der mich schier anzustarren schien. "Sag mal Gaius, hörst du mir überhaupt zu?" Hinter dem Blondhaarigen Mann offenbarte sich eine bildhübsche Frau mit gelocktem braunen Haar, eine Schürze um ihr Kleid tragend, den Kochtopf in ihren Händen auf den Tisch hievend und ihre Strähnen die ihr ins Gesicht fielen über ihr Ohr streifend. Sofort vernahm ich das kleine Muttermal knapp unterhalb ihres rechten Mundwinkels, zumindest bis zu jenem Moment indem sie mir ein herzhaftes Lächeln schenkte. "Ist etwas?"
      "Gaius, du wirst dich doch wohl nicht in meine Kate verguckt haben?"
      "Liebling!", entwich es der jungen Frau entrüstet während sie sich aufrichtete und mein Blick sich gen ihres Bauches richtete, welcher eine Wölbung offenbarte. "Habt ihr euch schon einen Namen für das Kind überlegt?"
      Sprach ich diese Worte wirklich aus? Es waren meine Lippen die sich bewegten, doch in meinen Gedanken spielten sich ganz andere Sachen ab. Dies war lediglich ein Bild aus meiner Vergangenheit, mir gegenüber saß mein Kindheitsfreund, mein längster Gefährte mit dem ich gemeinsam im Ritterorden diente. Das Gesicht meines Blondhaarigen Gegenübers verbarg sich hinter seinen ineinander verschränkten Händen seiner auf den Tisch abgestützten Unterarme und seine braunen Augen fixierten mich ernst an. "Edwart?". entwich es mir verlegen, über den strengen Blick jenes Mannes sichtlich verwirrt, bis die Stimme Kates ein weiteres Mal ertönte, die inzwischen mit einer Holzkelle die Schüsseln der beiden befüllte. "Wir hatten gehofft das du unserem Kind einen Namen geben könntest." Der Blondhaarige nickte lediglich. Schnell offenbarte sich anhand meiner Kenntnisse unserer gemeinsamen Zeit zusammen die Erinnerung daran, wie unbeholfen er in manchen Situationen war und das Kate, diejenige war die schon seit unserer Kindheit stetig seine Gedanken aussprach, die er nicht in den richtigen Worten übermitteln konnte. "Das ist eine ziemlich große Verantwortung, habt ihr euch das auch sorgfältig überlegt?"
      "Haben wir... Wir würden dich gerne mehr in unsere Familie einbeziehen, schließlich bist du für uns wie ein Bruder." Mein Blick wandte sich betrübt zu Boden, vermutlich der Erinnerung nachgebend ein Bild aus der Vergangenheit meiner alten Familie zu sehen, meines Bruders der mir nacheiferte und in einer Schlacht um sein Leben kam, unserem Vater nacheifernd dem das gleiche Schicksal gebührte und unserer Mutter die bei der Geburt meines jüngeren Bruders ihr Leben gab. Es gab in meinen Leben lediglich die beiden, abgesehen von Edwarts Schwester, mit der Ich im späteren Verlauf meines Lebens eine engere Beziehung eingehen würde. 5 Jahre später saßen wir an denselben Tisch, an meiner Hose zog ein junges Mädchen, mit Schulterlangen blonden Haaren und einen Muttermal unter ihrer rechten Lippe, mir gegenüber Edwart dessen Haar nun kurz geschnitten war, sein Gesicht verziert von einigen Narben und einen Dreitagebart. Kate nahm das Mädchen, welches sich zuvor an mich geklammert hatte hoch und sah mit einem Lächeln zu mir hinab. "Sag Onkel Gaius gute Nacht!" "Gute Nacht!"
      "Gute Nacht, Dalia." Ein zaghaftes Lächeln entwich meinen Lippen während das Mädchen mir noch einmal zu wank und dabei ihre Augen rieb. "Gaius!", erneut den Blick zu Kate richtend, vernahm ich auch dieses Mal eine Wölbung und die nahende Ankunft eines zweiten Kindes, doch wandten sich meine Augen binnen weniger Sekunden zu Edwart der mir gegenüber etwas anzusprechen versuchte. "Mari und Du, ihr seid jetzt seit bereits 3 Jahren ein Paar. Denkst du nicht auch langsam daran diesen Job an den Nagel zu hängen und dich mit ihr zusammen zurückzuziehen? Dir ein Leben zu schaffen, in welchem es nicht ungewiss ist ob du den morgigen Tag aufgrund deiner Pflichten erleben wirst?"
      "Wovon sprichst du, Edwart. Hier in der Hauptstadt passieren lediglich schlichte Raubüberfälle, die nicht mal der Rede wert sind und vom Krieg ist nach der Formung des Zodiac Bundes kaum zu sprechen.." Edwarts Blick wandte sich ins Leere, der Richtung folgend in welche seine Frau zuvor noch einschlug. "Ich bin mir nicht sicher, doch irgendwie hab ich das ungute Gefühl das bald die Hölle auf Erden ausbrechen wird. Nenn es irgendwie siebter Sinn und halt mich meinetwegen für verrückt, doch ich glaube wir sollten uns aus dieser ganzen Sache raushalten. Außerdem gehen momentan die Gerüchte über einen Serienmörder um, der sich der Schrecken des Todes nennt und den Adel attackiert. Wir sind im Zentrum des Adels und unsere Pflicht ist es diese Leute zu beschützen.."
      Verwirrt über die Sinnesumwandlung meines besten Freundes, verbarg ich meine Überraschung hinter meiner flach geöffneten Hand und nahm die Mimik einer überlegenden Person an. "Weißt du, auch wenn es unser Traum war selbst einmal wie Kommandant Vale zu werden, werde ich mich nach unseren nächsten Auftrag zur Ruhe setzen und eine Handwerksstube eröffnen. Ich habe derweil meinen Kindern und meiner Frau gegenüber eine Verantwortung und meine größte Furcht ist es diese Verantwortung vollends durch mein Ableben auf meine Frau abzuwälzen."
      "Ich verstehe dich und ich hege gewiss keine Groll gegenüber deiner Entscheidung. Kommandant Vale gab uns den Auftrag das Hause Tanabe zu patrouillieren, welches mitunter zu den streng bewachtesten im ganzen Adelsviertel zählt. Dieser letzte Auftrag wird mit Sicherheit ein Kinderspiel!" Erleichtert seufzte mein Gegenüber auf und nickte. "Du hast Recht... Es wird ein Kinderspiel und danach ist alles vorbei."
      Donnergrollen und Regen offenbarten sich über meinem Haupt, in meinen Armen jenen leblosen Körper meines Blondhaarigen langjährigen Freundes haltend, die Fußspuren des Täters an meiner Seite vernehmend. "Verzeih mir, Edwart..", entwich es verbittert meinen Lippen bevor ich seinen Körper auf den Boden niederlegte und mich aus meinem Kniestand erhob. Ein Irrgarten aus Hecken erstreckte sich vor meinen Augen, durch dank der Spuren im Matsch war es mir möglich innerhalb weniger Zeit zum Mörder aufzuschließen, gelangte jedoch zu einer Sackgasse und sah mich vor Wut bebend um, die Hand im Anschlag um mein Schwert ziehen zu können. "Du wirst mir nicht entkommen!"
      Doch alsbald ich den Irrgarten ein weiteres Mal betreten wollte, offenbarte sich ein Windstoß der eine Luke hinter mir aufzudrücken schien. Messerscharfe Winde streiften an meinen Körper vorbei und fanden ihren Weg durch die Hecken, den gesamten Irrgarten zerfetzend, sodass schließlich nur noch ein Umfeld aus Blättern und Ästen entstand. "Kate?" Vor ihn entpuppte sich die Gestalt der Braunhaarigen Frau, deren Gestalt sich jedoch verzerrte. Ihre Arme wandelten sich in Flügel, ihre Haut löste sich ab und nahm die Form einer fast schon durchsichtigen grünen Aura an, schließlich zog sich die Aura über ihren gesamten Körper und ließ die Kreatur an Höhe zunehmen. Ein Flügelschlag genügte und der Kopf Gaius trennte sich von seinen Körper, dumpf auf den Blätterhaufen aufprallend, an Glanz in seinen Augen verlierend. Schwarze Kleidung ummantelte meinen Körper, rastlos und leer mein Blick zu Boden gerichtet, vor jener Tür stehend an welcher mich das junge Mädchen mit blonden Haaren erwartete, während Kate die Tür öffnete und schlagartig ihre Hände vor ihren Mund hielt während sich Tränen in ihren Augen bildeten. Windstöße ertönten mitsamt der Schreie der Frau und zerschnitten meinen Körper in Einzelteile. Eine Beerdigung, schlicht gehalten mit wenigen Personen, die Frau mit ihrer Tochter gehend, ihren Blick noch einmal kurz zu mir wendend während ich am Grab meines Freundes verharrte, meine Hand an den Grabstein lehnte doch meine Finger schließlich ihren Weg zum Boden fanden. Eine Frau an einem Strick befindlich baumelnd, kurz nachdem blonde Strähnen in der Nähe einer Seitengasse gefunden wurden, ein Streit mit einer Blondhaarigen erwachsenen Frau, die ihre Wegen aufgrund meiner Sucht nach Verdrängung durch betäubenden Getränken nicht mehr unterstützte und schließlich zu guter Letzt der deformierte Körper eines jungen Mannes, der vor mir lang, nachdem er in einen Hinterhalt geraten war. In jeder Szene tauchte die Gestalt vor mir auf und tötete mich, doch trotz der Schmerzen die verblieben, kam ich bei jedem Male zurück zu den Lebenden. "Was ist es das du willst?", entwich es meiner schwachen Stimme, den Bierkrug vor mir mit meiner Hand ergreifend während sich die grüne Gestalt erneut hinter mir hervorhob. In einer schnellen Drehbewegung warf Ich den Bierkrug in Richtung der grünen Gestalt die jenen mit einem Windstoß in der Mitte zersäbelte. "Wer bist du?!"
      "Ich bin Aiolos, der Urgeist des Windes, und ich bin hier deinen Tribut einzufordern, für jenen Wind den du suchtes, jenen Wind der dich leiten sollte bis zu diesem Moment. Deine Furcht war es hier zu stagnieren, in deiner Vergangenheit zu verharrten und dem Hass zu vergessen der dich zum Mörder deines Freundes führen sollte. Dein Körper ist mein, du sollst mir als Gefäß dienen um meinen Zorn über die Menschen auszubreiten!"
      Als mich erneut die Winde der Gestalt streiften, erwachte ich schlussendlich ohne auch nur ein Wort erwidern zu können aus meinen Schlaf und fand mich in einer Lache aus Wasser liegend wieder. Neben mir hockte Shin der mich mit einer Ohrfeige wach gerüttelt hatte und neben mir befand sich bisher noch schlafend die Schwarzhaarige Dame die uns begleitete. "Das ist genug für heute, ihr habt die Prüfung nicht bestanden!"
    • Der Feuerdämon

      Das Losschreiten der anderen vernehmend, bestritt auch Suzume den Gang über das flache Wasser. Nervös glitt ihr Blick von links nach rechts, versuchend eine Änderung in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Doch näher sie dem prachtvollen Baum inmitten des stillen Gewässers kam, umso entspannter fühlte sie sich, zugegebenermaßen. Ein düsteres, hämisches, bösartiges Lachen durchzog die stille Landschaft. „Ich werde dir den Weg nicht ebnen…“, schoss es ihr durch den Kopf. Sie kannte diese gröhlende, tiefe Stimme. Langsamer wurden ihre Schritte, ihre Füße zogen beinahe Schneisen hinter ihr her, als würde sie in Schlamm versinken. „Gib auf, Suzume…“, hallte es ihr von allen Seiten entgegen. Ihr Kopf fuhr herum. Woher…? „Wehr dich doch nicht noch immer dagegen…“, merklich angestrengt, begann die junge Frau zu keuchen, schleißiger wurde ihre sonst so aufrechte Haltung, bis sie, aufgrund der plötzlichen Erschöpfung die sie verspürte, dem bleischweren, unsichtbaren Gewichten auf ihren Schultern nachgebend, stoppen musste und ihren schmerzenden Körper mit beiden Armen auf ihren Oberschenkeln abstütze. Was passierte hier? Pochendem Kopfes besann sich die Schwarzhaarige eine Pause zu machen. Verharrte an Ort und Stelle und schloss die Augen, nur um einen tiefen Atemzug von der süßlich schmeckenden Luft um sie herum zu nehmen. Sie sog den Geruch der Blüten regelrecht in sich hinein. Doch durch das Ausatmen fühlte sich die junge Logos mit einem Mal sonderbar vitalisiert, aufgeweckt, frisch und neu gestärkt. Diese Kraft nutzend richtete sich ihr Körper gerade, Suzumes Augen öffneten sich und starrten auf eine weiße Oberfläche. Sie erstrahlte gleißend vor ihr, wenn man bedachte, dass sich der gesamte Raum um sie in eine schwarze, endlose Leere gewandelt hatte. Sie wollte sich fast die Hand vor ihre Augen halten, um die Umrisse dieser Erscheinung zu schärfen, doch gewöhnte sich ihr Blick nach nur wenigen Momenten an die Helligkeit und sie erkannte eine Tür, deren goldener Knauf ihr einladend entgegenstrahlte. Sich nochmal prüfend umsehend, sah sie keinen anderen Weg, als den durch die Tür, auch wenn diese so scheinbar dahinter wieder in das selbe Nichts führte, welches sie nun bereits umgab. Dennoch, hier verweilen würde ihr nicht helfen. So beschloss sie im selben Moment den Türknauf in die rechte Hand zu nehmen und mit forcierter Kraft nach rechts zu drehen, bis sie ein Klicken hören konnte und die Tür sich nach außen öffnen ließ. Zu Suzumes Überraschung erblickten ihre Augen einen großflächig, graumarmorierten Fließenboden, auf welchem schwach das orange-rote Licht von gewöhnlichem Kerzenschein flackerte. Ihr Kopf ruckte verständnislos etwas nach rechts empor, während ihre suspekten Augen nach wie vor auf den ihr so bekannten Untergrund sah. Sie erkannte diese Risse, die feinen schwarzen Linien, die sich durch das sandige Grau zogen. „Ah, Suzume… da bist du ja endlich. Trete doch ein.“, eine ihr fremde, männliche, menschliche Stimme erklang in den wohl weiten Räumen vor ihr und lies sie nun auch endlich aufblicken. Stumm formten der jungen Frau Lippen das eine Wort des Unglaubens. Ihre wasserblauen Augen wurden groß, als sie erkannte, wo sie war. Der hohe Raum, mit dem viel zu übertriebenen Kronleuchter an der golden bestuckten Decke, dessen Kristalle verräterisch glitzerten und klimperten… die festen, dunkelgrünen Brokatvorhänge, deren Enden sich aufgrund ihrer Länge am Boden aufbauschten und den Staub der Luft auffingen… die matt glänzenden, wandhohen Kastenfenster, verziert mit den seltensten Steinen zur Abbildung verschiedenster Blumen durch die Schönheit der Mosaikkunst… der muffige Geruch von Teppichen aus fernen Ländern, die goldenen Kerzenleuchter an den tapezierten Wänden… die ebenhölzernen Regale und Sekretären, die überquollen von Büchern, Mitbringsel, Waffen… Mahnmale, Schreine für das eigene, verwirkte Leben… und über dem alten, verstimmten Flügel ein protziges Familienbild… ein Ölgemälde auf gespanntem Lein… sie erkannte den goldenen Schein in den traurigen, hilflosen Augen des Mädchens überall heraus… die beiden, mittlerweile toten Hände der Erwachsenen, die sie seitlich wie einen Schatz flankierten und in den Schultern vergruben, als würden sie die junge Frau inmitten davon abhalten wollen, aus der gemalten Wahnsinnswelt auszubrechen. „Tee?“, erklang es wieder von der ihr fremden Stimme. So fasste Suzume sich zum ersten Mal, ließ ab davon, in einen Nachhall ihres früheren Zuhauses abzudriften und sah dem unbekannten Herren nun zum ersten Mal mit vollem Bewusstsein an. Seine großen, wartenden Augen strahlten ihr mit demselben Blau entgegen, welches auch in den ihren lag. „Ich bitte dich, Suzume. So lass doch die Türe endlich los und trete ein. Du scheinst ja beinahe erschrocken zu sein. Deswegen nochmal… Tee?“, ein melodisches Lachen lag in seiner Stimme, auch wenn es sichtlich nicht hörbar war. Langsam, sich nun endlich fassend, ließ Suzume den Türknauf los und trat in die Hallen des Hauses Tanabe. Fast schon zeitgleich, schlug die Tür hinter ihr zu… der Türknauf begann sich in eine schwarze, zähe Substanz zu wandeln und tropfte nun, unfähig das Tor nach außen erneut zu öffnen, an der weißen Fassade des Holzes hinab und kroch der jungen Frau lautlos an den Fingerkuppen empor. „Ich dachte mir, für unsere erste, richtige Unterredung wähle ich einen Körper, der dir… vielleicht… sympathischer wirkt…“, säuselnd, beinahe selbstverliebt gestikulierte der etwa zwei Meter große Herr mit dem Rubinroten Haar. Je näher Suzume ihm kam, desto deutlicher wurde seine Erscheinung - Er trug eine adrette, stoffene Uniform, in Rot und Schwarz, mit goldenen Knöpfen und einen edlen, silbernen Brustharnisch, verziert mit Bögen und Schlingen, die unbesprochen die Form von züngelnden Flammen darstellen sollten. Auf seinem Haupt gesellte sich zu der üppigen Haarpracht eine Krone, die nicht wie üblich auf dem Kopf thronte, sondern sich durch ein strammes Band an seinem Haupt zusammengehalten, links und rechts über seinen Ohren empor schlängelte. Die beiden standen sich nun einen Meter entfernt gegenüber. Die junge Frau stutze und musterte den Herren eindringlich… es war nicht so, dass sie ihn nicht zu kennen vermochte… und doch war ihr diese Erscheinung eine fremde. „Sympathischer als was?“, es war ihr ein Verlangen nicht schwach zu wirken, aber konnte Suzume das geringe Zittern in ihrer angespannten Stimme nicht überdecken. Das vorerst gesenkte Haupt zu einer lächelnden Grimasse verzogen, hörte die Schwarzhaarige ein leises Kichern aus seiner Richtung, während der ihr nach wie vor Unbekannte, Tee in eine fragil wirkende Tasse einschenkte. Er musste nichts sagen, um sie dazu zu bringen, sich nun zu setzen. Sie hatte es so gelernt, wurde darauf trainiert, als sie in diesem Hause wohnte, zu spuren und still zu sein, wenn der Tee serviert wurde. Das Kichern wurde mehr, entfachte sich zu einem regelrechten, belustigen Lachen. „Sympathischer als meine wahre Form... die, die dir innewohnt…“, das Schmunzeln in seiner Stimme war kaum zu überhören, doch richtete sich der so scheinbar junge Mann nun vor ihr auf. Das eisige Blau in seinen Augen blitzte ihr schneidend entgegen, als sich beider Blicke wieder trafen. „Ich darf mich dir also vorstellen. Mein Name ist Dantalion. Urgeist des Feuers.“


      Suzumes Züge verhärteten sich. Eine leise Ahnung hatte sie bereits, was sie hier erwarten könnte… als könnte sie sich nicht daran erinnern, warum genau sie eigentlich hier war, lies sie ihre Augenbrauen nachdenklich zusammenziehen, gleichzeitig den Blick abwenden. „Überrascht?“, der Geist ließ sich mit einem süffisanten Grinsen vor ihr an dem runden Tisch nieder, fuhr sich mit einer seiner großen Hände durch die Haare und griff mit der anderen nach der Tasse. „Ich hoffe dir schmeckt die süßliche Note von Jasmin… ich persönlich hatte zu meinen Lebzeiten diese wundersame Pflanze immer gern in meinem Tee.“, er nahm schlürfend einen Schluck und die junge Frau ertappte sich dabei, wie sie gebannte auf sein Antlitz starrte und es ihm gleichtat. „Ah, herrlich. Du musst wissen, ich habe immer Tee getrunken, wenn ich mich auf ein ernstes Gespräch vorbereiten musste. Es beruhigte meine Nerven und veranlasste mich dazu, meinem Gegenüber vielleicht doch eine Chance zu geben.“, wie er sinnierte… und konnte dabei so schwerelos zu gestikulieren, als würde seine immense Gestalt nur aus Luft bestehen. „Du bist so ruhig… hat es dir denn die Sprache verschlagen?“, so traf die Schwarzhaarige wieder dieser beißende Blick aus dem stahlblau ihrer… nein seiner Augen. Suzume schluckte. Starrte ihm entgegen, auf das erzwungene Lächeln auf seinen rosigen Lippen, welches sich mit einmal verzog und eine wütende Grimasse preisgab. Mit gefletschten Zähnen spie er ihr entgegen und knallte die gefüllte Tasse mit voller Wucht auf den Boden, welche in tausend Teile zerbarst. „Ich… REDE MIT DIR, ANORIA!“. Ihr zierlicher Körper zuckte zusammen, lies selbst den goldenen Henkel der Tulpenkopfförmigen Tasse aus. Vor ihrem Gesicht baumelten goldene Locken hinab. Dieser Anblick ließ sie erstarren. „Du bringst dich permanent in Schwierigkeiten… du hörst nicht auf das, was deine Mutter und ich dir sagen… bestiehlst uns, belügst uns…“, ihre mit Tränen gefüllten Augen waren demütig auf den von Wut überspannten Körper ihres „Vaters“ gerichtet, der nervös vor ihr hin und her lief, seine zornige Stimme nur mit Müh und Not unter Kontrolle hielt und ihre Missetaten an ausgestreckten Fingern abzählte. „Und zu guter Letzt, beschämst du mich und deine Mutter bis auf Mark und Bein, indem du das Verlobungsangebot des Botschafters und seines Sohnes Corvin ausschlägst. Er wäre eine gute Partie gewesen! Wieso Anoria?! Wir geben tagtäglich das Beste für dich und du-!“„Das Beste?! Wann hattet ihr denn endlich mal vor, nach dem zu fragen was ICH WILL?! Corvin war an dieser Ehe so wenig interessiert wie ich! Es war der Botschafter selbst, der mich wollte! Hast du seine Blicke nicht bemerkt, Vater?! Und die meinen?! Wäre es nur bei diesen ge-!“, weiter kam die junge Frau nicht, am Speien ihrer Hasstirade, als sich ein schallendes Klatschen in den Räumlichkeiten ausbreitete und sie vom Stuhl auf den kalten Boden beförderte. Ein unterdrücktes Schluchzen entkam ihr. „WAGE… es nicht nun auch noch die Bemitleidenswerte zu spielen. Wir verlangen so wenig von dir. Hättest du doch nur einmal das getan, was von dir im Moment verlangt wird. Du bist eine Enttäuschung… niemand kann sich auf dich verlassen… du denkst nur an dich selbst und wie du am besten aus der Situation entkommst… Feigling… verachtenswertes Miststück… du bleibst eingesperrt, solange bis du einsiehst, wie eine Tochter des Stadthalters sich zu verhalten hat…“, erbarmungslos mächtig und unbrechbar türmte sich die Silhouette ihres Vaters vor ihr auf, wollte sie gerade an den Haaren packen, als Dantalions Stimme wieder die Situation durchbrach. „Nana, wer wird den gleich…“, Suzumes tränennasse Augen starrten hinter dem vorgehaltenen Arm hervor, auf den jungen Herren, der unbekümmerten Wesens seine Beine auf dem Tisch übereinandergeschlagen hatte und demonstrativ an seinem Tee nippte. „Was…“, verwirrt rappelte sich die junge Frau empor. „Hm… ich mag diese Erinnerung … auch wenn ich sie etwas ausgeschmückt habe… sie war mir etwas zu… unspektakulär…“, als hätte man ihm ein fauliges Ei vor die Nase gehalten, so ungehalten ließ Dantalion seine Langeweile auf seinem Gesicht erkennen. „Aber jetzt weiß ich ja auch, warum du nicht reden wolltest zuvor… dein Vater war ja ein richtiges Monster… vielleicht wählen wir für unser Gespräch ein anderes Szenario…“, erfreut über seinen Einfall, lächelte der Rothaarige ihr entgegen und machte mit seiner rechten Hand eine Bewegung, als würde er eine Seite in einem Buch umblättern. "??!"

      Starker Wind kam auf, beinahe ein Sturm, welcher die Farben der Umgebung in sich vermischen lies und eine völlig neue Umgebung formte, einzig und allein der Tisch blieb derselbe. Der muffige Geruch verschwand und wich etwas Sonderbarem… Die Farben ordneten sich in tiefes Grün, Grau und Schwarz. Suzume fand sich in einem tiefen Wald wieder, wo neben den tümlichen Gerüchen nach Pilzen, Tau, Borke und Harz etwas anderes in der Luft hing. „Wo sind wir?“, skeptisch ließ die junge Frau ihren Blick herumstreifen. Suzume konnte nicht anders, als ihre Verwirrung in Gesicht und Körper zu offenbaren. Nichts von dem was hier passierte, schien für sie Sinn zu machen. Alles war so... surreal. Sie verspürte ein ungutes Drücken auf ihrer Lunge und ihre Nackenhaare sträubten sich, als ein süßlich, verbrannter Geruch ihre Nase streifte. „Oh, stimmt ja… das kannst du nicht wissen… deine Erinnerung wurde dir genommen… aber gut, dass du mich hast, nicht wahr?“, Dantalion erhob sich galant von dem für ihn viel zu klein wirkenden Stuhl und schritt in ihre Richtung. Während er seine Arme am Rücken verschränkte, flog die Landschaft wieder kurz an ihnen vorbei und stoppte vor einer Lichtgestalt, die vor einem verkohlten Klumpen hockte. Hinter der Gestalt, die so eindeutig die Umrisse von einer jungen Frau hatte, stand ein ihr bekannteres Gesicht. Es war Ren, der eine Pistole auf sie richtete, mit Schmerz in den Augen. Und die Gestalt war sie. Und die verkohlten Reste… ein Mensch. „Es tut mir Leid… Suzu, du bist eine solche Gefahr für dich und alle anderen… verzeih mir…“, mit diesen Worten drückte Ren ab und lies sie, damals Anoria, zur Seite kippen. Fassungslos starrte Suzume auf den verbrannten Körper hinab, hörte die Worte Rens in ihren Ohren… „Hm… wobei…“, der Rothaarige tippte sich nachdenklich auf sein Kinn und verdrehte die Augen. „Hier bin nicht ich der Verursacher deiner Schandtat… diese zweite Alchemie die sich in dir Zuflucht fand, unterdrückte mich … wie ein Stein der einen Korken unter Wasser zieht… diese verdammte Hexe und ihr wandelnder Geist…“, ein Zischen entkam ihm. „Nichts desto trotz... deine große Liebe, die dich verrät? Das hätte er nicht tun sollen... niemals hätte er dir die Wahrheit verwehren sollen... nicht wahr? Na dann … sehen wir uns was anderes an meine Liebe…“, wieder trat er näher, seine Stimme fiel in ihrer Höhe, kaum merklich, aber doch so weit, dass es der jungen Frau einen Schauer über den Rücken hinabschickte. Sie merkte, wie sie nebenbei willenlos nickte, der Meinung des Größeren zustimmte, ohne zu hinterfragen. Die Szenerie wandelte sich erneut… Es war ein Moment aus dem Waisenhaus, wo sie, als Kind, zusammengekauert in einer Ecke saß, die Arme über dem kleinen Haupt verschränkt. Rund um sie, andere Kinder. Ihre Finger in die Richtung Suzumes gestreckt. „Du bist hier die Verrückte!“ „Seht sie euch an mit diesen komischen schwarzen Haaren!“„Du gehörst hier nicht her!“„Ja, genau! Du bist ein… ein Freak!“. Die Bande von Mädchen und Burschen fielen gemeinsam höhnisch lachend in einen Chor aus. „Freak! Freak! Freak! Freak!“, solange, bis Suzume es nicht mehr aushielt, aufsprang und mit einem zornigen Schrei eine Feuerwelle in die Richtung der Gruppe sendete. Quitschende Schreie erfüllten den Raum, eines der Kinder begann zu weinen, als es auf der Flucht vor ihr stolperte. „ICH BIN KEIN FREAK!“, schrie das kleine Mädchen ihnen hinterher und fiel dann selbst schluchzend auf die Knie hinab…

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Der Feuerdämon - Teil 2


      „Kinder können grausam sein… aber ich… ich hab dich nie verlassen, ich habe dich nie ausgestoßen… Nicht wahr? Ich war immer an deiner Seite… habe dich unterstützt… egal gegen wen...“
      , den letzten Abstand durch seine mitfühlende Art und Weise überbrückend, wechselte Dantalion wieder Zeit und Raum. Bald fand sich das ungleiche Paar auf dem Deck des Luftschiffes wieder, wo sie Van Zephyr niederstreckte. Die Lichtgestalt Anoria, welche bereits Zugriff hatte auf das Potential des Feuers, unbarmherzig und willenlos die Nemesis besiegend. Doch wieder… etwas war anders… „ICH BITTE DICH! HAB ERBARMEN! OH GOTT! DU … DU VERBRENNST MICH! WELCHES MONSTER HAT DICH GESCHAFFEN?! AAARGH!! NEIN… NEIN! DU BIST DAS MONSTER! DU ALLEIN BIST ES, DU ALLEIN DIE DIESEN WEG GEWÄHLT HAT, ALLES UND JEDEN DER SICH IHR IN DEN WEG STELLT ZU VERNICHTEN! M-MEINE HAUT! LASS AB VON MIR, SCHEUßAL!“, perplex beobachtete Suzume wie der damals im Schreie besiegte Van Zephyr ihr nun widerliche Wörter, die grausame Wahrheit entgegenschleuderte. „Das… das bin nicht ich…“, stotterte die Schwarzhaarige hervor, erbleichter als zuvor. „Mh, natürlich. Und ich kann dir gar nicht sagen, wie gut es sich anfühlte, als du mich zum ersten Mal richtig beschworen hast. Siehst du das? Dieser schwarze Schein, der dich umschloss… hättest du mir noch mehr gegeben in diesem Moment, wären wir gar nicht an diesem Punkt heute…“, hinter sie tretend, platzierte Dantalion seine Hände sachte auf ihren Schultern. Mit einem seiner langen Fingerglieder schob er ein Stück ihres Hemdes beiseite und erblickte die schwarzen Linien, die sich langsam an ihr hocharbeiteten. Er hatte sie da, wo er sie wollte. Ein schmieriges Lächeln überzog sein Antlitz und er beugte sich hinab, nur um ihr leise ins Ohr zu flüstern. „Aber, sei es wie es sei…“ - „… um ihn ist es nicht schade.“, beendete Suzume seinen Satz, ein Aufleuchten in den vier blauen Augen hervorbringend. Wieder verwischte alles zu einem verronnenen Bild und manifestierte sich als jener Abend, der ihr ihre Identität klaute. Sie standen inmitten des Schlachtfeldes von Canard. Um sie herum loderte das Feuer. Es schlug ungebändigt aus Häuserdächern, züngelte funkensprühend aus am Boden liegenden Balken empor, sengte als glosender Strich die wenigen Grashalme zu grauer Asche nieder, die auch wie Schnee vom Himmel fiel… rundherum schmückten Schreie das Knistern und Fauchen der Urgewalt aus. Menschen, Bewohner, Freunde… alle flüchteten sie… vor der einfallenden Armee… und vor ihr… wie sie so ungebändigt durch die Straßen lief, diesen viel zu ungefestigten Zustand ihrerselbst auf die Welt losließ, blind vor Wut ihre flammenden Wellen, Säulen und Sphären in jegliche Richtung schickend, egal ob Freund oder Feind. Dabei ein selbstgefälliges Lächeln auf den Lippen… „SUZUME!“, ein ferner Schrei, eine bekannte Stimme ließ sie innehalten. Die Hände zu flammenden Fäusten geballt, in einer ihre Lanze halten. Ihre Haarspitzen erglühten rötlich, das Orange stob in ihren Augen wie Lava. Ein bekanntes Gesicht erschien zwischen den Trümmern der Stadt der Revolution. „GEH MIR AUS DEM WEG, REN!“, schrie sie dem Schwarzhaarigen entgegen. Alles an ihr erschien verzerrt. „Niemand wird mich aufhalten! Diese Fehler, all das hier, das ist meine Schuld ja, aber ich mach´s wieder gut! Siehst du! Sieh dich um! Ren, sieh her!“, manisch auflachend, schnell nickend, zeigte ihre verzerrte Erinnerung ihr einen Ablauf, der nicht so passiert war. „Ich werde einfach alle…“, sie erstach einen vorbeilaufenden Eindringling, mit der Lanze. „… die sich mir…“, ihre flammende Hand umschloss die Kehle einer Frau und erdrosselte sie am Fleck. „… in den Weg stellen…“, Suzume lies ihre Lanze rotieren und erschlug eine weitere wahllose Person. „… töten.“, so war ihr wahnsinniges Grinsen wieder auf Ren gerichtet. So sammelte sie ihre gesamte Energie und schickte eine fauchende Feuersäule in die Richtung des Schwarzhaarigen, der sie zwar abblockte. „WAS WILLST DU NOCH MACHEN, MADE?! ICH ALLEIN WERDE DAS SCHLECHTE AUSMERZEN! ICH. BIN. DIE HERRSCHERIN! ICH BIN DAS MENSCH GEWORDENE ÜBEL! MEINE KRAFT ÜBERTRUMPFT EUCH ALLE! ICH BIN UNFEHLBAR! ICH BIN …!“, dem Wahnsinn verfallend erkannte sie sich selbst davonlaufend, das irre Lachen durch die schmerzerfüllte Luft schickend.

      Realität und Wahrheit nicht mehr auseinanderhalten könnend, verdrängte die Schwarzhaarige die Tatsache wie dieser Abend, wie alle Szenerien, wirklich abgelaufen sind und war fasziniert davon, was sie zustande gebracht hatte. Suzume hörte ein tiefes Seufzen hinter ihr. „Wie es mich schmerzt, dass du mir einfach nicht die Kontrolle übergeben möchtest… ich könnte so viel mehr in dir hervorbringen, als du es alleine schaffen würdest… wir beide gemeinsam, wir würden die Welt beherrschen, meine Liebe. Stell es dir einfach vor… du, an meiner Seite… als Herrscherin meines eigenen kleinen Königreiches… stets fähig, diese Kraft zu benutzen.“, es war nicht mehr als ein beinahe verliebtes Säuseln, dass die Kehle des Urgeistes verlies. Kurz breitete sich ein böses Lächeln auf den Lippen der Schwarzhaarigen aus, den Atem des Dämons an ihrem Hals spürend. Ihre Lider flatterten. Leicht legte sich ihr Schopf in den Nacken. „Aber würdest dann nicht du mich benutzen…?“, entkam es der jungen Frau leise. Ach, wie kurz sie davorstand, seinem Charme zu erliegen… „Oh, nein… du wärst meine Gefährtin… meine wunderschöne, mächtige, willenlose Puppe…“, so gut er im Lügen war, es war die Arroganz die aus ihm sprach und ihr im Endeffekt doch noch ihre eigentliche Aufgabe präsentiert. So erstarb das Lächeln, Suzume kehrte ins Bewusstsein zurück und schüttelte energisch den Kopf. „Nein…“, hastig trat sie weg von ihm. „Nein? … NEIN?!“, doch packte er sie am Handgelenk und zog sie wieder näher an sich. „Wer glaubst du, wärst du ohne mich?! Glaubst du, du hättest nach deiner Geburt auch nur einen Moment überlebt?! Ohne mich, wärst du noch im Bauch deiner Mutter hilflos verreckt!“, über das satte Rot seiner Haare spannte sich eine kühle Bläue. „Warum… warum zeigst du mir dann das alles?! DAS BIN NICHT ICH!“, sich aus seinen Fängen befreien wollend, schrie sie dem Dämon entgegen. „Weil all das ohne meine Hilfe nie möglich gewesen wäre, du dummes Balg! Niemals hättest du den Mut gehabt, von deinen dich missbrauchenden Eltern zu lösen! Sage nicht, du hättest niemals Hand an einen Menschen gelegt und ihn verletzen wollen! Du bist nicht friedliebend Suzume! Denk an sie, den Wächter in eurem Haus, den Söldner im Wald… ICH erst habe es zustande gebracht, dass du Wurm dich endlich gegen das Übel der Welt auflehnst und SELBST zu einem der mächtigsten Wesen hier wirst! Ein jeder hatte recht bei dem, was er dir an den Kopf geworfen hätte! Du bist ein bemitleidenswerter Unfall, der das Leben als solches nicht verdient hat! Schwächlich, dümmlich, nur durch Zufälle vom Sterben abgehalten! Ein zügelloses Monster, das nicht weiß, wie es meine Macht nutzen kann! Ein verkorkstes, hilfloses Mädchen, dass die Welt nur durch Schmerz erblickte und nur durch Schmerz verlassen wird! WER WÄRST DU SCHON GEWORDEN OHNE MICH?! Ich habe dich nicht aus Mitleid so lange leben lassen, sondern weil ich hoffte, dich mir irgendwann einzuverleiben, dich aufzufressen wie ein Parasit seinen Wirt! ICH BIN DER WAHRE HELD IN DER GESCHICHTE! Nicht du, nicht dieser vermaledeite Ren, der deinen Selbstwert so ekelhaft stärkte… SONDERN ICH!“, mehr und mehr umwoben die schwarzen Schatten das schöne Gesicht des Urgeistes. „Und sprich nicht davon, dass all diese Tode nicht du zu verantworten hast! Sprich nicht davon, dass diese Frau die du sahst nicht du bist! Ich gab dir das Werkzeug, meine Kräfte! Aber was du mit ihnen anstellst, war ganz allein deine Sache! Und du hast dich entschieden zu töten! Und Van Zephyr… er war nur ein kleiner Fleck auf der Landkarte deiner Opfer! Jeden den du in Red Christmas auf dem Gewissen hast, war dein Werk! Ich sah ihn dir wirkliches Potential! Ich dachte meine Wahl wäre die richtige gewesen! WIE SEHR MAN SICH DOCH IRREN KANN! Ich sagte damals, ich werde dich vernichten, würde ich Schwäche in deinen Adern entdecken! HIER SIND WIR ALSO!“, es war sinnlos gegen ihn aufzulehnen, hatte er sie bereits mit beiden Händen an den Oberarmen gepackt und in die Luft gehoben. Sein Äußeres wandelte sich langsam aber stetig zu seiner eigentlichen Form zurück. Die Porzellanweiß gefärbte Haut brach auseinander und offenbarte das schwarz-rote Glühen unter der perfekten Oberfläche. Das von Angst und Wut zerfurchte Gesicht der Schwarzhaarigen warf Schweißperlen unter der Hitze, die aus dem inneren des Körpers austrat. „FAHR ZUR HÖLLE! ICH WOLLTE DICH NIE IN MEINEM LEBEN!“, brüllte sie der wachsenden Dämonengestalt entgegen, alsbald dieser sein halb menschliches, halb drachenartiges Maul aufriss und seine scharfkantigen Zähne hinabfahren lies um ihr ihr Haupt vom Rumpf zu reißen… just in diesem Moment, wurde sie an den Schultern empor gerissen. Gelähmt vor Schock, verharrte sie wenige Sekunden in dieser Starre, ehe sie erkannte, wer vor ihr saß. Die grauen Augen Shins suchten sich einen Weg in ihre Aufmerksamkeit und wurden mit stockendem Atem beantwortet. „Du… du hast die Prüfung nicht bestanden…“, auch wenn Suzume verstand, was es hieß, so blieb sie in Hilflosigkeit am Platz zurück, als sich die Hände des Lehrmeisters von ihren Schultern lösten. Mit Leere im Blick starrte sie am Blick Shins vorbei, auf einen Punkt, der nicht gefunden werden konnte. „Suzume?“

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die Gruppe um Suzume

      „Ya Ho, Mister Soldat und Schwächliches Fräulein Nummer 2. Sieht so aus als hättet ihr beide die Prüfung nicht bestanden, zwar keine Überraschung, doch bemitleidenswert allemal!“

      Ein schelmisches Grinsen legte sich um die Lippen des Schwarzhaarigen Mannes, der noch immer an den Baum gelehnt, doch nun im Schneidersitz verharrte. „Heh Heh, wie sieht es aus? Wollt ihr vielleicht einen Tipp haben wie ihr die Prüfung beim nächsten Mal bestehen könnte? Ihr müsst mir dafür nur versprechen danach alles zu tun was ich euch sage!“
      Gaius hatte sich inzwischen aufgerappelt, während Shin noch immer versuchte Suzume zur Besinnung zu bringen. „Ich lehne ab..“, entwich es den Braunhaarigen Mann mit Dreitagebart schlicht, während er seine Klamotten abstreifte doch zu seiner Überraschung keinerlei Nässe in ihnen vernahm. „Ahh, komm schon! Meine Befehle sind wirklich nicht die Welt, selbst inkompetente Typen wie du könnten sie schon irgendwie ausführen! Sei`s drum, ich bin heute gut gelaunt und verrate euch dennoch, wie ihr die Prüfung ganz einfach bestehen könnt. Schließlich haltet ihr mich sonst davon ab, an der nächsten Prüfung teilzunehmen! Also, seid still und hört mir genau zu!“ Die tiefroten Augen verloren an Glanz, das Grinsen verformte sich zu einem finster wirkendem Lächeln und die Stimme des Mannes wurde tiefer. „Ihr müsst damit aufhören vergeudete Reue zu zeigen, und den Unrat aus eurer Vergangenheit vernichten! Seid ihr nicht anfällig gegenüber eurer Ängste, eurer Taten und eurer verlorenen Dinge, gibt es Nichts was man euch vorwerfen könnte um euren Geist zu brechen. Seid euch stets selbst immer am Wichtigsten, denn im Endeffekt sollte es so sein: Ich bin der Jäger und ihr seid meine Opfer, also genießt euer Leben mit verschlossenen Augen, bis ihr meine Stimme hört und euer Ende naht. Ich meine, welchen Sinn hätte es die Augen zu öffnen um etwas in einer Welt zu bewegen, die ohnehin dem Untergang geweiht ist? Erkennt eure Machtlosigkeit an, anstatt dagegen anzukämpfen um euch beweisen zu wollen, dann haben die Urgeister sicher mit euch Mitleid und gewähren euch einen Teil eurer armseligen Existenz!“
      Gaius blieb zwar gelassen, doch bevor er etwas dazu erwidern konnte, lösten sich die Worte aus dem Mund Shins und ließen das diabolische Lächeln verklingen. „Das reicht!“
      Mit ungewohnt ernstem Tonfall, handelte er sich den überraschten Blick Gaius ein, bevor er Suzume, die sich noch immer in Trance zu befinden schien, schulterte und damit versuchte sie zum Aufstehen anzuregen. „Hilf mir mal!“
      „In Ordnung, Meister!“, trotz der noch zuvor gefallenen abwertenden Worte der Frau gegenüber, ging der Schwarzhaarige zur gegenüberliegenden Seite Suzumes und legte ebenfalls einen ihrer Arme um seine Schulter. „Wir schaffen sie hier raus, sie scheint noch immer von den Pollen betroffen zu sein! Irgendwas ist bei ihrem Übergang zur Realität schief gelaufen...“
      Shin und der Schwarzhaarige begaben sich in Bewegung, dicht gefolgt von Gaius der dabei zusah wie die beiden mit Suzume in der Mitte durch das seichte Wasser torkelten. „Pollen?“
      „Ja, Pollen. Diese azurblauen Lichter die ihr seid unserer Ankunft im Kristallgarten eingeatmet hat, dienten der erhöhten Produktionsbildung eures Stigmas im Körper. Die erhöhte Stigmabildung führte zu einem Mini Imagine Breaker, deren fatale Folgen jedoch von der Barriere des Baumes abgewandt und auf euren Körper selbst übertragen wurde. Anstatt der normalen Explosion eurer Kräfte beim Imagine Breaker, implodierte das Stigma und versetzte euren Körper in einen Schockzustand der es ermöglichte den Urgeistern die Kontrolle zu übergeben. Da dieser Ort jedoch nicht für Geister geschaffen ist, obgleich wie mächtig sie auch sein mögen, war es ihnen hingegen nicht möglich eure Körper zu übernehmen, weshalb sie versuchten eure Psyche zu brechen. Die Möglichkeit besteht das Suzume von Dantalion übernommen wurde und deshalb nicht aufwacht, macht euch also darauf gefasst im sofortigen Fall von ihr attackiert zu werden, sobald wir den Wald verlassen haben!“
      „Wäre es nicht sinnvoll sie hier und jetzt zu töten?“, entwich es dem Schwarzhaarigen mit einem schlichten Schulterzucken während Shin mit dem Kopf schüttelte. „Zum einen ist es nicht sicher ob Suzume wirklich von Dantalion übernommen wurde, oder ob ihr Körper lediglich nicht mit den Folgen der Pollen klarkommt. Es gibt Fälle in denen der Körper recht anfällig gegenüber der Pollen wirkt, fast schon wie eine Allergische Reaktion in welcher der Austritt aus dem Imagine Breaker oder eher gesagt die Degeneration des überhäuften Stigmas nicht so vonstatten geht wie es sein sollte. Der andere Grund ist: Die Kraft des Baumes wirkt nur an Lebewesen und insofern Suzume ihr Leben verlieren würde, wäre es ihrem Körper nicht möglich sie instinktiv weiter inne zu halten und die geballte Ladung würde nicht nur den Wald, sondern auch uns mit ihm zusammen vernichten. Urgeister sind wie Götter, ihre Kräfte entziehen sich dem Verständnis unserer Gattung und auch wenn unsere Körper im Endeffekt nur soviel Kraft antasten können, wie unser Körper und unser Stigma vertragen, könnte der Ausstoß des gesamten Volumens stark genug sein um ein gesamtes Land, nein vermutlich sogar ein Drittel der gesamten oder im schlimmsten Fall sogar die gesamte Welt zu zerstören.“
      „Unglaublich!“ ,entwich es den Schwarzhaarigen mit einem funkeln in den Augen, während sein Blick sich zu Shin wandte. „Damit wäre Ich also stark genug einen Drittel der Welt zu zerstören, wenn ich im Vollbesitz meiner Kräfte sterben sollte?“
      „Wie abstoßend... Sich überhaupt über so etwas Gedanken zu machen..“
      Shin seufzte und schüttelte lediglich mit dem Kopf. „Du missverstehst die Sache gewaltig, der Baum selbst wirkt hier als Art Amplifikation deiner Macht und nur dadurch besteht die Möglichkeit die volle Stärke der Urgeister zu entfesseln. Ohne die Implodierung, die der Baum in dir hervor ruft, wäre des Ausmaß der Zerstörung abhängig von deiner eigenen Stigma Kapazität und die Folgen wären im Endeffekt schlimm, doch weitaus nicht so gefährlich wie die Vernichtung mehrerer Kontinente.“
      „Wie langweilig..“, entwich es den Schwarzhaarigen noch während sie das Ende des Waldes erreichten und der Übergang der kristallblauen Bäume zur weiten grünen Wiese erfolgte. Sobald sie die Schwelle übertreten hatten, ließen sie Suzume lediglich zu Boden sacken und machten alle einen Satz nach hinten, in Kampfstellungen übergehend, darauf wartend das etwas passierte.


      Die Gruppe um Lily

      Eisige Kälte, den Körper ummantelnd der sich unter der bräunlichen Kutte des Jungen zu verbergen schien. Seine Arme fest um seinen Körper umschlungen, sich reibend, im verzweifelten Versuch die Wärme zu halten um im Schneesturm voranzukommen, die Kälte anhand einer weißen Wolke aus seinen Lippen ausstoßend, die Röte in seinem Gesicht der Temperatur geschuldet unter der Schwärze die der geworfene Schatten verdeckte. Krgh, Krgh, das Knirschen der Stiefel im Schnee, im leisen Ton zu vernehmen, den lauten Schall des Windes durchdringend in einer endlosen Wüste aus weißer Farbe dem ihn vorgegebenen Weg folgend, mitsamt seiner roten Augen die Stadt aus Eis erblickend. Erst ein Funkeln, dann die Tränen die ihren Weg seinen Augenrändern entlang über die Wangen wanderten um auf den erbarmungslosen, leisen Tod zu verenden, welcher unter seinen Füßen lauernd verweilte. Eine grazile Dame, in roter Gestalt ihren Rücken den Jungen zugewandt, ihr Gesicht jedoch nach einer halben Drehung ihm gewidmet, voller Trauer der begangenen Taten, wie ein Engel mit kristallenen Flügel und heiligen Schleiern umwoben im Himmel verweilend über den zu Eis erstarrten menschlichen Skulpturen schwebend. Die Flügel gestutzt, die Schleier verworren, das Eis den Flammen dahin weichend, dem stillen Bild des Jungen im Kniefall gewidmet welcher stimmlos einen Schrei in die Welt auszusenden schien.

      Aus dem Albtraum erwachend, öffneten sich jene roten Augen Logi´s der auf seinem Bett in seinem Gemach zu sich kam und eine seiner Maiden an seiner Seite sitzen vernahm. Sie hatte auf einem Stuhl geruht, ihr Oberkörper war auf sein Bett gefallen, doch ihr Name war Emilia und ihre Dasein von weit größerer Bedeutung für ihn, als es bedürfte. Sich die Schweißperlen von der Stirn wischend, seine zerzausten Haare richtend und der Besorgnis in seinem Augen einen leichten Schmunzeln weichend, ließ er es sich nicht nehmen seine Hand sorgsam auf den Kopf der jungen Dame abzulegen, die aus ihren Schlaf erwachte und verträumt zu ihn aufsah. Aufgeschreckt erhob sich die Dame mit braunen, wellenartigen Haar, verbeugte sich vor ihrem König und entschuldigte sich mehrfach für diese unverschämte und unbedachte Tat. „Schon in Ordnung, Emilia..“, entwich es ihm mit schwächlicher aber sanfter Stimme, bevor sie wieder zu ihm aufschloss und zaghaft ihre Hand auf seine Wange legte. „Seid ihr in Ordnung, mein Herr? Ihr seht erschöpft aus!“ Besorgnis breitete sich in ihrem Gesicht aus womöglich dem tiefen Augenringen gedeutet, die sich im Gesicht des Rothaarigen breitmachten und auch vom Wasser aus seinem Waschzuber nicht weggespült werden konnten. Emilia war vorerst besänftigt, auch wenn sie den Rothaarigen nur widerwillig gewähren ließ die Ruhe in seinem Bett zu unterbrechen um im Bad Halt für sein Geschäft zu finden.
      Die Schritte des Mannes trugen ihn kurzerhand nach seinem Geschäft zurück auf den Flur, der zu seinem Gemach führte. So wenig es ihn auch gefallen mochte, sein Körper machte sich noch immer bemerkbar und Ruhe wäre die einzige Lösung die Schmerzen zu besänftigen. Auf seinen Weg durch die Flure stoppte er allerdings, als er um der nächsten Abbiegung die Stimme Vales vernahm und lehnte sich an die Wand, seine Arme vor seiner Brust verschränkend, um das Gespräch nicht zu stören. „Erzähl sie mir, die wahre Geschichte deines Bruders!“ Ein langer Monolog der jungen Frau mit aschblonden Haar folgte schließlich, so lang das sich der Körper Logis bemerkbar machte und er sich hinsetzen musste. Im Anschluss wiederholte Vale kurz ihren Monolog in Kurzform und ließ damit Logi genervt an die Decke starren. „Du willst mir also sagen das Ren in Wirklichkeit gar nicht Ren ist, sondern Nero, dein jüngerer Bruder und das Ren dein älterer Bruder dich, oder eher die erste Version von dir für eine Art allmächtiges Buch opferte um einen Weg zu finden eine uralte Waffe im Abyss zu versiegeln oder zu zerstören, bevor Van Zephyr sie in die Hände bekommen würde. Ren wurde daraufhin ermordet, sein Herz wurde in ziellos ausgewählte Kinder der Revenus verpflanzt, um einen Schlüssel zu schaffen der das Siegel um die uralte Waffe lösen sollte unter denen sich zufällig eurer jüngerer Bruder Nero befand. Nachdem die Transplantation abgeschlossen war, erkannte Van Zephyr die Nützlichkeit seines neuen Spielzeuges und erschuf Replica von ihnen, falls dem Original etwas zustoßen sollte. Van Zephyr benutzte Nero weiterhin für seine Experimente, gewährte ihm sogar eine Replica deiner originalen Person und erschuf so deine Vorgängerin, bis er in seinem Forschungen vernahm das es zwei Schlüssel bedurfte um das Siegel zu lösen. In der Logik wäre es ein weiterer Teil der Familie gewesen, also wurdest auch du als Produkt erschaffen falls dem Original etwas zustoßen sollte, was auch geschah als eine unbekannte Kraft die Kontrolle über Nero erlangte und deine Vorgängerin sowie die komplette Menschenfabrik beseitigte. Nero floh und fand seinen Weg zu uns, mit seinem verkorksten Erinnerungen die er sich selbst nahm, durch die Kraft dieser Waffen die du erwähntest, landete er schließlich im Waisenhaus und bei uns, wo ich mich ihm unfreiwillig annahm und ausbildete. Nero lernte ein Mädchen kennen, verliebte sich in sie und unterbrach sein Training um sie in ihrer Taten der Rebellion gegen die Logos zu unterstützen, den Willen einen Umschwung zu bewirken der zum einen den Rassismus beseitigen sollte und die Logos bewegen sollte, ihre Augen zu öffnen und sich nicht weiterhin der Dunkelheit des Landes hinzugeben. Der Zodiarc Bund zerschlug den Widerstand, das Mädchen verfiel in einen Zustand tiefster Depression, Zorn und Trauer und Nero war gezwungen ihr alles zu nehmen um ihr ein Leben zu gewährend fernab ihres unabdingbaren Schicksals voller Zerstörung und Verluste. Die Erinnerungen, die Nero zu verdrängen versuchte wurden durch nach und nach durch die Beihilfe der unbekannten, gefährlichen Präsenz wachgerufen und verschmolzen mit denen seines Bruders dessen Herz in ihn ruhte. Unwissend seiner eigenen Existenz, verzerrten sich seine Erinnerungen und wurden zu denen Ren´s, er selbst wurde zu Ren, der nach seiner Schwester Lily suchte. Nach seiner Ankunft hier in Arcadia veränderte er sich stark, zog sich zurück und verließ uns so schnell wieder wie er kam, von der gefährlichen Präsenz dazu verleitet nach seiner Schwester zu suchen, die er nirgends finden würde, weil ihr Leben unlängst verwirkt war. In seiner Suche legte er seine Werte, seine Emotionen ab, mordete, erpresste, quälte und entledigte sich jener Personen die ihm in Weg standen, bis seine Suche ihn zu Van Zephyr, seinen Replica und schließlich zu dir führten, doch eure Zusammenkunft war von kurzer Dauer, denn ein Unfall sorgte für eine Amnesie seinerseits die sein Bruder zu schützen vermochte, seinen Willen der Suche nach der Wahrheit jedoch schließlich nachgebend und ihm die Kraft des Buches zu gewährend sie einst ihm zuteil wurde. Nero lernte alles, aus seiner Vergangenheit, aus den Vergangenheit anderer Personen. Er erblickte die Wahrheit dieser Welt, verflochten in den vielen Lügen, die von Generation zu Genration unserer Völker geflochten wurde und begab sich auf direktem Wege zum Ort an dem die Zukunft der alten Zivilisation ihr Ende fand um dort Van Zephyr zu konfrontieren, der das Siegel um die gefährliche Waffe löste. Der einzige Weg die Waffe erneut zu versiegeln, lag darin seine Existenz selbst zu gebrauchen um ein neues Siegel zu werden und so endete die Geschichte von Nero, der seine Suche nach seiner Schwester, nach dir vollendete um am Ende von einem kaltblütigen Mörder zum Retter unserer Völker zu verenden, gefangen im Abyss selbst in einem ewig währenden Zustand zwischen Leben und Tod, welchen einst eure Mutter, die Hexe des Schicksals innehielt. Diese Geschichte klingt für einen normalen Eos wie mich wie ein Märchenbuch, oder eher einer Tragödie. Nichtsdestotrotz...“ Der Silberhaarige sah mit ernstem Blick auf das Mädchen hinab und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Obgleich sein Schicksal geplagt von Schicksalsschlägen war, oblag es nicht seiner Befehlsgewalt über die Leben anderer Menschen zu verfügen und anstatt sich uns, seinen Meister und seinen Gefährten zuzuwenden, wandte er sich von uns ab die Moral missachtend, nur seinen egoistischen Weg als den rechten ansehend. Seine Vergangenheit ist keine Rechtfertigung für seine ungerechten Taten, die er vollführte um seine eigenen Ziele zu erreichen auch wenn es dabei um seine Familie ging.“ Bedrückt sah das Aschblonde Mädchen zu Boden, den Worten ihres Gegenübers Gehör schenkend, der stur auf seinen Idealen zu beruhen schien, als eine weitere Stimme aus dem Hintergrund ertönte. „Ich vergebe ihn.“, ertönte es aus dem Lippen Logi, der sich um die Ecke begab und Vale erblickte, welcher ihn mit geweiteten Augen anstarrte. „Wie war das? Nein, Moment! Warum seid ihr überhaupt wieder auf den Beinen?“
      „Vale, meine Aufgabe als König ist es die höchste Gewalt in diesem Land zu bilden und mein Ziel war es stets diese verkorkste Welt umzustrukturieren. Ob dir die Methoden dieses Mannes missfallen sollten, sollte dir stets bewusst sein das er gehandelt hat und anders als wir, die sich nie trauten weil wir Sklaven der Gesetze waren, das Problem an der Wurzel anpackte. Waren es wirklich unschuldige Menschen die er auf seinen Weg zu seinem Ziel beseitigte? Denk noch einmal sorgfältig nach um wen es sich bei den Opfern handelte, genau ausschließlich um den korrupten Adel der mit Van Zephyr verkehrte und in die Menschenfabriken investierte. Nero´s Ziel war es in den Menschenfabriken nach seiner Schwester zu suchen, also beseitigte er jegliche Sympathisanten und rettete somit mehrere Menschen als er schadete. Er ist gewiss kein Held, aber ein vollwertiger Verbrecher genauso wenig und in dieser Welt in welcher es nur Schwarz und Weiß gibt, stellt er die graue Gerechtigkeit dar.“
      Die Worte des Rothaarigen ließen sein Gegenüber sprachlos erstaunen und in mehreren Hinsichten machte er deutlich das es keine Widerrede gab. „Lily, du sagtest Nero befinde sich in einen Zustand zwischen Leben und Tod, nicht wahr?“
      Ein einfaches Nicken entwich ihr. „Ich hatte einen Traum in welchem Nero, mithilfe unseres Bruders dem ihm aufgezwungenen Willen der gefährlichen Präsenz zu widerstehen vermochte, doch insofern seine Kräfte nachlassen würden, würde die gefährliche Präsenz seinen Körper übernehmen und Unheil über die Welt bringen!“
      „Steht dieses Ereignis im Zusammenhang mit dem Buch? Woher weißt du davon?“
      Lily kratzte sich verlegen an der Wange und wandte ihren Blick kurz von ihm ab, bevor ihre Stimme erneut ertönte. „Meine Vorgängerin, mein originales Ich, wurde für das Buch geopfert und bekam Einsicht in jenes bevor ihre Existenz dahinschwand. Ich besitze ihre Erinnerungen und somit brannten sich Ausschnitte des Buches in mein Gedächtnis. Die Zukunft ist nicht festgelegt, doch ein Abschnitt von ihnen läutet den Niederfall Arcadias durch die Hand Nero`s in Gewalt der gefährlichen Präsenz ein. Ich habe das Gefühl das ich die Einzige bin, die ihn aufhalten kann!“
      „Ist dem so?“, entwich es den Rothaarigen, während er seine Faust gegen sein Kinn stemmte und nachdenklich zur Seite sah. „Vale, du bist mein stärkster Verbündeter, der Sohn des mächtigsten Mannes auf der Welt und die einzige Person der ich mein Leben und das meines ganzen Volkes anvertrauen würde. Ich habe eine Aufgabe für dich!“ Die Lippen des Mannes bewegten sich weiter, doch die Fortführung der Worte war nicht mehr zu vernehmen.

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    • Sie schloss die Augen. Bevor sie die scharfkantigen Zähne an ihrem Hals zu spüren vermochte, schloss Suzume lieber die Augen und erwartete den Schmerz, die Kälte des Todes mit angespanntem Körper. Aber nichts dergleichen empfing sie. Weder das Stechen seines Gebisses, noch die ummantelnde Kühle… geschlossenen Blickes verspürte sie sogleich die Leichtigkeit des Schwebens, als auch bleischweres Ziehen an ihren Fersen, Schultern, Rücken, Hinterkopf, Becken… vorsichtig öffnete die junge Frau ihre Augen und fand sich in der selben Schwärze wie zuvor wieder. Suzume konnte nicht feststellen, ob sie fiel oder an Ort und Stelle schwerelos verweilte. Starr waren ihre Augen nach oben gerichtet… aber, war es oben? Oder sah sie hinab? Egal in welche Richtung sie ausgerichtet war… kein Muskel ihres Körpers wollte ihr gehorchen. Und noch beängstigender war die Tatsache, dass sie am fernen Horizont ein glimmes Leuchten erkannten, sich aber gespürt weiter und weiter davon entfernte… Hitze begann sie zu ummanteln, sie konnte Dantalions Präsenz spüren, wie er langsam in einer uralten, zischenden Sprache die Mächte beschwor, sie sich einzuverleiben… Er übernahm sie… Sie hatte den Kampf verloren… Panik brach in dem versteiften Wesen ihrerselbst aus, unfähig sich zu wehren. Verzweifelt versuchte Suzume mit den Armen zu rudern… vergebens. Tränen stauten sich in den Augenwinkeln der Schwarzhaarigen. So durfte es doch nicht enden… sie hatte noch lange nicht alles von der Welt gesehen… warum war es nur so weit gekommen? Resignierend war es an ihr, dass sich die Lider ihrer Augen langsam zu schließen begannen, in Gedanken verzweifelnd schreiend, das bittende Flehen an einen Gott sendend, der nicht existierte, um Vergebung bei ihren Freunden suchend, die sie nie wieder sehen würde... denen sie nichts hiervon jemals erklären konnte… als ein goldenes Leuchten die junge Frau veranlasste, ihre Augen wieder einen Spalt zu öffnen. Es erschien über ihr und fuhr auf sie nieder wie ein einzelner Strahl der Sonne. „Noch nicht…“, zwei Wörter erklangen im sonst so tonlosen Raum um sie herum. Das Ziehen an ihrem Körper lies ab, die Schwere die sie hinabdrückte verschwand und zog sie empor, dem Ausgangspunkt des Lichtes entgegen.

      Gierig nach Luft schnappend fuhr der Körper der jungen Frau empor. Es empfing sie die stechende Kälte des Schnees der sie umgab und legte sich wie kleine Nadelkissen auf ihre Wangen. Sie spürte es… das Feuer, welches in ihren Augen loderte und für einen kurzen Moment noch ihren Körper überzogen hatte. Mit vor Schock geweiteten Augen und versteinert aufeinandergepressten Lippen verweilte Suzume einen Moment länger in der Kühle der weißen Schneedecke, bis ihr gewahr wurde, was passierte. Wohl, hatte sie die anderen bereits wahrgenommen, aber würdigte ihnen ob der Haltung, die sie ihr gegenüber angenommen hatten, keinen weiteren Blick. Es war der Zorn, der in ihr aufstieg und ihren Körper veranlasste, gegen die Kräfte anzukämpfen. Ihre Hände zitterten, mehr und mehr von der Kraft Dantalions fuhr in ihre Glieder, lies sie sich langsam erheben… es war ein Schauspiel wie kein anders, als unter ihr der Schnee verdampfte und eine olive-beige Wiese zum Vorschein brachte. Im geschärften Gehör vermerkte sie, dass Shin, Gaius und der Unbekannte sich bereit machten, ihre Wenigkeit anzugreifen. Fast schon entkam Suzume ein schmerzhaftes Lächeln, während sie so angestrengt versuchte, ihrer Wut über ihr Versagen nicht vollends Luft zu machen. Er hatte es sich zu leicht gemacht mit ihr, sie getäuscht, sie… verführt… in eine Vorstellung gezogen, einen Wunschtraum, der ihr in einem Moment sogar gefallen hatte. Sie war angewider von sich selbst… und noch mehr von diesem… diesem… ein Knurren entkam ihr. Mehr und mehr wurde die Ummantelung ihres Körpers durch die Flammen, die sie so zwanghaft unter Kontrolle hielt. Ihre Hände vergruben sich in ihrem Haar. Diesem… „BASTARD!“, entkam es Suzume dann doch. Sie verlor den Kampf gegen ihre Wut und riss ihre Arme seitlich an sich hinab, eine Feuersbrunst von sich aus wegschickend in Richtung des Waldes. Mit einem Zischen verdampfte der Schnee rund um sie und auf den Ästen der Bäume. Sie hasste, was er in ihr hervorrief und gleichsam war sie angespornter den je, Dantalion die Stirn zu bieten. Schwer atmend, starrte die junge Frau dem Inneren des Waldes, der ihr ihre Schwäche aufgezeigt hatte, entgegen. Immer noch im Einfluss ihrer Kräfte stehend kehrte sich der Körper der jungen Frau dem kleinen Trupp hinter ihr zu. „Du…“, ihr Blick versteifte sich auf Shin, ehe ihre Beine energisch nach vorne staksten, immer noch etwas beeinflusst von dem narkotisierenden Wirkung der Pollen, den Schwindel ignorierend. Mit Fingerzeig kam sie dem Weißhaarigen näher, der ihr einen nichtssagenden Blick entgegenbrachte. „Schick mich zurück… schick mich zurück, Shin. So war das nicht geplant… Ich kann ihn zähmen, ich bin stark genug.“, die Tiefe ihrer Stimme war nicht zu überhören und noch klarer war das aufgeregte Strömen der orangenen Schleier in ihren Augen zu erkennen, sobald sie dem Lehrmeister auch nur auf wenige Zentimeter nahe kam. Ein belustigtes, beinahe gehässiges Kichern kam von der Seite. Ruckartig schoss ihr Kopf in die Richtung des Unbekannten. „Ich spreche nicht mit dir, du dreckiger Sohn einer Hündin. Halt ja deinen Mund, oder ich reiß dir deine dummen Arme aus, steck sie dir dahin wo die Sonne niemals hinkommt, greif in deinen Rachen und schüttle deine Hände…“, schoss sie ihm mit einem drohenden Zischen in der Stimme entgegen. Doch fand er Ruhe in seiner stillen Belustigung über das Versagen ihrerseits. Auch von Gaius war ein kurzes Pfeifen durch die Zähne zu hören.

      Ihren Blick wieder auf Shin richtend, erkannte sie das Bedauern in diesem. „Bitte… Shin… Ich will da nochmal hin. Dantalion… Er hat mich betrogen… er wollte nie verhandeln, nur seine eigene Arroganz, seine schlechten Absichten durchbringen und mich … verführen… Du kennst die Urgeister und ihre Art, nicht wahr? Du kennst IHN. Und du kennst MICH. Du weißt, wer ich bin… wie er mir gegeben wurde… das ist nicht fair. Ich suchte mir nicht aus, mit seiner Kraft zu leben… und doch zähme ich ihn, so gut es geht, seit knappen 23 Jahren. Ich will nicht sagen, dass ich an den Unglücken, die passierten nicht Schuld war… aber ich war nie auch nur einen Moment auf IHN vorbereitet, auf die Stärke, die er mir brachte.“, tief verbohrte sich der Blick aus den glosenden Augen Suzumes in dem Stahlgrau ihres Gegenübers, der den Blick kurz abschweifen lies, als sie darauf zu sprechen kam, dass er genau über Dantalion Bescheid wusste. Er war der Schüler des Orakels, jener Hexe, die sie dem Dämon überlies. „Lass mich nochmal dorthin… bitte, Shin. Schick mich zurück.“, sich langsam beruhigend verschwand der rote Schein, der sie umgab. Die junge Frau gewann wieder an Fassung und wartete an seinen Lippen hängend auf die Antwort, erstarrte jedoch, als seine Stimme erklang. „Nein, Suzume…“ - "Nein...?", sie stolperte zwei drei Schritte ungläubigen Blickes zurück, wand den Blick ab und schluckte schwer. "Gut...", nickend, aber es doch nicht so meinend, hob sie ihre Arme etwas empor, nur um sie mit einem leisen Aufklatschen an ihren Seiten, wieder fallen zu lassen.

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      ".. niemand Gutes ist jemals wirklich gut, und niemand Böses ist jemals wirklich schlecht.. ”


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    • Die Gruppe um Suzume

      Ein schlichtes seufzen entwich den langhaarigen Mann, bevor er seine rechte Hand hinter seinem Kopf verschwinden ließ um seine Haare zu raufen. „Suzume, du missverstehst da etwas gewaltig. Es ist nicht möglich die Prüfung ein weiteres Mal anzutreten, der Ahnenhort verbietet den zweiten Eintritt innerhalb so kurzer Zeit. Dieser Ort besteht dazu Menschen und Naturgeistern gleichermaßen Schutz zu schenken, nicht ihnen aufgrund dieser Prüfungen nach dem Leben zu trachten oder Unheil über jene zu bringen. Der Ahnenhort selbst ist ein Lebewesen, welches nur jenen den Weg durch den Kristallgarten zeigt, die er als würdig erachtet einen Vertrag mit den Urgeistern zu schließen, die ihnen inne wohnen. Wenn du keine weitere Chance bekommen würdest, wenn dieser Ort nicht mehr an dich glauben würde, dann hätte er dich bisweilen längst ausgestoßen oder gar zu sich gelassen.“
      Der Schwarzhaarige, der sich zuvor noch über das Mädchen amüsierte, schenkte seine Beachtung ein weiteres Mal seinen Lehrmeister und erkannte anhand seiner erneut aufgesetzten Scharade der Freundlichkeit und Verpeiltheit, dem verlegenen Lächeln auf seinen Lippen doch dem mangelnden Glanz in seinem Augen die man kaum durch seine leicht zusammengekniffenen Augen sehen konnte, dass etwas mit seinem Aussagen nicht stimmen würde. „Hoh~“, entwich es diesem schlicht und leise, sich die ungewollte Aufmerksamkeit Gaius erhaschend, der zwar teilnahmslos dort stand aber danach seinen Blick für einen kurzen Moment zu Shin schwenken ließ. „Wieso gewährte der Ahnenhort dir Einlass?“
      Die Augen des Weißhaarigen Mannes weiteten sich während der Aussage eines seiner Schützlinge abrupt und sein Körper zuckte ertappt zusammen. Aus seinen Augenwinkeln heraus, warf er einen Blick in Richung Gaius, während der falsche Schrecken des Todes die erneute Freude über die düstere Präsenz ausstrahlte die nur er wahrzunehmen schien. „Da ist sie wieder!“, entwich es seinen Lippen, doch keiner schien seinen Worten Beachtung zu schenken. Kurzerhand veränderte sich die Mimik des Weißhaarigen zu seiner gewohnt lockeren Haltung und seine Stimme ertönte zaghaft. //...Nun, eigentlich war ich dazu bestimmt die Urgeister von Mili zu erben, doch musste meine Meisterin ihre Pläne notgedrungen ändern. Ich nehme an das der Ahnenhort mich noch als rechtmäßigen Erben wahrnimmt und mir deshalb Einlass gewährt, was es mir unheimlich erleichtert über euch zu wachen und Komplikationen aus dem Weg zu gehen....//, diese Worte in seinem Kopf abspielend, doch aus einen bestimmten Grund nicht an die Freiheit aussendend zuckte er lediglich mit seinen Schultern. „Das kann ich dir leider nicht beantworten. Aber es erleichtert mir eure Ausbildung ungemein und in Notfällen kann ich jederzeit eingreifen, weshalb ich dem Ahnenhort zu Dank verpflichtet bin.“
      Ohne auf eine Antwort Gaius zu warten, begab sich Shin auf direktem Wege zu Suzume, klopfte ihr mit beiden Händen auf die Schultern und nahm ein verlegenes Lächeln an. „Morgen ist auch noch ein Tag, lasst uns erst einmal nach Alkaid zurückkehren um etwas Essbares zu uns zu nehmen und euren Körpern etwas Erholung zu gönnen! Inzwischen gelingt es dir sicher eine Möglichkeit zu finden, Dantalion mit reinem Gewissen entgegen treten zu können. Falls es jedoch zu keiner Einigkeit zu euch kommen sollte, denke stets an mein Angebot. Du musst diese Bürde nicht tragen wenn es dir zu viel wird, du kannst ein normales Leben führen!“
      Auch auf Suzumes Antwort wartete der Weißhaarige nicht, stattdessen löste er seine Hände von ihren Schultern und begab sich einige Schritte an ihr vorbei durch den Schnee stapfend und nahe eines Wegpunktes verharrend, sich erneut zur Gruppe wendend. „Beeilt euch, es wird nicht wärmer hier draußen und ich finde es ziiiiemlich kalt!“
      Der unbekannte Schwarzhaarige begab sich mit einem Grinsen aus den Lippen auf direkten Wege, seinen Weißhaarigen Meister folgend, doch Gaius selbst verblieb einen Moment mit verschränkten Armen vor Ort und musterte den Hinterkopf seines träge wirkenden Vorgesetzten. //...Irgendetwas stimmt nicht...//

      Lily und Vale

      „Bist du Aufbruchsbereit?“
      Die bekannte Stimme Vales durchdrang den Raum, um genau zu sein Lily und Suzumes Gästezimmer, in welchem sie in ihrem Reisegepäck kramte und alles zu verstauen schien was sie so sorgfältig über die Tische ausgebreitet hatte, zumindest das Nötigste von allem. „Bist du sicher das es einfach so in Ordnung ist niemanden Bescheid zu geben? Ich fühl mich irgendwie schlechte ohne ein Wort zu den Anderen zu verschwinden, vorallem Suzume würde ich gerne davon erzählen.“ Der Blick der Aschblonden Dame wandte sich zu Vale der in der Tür stand, doch im Anbetracht seiner Kleidung weiteten sich ihre Augen schlicht. Seine silbernen Haare zu einem Zopf gebunden, deine Rüstung für eine schlichte schwarze Hose und einen schwarzen Mantel ausgetauscht, die Kapuze sein Haupt bedeckend, ertönte seine Stimme verwirrt. „Was starrst du denn so?“
      „Kleider machen wirklich Leute... Eurer schäbigen Uniform beraubt sehr ihr recht formidabel aus, Meister!“
      Einem kurzem Einatmen folgte ein tiefes Aus-seufzen und mit geschlossenen Augen ertönte die Stimme des Silberhaarigen Mannes. „Wenn du dich noch einmal über mich lustig machst, lasse ich dich irgendwo an einem verlassenen Ort zurück und überlasse dich deinem Schicksal.“
      „Ihr bekommt nicht häufig Komplimente, oder Meister?“, entwich es der Stimme der jungen Frau die zuerst einen verdutzten Ton von sich gab, doch dann scharfzüngig erwiderte. „Lass dieses formelle Gerede, so alt bin ich nun auch wieder nicht.. Vale reicht.“
      Überrascht über die Worte des Silberhaarigen distanzierten Mannes, erhob sich die junge Frau mit ihrem Reisebeutel geschultert und begab sich auf direktem Wege zu ihm, kurz vor ihm stoppend und zu seinem Gesicht hinaufschauend. „Solange ihr mir nicht versprecht meinen Bruder, trotz der Befehle eures Königs, kein Haar zu krümmen um eure eigene Gerechtigkeit walten zu lassen, werde ich nicht genug Vertrauen euch gegenüber entgegen bringen können um euch beim Namen zu nennen, Meister! Schließlich seid ihr schon einmal vor dem Befehlen euren Königs geflohen..“
      Ohne auf eine Antwort zu warten, begab sich die Aschblonde Frau an den Silberhaarigen Mann vorbei der lediglich mit der Zunge schnalzte und vernahm noch im Flure des Anwesens seine murmelnde Stimme. „Er war nie mein König, sondern nur mein nichtsnutziger Vater...“
      Irgendwann folgte dann der Silberhaarige Mann, jener jungen Dame und begab sich mit ihr zusammen über die eisige Steppe, bis sich die Abenddämmerung näherte und die Lichter aus der von Schnee bedeckten Stadt im vollen Glanz aufglühten. Auf einem Schneeberg verharrend, den vollen Blick nach den bereits durch Stunden vergangenen Reise, war in der Ferne das Farbenmeer zu vernehmen, ein funkeln in den Augen der Aschblonden Dame erschaffend, die erste nennenswerte Erinnerung auf ihrer bevorstehenden Reise begründend. Ihr Blick wandte sich jedoch kurzerhand den wehmütigen Blick Vales zu und ein Dialog begann zu ertönen. „Vertraut ihr ihnen nicht? Den Befehlen eures Königs? Oder seid ihr euch unsicher, nun wo nicht nicht mehr über ihn wachen könnt?“
      Die Augen des Silberhaarigen wandten sich abwertend der Aschblonden jungen Frau zu, die ihn mit ernster Miene entgegnete. „Woher kommt dieser Charakterwandel? Die Hilflosigkeit stand dir noch gestern ins Gesicht geschrieben, doch heute strahlst du vor Zuversicht weit genug um über andere herziehen zu können?“
      „Zuversicht?“, entwich es dem Mädchen, während sie mit ihrer linken Hand ihren rechten Arm um-krallte und ihren Blick verbittert zur Seite abwandte. „Suzume bereitete mir Sorgen, schließlich stand sie meinem Bruder sehr nah. Ihr gegenüber etwas vorzuspielen war nicht schwer, nein... Vielleicht war es gar nicht gespielt. Es ist wahr das ich unheimliche Angst gegenüber dieser Welt habe, die voller neuer Entdeckungen steckt und viele Rückschläge für meine unbedeutende Existenz vorzuweisen weiß, insofern ich den Sinn jener suchen sollte. Doch dieses Gefühl das Unbehagens, welches ich spüre als mein Bruder sein Leben gab und mich allein in dieser Welt zurückließ schwand dahin als ich erfuhr das er noch nicht von uns gegangen ist. Nun ist nicht dich Zeit um das zerbrechliche Mädchen zu spielen, als ältere Schwester liegt es an mir meinen kleinen Bruder zu retten. Schließlich opferte auch er sein gesamtes Leben, seine gesamte Existenz um nach mir zu suchen!“
      „Also dreht sich die Geschichte nun um? Ironie des Schicksals.. Dann lass uns weniger Zeit damit verschwenden in Erinnerung zu schwelgen und endlich aufbrechen!“
      „Und wohin genau?“, entwich es Lily die zu Vale aufsah, welcher sich von ihr abwandte und sich bereits in Bewegung begab. „Ordine... Es gibt dort jemanden der uns zum Abyss bringen kann.“
      Stumm die Worte des Silberhaarigen Mannes vernehmend, wandte sich der Blick Lilys noch einmal der in goldenen Glanz erstrahlenden Stadt zu. //...Es tut mir Leid Suzume...//, bis sie ihre Gedanken vollendete und mich bedrücktem Gesichtsausdruck den Fußstapfen ihres Lehrmeisters zu folgen schien. //...Warte auf mich, Nero!...//