[2er RPG] Killer Instinct

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    • "Hm..."
      Jonathan lehnte sich etwas vor, stützte die Ellenbogen auf die Knie und verschränkte die FInger ineinander. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte er jedes bild, analysierte sie, verstand sie. Sie waren brilliant, aber nicht perfekt. Etwas fehlte.
      "Die Fundorte sind egal", sagte John, "Es sind die Leichen, die wichtig sind. Dieser Mann ist ein Künstler."
      Er nahm eines der Bilder in die Hand und drehte es ein bisschen.
      "Eure Fotografen sind schlecht. Sie können die Wirkung nicht einfangen, sie zielen genau daran vorbei."
      Er legte das Foto wieder hin und kratzte sich am Kopf. Dieser Typ war gut, aber unerfahren.
      "Sucht am Fluss. Ihr werdet dort mindestens einen Kopf finden. Eine Frau, zwanzig bis dreißig Jahre alt, dunkle Haare."
      Er würde nicht verraten, woher er diese Theorie nahm und er würde auch nicht verraten, wie dieser Künstler tickte. Er wolle erst eines seiner Werke aus nächster Nähe betrachten. Da klang jetzt furchtbar, weil dafür jemand sterben musste, aber erstens machte John das nichts aus und zweitens war das nächste Opfer schon tot.
      "Diese Menschen leiden nicht. Er tötet sie, bevor er sein Meisterwerk kreirt. Falls dich das tröstet."
      Er lehnte sich zurück und überschlug die Beine, sein Blick lag weiterhin auf den Fotos der Leichen. Es war lange her, dass er etwas Totes gesehen hatte.
      "Wenn ihr sein nächstes Werk findet, will ich es sehen. Am Ablageort. Ich muss die Wirkung sehen und eure Fotografen machen dem Künstler wirklich keine Ehre. Das sind furchtbare Bilder, überhaupt kein geschmack."
      Er riss seinen Blick von den Leichen los, setzte ein freundliches Lächeln auf und sah zu Vincent hoch. Sie würden noch ordentlich Spaß zusammen haben, jetzt wo sie hier in einem haus zusammenlebten.
    • Diese Ernsthaftigkeit hatte Vincent lange nicht an John gesehen und er wusste nicht recht ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Der Ermittler wartete geduldig bis John sich jedes einzelne Bild angesehen hatte um sich eine Meinung zu bilden. "Wenn er ein Künstler ist, wieso sind die Fundorte dann egal? Würde er seine Kunstwerke nicht entsprechend präsentieren wollen?", fragte Vincent dann und holte währenddessen sein Handy heraus um Anweisung zu geben die Spurensuche zum Fluss zu schicken. John verarschte sie nicht, bestimmt nicht, aber warum meinte er Geschlecht, Alter und Aussehen vorhersagen zu können? Er würde ihn aber erst danach fragen wenn sie tatsächlich etwas fanden.
      "Ich weiß dass er sie vorher tötet, das hat der Gerichtsmediziner schon festgestellt. Die meisten wurden erstickt, einem älteren Mann wurde das Genick gebrochen. Ich vermute es ging etwas schief, er hat irgendeinen Fehler gemacht. Und diese hier..." Vincent beugte sich vor um auf das Foto eines jungen, blonden Mannes zu zeigen, "Dem hat er die Kehle aufgeschnitten. Ich denke dieser Mann könnte der Schlüssel zu diesem Killer sein, darin lag etwas Persönliches." Vincent blickte von dem Foto auf und sah in Johns lächelndes Gesicht. Schnell richtete er sich wieder auf und begab sich wieder in gebührenden Abstand.
    • Jonathan schüttelte den Kopf. Er lehnte sich zurück und machte sich auf der Couch breit. Er nahm sich eines der Fotos und betrachtete es, als würde er ein Buch lesen. So wie er da auf der Couch lag, könnte es fast ein normales Bild sein.
      "Da ist nichts Persönliches dran. Dieser Künstler arbeitet für sich. Er interessiert ich nicht für seine Zuschauer. Die Art wie er tötet ist nichts Persönliches. Es ist das Werk, was das Persönliche ausmacht. Ich liebe die Präsentation und ich setze immer meine Unterschrift unter mein Werk. Ich will, dass die Leute sehen, was ich geschaffen habe, aber für ihn... der Schaffungsprozess ist für ihn wichtig. Der Park, wo ich deinen lächerlichen Partner drapiert habe? Das war meine Bühne. Es gehörte nicht dazu, es diente nur dazu, dass die Leute es sehen. Er kreiert ganz andere Bilder. Deswegen sind eure Tatortfotografen auch so schlecht. Sie fotografieren nur die Leiche, nicht die Umgebung. Aber die gehört dazu, sie ist Teil des Werkes."
      Er schüttelte den Kopf und legte das Bild wieder weg, ehe er sich gegen die Armlehne zurücklehnte und die Finger auf dem Bauch verschränkte. Mit einem entspannten Lächeln schloss er die Augen.
      "Ihr habt keine Ahnung, wen ihr da sucht. Dieser Mann hat das Potenzial, noch schrecklicher zu werden als ich, wenn man eure eingeschränkten Moralmaßstäbe anwendet. Ihr beeilt euch besser, bevor er noch mutiger wird."
    • Vincent beobachtete John schon die ganze Zeit über genau, als könnte er jedes Mal aufspringen und sich auf ihn stürzen wie ein Tier, auch wenn er sich sicher war dass John nichts dergleichen tun würde, zumindest nicht jetzt, nicht hier. Dennoch machte Johns zufriedener Ausdruck Vincent Sorgen und auch wie er über diese Fälle sprach. Es war klar dass er sich keiner Schuld bewusst war, einzig dass er gegen ein Rechtssystem gehandelt hatte das er nicht verstand und nicht annehmen wollte, aber dass er diese Logik auch auf andere Killer anwandte war Vincent bis jetzt nicht bewusst gewesen. Und er wirkte fast als würde er diesen Killer wirklich für seine Arbeit bewundern.
      Als er von Vincents totem Partner sprach verzog Vincent wütend das Gesicht. Er verband seine eigene Zeit in Johns Gewalt mit eigenartigen Gefühlen, doch der Tod seines Partners machte ihn wütend. Nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde hatte er die Eltern seines Partners besucht. Die Fotos die veröffentlicht wurden waren noch nicht genug gewesen, obwohl jeder wusste wer er war mussten sie seinen Tod auch noch bestätigen. Sie waren nicht mehr die Mensche gewesen die sie einmal waren. Doch es machte keinen Sinn John deswegen anzubrüllen, er würde nicht verstehen was Vincent meinte.
      Und auch für John musste der Schaffensprozess wichtig gewesen sein, auch wenn er vielleicht etwas anderes damit verband.
      "Dann hilf mir ihn zu finden, sag mir etwas über ihn. Geschlecht, Alter, irgendwas!"
    • "Du bist hier der Profiler, mein Hübscher, du kennst die Statistiken. Männlich, weiß, ich würde sagen zwischen fünfundzwanzig und vierzig. Aber ich bin kein hellseher. Findet die nächste Leiche und lasst mich das gesamtwerk betrachten, dann gebe ich dir vielleicht mehr."
      Allein diese Couch war bequemer als diese Pritsche im Gefängnis. Wie würde sich erst das Bett anfühlen?
      "Macht es dich wütend, dass ich ihn erwähne? Deinen kleinen Partner für den sich niemand interessiert hat, weil ich dich immer noch hatte?"
      Natürlich hatte John diese kleine Änderung in Vincents verhalten gemerkt. Seine Körperhaltung, seine Sprache, es hatte sich minimal geändert, aber John hatte es bemerkt. Vincent verlor nicht oft die geduld, aber John wollte ihn wütend sehen, wollte sehen, wie er die Kontrolle über sich verlor. Wenn er dafür einstecken musste, war ihm das auch egal. Wenn Vincent die Kontrolle verlor, würde er den gesitteten Polizisten hinter sich lassen und endlich den Mann rauslassen, der er war. Und wenn das passierte, dann hatte John gewonnen und die Kontrolle über ihn... Es war nur eine Frage der Zeit.
    • Vincent war sich nicht sicher ob John nicht jetzt schon mehr sagen könnte, zumindest vemuten konnte, aber vielleicht zu neugierig auf diesen Killer war. Vielleicht wollte er auch gar nicht dass sie ihn schnappten.
      Als er noch einmal seinen Partner ansprach schnaubte Vincent kurz. Einen Tag lang war über seinen Partner berichtet worden und anschließend war Vincent wieder das Hauptthema gewesen. Aber vielleicht war es für seine Familie so auch besser gewesen. Wie dem auch sei, Vincents aufkeimende Wut ließ seine Sorgen und seine Angst was John betraf in den Hintergrund rücken und der junge Ermittler merkte dies selbst. Eigentlich war es ein angenehmes Gefühl, eine nette Abwechslung die ihn nicht sofort zum Zittern brachte und trotzdem hatte er nicht vor sich von John manipulieren zu lassen, er hatte schon zu viel Kontrolle über Vincents Leben.
      "Ich lasse mich nicht von dir provozieren John. Wenn du nichts mehr zu sagen hast was den Fall betrifft, dann ist unser Gespräch für heute beendet.", sagte Vincent ungewohnt streng und kalt. Selten gab er John Kontra, sprach sogar mit i über Dinge über die er nicht einmal nachdenken wollte, aber das hier war etwas anderes.
    • John's Lächeln wurde breiter. Wäre ja auch langweilig gewesen, wenn Vincent so leicht zu knacken wäre.
      "Dann bin ich jetzt wohl lieber still", antwortete der ruhig und stand auf, um sich die Bücher genauer zu betrachten.
      Eine wundervolle Auswahl.
      "Hast du die ausgesucht?", fragte John und suchte sich ein paar Exemplate raus, die er in seiner Zeit hier lesen würde.
      nach einem kleinen zählspiel entschied er sich dann auch für eines, das er aus dem Schrank zog. Mit dem Buch legte er sich wieder auf die Couch.
      "Schön, dass du meinen Geschmack nicht vergessen hast."
      Er schlug das Buch auf und verlor sich in der Geschichte darin. Wie versprochen war er ab jetzt still und überließ Vincent seinen Überlegungen oder seiner Arbeit, was auch immer.
    • Zumindest sah John ein dass Vincent es ernst meinte und der junge Ermittler beobachtete wie der Killer zum Bücherregal schlenderte und sich die Buchauswahl ansah. Ja, Vincent hatte die Bücher ausgesucht, sowie Johns Kleidung und sogar die Einrichtung des Hauses. Es sollte auch seinen Vorstellungen entsprechen, aber der braunhaarige war sich sicher dass er meist das ausgewählt hatte was John genommen hätte. Damals, als er ihn noch gejagt hatte, hatte er praktisch in seinem Kopf gewohnt, er wusste alles über ihn, er kannte sogar seine Identität... wenn er es nur ein wenig früher heraus gefunden hätte und wenn er nicht so vorschnell gewesen wäre.

      "Ja, ich bin mir ganz sicher Jack!", rief Vincent aufgeregt. Endlich hatte er ihn, er hatte den Orchideen-Killer, er wusste wer er war. Ein Antiquitätenhändler, klug, gebildet und offensichtlich sehr ambitioniert. Jahrelang hatten sie nach jemandem mit medizinischer Ausbildung gesucht, hatten sich festgefahren, bis Vincent alles über den Haufen geworfen hatte um von vorne anzufangen. Und nun hatte er endlich einen Namen und ein Gesicht zu diesem Mann.
      "Wir müssen ihn festnehmen, bevor er noch mehr anrichtet!"
      "Wir müssen erst einmal unseren Bericht schreiben und auf einen Haftbefehl warten.", erklärte sein Partner Jack knapp und zog an seiner Zigarette.

      "Haftbefehl?! Das kann ewig dauern! Wir müssen ihn jetzt schnappen, bevor noch mehr Leute sterben! Ich kenne ihn und du kennst ihn auch, er lässt nicht viel Zeit zwischen seinen Opfern, vermutlich hat er schon das nächste auf seinem Tisch! Wir dürfen handeln wenn Gefahr im Verzug ist, richtig?"
      "Naja...das schon, aber Vince, komm schon... das ist nicht der Grund warum du es gleich erledigen willst oder?", fragte Jack und schob den Vorhang des kleinen Büros beiseite um aus dem Fenster zu sehen. Es war wahr, Vincent wollte ihn nicht deswegen so schnell schnappen, er wollte diesem Mann endlich gegenüberstehen. Diesem Mann der ihm bisher immer irgendwie einen Schritt voraus war, diesem Mann der so raffiniert war in allem was er Tat, er hatte Vincent und Jack so oft an der Nase herum geführt. Vincent wollte ihn treffen um ihm ins Gesicht zu sehen und sagen zu können dass er gewonnen hatte.
      "Es ist nur eine Vermutung, kein Richter würde uns einen Haftbefehl ausstellen richtig?", fragte Jack, drehte sich wieder um und blies etwas Rauch an die Decke. Fast schon hatte Vincent sich ertappt gefühlt, aber ja, auch das war ein Grund.
      "Es sind nur Indizien, aber ich bin mir sicher Jack! Lass uns das zu Ende bringen! Ein für alle Mal!"

      "Ich wollte einfach dass du beschäftigt bist.", entgegnete Vincent knapp ehe er die Fotos vom Tisch wieder einsammelte um sie in die Mappe zurück zu ordnen. Dann holte er seinen Laptop heraus, setzte sich damit an einen kleinen Tisch, mehr ein Esstisch als ein Schreibtisch, und klappte den Computer auf. Er hatte hier auch ein Arbeitszimmer, aber Vincent war nicht bereit dazu John aus den Augen zu lassen. Auch wenn seine Kollegen draußen vor der Tür bereit standen, John war alles zuzutrauen. Vincent machte sich also daran seinen Bericht über Johns Ankunft in diesem Haus anzufertigen und niederzuschreiben was er ihm heute mitgeteilt hatte. Es war allerdings nicht viel gewesen.
    • Satan, der Dreimalgrosse, übt die Künste,
      Auf seinem Kissen wiegt er unsern Geist,
      Bis das Metall, das Kraft und Wille heisst,
      Vom Zaubrer aufgelöst in fahle Dünste.

      Des Teufels Fäden sind's, die uns bewegen,
      Wir lieben Graun, berauschen uns im Sumpf,
      Und Tag für Tag zerrt willenlos und stumpf
      Der Böse uns der Hölle Stank entgegen.


      Wie passend, das Charles Baudelaire dieses Werk die Blumen des Bösen taufte. Allerdings las Jonathan es nicht als ein Werk über den Großstadtmenschen. Sicherlich, einige Teile waren unzweifelhaft auf ebendiesen bezogen, aber aus dem Kontext dieses Hintergrundes gerissen funktionierte es auch recht gut, um das zu beschreiben, was allgemeinhin als das Böse im Menschen bezeichnet wurde. John hatte sich viel mit dieser Frage beschäftigt. Was war böse, was war gut? Er wusste, dass die Überschreitung des Gesetzes als falsch galt, als böse. Und doch konnten Menschen andere Menschen umbringen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Es hatte eine Zeit gegeben, da glaubte John, er könne tun, was er wollte, solange er sich selbst nicht schuldig fühlte. Dann aber lernte er, dass er abhängig vom urteil anderer war. Das hatte ihn so sehr gestört, dass er einfach aufgehört hatte, danach zu funktionieren. Es hatte zwei Jonathans gegeben: Der, der nach den Regeln spielte und der, der sich nciht dafür interessierte. Irgendwann waren diese beiden miteinander verschmolzen. Heute war er das Bild in den Köpfen anderer, wenn man sie nach einer Definition des Bösen fragte. Sein Name wurde im gleichen Atemzug wie Ted Bundy oder Charles Manson genannt. John konnte nur darüber lachen. Henry Howard Holmes war doch viel interessanter? Nur kannte ihn keiner. Für John war er sowas wie ein Vorbild gewesen. Jahrelang hatte dieser Mann gemordet, war als erster amerikanischer Serienmörder in die Geschichte eingegangen. Er hatte ein ganzes Hotel gebaut, nur um seiner Mordlust zu fröhnen. John war schon als Kind von ihm fasziniert gewesen. Aber warum die Leichen verschwinden lassen, wenn man sie doch zurückgeben kann?
      Ein Schmunzeln schlich sich auf Jonathans Gesicht, als er kurz zum Bücherregal schielte. Er hatte Vincent nie erzählt, dass er Fan dieses historischen Killers war, aber trotzdem stand dort ein Buch über ihn, wie er gemordet hatte und was aus ihm geworden war. Vincent war wirklich in seinem Kopf gewesen. Und doch hatte er Ewigkeiten gebraucht, um herauszufinden, zu wem diese Persönlichkeit gehört, in die er sich hineinversetzte.

      "Wie gesagt: Du hast es dir verdient, mein Hübscher", antwortete Jonathan und setzte seine Massage fort, nur eben nicht mehr an Vincents Schultern.
      Der Polizist war groß, das hatte John schon vorher erkannt. Aber wie groß er wirklich war, zeigte sich erst jetzt. Er konnte es nicht sehen, aber allein das Gefühl des pulsierenden Schafts in seiner Hand...
      Mit der freien Hand griff er über Vincent hinweg zu seinem Werkzeugtisch. Er nahm eines der Skalpelle und zeigte es Vincent. Aber anstatt den Polizisten zu verletzen, drehte er die Klinge und richtete sie gegen sich selbst, indem er sie an seiner Hüfte ansetzte und die gleiche Form zeichnete wie bei Vincent. Der Schmerz schoss als heißes brennen durch ihn hindurch. Sein Blut rann an seiner Hüfte hinunter auf Vincents, tauchte das Pflaster über dessen Hüfte in ein blasses Rot.
      "Du und ich... wir sind für immer verbunden", sagte John, hob die Hüften und setzte sich einige Zentimeter weiter hinten wieder auf Vincent.
      Er legte den Kopf in den Nacken und genoss das Gefühl in seinem Unterleib. Vincent war hart und heiß. Er fühlte sich unglaublich gut an. Langsam und mit äußerster Vorsicht begann er, sich zu bewegen. Auf und ab, ganz sanft, um Vincent daran zu gewöhnen. Der Schmerz würde schlimmer werden, überall in Vincents Körper. Aber er würde den Schmerz seiner verletzungen vergessen, er würde sich nur noch auf ihn konzentrieren. John würde zu seiner Welt werden und er würde alles andere ausblenden!
    • Vincent schickte den Bericht ans Büro, viel hatte er allerdings nicht geschrieben. Die Fahrt verlief ereignislos, Johnathan kam hier an und machte keine Probleme. Seit er geschnappt wurde war er ein vorzeige Insasse gewesen, hatte getan was ihm gesagt wurde, nichts angestellt und sogar einige seiner Morde zugegeben, sofern Vincent ein wenig Zeit mit ihm verbrachte. Er musste aber zugeben dass das bestimmt nichts für Johnathan war, dass er ungern getan hatte. Er rühmte sich mit seinen Morden und präsentierte sie stolz, eine schlimmere Strafe als das Gefängnis wäre wohl gewesen, wenn seine Taten einem Anderen, offensichtlich nichtsnutzigem Kleinkriminellen in die Schuhe geschoben worden wären. Aber so? Er konnte seine Morde noch einmal durchleben, sie in Gedanken durchspielen und der Polizei zeigen wie unfähig sie doch waren den Mörder zu finden, oder gar die Leiche, dass er dabei mit Vincent plaudern konnte war wohl nur ein Bonus gewesen. Aber irgendetwas musste der junge Ermittler an sich haben das Johnathan beeindruckt hatte, vielleicht weil er es war der seine Identität letztendlich aufgedeckt hatte? Zugegeben, am Anfang der Gefangenschaft war Vincent ein vorzeige Opfer gewesen, er wusste wie der Mörder tickte, was er wollte, was ihm gefiel und was er mit seinen Opfern tat. Wie jeder Mensch erhoffte er sich gewisse Reaktionen und Vincent gab ihm was er wollte, in der Hoffnung so länger zu leben und einen Moment zu erhaschen in dem er flüchten konnte. Er wusste er war der Einzige der seine Identität kannte, wäre er da unten gestorben, wäre er noch Jahre nicht gefasst worden. Natürlich wollte Vincent aber auch leben, er wollte nicht sterben, vor Allem nicht so und nicht von dem Mann ermordet den er eigentlich seit Jahren übertreffen wollte.
      Offensichtlich hatte Vincents Taktik funktioniert, doch aus dem Spiel wurde Realität, irgendwann gab es einen Moment wo er nicht mehr tat was Johnathan wollte um zu überleben, sondern um ihm zu gefallen. Nicht um länger Leben zu können, zu entkommen und ihn hinter Gitter zu bringen, sondern um mehr Zeit mit ihm verbringen zu können. Aber genauso gab es einen Moment in dem Johnathan nicht mehr nur Spaß haben wollte, nicht mehr nur tat was er auch mit seinen anderen Opfern getan hatte und schließlich selbst wollte dass Vincent lebte. Die Hand des jungen Polizisten wanderte wie von selbst an seine Hüfte, an der das Symbol eingeritzt war dass sie Beide für immer verbinden sollte. Es war diese Nacht gewesen... in dieser Nacht hatte Vincent aufgehört zu versuchen zu entkommen, es gab so viele Gelegenheiten. Und es war wohl auch diese Nacht in der Johnathan aufhörte Vincent wirklich töten zu wollen.

      Er hatte es verdient? Ja, das war es auch was er vor gehabt hatte, ein braver Gefangener zu sein. Aber wenn er nun so darüber nachdachte, da kam er sich schlecht dabei vor. Er hatte Johnathan angelogen, ihm etwas vorgespielt und es fühlte sich nun falsch an so unehrlich zu ihm gewesen zu sein. Doch wann hatte sich das eigentlich geändert? Wann hatte er aufgehört zu spielen? Oder spielte er so gut, dass er sich sogar selbst täuschte? Hier unten verschwamm alles, die Realität verzerrte sich immer mehr, ob es an den Schmerzen lag, den Medikamenten? Oder lag es an Johnathan, er war ein Meister der Manipulation und das wusste Vincent, er war eben ein Psychopath wie er im Buche stand. Niemand merkte es ihm an und er bekam leicht was er wollte. Er wusste dass es in den Augen anderer falsch war was er hier tat, aber erkannte selbst nicht dass er im Unrecht war. Ja, wenn er wollte konnte er sogar Lieben, eine Beziehung eingehen, vielleicht tat er das bei Vincent, oder er interpretierte in seine Handlungen zu viel hinein. Wie auch immer, Fakt war das so etwas nicht lange anhielt, wie lange würde es dauern bis auch Vincent ihm langweilig wurde?
      Als Johnathan das Skalpell hob wusste Vincent allerdings dass der Moment noch nicht gekommen war, stattdessen setzte Johnathan es bei sich selbst an. Etwas das er bisher noch nie gemacht haben dürfte, eine Veränderung in seinem Verhalten. Doch anstatt diese Gelegenheit zu nutzen in der das scharfe Werkzeug schon an Johnathans Körper angesetzt war, sah Vincent mit einer Mischung aus Freude und Schmerz zu wie sich der Mann dasselbe Zeichen einritzte, dass er auch Vincent eingeritzt hatte. Freude darüber ihm nun näher zu sein, Schmerz weil er den Anblick nicht ertragen konnte dass Johnathan verletzt wurde. Das dritte Gefühl, das seit geraumer Zeit immer schwächer wurde, das Vincent sagte dass dieser Mann ein Monster war und dass es falsch war so zu fühlen wie er es tat, war kaum noch spürbar.
      Ein leises Stöhnen entfuhr ihm als Johnathan seine Position änderte und anfing sich sanft auf ihm zu bewegen. Es tat weh, ja, jede Bewegung, jeder Impuls der Vincents Körper wenn auch nur leicht erschütterte. Sein Atem ging schneller und es war schwer sich drauf zu konzentrieren seine Rippen nicht zu sehr zu beanspruchen und einen klaren Kopf zu behalten. Einen klaren Kopf? Vincent musste schon fast über sich selbst lachen! Er sah zu Johnathan auf, der seinen Kopf in den Nacken gelegt hatte. Erneut wäre es so einfach gewesen eines der Werkzeuge vom Tisch zu schnappen und hätte Vincent einen klaren Kopf behalten, so hätte er es getan. Aber er konnte es nicht, warum sollte er dann nicht auch den Rest seines Verstandes los lassen? Warum sollte er es nicht genießen? Und so schüttelte er alle Fesseln ab und gab sich John hin, der Schmerz in seinem Oberkörper war vergessen, nichts existierte mehr, nur der Mann der auf ihm saß, sich weiter rhythmisch bewegte und den Vincent am Liebsten gepackt hätte um seine Lippen noch einmal kosten zu dürfen.

      Ein Schauer durchfuhr Vincent als er an diese Nacht zurück dachte und er schielte unauffällig zu John hinüber. Sein Blick schweifte über seine Hüfte, er wusste genau wo sich das Zeichen befand und ein Gefühl der Sehnsucht schien sich langsam in Vincent auszubreiten.
      Ruckartig stand der Ermittler auf, fast etwas zu stürmisch, dabei hätte er fast seinen Stuhl umgeworfen. Er wollte diese Gedanken los werden, er musste sich ablenken. "Ich koche etwas.", teilte er dem Anderen mit und verschwand aus dem Raum. Ja, es gab eine Küche in diesem Haus wie in jedem anderen Haus auch, nur dass diese Küche mit einer Sicherheitstür ausgestattet war die einen Code und einen Schlüssel verlangte um sie zu öffnen. Sie hätten sich zwar jeden Tag etwas hier her bestellen können, aber Vincent kochte lieber selbst und er war sich sicher dass Johnathan auch eher ein Fan von Selbstgekochtem war.
      Vincent schloss die Sicherheitstür hinter sich wieder sorgfältig und machte sich daran etwas zuzubereiten. Er musste Johnathan dafür zwar aus den Augen lassen, aber das war gut so. Schon die kurze Zeit eben, zusammen in einem Raum hatte ihn viel zu sehr aufgewühlt. Er brauchte eine Pause von diesem Mann und fragte sich ob das hier wirklich eine gute Idee war, ob er professionell bleiben konnte und ob er es schaffte sich Johnathans Manipulationsversuchen zu entziehen.

      Es dauerte nicht lange bis Vincent für sie Beide gekocht hatte und als er mit den Beiden Tellern wieder nach draußen kam, musste er den Kopf schütteln. Er hatte gerade einen Serienmörder bekocht...und zwar nicht nur irgendeinen Serienmörder, er hatte den Mann bekocht der ihn gefoltert hatte und der seinen Partner ermordet hatte. Was für eine Ironie, konnte Vincents Leben eigentlich noch kurioser werden? Vermutlich, ja. Er stellte die Beiden Teller samt Besteck auf den Esstisch, setzte sich und wartete darauf, dass auch Johnathan sich setzte um zu Essen. Das Geschirr bestand, wie alles andere, hauptsächlich aus Material mit dem Johnathan Vincent nicht innerhalb weniger Sekunden töten konnte, doch der Ermittler selbst empfand diese Vorsichtsmaßnahme als ziemlich kindisch.
    • Jonathan verlor sich in seinen eigenen Gedanken zu den Fleur du Mal und Baudelaires Ausführungen über das Böse. Er kannte das Buch praktisch schon auswendig, so oft hatte er es gelesen, dennoch bereitete es ihm immer wieder Freude, sich darin zu verlieren. Schon als Kind hatte ihn das sogenannte Böse interessiert, wenn nicht sogar fasziniert. Seinen Eltern war nie aufgefallen, dass der kleine Jonathan nicht wusste, was richtig und falsch bedeutete. In der Schule war es einfach definiert: Falsch war jede Antwort, die nicht richtig war. Jonathan hatte sich also angestrengt, immer richtig zu antworten, denn von Hause aus wurde jedem Kind beigebracht, das Richtige zu tun. Was richtig und was falsch war, war allerdings eine höchst subjektive Entscheidung. Was für den einen richtig war, war für einen anderen falsch und umgekehrt. Diese Erkenntnis hatte Jonathan gemacht, als eine Blondine Mitte zwanzig in den Antiquitätenladen seines Vaters geplatzt war. Es hatte einen riesigen Streit gegeben, in den seine Mutter, sein Vater und die Blondine verwickelt gewesen waren. Niemand hatte den Jungen bemerkt, der sich unter einem Schreibtisch aus dem neunzehnten Jahrhundert versteckt hatte, um ein Buch zu lesen: Fleur du Mal. Jonathans Vater war glücklich mit der Blondine gewesen, John hatte sie schon öfter zusammen gesehen. Demnach war es für seinen Vater richtig gewesen, mit ihr zusammen zu sein. Für Jonathans Mutter allerdings war es falsch gewesen wegen dem Ring, den sie beide am Finger trugen und dem Schwur, der damit verbunden war. Damals hatte er es noch nciht so recht verstanden, aber es hatte ihn in seinem Richtig oder Falsch Studium vorangebracht.
      Ein angenehmer Duft riss ihn aus seinen Gedanken und kurz darauf trat Vincent mit einigen Leckereien wieder in sein Blickfeld. Der Polizist forderte ihn also stumm dazu auf, etwas zu essen. Jonathans Blick schweifte zur Uhr. Hatte sich Vincent etwa an den Gefängniszyklus angepasst, dass er pünktlich mit dem Essen fertig war? Wohl eher nicht.
      Jonathan klappte das Buch zu und schlenderte an den Esstisch, wo er sich auf den Stuhl sinken ließ. Das Buch landete neben dem Teller auf dem Tisch.
      "Plastikgeschirr? Also wirklich, für wie verrückt haltet ihr mich?", lachte er und schnickte gegen den Teller.
      Er zuckte mit den Schultern und nahm einen Happen von dem, was Vincent da gezaubert hatte, während er in seinen Träumen versunken war.
      "Das ist gut. Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst", sagte er, "Damals in deiner Küche hat nichts darauf hingewiesen."
      Er kicherte leise. Er wusste, dass er Vincent ein bisschen damit aufziehen konnte, in dessen Wohnung gewesen zu sein, ohne dass dieser wusste, wann das gewesen war. Bevor er ihn im keller gehabt hatte? Oder doch währenddessen? Wie oft war er dort gewesen? und wie zur Hölle war er überhaupt erst reingekommen?
    • "War nicht meine Idee... das mit dem Geschirr. Der Polizeichef bestand darauf, er wollte nicht dass etwas passiert und er erklären müsste wie es überhaupt dazu kommen konnte. Schlechte Presse ist wohl das Einzige was ihn dabei beunruhigt. Ich bin mir ziemlich sicher dass du mich nicht plump abstechen würdest und selbst wenn du es wolltest, dann hast du bestimmt alles hier was du dafür brauchst, richtig?", erwiderte Vincent, war sich auch ziemlich sicher dass Plastik Geschirr nicht gerade Johnathans Stil war. Als er seine Wohnung ansprach verzog er nur etwas genervt das Gesicht und kostete erst einmal selbst ob es überhaupt schmeckte. Es war ihm wohl ganz gut gelungen.
      "Ich habe damals auch nicht gekocht. Aber wenn man nicht schlafen kann, dann sucht man sich eben eine andere Beschäftigung. Wie kochen zum Beispiel." Auch wenn Vincent nach seinen nächtlichen Kochorgien meist nichts davon runter gebracht hatte was er da zubereitet hatte. Das meiste schenkte er dann in der Arbeit her oder er musste es wohl oder übel wegwerfen. Erstaunlicherweise schien sein Appetit im Moment nicht wirklich beeinträchtigt, was ihn schon ziemlich wunderte. Trotzdem war es ein komisches Gefühl mit diesem Mann an einem Tisch zu sitzen und zu Abend zu Essen als wäre es das normalste der Welt. Vincent warf einen kurzen Blick auf das Buch das er da gelesen hatte, er kannte Johnathans Geschmack und es verwunderte ihn nicht dass er sich gerade dieses Buch ausgesucht hatte.
    • "Erstechen ist nicht mein Stil, das weißt du doch. Ich hhab's ein paar Mal probiert, aber entweder war es zu schnell oder es lief auf Ausbluten hinaus und das geht auch auf spaßigere Weise."
      John zuckte mit den Schultern und ließ sich das wesentlich harmlosere Kunstwerk seines Polizisten schmecken.
      "So so. Damit verbringst du also deine schlaflosen Nächte...", schmunzelte er und schob sich einen Happen in den Mund.
      "Und was bereitet dir solche Probleme, zu schlafen?"
      Jonathan wusste genau, dass er selbst der Grund war. Früher, weil Vincent ihn gejagt hatte, jetzt weil er Vincent verfolgte; sogar bis in dessen Träume.... allerdings beruhte das auf Gegenseitigkeit. John hatte oft von dem Polizisten geträumt. Vor ihrer gemeinsamen Zeit in seinem Keller. Vor ihrer unbeobachteten Zeit im Gefängnis. Davon, was er mit Vincent in diesen Räumen machen wollte. Davon, was Vincent mit ihm machen sollte.
      "Vielleicht ist das hier", er schnickte erneut gegen den Teller, "ja auch eine Vorsichtsmaßnahme, um mich vor dir zu schützen? Immerhin hättest du mehr als nur einen Beweggrund, mich umzubringen."
      Er musterte Vincent. Er war ruhiger geworden, seit ihrer Zeit in dem Keller. Früher war er so... enthusiastisch und energiegeladen an die Sachen herangegangen. Es würde sicherlich schwer werden, diesen Vincent aus der Fassung zu bringen.
      "Hast du davon geträumt? Wie du mir weh tust? Wie du mir all das, was ich dir angetan habe, zurückzahlst? Damals hast du es nicht gekonnt. Du hast mich nicht getötet, obwohl du es gekonnt hättest. Wir sind uns ziemlich ähnlich, weißt du? Du konntest mich nicht töten, genauso wenig konnte ich dich sterben lassen. Welch Ironie... Vielleicht ist das Böse in uns doch nicht so übermächtig, wie Baudelaire es beschreibt?"
    • "Ich weiß.", antwortete Vincent knapp als Johnathan erklärte es wäre nicht sein Stil jemanden abzustechen. Er wusste viel über ihn, mehr als über die Meisten Anderen Menschen die er kannte. Vermutlich wusste er sogar mehr über ihn als über sich selbst. Langsam blickte er von seinem Essen auf und zu Johnathan. Immer wieder sprach er seine Schlafprobleme an, was faszinierte ihn nur so daran? Er wusste genau was Vincent träumte, er hatte ihm den einen oder anderen Traum sogar erzählt. Es gab Tage im Gefängnis, wenn er ihn besucht hatte, da konnte er ihm keinen Wunsch abschlagen. Jetzt hier draußen wirkte alles etwas anders, vielleicht weil Vincent mehr Verantwortung hatte und weil er Angst hatte was passieren könnte wenn er sich weiter auf ihn einließ. Er hatte im Gefängnis ja nie damit gerechnet dass John eines Tages wieder einen Fuß nach draußen setzen würde.
      Das schnippen gegen den Plastikteller ließ Vincent aus seinen Gedanken aufschrecken und er blickte John direkt an. "Du weißt dass ich dich nicht umbringen-", für den Bruchteil einer Sekunde stockte er, beinahe hätte er 'will' gesagt, korrigierte dies aber schnell in ein 'kann'. Er sollte es wollen, wenn schon nicht für ihn selbst dann für all die Opfer, für seinen Partner. Aber nein, das Gefühl kam nicht auf, auch wenn er es sich wünschte, er konnte es nicht erzwingen.
      Er hatte nie davon geträumt es ihm heimzuzahlen, nein. Aber er träumte davon wie er es plötzlich wahr dessen Name er herausfand, dass er der Mörder war, dass er alle diese Menschen auf dem Gewissen hatte. Und er wusste auch genau woher diese Träume rührten.
      Es war wahr, sie haben einander beide nicht umgebracht. Wieso? Vincent glaubte nicht an das Schicksal oder so etwas, aber täte er es dann würde er wohl sagen ihrer beider Schicksale waren verbunden. Bei Johns letzter Aussage entwich Vincent ein leises bitteres Lachen. "Oder es ist mächtiger als wir annehmen." Wie konnte es gut sein einen Mann wie ihn am Leben zu lassen? Wenn das nur alles gewesen wäre... dass Johnathan noch lebte, dass Vincent ihn nicht umgebracht hatte. Wenn man die Welt unterteilen wollte, bewerten wollte und die Begriffe Gut und Böse nutzen wollte, so war John bestimmt Böse. Und wie konnte es Gut sein die Chance verstreichen zu lassen das Böse auszulöschen, wenn sich die Gelegenheit bot? Wie konnte es Gut sein sich zu diesem Mann auch noch irgendwie hingezogen zu fühlen? Vincent war wie eine Motte in seinem Netz gefangen. Er wusste John würde sich nie ändern, er wollte es nicht und er konnte es nicht. Aber was war mit Vincent selbst? Es war nur eine Frage der Zeit bis sein Verstand endgültig aufgeben würde, wenn da überhaupt noch etwas übrig war.
    • "Interessante Theorie. Sir sind böse, weil wir das Böse am Leben lassen... Klingt ja beinahe nach jemandem, der die Todestrafe verteidigt."
      Jonathan kicherte leise. So viel er auch gemordet hatte, er hatte immer darauf geachtet, niemals in einem der wenigen Staaten aktiv zu werden, die diese Bestrafung noch anwandten. Er hätte sie garantiert bekommen und wahrscheinlich hätte man ihn nicht zwanzig Jahre warten lassen. Sie hätten John wahrscheinlich nie erwischt, aber man konnte nie vorsichtig genug sein.

      Den Rest des Abendessens ließ Jonathan ohne Kommentar ablaufen. Er war sehr geduldig und jeder wusste, dass er gut schweigen konnte. Er hätte ja den Abwasch gemacht, aber man ließ ihn ja nicht in die Küche. Also begnügte er sich damit, Baudelaire wieder ims Bücherregal zu verbannen und sich stattdessen mit Holmes zu beschäftigen. Es war eindeutig von einem drittklassigen Autor geschrieben worden, der sich nur oberflächlig mit Holmes beschäftigt hatte. Es frustrierte, diesen Schund zu lesen, der nur halb fundiert war. John las drei Kapitel, dann warf er das Buch in dem Mülleimer. Sowas sollte sich nicht verkaufen!
      Bei seiner kleinen Impulsschwäche entdeckte er aber ein anderes Buch über einen Serienkiller, dass er sogleich mit neugewonnenem Interesse zu lesen begann. Es war äußerst interessant zu hören, was eine gewisse Clarissa Meadows über ihn zu wissen glaubte und welche Theorien sie so anstellte. Sie zog einige Statistiken des FBIs heran und erläuterte, John sei von seinem Vater sexuell missbrauchte worden und habe schon als Kind seine Mutter verloren.
      "Vince, mein Hübscher?", machte er den Polizisten auf sich aufmerksam, "Könntest du Simon bitte um einen Termin mit einer gewissen Miss Clarissa Meadows bitten? Sie macht meinen Ruf kaputt. Vielmehr den eines rechtschaffenen Mannes."
      John wedelte kurz mit dem Buch, um seine Aussage zu unterstreichen.
    • Vincent war nie ein Fan der Todesstrafe gewesen, vielmehr betrachtete er eine lebenslange Haft als die größere Strafe, aber bei John? Er war sich sicher dass wenn es ihm irgendwie möglich war er wieder morden würde und er würde nicht damit aufhören bis er starb. Er hatte es nach kurzer Zeit geschafft das Gefängnis zu verlassen und in einem schönen Haus zu leben, wie lange bis er einen Fluchtplan hatte und ihn in die Tat umsetzen konnte? Aber Vincent erwiderte nichts darauf und sammelte das Geschirr zusammen als sie beide fertig waren um es in die Küche zu bringen.

      Als er zurück kam war John wieder mit Lesen beschäftigt nur um das Buch plötzlich in den Mülleimer zu verfrachten. Vincent interessierte zwar was John da so auf die Palme gebracht hatte, ließ es aber fürs Erste gut sein ehe er erneut angesprochen wurde.
      "Mit wem...?", fragte er, der Name kam ihm irgendwie bekannt vor. Er ging zu John hinüber um ihm das Buch aus der Hand zu nehmen mit dem er herum wedelte. "Wie ist das denn hier gelandet...?", murmelte er eher zu sich selbst. Er kannte es, immerhin hatte er alles über John gelesen als er im Krankenhaus aufgwacht war. "Ich glaube nicht dass dich ein Gespräch mit ihr weiter bringt, zumal sie uns bestimmt nicht bei unserem Fall helfen kann. Sieh mal auf das Datum." Vincent reichte ihm das Buch zurück, es erschien nur drei Tage nachdem Vincent gefunden wurde. John hatte es aber wahrscheinlich schon bemerkt. "Was erhoffst du dir von einem Gespräch mit dieser Frau?"
    • "Nun, normalerweise würde ich sie in meinen Keller einladen, aber da du das wahrscheinlich verhindern würdest, will ich es bei einem netten Kennenlernen und einer ausführlichen Belehrung lassen. Du hast doch bestimmt gelesen, was für einen Quatsch sie über mich und meine Familie verbreotet. Die Menschen lesen das und denken sich ihren Teil dazu, geben meinem Vater die Schuld. Aber er hat nichts getan. Die Menschen sollen mich verurteilen, nicht ihn."
      Es war nicht direkt ein emotionaler Ausbruch seinerseits, aber sein Vater war kein Monster gewesen. Ihm gegenüber hatte er tatsächlich sowas wie Liebe empfunden, er hatte nichts getan. John war das Monster, John hatte die ethisch moralischen Grenzen der Gesellschaft überschritten, nicht sein Vater.
      "Fang mit der Information an, was du willst, aber ich werde nicjt zulassen, dass schlecht über den Mann geredet wird, der mich großzog. Er hat sein Bestes getan, mich im Zaum zu halten, ihn trifft keine Schuld."
      John stand auf und drückte Vincent das Buch gegen die Brust.
      "Bestell sie her oder ich werde nicht mehr so nett sein. Ich würde sagen, dass ich etwa drei deiner Leute töte, bevor ihr mich über den Haufen schießen könnt. Vielleicht schaffe ich es sogar schon in den nächsten Bundesstaat, wer weiß. Aber entweder ihr lasst mich mit dieser Frau reden, oder ich werde sie umbringen."
      John wartete nicht auf eine Antwort. Er bohrte seinen Blick in Vincents, dann wandte er sich ab und sah sich mal den Rest des Hauses an.
      Nur ein Schlafzimmer. Würde Vincent sich das Bett mit ihm teilen, ihn über Nacht allein lassen oder sich auf der Couch den Rücken ruinieren? Hm. Er ließ sich probeweise auf das Bett fallen. Es war bequem, aber das war wohl nicht sonderlich schwer, wenn die Konkurrenz eine dünne Pritsche war. Dieses Ding hatte Johns Rücken wohl mehr demoliert als es jede Couch dieser Welt es könnte...

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    • Vincent sah John etwas verwirrt an, er dachte wirklich er kannte ihn, aber er hätte nie damit gerechnet dass ihm seine Familie so wichtig war. Natürlich wusste er was sie geschrieben hatte und natürlich wusste er dass es Blödsinn war und sie selbst wusste das auch. Andernfalls hätte sie das Buch nicht so schnell veröffentlicht als klar war dass Vincent überlebt hatte. Sie hatte nicht einmal darauf gewartet ob er aufwachen würde um den Mann zu interviewen der vermutlich am Meisten über John wusste. Stattdessen hatte sie das Aufkeimen des Themas genutzt und schnell veröffentlicht bevor jedem bekannt wurde dass es falsch war was sie schrieb. Es gab bestimmt dennoch genug Leute die glaubten was da stand.
      John drückte ihm das Buch gegen die Brust und Vincent nahm es überrascht entgegen, sah ihn ebenfalls an und verließ anschließend den Raum. Der Ermittler sah John hinterher und blieb etwas verdutzt stehen. Er glaubte ihm zumindest einen Teil der Drohung, aber er wollte es auch nicht riskieren auszuprobieren ob er sie wahr machen konnte. Er verkaufte es eben als Deal dafür, dass er ihm den Tipp mit dem Fluss gegeben hatte. Vincent stellte das Buch zurück ins Regal und holte sein Handy hervor um Simon Dwayne anzurufen und das Ganze absegnen zu lassen. Während des Telefonats schritt Vincent zurück zum Regal, nahm das Buch wieder heraus und warf es zu dem Anderen in den Mülleimer. John brauchte es nicht um es zu zitieren, er kannte auch so schon jede Einzelheit die er dieser Frau um die Ohren hauen wollte.
      Der 'Deal' stimmte Simon Dwayne nicht gerade freudig, war doch der Deal das Haus und die Zeit mit Vincent, aber es war wohl nichts dabei mit einer Frau zu sprechen und es würde Sicherheitsmaßnahmen geben. Abgesehen davon war es John bestimmt zu schade über den Tisch zu springen und ihr den Hals umzudrehen bevor er aufgehalten werde konnte, da wartete er lieber darauf irgendwann frei zu kommen... vermutlich.
      Clarissa Meadows bekam Morgen wohl eine polizeiliche Vorladung und eine Eskorte zu diesem Haus, spätestens Übermorgen. Vincent legte auf und überlegte ob er John berichten sollte, es machte ihn ohnehin nervös nicht zu wissen wo er war. Er brauchte nicht lange bis er die Schlafzimmertür offen stehen sah und schob sie langsam auf. John lag auf dem Bett, Vincent hatte keine Ahnung was er da tat. "Spätestens Übermorgen kannst du mit ihr sprechen.", teilte er ihm mit und wandte seinen Blick wieder ab. Irgendwie irritierte es ihn John in einem Bett liegen zu sehen, es war ein komisches, unbegründetes Gefühl und er wusste nicht einmal recht woher es kam. In seinem Keller gab es nur den kalten Metalltisch, auch in der einen Nacht... warum dachte er jetzt überhaupt daran?
    • Jonathan war ein bisschen in Gedanken versunken, während er so auf dem Bett lag. Als kleines Kind hatte immer im Ehebett seiner Eltern geschlafen. Es war durchaus normal, dass Kleinkinder in der Nacht wach wurden und zu ihren Erzeugern ins Bett krabbelten. Sie sehnten sich nach der Sicherheit und der Wärme ihrer Eltern. Aber John nicht. Er war nicht mitten in der Nacht aufgestanden. Er hatte dort seinen Mittagsschlaf gemacht. Er hatte sich ans Fußende gelegt, quer und die Kopfkissen seiner Eltern angestarrt. Er hatte sich vorgestellt, wie ein Leben ohne sie wäre. Ein Kind sollte über sowas eigentlich nicht nachdenken, aber er hatte sich diese Frage gestellt. Was würde mit mir passieren, wenn meine Eltern nicht mehr da sind?
      "Spätestens Übermorgen kannst du mit ihr sprechen."
      John blinzelte kurz der Decke entgegen und kehrte in die Realität zurück.
      "Gut", antwortete er.
      Er klopfte neben sich auf das Bett, ganz harmlos, als bitte er einen Freund darum, neben ihm Platz zu nehmen.
      "Ich hoffe doch sehr, dass du heute Nacht nicht vorhast, auf der Couch oder gar dem Boden zu schlafen."
      Er setzte sich auf und als er Vincents Gesicht sah, huschte ein Grinsen über seine Lippen.
      "Ist ein bisschen was anderes als an einen metallenen Tisch gefesselt zu sein, oder?", sagte er sanft und strich über die Laken des Bettes, "ob es hier genauso wäre? Du könntest mich an das Kopfteil fesseln. Du hast doch sicherlich ein Paar Handschellen bei dir, oder? Oder soll ich dich damit fesseln, wie damals?"
      Er schob die Knie ein wenig auseinander, spreitzte die Beine und schob die Hand über die Innenseite seines Oberschenkels.
      "Du könntest uns aich ein Messer aus der Küche holen...", raunte John und berührte mit voller Absicht die Stelle an seiner Hüfte, die vernarbt war.
      Das Unendlichkeitszeichen glühte praktisch unter dem Stoff der Hose. Es rief nach seinem Zwilling, der auf der anderen Seite des Raumes im Türrahmen stand.
    • Vincent wollte das Zimmer schon wieder verlassen, als John auf das Bett klopfte. Er konnte nicht anders als hinzusehen und dann wieder auf John. "Ich werde nicht mir dir in einem Bett schlafen.", erwiderte er und bemerkte Johns Grinsen, seinen Blick, er hasste diesen Blick. Er spielte nur mit Vincent, wollte ihn ärgern und zu seinem Bedauernd klappte das auch. Er konnte nicht anders als an die Nacht zurück zu denken und er konnte nicht anders als sich all das auszumalen was John gerade ansprach. Das schlimmste wahr dass Vincent sich dabei die ganze Zeit fragte ob John ernst meinte was er sagte und wenn ja ob er einfach nur ein wenig Spaß wollte. Wenn er die Gelegenheit dazu hätte Vincent zu töten...würde er es dann tun? Oder würde er wieder zögern und sein Leben für ihn opfern, denn genau das hatte er getan. Er hatte ihn gerettet und war dafür ins Gefängnis gewandert. Ob er einfach dachte er käme schon wieder frei? Nein damals... damals dachte er bestimmt nicht daran. Und Vincent konnte nicht aufhören in John eine Art Retter zu sein, obwohl es doch er war der ihm erst das Leben nehmen wollte. Abgesehen von der anhaltenden Faszination und dem Interesse dass er schon an ihm gezeigt hatte als er den Fall übernommen hatte.
      Der Ermittler konnte nicht anders als John weiter anzusehen, seinen Bewegungen zu folgen und er musste schlucken. Es war eine Art Sehnsucht die er verspürte, während sein Kopf ihn warnte, ihm befahl auf der Stelle auf dem Absatz kehrt zu machen und zu gehen, am Besten gleich aus diesem Haus, am aller Besten aus dieser Stadt. Aber er konnte nicht. Er stand da wie angewurzelt und fragte sich nach was er Sehnsucht hatte. Nach Zärtlichkeit? Berührungen? Sex? Eine Beziehung - nein nicht einmal ein bedeutungsloser One Night Stand waren nach seinem Erlebnis in Johns Gewalt nicht möglich gewesen. Er konnte nicht einmal daran denken.
      Vincent hoffte jedenfalls dass dieses Gefühl daher rührte und nicht tiefer saß, nicht John verlangte sondern einfach nur irgendjemanden.
      Vincent folgte Johns Fingern, wie sie an seine Narbe glitten und Vincent musste unwillkürlich dasselbe tun. Ihm war heiß, er musste schlucken und schaffte es schließlich seinen Blick abzuwenden.
      "Die Couch ist ausziehbar und bequem. Außerdem werde ich ohnehin nicht viel schlafen können. Bist du müde?" Richtig, es gab nur ein Schlafzimmer, aber dieses war verschließbar. Theoretisch war es dazu gedacht dass Vincent sich einschließen konnte wenn er müde war ohne Angst haben zu müssen John würde etwas anstellen, aber das funktionierte genauso gut anders rum. John war kein freier Mann, für ihn war kein Bett vorgesehen.
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