[2er RPG] Killer Instinct

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    • [2er RPG] Killer Instinct





      "Weißt du, X, ich hab mir schon lange vorgestellt, wie es wäre, dich hier zu haben. Du weißt, ich hab dich immer bewundert. Hättest du mich nur zwei Tage früher hoch nehmen wollen, hättest du das auch geschafft. Timing, X, Timing."
      Wieder wehrte er sich gegen seine Fesseln, aber es war praktisch unmöglich, sich zu befreien. Y war gut in dem, was er da machte. Er hatte seine Arbeit gesehen. Er hatte seine Arbeit analysiert, sie verstanden, sie verfolgt. Er wusste genau, wie er arbeitete. Es wunderte ihn ein bisschen, dass er noch nicht angefangen hatte. Aber seine Verwunderung wurde gleich gebrochen, als er das blitzende Skalpell in seiner Hand sah.
      "Dein Partner hat es schon hinter sich", sagte er, "Er erholt sich gerade hinten. Schläft ein bisschen. Also solltest du vielleicht nicht ganz so laut schreien, wir wollen ihn ja nicht wecken."
      Er würde den Teufel tun und einen Ton von sich geben!
      "Ich weiß, was du gerade denkst. Du denkst, dass du nicht schreien wirst, um mir keinen Gefallen zu tun. Glaub mir, du wirst schreien und das ist gut so. Du musst es rauslassen. Falls es dich tröstet: Die Schreie sind nicht der Grund, warum ich das tue. Sie nerven tatsächlich sogar ein bisschen... Aber für dich wird es besser sein, wenn du schreist. Es hilft gegen den Schmerz, das ist wissenschaftlich bewiesen."
      Er lächelte sanft und strich X über die Wange. Er konnte nicht einmal seinen Kopf bewegen.
      "Ich weiß, dass du das alles noch nicht verstehst. Du wirst es verstehen. Wer sonst, wenn nicht du?"
      Er sah ihn die ganze Zeit mit diesem sanften Blick an. Er verlor sich darin. Bis er den stechenden Schmerz in seiner Flanke spürte. Er schrie nicht. Sein Lächeln wurde nur noch sanfter, erinnerte X irgendwie an eine Mutter, die sich um ihr Kind sorgte.
      "Du musst dich nicht zusammenreißen, X. Es wird dir gut tun. Wehre dich nicht, das macht es dir so viel einfacher. Du weißt, dass ich so oder so weiter mache."
      Erneut stach er auf ihn ein. Noch immer konnte er sich zusammenreißen. Ihm entschlüpfte kaum ein Ton. Der dritte Stich folgte. Der Vierte. Der Fünfte. Der Sechste. Der Siebte. Der Achte. Er schrie nicht. Er starrte ihm einfach nur in die wundervollen, blauen Augen, die sanft auf ihm ruhten, während er ihre Arbeit machte. Sein Lächeln war bezaubernd. Doch dann war er fort. Er reinigte das Messer. Er räumte es wieder an seinen angestammten Platz. X schielte so gut er konnte an seinem Körper hinunter. Der Schmerz war nun nicht mehr ganz so stark, dafür aber verteilter. Er konnte kaum etwas erkennen, aber das was er sah, gefiel ihm nicht. Ja, er kannte Y Arbeit. Er konnte sich vorstellen, was jetzt kommen würde. Und seine Vermutung wurde bestätigt, als er mit einem chirurgischen Meißel und einem dazu passenden Hammer zurückkehrte.
      "Du musst keine Angst haben, X. Es wird weh tun, ja, aber es wird dich nicht umbringen. Du kennst meine Arbeit. Ich mache keine Fehler. Und ich habe dich noch nie angelogen. Du hast nur nicht richtig hingehört. Also, wollen wir?"
      Er wartete tatsächlich auf eine Antwort von ihm. In seinem Hirn arbeitete jede Windung. Er könnte jetzt auf Durchzug schalten, den Harten geben, aber irgendetwas sagte ihm, dass er das nicht lange durchhalten und es bereuen würde. Also nickte er auf Ys Frage hin, was ihm erneut dieses sanfte Lächeln ins Gesicht zauberte.
      "Zusammen schaffen wir das hier schon", sagte er und setzte den Meißel in einem der Schnitte an.
      Das Brennen fraß sich durch seine ganze Flanke. Zuerst hörte er das metallische Aufeinanderschlagen der beiden Werkzeuge, dann hörte er das unengenehme Knacken. Sein Hirn brauchte eine unglaublich lange Zeit, um zu verarbeiten, was eigentlich gerade geschehen war. Wahrscheinlich verging überhaupt keine Zeit, aber für X war es eine nicht zu benennende Dauer. Aber als die Informationen dann alle ankamen, wo sie hinsollten und er den Schmerz seiner exakt durchgebrochenen Rippe spürte... da schrie er. Es war das erste, was er gesagt hatte, seit er hier unten in dem Keller aufgewacht war. Mit jedem weiteren Schlag schrie er sich die Seele aus dem Leib. Und Y hatte recht. Es half wirklich.


      Vor einem Jahr war X von einem der berüchtigsten Serienkiller des Landes, Y, entführt und zwei Wochen lang gefoltert worden. Beinahe hätte er die Untersuchung dieses Falles mit seinem Leben bezahlt. Doch die Rettung kam und Y wurde verhaftet. Man verurteilte ihn insgesamt weegen 19 Morden zu lebenslänglicher Haft. Aber alle Welt wusste, dass das nicht alles war.
      Die Staatsanwaltschaft handelte einen ungewöhnlichen Deal mit dem intelligenten Killer aus: Y verriet jeden Monat, ob er verantwortlich für eine Leiche war. Jeden Monat durfte die Polizei sich einen ihrer ungelösten Mord- oder Vermisstenfälle aussuchen, und sich eine Antwort darauf erhoffen. Aber nur, wenn X es war, der den Fall vortrug. So wurden in dem Jahr seit der Verhaftung weitere fünf Morde aufgeklärt und Y zur Last gelegt.
      X Körper hat sich seit der gefangenschaft wieder erholt, er arbeitet sogar wieder. Nur um erneut an einem Serienkiller zu knabbern, den er allein wohl nie schnappen wird. Er braucht jemanden, der ihm hilft, jemand, der weiß, wie der Täter denkt.
      Der Deal mit Y wird für diesen Fall neu verhandelt und der gefürchtete Killer kommt doch tatsächlich auf freien Fuß. Er bekommt Hausarrest in einem von der Polizei gekauften Haus, wird dort strengstens beobachtet. Und arbeitet an dem Fall.
      X, der notgedrungen ständig in seiner Nähe ist, kann der Anziehung zwischen ihnen bald nicht mehr widerstehen. Es ist genau wie damals in diesem Keller. Er weiß, dass Y gefährlich ist, er weiß, dass er sich nicht auf ihn einlassen darf und doch... er kann diesen himmlischen, blauen Augen nicht wiederstehen....


      Stecki:
      Name:
      Alter:
      Background:
      Sonstiges:
      Haarfarbe:
      Augenfarbe:
      Aussehen:
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      ~ Y o u ~ a r e ~ m i n e ~ f o r e v e r ~
      ~ S o ~ g o ~ a h e a d ~ a n d ~ d i e ~ f o r ~ m e ~


      Name:
      Jonathan "John" Henry Crichton

      Alter:
      38

      Background:
      Jonathan... viele waren sich sicher, dass hinter dem sogenannten Orchideen-Killer ein verstörter Eigenbrödler ohne soziale Kontakte stünde, aber niemand hätte mit einem gebildeten, belesenen Antiquitätenhändler gerechnet. Vielleicht hat es deswegen über acht Jahre gedauert, bis man ihn schlussendlich fasste. Und sogar das war wohl nicht nur Glück. Manch einer würde es als dumm bezeichnen, einen Polizisten zu entführen. Aber der hätte genauso enden können wie all die anderen. Er wäre sogar genauso geendet, hätte sich John nicht dazu durchgerungen, den Notarzt anzurufen und ihm das Leben zu retten. Niemand hätte damit gerechnet, dass sich der Orchideen-Killer so einfach stellen würde und niemand hat diese tat bis heute nachvollzogen.
      Aufgewachsen ist Joanthan in einer vollkommen intakten Familie mit einem Fable für Kunst und alte Sachen, am besten beides in Kombination. Er teilte diese leidenschaft bereits in jungen Jahren und sein außerordentlicher Verstand sorgte für den Rest. Selbstverständlich übernahm er das Familienimperium, das auf der ganzen Welt mit Antiquitäten handelt und führte es erfolgreich weiter.
      Aber es gab da immer diese eine Sache in ihm, dieses Loch, dass er einfach nicht zu füllen wusste. Als Kind und als Jugendlicher war es nicht so schlimm gewesen. Er wusste auch nie, was genau ihm fehlte. Bis sein vater an einem Herzinfarkt starb und er das erste Mal in seinem Leben eine Leiche sah. Es klickte verhältnismäßig spät, John entdeckte den Tod erst mit vierundzwanzig für sich. Doch von da an ließ er ihn nicht mehr los und das Monster, das so lange in ihm geschlummert hatte, brach sich bahn.
      Der Orchideen-Killer lernte schnell, er wurde von Mal zu Mal signifikant besser. Von einfachen Morden bis zur ausgefeilten Ablagestrategie waren es nur zwei Jahre. Und dann begann die Folter. Erst waren es nur wenige Tage, dann vergingen irgendwann Wochen. Die Leichen wurden immer entstellter. Aber alle gehörten sie zum Orchideen-Killer, hinterließ er doch immer eine solche in Weiß an den Fundorten.

      Sonstiges:
      Seit er geschnappt wurde, hat er praktisch kein Wort gesagt. Er redet eigentlich nur mit dem Polizisten, den er damals entführte und vor sich selbst rettete.
      Obwohl er eigentlich eine glückliche Kindheit hatte, redet er so gut wie gar nicht über seine vergangenheit, am allerwenigsten über seine Eltern.
      Er stimmte einer psychologischen untersuchung während seiner Haft zu, die ihm die einwandfreie Diagnose der Psychopathie erster Dimension einbrachte. Die Beschreibung solcher Patienten passt so perfekt auf ihn, dass er praktisch in Lehrbüchern stehen könnte.
      Trotz seiner imensen Faszination mit dem Tod und dem innigen drang zu töten, hat sich Jonathan unglaublich gut im Griff. Er kennt jeden zenitmeter seines Körpers, weiß genauestens über seine Grenzen und die anderer Bescheid und hat ein unglaubliches Körpergefühl. Selbst in einem stockdunklen Raum bewegt er sich, als könne er alles sehen.
      Man weiß nie genau, ob er die Wahrheit sagt oder ob er lügt. Nicht einmal ein Lügendetektor kann ihn knacken. Er ist einfach viel zu gut darin, die Wahrheit zu verschleiern.

      Haarfarbe:
      dunkelbraun fast schwarz

      Augenfarbe:
      ozeanblau

      Aussehen:
    • Name: Vincent Kane

      Alter: 36

      Background:
      Es war Vincents erster großer Fall gewesen - der berüchtigte Orchideen-Killer. Damit sollte er sich beweisen können, sich einen Namen machen können, doch warum er nun in aller Munde ist hätte er sich nie träumen lassen. Ein dummer Fehler kostete seinem Partner das Leben und Vincent einen Teil seines Verstandes.
      Vor dem Vorfall war er ein ambitionierter junger Polizist gewesen, vielleicht auch ein wenig naiv. Fröhlich, scharfsinnig und stolz darauf an einem so wichtigen Fall arbeiten zu dürfen, stürzte er sich regelrecht auf diesen Fall und wohnte praktisch im Gehirn des Killers. Jahrelang war er hinter diesem Mann her gewesen, hatte ihn studiert, wusste wie er dachte, doch er war ihm einen Schritt voraus gewesen. Und nun, nachdem er lebenslänglich hinter Gittern saß, hielt er Vincent immer noch in seinem festen Griff. Nicht nur weil er seinen Peiniger jedes Monat aufs Neue zu Gesicht bekam. Vincents Leben vor der Entführung existierte praktisch nicht mehr für ihn.

      Sonstiges:
      Vincent befand sich nach dem Vorfall lang in psychologischer Betreuung und arbeitet eigentlich nur wieder, weil der berüchtigte Orchideen-Killer ausschließlich mit ihm spricht. Außerdem macht sich sein Gesicht immer noch gut in der Zeitung, dies ist auch der Grund warum ihm der nächste große Serienkiller Fall praktisch in den Schoß gefallen ist. Körperlich geht es ihm wieder gut, doch das Erlebnis hatte seine Spuren hinterlassen. Es ist aber weder der Mord an seinem Partner, noch sind es die Qualen die er erleiden musste die ihn Nachts nicht schlafen lassen. Was ihn nicht los lässt ist die Frage nach dem Warum. Warum hatte dieser Mann ihn gerettet und warum sprach er nur mit ihm? Und warum macht ihm das keine Angst?

      Haarfarbe: Braun

      Augenfarbe: Grün

      Aussehen:
    • Killer Instinct [Eari feat. Pumi]

      Vorstellung --> Killer Instinct [Eari feat. Pumi]











      Er war die ganze Nacht bei ihm geblieben. Irgendwann hatten ihn die Schmerzen ausgeknockt. Er hatte es bis zum Schluss durchgehalten, aber er konnte mit den acht gebrochenen Rippen kaum atmen und das hatte ihm schlussendlich den rest gegeben. Aber das war in Ordnung, er hatte sich diese Pause wirklich verdient. Vince hatte das gut gemacht.
      Gedankenverloren strich er dem Polizisten über die Wange. Er war ein gutaussehender Mann, groß, stark. Hätte er das Überraschungsmoment nicht auf seiner Seite gehabt, dann hätte er Vince niemals überwältigen können. Ihn hier runter zu bringen war schon anstrengend gewesen. Vince hätte ihn mit Leichtigkeit ausschalten können, aber er war schneller gewesen und jetzt lag der Polizist hier unten, an einen metallenen Tisch gefesselt wie so viele vor ihm. Seinen Partner hatte er auch erwischt, aber der war bei weitem nicht so interessant. Der andere vertrug nichts und er war auch kein so netter Gast wie Vince. Er würde ihn zu einem weiteren Kunstwerk verarbeiten und der Presse zum Fraß vorwerfen. Die ganze Stadt suchte nach den beiden Polizisten, suchten nach ihm. Aber sie würden ihn nicht finden, niemand tat das. Niemand außer Vince...
      "Wach auf, mein Hübscher", flüsterte er und küsste den Polizisten sanft auf die Stirn, "Ich habe etwas für dich."
      Er holte eine orangene Pillendose hervor. Es waren starke Schmerzmittel, die Vince eine Weile die Möglichkeit geben würden, frei zu atmen.
      "Na komm, hoch mit dir. Wir wollen doch nicht, dass du noch daran erstickst."
      Er half dem Polizisten vorsichtig in eine sitzende Position, dann legte er ihm eine der Tabletten auf die Zunge und half mit ein bisschen Wasser nach. Das machten sie noch einmal mit einer zweiten Tablette, ehe er Vince vorsichtig wieder hinlegte.
      "Es wird dir bald besser gehen, die tabletten wirken schnell", erklärte er und setzte sich neben dem Polizisten auf die Metallliege.
      Mit einem Finger fuhr er über die starken Bauchmuskeln des Mannes, den er hier nackt wie Gott ihn geschaffen hatte vor sich liegen hatte. Er biss sich auf die unterlippe. Vince war verdammt nochmal heiß!
      "Die brüche sehen gut aus. Dir wird es gut gehen, du wirst schon sehen. Du musst nur lernen, anders zu atmen, um deine Rippen nicht zu sehr zu belasten. Die anderen haben sich alle daran gewöhnt. Du und ich... wir beide machen das hier gemeinsam. Ich werde dir da durch helfen, so gut ich kann, okay?"
      Er lächelte freundlich, dann lehnte er sich vor, um dem Polizisten einen weiteren Kuss auf die Stirn zu drücken.


      "Crichton! Aufstehen. Hände an die Wand, Beine auseinander."
      Diese nervigen Wachen waren so langweilig. Er wusste doch mittlerweile, wie der Hase lief, sie mussten es ihm nicht jedes Mal erklären!
      Er laß in aller Seelenruhe den Satz noch zu Ende, stand dann auf und tat, was man ihm befohlen hatte. An der weißen Wand seiner Gefängniszelle waren sogar rote handabdrücke aufgemalt, wo er seine Patschehändchen platzieren sollte. Auf dem Linoleumfußboden befand sich das Gleiche noch einmal mit Schuhabdrücken.
      Als er so da stand, wie es die Zeichnungen wollten, wurde die Zellentür hinter ihm geöffnet und zwei Wärter traten ein. Einer durchsuchte ihn nach möglichen Waffen, der andere sicherte ihm den Rücken. John war ein angenehmer Gefangener. Er redete nicht viel, stellte keine Extrawünsche, legte sich nicht mit den Wärtern an. Seine Stunde Freigang täglich verbrachte er mit einem kleinen Spaziergang durch den Hof, ehe er sich irgendwo hinsetzte und ein buch las. Und doch machten sie immer so einen Aufstand um ihn.
      "Umdrehen!", befahl der Wärter und John leistete Folge.
      Er streckte seine Hände nach vorn und ihm wurden die Handschellen angelegt. Die wurden dann noch mit super modischen Fußketten verbunden und fertig war der Serienkiller-Look.
      Er schenkte der dritten Wache, die brav an der Tür gewartet hatte ein freundliches Lächeln, als man ihn tippelnd aus der Zelle führte. Eine Wache rechts, eine Wache links, eine Wache hinter ihm, die Hand an der Waffe. Also wirklich, als sei er ein Terrorrist!
      Man führte ihn in einen kleinen, schmucklosen Verhörraum. Im Prinzip waren es nur vier kahle, unverputzte betonwände. Eine hatte diesen typischen Spiegel, der eigentlich eine Fensterscheibe war. An der Decke hingen zwei Neonröhren, die den Raum in kaltes Licht tauchten. In der Mitte eds Raumes standen ein Tisch und zwei Metallene Stühle. Alles war im Boden festgeschraubt worden, man wollte ja kein Risiko eingehen.
      John setzte sich dem Spiegel gegenüber auf den Stuhl und legte die Hände vor sich. Eine der Wachen löste kurz die Fesseln, um ihn an eine Metallstange zu ketten, die aus dem Tisch herausragte. Noch so eine Vorsichtsmaßnahme, die sie bei ihm gar nicht brauchten. Er würde niemanden angreifen. Er würde auch nicht versuchen, abzuhauen. Denn dann könnte er Vince nicht mehr sehen. Das war überhaupt der Grund für dieses ganze Theater: Jeden Monat kam Vince vorbei, um mit ihm zu plaudern. Natürlich wollten sie Namen und Orte von ihm haben, aber er nutzte diese Gelegenheit immer gern, um sich mit dem scharfen Polizisten zu unterhalten. manchmal war es nur das Wetter, manchmal was so in der Welt los war und manchmal...
      Die Tür zum Verhörraum wurde erneut geöffnet und Vince trat ein.
      "Hallo, mein Hübscher", sagte John mit einem liebevollen Lächeln im Gesicht, "Wie geht es dir?"
      So begann jedes ihrer Treffen. John wusste, dass er dem Polizisten zugesetzt hatte, dass er ihn beinahe getötet hatte. Ursprünglich war das ja auch der Plan gewesen, aber irgendwie... Naja, jetzt waren sie auf jedenfall hier und hielten ihr monatliches Schwätzchen.
    • Keuchend schlug Vincent die Augen auf. Der Schmerz in seiner Seite hatte sich inzwischen auf seinen gesamten Oberkörper ausgebreitete und das Atmen fiel ihm schwer. Er konnte nicht sagen ob er nun erst ein paar Stunden in der Gewalt des Killers war, oder ob es schon Tage oder Wochen waren. Der kalte Metalltisch brannte regelrecht auf seiner Haut und er konnte sich keinen Millimeter bewegen. Er fragte sich ob er jemals hier raus kommen würde, oder ob es besser für ihn wäre einfach zu sterben. Doch sobald er Johnathans Gesicht erblickte atmete er auf. Verschwommen sah er seine blauen Augen die ihn liebevoll ansahen und er konnte nicht anders als den Blick zu erwidern. Wenn er ihn so ansah war es, als wäre alles in Ordnung, als würde er hier lebend raus kommen, oder als wäre der Tod nicht so schlimm. Eine warme Hand strich über seine Wange und Jonathan bewegte sich an ihm vorbei zu seinen Werkzeugen. Zitternd vor Schmerz versuchte der junge Polizist seinen Kopf in die Richtung zu drehen, in der sein Peiniger aus seinem Gesichtsfeld verschwunden war.

      Es war wieder so weit, Vincent war im Gefängnis, hatte sich auf der Toilette eingeschlossen und sah sich noch einmal in den Spiegel. Er spritzte sich eine kalte Ladung Wasser ins Gesicht, versuchte einen klaren Kopf zu bekommen und seine Gefühle unter Kontrolle zu haben. Er erinnerte sich an das Erste Mal als er seinem Peiniger wieder gegenüber gestanden hatte. Kurz bevor die Tür zum Verhörraum geöffnet wurde zitterte und schwitzte er, er hatte Angst. Angst davor as geschehen würde wenn er wieder vor ihm stehen würde, er hatte mit einem Wutausbruch gerechnet, oder einer Panikattacke, doch wie es wirklich war, damit kam er bis heute nicht zurecht. Als er eintrat und sein Blick den Seinen traf war er weder erstarrt wie ein scheues Reh, noch wütend. Es war ein beruhigendes Gefühl gewesen und das war das beunruhigende bei der Sache. Vincent wusste er war krank und er wusste auch dass es nicht zuträglich für seine geistige Gesundheit war Johnathan immer wieder aufzusuchen, doch er konnte die Bitten seiner Vorgesetzten nicht ausschlagen, wenn sie ihn wieder zu ihm schicken wollten. Und so war es auch dieses Mal gewesen, heute war kein normaler Tag, heute würde Vincent Johnathan um einen großen Gefallen bitten müssen und er würde ihn mehr als nur ein paar Minuten sehen.
      Als es an der Tür klopfte wurde Vincent aus seinen Gedanken gerissen. "Er ist im Verhörraum. Sind Sie soweit?", drang die Stimme des Gefängnisdirektors durch die Tür, er war bei jedem Besuch zugegen gewesen.
      "J...Ja! Ich komme gleich!" Vincent richtete seine Krawatte und atmete noch einmal tief durch bevor er nach draußen trat und dem korpulenten Mann durch die Gänge folgte.
      Wie immer stand er dann vor Johnathans Tür, zitterte leicht und schwitzte. Für andere mochte es wie Angst aussehen, tatsächlich aber war es Vorfreude, gemischt mit einem Gefühl, dass am ehesten Selbsthass glich. Die Sicherheitstür öffnete sich mit einem lauten zischen und Vincent trat ein, wenig später schloss sich die Tür hinter ihm wieder und der junge Ermittler zuckte leicht zusammen. Jedes Mal wenn die Tür sich hinter ihm schloss fühlte er sich diesem Mann hilflos ausgeliefert.
      Um Fassung ringend setzte er sich dem Serienkiller gegenüber und antwortete erst jetzt auf seine Begrüßung. "Gut. Danke.", log er knapp und holte einen Ordner aus seinem Aktenkoffer, den er vorsichtig zu Johnathan hinüber schob. "Heute keine weiteren...Namen. Das Department braucht deine Hilfe. Damit." Vincent nickte in Richtung des Ordners und zog seine Hand schnell zurück als er sicher war dass sein Gegenüber den Ordner nun selbst in die Hand nehmen konnte.
    • Er beobachtete jede Bewegung des Polizisten mit Argusaugen. Ihm entging nichts. Nicht das Zittern seiner Hände, nicht das unkontrollierte Schlucken, als ihn das erste Mal ansah, nicht der leiche Schweißfilm auf seiner Stirn. Wenn John gekonnt hätte, wäre er aufgestanden und hätte Vince die Krawatte etwas gelockert, damit er es bequemer hatte.
      "Du lügst. Du weißt doch, dass ich es nicht mag, wenn du mich anlügst, was deine Gesundheit angeht. Ich mache mir Sorgen", sagte er und stützte sein Gesicht auf eine Faust.
      Aus Mangel an Bewegungsfreiheit lag seine andere Hand auf der Metallstange, an die er gekettet war.
      "Du schläfst nicht genug. Die Augenringe stehen dir gar nicht. Halten sie dich mit diesem Fall wach?", er nickte in Richtung des Spiegels, "Oder bin ich der Grund, warum du nicht schlafen kannst. Verfolge ich dich in deinen Träumen? Haben wir Spaß zusammen?"
      John grinste bei dem Gedanken an das, was er damals mit dem Polizisten gemacht hatte und wovon er vielleicht träumte. Dann aber senkte sich sein Blick auf die Akte, die Vince ihm zugeschoben hatte. Er schlug sie auf und betrachtete das Bild einer jungen frau, die recht übel zugerichtet worden war. Es war nur ein Bild aus der Gerichtmedizin, wo sie langweilig und kalt wirkte, beinahe schon ein bisschen geschmolzen. Leichen in der Leichenhalle wirkten immer so, als würden sie gerade zu Pudding werden. John hasste Bilder aus der Leichenhalle, denn sie machten das Kunstwerk kaputt. Dennoch kam er nicht umhin ein paar Dinge zu bemerkten.
      Er schlug die Akte wieder zu und hob den Blick zu Vince.
      "Ich will einen neuen Deal", sagte er ernst, "Ich kriege jeden Monat eine Stunde mit dir, die Hälfe beobachtet, die andere Hälfe nicht. Dafür bekommt ihr eine meiner Leichen mitsamt Tathergang und Geständnis. Jetzt wollt ihr, dass ich einen Serienmörder für euch fasse. Ich will hier raus."
      Er hob die Hand bevor auch nur irgendjemand daran denken konnte, Nein zu sagen.
      "Nicht auf freien Fuß, das würdet ihr nie tun, ich bin ja nicht blöd. Ich will ein gesichertes Haus. Packt ein paar Polizisten zur Dauerüberwachung rein und legt mir eine dieser modischen Fußfesseln an, was weiß ich. Aber ich will dieses Haus. Mit interessanten Wänden. Das ständige Weiß ist anstrengend. Außerdem kann ich hier drin nicht denken, hier ist alles viel zu steril. Versteh mich nicht falsch, steril ist gut, wenn man es braucht. Aber das hier..."
      Er schüttelte genervt den Kopf.
      "Kannst du das für mich arrangieren, Vince?"
      Er zwinkerte dem Polizisten zu wie ein aufgetakeltes Schulmädchen. Er wusste, dass er seinen Willen bekommen würde. Wenn sie schon so verzweifelt waren, ihn überhaupt um Hilfe zu ersuchen, würden sie auch alles tun, was sie konnten, um diese Hilfe zu bekommen. Wie gesagt: John war ein pflegeleichter Insasse. Er stellte nciht oft Forderungen oder Wünsche. Man würde ihm geben, was er wollte und er würde ihnen geben, was sie wollten.
      "Ach und Vince... der Rest des Deals bleibt bestehen. Ich rede nur mit dir", bei dieser bemerkung malte er ein Unendlichkeitssmmbol auf die glatte Tischplatte.
      Dieses Symbol verband sie beide miteinander. Er hatte es mit größter Präzision in Vincents Hüfte geritzt und dafür gesorgt, dass es eine ordentliche Narbe gibt, sollte es jemals verheilen. Vielleicht hatte er von Anfang an vorgehabt, ihn laufen zu lassen? Nicht einmal er konnte diese Frage beantworten.
    • Johnathans Blick beruhigte Vincent nicht im geringsten, wie er alles was er tat beobachtete wie ein Raubtier. Vincent hatte sich schon lange dafür entschieden ihm besser nicht ins Gesicht zu sehen, doch seine eisblauen Augen zogen ihn immer wieder in seinen Bann. Als er Vincent auf seine Lüge aufmerksam machte fühlte er sich sofort schuldig deswegen, wie ein Kind das versucht hatte eine kaputte Fensterscheibe zu verschleiern und ihm entwich ein leichtes Seufzen. Natürlich konnte er nicht schlafen, er konnte sich nicht einmal daran erinnern wann er das letzte Mal eine Nacht durch geschlafen hatte und so war dieser neue Fall eine willkommene Ablenkung. Aber wie alles schien auch dieser Fall Vincent zurück zu seinem Entführer zu führen, als hinge er wie eine Motte in seinem Netz gefangen.
      Der Polizist war froh als Johnathan die Akte aufschlug, so wurde er für einen Moment nicht mit seinem durchdringenden Blick angesehen. Was folgte hatte Vincent vorhergesehen, er hatte praktisch in dem Gehirn dieses Mannes gewohnt und er hatte nicht vergessen wie dieser Mann funktionierte, auch wenn er immer noch nicht alles verstand was in seinem Kopf vor sich ging. Eigentlich wollte er sich damit auch gar nicht mehr beschäftigen, aber er konnte nicht anders.
      Der junge Mann wollte schon Antworten, als Johnathan noch etwas anfügte, auch das war ihm klar gewesen, dass er nur mit ihm sprechen würde. Doch das Symbol dass sein Gegenüber auf den Tisch malte brachte ihn etwas aus dem Konzept und er hätte schwören können die Narbe an seiner Hüfte schmerzte. Er hätte sie weg machen lassen können, doch irgendwie konnte er es nicht. Er ballte seine Hand zur Faust und schluckte kurz, ehe er sich zu seiner Aktentasche hinunter beugte und eine Art Formular heraus holte.
      "Ich wusste dass Sie das sagen. Es ist schon alles arrangiert. Lesen sie sich den Antrag bitte durch." Vincent schob den Antrag zu Johnathan hinüber, sprach dabei absichtlich in der Höflichkeitsform, sie waren keine Freunde, das hier war Vincents Job und er hatte keine Absicht das zu ändern. Einen Stift bekam Johnathan nicht, zumindest noch nicht. Zum Unterschreiben dürften dann zwei Wachmänner zu gegen sein um aufzupassen dass er damit niemanden abstechen würde. Und auch wenn Vincent sich sicher war dass das nicht passierte, so wollte er Johnathan trotzdem nicht mit einem Kugelschreiber in der Hand erleben.
    • "Nicht gleich so unhöflich, mein Hübscher."
      John nahm sich den Vertrag und las ihn durch. Er las immer das, was er unterschreiben oder akzeptieren sollte, man wusste ja nie. Noch dazu wenn es um sowas hier ging. Er war ein schneller Leser.
      "Ich hoffe, du besorgst mir ein paar nette Bücher", sagte John, "krieg ich jetzt einen Kugelschreiber zum Unterschreiben? Ich werde ihn auch niemandem in den hals rammen, das ist nicht mein Stil."
      Er lehnte sich zurück und legte die Hände brav auf die Metallstange. Ein stummes Friedensangebot seinerseits. Zwei Wachmännr kamen herein, einer hatte die Hand schon ganz nervös auf seiner Waffe liegend. Man reichte ihm einen Kugelschreiber und er ließ ihn zweimal aufschnappen, ehe er ihn auf das Papier setzte und in schnellen geschwungenen Linien seine Unterschrift auf die gestrichelte Linie zeichnete. Den Kugelschreiber reichte er brav wieder zurück, den Vertrag schob er Vincent zu.
      "Es ist mir immer wieder eine Freude mit euch Geschäfte zu machen", verabschiedete er die Wachmänner freundlich.
      Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder vollständig auf Vincent.
      "Wenn ich mich nicht irre, haben wir noch knappe dreizehn Minuten deiner öffentlichen Zeit, ehe meine halbe Stunde mit dir anfängt. Ich will dich heute nicht leer ausgehen lassen, ich weiß doch, wie ungern du herkommst."
      Fakt war, niemand zwang Vincent dazu, herzukommen. Diese Psychologin, Zara Van Straaten, hatte ihm sicherlich davon abgeraten, herzukommen. Sie war es auch gewesen, die John analysiert hatte und sie war immer noch frustriert darüber, dass sie Jahre in ihre Ausbildung gestopft hatte, um so gut zu werden und John sie trotzdem hatte lesen können wie ein buch, ohne auch nur einen Kurs in Pschologie belegt zu haben. Sie mochte John nicht, aber sie war zu fasziniert von ihm, um ihn in Ruhe zu lassen. Sie stand in diesem Augenblick sicherlich hinter der Glasscheibe, zusammen mit Simon Dwayne, dem Boss von Vincent. Die ganze kleine Truppe da drüben wartete nur darauf, dass er den Namen einer Leiche oder eines Vermissten ausspuckte und damit einw eiteres seiner Opfer offenlegte.
      "Lucy Bishop", sagte John, "Sie war... siebenundzwanzig, als ich sie tötete. Aber ich habe sie mir geholt, als sie noch sechsundzwanzig war. Das war nicht einmal Absicht gewesen! Ich habe ihr doch tatsächlich einen Kuchen gebacken! Ich glaube, er hat ihr nicht geschmeckt, sie wollte nach dem ersten Bissen keinen mehr haben. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich ihr die Stimmbänder mit Bleiche weggeätzt habe... Wie dem auch sei: Ich habe sie mittels eines einfachen Genickbruchs getötet. Du weißt schon, dieser schicke Kunstgriff aus dem Fernsehen. Das ist gar nicht so leicht, wie es immer aussieht. Ich habe drei Anläufe gebraucht, um es richtig zu machen. Ihr findet sie im River View Cemetery, das dritte Grab links neben halben Kirschbaum."
      Er legte den Kopf leicht schief und starrte sein lächelndes Spiegelbild an, dem er auch kurz mit den Fingern zu winkte.
      "Und jetzt haut ab", sagte John abschätzig und sah hoch zur Kamera, deren rotes Lichtleich ausging.
      Sein Lächeln wurde breiter und er setzte sich ein bisschen anders hin.
      "Und jetzt Vincent", er betonte das Wort mit absicht so lasziv, "erzähl mir von deinen Träumen."
    • Jedes mal wenn er ihn Hübscher nannte oder ihm andere Kosenamen gab, bekam Vincent ein eigenartiges Gefühl in der Magengegend. Es war schon seltsam dass er es nicht benennen konnte, er sollte wohl Angst oder Hass fühlen, doch es war immer wieder erstaunlich wie ähnlich diese beiden Gefühle einem ganz und gar Anderem waren. Angst war nicht das einzige Gefühl das ein Herz schneller schlagen lassen konnte, oder das ein Kribbeln in der Magengegend verursachte. Und Hass war nicht das einzige Gefühl das einem die Röte in die Wange trieb oder einen zittern ließ.
      Die Wachen die herein kamen um Johnathan zu sichern während er den Vertrag unterschrieb wirkten sichtlich nervös und Vincent fragte sich wie das Ganze aussehen sollte wenn dieser Mann erst einmal in einem Haus lebte wo allerlei Gegenstände herum lagen mit denen er wer weiß was anstellen konnte. Und Vincent war sich in diesem Fall nicht ganz so sicher, ob Johnathan dem Drang widerstehen konnte nach so langer Zeit wieder etwas Blut fließen zu lassen.
      Als er den Vertrag zu dem Polizisten zurück schob nahm er ihn vorsichtig auf und steckte ihn zurück in die Aktentasche. Es war beängstigend wie er absolut keine zusätzliche Forderung gestellt hatte, Vincent kannte ihn wirklich gut, zu gut. Kurz blickte er zur Seite, schielte zu der verspiegelten Scheibe hinter der so viele Personen standen von denen er sich mehr als nur Beobachtet fühlte. Jeder von Ihnen verurteile ihn auf seine ganz eigene Weise. Rupert Malon, der Gefängnisdirektor hasste Johnathan, hätte ihn wohl lieber am elektrischen Stuhl gesehen und musste gerade fieberhaft darüber nachdenken was das wohl für ein Deal sein konnte, denn mit ihm hatten Vincents Chefs das noch gar nicht besprochen. Vermutlich würde sein Boss das in wenigen Minuten erledigen, während er sich darüber ärgerte dass Vincent nicht dazu bereit war Johnathans Spiel mitzuspielen. Er erhoffte sich mehr Information wenn Vincent auf Freund machte, doch der Polizist war sich nun Mal einfach nicht sicher, ob Johnathan so nicht einfach noch mehr Macht über ihn bekommen würde. Und Zara Van Straaten? Sie hatte Johnathan untersucht, Vincent hatte nur ein paar Worte mit ihr gewechselt, Beteuerungen dass er besser nicht her kam, dass es ihm nicht besser gehen würde wenn er diesen Mann immer wieder aufs Neue zu Gesicht bekam. Dasselbe hatte ihm auch seine Psychologin gesagt und sie hatte es Vincents Vorgesetzten gesagt, ja sie hätte ihm ja nicht einmal unterschrieben dass er wieder Arbeitsfähig war, doch da wurde sie kurzerhand ersetzt durch eine Marionette die dafür sorgte dass weitere ungelöste Mordfälle aufgeklärt werden konnten.
      Vincent blickte sein Gegenüber wieder an als er den nächsten Namen nannte, er musste zugeben dass er heute nicht damit gerechnet hatte und eigentlich hatte er gehofft einfach wieder nach Hause gehen zu können. Eine dumme Hoffnung, die sein Gehirn schon tausendfach widerlegt hatte, als ob dieser Mann auf seine halbe Stunde mit Vincent verzichten würde. Der Polizist brauchte sich nichts zu notieren, hinter der Glasscheibe wurde vermutlich direkt ein Wagen zum Friedhof geschickt, während Vincent versuchte sich nicht vorzustellen wie Johnathan dieser armen Frau das Genick gebrochen hatte.
      Als Johnathan zur Kamera hoch sah folgte Vincents Blick ihm und eine Mischung aus Angst und Erleichterung machten sich breit als das rote Licht der Kamera ausging. Langsam schweifte sein Blick zurück zu Johnathan, doch er wartete noch einen Moment bis er antwortete um ganz sicher zu gehen, dass auch niemand mehr hinter der Scheibe stand. Aber auch zum Teil weil er nicht wusste was er antworten und wie er auf diesen Mann reagieren sollte.
      "Du...kennst meine Träume. Wieso muss ich sie dir immer und immer wieder erzählen?",seufzte er und sah John zugleich wütend, als auch etwas gequält an. Wie sollte er das Erlebte vergessen wenn er es Nacht für Nacht wieder durchleben musste und wie sollte er seine Träume vergessen, wenn er sie wieder und wieder vor Augen hatte? Aber es war wohl Johns Absicht sich tiefer und tiefer in Vincents Leben zu graben. Sein Blick streifte seine eisblauen, leuchtenden Augen, doch Vincent richtete seinen Blick schnell auf etwas Anderes.
    • "Ich hab dir etwas zu trinken mitgebracht", verkündete John, als er den Kellerraum betrat.
      Sein Weg führte ihn direkt zu Detective Kane, der unverändert mitten im Raum auf dem metallenen Tisch lag. Wo sollte er auch sonst sein, hatte John ihn doch fest an besagtem Tisch gefesselt.
      Er hob Vincents Kopf und hielt ihm die Wasserflasche mit einem Strohalm hin, damit dieser etwas trinken konnte.
      "Wir sind in den Nachrichten, wusstest du das? Nach ein paar Tagen haben die Medien das Interesse verloren, die Überflutung der Stadt ist wohl interessanter. Aber ich habe deinen Kollegen ein nettes Paket geschickt und uns damit direkt wieder auf die Titelseiten geschickt."
      Er griff nach der Zeitung, die er mitgebracht hatte und zeigte sie Vince. Auf dem Titelbild war die entstellte Leiche seines Partners zu sehen. Der Hals des Mannes war halb durchtrennt, das klaffende Loch zeigte gen Himmel. Eine Stahlstange steckte jeweils in seinen Unterschenkeln und verband sie mit seinen Unterarmen. Die Balance in diesem Kunstwerk war von äußerster Wichtigkeit. Der Mann könnte wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen, wenn irgendetwas schiefging.
      "Sie machen sich große Sorgen um dich. Haben sogar das FBI geholt, um uns zu finden. Aber das werden sie nicht. Sie wissen nicht einmal, wonach sie suchen sollen."

      "Ich höre dir gern zu. Du hast eine wundervolle Stimme."
      John stützte wieder seinen Kopf auf eine Hand und betrachtete Vincent. Dieser Mann war ein kleines Rätsel für ihn. Sicher, er konnte in ihm lesen wie ein Buch, aber da war irgendetwas... die Anziehung war ihm fremd. Er hatte sich noch nie zu einem Menschen hingezogen gefühlt außer zu Vincent. Aber schlecht fand er das nicht. Es war eine willkommene Abwechslung. Endlich etwas, was er nicht über sich wusste und nicht im Griff hatte.
      "Du kannst mir auch gern etwas anderes erzählen. Was machst du so? Wie geht es dir? Wirklich diesmal. Und hört niemand zu. Nur du und ich."

      Er trat wieder an die Liege heran. Und nicht nur das, er schwang sich auf noch darauf, sodass er rittlings auf Vincents Hüften saß.
      "Wir beide... wir werden unseren Spaß haben und dann werde ich dich wegwerfen, wie all die anderen vor dir und so wird das laufen, bis ich selbst den Löffel abgebe."
      Er zeigte Vince das Jagdmesser, nachdem er eben gesucht hatte und zog es aus seiner ledernen Scheide.
      "Ein endloser Kreislauf, den niemand stoppen kann."
      John lehnte sich nacht vorn, brachte sein Gesicht ganz nahe an das des Polizisten. ihm war dabei egal, dass er mit sieem eigenen Brustkorb Druck auf die gebrochenen Rippen seines Opfers ausübte.
      "Ich glaube, ich behalte deine Augen als Andenken. Ich bin ja eigentlich nicht der sentimentale Typ, aber wenn man mal bedenkt, wie lange du jetzt schon an mir dran hängst... Ich sollte etwas von dir behalten. Und deine Augen sind einfach so wunderschön, ich verliere mich richtig darin..."
      Er strich ihm sanft über die Wange, dann küsste er den Polizisten. Zeitgleich drückte er die Klinge des Jagdmessers in dessen Hüfte und begann, ein Unendlichkeitszeichen in die Haut zu ritzen.

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    • Es war Vincent immer noch nicht klar, was John an ihm fand, was er von ihm wollte. Wieso hatte er seine Freiheit für ihn aufgegeben? Und wieso fühlte Vincent sich als säße er seinem Retter gegenüber, nicht seinem Peiniger. Dieser Mann war der Grund dafür warum Vincent nicht schlafen konnte, warum er Wochen im Krankenhaus war und warum er niemals in sein altes Leben zurück konnte. Jeder noch so kleine Blick, jede Frage, jede Aussage von ihm lösten einen Gedankenschwall in Vincent aus und er brauchte jedes Mal einige Zeit bis er zu einer Antwort fand. Dieser Mann hatte Vincent immer noch fest im Griff, unter Kontrolle als läge er immer noch auf den Metalltisch gefesselt in diesem Keller.
      Vincent wusste nicht wie er auf Johns Fragen antworten sollte, ja was machte er denn so? Nichts außer arbeiten um sich abzulenken.
      "Ich nehme die Schlaftabletten nicht mehr die mir verschrieben wurden, sie haben mich nur den ganzen Tag über müde gemacht. Schlafen konnte ich trotzdem nicht.", erzählte er schließlich und blickte auf seine Hände. Sie zitterten, das lag aber wohl weniger am Schlafmangel. Er wusste gar nicht wann er das letzte Mal richtig geschlafen hatte. Alles was er zustande brachte waren ein bis zwei Stunden voller Albträume, ehe er sich wieder an die Arbeit machte. Noch einmal streifte Vincents Blick Johns Gesicht und erinnerten ihn an seinen Kuss, der so beruhigend gewesen war. Vincent wusste noch immer nicht wie dieser Mann es geschafft hatte Vincents Gehirn komplett aus den Fugen geraten zu lassen, alles was er getan hatte hatte tiefe Spuren hinterlassen die Vincent bis heute begleiteten.

      Müde und ausgelaugt stapfte Vincent nach einem weiteren Albtraum in die Küche. Vielleicht würde ein Tee helfen und so stellte er eine Kanne hin. Währenddessen nahm er sich die Fallunterlagen, studierte sie und lenkte sich so von John ab, der schon die ganze Nacht in seinen Gedanken herum geisterte.
      Als die Kanne zu pfeifen begann und signalisierte dass das Wasser nun kochte, legte Vincent die Papiere zur Seite um die Kanne von der Platte zu nehmen. Unaufmerksam und müde wie er war passierte es allerdings. Die heiße Kanne stürzte auf den Boden und ein wenig des kochenden Wassers spritzte auf Vincents Arm. Leise fluchend wollte er schon zum Waschbecken stürzen um die Schmerzen mit kaltem Wasser zu lindern. Stattdessen aber ließ er sich auf den Boden sinken, starrte auf die schmerzende, verbrühte Stelle seiner Haut und...vermisste John. Er vermisste seine Zuneigung, ja sogar die Schmerzen die er ihm zugefügt hatte, konnte er seine blauen Augen ja nur sehen wenn er ihn verletzt hatte. Wie erstarrt saß er eine lange Zeit auf dem Boden und genoss den Schmerz der ihn so sehr an seinen Peiniger erinnerte, während ihm gleichzeitig einfach nur zum Weinen zumute war.
    • Mit besorgtem Blick lehnte sich John wieder zurück.
      "Du solltest es mit warmer Milch versuchen. Da ist Tryptophan drin, das wird dann zu Melatonin und hilft beim Schlafen. Du solltest dir abends einen heißen Kakao machen. Das Kakaopulver führt dazu, dass mehr Insulin gebildet wird und das bringt das Trptophan ins Gehirn. Versuch es mal."
      Dieser Effekt trat zwar erst nach ungefähr fünfundzwanzig Gläsern auf, aber das musste Vincent ja nicht wissen. Die warme Milch mit Honig funktionierte als Placebo besser.
      "Schlaf ist wichtig, Vincent. Ich habe dich immer genug schlafen lassen. Nur so kannst du bereit sein für das, was dich noch erwarten könnte."
      Er lächelte liebevoll und legte seine Hand mit der handfläche nach oben neben die Metallstange. Er wollte Vincents Hand spüren, seine Haut, seine Nähe. Er hoffte sehr, dass der Polizist dieser kleinen Geste nachkam.
      "Diese medikamente sind nicht gut für dich. Deine Leber müsste noch ziemlich mitgenommen seh von den ganzen Tabletten, die ich dir gegeben habe, damit du weniger Schmerzen hast. Du solltest nur das nötigste nehmen."
      Van Straaten hatte ihn gefragt, ob er ein medizinstudium gemacht hätte oder ob er Freunde in der Richtung hatte. John hatte keine Arztfreunde, hatte nie viel Zeit im Krankenhaus verbringen müssen und auch nie an einem Vortrag teilgenommen. Er hatte sich alles angelesen. Van Straaten war beeindruckt gewesen, hatte aber zeitgleich mit den Zähnen geknirscht. Es konnten ja nicht alle so eine Auffassungsgabe wie Jonathan haben.
      "Wollen sie immer noch, dass du diese Anti-Depressiva nimmst? Das solltest du nicht tun. Sie wollen mich aus deinem Kopf kriegen. Aber du willst das nicht. Das ist vollkommen in Ordnung. Lass diese Seelenklempner doch reden. Du weißt selbst, was gut für dich ist und was nicht. Du kannst unbesorgt herkommen, immerhin liege ich ja in Ketten und werde schwerstens bewacht. Ich kann dir nichts tun, nicht wahr", er seufzte und legte den Kopf auf seine Arme, die flach auf dem Tisch lagen, "Ich bin dein braves Schoßhündchen und werde es immer bleiben."
      Oder war Vince sein Hündchen? Niemand wusste es so genau...
      "Du denkst doch noch an dieses eine Mal da unten im Keller, oder? Das eine Mal, als ich deine Ketten ein bisschen gelockert habe... Ich denke noch daran und ich genieße diese Erinnerung..."
    • "Ich werde es versuchen...", murmelte Vincent mit einem leichten Seufzen und konnte nicht anders als den folgenden Satz als eine Art Drohung aufzufassen. Aber wäre es denn so schlimm wenn John ihn wieder in seiner Gewalt hätte...? Natürlich wäre es das! Wütend fiel sein Blick auf Johns Hand... so viele Menschen hatte er ermordet und nicht nur das, er hatte sie leiden lassen, sie gefoltert und ihre Angehörigen gedemütigt mit dem was er tat. Er sah seine Leichen als Kunstwerk, er fühlte sich wie jemand der etwas erschaffen konnte, fühlte sich überlegen, da war Vincent sich sicher. Aber in Wahrheit war er ein Monster, mehr nicht. Bei dem Gedanken an das Bild seines Partners damals in der Zeitung musste er schlucken. Er war sich zu diesem Zeitpunkt sicher gewesen dass er bald genauso enden würde und er hätte es John nicht einmal übel genommen.
      "Wenn ich die Tabletten nicht nehme, lassen sie mich nicht mehr arbeiten.", erklärte Vincent nun ruhig und blickte weiterhin auf Johns Hand, das einzig Warme das in diesem dunklen Keller für Vincent existiert hatte."Und wenn ich nicht mehr arbeiten darf, dann...", konnte er nicht mehr hier her kommen, doch er wagte es nicht auszusprechen. Er fragte sich für wen dieser Umstand schlimmer gewesen wäre. Jedes Mal war es eine Überwindung auch nur aus dem Bett zu kommen und sich anzuziehen wenn es Zeit für seinen Besuch war und doch... Vincent konnte sich nicht vorstellen diesen Mann nicht wieder zu sehen.
      Er merkte wie John mit ihm spielte, Vincent war nicht dumm. John war keineswegs harmlos, er war ein Psychopath wie er im Buche stand und der manipulativste Mensch den Vincent jemals getroffen hatte. Ja, Vincent war sich sogar sicher dass John noch viel mehr in petto hatte als seine ständigen Versuche sich weiter in Vincents Hirn zu bohren. Zumindest legte er seinen Kopf nun auf seine Arme so dass Vincent nicht mehr das Verlangen hatte nach seiner Hand zu greifen.
      Die Erinnerung die John ansprach ließ Vincent schlucken und er musterte sein Gegenüber ausführlich. Er versuchte zu erkennen ob John ihn nur ärgern wollte indem er das Thema erneut aufbrachte, oder ob er die Wahrheit sagte. "Ich... träume oft davon.", gab er zu, aber das war in diesem Fall nichts positives.

      Er wusste Vincent würde ihm nichts tun, er musste es wissen, sich zu 100% sicher sein. Langsam, fast schon einem Ritual gleichend lockerte John die Ketten und dennoch rührte Vincent sich vorerst nicht. Der Schock über den Tod seines Partners saß noch in seinen Knochen und das Bild seiner Leiche wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen. Unweigerlich musste er daran denken wie er wohl drapiert werden würde, wenn seine Zeit gekommen war. Wie seine Eltern wohl darauf reagieren würden? Wie vulgär mussten Zeitungen sein so etwas auch noch zu drucken, den toten war es egal, doch die Angehörigen waren diejenigen die darunter zu leiden hatte. Niemand wollte sein Kind so sehen.
      John sagte etwas, doch was auch immer es war, es kam nicht bei Vincent an, nur die Ahnung darüber was es war. Nein, er würde nichts Dummes anstellen.
      Vorsichtig drehte er seinen Kopf zur Seite als John noch einmal aus seinem verschwommenen Sichtfeld verschwand. Seine Werkzeuge lagen in Griffweite, Vincent musste nur seine Hand ausstrecken, das Skalpell greifen und es John in den Hals rammen wenn er wieder kam. Dann hatte das Morden ein für alle Mal ein Ende. Dass er selbst es hier jemals lebend raus schaffte, daran glaubte er schon lange nicht mehr. Doch er konnte es nicht. Es ergaben sich in den folgenden Minuten, oder Stunden - Vincent hatte jegliches Zeitgefühl verloren - so viele Gelegenheiten dem Allem ein Ende zu setzen, hätte er nur hinüber gegriffen, doch er tat nichts dergleichen.
    • John lächelte. Er war tiefer in Vincents Kopf, als er gedacht hatte und das freute ihn. Wenn er im Kopf des Polizisten war, würde er bald noch sehr viel mehr bekommen. Seine Gelegenheit würde kommen und niemand würde es kommen sehen. Es würde einfach passieren und dann wäre es zu spät.

      Es machte ihn ein bisschen traurig, den Polizisten so zu sehen. Er hatte aufgegeben, das war nicht gut. Wenn sie aufgaben, dann lebten sie nicht mehr lange, weil sie keinen Sinn mehr darin sahen. Er musste etwas dagegen tun.
      "Na komm, Vincent. Ich tue dir einen Gefallen. Aber du musst mir versprechen, keine Dummheiten zu machen. Sonst werde ich wütend und wir beide wissen, dass dir das sehr viel mehr wehtun wird als mir."
      Er bekam keine Antwort, keine verbale jedenfalls. Vincent würde nichts anstellen.
      Seufzend ging Jonathan in die Hocke und fummelte unterhalb des Tisches an einigen Schrauben herum. Als er sich wieder aufrichtete, griff er nach den Fesseln an Vincents Fußgelenken und löste sie. Dann ging er zu dn Händen über. Noch einmal sah er dem Polizisten ins Gesicht. Vincent würde nichts anstellen.... Er löste die Fesseln und wartete ab. der Polizist bewegte sich kaum. Allein diese tatsache zauberte ihm ein sanftes Lächeln ins Gesicht.
      "So ist's gut, mein Hübscher", sagte er und strich dem Mann über die Wange.
      Dann wandte er sich von der Liege ab und verschwand weiter hinten im Keller. Er hatte hier auch eine kleine Küche, wo er schnell etwas kleines vorbereitete. Er hatte sich alle Mühe gegeben Vincent am Leben zu erhalten. Er hatte ihm in regelmäßigen Abständen etwas zu trinken gegeben, hatte ihn gefüttert, hatte ihn schlafen lassen. Vincent ging es - abgesehen von seinen kleinen Arbeiten an ihm - gut. Er gab ihm ja sogar Schmerzmittel! Die wenigsten kamen in diesen Luxus. Und genau deswegen würde der Polizist auch keine Dummheiten machen.
      Mit einer Schüssel süßer Kornflakes kam er zurück zu der Metallliege. Er stellte die Schüssel auf seinen Werkzeugtisch und half Vincent in eine sitzende Position. Erst als er sicher war, dass der Mann nicht gleich runterfallen würde, reichte er ihm die Schüssel.
      "Deine Lieblingssorte. Zumindest standen die in deiner Küche rum", sagte er und setzte sich dem Polizisten gegenüber auf einen Stuhl.
      Einige Augenblicke verbrachte er damit, den Polizisten einfach nur zu beobachten. Er beobachtete viel, schon als Kind ahtte er einfach nur beobachtet, zugesehen, gelernt.
      "Du darfst nicht aufgeben, Vincent. Das ist dein Todesurteil. Wenn Menschen sich selbst aufgeben, dann verlieren sie ihren Überlebenswillen. Ohne das wirst du sterben."
      Er stand auf und stellte sich dicht vor den Polizisten. Er legte ihm beide Hände an die Wangen und küsste ihn auf den Scheitel.
      "Ich will nicht, dass du aufgibst. Das wäre nicht gerecht. Du hast Familie, du hast freunde. Dein Tod gehört nicht dir. er gehört ihnen. Wenn du stirbst, wenn du tot bist, interessiert dich das nicht. Aber sie werden leiden. Ihr Leben wird sich schlagartig ändern. Ihretwegen darfst du nicht aufgeben, hörst du."
      Er zwang den Polizisten mit sanftem Druck dazu, ihn anzusehen.
      "Du bist zu wichtig, um einfach aufzugeben. Du bist zu stark für sowas. Sei kein Feigling, sei ein Held. Sei
      mein Held."
      Er beugte sich zu dem Mann hinunter und küsste ihn. Erst sanft, dann verlangender. Vincent war etwas besonderes. Es war ein Impuls, der ihn dazu brachte, sich auf den schoß des Polizisten zu setzen, während er ihn küsste und seine Hände in den braunen haaren vergrub. Vincent durfte nicht aufgeben. Vincent musste weiterleben und wenn es nur noch für einen Tag war. Er durfte jetzt noch nicht sterben, er war noch nicht fertig!
      Er nahm ihm die Schüssel weg und ließ sie zu Boden fallen, um das Plastik war es nciht schade. Er drückte Vincent sanft zurück auf den Tisch und richtete sich selbst wieder auf.
      "Du bist so wunderschön...", hauchte er.
      Er steig von dem Polizisten herunter, räumte die Sauerei auf, die er angerichtet hatte und kehrte dann wieder zurück. Nackt. Jonathans Weg führte ihn zum Kopfende des Tisches, wo er Vincent erneut küsste. Er betrachtete den mann. Die Stellen, wo er in sein Fleisch hinein geschnitten hatte, waren alle versorgt worden. Er hatte sie desinfiziert und steril abgedeckt, er wechselte die Pflaster täglich.
      Seine Hände strichen über die muskulösen Oberarme des Polizisten und wieder hoch zu dessen Schultern, die John sanft massierte. Vincent war total verspannt. Aber das war ja normal bei dem Programm, das sie hier unten durchzogen.
      "Wie wäre es zur Abwechslung mal mit etwas, was sich gut anfühlt?", schlug John vor und ging wieder um den Tisch herum.
      Er strich über Vincents zerstörte Flanke, über die Verletzung an seiner Hüfte, über seinen Oberschenkel.
      "Du hast es dir verdient, findest du nicht?"
      Wieder schwang er sich auf den Tisch, wieder auf Vincents Lenden. Er griff hinter sich und packte Vincents Schritt.
      "Das ist besser, findest du nicht?"
    • Vincent sah in Johns lächelndes Gesicht, wusste genau dass er diese Nacht - oder war es Tag gewesen? Es war immer dunkel gewesen in diesem Keller - in seinen Gedanken durchspielte und sich noch an jede Einzelheit erinnern konnte. Bei all seinen Sitzungen und all seinen Befragungen hatte Vincent diese paar Stunden niemals erwähnt. Niemand wusste davon, nur John und er selbst. Und diese verhältnismäßig kurze Zeit seiner Gefangenschaft beschäftigte den Polizisten in mehr als einer Hinsicht. Es beschäftigte ihn wie er sich gefühlt hatte und wie er sich noch fühlte wenn er daran zurück dachte. Es beschäftigte ihn dass er dem Leben dieses Mannes kein Ende gesetzt hatte als er es konnte. Es beschäftigte ihn wie oft er davon träumte auf diesem Tisch zu liegen, Johns Lippen auf den Seinen zu fühlen und das Skalpell in seinen Hals zu rammen. Er träumte davon wie das Blut aus Johns Halsschlagader spritzte und Vincents Körper rot einfärbte. Er träumte davon wie John ihn enttäuscht und verletzt anblickte, bevor er starb. Und es beschäftigte Vincent wie er nach jedem solchen Traum schweißgebadet aufwachte und das Gefühl hatte gerade etwas Wichtiges verloren zu haben.
      Und es gab noch etwas das ihn daran beschäftigte, nichts davon passte in Johns Profil und es gab keine Anzeichen dafür dass er jemals eines seiner Opfer sexuell missbraucht hätte. Missbrauch... Vincent hasste dieses Wort, John hatte ihm damit das Leben gerettet.

      Es schmerzte als John Vincent half sich aufzusetzen, doch solange er nicht seiner Arbeit nachging machte Vincent keinen Mucks. Ja Schreien half, doch nicht jetzt, nicht wenn John ihm etwas Gutes tun wollte. Die starken Schmerzmittel taten das Übrige, auch wenn sie die Schmerzen nicht komplett ausblenden konnten. Der junge Polizist der sich so lange mit diesem Mann beschäftigt hatte wusste nicht, ob er still blieb um zu Überleben, weil er glaubte dass es das war was John zufrieden stellen konnte, oder ob er still blieb weil er diesen Mann nicht enttäuschen wollte. Es war schwer hier unten einen klaren Gedanken zu fassen und Vincent war sich sicher dass er schon lange seinen Verstand verloren hatte. Die ständigen Schmerzen gepaart mit liebevollen Gesten hatten alles in ihm durcheinander gebracht und er wusste nicht wie lange John schon dabei war sein Gehirn umzuprogrammieren. Er war kein Psychologe, hatte nicht studiert, aber er war dennoch ein guter Profiler und kannte sich mit der Psyche auch aus. Er wusste dass es möglich das Gehirn durch Schmerz oder positive Verstärkung zu manipulieren, Menschen etwas beizubringen, aber was passierte wenn Schmerz gefolgt wurde von Trost und Hoffnung belohnt wurde mit größeren Schmerzen?
      Vincent wusste nicht was er vor hatte als er ihm eine Schüssel Cornflakes in die Hand drückte, aber er zuckte als John erwähnte in seiner Wohnung gewesen zu sein. Aber warum wunderte er sich eigentlich darüber? Zögernd und mit zitternden Händen begann er tatsächlich zu Essen, während John ihm gegenüber saß und ihn ansah. Er zitterte vor Schmerz und Angst so sehr, dass Vincent sich wunderte dass er seinen Mund mit dem Löffel traf. Auch die Angst ließ ihn zittern, was hatte John vor? Sollte das Vincents Henkersmahlzeit werden?
      "Du darfst nicht aufgeben, Vincent. Das ist dein Todesurteil. Wenn Menschen sich selbst aufgeben, dann verlieren sie ihren Überlebenswillen. Ohne das wirst du sterben." Vincent hielt in der Bewegung inne und sah John an. Er wollte ihn nicht töten, zumindest noch nicht. Doch war das etwas Gutes? Im nächsten Moment schon stand er direkt vor ihm und seine Worte trieben dem jungen Polizisten die Tränen in die Augen. Er wollte tatsächlich noch nicht sterben, nicht heute, nicht Morgen, nicht in 10 Jahren. Er wollte leben. Aber das hier? Das war kein Leben, oder?
      Vincent blickte in Johns eisblaue Augen und lauschte seiner überraschend sanften Stimme. Es lag fast schon ein flehender Ton in ihr und Vincent hatte das Gefühl sein Tod würde diesem Mann tatsächlich etwas bedeuten.
      Erneut legte er seine Lippen auf die Seinen, küsste ihn und Vincent rechnete jeden Moment damit eine kalte Klinge in seinem Fleisch zu fühlen, doch es passierte nichts. Stattdessen küsste John ihn verlangend und aus welchen Gründen auch immer erwiderte Vincent den Kuss. Der Schmerz folgte - doch war dieser wohl nicht beabsichtigt gewesen. Als John sich auf Vincents Schoß setzte keuchte er vor Schmerz in seinen gebrochenen Rippen auf. Womöglich hatte John dies anders interpretiert, oder es war ihm gar nicht aufgefallen. Das hier war nicht gespielt, dessen war Vincent sich sicher, andererseits konnte man bei diesem Mann nie sicher sein. Und hätte John die Schüssel nicht selbst auf den Boden geworfen, so hätte Vincent sie bestimmt wenige Augenblicke später selbst fallen lassen.
      Es schmerzte ebenfalls als der blauäugige Mann Vincent zurück auf den Tisch drückte, sanft zwar, aber sein Körper war so geschunden dass jede Bewegung höllisch schmerzte. Ohne die starken Schmerzmittel die er regelmäßig bekam hätte er vermutlich schon sein Bewusstsein verloren.
      John verschwand wieder und Vincent blickte erneut zu den Werkzeugen hinüber. Es wäre so einfach...er brauchte nicht einmal was davon. Er konnte ihm einfach die Zunge abbeißen und zusehen wie er verblutete, aber irgendetwas hielt ihn davon ab.
      John kam wieder, nackt und Vincent musste feststellen dass sein Profil genau gepasst hatte. Gebildet, schlau, charmant...gut aussehend, vermutlich ging er ins Fitnessstudio wenn er nicht gerade Menschen folterte.
      Sein Kuss war warm und seine Augen ließen Vincent für einen kurzen Moment vergessen wo er war. Er hatte Angst vor ihm und gleichzeitig wollte er nicht dass er ihn wieder alleine ließ. Monster und Ritter zugleich, er verletzte ihn und verarztete ihn im nächsten Moment liebevoll. Seine Hände waren weich, seine Haut warm, das alles passte nicht zu den Vorstellungen eines Serienkillers. Nach all den Schmerzen schien schon die kurze Massage das angenehmste auf der Welt zu sein und Vincents Körper wollte sich entspannen, während in seinem Gehirn die Alarmglocken schrillten.
      Als er so auf dem Tisch lag bewegte er sich nicht als wäre er noch gefesselt gewesen, er wagte es einfach nicht. Sein Atem ging schneller und obwohl John nur sanft über seine Seite strich tat es weh, auch die Verletzung an seiner Hüfte schmerzte, doch der Schmerz kam nicht als negatives Gefühl in seinem Kopf an. Das Atmen fiel ihm schwer, es war schwierig sich unter diesen Umständen um eine flache Atmung zu bemühen und der metallene Tisch bewegte sich unter Johns Gewicht. Doch das alles war nicht der Grund dafür dass Vincent scharf die Luft einzog und sein Herz einen Zahn zulegte. Er blickte John verwirrt an.
      "Wieso...?"

      "Wieso...?", Vincents Atmung veränderte sich, ging schneller und ihm wurde auf einmal ziemlich heiß. Er konnte sich daran erinnern als wäre es Gestern gewesen und musste erst einmal seine Krawatte ein wenig lockern, bevor er es wieder wagte John anzusehen. "Wieso hast du mich nicht getötet?"

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    • Jonathan hatte sein leben immer unter Kontrolle gehabt. Niemand hatte ihm reingeredet, niemand hatte über ihn bestimmen können. Jetzt war es ähnlich, nur dass sein Leben sehr viel langweiliger war. Die Routine war nicht gut für seinen verstand, daher mochte er die monatlichen unterhaltungen mit Vincent.
      "Ich weiß es nicht", antwortete er ehrlich.
      Diese Frage hatte er sich selbst mehr als einmal gestellt und weder Van Straaten noch er selbst wussten eine Antwort darauf. Vincent war wohl wirklich etwas besonderes. Er hatte überlebt, er hatte Johns Herz gestohlen, er hatte die Speilregeln geändert. Er hatte - ohne es zu wissen - ein Stück der eisernen Kontrolle übernommen. Er war wahrscheinlich der einzige, der ihn aufhalten könnte, sollte John jemals wieder auf freien Fuß kommen.
      "Ich hatte es vor. Als ich mir dich und deinen kleinen Freund geholt habe, hatte ich wirklich vor, dich zu töten. Ich hatte es auch in unserer letzten nacht vor. Aber als dein Herzschlag dann immer langsamer wurde und du gestorben bist... ich konnte dich einfach nicht da unten sterben lassen. Also habe ich den Notarzt gerufen, ihnen gesagt wo wir sind, was du hast und wer ich war, was ich getan habe. Die Frau am anderen Ende hat mir nicht geglaubt, ich habe sie angeschrien, dass sie den Krankenwagen schicken soll. Dann hab ich aufgelegt und alles getan, um dich am Leben zu halten, bis die Sanitäter da waren. Ich hatte nicht das nötige Equipment."
      John senkte kurz den Blick auf seine Hände. Es war das erste mal in seinem Leben gewesen, dass er keine Schmerzen zugefügt hatte, sondern tatsächllich geholfen hatte. Es hatte sich seltsam angefühlt, aber nicht falsch. An diesem Abend hatte er an nichts anderes denken können, als Vincent am Leben zu erhalten.
      "Das alles hier war es wert."
    • Es machte Vincent wahnsinnig dass er nicht wusste warum er noch lebte. Warum er? Warum lebte nicht sein Partner? Oder eines der anderen Opfer von John? Wieso war er mit dem Leben davon gekommen? Diese Fragen gingen so weit dass er sich lange Zeit die Schuld an allen von Johns Morden gegeben hatte und sein eigenes Leben nicht wertschätze. Er glaubte nicht dass er das Recht hatte zu Leben während mehr als zwei Dutzend Leute in seiner Gefangenschaft sterben musste. Und nicht nur das, während John ermittelt hatte starben weitere Leute die er allesamt nicht retten konnte. Immer und immer wieder kam er zu spät. Ein weiterer Grund warum er so viele Tabletten verschrieben bekommen hatte. Als er im Krankenhaus aufgewacht war wurde er als Held gefeiert, als derjenige der den Orchideen- Killer geschnappt hatte, als der einzige Überlebende. So ein Bullshit! Er hatte ihn nicht geschnappt, er hatte das Spiel verloren, John war schlauer gewesen und der einzige Grund warum Vincent noch lebte? Den kannte Vincent nicht einmal und John offenbar auch nicht.
      Vincent konnte sich an diese letzte Nacht nicht erinnern. Da war kein weißes Licht, kein Film der nochmal die wichtigsten Ereignisse des Lebens abspielte, gar nichts. Er hatte die Augen zugemacht und das nächste an das er sich erinnern konnte war dass er im Krankenhaus aufgewacht war. Dort hatte er einige Wochen im künstlichen Koma gelegen und als er aufgewacht war und die sterilen Wände und das grässliche Neonlicht im Krankenhaus erblickt hatte, dachte er er wäre noch bei John in seinem Keller. Und als er realisiert hatte dass es nicht so war, da weinte er, es kam ihm vor wie eine Ewigkeit.

      Das ständige Piepen des Herzmonitors war das einzige Geräusch in Vincents Krankenhauszimmer. Es war ein teures Einzelzimmer, nur das Beste für den Helden der Nation, was für eine Ironie! Vincent starrte aus dem Fenster, sah sich den Park vor dem Krankenhaus an und stellte wieder und wieder fest wie sehr er das Sonnenlicht vermisst hatte.
      "Was fällt Ihnen ein hier her zu kommen und nach so etwas zu fragen?! Hat mein Junge nicht schon genug durchgemacht?!"
      "Miss Kane, ich weiß dass es viel ist was wir verlangen, aber es ist der einzige Weg heraus zu finden ob es noch mehr Opfer gegeben hat. Das Schulden wir den Familien!"
      "Was sie UNS Schulden ist dass sie hier verschwinden und sich nie wieder blicken lassen! Er ist kaum aus dem Koma erwacht und hat bisher kein Wort mit uns gewechselt. Sie helfen ihm nicht dabei wenn sie ihn bedrängen!"
      "Schon gut Mom.", meldete sich Vincent und seine Stimme klang kratzig und rau, so lange hatte er nichts gesagt. Er räusperte sich ein wenig und wand seinen Blick von dem Geschehen draußen ab um Simon Dwayne ins Gesicht blicken zu können.
      "Vince...du...", keuchte seine Mutter mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge.
      "Nenn mich bitte nicht so Mom." So hatte John ihn genannt und er wollte diesen Spitznamen nicht mehr hören. "Was ist also?"
      Vincents Boss räusperte sich auch ein wenig überrascht und richtete seine Krawatte. "Johnathan Crichton wurde zu..."
      "Ich weiß, ich hab die Zeitungsartikel gelesen, was wollen Sie aber nun von mir?"
      "Seit er hinter Gittern ist hat er nur ein Mal gesprochen. Er hat gesagt er würde nur mit Ihnen reden, mit keinem sonst."
      "Wollen sie etwas dass mein Sohn...?!"
      "Mom!", unterbrach Vincent und brauchte einen Moment Ruhe, blickte wieder nach draußen aus dem Fenster. Seine Mutter und sein Chef waren ruhig und warteten ungeduldig. In Vincents Gehirn überschlugen sich die Gedanken, Tatsache war dass er alles über John gelesen hatte seit er geschnappt wurde und es war auch Fakt dass er sich insgeheim gefreut hatte als sein Chef gerade vorgetragen hatte was er zu sagen hatte. Aber vielleicht sollte er gerade deswegen nicht zu ihm gehen, er sollte damit abschließen, er sollte... "Ich rede mit ihm."

      Vincent blickte ebenfalls auf Johns Hände, so vieles verband er mit ihnen und doch sehnte er sich nach seinen sanften tröstenden Berührungen. Wieso nur? Wieso konnte er ihn nicht einfach hassen, so wie er es sollte? Wieso konnte er nicht einfach seine Waffe nehmen und ihm in den Kopf schießen?
      "Unsere Zeit ist fast um.", stellte Vincent nach einem kurzen Blick auf die Uhr fest und erhob sich langsam. Nachdem John den Vertrag ohne Widerworte unterschrieben hatte, würde seine Verlegung zügig in die Wege geleitet werden. Vermutlich sah Vincent ihn früher wieder als es ihm lieb war.
    • John lehnte sich wieder zurück und beobachtete Vincent.
      "Ja, dem ist wohl so. Ich nehme an, wir werden uns bald wiedersehen."
      Eine Feststellung, keine Frage. Es war Fakt, dass Vincent anwesend sein musste, immerhin hatte John angekündigt, dass er kein Sterbenswörtchen sagen würde, wenn er nicht da war. All die Polizisten und Psychologen hatten also keine andere Wahl, wenn sie nicht schon wieder jahrelang hinter ein und dem selben Killer her sein wollten.
      "Geh nach Hause, schlaf dich aus, organisiere meine neue Unterbringung. Wir werden wohl noch viel Zeit miteinander verbringen."
      Die Wachen traten ein und holten John aus dem Verhörraum. In der gleichen Aufstellung wie schon auf dem Hinweg wurde er wieder zurück in seine Zelle gebracht. Dort entfernte man ihm die Fußfesseln, schloss die Gittertür vor seiner Nase und löste dann durch das kleine Fenster die handfesseln. John schenkte seinen Aufpassern noch ein frendliches Lächeln, ehe die Metalltür auch noch geschlossen wurde und er wieder allein in seiner kleinen, sterilen Welt war.
      John legte sich auf seine Pritsche, verschränke die Finger auf der Brust und schloss die Augen.

      "Crichton! Aufstehen und an die Wand!"
      Ein wundervolles Morgenritual. John stand auf und begab sich zu den Hand- und Fußabdrücken an der Wand seiner Zelle. Er presste sie Hände gegen den kahlen Beton und ließ sich von dem Wärter betatschen. Als sich dieser versichert hatte, dass John unbewaffnet war, folgte das übliche Fesselspiel. Allerdings ging es heute nicht in den Verhörraum oder auf den Hof sondern nach draußen auf den Parkplatz. John wusste, dass er verlegt wurde, Vince hatte es ja schließlich angekündigt. Er wurde in einen ordentlich gepanzerten Truck gesetzt, zwei Polizisten ebenfalls.
      Die Fahrt selbst dauerte eine kleine Weile, verlief aber relativ ruhig. John harte schon gleich zu Beginn den Kopf an die metallene Truckwand hinter ihm gelehnt und die Augen geschlossen. Einer seiner Bewacher war ziemlich nervös. Wahrscheinlich erwartete er einen raffinierten Fluchtplan oder sowas. Nichts dergleichen geschah. John ließ sich ganz brav von A nach B bringen.
      An dem Haus wurde er schließlich ausgeladen und seine beiden polizeilichen Begleiter führten ihn zur Haustür. Vince hatte ein hübsches Häuschen ausgesucht. Hier würde er es aushalten können.
      Im Eingangsbereich des Hauses nahm man ihm die Fesseln ab und das erste, was John tat war, seine Schuhe auszuziehen.
      "Hallo Vincent. Schön, dich zu sehen", grüßte er seinen Lieblingsdetective.
      Er schlenderte ins Wohnzimmer und ließ seine Finger über die Buchrücken wandern, die ein großes Regal innerhalb des Raumes füllten. Endlich wieder guter Lesestoff!
      Auf der Couch entdeckte er ein paar Klamotten, die er gleich einmal inspizierte. Vince hatte sich also daran erinnert, was er so trug? Süß.
      Ohne irgendeine Vorarnung zog John den orangenen Gefängnisoverall aus und entledigte sich auch des katzigen weißen T-Shirts. Die Jeans, die Vince ausgesucht hatte, passte perfekt, auch das Shirt fühlte sich sehr angenehm auf der Haut an. Er zog noch den Wollpullover drüber und fuhr sich dann duech die Haare, um die Strähnen aus dem Gesicht zu bekommen.
      "Nun Vince", begann er, als er sich langsam auf die Couch sinken ließ, "Wie sill ich dir jetzt mit deinem kleinen Problem helfen, hm? Nur anhand eines schlechten Bildes kann ich nicht gleich sagen, wer es war. Du musst mir schon mehr geben."
      John strich sanft mit einer Hand über das dunkle Polster neben ihm. Die Couch war bequem, der Stoff angenehm anzufassen. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass er ein Jahr lang auf ungepolsterten Bänken, Stühlen und Pritschen verbracht hatte. Aber die gesamte Einrichtung schrie danach, ein Zuhause sein zu wollen. Natürlich gab es hier keine Vasen oder dergleichen. Die hätte John ja auch als Waffe nutzen können.
      Er griff nach der Zeitung, die auf dem hölzernen Couchtisch lag und überflog sie kurz. Er war vielleicht nicht sonderlich up to date, aber viel los war außer diesem neuen Spieler ja nicht. John verpasste also nichts.
      "Vince, ich beiße nicht. Nicht, wenn du es nicht willst. Du kannst dich gern zu mir setzen, es gibt keinen Grund, warum du dir da drüben die Beine in den Bauch stehen solltest. Jetzt komm schon her und sag mir, wie ich dir helfen kann, mein Hübscher."
    • Vincent war schon früh Morgens zu dem Haus gefahren und hatte alles inspiziert. Er wollte selbst noch einmal sicher gehen dass John hier nicht raus kommen würde und keinen Menschen verletzen konnte. Es gab kaum etwas das man als Waffe benutzen konnte, auch wenn Vincent das persönlich etwas übertrieben fand, vermutlich konnte er jemanden mit seinen Schnürsenkeln ermorden wenn er es wollte. Was auch auffällig war, war die Küche, nicht einmal dort gab es etwas mit dem er jemanden verletzen konnte, kochen konnte er hier definitiv nicht. Das Essen würde geliefert werden. Auch sämtliche Kommunikation nach draußen existierte nicht, kein Telefon, kein Internet. Aber es gab einen Fernseher, es sprach wohl nichts dagegen wenn er sich die Nachrichten ansehen konnte und es gab jede Menge zu lesen. Es war besser ihn beschäftigt zu halten.

      Der junge Ermittler wartete geduldig im großzügigen Eingangsbereich auf Johns Ankunft. Unwillkürlich drückte er sich ein wenig an die Wand als der Mann eintrat. Er stand das erste Mal wieder vor ihm ohne dass er gefesselt war. Er fühlte sich diesem Mann irgendwie ausgeliefert, aber versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Vincent folgte John ins Wohnzimmer, sah ihm zu wie er die Bücher begutachtete und sich anschließend ohne Scham umzog. Vincent wandte seinen Blick auf den Boden. Während John sich setzte kramte Vincent seine Unterlagen hervor. "Ich stehe lieber.", war das erste was er zu John sagte und breitete einige Fotos auf dem Couchtisch vor John aus, damit er sie sich ansehen konnte.
      "Das sind die Opfer von denen wir wissen. Sie scheinen zufällig ausgewählt, männliche und weibliche Opfer, die Jüngste 14, der älteste 74, weiße, schwarze,... wir finden kein Muster. Und ohne Muster können wir kein exaktes Profil erstellen. Auch die Fundorte der Leichen scheinen zufällig. Mal an öffentlichen Orten, mal im Wald." Vincent breitete noch mehr Fotos aus auf denen die Fundorte zu sehen waren. Nachdem er alles auf dem Tisch platziert hatte, machte er einen großen Schritt zurück und wartete auf Johns Meinung.