[2er RPG] Burning Desire

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Julia hob leicht den Kopf, als sie Brians Stimme hörte. "Natürlich wird er nach mir suchen." In all der Dunkelheit war Carson das einzige, was ihr noch Mut machte. Für ihn würde sie es hier aushalten und alles tun, um zu ihm zurück zu kommen. "Er wird sich fruchtbare Sorgen machen... hoffentlich ist er nicht sauer auf mich." Julia schlug die Augen nieder, sie wusste nicht genau, wieso sie den letzten Teil des Satzes gesagt hatte. Beinahe kam es ihr so vor, als würde dieser Ort die alten Erinnerungen zurück bringen und damit die alte, verängstigte Julia ans Licht bringen, die auch den Launen eines Mannes ausgesetzt gewesen war.

      "Da der Entführer weiß, wo wir wohnen, dachte ich zuerst, dass er mich benutzen will, um meinen Freund zu erpressen. Er hat recht viel Geld, weißt du...", sagte sie ein wenig zögerlich. Es fühlte sich seltsam an, darüber zu sprechen. Aber jedes Thema war angenehmer, als die erdrückende Stille im Raum. "Vielleicht hat er wirklich irgendwo Spuren hinterlassen... irgendwas." Sie dachte an die Wachleute, Sicherheitskameras und Sensor-gesicherten Türen denken. Dass der Entführer es trotzdem bis in das Penthouse geschafft hatte, war eine beachtliche Leitung und nahm Julia die Hoffnung darauf, dass er irgendeinen Fehler gemacht hatte. Dieser Mensch war vorbereitet gewesen.

      Trotzdem würde sie nicht aufgeben. Carson zu liebe.
    • Eine Woche war vergangen, seit Julia verschwunden war. Austin hatte ihm gesagt, er solle die Polizei vorerst aus dem Spiel lassen. Sollte ein Lösegeld gefordert werden, dann wäre ein privater Verhandlungsführer besser dafür geeignet. Aber es war nie eine Forderung eingegangen. Weder bei ihm, noch bei Julias Eltern. Sie waren völlig aufgelöst gewesen, als Carson es ihnen gesagt hatte. Sie hatten gleich vorbeikommen wollen, aber laut Austin war es besser, wenn sie zu Hause blieben, sollte doch noch etwas kommen. Carson sprach täglich mit ihnen, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, Austin auf die Nerven zu gehen.
      Carson war ein Wrack. Er konnte nicht schlafen, man musste ihn dazu zwingen, etwas zu essen oder zu trinken. Nachdem seine ursprüngliche Wut verflogen und Platz für Sorgen gemacht hatte, war Dana praktisch zu seiner privaten Krankenschwester geworden. Sie sorgte dafür, dass seine aufgeplatzten Fingerknöchel versorgt wurden, sie sorgte dafür, dass er etwas aß. Der Davis Tower war stabil gebaut worden, daher war an den Wänden nichts mehr von Carsons Wutausbrüchen zu sehen, seit man das Blut weggemacht hatte. Jeder weitere Tag, der ohne Neuigkeiten verging, ließ Carson weiter von der Realität abdriften. Noch am ersten Abend hatte er den Ring in Julias Handtasche gefunden. Er trug ihn immer bei sich, nicht am Finger, aber immer da. Er war fest davon überzeugt, dass sie die Gelegenheit bekommen würde, ihn ihr zu schenken. Aber je länger es dauerte, sie zu finden, desto geringer wurde die Hoffnung und seine eiserne Überzeugung schwand, machte Platz für alle möglichen Horrorszenarien. Eine Woche... In Pittsburgh hatte es mal diesen Serienmörder gegeben, der die Opfer bis zu zwei Wochen lang folterte, bevor er sie ausstellte, wie makabere Kunstwerke. Carson wollte nicht daran denken, aber er konnte nicht anders.

      Er saß in seinem Wohnzimmer, die kleine Box mit dem Ring darin in der Hand. Es war der dritte Tag ohne jeglichen Schlaf. Er hatte sich nicht rasiert, nicht die Haare gemacht. Dana hatte ihn unter die Dusche schieben müssen, damit er wenigstens das machte. Er saß genau da, wo Julia gesessen hatte, als man sie mitgenommen hatte, auch wenn er das nicht wusste. Der Fernseher war eingeschaltet, ein Bericht über Julianas Entführung lief gerade. Chase war da. Sein Onkel Charles war da. Austin und seine Leute hatten das Konferenzstockwerk in Beschlag genommen, um die Suche mit der Polizei zu organisieren. Dank seiner Kontakte hatte Austin die Möglichkeit, die Bereiche abdecken zu dürfen, die die Polizei aus gesetzlichen Gründen nicht abdecken durfte. Das erweiterte immerhin ihren Ressourcenpool.
      Carson ignorierte, was um ihn herum vorging. Er beachtete weder den Fernseher, noch seinen Onkel, der versuchte, ihn aufzuheitern, noch das leichte Sandwich, das Dana vor ihm auf den Couchtisch gestellt hatte. Sie hatte sich nicht wirklich darüber freuen können, das Penthouse endlich einmal von innen sehen zu dürfen.





      Brian tat sein Bestes, um Julia vor diesem Psycho zu schützen. Es funktionierte scheinbar auch, denn bisher hatte er Julia nur einmal geholt und sie war ohne Blessuren davongekommen, soweit Brian das mitgekriegt hatte. Er hatte nicht so viel Glück, aber was war schon ein Backenzahn? Er verbrachte die Zeit, die er in seinem kleinen Zimmerchen hatte, ohne dass er nach Luft schnappend auf dem Bett lag, damit, den Sichtschlitz zu vergrößern. Er hatte herausgefunden, dass beide Seiten der Scheibe angemalt waren und immer weiter an seiner rumgepuhlt. Er hatte es immerhin auf ein DIN A3 großes Fenster geschafft.
      Heute war ihm nicht danach, weiter an der Scheibe zu arbeiten. Der Typ hatte ihn gerade erst wieder ausgeknockt und zurückgebracht. Sein Hirn war noch nicht wieder hochgefahren. Er lag auf dem dreckigen Futon und starrte einfach nur an die Decke. Seine Brust schmerzte. Er wusste, was passiert war, aber er würde es Julia nicht sagen, auch wenn sie fragte. Atmen war anstrengend, aber er zwang sich dazu, weiterzuatmen. Er würde hier unten nicht sterben, den Gefallen würde er diesem Psycho nicht machen. Das wäre seine ultimative Rache: Überleben.
      "Wie war dein Tag?", fragte er heiser in Richtung der Scheibe.
      Ein lächerliches Ritual, dass er seit einer Woche mit Julia hatte. Jedesmal, wenn er mitgenommen und wieder zurückgebracht wurde, fragte er, wie Julias Tag so gelaufen war. Es lenkte von ihrer Situation und von seinen Schmerzen ab. Und es hielt den Verstand irgendwie am Laufen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Insane Pumpkin ()

    • In der dunklen, kleinen Zelle schien die Zeit langsam ihre Bedeutung zu verlieren. Julia wusste nicht wie lange sie schon dort war. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, doch trotzdem konnte sie sich an ihr neues Umfeld einfach nicht gewöhnen. Alles hier machte ihr Angst - vor allem, wenn Brian nicht mit ihr sprach und sie völlig alleine mit ihren Gedanken war.
      Sie hasste die Momente, in denen die Luft im Raum auf einmal süßlich zu riechen begann. Es hatte etwas gedauert, bis sie verstand, dass jemand Gas durch die Lüftungsschlitze leitete, um sie bewusstlos zu machen. Jedes Mal, wenn Julia danach wieder zu sich kam, war Brian verschwunden und sie verbrachte die nächsten Stunden - oder vielleicht waren es auch Tage, sicher war sie sich nicht - damit, sich Sorgen um den Mann zu machen und sich auszumalen, was man mit ihm tun würde.

      Ein einziges Mal war Julia bisher nach einem dieser Ohnmachtsanfälle nicht in ihrer Zelle aufgewacht. Ihre Erinnerungen waren trüb, da sie nur kurz zur Besinnung gekommen war. Sie erinnerte sich an einen hellen Raum, der deutlich sauberer war als ihre Zelle. Es hatte einige Sekunden gedauert, bis sie verstanden hatte, dass man sie an einen anderen Ort gebracht hatte, doch sobald diese Erkenntnis in ihrem vernebelten Gehirn angekommen war, breitete sich Panik in der jungen Frau aus. Sie erinnerte sich an Brians Verletzungen und die Vorstellung, dass sie nun etwas ähnliches erwarten würde, ließen sie vor Angst erstarren.
      Ein greller Blitz blendete sie und sorgte dafür, dass Julia erschrocken zurück wich. Allerdings kam sie nicht weit, da sie schon kurz darauf mich dem Rücken gegen eine Wand prallte. Erneut blitzte es und die junge Frau kniff die Augen zusammen, während sie auf die Schmerzen wartete, die sie nun erwarten würden. Sie zog die Beine an ihren Körper an, in einem kläglichen Versucht sich so klein wie möglich zu machen.
      An mehr erinnerte sie sich nicht. Kurz darauf war es wieder dunkel um sie herum geworden und als sie das nächste Mal die Augen öffnete, hatte sie sich in ihrer Zelle wiedergefunden.

      Anfangs hatte Julia die Zeit, in der sie alleine war, genutzt um sich ein wenig umzusehen. Aber schnell war die Hoffnung darauf, dass sie irgendwo einen versteckten Ausweg finden könnte, verflogen. Der Entführer hatte anscheinend an alles gedacht. Und so blieb Julia nichts anderes übrig, als abzuwarten, was er als nächstes für sie geplant hatte.

      Einmal am Tag wurde ein Tablett mit einem Krug Wasser und Essen in ihre Zelle gebracht. Auch hier nutzte der Entführer die Zeit, in der sie bewusstlos waren, was einmal mehr zeigte, wie sehr er sie unter seiner Kontrolle hatte. Meistens ignorierte Julia das Essen. Teils, weil sie dem Zeug nicht traute und teils weil sie einfach keinen Hunger hatte. Die Angst und ihre Sorge um Carson schnürten ihr den Magen zu. Sie dachte oft an ihn und fragte sie, was er wohl gerade tat, wie es ihm wohl ging und ob er nach ihr suchte.
      Wenn sie jemals hier herauskam, würde sie sich bei ihm entschuldigen. Manchmal fragte sie sich, ob er sie überhaupt zurücknehmen würde, wenn er sah was sie für ein Wrack geworden war. Er verdiente eindeutig etwas besseres. Aber sie klammerte sich an die Hoffnung, dass er sie genug liebte, um sie nicht zu vergessen. Und deshalb würde er sie eines Tages finden und retten. Immerhin war er ihr Prinz...

      Julia war gerade wieder dabei sich an eines ihrer Erlebnisse mit Carson zurück zu erinnern, als sich die Luft in der Zelle änderte und sie schon kurz darauf bewusstlos wurde. Inzwischen wehrte sie sich nicht mehr dagegen. Es war etwas, was zu ihrem Leben dazu gehörte, so wie für andere Leute das Zähneputzen. ach, was würde sie nur für eine Dusche geben...
      Als die Blondine das nächste Mal zu sich kam, war es etwas heller in ihrer Zelle. Sie wusste sofort, was dies bedeutete und eilte zu der Glasscheibe, die ihre und Brians Zelle teilte. Sie hasste es, dass sie dem Mann nicht helfen konnte. Zu gerne hätte sie eine Wunden zumindest ein wenig versorgt. Doch sie konnte nichts anderes tun, als zu warten, bis er zu sich kam.
      "Wie war dein Tag?", hörte sie ihn nach einigen Minuten - oder Stunden, was zählte das schon - sagen. Sie hob den Kopf und versuchte ihn anzulächeln. Es gelang ihr jedoch nicht gut. "Ereignislos.", sagte sie, da sie inzwischen bemerkt hatte, dass ihr Zellennachbar sich immer etwas entspannte, sobald sie ihm diese Antwort gab. Es wärmte ihr Herz, dass er sich trotz allem um sie sorgte. Ein so guter Mensch verdiente es wirklich nicht hier zu sein. Niemand verdiente es hier zu sein...

      "Weißt du, ich habe nachgedacht. Wenn ich hier rauskomme, könnte ich mir die Haare färben. Sie scheinen jeden Tag etwas dunkler zu werden und inzwischen könnte ich mir vorstellen, dass mir braune Haare gut stehen. Was denkst du?" Sie wussten beide, dass diese Gespräche zwischen ihnen albern waren, doch es lenkte sie ein wenig von ihrer aussichtslosen Situation ab.
      Inzwischen hatte Julia aufgehört Brian über ihre Situation auszufragen, da der Mann ihr nur sehr vage Antworten gab und über einige Sachen überhaupt nicht sprechen wollte. Sie fand das zwar furchtbar frustrierend, aber da sie ihn nicht zwingen konnte, hatte sie beschlossen ihn nicht noch weiter zu bedrängen. Er war immerhin ihr einziger Verbündeter hier und sie wollte ihn auf keinen Fall verärgern. "Brian, was hast du gemacht, bevor du hierher gekommen bist? Hattest du einen Job, hast du studiert?" Da sie keine relevanten Informationen von Brian bekam, versuchte Julia ihn zumindest ein wenig besser kennen zu lernen. Und vielleicht sagte er eines Tages einmal etwas, was ihr half zu verstehen, wieso gerade sie beide hier zusammen eingesperrt worden waren.
    • Brian überlegte kurz, ob er sich zur Scheibe schleppen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Hier zu liegen war gerade das Einzige, wozu er seine Muskeln überreden konnte.
      "Braun? Mach doch was exotischeres draus. Rot oder sowas. Ich mag Rothaarige..."
      Vorsichtig betastete er seinen Oberkörper. Immerhin hatte der Psycho an Verbandsmaterial gedacht. Brian würde also nicht an einer Infektion sterben. Juchuh...
      "Ich war Anwalt. Kannst du das glauben? Rechtsanwalt. Nicht für's Strafrecht, ich hatte nie Lust Leute aus sowas rauszuhauen. Familienrecht. Hab mich um 'nen ganzen Haufen Kinder gekümmert. Hab auf sie aufgepasst, wenn ihre Eltern sich um das Sorgerecht geprügelt haben. Hab sie aus beschissenen Familien rausgeholt. Hab dafür gesorgt, dass sie in gescheiten landen. Sowas eben."
      Brian hatte bereits eine ganze Liste an Leuten angefertigt, die ihm deswegen etwas böses wollen könnten. Aber irgendwie war keiner der Kandidaten in seinem Kopf zu sowas fähig. Auf der anderen Seite sagte ja aber auch jeder Nachbar eines Serienkillers, es seien ruhige und normale Menschen gewesen...
      "Was hast du so gemacht? Du ruhst dich doch sicher nicht auf dem Geld deines Freundes aus, oder?"
    • Julia setzte sich neben der Scheibe auf den Boden und lehnte ihren Kopf an das kühle Glas. "Rot... das wäre eine Überlegung wert." fast hätte sie hinzu gefügt, dass sie Carson nach seiner Meinung fragen wollte, wenn sie ihn das nächste Mal sah. Aber sie biss sich auf die Zunge. Es war einfach zu schmerzhaft das auszusprechen, wenn sie ahnte, dass sie ihn vielleicht nicht wiedersehen würde.
      "Das ist ein schöner Job und ein wichtiger.", sagte sie, als sie von Brians Arbeit erfuhr. "Ich weiß nicht, ob du in San Francisco gearbeitet hast, aber falls ja, könnte es sein, dass du meinen Chef kennst." Sie lächelte etwas, vermutlich war sie eine der wenigen Personen, die traurig darüber war, dass sie nicht zur Arbeit gehen konnte. "Ich arbeite für die Organisation Safe Heaven. Wir helfen Frauen, die in Missbrauchsbeziehungen leben und helfen ihnen ein neues Leben aufzubauen. Leider sind da zu oft auch Kinder mit dabei, für die wir vor Gericht durchsetzen müssen, dass der Vater nicht das Sorgerecht bekommt. Aber damit habe ich eher weniger zu tun. Ich kümmere mich um die Frauen, die in einem der Frauenhäuser leben. Es ist also nicht ganz so spektakulär, wie dein Job.", Julia hielt inne, als ihr bewusst wurde, dass sie plapperte. "Tut mir leid", setzte sie an, doch dann fiel ihr ein, dass sie hier alle Zeit der Welt hatten und es deshalb nichts machte, wenn sie ein wenig erzählte.

      Einige Sekunden lang - vielleicht waren es auch Minuten - schwieg Julia, während sie an die anderen Frauen im Frauenhaus dachte. Machten sie sich auch Sorgen oder dachten sie, dass Julia einfach nur Urlaub machte? Hatte jemand Andrew informiert, oder dachte er, dass sie nun kein Interesse an ihrem Job mehr hatte, weil sie mit ihrem reichen Freund zusammen lebte? Julias Augen weiteten sich ein wenig. Was sollte sie tun, wenn er sie kündigte?
      Ein Teil von ihr wusste, dass sie gerade ganz andere Sorgen hatte, aber gleichzeitig war es tröstlich über solche Banalitäten nachzudenken. Es war ein kleines Stück Normalität, an das Julia sich mit aller Kraft klammerte.

      "Weißt du... ich früher selbst in so einer Beziehung gelebt." Julia war nicht sicher, wieso sie die Worte sagte. Vielleicht wollte sie einfach nur die Stille füllen. Es hat viele Jahre gedauert, bis ich wieder anderen Menschen vertraut habe. Carson...", sie stockte, da sie nicht sicher war, ob sie den Namen Brian gegenüber schon einmal erwähnt hatte. "... mein Freund, hat mir gezeigt, wie schön die Welt sein kann, wenn man keine Angst mehr haben muss. Und jetzt sitze ich hier, während er sich Sorgen macht. Und ich kann ihm nicht mal sagen, wie viel er mir bedeutet." Ein leises Schluchzen verließ ihre Lippen.
    • Brian zwang sich dazu, sich aufzusetzen. Er versuchte, dabei keinen Ton von sich zu geben, aber ein kleines Ächzen kam ihm dann doch über die Lippen.
      "Hey. Der wird's schon wissen. Und der wird froh sein, wenn er dich wieder bekommt. So läuft das doch in Beziehungen."
      Er wählte seine Worte mit bedacht. Das einzig Gute, was ihm sein langweiliges Studium gebracht hatte. Er wusste, wie man formulierte, um andere dazu zu bekommen, einem zu glauben.
      "Wir schaffen's hier raus und dann verklage ich den Sack in Grund und Boden. Hab da gute Kontakte. Und dein Freund karrt bestimmt auch noch ne ganze Armee ran. Vielleicht kriegen wir diesen Psycho ja auch in Guantanamo oder so unter. Das wär doch was..."
    • Julia hob den Kopf. Während sie sich mit dem Handrücken über die Augen wischte, versuchte sie ihren Atem zu beruhigen und die Tränen zurück zu halten, die in ihr aufsteigen konnte. Es wunderte sie ein wenig, dass sie überhaupt noch weinen konnte.
      "Du bist zu nett.", sagte sie und schenkte dem Mann ein schmales Lächeln. "Anstatt dich um dich selbst zu kümmern, machst du mir Mut. Eigentlich sollte es anders herum sein. Es tut mir leid, dass ich so ein Schwächling bin und dich nicht unterstützen kann." Carson hätte sie vermutlich ausgeschimpft, weil sie sich schon wieder wegen jeder Kleinigkeit entschuldigte. Doch Julia schämte sich dafür, wie schlecht sie mit ihrer Situation umging. Im Gegensatz zu Brian ging es ihr eigentlich gut, er sollte sich keine Sorgen um sie machen sollen.

      Einen Moment lang betrachtete sie den Mann, während sie sich fragte, wie er wohl vor seiner Entführung ausgesehen hatte. "Hast du eigentlich eine Freundin, oder einen Freund? Wir reden zwar immer über meine Beziehung, aber du hast nur erzählt, dass deine Freunde nicht nach dir suchen würden. Mir fällt das etwas schwer zu glauben. Du bist so nett und ich bin mir fast sicher, dass du gut aussiehst..." Sie hob einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen - oder versuchte es zumindest. "Vielleicht taucht hier zuerst jemand auf, der nach dir sucht?"
    • "Unwahrscheinlich. Ich bin gerade erst hergezogen. Wie gesagt: ich war mehr ein Mitläufer als wirklich befreundet mit irgendwem. Meine Familie hat wahrscheinlich keine Ahnung, dass ich überhaupt verschwunden bin. Die interessieren sich nicht wirklich für mich, seit ich Frank mit nach Hause gebracht habe, als ich siebzehn war."
      Brian war schon lange darüber hinweg. Eltern konnten ziemlich scheiße sein. Er war nur ein weiterer Sohn, der nicht gut genug war, nur weil er ein bisschen anders liebte als es den Konventionen recht war. Wegzuziehen war eine der besten Entscheidungen gewesen, die er je getroffen hatte. Das Timing war vielleicht ein bisschen doof gewesen. Oder er hätte sich mehr darauf konzentrieren sollen, Freundschaften zu schließen, anstatt sich in Arbeit zu ertränken, um den Speichel der Chefs zu lecken.
      "Das mit dem Nett-Sein darfst du übrigens für dich behalten. Ich bin Anwalt. Ich habe einen Ruf zu verlieren."
      Er musste selbst lachen, was nicht unbedingt eine gute Idee war. Lachen schmerzte. Und die Verbände waren recht eng. Er brauchte einen Moment, um sich wieder zu sammeln und um sicher zu gehen, dass er noch alle seine Teile beisammen hatte.
      "Ich bin nicht mutig. Ich bin bloß zu wütend, um mich von diesem Saftsack fertigmachen zu lassen. Teil meimes Rufes ist es, dass ich verdammt hartnäckig und nervig bin. Der Typ wird mich nicht loswerden. Und so lange ich da bin, wird er nicht an dich rankommen. Nenn es 'nen Heldenkomplex. Ich will damit keinesfalls deine Gleichberechtigung oder sowas untergraben. Bin bloß altmodisch. Dämliche Südstaaten-Erziehung."
    • Julia verzog das Gesicht. Brians Geschichte war so traurig, dass es sie für einige Zeit lang vergessen ließ, in was für einer schrecklichen Situation sie sich befanden. "Wenn wir hier raus sind, nehme ich dich mal mit zur Arbeit. Die Frauen werden dich mögen und mein Chef wird von dir begeistert sein. Vielleicht gibt er dir sogar einen Job. Für mich ist es da wie eine zweite Familie, ich bin mir sicher, dass sie dich auch so behandeln. Selbst wenn du für deinen Job den strengen Anwalt raushängen lassen musst, wäre es doch nett, wenn du irgendwo hinkommen könntest, wo man dich so mag wie du bist, oder?"
      Es war eine sehr romantische Beschreibung des Frauenhauses und Julia ahnte, dass einige der Frauen überhaupt nicht davon begeistert wären, wenn sie schon wieder einen Mann dort anschleppte. Doch nachdem Carson ihre Herzen gewonnen hatte, konnte Brian das bestimmt auch. Und der Mann klang so, als könnte er etwas Motivation gebrauchen, um hier rauszukommen. Bisher überlebte er nur, doch er hatte noch nie gesagt, was er tun wollte, wenn er wieder hier draußen war. Abgesehen davon, den irren Entführer zu verklagen... Irgendwie beunruhigte Julia das ein wenig.

      Einige Zeit lang schwieg sie, während sie den Anwalt besorgt musterte. Sie wusste nicht, was man diesmal mit ihm gemacht hatte, doch da er es ihr sowieso nicht sagen würde, fragte sie auch nicht weiter. "Es ist sehr lieb, dass du mir Mut machst.", sagte sie schließlich. "Aber wir wissen beide, dass du nichts daran ändern kannst, wenn er mich mitnimmt. Genauso wenig, wie ich dir helfen kann, obwohl ich nichts lieber täte. Du weißt ja gar nicht, wie nutzlos ich mich fühle. Ich sitze hier wie eine verdammte Prinzessin, die wartet dass ein Prinz sie rettet. Ich hasse das."
    • "Wie gesagt: Ich hab 'nen Heldenkomplex."
      Brian ließ sich vorsichtig an der Wand zurück in die dreckigen Laken seines Futons rutschen. Er war müde, wahrscheinlich sollte er auch schlafen, aber er wollte Julia nicht schon wieder mit ihren Gedanken allein lassen.
      "Technisch gesehen ist es mir gesetzlich untersagt, das Gelände des Frauenhauses zu betreten, das weißt du schon, oder? Dafür sind diese Dinger da. Kein Mann kommt rein, um die Frauen sowohl vor weiterer physischer, wie auch psychischer Misshandlung zu schützen. Ich finde es immer wieder faszinierend, dass es keine Männerhäuser gibt. Die Dunkelzahl misshandelter Männer ist riesig. Du willst gar nicht wissen, wie oft ich schon das Sorgerecht für einen Vater einklagen musste, weil die Mutter die Cholerikerin war. Wenn Kinder im Spiel sind, geben es die Leute eher zu, aber ohne... Die Gesellschaft ist da ziemlich scheiße. Ich mein, ich kann nicht mal eine heiße Schokolade trinken, ohne gleich in meiner Männlichkeit beleidigt zu werden. Bier schmeckt nun mal scheiße und ich bekomme im Winter schnell kalte Füße, lass mich doch."
      Warum hielt er hier gerade diesen Vortrag? Er musste Julia nichts beweisen. Und er war auch sehr viel weniger der Social Justice Warrior, als der er sich hier gerade auszugeben schien. Er sah nur immer die dunkle Seite dahinter, die niemand wahrhaben wollte. Er war Teil des steinigen Weges in ein besseres Leben.
      Brian legte sich den Unterarm über die Augen, um das Neonlicht ausblenden zu können. Was würde er jetzt für eine heiße Schokolade geben?
    • Julia ließ die Schultern leicht nach unten sinken, als ihr Versucht Brian etwas aufzuheitern förmlich an dem Mann abprallte. Aber sie konnte es ihm nicht verübeln, dass er seinen Sinn für Humor inzwischen verloren hatte. "Du hast Recht, aber für meinen Beschützer machen sie sicher eine Ausnahme.", sie lächelte in Brians Richtung, da er sich aber schon wieder hingelegt hatte, konnte er dies vermutlich nicht sehen. "Aber es muss auch nicht sein." Sie machte einen nachdenklichen Laut. Ein Teil von ihr wollte ihren Zellennachbarn in Ruhe lassen, damit er sich erholen konnte, doch ein anderer Teil fürchtete sich vor der Stille.
      "Was hältst du davon, wenn wir eine heiße Schokolade trinken gehen, sobald wir hier raus sind? Oder mein Freund macht dir eine. Er kann das total gut." Ein trauriger Ausdruck trat in ihre Augen, während sie wieder einmal an Carson dachte und sich fragte, was er wohl gerade tat.
      "Ich finde es völlig legitim, wenn Männer Süßigkeiten essen. Du brauchst eine Frau, die du als Alibi mitnehmen kannst. Dann kannst du immer den Gentlemen raushängen lassen und so tun, als würdest du es für sie kaufen." Sie lächelte sanft, da sie daran denken musste, wie gerne Carson Karamell mochte. Ob wohl seine Geschäftspartner davon wussten?
    • Brian kicherte. Blöde Idee.
      "Ich brauch also keine Alibi-Freundin, ich brauche ein Alibi-Schoko-Date?", fragte er scherzhaft, "Das klingt verlockend. Aber nicht, dass ich dir noch deinen Freund ausspanne."
      Langsam kroch die Müdigkeit in seinen Körper. Bisher hatte er es noch recht gut verdrängen können, aber jetzt schlug es ihn praktisch mitten ins Gesicht. Er unterdrückte ein Gähnen, die Augen konnte er aber nicht weiter offen halten. Er bekam gar nicht mit, wie er einschlief.



      Es war faszinierend zu sehen, wie gut sich die beiden verstanden. Es war eine gute Entscheidung gewesen, Brian dort unten zu parken. Er hätte ihn überhaupt nicht nutzen müssen, aber er war froh, dass er es dennoch getan hatte. Vielleicht...
      Mit der Neugierde eines verrückten Wissenschaftlers drückte er auf einen Knopf und öffnete damit eine versteckte Tür gleich neben der Scheibe, die die beiden kleinen Zellen miteinander verband. Mal sehen, was die beiden anstellten, wenn sie tatsächlich Kontakt zueinander hatten. Es war ja beinahe schon süß zu beobachten, wie die beiden Freunde wurden.
    • Julia lachte leise, doch es klang heiser. Fast so, als wären ihre Stimmbänder nicht mehr gewohnt diese Laute von sich zu geben. Und in den letzten Tagen war der Blondine wirklich nicht zum Lachen zu mute. "Ich denke nicht, dass du das schaffst.", gab sie zurück, erhielt aber keine Antwort. Ein wenig verwirrt ging sie näher zu der Glasscheibe, um durch das Sichtfeld zu blicken. Kurz erschrak sie, als sie Brian bewegungslos auf seiner Madratze liegen sah, doch schnell entspannte sie sich wieder, als sie das ruhige Heben und Senken seines Brustkorbes bemerkte und feststellte, dass er lediglich eingeschlafen war.
      Einige Zeit lang stand Julia unschlüssig vor der Glasscheibe. Es gab nicht viel, was sie tun konnte und ohne ihren Gesprächspartner kam die Zelle ihr auf einmal viel dunkler und einsamer vor.

      Ein Klicken, gefolgt von einem schabenden Geräusch ließ Julia zusammen zucken. Wenn sie sich nicht mit Brian unterhielt, gab es nur wenige Geräusche in der dunklen Zelle, weshalb sofort ein Gefühl der Panik in ihr aufstieg. Doch entgegen aller ihrer Befürchtungen, geschah erst einmal nichts. Der süßliche Geruch des Betäubungsgases blieb aus und es schien sich auch sonst niemand ihrer Zelle zu nähern.
      Ein paar Sekunden lang blieb Julia bewegungslos stehen, bis sie es endlich wagte ein paar Schritte an der Wand entlang zu gehen, bis sie an der Stelle ankam, aus der das Geräusch gekommen war. Ihre Augen weiteten sich, als sie dort eine Tür entdeckte, die ihr bisher bei keinem ihrer Streifzüge aufgefallen war. Erneut zögerte sie. Sie war sich sehr sicher, dass es sich um eine Falle oder einen sadistischen Trick des Entführers handelte. Doch letztendlich siegte ihre Neugierde.

      Vorsichtig schob sie die Tür ein Stück weiter auf und machte dann einen zögernden Schritt in die Nachbarzelle hinein. Erneut hielt sie inne. Erst als auch einige Sekunden später noch nichts passiert war, wagte sie es auf Brian zuzugehen und sich neben ihn auf den Boden zu setzen. Sie überlegte, ob sie ihn ansprechen sollte, aber als sie sein erschöpftes und geschundenes Gesicht sah, entschied sie sich dagegen. Er brauchte diesen Schlaf und Julia würde auf ihn aufpassen, damit niemand ihn störte.
    • Brian öffnete langsam die Augen. Schlafen war hier unten so viel angenehmer als wach sein. Jedesmal, wenn er wieder aufwachte, hatte er Angst, nicht mehr in seiner kleinen Zelle zu sitzen. Doch als er die vertraute Neonröhre über sich sah und den alten Futon unter seinen Händen spürte, wusste er, dass er nichts zu befürchten hatte. Zumindest für den Augenblick.
      Ruckartig setzte er sich auf - und bereute es sofort - als er die geöffnete Tür erblickte. Sein erster Gedanke war sogar nach all diesen Monaten noch, dass er vielleicht einen Weg hier raus gefunden hatte. Doch dann sah er, wohin die Tür führte und ein vertrauter Blondschopf saß neben ihm auf dem Boden.
      "Hey..."
      Er setzte sich vorsichtig auf und ließ sich dann neben Julia auf den Boden sinken.
      "Schön dich mal live und in Farbe zu sehen", lächelte er und reichte Julia die Hand.
      Ein Teil von ihm glaubte, nur eine Halluzination zu haben oder gar zu träumen. Aber als er Julias warme Haut an seiner spürte, da wusste er, dass sich etwas geändert hatte. Nur warum?
      "Hat er dir verraten, warum er die Spielregeln geändert hat?"
    • Julia wusste nicht, wie lange sie auf dem Boden neben der Matratze gesessen hatte. Es war das erste Mal, dass sie Brian ohne die dreckige Scheibe zwischen ihnen sehen konnte und der Anblick war für die junge Frau seltsam faszinierend. Nun, da seine Gesichtszüge entspannter waren, fiel ihr auf, dass er jünger war, als sie bisher angenommen hatte. Vermutlich waren sie sogar im selben Alter. Einige Minuten lang versuchte sie sich vorzustellen, wie er wohl mit kurzem Haar, ohne die dunklen Schatten unter den Augen und ohne die Verletzungen in seinem Gesicht aussehen würde. Aber es gelang ihr nicht. Vermutlich würde sie ihn nicht einmal erkennen, wenn sie ihm auf der Straße begegnete. Wenn...

      Julia schüttelte den Kopf, um die negativen Gedanken im Keim zu ersticken. Natürlich würden sie sich irgendwann auf der Straße begegnen, weil sie beide hier wieder rauskommen würden. Und dann würden sie über das Aussehen des anderen Scherzen. Diese Hoffnung war alles, was Julia noch geblieben war und sie klammerte sich mit aller Kraft daran.
      Als Brian endlich aufwachte und den ersten Schrecken überwunden hatte, lächelte Julia ihn ein wenig schüchtern zu. Die Situation war für sie genauso seltsam wie für ihn. "Das kann ich nur zurück geben.", antwortete sie, während sie seine Hand schüttelte. Seine Haut war rauer als ihre, aber die Wärme, die von ihnen ausging, hatte etwas tröstliches.

      "Hat er dir verraten, warum er die Spielregeln geändert hat?" Die Worte ihres ehemaligen Zellennachbarn ließen Julia aufsehen. "Bisher hat er überhaupt nicht mit mir geredet.", antwortete sie und hob leicht die Schultern. Die Tatsache, dass sie hier festsaß und ignoriert wurde, während Brian immer wieder fortgebracht und gefoltert wurde, frustrierte sie ungemein. Manch anderer wäre vermutlich froh über diesen Umstand, doch Julia kam die Situation einfach nur falsch und ungerecht vor.
      "Die Tür ist einfach plötzlich aufgegangen und ich wollte nicht in meiner Zelle bleiben, weil ich nicht wusste, wann er sie wieder schließt. Ich habe keine Ahnung, warum er das gemacht hat, aber es ist nicht schlecht, dass wir hier zusammen sind, oder? Wir können mehr ausrichten und wenn wir hier rauskommen, müssen wir nur noch eine Zelle aufbekommen." Sie lächelte, auch wenn sie beide wussten, dass sie ohne fremde Hilfe nicht von hier fort kommen würden. Ihr Entführer schien wirklich an alles gedacht zu haben.

      Einen Moment lang herrschte Stille zwischen ihnen, während Julia den nun wachen Brian betrachtete. "Ich hatte gedacht, dass du älter wärst.", sie kicherte leise, schnell fielen ihre Mundwinkel aber wieder nach unten. "Was glaubst du, was er mit uns vorhat?"
    • Brian kicherte, dann hustete er, dann stöhnte er und hielt sich die Rippen auf der linken Seite.
      "Ich nehm das mal als Kompliment. Aber bitte: Bring mich nicht zum Lachen."
      Er nahm ein paar vorsichtige Atemzüge, dann lehnte er sich entspannter wieder zurück gegen seinen heiligen Futon. Das war wirklich das Einzige, was einem hier unten noch irgendwie Frieden bringen konnte.
      Ohne darüber nachzudenken, legte er seinen Kopf auf Julias Schulter und schloss die Augen.
      "Deine Idee ist gut", sagte er, "Zwei sind besser als einer und er ist allein. Wir sollten ihn irgendwie kleinkriegen. Ich hab nur keine Ahnung wie. Ich hab in meinem Leben nicht genug Action, Horror oder Thriller Filme gesehen, um einen cleveren Plan für einen Ausbruch zu kreiren. Ich könnte ihn mit Paragraphen zu Tore langweilen. Das wäre ein Plan..."
    • Julia verzog leicht das Gesicht, als sie Brians schmerzverzerrten Ausdruck sah. Doch sie entschied sich, ihn nicht darauf anzusprechen. Dieser Ort war schon unangenehm genug, ohne dass sie ihn daran erinnerte, was der sadistische Entführer mit ihm anstellte.
      Unbewusst lehnte sie ihren Kopf gegen den von Brian, als er sich an sie anlehnte. In der Kälte und Einsamkeit ihrer Zelle hatte seine Körperwärme etwas tröstliches, da es sie daran erinnerte, dass sie nicht alleine und noch am Leben war. "Ich habe leider kein besonderes Talent, mit dem ich helfen könnte.", sagte sie nach einer kurzen Pause. "Vielleicht ist es wirklich mein Schicksal hier zu sitzen und zu warten, dass mich jemand rauslässt. Wie eine verdammte Märchenprinzessin. Ich hasse das.", Julia benutzte keine Schimpfwörter, weshalb dieser Satz einem Fluch gleich kam. "Ich könnte ihn ja nett drum bitten... vielleicht lässt er uns dann gehen." Sie lachte humorlos auf. Die Erkenntnis, wie nutzlos sie hier unten war, frustrierte sie immer mehr. Inzwischen war sie sich sicher, dass der Entführer sie zu irgendetwas benutzte. Sie wusste nur nicht genau wozu.
      "Am Anfang habe ich gedacht, dass der Entführer meinen Freund erpressen will... kling klischeehaft, aber wer rechnet schon damit, dass man aus Willkür irgendwo eingesperrt wird." Julia wusste nicht, wieso sie Brian ihr Herz ausschüttete, aber alles war angenehmer, als die erdrückende Stille in dem kleinen Raum. "Inzwischen bin ich froh, dass es nicht so ist. Ich weiß nicht, ob ich mit dem Wissen leben könnte, dass mein Freund viel Geld für mich gezahlt hat. Vor allem, da ich ihn nicht zurückzahlen könnte. In meinem Job verdient man nicht so gut.", sie lächelte etwas, aber der Ausdruck wirkte aufgesetzt. "Du hattest vermutlich auch noch nie so einen Fall oder?"
    • "Du würdest lachen, wie oft ein Elternteil sein eigenes Kind entführt, um sich vor dem Sorgerechtsstreit zu schützen. Allerdings bin nicht ich derjenige, der dann die Entführung verhandelt. Ich bin der, der dann ein Blatt Papier aufsetzt, unterschreiben lässt und offiziell das Sorgerecht an das andere Elternteil übergibt."
      Brian schloss die Augen. Er war gut im Verhandeln, aber dafür brauchte man genug Material, um einen guten Hebel zu bauen. Sie hatten nicht einmal einen Zahnstocher. Sie wussten nicht, was ihr Entführer wollte. Sie wussten nicht, in wie weit er mit den anderen Beteiligten kommunizierte. Vielleicht hatte es ja eine Forderung gegeben. Vielleicht war sie nicht erfüllt worden. Oder man befand sich noch mitten in den Verhandlungen. Es gab zu viele Variablen, die sie von hier unten nicht einschätzen konnten. Und Brian wusste weitaus mehr über ihre allgemeine Situation als Julia.



      Carson war ein mentales Wrack. Sie hatten eine Nachricht von demjenigen erhalten, der Julia entführt hatte. Das hatte a) bestätigt, dass sie wirklich nicht einfach weggerannt war und b) für allgemeine Verwirrung gesorgt. Der Entführer wollte nicht etwa Geld oder sowas. Er wollte ein Statement von Carson Davis persönlich. Nur dass Carson keine Ahnung hatte, was der Entführer mit seiner Nachricht gemeint hatte:

      Ich fordere, dass Carson Davis zugibt, was er getan hat.
      Ich will, dass er gesteht, was er zerstört hat, ohne mit
      der Wimper zu zucken, weil es schlichtweg profitabel
      gewesen ist. Ich will, dass er der gesamten Welt erklärt,
      was er gestohlen hat, nur weil er es haben wollte und es
      anders nicht bekommen hätte.


      Alles arbeitete auf Hochtouren, um die Nachricht zurückzuverfolgen. Aber bisher gab es keine Ergebnisse. Wer auch immer diese Person war, sie war verdammt gut und hatte es von langer Hand geplant.
      Carson blieb nichts anderes übrig, als eine internationale Pressekonferenz abzuhalten. Zu, Glück hatte es kein Timelimit gegeben, denn um sowas auf die Beine zu stellen, brauchte es Zeit. Noch dazu mussten sie herausfinden, was der Entführer gemeint hatte.

      Carson saß mit einem professionellen Verhandlungsführer in seinem Konferenzraum und starrte aus dem Fenster. Der andere Mann erklärte ihm, wie er vorzugehen hatte, was er sagen sollte und was nicht. Carson hörte nicht einmal mit einem halben Ohr zu. Er durchforstete in Gedanken sein gesamtes Arbeitsleben um herauszufinden, was der Entführer meinte. Aber er konnte sich an nichts spezielles erinnern. Natürlich hatte er Feinde. Jede große Firma hatte welche, jeder reiche Sack hatte welche. Was also soll er zerstört und gestohlen haben?
    • Julia seufzte leise, sagte aber nichts. Was sollte sie auch antworten? Inzwischen war sie daran gewöhnt, dass Brian ihr keine direkten Antworten gab oder Themen aus dem Weg ging. Sie konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Immerhin hatten sie im Moment andere Probleme als Smaltalk zu halten. Trotzdem mochte sie die Stille nicht, die sich zwischen ihnen breit machte und sie zu erdrücken schien.
      "Meinst du, wir sollten meine Matratze hierher holen?", frage sie nach einiger Zeit. "Ich meine nur... weil wir nicht wissen, was er vor hat und ob er es sich nicht wieder anders überlegt. Natürlich kann er uns auch einfach wieder betäuben und mich in meine Zelle zurück bringen. Aber irgendwie mag ich den Gedanken nicht, dass ich nach drüben gehe und hinter mir die Tür zufällt." Sie hob ein wenig unsicher die Schultern, was nicht leicht war, so lange Brians Kopf dort lag.
      "Trotzdem wäre es schön, wenn er uns irgendwas sagen könnte. Warum wir hier sind, oder was er vor hat. Du sagst zwar, dass er ein Psychopat ist, aber meinst du nicht, dass da mehr dahinter steckt? Es muss einen Grund geben, wieso er unsere Zellen verbunden hat... das macht alles keinen Sinn." Julia wusste, dass Brian ihr auf diese Frage wohl genauso wenig eine Antwort geben konnte, wie auf alles andere, was sie ihn gefragt hatte. Aber es war angenehmer ihre Gedanken auszusprechen, bevor die Stille in der Zelle wieder zu laut wurde.
    • "Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, die Motive von Verrückten zu hinterfragen. Das macht einen nur selbst kirre", antwortete Brian matt.
      Er hatte sich die gleiche Frage natürlich auch schon gestellt, war aber zu dem Schluss gekommen, dass sie darauf wahrscheinlich nie eine Antwort erhalten würden. Für den Augenblick sollten sie einfach nur genießen, was sie hatten. Mehr konnten sie nicht tun.

      Um sicher zu gehen, dass sie nicht wieder voneinander getrennt wurden, schlug Brian vor, dass sie sich nur gemeinsam zwischen den Zellen bewegten. So brachten sie zum Beispiel Julias kleinen Futon rüber in Brians Zelle. Scheinbar hatte der Typ aber nicht vor, sie wieder zu trennen oder er hatte sich entschieden, ihr Spiel mitzumachen. Zumindest schob er ihnen ihr Essen gemeinsam in eine Zelle und nicht durch beide Türen. Brian merkte scherzhaft an, dass der Typ vielleicht keine fünf Meter weiter laufen wollte und sie deshalb zusammengesetzt hatte. Vielleicht sollten sie - nur um ihn zu ärgern - in Julias Zelle ziehen.





      Nach der anfänglichen Trauer und Verzweiflung, gefolgt von der Verwirrung durch Nachricht des Täters war Carson nun bei blanker Wut angekommen. Um nicht jeden im Konferenzraum anzuschreien hatte ihn Dana mit Austin ins Fitnessstudio geschickt, wo sie sich gegenseitig die Seele aus dem Leib prügelten. Austin genoss die Pause und schaltete während des Handgemenges ab, wie jeder gute Prügelknabe und Carson konnte Dampf ablassen, was er wirklich dringend gebraucht hatte. Danach war er zwar nicht weniger wütend, aber immerhin ruhiger. Es war der Zeitpunkt, an dem er wieder in der Gegenwart ankam und Dinge selbst in die Hand nahm. Dana konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken, als sie erkannte, dass ihr Boss wieder da war und die gleiche Verbissenheit wie sonst an den Tag legte.

      Carson mobilisierte nun alles, was er hatte. Sein Onkel half ihm dabei. Mit ihren vereinten Ressourcen bestehend aus ehemaligen Militärs, Sicherheitsdiensten und erschreckend guten Kontakten zum Apparat der öffentlichen Sicherheit und Rechtsprechung schafften sie es, einige Fortschritte zu machen, wenn auch nicht die, die man sich erhofft hatte.
      Sie hatten den Kreis der Verdächtigen einschränken können. Durch gezieltes Ermitteln hatten sie herausgefunden, dass das Motiv weitaus persönlicher war als zuerst angenommen. Wer auch immer verantwortlich für diese Geschichte war, hatte keinen Firmenhintergrund, weder für eine die Carson platt gemacht hatte, noch eine von Davis selbst. Es handelte sich hier um persönliche Rache und aus diesem Grund hatte man Julias Hintergrund so gründlich durchwühlt, dass nicht einmal mehr ein Regenwurm darin zu finden war. Natürlich hatte man das gleiche mit Carsons Privatleben getan. Charles war gar nicht glücklich gewesen, als man sich Cooper vorgeknöpft hatte, hatte aber stillschweigend zugesehen, da es hatte sein müssen. Carson hatte sich gewünscht, dass es so einfach wäre, aber Cooper war tatsächlich einmal in seinem Leben nicht an dem Unglück in Carson's Schuld.
      Stattdessen lag der Fokus nun auf Julias Ex-Freund, der weniger leicht aus dem Kreis der Verdächtigen zu streichen war. Angesehener Anwalt, hatte sich nicht einmal ein Ticket für falsches Parken zu Schulde kommen lassen. Da war die Unterlassungsklage ein richtiger Schandfleck auf seiner feinen Weste. Er hatte sein Bestes getan, das unter den Teppich zu kehren. Carson hatte fünfzehn Minuten damit zugebracht, sich darüber aufzuregen, dass Julia niemals Anzeige wegen Körperverletzung erstattet hatte, nachdem er ihre Krankenakte gesehen hatte. Man hatte ihn noch davon abhalten wollen, aber er hatte darauf bestanden. Wenn man ihn durchgelassen hätte, dann würde dieser Saftsack jetzt durch eine Schnabeltasse trinken! Woraufhin Dana ihn noch einmal in den Ring geschickt hatte...





      Er beobachtete, wie sich die Freundschaft zwischen seinen beiden Gästen immer weiter entwickelte. Sie waren so putzig. Er hatte sich ein bisschen zurückgehalten und hatte ihnen Zeit gegeben. Schon seit einer Woche ließ er sie in Ruhe. Seine Gäste waren entspannt und doch zuckten sie bei jedem kleinen Geräusch außerhalb ihrer Zellen zusammen. Was recht häufig vorkam, bedachte man den Zustand dieser alten Fabrik. Sie stand nur noch, weil das billiger war, als sie abzureißen. Ein weiterer Beweis für Carson Davis' Geiz. Dieses ganze Gebäude war eine Umweltkatastrophe sondergleichen und doch war es ihm wichtiger, ein paar Cent zu sparen.
      Er fragte sich, wie viel Zeit er noch mit seinen Gästen verbringen sollte. Vier Wochen waren bereits vergangen und die ermittelnden Instanzen waren nicht einmal ansatzweise in seine Nähe gekommen. Sie wussten gar nichts. Er musste sich regelmäßig das Lachen verkneifen, wenn er die Ermittlungsergebnisse sah. Lachhaft.
      Er beschloss, dass es Zeit wurde, die Spielregeln erneut zu ändern und drückte den kleinen Knopf, der das Schlafgas in die Zellen pumpte. Es dauerte exakt eine Minute und dreißig Sekunden, bis sich das Gas in den Zellen ausgebreitet hatte und weitere dreißig Sekunden, bis es den kritischen Punkt erreicht hatte, an dem genug im Körper eines Individuums vorhanden war, um es für zwanzig Minuten auszuschalten. Er wartete aber immer noch mindestens eine Minute, um sicher zu gehen. Dann schaltete er das Gas ab und machte sich auf den Weg. Er brauchte zwei Minuten bis zu seinen Gästen, was ihm achtzehn gab, um sie in die anderen Räume zu bringen. Wobei er sich ja eigentlich nur um einen Gast kümmern musste.
      Brian streckte sich ausgiebig. Die ganze letzte Woche hatte er den verletzten Welpen spielen müssen. Er hatte sich das selbst ausgesucht, also hatte er kein Mitleid mit Brian.
      "Wie lange war das jetzt? Eine Woche?", fragte er und griff sich Julias Füße.
      "Ich dachte mir, ihr könnt ein bisschen Zweisamkeit gebrauchen."
      Brian lachte.
      Gemeinsam schleppten sie den reglosen Körper in einen der anderen Räume. Das meiste hier drin waren Attrappen. Brian hatte da ein paar ziemlich gute Kontakte gehabt. Es sah wirklich aus wie in einem Horrorfilm.
      "Willst du es schon zu Ende bringen?", fragte Brian, als er sich einen Kaugummi in den Mund schob.
      Es war faszinieren zu sehen, wie süchtig er nach diesen Dingern war und noch faszinierender, wie gut er das überspielen konnte. Er konnte nicht verstehen, warum Brian noch keine großen Jobs bekommen hatte. Aber eigentlich sollte er glücklich darüber sein, denn so hatte er ihn nutzen können, um Juliana hinter's Licht zu führen.
      "Noch nicht. Aber ich habe jetzt lange genug gewartet. Seit vier Wochen kann ich sie nur durch einen Bildschirm beobachten..."
      Er strich Julia sanft über die Wange, als gehöre sie zu ihm.
      "Wie du willst, Mann. Hast du schon eine Antwort von Davis bekommen."
      Er schüttelte den Kopf. Vielleicht hätte er doch ein Ultimatum stellen sollen? Nein, das wäre langweilig gewesen. Aber eine kleine Erinnerung konnte nicht schaden.
      "Sie ist so wunderschön...", murmelte er.
      "Das ist sie. Trotzdem kam von Davis noch nichts. Glaubst du, er will sie gar nicht zurück haben?"
      Brian trat dicht hinter ihn, legte ihm die Arme um die Hüften und den Kopf auf die Schulter. Er lehnte seinen Kopf gegen den des anderen, so dreckig der auch war. Ihm hatte das noch nie etwas ausgemacht.
      "Er will. Du solltest mal sehen, was für ein emotionales Wrack er war. Geschieht ihm nur recht. Ich will, dass er das Gleiche spürt wie ich, als er sie mir weggenommen hat."
      Brians Umarmung wurde etwas fester. Er verstand seinen Schmerz. Er war von Anfang an dabei gewesen. Er hatte sich immer auf Brian verlassen können, selbst bei sowas.
      "Ich nehme an, du willst ihr nicht einmal einen Fußzeh abscheiden?", fragte Brian, obwohl er die Antwort bereits kannte.
      "Nein. Sie muss perfekt sein. Aber du kannst doch bestimmt etwas mit Make-Up anfangen, oder?"
      Er konnte Brians Lächeln spüren.
      "Natürlich kann ich das. Aber das dauert längert als ein paar Minuten, wenn es echt wirken soll."
      "Mach dir darüber keine Gedanken. Eine kleine Einstichstelle heilt schnell, das hinterlässt keine Narben."
      Brian drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe, dann holte er sein Special Effect Make-Up Set.
      Er strich Julia noch einmal über die Wange. Es fühlte sich gut an, sie wieder zu spüren. Und bald würde das Versteckspiel ein Ende finden. Sie würden wieder ein glückliches Paar sein, so wie früher, bevor Carson Davis und sein Verein von Frauenrechtlern sie ihm weggenommen hatten. Und Julia würde lernen, wo ihr Platz war. Sie würde diesen Davis vergessen und an seiner Seite glücklich werden! Mehr brauchte sie nicht. Sie wusste das auch. Sie war bloß abgelenkt gewesen, das konnte er ihr nicht übel nehmen. Carson Davis sah gut aus und hatte einen Haufen Geld. Das würde jeden ablenken.





      Sie waren sich ziemlich sicher, wer für Julias Entführung verantwortlich war. Die Beweise waren da und sie waren eindeutig. Carson hatte einen kleinen Wutanfall gehabt, als er die Bilder gesehen hatte, aber ihm wurde schnell erklärt, dass es sich dabei bloß um Make-Up gehandelt hatte und es Julia recht gut ging. Ein hoch auf forensische Fotoanalyse.
      Sie hatten eine ganze Pressekonferenz organisiert, die den Täter in die Irre leiten sollte. Keiner der anwesenden Journalisten war tatsächlich ein Journalist. Sie wussten, dass der Täter aus dem Haus war. Sie wussten, dass er alles sah, was sie an Ermittlungsfortschritten so machten. Also hatten sie angefangen, falsche Ergebnisse zu nutzen. Der Täter ging davon aus, dass sie nach Julias Ex-Freund suchten. Die Erkenntnis, wer hinter all dem steckte, hatte auch dazu geführt, dass sie nun wussten, was der Täter hören wollte. Und so stand Carson in einem schicken Anzug hinter der Bühne einer falschen Pressekonferenz und wurde noch einmal gebrieft, was genau er sagen sollte.
      "Und denken Sie daran: Sie sind der verzweifelte Freund von Ms. Kinnley. Sie haben keine Ahnung, wer sie hat. Sie gehen davon aus, dass sie verletzt ist. Kriegen sie das hin?"
      Carson nickte. Daniel Roberts war einer der besten Verhandlungsexperten der Welt. Er hatte bisher nur einmal eine Geisel verloren. Carson vertraute ihm.
      "Gut. Ich werde den Anfang machen und die ganze Zeit neben Ihnen stehen. Warten Sie, bis sie mein Zeichen erhalten, dann können Sie ihn in Grund und Boden beleidigen. Wobei ich Ihnen empfehlen würde, es bei einem Minimum zu belassen, ansonsten könnte das vor Gericht zurückkommen."
      "Glauben Sie mir, ich will viel schlimmeres mit ihm tun..."
      "Oh, ich glaube Ihnen. Aber das werden Sie auf jeden Fall unterlassen."

      Carson trat hinaus und hielt die gefakte Pressekonferenz ab. Er spielte den leidenden Freund recht überzeugend. Als er dann endlich das Zeichen bekam, dass er den Act fallen lassen konnte, fühlte es sich an wie ein Befreiungsschlag. Die "Konferenz" war nur direkt in den Konferenzraum gestreamt worden, wo sich der Täter gerade aufhielt. Der ganze Raum war vollgestopft mit Polizisten. Carson hatte nur Stuss geredet, bis man sicher war, dass es keinen Failsafe gab, den der Täter nutzen konnte, um Julia irgendetwas anzutun. Und dann hatten sie ihn festgenommen, während Carson ihm erzählte, was er von ihm hielt.
      Kurz darauf fand man das alte Industriegebäude, dass Paul Evans aus der IT-Abteilung genutzt hatte, um Julia gefangen zu halten. Carson hatte darauf bestanden, mit dem Einstzteam mitzugehen, als sie das Gebäude stürmten. Man nahm Brian Evans, den Bruder von Paul aus der IT, ebenfalls fest, während Carson Juliana in die Arme schloss. Er würde sie nie wieder loslassen.

      Man brachte Julia ins Krankenhaus, um sie allgemein durchzuchecken und sie für einen Tag unter Beobachtung zu stellen. Carson wich ihr nicht von der Seite.
      Jetzt, wo alles vorbei war und er nicht mehr unter Spannung stand, fühlte er die letzten vier Wochen. Trotzdem konnte er nicht schlafen. Er musste sichergehen, dass niemand seiner Julia zu nahe kam und niemand mit ihr allein war, obwohl das gesamte medizinische Personal gecheckt wurde und vor der Tür Polizisten standen, um aufzupassen. Noch dazu Austin.
      Carson saß neben dem Krankenhausbett, in das man Julia verfrachtet hatte, hielt ihre Hand und starrte einfach nur vor sich hin. Näher kam er an Schlaf nicht heran. Aber solange er ihre warme Haut unter seinen Fingern spüren konnte, war alles in Ordnung. Den Ring, den sie ihm hatte schenken wollen, hatte er in der anderen Hand, sicher in seinem Kästchen verstaut. Er drehte es hin und her, schließlich stellte er es neben Julia auf den Nachttisch. In diesem Augenblick wurde ihm erst klar, dass er sie wieder hatte. Er hatte sie gefunden...
      Wie aus dem Nichts begannen die Tränen zu fließen. Er hatte sie zurück, seine Julia!
    • Benutzer online 1

      1 Besucher