Vorstellung --> Fresh Blood [Nihal feat. Pumi]
Kiev, 1803
Die Stille beunruhigte ihn. Für gewöhnlich war sie sein Freund, spendete ihm Frieden in einer Welt voller Lärm. Doch nicht heute. Heute stand die Stille für etwas Schreckliches.
Menschen machten Lärm, insbesondere wenn man sie zu einer Feier einlud. Den ganzen Abend hatte er damit verbracht, Hände zu schütteln, freundlich zu lächeln, Leuten in den Arsch zu kriechen und noch viel mehr Leute zu ertragen, die ihm in den Arsch krochen. Er mochte einen guten Ball, aber das hier war bloß eine Ansammlung von Menschen gewesen, die binnen kürzester Zeit betrunken waren und sich mit ihren nicht vorhandenen Errungenschaften brüsteten. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Schlachtfest, in das sich diese Feier verwandeln sollte.
Er wusste, er sollte es nicht tun. Er könnte sich einfach umdrehen und gehen. Stattdessen schlossen sich seine Finger um den Türknauf. Er wusste, was ihn erwarten würde. Dennoch öffnete er die Tür.
Es war immer wieder faszinierend, wie viel Blut in einem menschlichen Körper steckte. In diesem Fall klebte es an den Wänden, durchweichte den Teppich. Teure Gemälde waren ruiniert, Büsten und Vasen beschmutzt mit dem brutalen Tod all dieser Menschen.
Er zwang sich, die zerfleischen Leichen zu ignorieren. Er zwang sich, ruhig zu bleiben. Mit langen Schritten wanderte er den Flur hinab in den Salon, wo die wahre Brutalität des Abends ihre hässliche Fratze zeigte. Die vielen Leichen machten es schwer, sich durch den Raum zu bewegen, und es war unmöglich, nicht in eine Pfütze Blut zu treten. Im Zentrum dieses Meeres aus Tod und Gewalt kniete ein Mann in schwarzem Anzug. Er war über und über mit Blut getränkt, doch nichts davon seines. Der Mann beugte sich über eine der Leichen, die er beinahe schon liebevoll im Arm hielt. Kurz darauf warf er den Körper von sich wie ein dreckiges Laken.
"Wo hast du gesteckt? Du hast den ganzen Spaß verpasst", sagte der Mann und erhob sich.
Sinnloserweise zückte er ein Einstecktuch und wischte sich über die Hände. Es half nichts gegen all das Blut, das teilweise schon getrocknet war.
"Du weißt genau, dass mir solches Chaos keine Freude bereitet. Und so wie es aussieht, hast du das auch hervorragend ohne mich hinbekommen."
Ein schiefes Lächeln legte sich auf die Lippen seines Gegenübers. Natürlich war er stolz auf diese Tat.
"Dir ist bewusst, dass es schwer wird, das hier aufzuräumen?"
"Ach, das schaffst du schon. Bisher hast du mich doch noch nie enttäuscht."
Wie gern er ihm dieses Lächeln aus dem Gesicht schlagen würde. Stattdessen schob er mit dem Stiefel einen schlaffen Arm beiseite.
"Wir sollten trotzdem weiterziehen. So viele fallen auf."
"Hm. Wenn du das sagst. Ich wollte schon seit einer Weile mal wieder nach Hause. Wie wär's? Kommst du mit? In Transylvanien ist es auch schön ruhig. Darauf legst du doch wert."
Gegenwart
Er starrte die sterile weiße Decke an und wartete darauf, dass sein täglicher Gast sich blicken ließ. Sein Leben eintönig zu nennen wäre einfach. Aber es war nicht langweilig. Ja, er hatte die letzten 133 Jahre auf wenigen Quadratmetern verbracht, stets unterirdisch, neuerdings sogar hinter Plexiglas. Er war nicht jagen gegangen, hatte sich nie satttrinken können und keinerlei Kontakt zu den Lebenden gehabt. Aber er hatte hier unten seine Ruhe. Keine Leichen, die er verschwinden lassen musste, niemand verfolgte ihn und verstecken musste er sich auch nicht. Jeden Tag bekam er das, was er zum Überleben brauchte, geliefert. Sein Leben war eintönig, ja, aber es war kein Schlechtes. Und seit einigen Jahren kam der jüngate Spross der van Helsings regelmäßig vorbei, um mit ihm über alles mögliche zu reden.
Alastair hatte schon bei ihrem ersten Treffen begriffen, was er da vor sich hatte. Es hatte schon andere gegeben, die etwas mehr Interesse an ihm zeigten. Er verstand das, die Menschen waren eben neugierig. Aber dieser kleine van Helsing... er war nicht nur neugierig. Er war genau das, was Alastair brauchte: er war friedfertig. Der alte Abraham hätte ihn auf seine letzten Tage gemocht.
Als er hörte, wie die Sicherheitsmaßnahmen in Gang gesetzt wurden, um einen Besucher in den Raum vor seinem kleinen Reich zu lassen, tauchte Alastair aus seiner Gedankenwelt wieder auf. Kurz darauf vernahm er den Herzschlag des jungen Henriko. Sein Hunger meldete sich mit all der Gewalt, die ihm die Jahrhunderte gegeben hatten. Nicht, dass das Alasrair interessieren würde. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, das Tier in seinem Inneren zu bändigen.
"Guten Abend, Henriko", grüßte er den Jungen, kaum dass dieser den Raum betreten hatte.
Die Plexiglasscheibe trennte sie voneinander, dennoch wusste Alastair genau, was der Mensch heute so gegessen hatte. Er machte sich nicht die Mühe, aufzustehen. Das elegante Sofa, auf dem er lag, stand der Scheibe zugewandt. Außerdem war er noch immer ein bisschen... groggy, so nannte man das heutzutage.
"Ich hoffe, du hattest einen guten Tag?"
Kiev, 1803
Die Stille beunruhigte ihn. Für gewöhnlich war sie sein Freund, spendete ihm Frieden in einer Welt voller Lärm. Doch nicht heute. Heute stand die Stille für etwas Schreckliches.
Menschen machten Lärm, insbesondere wenn man sie zu einer Feier einlud. Den ganzen Abend hatte er damit verbracht, Hände zu schütteln, freundlich zu lächeln, Leuten in den Arsch zu kriechen und noch viel mehr Leute zu ertragen, die ihm in den Arsch krochen. Er mochte einen guten Ball, aber das hier war bloß eine Ansammlung von Menschen gewesen, die binnen kürzester Zeit betrunken waren und sich mit ihren nicht vorhandenen Errungenschaften brüsteten. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Schlachtfest, in das sich diese Feier verwandeln sollte.
Er wusste, er sollte es nicht tun. Er könnte sich einfach umdrehen und gehen. Stattdessen schlossen sich seine Finger um den Türknauf. Er wusste, was ihn erwarten würde. Dennoch öffnete er die Tür.
Es war immer wieder faszinierend, wie viel Blut in einem menschlichen Körper steckte. In diesem Fall klebte es an den Wänden, durchweichte den Teppich. Teure Gemälde waren ruiniert, Büsten und Vasen beschmutzt mit dem brutalen Tod all dieser Menschen.
Er zwang sich, die zerfleischen Leichen zu ignorieren. Er zwang sich, ruhig zu bleiben. Mit langen Schritten wanderte er den Flur hinab in den Salon, wo die wahre Brutalität des Abends ihre hässliche Fratze zeigte. Die vielen Leichen machten es schwer, sich durch den Raum zu bewegen, und es war unmöglich, nicht in eine Pfütze Blut zu treten. Im Zentrum dieses Meeres aus Tod und Gewalt kniete ein Mann in schwarzem Anzug. Er war über und über mit Blut getränkt, doch nichts davon seines. Der Mann beugte sich über eine der Leichen, die er beinahe schon liebevoll im Arm hielt. Kurz darauf warf er den Körper von sich wie ein dreckiges Laken.
"Wo hast du gesteckt? Du hast den ganzen Spaß verpasst", sagte der Mann und erhob sich.
Sinnloserweise zückte er ein Einstecktuch und wischte sich über die Hände. Es half nichts gegen all das Blut, das teilweise schon getrocknet war.
"Du weißt genau, dass mir solches Chaos keine Freude bereitet. Und so wie es aussieht, hast du das auch hervorragend ohne mich hinbekommen."
Ein schiefes Lächeln legte sich auf die Lippen seines Gegenübers. Natürlich war er stolz auf diese Tat.
"Dir ist bewusst, dass es schwer wird, das hier aufzuräumen?"
"Ach, das schaffst du schon. Bisher hast du mich doch noch nie enttäuscht."
Wie gern er ihm dieses Lächeln aus dem Gesicht schlagen würde. Stattdessen schob er mit dem Stiefel einen schlaffen Arm beiseite.
"Wir sollten trotzdem weiterziehen. So viele fallen auf."
"Hm. Wenn du das sagst. Ich wollte schon seit einer Weile mal wieder nach Hause. Wie wär's? Kommst du mit? In Transylvanien ist es auch schön ruhig. Darauf legst du doch wert."
Gegenwart
Er starrte die sterile weiße Decke an und wartete darauf, dass sein täglicher Gast sich blicken ließ. Sein Leben eintönig zu nennen wäre einfach. Aber es war nicht langweilig. Ja, er hatte die letzten 133 Jahre auf wenigen Quadratmetern verbracht, stets unterirdisch, neuerdings sogar hinter Plexiglas. Er war nicht jagen gegangen, hatte sich nie satttrinken können und keinerlei Kontakt zu den Lebenden gehabt. Aber er hatte hier unten seine Ruhe. Keine Leichen, die er verschwinden lassen musste, niemand verfolgte ihn und verstecken musste er sich auch nicht. Jeden Tag bekam er das, was er zum Überleben brauchte, geliefert. Sein Leben war eintönig, ja, aber es war kein Schlechtes. Und seit einigen Jahren kam der jüngate Spross der van Helsings regelmäßig vorbei, um mit ihm über alles mögliche zu reden.
Alastair hatte schon bei ihrem ersten Treffen begriffen, was er da vor sich hatte. Es hatte schon andere gegeben, die etwas mehr Interesse an ihm zeigten. Er verstand das, die Menschen waren eben neugierig. Aber dieser kleine van Helsing... er war nicht nur neugierig. Er war genau das, was Alastair brauchte: er war friedfertig. Der alte Abraham hätte ihn auf seine letzten Tage gemocht.
Als er hörte, wie die Sicherheitsmaßnahmen in Gang gesetzt wurden, um einen Besucher in den Raum vor seinem kleinen Reich zu lassen, tauchte Alastair aus seiner Gedankenwelt wieder auf. Kurz darauf vernahm er den Herzschlag des jungen Henriko. Sein Hunger meldete sich mit all der Gewalt, die ihm die Jahrhunderte gegeben hatten. Nicht, dass das Alasrair interessieren würde. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, das Tier in seinem Inneren zu bändigen.
"Guten Abend, Henriko", grüßte er den Jungen, kaum dass dieser den Raum betreten hatte.
Die Plexiglasscheibe trennte sie voneinander, dennoch wusste Alastair genau, was der Mensch heute so gegessen hatte. Er machte sich nicht die Mühe, aufzustehen. Das elegante Sofa, auf dem er lag, stand der Scheibe zugewandt. Außerdem war er noch immer ein bisschen... groggy, so nannte man das heutzutage.
"Ich hoffe, du hattest einen guten Tag?"